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Only Fanservice! [©2012-2014 / Re-Upload]

Byou x Kazuki
von

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gebrochene Herzen

26.12.2012

re-upload | keine Korrektur!

original Umnachtungsfehler vom Jahr 2012 enthalten
 

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ScReW
 

[Kapitel_5]
 

Mit gestocktem Atem drückten sich die Hände flach in das Polster um den Körper genügend Schwung zum Aufstehen zu geben , obwohl der Gitarrist glaubte in jenem Augenblick so leicht vor Schock zu sein, dass er schweben könnte. Hitze und Kälte stiegen zugleich in seine Blutbahnen und schossen durch die Venen, ließen das Herz somit kräftig schlagen und die Brust leicht beben. Wie in Zeitlupe erhob sich der Körper, dann krallten sich auch schon die Hände in die Lehne beim adrenalinhaftigen herumgehen um das Möbelstück, während die Augen erschrocken groß auf die Wohnungstür gerichtet blieben, besser, auf die Person, welche sich vor dieser befand und sich abgemüht, mit weit vorgebeugtem Oberkörper, an der Wand abstützte, nachdem die Tür schwungvoll ins Schloss fiel.
 

„Byou!? Byou-Chan!“

Hitzige Worte stieß der Jüngere hervor, der förmlich auf den Sänger zustürzte und sofort bemerkte, dass da etwas nicht in Ordnung war, als sich der Blonde die freie Hand flach an die Brust legte und auch hörbar schwer und pfeifend atmete. Dieser hatte den anderen nicht einmal Ansatzweise erwartet und hob auch schon erschrocken beim Erklingen der bekannten Stimme das leicht verschwitzte Gesicht, an dessen Schläfe das Blut hinablief. Keuchend erblickte er den unerwarteten Gitarristen und sah diesen schwer atmend mit fragendem und zugleich schmerzlichem Ausdruck im Gesicht an. Doch außer Pfeifen und Keuchen brachte der Blonde nichts hervor, sank stattdessen einfach auf die Knie und hielt sich haltsuchend an der Wand fest.
 

Was ging einem in solchen Bruchteilen von Sekunden wohl alles durch den Kopf? Das menschliche Gehirn wurde tausenden Impulsen ausgesetzt, welche verarbeitet werden mussten in wenigen Sekunden. Emotionen kochten auf, Muskeln spannten sich an und es entstanden hunderte Bilder vor dem inneren Auge.

Kazuki jedoch sah nur ein einziges Bild, welches leider der Realität entsprach. Er sah den Sänger, wie er blutverschmiert in sich zusammensackte und keuchende Laute aus sich heraus stieß, noch immer neben der Wohnungstür hockend.
 

Ein Bild, welches das Herz in tausend Einzelteile zerlegte, die sich schmerzlich im gesamten Körper verteilten.
 

Schnellen Schrittes eilte der Schwarzschopf zu ihm, kniete sich sogleich zu dem erschöpften Körper und legte besorgt eine Hand auf die Schulter. Heftig schlug das Herz dabei gegen die Brust, weil er aufgeregt und erschrocken über die Szenerie war, trotzdem versuchte Kazuki ruhig zu bleiben und legte seine andere Hand an das Kinn des Abkömmlings, zwang ihn mit sanfter Gewalt den Kopf zu heben, sodass er ihn ansehen konnte. Ohne Gegenwehr kam der Blonde der Aufforderung nach und folgte dem Druck, welchen die Finger ihn gaben und blickte dem Schwarzschopf wenige Sekunden darauf direkt in die Augen.
 

„Byou ...“, sprach der Gitarrist leise mit Sorge in der Stimme, sowie im Blick. „Was ist passiert?“

Doch der Ältere schüttelte nur leicht den Kopf und begann trocken zu husten. Die Kehle war staubtrocken vom Rennen, und die Zunge nahm den Geschmack von Blut in sich auf und lockte die Übelkeit damit an. Selbst wenn er also wollte, er konnte ihm gerade keine Erklärung geben, war selbst noch viel zu überrumpelt von Allem.

Kazuki verstand das Kopfschütteln und wühlte in der Hosentasche nach seiner Taschentuchpackung, die hektisch das Tageslicht erblickte. Ebenso hektisch und ungeduldig öffneten die Finger den Klebestreifen, fischten sogleich nach einem Stück des Textils und wedelten es aus dem dünnen Plastik heraus. Die Packung fiel danach unbeachtet auf den Boden, als das Taschentuch an das Kinn gelegt wurde und die Blutspur damit von unten nach oben halbwegs beseitigte. Noch immer liefen neue Bahnen des Blutes über die schöne Haut, zeichneten die alten Spuren nach und färbten schließlich das Textil mit der tiefroten Farbe ein. Schnell zupfte der Schwarzschopf ein neues Taschentuch hervor, ließ das Alte einfach fallen und sah den Sänger besorgt an. Ganz vorsichtig säuberte der Gitarrist zunächst nur Kinn und Wange, ehe mit der anderen Hand schon ein drittes Tuch hervorgeholt wurde und den Platz des Anderen einnahm. Ebenso wie das Tuch davor, landete auch dieses auf den Boden. Vorsichtig und konzentriert strichen die Gitarristenhände die ehemals blonden Haare zurück, welche ganz blutverschmiert waren. Das Augenpaar weitete sich im nächsten Augenblick, als die Wunde an der Schläfe freigelegt wurde. Überall Blut – darunter war eine rissige und langgezogene Verletzung zu sehen, aus welcher immer wieder neues Blut austrat und dem Sänger nach und nach mehr Farbe aus dem Gesicht zog.
 

Am liebsten wollte sich der Sänger übergeben.
 

„Scheiße ... scheiße man, was ... was hast du gemacht? Wir müssen zum Arzt damit“, teilte Kazuki dem Anderen seine Gedanken mit, der aber nur leicht den Kopf schüttelte und gar gänzlich auf den Boden sank, um sich mit der unverletzten Seite an der Wand anzulehnen. Er fühlte sich elend. Ihm war so schlecht, er war so müde und der Körper so schwer wie Beton! Byou wollte gar nichts in dem Moment, musste sich zunächst selbst sortieren und in die Reihe bringen.

Nur sehr langsam regulierte sich der Atem, doch der Schmerz in der Brust blieb, sowie jener an der Wunde, die in den Augen des Schwarzgefärbten ganz und gar nicht nach nur einem Kratzer aussah. Sie schien recht tief zu sein und löste reges Kopfschütteln aus vor Schock und Unwissenheit.

Er wollte wissen was passiert war! Er wollte wissen wo er gewesen ist! Wer hatte sein Sexy so verletzt?

Doch zunächst drückte Kazuki den Verletzten einfach das Taschentuch fest an die Schläfe, um die Blutung zu stoppen. Das lernte man schließlich so – Blutungen mussten immer abgedrückt oder abgebunden werden und jetzt, wo er sah, wie sehr es blutete, geschah der feste Druck darauf schon wie aus Reflex, nachdem er sicher war, das da nichts an Fremdkörpern sein würde.
 

Problem entdeckt.

Problem decodiert.

Problem behandelt.
 

Genauso löste es einen Reflex bei Byou aus, welcher im selben Atemzug einen herzhaften Laut hervorstieß und die Augen zusammenkniff. Ebenso umklammerte die Hand, welche an der Wand fast schon sinnloserweise Halt suchte,den Arm des Gitarristen und wollte ihn von sich weisen. Eine geistesgegenwärtige Reaktion des Körpers, welcher doch Schmerz, wenn möglich, vermindern wollte. Doch zu Kazukis Glück war Byou nur seiner halben Kraft mächtig und schaffte es somit nicht einmal Ansatzweise Distanz herzustellen. Stattdessen legte sich die freie Hand des Gitarristen auf die kalte Hand des Sängers, als dessen Gegenwehr nachließ und führte sie zum Taschentuch. „Hältst du fest?“, sprach er leise aber dennoch bestimmt zum Blonden, welcher nur mit geschlossenen Augen nickte und die Hände daraufhin die Plätze tauschten. „Aber richtig drücken“, wies der Jüngere nochmals an, ehe er kurz aufstand und im Badezimmer verschwand. Noch beim Aufstehen zückte die Hand das Handy aus der Hosentasche und klemmte es zwischen Ohr und Schulter ein, nachdem die gewünschte Nummer angewählt wurde. Es musste alles sehr schnell gehen, beherrschten zudem Unruhe und Sorge das Innere des jungen Bandleaders, welche das Handeln komplett übernahmen.
 

Wäre der Verstand samt Emotionen im Vordergrund am laufen würde er wohl noch immer schockgefroren vor den Verletzten knien und ihn anstarren, ihn womöglich das tausendste Mal fragen was denn passiert sei und wo er war. Aber zum Glück beherrschte der Mensch das unbewusste Handeln. Kazuki würde später ganz bestimmt nicht mehr wissen, was genau er getan hatte. Byou jedoch würde ihm dafür auf ewig Dankbar sein.
 

Nüchtern betrachtet, würde man mal in die Runde fragen, wie man in solch einer Situation handeln würde, gäbe es 80% die die Schultern heben und fragend dreinblicken würden. Der Rest versuchte kurz zu überlegen, ob es sinnvoll war gleich nach dem Telefon zu greifen, oder behutsam auf den Verletzten einzureden. Alles davon war rein theoretisch falsch. Allgemein stellte man im Leben fest, dass Theorie und Praxis zu 99,9% niemals übereinstimmten und doch war es sehr von Vorteil alles an Wissen aufzunehmen, um es besser umsetzen zu können.
 

Ein Hoch also auf den menschlichen Instinkt, welcher nicht nachdachte, sondern sofort handeln ließ.
 

Somit kniete sich Kazuki auf die Fliesen, öffnete den Schrank, welcher unter dem Waschbecken angebracht war, fischte eine Handvoll Waschlappen heraus und warf sie in das Keramikbecken über sich. Anschließend erhob sich der Körper hektisch, warf die Türen des Schrankes lauthals mit dem Fuß zu und drehte eiskaltes Wasser auf, welches Geräuschvoll die Lappen tränkte. Der kleine Medizinschrank neben dem Spiegel wurde unsanft aufgerissen und schnell mit den schönen dunklen Augen überflogen, ob sich etwas Brauchbares darin befand, als auch schon die aufgeregte Stimme ein hektisches: „Ah, hallo Sayuki! Hast du grad viel zu tun? Ich hab hier grad nen kleinen, großen Notfall vor mir liegen“, herauspolterte.
 

Byou vernahm zwar Geräusche und ortete den anderen auch im Badezimmer, doch was dieser vorhatte konnte der Sänger nicht erahnen. Auch das Telefonat, welches folgte, nahmen die Sinne zwar wahr, doch verstanden hat er kein Wort. Zu sehr pulsierte der Kopf. Zu sehr überkamen ihn Übelkeit und Schwindel, begleitet von Hitzewallungen, die ihn erneut klägliche Laute ausstießen ließen. Lautes Rauschen in den Ohren, als habe er zu lange neben den Boxen gestanden, machte den Zustand nicht gerade besser. Es schien unerträglich. Auch der metallische Geruch in der Nase schien sich festgesetzt zu haben und rief Ekel hervor. Der Sänger konnte, fast schon unglaublich, aber wahr, kein Blut sehen und wollte es schon gar nicht schmecken! Er spürte wie die warme Flüssigkeit aus seiner Schläfe trat, über die Wange lief und, beim Kinn angekommen, auf die Kleidung tropfte. Es war einfach nur widerlich und sehr unangenehm. Aus diesem Grund schloss der Blonde die meiste Zeit über die Augen und verlor so viel an Farbe im Gesicht wie nur irgendwie möglich war, auch wenn er davon ohnehin schon wenig besaß und eher der blasse Typ war. Doch nun erwies sich die Wand im Flur als starker Konkurrent in Sachen Weißtönen.
 

Kazuki beendete das Telefonat und hatte Glück. Die Ärztin, welche er eben angerufen hat, hatte Zeit und würde nach Byou sehen. So musste er ihn nicht ins Krankenhaus fahren und konnte sein Vorhaben, den Sänger jetzt erst einmal sporadisch zu versorgen fortsetzen, bis die professionelle Hilfe kam. Gekonnt verschwand das Handy also wieder in der Hosentasche, dann wrang der Gitarrist das überschüssige Wasser aus den Lappen und richtete das Augenpaar auf die offengelassene Tür. „Byou? Lebst du noch!?“, erkundete sich die laute Stimme aus dem Badezimmer, welche die Gedanken des am Boden zerstörten Mannes unterbrach. Wohl zu dessen Glück beitragend, dessen Kopf sich wie von selbst für einen Moment in die Richtung der Geräuschquelle wandte und aus der Kehle ein jämmerliches: „Neiiin~“, hervorstieß.
 

Er wollte sterben.
 

Ja, er wimmerte kläglich in der Ecke neben der Wohnungstür vor sich her, begann nach wenigen Sekunden vollkommen ferngesteuert den Kopf hin und her zu wiegen, welcher dabei stets mit ganz leichter Kraft gegen die Wand schlug. Immer und immer wieder schlug die unverletzte Kopfseite auf die weiße, gemalerte Putzwand und ließ das Hirn vibrieren. Ein dumpfes Geräusch hallte innerlich durch den Kopf, begleitet vom Schwindelgefühl welches durch ein betäubtes Ohrensausen die nötige Unterstützung bekam, um sich schlecht zu fühlen. Doch Byou würde sich trotz Allem vehement wehren ins Krankenhaus gebracht zu werden! In zwei Tagen begann ihre Tour! Er hatte keine Zeit für Ärzte und Krankenhäuser! Allein dass der Tag heute gelaufen war für ihn, und auch die Anderen, machte ihn innerlich fertig. Die ganze Zeit hafteten die Gedanken bei der Band, die wohl wartete und nicht anfangen konnte, weil der Sänger fehlte. Der Chef würde ausrasten, es zumindest nicht für gut befinden. Wer würde das auch schon gut finden?
 

Doch zu seinem Glück durchbrach die Stimme des Jüngeren seine Gedanken erneut und brachte die Lider damit zum Öffnen. Auch wenn Byou ihn nicht verstanden hat, er spürte die sanfte Berührung von Kazukis Händen, welche ihn daran hinderten sich den Kopf leicht gegen die Wand zu schlagen. Spürte den Daumen, wie er ihn an der unverletzten Seite behutsam über die Wange fuhr. Ganz vorsichtig, aber doch bestimmend hielt er ihn fest und sah ihn an, suchte direkten Blickkontakt, um seinem Handeln die nötige Stärke zu geben.

„Hör auf ...“, flüsterte die Stimme beruhigend. „Wird gleich besser ...“, versprach sie folgend. Dann spürte Byou, wie ihm die Hände zu verstehen gaben, sich aufrecht hinzusetzen, um anschließend aufzustehen, alles unterstützend mit der ruhigen Stimme des Schwarzschopfes, welche er wieder vollkommen wahrnahm und den Schmerz ganz kurz ausblendete, als er seinem Retter dabei half, ihn aufzustellen und ihm den Arm unterstützend um die Schulter zu legen.
 

„Hältst du’s noch fest? Nicht loslassen.“ Kazukis Kopf neigte sich nach vorn, sah hinüber auf die blutbesudelte Hand des Sängers, welche das mittlerweile rotgefärbte Taschentuch an die Schläfe drückte, als dieser im selbigen Atemzug unkontrolliert gegen Kazukis Körper schwankte. Wie von selbst griff die freie Hand des Gitarristen nach den taumelnden Körper, während das Herz vor Schreck einen Schlag pausierte. „Hey, hey, hey! Mach kein Quatsch jetzt.“ Doch Byous Kopf drückte sich leicht kopfschüttelnd und jämmerlich seufzend gegen das Schlüsselbein des Jüngeren und hauchte ein heiseres: „... alles ... okay ...“, dagegen.
 

Lügner!
 

„Schön langsam ... komm ... ganz langsam ... ich bring dich auf die Couch“, beruhigte Kazuki den Blonden, der doch ganz bestimmt Theater gemacht hätte, wenn in dem Augenblick der Aufbruch ins Krankenhaus stattgefunden hätte. Er kannte ihn. Kazuki kannte den kleinen Jungen der hinter der starken Fassade steckte. Genau das war es doch, was ihn so Besonders machte für den Gitarristen. Byou war nicht aus Stein gemeißelt, im Gegenteil, er war ein sehr liebevoller und emotionaler Mann. Aber wer sah das schon? Innerhalb der Band kannte man sich natürlich, war man schließlich eine Familie, aber die Außenwelt? Was wussten die schon? Keiner hätte Byou in diesen Moment wiedererkannt, Kazuki aber schon. Er fand den Byou vor, den er kannte. Der seine Hand gerade nach ihm ausstreckte, um nicht zu fallen, weil er ins Stolpern geriet. Wie selbstverständlich fing er ihn auf, ohne dass große Diskussionen oder Wunder über sie Beide hereinbrachen. Er tat es doch all die Jahre vorher auch bei ihm.
 

War es nicht das, was man in solchen Situationen brauchte? Eine helfende Hand, die einfach nur da war, ohne darum bitten zu müssen! Die einem Kraft und Halt gab – Ohne Erklärungen!
 

Langsam wurde Byou zur Couch geführt und dort niedergelassen, als Kazuki ihm das Taschentuch abnahm, welches vollkommen blutgetränkt war und es gegen einen Lappen auswechselte.

„Schön fest drücken“, forderte die Stimme des Gitarristen ruhig, der Byous Hand wieder an Stelle seiner Hand platzierte, gegendrückte und die Brauen tiefer ins Gesicht zog, als er das schmerzlich verzerrte Dasein seines Gegenübers beobachtete. Herz und Brust schnürten sich beim Anblick dessen fest zusammen, dass die Augen schnell einen anderen Punkt aufsuchten und fixierten. Ohnehin ließ Kazuki kurz wieder von ihm ab, um ein paar Kissen auf der längeren Seite der Couch aufzustapeln. Erst dann dirigierte er den Verletzten dazu, weiter nach hinten zu rutschen und bettete ihn schließlich vorsichtig auf das bereit gelegte Zubehör der Couch. Danach ließ sich der aufgescheuchte Körper direkt neben Byou nieder, drehte sich dabei halb zu ihm gewandt mit dem Oberkörper und legte eine Hand über diesen hinweg auf die Lehne der Polstergarnitur. Besorgt lag der Blick dabei auf dem schönen Gesicht, welches so malediert aussah.

„Ist dir schlecht? Schwindlig? Kalt?“, fragte er so ruhig wie möglich nach und strich das blonde Haar zurück, welches noch nicht im satten Rot erstrahlte, als auch schon ein Nicken folgte und ein heiseres: „Alles ...“

„Alles?“, wiederholte der Gitarrist nervös und presste die Lippen schmal aufeinander, ehe er auch schon schwungvoll aufstand, geistesgegenwärtig zur Decke griff, welche über der Lehne hing, und sie schwungvoll über Byou ausbreitete. Ebenso schnell sammelten sich die restlichen Kissen an Byous Füßen, wurden dort so gut wie möglich gestapelt, um die Beine hochzulegen. Ganz egal war es gewesen, dass er seine Schuhe noch trug, genauso wie die Tatsache, dass er die Decke nun leicht mit Blut benetzte, da die Kleidung dieses auf die Wärmequelle übertrug.
 

Das konnte alles gewaschen werden.
 

Nur aus dem Augenwinkel heraus beobachtete Byou den Schwarzschopf, welcher wegen ihm gerade durch die Wohnung sprang, wie von der Tarantel gestochen, ohne ihn dabei weiterhin mit Fragen zu durchlöchern oder zu meckern oder etwas Dergleichen. Dabei hätte er alles Recht der Welt gehabt ihn zur Sau zu machen, weil doch heute wichtige Soundchecks und Proben angesetzt waren. Aber der junge Leader war noch nie ein Mensch gewesen, der schnell an die Decke ging. Im Gegenteil, er behielt komischerweise immer Ruhe und blieb so lange sachlich bis jemand eine gewisse Grenze überschritt, erst dann explodierte diese spezielle Gattung eines Kazuki, dessen Gesicht sich eben in jenem Moment erneut über ihn beugte und auf ihn hinabsah. „Geht’s? Willst du mal was trinken?“

Überfordertes Blinzeln war die Antwort.

„Ich hol dir gleich was, okay?“ Seine Hand strich sanft durch das Haar auf der unverletzten Seite und prüfte sogleich ob Byou hitzig war. Doch zu seiner Erleichterung war er weder vollkommen kalt noch total überhitzt. „Sayuki wird gleich nach dir sehen. Ich habe sie angerufen.“

„WAS?“

„Byou, bitte ... Das muss sich ein Fachmann ansehen. Na ja, oder in dem Fall eine Fachfrau“, schmunzelte der Schwarzschopf aufmunternd, auch wenn er innerlich im sechsten Gang auf der Überholspur fuhr vor Neugier, Mitgefühl und Schrecken.

„Aber ... Man, das wird schon ... aufhören ... Ich brauch keinen Arzt ...“, krächzte der Liegende protestierend von sich, kaum dass er ihn geradewegs ansehen konnte vor Schmerz. „Wieso ... bist du auch ... zu Hause?“, drang es verzweifelt aus der Kehle, als hätte er die Strafe seines Stubenarrest gebrochen und wurde eben beim hineinschleichen auf frischer Tat ertappt.

„Weil wir uns Sorgen gemacht haben? Kein Schwein hat dich erreicht ... und bei Shinya bist du auch nie angekommen ... was ... was war denn los jetzt?“, wollte Kazuki wissen und sah ihn bestimmend in die Augen, die mit schmerzlichen Glanz bedeckt den seinen entgegen funkelten. Natürlich fühlte der Jüngere mit, verspürte gar den Drang danach ihn irgendwie kraulen zu wollen zur Beruhigung oder zur Unterstützung, doch er ließ es bleiben, obwohl das Wissen darüber, dass es der Sänger sehr liebte, vorhanden war. Doch für die folgende Antwort hätte er das Kraulen gegen einen Hammerschlag eintauschen wollen, als ein geräuspertes: „Nichts ...“, vom Liegenden kam und Kazukis Augenbrauen binnen Sekunden zum Haaransatz beförderte.

„Entschuldigung?“
 

Er glaubte sich verhört zu haben!
 

Byou seufzte schwer, biss sich auf die Unterlippe und wich den nun sehr enttäuschten, aber auch wütenden Blick des Anderen aus.

Er wollte nicht darüber reden und konnte es nach wie vor nicht fassen, dass Kazuki zu Hause war! Auf der einen Seite freute sich der Sänger wahnsinnig dass er da war, somit hatte er Hilfe, auch wenn er niemals darum betteln würde. Aber auf der anderen Seite konnte er mit dieser Tatsache kaum noch etwas leugnen, was ihn nur wieder seufzen ließ.

„Ich hab ... mein Handy verloren“, gab er als undefinierbare Erklärung auf dieses Ergebnis preis und glaubte ernsthaft, dass dies ausreichend sein müsste.

Kazuki aber nickte nur mehrmals, hob die Hand und kreiste sie leicht vor seiner Brust in der Luft, als Unterstützung für die hebenden Brauen, welche auf das: „Und weiter?“, spekulierten - doch es kam nichts mehr.
 

War das sein Ernst?
 

„Du hast dein Handy verloren, okay. Und das hat dich dann so wütend gemacht, dass es dir die Schläfe zerschossen hat oder was?“, spekulierte der Gitarrist nicht ernst zu nehmend und mit einem gewissen Unterton in der Stimme, um den anderen zum Reden zu bringen, doch es kam wieder nichts. Nur ein Blick, welcher zum Ausdruck brachte, dass Kazuki gerade ziemlichen Käse von sich gab. Es machte den Schwarzschopf wütend! „Hat’s dir die Sprache auch verschlagen? Jetzt klär mich doch auf. Hat es was mit deinem Verhalten zu tun?“, fragte die Stimme euphorisch angehaucht nach in der Hoffnung endlich eine plausible Erklärung für das alles zu bekommen. Stattdessen jedoch bekam der Gitarrist die nächste Enttäuschung.

„Welches Verhalten?“

Byou wich ihm aus – schon wieder!

Kazuki seufzte hörbar schwer, wendete den Blick kurze Zeit ab und schüttelte den Kopf.

„Wieso... erzählst du‘s mir nicht?“, erklang es fast schon verzweifelt, ehe sich der Blick wieder auf den Verletzten richtete. „Hast du dich geprügelt?“

Byou schüttelte zögerlich den Kopf.

„Eine Bank überfallen und die Oma hat dir ihre Tasche übergezogen?“

Wieder schüttelte Byou den Kopf.

„Vertickst du Drogen? Gehst du Anschaffen? ... Byou, jetzt rede doch endlich mit mir.“

Doch abermals bekam der Schwarzschopf nur ein Kopfschütteln und den Blick, der ihm sagte, dass er schon wieder Käse erzählte.
 

Natürlich tat er das! Aber wie sollte er sonst etwas aus ihm herausbekommen?
 

„Byou ... bitte ...“ Kazuki war am Verzweifeln. Schon die ganze Woche kam er nicht mehr an ihn heran, dabei konnten sie sich doch sonst alles offen erzählen. Zudem schien der Blonde spürbar ausgelaugt zu sein, war einfach nur noch müde und ging sofort schlafen, sobald er die Türschwelle passierte. Kazuki wusste wie abgearbeitet Byou war, doch diese Form war ihm vollkommen neu.

„Ich ... kann nicht ...“ Das Augenpaar suchte entschuldigend das des anderen auf. Sah ihn an. Dabei war die ganze Sache nur halb so schlimm, wie sie vielleicht erscheinen mochte. Der Grund für Byous Schweigen war schlichtweg die Scham. Es war ihm sehr unangenehm, würde er Kazuki erzählen, was da passiert ist. Was da passiert ist und aus welchem verdammten Grund!
 

„Du versuchst schon wieder irgendeine Sache alleine zu klären, hab ich Recht? Du verhältst dich genauso komisch, wie letztes Jahr, als du uns das mit der OP verheimlicht hast. Hat es wieder damit zu tun?“

„Nein.“

„Wirklich nicht?“

„Kazuki ... es ... Man es ... ist nichts weiter ... ehrlich ...“, versuchte er die Sorge des anderen zu dämmen, welche er regelrecht sehen konnte. Sie lag nicht nur im Raum und in der Stimme, auch allein im Handeln und ganz besonders im Blick. Es tat ihm auch Leid, dass er ihm so einen Schrecken einjagte, aber er würde sich in Grund und Boden schämen, würde der andere die ganze Story dazu bekommen!

„Wieso sagst du’s mir dann nicht? Vertraust du mir nicht mehr?“

„Das hat doch damit ... nichts zu tun.“

„Doch hat es. Wovor hast du Angst? Mensch, ich mach mir Sorgen, klär mich auf jetzt!“, bat die Verzweiflung erneut und appellierte an Byous Vernunft, welcher die Augen wieder auf einen anderen Punkt im Raum fixierte und schluckte. Wenn dieser Vollidiot ihn so ansah, konnte er unmöglich alles leugnen und ihm entgegenreden ... und Kazuki wusste das.

„Ich ... bin gegen eine Maschinenschraube gefallen ...“
 

Diesmal war Byou das Hündchen, der in den hingehaltenen Knochen biss. Dennoch stand das Herrchen diesmal ziemlich überfragt da und zog die Brauen tief ins Gesicht.
 

„Wie ...? Einfach ... so?“, fragte Kazuki vorsichtig nach, bekam aber erneutes Kopfschütteln, wohl eine neue Eigenschaft von Byou, der daraufhin auch gleich wieder schwer seufzte. Er konnte unmöglich die ganze Wahrheit erzählen! Er konnte ihm nicht sagen, dass die ganze Geschichte mit Chiyoko zu tun hatte, wo ihn doch längst ein schlechtes Gewissen plagte. Jedoch schien Kazukis Frage berechtigt zu sein, denn wo genau das Problem lag, wusste der Sänger selbst nicht. Natürlich war es die Scham vermöbelt worden zu sein, das stand ganz außer Frage, aber die Angst davor zu offenbaren dass er mit der Ex geschlafen hat, war beinahe sehr viel größer als der Schmerz, welchen die Wunde ausstrahlte. Nein, er konnte das unmöglich erzählen! Reichte denn die Aussage nicht, welche schon niederschmetternd genug war? Musste er jetzt die ganze Geschichte dazu erzählen?
 

Die Hand des Gitarristen legte sich abermals an diesem Tage an die gesunde Wange, zwang den Verletzten dazu ihn wieder anzusehen.

„Sexy ...“, flüsterte er ihn bittend entgegen, versuchte liebevoll zu lächeln, um den Blonden damit zu sagen, dass er es ihm sagen könne, egal was der Auslöser für all das war. „Bitte ...“

Zu groß war einfach die Angst um ihn gewesen, wäre ernsthaft etwas sehr viel Schlimmeres passiert! Es war doch schon schlimm genug ihn so überhaupt sehen zu müssen.
 

Es tat Kazuki verdammt weh.
 

Tiefes Seufzen kam über die Sängerlippen, der Blick hilfesuchend nach einem Ausweg umherirrend, ehe die Kapitulation folgte. „Ja, okay ... ich hab mich geprügelt ... und dabei auch mein Handy im Simuda untergehen sehen“, was so viel bedeuten sollte, dass es in den Fluss geworfen wurde. „Beim Industriegebiet ... Richtung Shibuya ...“

Kazuki nickte kaum merklich, machte aber ein offensichtlich angestrengtes Gesicht, um den Worten folgen zu können, die bislang zwar sehr viel mehr Sinn ergaben, als die vorherigen, aber einen Zusammenhang filterte er dabei nicht heraus. „Da lag ich dann ... eine Weile ...“

„Was?“

Der Sänger holte tief Luft, seufzte wieder schwer und schloss kurz die Augen. Mehr konnte er ihm nicht sagen, es war doch schon peinlich genug!

„Wieso prügelst du dich? Und was zum Teufel willst du beim Industriegebiet?“ Das ergab alles keinen Sinn! Der Sänger war kein Schlägertyp und stand auch nicht sonderlich auf Schmerzen, wieso tat er dann solche Dinge, die wieder seiner Natur sprachen?

„Musste was klären.“

„Ja, ganz prima hast du das geklärt!“

„...“

„Seit wann prügelst du dich?! Wegen was denn? Das ergibt doch alles keinen Sinn!“

„Ich hab Scheiße gebaut, ok? Und das wollte ich klären!“

„WAS wolltest du klären? Welche scheiße hast du gebaut? Man, jetzt erzähl doch mal die ganze Geschichte!“

„Kapierst du das nicht? Ich KANN nicht!“

„Wieso kannst du nicht?“

„Weils peinlich ist, man!“

„Was kann denn so peinlich sein, dass du‘s nicht erzählen kannst? Ich versteh dich einfach nicht. Ist das der einzige Grund? Weil es dir peinlich ist?“ Unverstanden hob Kazuki die Brauen und schüttelte den Kopf.

„JA!“
 

Worte der Sorge wurden zum Ausdruck gebracht. Der Ausdruck war Unverständnis und Wut, welcher auf Gegenwehr und Scham traf. Doch zu Byous Glück klingelte es schon an der Wohnungstür und die bekannte Stimme von Sayuki drang dumpf durch diese hindurch, um ihr Dasein zu betiteln.
 

...
 

Während Byou von der jungen Ärztin genauestens unter die Lupe genommen wurde, verzog sich Kazuki in die Küche, um zu telefonieren, nachdem die unschönen Spuren im Flur beseitigt waren. Es hatte schon etwas das Flair eines Massacers, wie Kazuki die ganzen Bluttropfen und Schlieren wegwischte, aber danach sah alles wieder annehmlich aus. Er rief Jin an, um Bescheid zu geben, das Byou zu Hause war. Er verheimlichte nichts, sondern erzählte alles genauso, wie es eben gewesen war. Auch bat er darum, dass sie Mao und Shinya informieren sollten und dass sich zunächst keiner große Sorgen machen sollte, denn er würde ihnen heute auf jeden Fall nochmal ein Update geben. Beabsichtigt hielt sich Kazuki kurz, sodass er mitbekam, was Byou wohl erzählen würde, wenn er nach dem Geschehnis gefragt wurde.Doch auch der Ärztin erzählte er nichts Neues, was den Schwarzschopf ziemlich enttäuscht am Türrahmen der Küche lehnen ließ, als er dem Geschehen ein offenes Ohr schenkte.
 

Unerträglich war die Woche gewesen. Ständig sah der Blonde auf sein Handy, schrieb sehr viel mehr Nachrichten als gewöhnlich und war sehr genervt. Zudem die ständige Müdigkeit, welche Byou vor drei Tagen bei einem Radiosender einfach übermannte. Sein Glück war die Sonnenbrille und der große Hut gewesen, die sein Wegnicken kaum bemerkbar machten, nur Jin hatte von der Seite aus bemerkt, dass der Blonde die Augen geschlossen hatte und die Zunge nicht einmal über die Lippen gefahren ist. Der Stoß in die Seite ließ ihn jedoch aufschrecken mit einem tiefen Seufzer, welcher mit einem Räuspern überspielt wurde. Außerdem kochte sich der Ältere vermehrt Beruhigungstee, welchen er nach der OP empfohlen bekam, um innerlich zur Ruhe zu kommen. Und das auch noch heimlich. Aber Kazuki bekam einfach alles mit, ob er wollte oder nicht. Je länger sie zusammen waren, umso schneller fielen ihm die kleinsten Veränderungen beim Anderen auf. Und wenn Byou plötzlich mit links rauchen würde - Kazuki würde das schon beim Entnehmen der Zigarette aus der Schachtel sehen und sofort nachfragen. Da konnte dieser noch so viel ausweichen und heimlich mit der linken Hand rauchen, irgendwann kam der Polizist um die Ecke und schnappte den Dieb.
 

Was also beschäftigte Byou?
 

...
 

Wenig später bekam der Sänger einen Druckverband und den Befehl sich dringend zu schonen. Er hatte Glück, es musste nichts genäht werden und auch die Reaktionen seiner Reflexe und der Pupillen deuteten auf keine schlimmere Kopfverletzung hin. Tatsächlich sah es also nur sehr viel schlimmer aus, als es war und da der Musiker recht viel Flüssigkeit zu sich nahm, hatte er schlichtweg einen guten Blutfluss, welcher sich mit Hilfe des Druckverbandes jedoch wortwörtlich verdrückte.
 

Nun lag er also da. Auf der Couch. Verletzt und recht niedergeschlagen – wortwörtlich - und lauschte den Worten, welche zwischen Sayuki und Kazuki abschließend an der Tür stehend ausgetauscht wurden.
 

„Das Rezept für die Schmerztabletten habe ich auf den Tisch gelegt. Normalerweise hält die Spritze zwei, bis drei Stunden an. Sobald er aber merkt dass es nachlässt, soll er gleich eine Tablette nehmen. Ab morgen Abend kann er selbst mal testen wie es sich aushalten lässt. Sollte sich sein Zustand verschlimmern in irgendeiner Form, dann bringst du ihn ins Krankenhaus, aber im Moment macht er einen recht guten Eindruck“, meinte Sayuki abschließend an der Tür, als Kazuki sie verabschiedete. „Mach ich. Vielen Dank dass du Zeit hattest.“

„Für euch doch immer, Schnucki“, zwinkerte die Brünette und hob noch abschließend die Hand, was Kazuki ihr mit einem Lächeln gleichtat. Danach schloss er tief seufzend die Tür und kehrte zunächst in die Küche zurück. Eigentlich war ihm jetzt erst einmal nach einer Zigarette, doch bevor er sich das liebliche Laster zu Gemüte führte, holte er ein Glas aus dem Schrank, füllte dies mit Wasser und stellte es wenige Augenblicke darauf auf den Wohnzimmertisch, auf welchem er auch das Rezept liegen sah.

„Wird’s schon besser?“, erkundeten sich die Worte nach dem Befinden des Sorgenkindes, welcher nur leicht nickte und fast schon zufrieden ausatmete. „Danke“, meinte dieser auf das Wasser bezogen und bekam nur ein stummes Nicken geschenkt. Kazuki nahm es einfach hin, hatte auch keinerlei Ausdruck im Gesicht, auch wenn er froh darüber war, dass sich Byou nun etwas besser fühlte.

Dringend verlangte der Körper des Schwarzschopfes nun nach einer Auszeit in Form einer Kippe, welche im Flur aus der Kommode geholt wurde, da seine aktuelle Schachtel noch im Studio auf dem Tisch lag. Eine Weitere, geöffnete, von ihm befand sich nicht in der Wohnung und auf Byous Glimmstängel, welche auf der anderen Seite des Wohnzimmertisches lagen, hatte er keine Lust. Andersherum war es das Selbe. Höchst selten qualmte Byou eine Menthol, da musste er schon wahnsinnig gut drauf sein oder eine Menge Alkohol trinken, dass er sich eine Kippe vom Schwarzschopf andrehen ließ. Auch wenn für den Blonden die frisch angezündete Papierrolle ein lieblicher Duft war für einen Bruchteil einer Sekunde. Danach roch es eben nach Minze, welche er hasste, mal vom Geschmack vollkommen abgesehen, das ging gar nicht!
 

Zufrieden über die Feststellung dass Kazuki sogar noch eine weitere Stange im Schrank liegen hatte, friemelte er das Papier wie gewohnt von der Schachtel und blieb kurz vorm Spiegel im Flur stehen, um sich, zusammen mit der nun eingeklemmten Fluppe im Mundwinkel, zu betrachten. Ja, er war etwas enttäuscht dass Byou ihn nichts erzählte. Doch was soll er schon machen? Es aus ihm herausprügeln? Keine gute Idee. Besser war der Gedanke daran, sein Kippchen gleich anzuzünden, nachdem der Griff zur Jacke folgte, die wieder öfter gebraucht wurde seit einigen Tagen.

Gerade den Kragen gerichtet war der Gitarrist auf den Weg zum Balkon um endlich abzuschalten, als ihm die Klingel einen Strich durch die Rechnung machte und seine Aufmerksamkeit somit auf sich zog. Entnervt seufzte er, machte kehrt und öffnete wie selbstverständlich die Tür. Doch die Person, welche er davor erblickte, ergab in seinem Hirn gerade keinen Sinn – wie so Vieles an diesem Tag!
 

„Wer bist du denn?“, gab die junge Frau Luftschnappend von sich und sah Kazuki verwirrt an. Der war nicht minder verwirrt, schien sich allerdings sicher, diese Frau von irgendwoher zu kennen und zog die Brauen fraglich ins Gesicht, ohne auf deren Frage zu Antworten.

„Was willst du?“, kam es formlos über die Lippen des Gitarristen, da sein inneres Gefühl ihm wie von selbst eine gewisse Abwehrhaltung ihr gegenüber gab. Im selbigen Atemzug nahm er die Zigarette zwischen den Lippen heraus und hielt diese mit Zeige-, Mittelfinger und Daumen zunächst fest.

„Was ich will?“, hechelte die Frau schluckend und warf sich das brünette Haar zurück. „Ich will zu Byou. Ich will sehen wie es ihm geht. Er ist doch verletzt!“ Mit diesen Worten wollte sich die Frau auch schon an den Türsteher vorbeidrängen, wurde jedoch bestimmt zurückgewiesen.

„Wohoo ... Moment mal“, schob der Gitarrist sie an den Schultern zurück. „Was ist da passiert? Weißt du etwa wer ihn so zugerichtet hat?“ Tief zogen sich die Brauen ins Gesicht, die Lippen wurden schmal aufeinander gepresst und gehofft dass er eine Antwort auf seine Frage bekam.
 

War es die Chance eine Erklärung zu bekommen?
 

„Was? Wie sieht er denn aus, hat er ihn sehr zugerichtet?“, fragte sie sogleich besorgt und mit erschrocken großen Augen nach, was Kazuki nur noch mehr verwirrte. „Du ... weißt also wer das war?“, versuchte Kazuki ruhig herauszufinden, als wüsste er die ganze Geschichte bereits, kannte aber den Übeltäter noch nicht. Dabei konnte er verwirrter nicht sein in diesen Moment.

„Natürlich kenne ich ihn ... Mein Freund war das ... Er hat herausbekommen dass ich ihn betrogen habe ... und dann ist er total ausgerastet ... ich wollte das doch nicht.“
 

Kazuki verstand kein Wort und stand im Türrahmen als stünde die heilige Maria vor ihm und bat ihm um ein Date. Erst ging es um eine Prügelei, dann versank das Handy auf dem Grunde des Simuda, dann lag Byou bewusstlos im Industriegebiet und dann kam diese Frau, und plötzlich hatte deren Freund Byou also eins auf die Zwölf gegeben weil ... sie ihn betrogen hat ...

„Kann ich ihn jetzt sehen? Er ist doch da oder? Das sah so schlimm aus, aber Makoto hat mich einfach in den Wagen gestoßen!“
 

Kazukis Gedanken fuhren Achterbahn, versuchten das ganze zu ordnen, als ihm plötzlich ein heftiger Schmerz durch die Glieder fuhr und die dunklen Augen einfach starr in den Hausflur sahen, während sich die Frau nun ungehindert an ihn vorbei in die Wohnung drängte. Ihre Stimme halte dumpf in dem Gehörgang des Gitarristen nach, der gerade nicht so recht wusste was er denken sollte. Byou hat scheiße gebaut? Er hat also mit dieser Frau geschlafen, obwohl sie einen Freund hatte? War es das, wovon der Sänger gesprochen hat? Er wurde also deswegen vermöbelt? Buhlte er um die Gunst dieser Frau und wies Kazuki aus diesem Grunde in den letzten Tagen von sich?
 

Natürlich – alles ergab nun Sinn!
 

Dem Schwarzgefärbten wurde schlagartig übel. Ein seltsames Gefühl breitete sich in seinem Inneren aus, versprühte sich binnen Sekunden und ließ sein Herz schmerzlich schlagen. Noch nie übermannte den jungen Musiker dieses tiefsitzende Gefühl der Eifersucht ... noch nie wurde ihm das Herz gebrochen, doch in jenem Moment zersplitterte es in tausend Einzelteile.
 

Und es tat verdammt weh.
 

...
 

„Byou~ ... oh Gott mein Schatz, das tut mir so leid, ehrlich!“, erhellte Chiyokos Stimme den Raum, als sie sich auf den Boden neben der Couch kniete und mit beiden Händen die des Blonden umschloss. Der wusste gar nicht was los war und sah Chiyoko nur mit weit aufgerissenen Augen an, die im Glauben war ihn aus der Ruhe geholt zu haben.

„Entschuldigung. Tut mir leid, ich war nur so in Sorge“, mimte sie die besorgte Freundin, bis Byou endlich reagierte und seine Hand aus ihren Fängen löste. Hasserfüllt suchten die dunklen und schmalen Augen die der Frau auf, die ihn schon seit einer Woche tyrannisierte und immer wieder beteuerte, dass er diese letzte Nacht mit ihr bereuen würde. Weil er sie verlassen hat. Das heute war also kein Zufall! Hätte Byou gewusst, dass Chiyoko einen Mann an ihrer Seite hatte, hätte er nie im Leben mit ihr geschlafen! Er hätte sich nie im Leben allein mit dieser Frau getroffen am heutigen Tag, wenn er gewusst hätte, dass das der Tag ihrer Rache sein würde, die sie doch so sehr wollte.
 

Er wurde erneut verarscht von ihr!
 

„Was zum Teufel willst du hier? Hau ab!“ Schnell richtete sich der Blonde auf, der gerade mal vor wenigen Minuten noch Bettruhe verordnet bekam und innerlich allmählich zur Ruhe fand. Doch die war nun hinüber und das in wenigen Sekunden!

„Byou ... Byou bitte, ich wollte mich an dir rächen, ja ... aber doch niemals so!“, bat die junge Frau um Verzeihung und blickte den Musiker flehend an. „Ich wusste nicht dass er auch da sein würde, ehrlich!“

„Natürlich nicht! Du hast keine Ahnung dass er wegen seines Jobs in dem Gebiet tätig ist! Willst du mich verarschen oder was?!“ Selten passierte es, dass Byou die Fassung verlor und wirklich explodierte, doch seine Geduld war am Ende. Der Hass unerträglich. Die Wut musste raus!

„Es tut mir leid! Es tut mir leid!“, flehte Chiyoko erneut und ergriff den Arm des Blonden, welcher sie jedoch stets von sich wies und sich von seiner Liegestätte erhob. Noch immer mit den Klamotten, die voller Blut gezeichnet waren und das Geschehen dokumentierten.

„Hau ab! FASS MICH NICHT AN!“

„Byou ... Byou ich liebe dich! Bitte glaube mir! Hätte ich dir erzählt dass ich einen Freund habe, wärst du doch niemals zu mir gekommen!“

„Natürlich nicht! Hörst du dir eigentlich selbst zu?!“

„Byou~ ... bitte glaube mir, es tut mir so leid! Ich liebe dich, ich will dich zurück!“ Das Einzige woran die junge Frau klammerte war die Hoffnung. Die Hoffnung den Sänger um Verzeihung bitten zu können und die Hoffnung dass er doch noch zu ihr zurückkam.

„DU BIST KRANK CHIYOKO! EINFACH NUR KRANK!“
 

Bittere Laute füllten den Raum, ebenso bittere Tränen flossen über dieses schöne Gesicht des Models. Doch Mitleid blieb aus. Byou hatte kein Mitleid mit dieser Frau, welche ihn abermals belogen hat! Und das, wo sie vorhatte mit ihm einen Neuanfang zu beginnen. Er war doch so dumm! Er war so dumm überhaupt letzte Woche zu ihr gegangen zu sein! Er war so dumm, dass er glaubte, sie heute einfach mit einem Gespräch dazu zu bewegen, aufzuhören, ihn zu tyrannisieren, weil ihm einfach klar geworden war, wo sein Platz war!
 

„Byou~ ... Ich fleh dich an ...“ Erneut folgte der verzweifelte Versuch den Sänger näher zu kommen, ihn umarmen zu können, doch der wich bestimmend zurück. „Es war falsch ... es war falsch dich jemals kennen gelernt zu haben, okay? Und es war sowieso falsch dass ich dachte da sei noch was! Einfach alles was mit dir zu tun hat war falsch! Und jetzt!“ Der Finger wurde auf den Ausgang gerichtet. „Verschwinde! Ich will dich nie wieder sehen! Oder hören! Nichts! Absolut! Nichts! Hast du mich verstanden?!“
 

Menschen machten Fehler. Solange man daraus lernte war es okay, sie dienten der Entwicklung und bereicherten die gesammelten Erfahrungen. Schlimmer waren die Fehler, die sich wiederholten. Man tat sich und auch dem Umfeld keinen Gefallen damit und doch ... tat man es.

Ein leerer Plastikbecher musste gefüllt werden, um im Wind stehen zu können. Tun wir das nicht, wird er immer wieder verlieren und von der Hand der Natur von der Tischkante gestoßen. Solang bis er ganz schmutzig und verbeult war. Niemand würde ihn wieder benutzen, also landete er Schlussendlich, unbenutzt, im Mülleimer.
 

Lernte ein Mensch also nicht aus seinen Fehlern, nahm er nie richtig am Leben teil und nutzte dies zur geschlagenen Stunde niemals aus. Byou aber wollte sein Leben genießen. Wollte aus Fehlern lernen und unnötigen Ballast von sich weisen.
 

Doch Chiyoko ließ nicht von ihm ab, versuchte immer wieder seinen Arm zu umklammern und bat um Vergebung, bis sie am Kragen von zwei fremden Händen gepackt wurde, welche die Frau recht unsanft vom Blonden wegzerrten. Ein erschrockener Schrei erhellte den Raum, dann scheiterte der Versuch um sich schlagen zu wollen, als die Handgelenke auf den Rücken festgehalten wurden und Kazuki den Oberkörper der Frau nach unten drückte.

„Verstehst du nicht was er sagt? Du sollst gehen!“, zischte Kazuki ihr ins Ohr und packte sie ziemlich grob dabei an, ohne ihr ernsthaft Schaden zuzufügen.

„Lass mich ... gefälligst los du Mistkerl! Pfoten weg! Byou so tu doch was! Byou!!“

Der würde jedoch den Teufel tun und das Handeln seines Gitarristen in irgendeiner Weise unterbinden. Nein, er war sogar verdammt froh darüber, dass er sich in die Angelegenheit einmischte. Ginge es ihm im Grunde doch nichts an. Auch wenn das Ganze nun schneller aufflog als je gedacht. Kazuki hätte ihn soeben prima auflaufen lassen können - doch er tat es nicht.
 

„Loslassen! Loslassen! Lass mich loos! Byoou! Byoouuu!“ Wie wild wand sich die Designerin im Griff des Schwarzgefärbten, der sie jedoch unbeirrt davon zur Tür dirigierte. Alle Versuche sich zu wehren scheiterten und die Tatsache dass es sich um eine Frau handelte war dem Schwarzschopf in jenem Moment ebenso egal. Er hatte genug mitbekommen, obwohl er kurz davor war die Wohnung zu verlassen. Als jedoch der Name der Frau fiel, wurde ihm so einiges klar. Er wusste wie wichtig sie Byou damals war. Und er wusste auch, dass es den Sänger nie wirklich losgerissen hatte von ihr. Er wusste einfach die ganzen Geschehnisse, welche damals stattgefunden haben und konnte nicht anders als im Flur zu verharren und abzuwarten, wie sich das Ganze entwickelte.
 

Byou hatte sich also doch wieder Hoffnungen gemacht. Dieser Blödmann ...
 

„Byoouu!! Byouuu, bitte tu doch was! Byou! Du kannst mich nicht rauswerfen lassen!“

Heftig wand sich die junge Frau in Kazukis Griff, bis er endlich die Tür öffnete und sie ziemlich grob hinauswarf.

„Wenn du ihn wirklich liebst, akzeptierst du seine Entscheidung“, waren die letzten Worte an die Frau, die er schon damals nicht leiden mochte und warf ihr die Tür vor der Nase zu.
 

Er musste sein Revier verteidigen.
 

...
 

Für den Bruchteil einer Sekunde war Kazukis Welt in sich zusammengebrochen. Wäre seine Neugier allein in jenem Moment nicht größer gewesen, als der Schmerz über das verlorene Battle um den Platz im Herzen eines Anderen, so wäre der Gitarrist gegangen und hätte die Situation vollkommen falsch eingeschätzt. Er wäre im Glauben gewesen, dass Byou um ein Mädchen buhlte und sich dafür sogar prügelte mit 31 Jahren! Es wäre ein Weltuntergang für Kazuki gewesen! Scheißegal war es ihm, ob er mit ihr geschlafen hat. Scheißegal war es ihm auch, mit wie vielen der Blonde geschlafen hatte und dies vielleicht auch noch tun wird. Solange er immer wieder zu ihm zurückkam auf diese besondere Art und Weise, war Kazuki alles egal, nur wegstoßen durfte er ihn nie wieder! Er durfte nie wieder soweit weg sein, obwohl er im Bett neben ihm lag.
 

Nie wieder!

Oder durfte er solche Gedanken nicht haben? Nur weil er Kazuki war? Nur weil er der Leader einer Band war?
 

Es ist doch nur menschlich!
 

Niedergeschlagen fand er den Blonden auf der Couch sitzend wieder, beide Hände vor das Gesicht gen Boden haltend und die Ellenbogen auf den auseinandergestellten Knien abstützend. Kurz blieb Kazuki stehen, ließ das Bild auf sich wirken, bevor er sich wortlos zu ihm kniete. Nur langsam sammelten sich seine Gedanken um die Geschehnisse - und die ergaben jetzt einen neuen Sinn.
 

Byou bemerkte die Nähe des Anderen, reagierte aber nicht, bis ihm wieder mit bestimmter, aber ebenso sanfter Gewalt die Hände vom Gesicht genommen wurden und sich die Finger sogleich miteinander verschränkten. Da saß er nun vor ihm. Sein sexy Dummchen. Die Augen geschlossen, den Kopf gen Boden gesenkt. Dennoch überkam den Gitarristen ein Schmunzeln, wie er ihn so vor sich sah. Mehr Pech konnte ein einzelner Mensch an einem Tag doch kaum haben. Verdient hatte es Byou am aller wenigsten, wie Kazuki fand. Der drängte sich nun unbefangen zwischen die Beine des Sitzenden, hob den gesenkten Kopf mit Hilfe seiner Lippen, welche sich auf das Gegenpaar niederließen, an. Mit Nachdruck drückte er Byous Kopf wie von selbst nach oben und richtete sich dabei mit dem Oberkörper auf, kam ihm entgegen, was die Lider des Sängers überrascht öffnete.
 

Er war so schön ... trotz Verletzung und des recht traurigen Blickes.
 

„Dir ... ging es gar nicht um die Prügelei ...“, flüsterte Kazuki gegen die geküssten Lippen und bekam erneutes Kopfschütteln an diesem Tag. Doch diesmal war es ok. Diesmal wollte er es sogar, denn es bestätigte seine Gedanken, welche sich allmählich sortierten.

„Wirst du sie jetzt endlich vergessen?“

Tief tauchten die dunklen Augen in die seines Gegenübers, hielten einander fest und wurden gehalten. Ebenso verhakten sich die Finger noch etwas fester, diesmal von Byou ausgehend, welcher Halt suchte. Halt bei dem Menschen der ihm doch so unglaublich wichtig war. Den er niemals verlieren wollte!

„Ich wollte das heute endgültig ... beenden“, flüsterte er mit haltendem Blick, welcher tieftraurig in Kazuki eindrang. „Es war nur einmal ... und das war falsch, ich weiß ... Ich hätte doch nie mit ihr ... wenn ich gewusst hätte dass sie einen Kerl hat ...“ Beabsichtigt unterbrach der Kniende die Erklärung, indem er den Kopf schüttelte und seine Lippen wieder auf die des Anderen legte für wenige Sekunden. Danach sah er wieder direkt in die traurigen aber wunderschönen Augen seines Sängers. „Das weiß ich“, hauchte Kazuki liebevoll. „Ich weiß doch“, stupste die Nase ebenso liebevoll gegen die des geschlagenen Mannes.
 

Er brauchte keine Erklärung.

Byou wollte sich auch gar nicht erklären.
 

Sie wussten doch beide Bescheid.
 

„Was hältst du davon wenn du duschen gehst? Ich koch dir deinen Tee, den du schon die ganze Woche heimlich trinkst und währenddessen spring ich mal schnell rüber in die Apotheke und hol deine Tabletten, die dir Sayuki aufgeschrieben hat? Du hast nur Schmerztabletten im Haus die auf sowas nicht anschlagen“, erklärte er mit einem kurzen Nicken auf die Verletzung und strich beruhigend mit den Daumen über den des anderen. Zwar hatte die Ärztin dem Sänger eine Spritze gegeben, welche schnell anschlug, doch die Wirkung könnte jederzeit nachlassen, also wäre es besser, würden sie dann gleich die Tabletten im Hause haben.
 

Byou konnte auf all das nur stumm nicken. Es klang nach einem guten Plan, wie er fand. Kaum zu Ende gedacht, stand Kazuki auch schon schmunzelnd auf und zog den Sänger mit sich auf die Beine, grinste ihn an. „Rein Zufällig sehe ich voraus, dass ich am Thailänder vorbeigehen werde.“ Eine verschlüsselte Frage nach dem Hungerbefinden des Blonden, der darauf endlich wieder grinsen konnte und kurz den Kopf senkte, als müsse er sein schönes Lächeln verstecken. Da die Finger nach wie vor miteinander verschränkt waren, zogen die Hände des Gitarristen die anderen mit sich, schlossen damit die Distanz zwischen ihren Körpern, als Byou direkt an ihm zum Stehen kam und ihn wieder ansah.

„Nummer Sieben“, hauchte der Blonde ihm schmunzelnd entgegen, womit der Schwarzhaarige nicht gerechnet hat und nun große Augen machte. „Woohooo ... echt jetzt?“

Der Sänger nickte jedoch mit eingeklemmter Unterlippe und einem leisen, typisch kurzen Auflachen, welches dem Jüngeren schon sehr viel besser gefiel, als dieser herzzerreisende Anblick von eben. „Alles was du willst.“
 

Das Rauschen des Wasserkochers begann zeitgleich mit dem Rauschen des warmen Wassers aus der Dusche unter welcher der Blonde stand, als Kazuki schon in die Schuhe schlüpfte und die Wohnung ohne weitere Worte verließ, da sie bereits alles gesagt hatten. Ruhigen Gewissens konnte er den anderen für 15 – 20 Minuten alleine lassen. Länger würde er nicht brauchen. In der Zeit konnte sich Byou ganz in Ruhe duschen und umziehen.
 

...
 

Auf den Weg zur Apotheke bekam der Gitarrist endlich seinen Wunsch eine Zigarette zu rauchen erfüllt. Es war das Erste was er tat sobald die Füße die Straßen dieser Welt betraten. Schnell war das weiße Röllchen zwischen die Lippen geschoben und angezündet. Tief und genussvoll wurde der erste Zug genommen und der nikotinhaltige Nebel frisch gefiltert aus der Lunge gestoßen. Ganz entspannt lief er die zwei Straßen weiter hinunter und war somit in wenigen Minuten schon in der Innenstadt. Die Wohngegend des Sängers war sehr praktisch. Die Wohnung war außerhalb des Getümmels gelegen, doch in wenigen Schritten befand man sich inmitten des geordneten Chaos‘. Schnell waren die Tabletten besorgt und auch der Thailänder wurde, wie vorhergesehen, wenige Minuten später aufgesucht.
 

Dem Sänger die Nummer Sieben von der thailändischen Speisekarte mitzubringen war der kleinste Gefallen dieser Welt welchen er ihn erfüllen konnte. Dabei würde der Schwarzgefärbte noch sehr viel mehr für Byou tun – wie er es sagte. Einfach alles würde er tun damit es dem Sänger gut ging und er ihn lächeln sehen konnte.

Sie waren kein Liebespaar, hatten aber so etwas wie eine Beziehung, die weitaus über Freundschaft und Familienverhältnisse hinausging. Es war nicht einfach nur Sex, den sie da miteinander hatten. Es war nicht einfach nur ein Zusammenleben auf Zeit. Es war etwas ganz Besonderes, was sie miteinander pflegten. Ihre unbekümmerte und ungebundene Nähe zueinander. Dieser unkomplizierte Umgang - und doch stießen sie des Öfteren beim Anderen auf vollkommen neue Spielzüge, welche analysiert und durchschaut werden mussten, um im nächsten Zug wieder die Führung zu übernehmen.

Oft hatte es der junge Bandleader verdrängt, wollte es nicht wahrhaben. Aber er wollte so viel mehr von diesem hübschen Gesicht, welches ihn doch erst dahin brachte, wo er, wo SIE als Band jetzt waren. Dieser kurze Moment, als ihm die Eifersucht übermannte und sein Herz zerriss, weil er glaubte ihn verloren zu haben war unbeschreiblich grausam und zeigte Kazuki, dass er seine Gefühle nicht mehr steuern oder unterbinden konnte. Er wollte es auch nicht mehr, bekam er doch von Byou die selbigen Gefühle geschenkt.
 

Irgendwann würden sie darüber reden müssen – aber nicht jetzt.

Nicht jetzt. Nicht heute und auch nicht nächste Woche.
 

Alles war gut so, wie es war.
 

...
 

Das Auflachen des Gitarristen durchschwebte den Raum verhalten, welcher nur von zwei dekorativ schönaussehenden Lampen im diffusen Licht schimmerte und somit auch alles sehr viel weicher wirken ließ, als es tatsächlich war. Leise lief das Radio in der Küche, wo noch die restlichen Überbleibsel des Essens auf den Tisch standen, während die kichernden Laute aus dem Wohnzimmer kamen.

Kazuki hatte gratis Gummischlangen vom Thailänder bekommen und holte diese aus dem Beutel, nachdem er brav aufgegessen hatte. Byou jedoch war, wie erwartet, schon viel eher fertig mit essen, als er wohl sollte, erhaschte sich aber gekonnt in einen unachtsamen Moment eines der Süßwarenschnüre und ergriff die Flucht, sobald sich Kazukis Blick auch nur auf ihn legte.
 

Eigentlich sinnlos, dass er aufstand und glaubte Kazuki würde das gelten lassen, wo er doch noch nicht einmal aufgegessen hat. Wobei es wohl eher die Belohnung für die Naschkatze war, welche er soeben gestohlen hat und dies auch der Grund für dessen Verfolgung war.

„Ehh~ ... Das sind meine, die hab ich mir verdient heute“, schmollte der Gitarrist hinter dem Blonden, als er ihn von hinten vor dem Flügel stehend umklammerte, um sich sein Hab und Gut wieder anzunehmen. Doch das klemmte bereits zwischen den schmunzelnden Sängerlippen, welche fest aufeinandergepresst wurden und die Süßigkeit immer weiter in den Mund zogen. Dabei wand sich Byou in Kazukis Armen, als dieser eine Hand hob und ihre Oberkörper nach vorn beugte, um es ihn wieder zu entwenden, aber er kam nicht ran, spürte stattdessen die Bauchmuskeln des etwas Kleineren, als dieser sich anspannte und lachen musste.

„Aus! Auuuus! Pfui, Byou, pfui! Spuck das aus!“, schauspielerte der Jüngere, wobei ihm selbst immer wieder ein Kichern über die Lippen kam und ein erneuter Versuch, dem anderen seine Schlange zu entwenden scheiterte.

„Byou-Chaaan? Ich sagte pfui! Spucks aus!“, kicherte Kazuki und drückte den Körper vor sich im nächsten Moment gegen den Corpus, sodass Byou sich automatisch mit den Armen und den Oberkörper darauf abstützte, fast die ganze Gummischlange hinter den Lippen verschlossen. Es fehlte nicht mehr viel und sie wäre weg.

„Wie war das? Jaaa ~, ich seh‘ schon, dir geht’s unheimlich schlecht?“, zitierte er den Älteren, welcher doch noch letzte Woche diese Worte an ihn richtete.

Doch Byou lachte nur heiser auf und fischte nun die letzten Zentimeter mit der Zunge in den Mund, als Kazuki einen erbosten Laut darüber verlor und erneut ein Verbot für das Handeln aussprach. Erst dann presste er sich so gegen Byou, dass dieser in seiner Bewegung eingeschränkt wurde, hielt dessen Hände an den Gelenken mit nur einer Hand fest und drehte den Kopf bedacht zu sich. Zu sehr konnte sich Byou dabei nicht wehren, denn der Druckschmerz an der Schläfe blieb, trotz Allheilschmerzmittel Spritze. Somit schnappte der Schwarzschopf von hinten über ihn gebeugt nach den letzten Stück des giftgrünen Präsents und legte seine schmunzelnden Lippen auf die, des Anderen.
 

Keiner gab nach.

Keiner gewann.

Keiner verlor.
 

Byou brauchte es. Die Nähe zu Kazuki, welche er doch damit provozierte. Und Kazuki war sich dessen bewusst. Er war sich bewusst darüber, dass Byou genau das damit erreichen wollte, doch er wollte es selbst genau so sehr wie sein Blondie. Wollte ihm nahe sein, ihn berühren, ihn bei sich wissen, ließ aber dennoch von ihm ab, um ihn anzusehen.

„Woll‘n wir uns ganz kitschig aufs Sofa verziehen und Fernsehen?“

Byou schmunzelte nur kauend, der heute als Sieger aus dem Kampf um die Süßwaren hervorging. Kazuki wollte ihm einfach nicht zu viel zumuten, war er doch froh darüber dass es für den Moment nahezu vollkommen in Ordnung war und bekam ein Nicken vom Blonden der sich anschließend mit der Zunge über die Lippen leckte. „Dann geh schonmal vor und ich hol den Rest MEINER Gummischlangen“, gab Kazuki ausdrücklich zu verstehen und löste wieder belustigtes Auflachen beim Dieb aus.
 

„Kannst du ... die nicht später holen?“, hauchte der Blonde den Gitarristen lüstern schmunzelnd gegen die Lippen, welche kurz darauf mit der Zungenspitze des Sängers umrandet wurden.

Kazukis Brauen hoben sich zunächst fraglich, zogen sich dann jedoch wieder amüsiert ins Gesicht mit einem vielsagenden Ausdruck in den Augen.

„Nenne mir ... einen guten Grund ...“, wisperte Kazuki gegen die schönen hellen Lippen, konnte es nicht lassen dabei die Hände hinten am Rücken unter den Saum des Tanktops zu schieben, welches sich der Sänger frisch angezogen hatte. Der kam ihm noch einen Schritt entgegen, drückte sein Becken gegen Kazukis und ebenso die Hände an die Pobacken, ehe sich die Lippen kaum merkbar über die Ohrmuschel schlichen, bis sie stoppten.

„Ich will Sex. Jetzt. Hier. Mit dir“, wisperte die schöne Stimme des Sängers in den Gehörgang des Gitarristen, dem daraufhin eine wohlige Gänsehaut durchwanderte, welche ihn seufzen ließ. Fest presste er die Lippen einen Moment aufeinander, begann aber lüstern zu lächeln und die Finger kraulend auf der nackten Haut an Byous Becken zu bewandern. „Das waren aber viele gute Gründe“, flüsterte Kazuki mit halbgeschlossenen Augen und sah dabei ihr Spiegelbild im Fenster, welches hinter dem Flügel in der Wand war.
 

Byous Zunge leckte erneut über die Ohrmuschel. Die Lippen verzogen sich erneut zum Schmunzeln. „Ausreichend?“, fragte er heiser und leise nach, was Kazuki nun die Augen genussvoll schließen ließ, mit einem leichten Lachen auf den Lippen.

„Ausreichend“, stieß er nur von sich, ließ sich zurückweisen, zurück zum Flügel, der ihn daran hinderte weiterzugehen, sich aber dafür großzügig zum darauflegen bereitstellte. Bereitwillig drängte Byou den Gitarristen darauf zurück, drückte ihn rücklings auf das Erbstück, wo Kazuki augenblicklich die Beine um Byous Körper schlang, ihn noch mehr an sich drückte und den längst gedachten Kuss aufnahm.
 

Ohne Scheu.

Ohne nachzudenken.
 

Einfach nur genießen und erleben.
 

Je mehr sie den anderen Körper kannten, desto besser kam es bei den Fans an.

Natürlich – es war nichts anderes, als ein bisschen Übung für die Grabbeleien auf der Bühne.
 

Ganz bestimmt ...
 

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