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24 Nights - Adventskalender

Diabolik Lovers x Reader
von

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Zehnte Nacht: Shu

Zumindest am Abend ging es dir wirklich wieder gut, als du erwachtest. Alles fühlte sich normal an. Das Kribbeln war fort und deine Glieder konntest du wieder wie gewohnt ohne Einschränkungen bewegen, wie es sein sollte. Also keine Nebenwirkungen, welch Glück! Reiji hatte da ja nicht so sicher gefunden. Das hieß... deine Erkältung! Du musstest nicht mehr husten! Sollte das Ganze doch wirklich eine Medizin gewesen sein? Wenn ja, dann vermutlich kaum absichtlich, überlegtest du missgelaunt.

Als er dich nach deinem Erwachen jedoch nach deinem Befinden fragte und du ihm müde diese Auskunft gabst, machte er einen recht zufriedenen Eindruck. Du warst also wirklich ein Versuchskaninchen gewesen. Du wolltest gar nicht wissen, wie er seine 'Drogen', wie er es genannt hatte, sonst testete, wenn du nicht hier warst. Es war nicht schwer zu erraten, dass hier wohl häufiger mal Menschen zu Besuch waren. Was allerdings aus ihnen wurde, konntest du nicht mit Bestimmtheit sagen. Jedoch ahntest du, dass sie diese Vampire vermutlich nicht überlebt hatten.
 

Obwohl du ja den halben Nachmittag nur bewegungslos herumgelegen konntest und in der Konsequenz irgendwann eingedöst warst, fühltest du dich dennoch erschöpft wie schon die ganzen Tage. Das musste vom Blutverlust kommen, überlegtest du, als dich Reiji in das Gästezimmer, das tatsächlich nicht am selben Flur lag, wie sein Zimmer, sondern an einem diesem gegenüber liegenden und damit sozusagen im anderen Flügel des Hauses.

Erleichterung durchflutete dich. Zumindest etwas Abstand von den prüfenden Augen des Vampirs und hoffentlich auch denen seiner Brüder, die doch sicher bei ihm nebenan wohnten, oder nicht? IN jedem Falle warst du ein Stück weg.

Das erste, was du nachsahst, als Reiji weg war, war ob es einen Türschlüssel gab, doch du konntest keinen finden. Abschließen solltest du die Tür wohl nicht. Wäre ja auch zu schön gewesen. Wirklich überrascht warst du deswegen nicht.
 

Nach einer kurzen Inspektion des Raumes, der dem, in dem du zuerst im Hause Sakamaki erwachtest, ziemlich glich, und der Erkenntnis, dass es hier nichts Besonderes zu entdecken gab, außer das Nachthemd auf dem Bett, zogst du dich mit einem Seufzer um und klettertest unter die warme Decke.

Natürlich wolltest du gerne einen Fluchtweg suchen und am besten auch gleich ausprobieren, doch so müde und matt, wie du dich fühltest, hatte das nun einmal wenig Sinn. Nach ein paar Stunden Schlaf, wenn du dich besser fühltest, wäre ein günstigerer Augenblick. Kaum hattest du die Decke bis ans Kinn hochgezogen, übermannte dich auch schon der Schlaf.
 

Es war mitten in der Nacht, als du erwachtest - oder früher Morgen. Je nachdem, wie man es sehen wollte. Die Uhr auf deinem Nachttischchen, das dem in dem anderen Raum samt Lampe und Wecker wirklich bis aufs Letzte glich, verriet dir, dass es gegen drei Uhr war. Keine Uhrzeit, um die du normalerweise wach lagst. Wäre Jemand auf die wahnwitzige Idee gekommen, dich um diese Zeit zu wecken, hättest du ihm oder ihr vermutlich lediglich kundgetan, dass es Körperverletzung sei, dich um diese Zeit um deinen Schlaf zu bringen.

Doch nun warst du von ganz alleine aufgewacht und auch wenn du dich noch immer etwas angeschlagen fühltest, fandest du doch, dass es eine gute Zeit wäre, sich ein wenig umzusehen. Entschlossen, diesen riesigen Kasten von Haus – Anwesen? - zu verlassen, zogst du dich an und wolltest schon einfach aus dem Zimmer stiefeln, als dir einfiel, dass es vielleicht besser wäre, wenn du eine Art Taschenlampe hättest und nicht in jedem Flur das Licht entfachen müsstest. Immerhin könnte dich das an die vielen Vampire des Hauses verraten und das wolltest du lieber nicht.
 

So leise, wie es deine Ungeduld möglich machte, durchsuchtest du erst den Nachttisch, dann die beiden Kommoden, das Regal und schlussendlich den Kleiderschrank auf der Suche nach einer Taschenlampe oder vielleicht Kerzen. Tatsächlich wurdest du in einem der Regale fündig und entdecktest eine Handvoll langer weißer Kerzen, doch hatte die Sache einen Haken: Du hattest weder Streichhölzer noch Feuerzeug. So nutzten dir auch die Kerzen noch herzlich wenig.

Der Kleiderschrank war zu deiner Überraschung sogar nicht einmal leer, sondern spärlich mit Kleidungsstücken bestückt, von denen du nach kurzer Prüfung bemerktest, dass sie deine Größe hatten. Bei der Überlegung, woher diese Sachen kommen könnten, fröstelte es dich. Ganz automatisch maltest du dir die Vorbesitzerinnen aus und das, was ihnen hier womöglich widerfahren war. Den Sachen nach zu urteilen alles junge Frauen. Wie hatte Ayato noch gesagt? Opferbraut? Waren diese Brüder also obendrein noch ein Haufen sexistischer Vampire, die nur von Frauen tranken, die obendrein ein bestimmtes Alter aufwiesen und damit sozusagen in ihr Beuteschema fielen? War ja ekelhaft! Da konntest du ja nur hoffen, schnell alt zu werden und aus diesem Schema herauszufallen, damit sie dich in Ruhe ließen.
 

Da du ja keine Lichtquelle finden konntest – oder zumindest keine transportable – entschiedst du, es doch einfach ohne eine solche zu versuchen. Zumindest ein wenig umsehen wolltest du dich, um mögliche Fluchtwege auszuspähen und dir den Aufbau des Hauses einzuprägen, das ja recht groß zu sein schien. Wenn man dich erwischte, würdest du genau das in abgeschmackter Fassung ohne die Fluchtwege auch erzählen. Du hättest dich einfach nur umsehen wollen. Das wäre doch sicher erlaubt.

Bedächtig schrittst du den Flur entlang und konntest schließlich auch den gegenüberliegenden sehen, an dem Reijis Zimmer lag. Beide Flure führten von einer Art Hauptflur aus ins Haus. Da du ja ganz sicher nicht zu den Vampiren wolltest, folgtest du diesem Hauptflur. Verglichen mit menschlichen Adern, überlegtest du, müsste dieser große Flur dich entweder hinaus führen oder aber ins Herz des Hauses hinein. Schon nach wenigen Schritten war dir klar, dass du die richtige Richtung gewählt hattest, denn vor dir lag eine Treppe, die in die Eingangshalle hinab führte, die schwach von einem matt gedimmten Lüster erhellt wurde und – oha! - einigen Kerzen, die unten auf einer Kommode standen. Da hattest du dein mobiles Licht!
 

Du eiltest die Treppe hinab zur Haustür. Wenn du die auf bekamst, konnte dir der Kerzenleuchter gestohlen bleiben. Licht brauchtest du ja nur hier drin. Draußen würde es dich bloß verraten in der schützenden Dunkelheit und du wolltest ja schließlich unbemerkt abhauen. Wenn sie dich sahen und einholten, hattest du verloren, das war dir klar. Immerhin waren diese Vampire wirklich ziemlich stark. Da kämpftest du auf verlorenem Posten.

Die Tür war verschlossen. Da half auch kein Rucken und Ziehen. Abgeschlossen. Leider hattest du weder eine Haarnadel dabei, noch irgendeine Ahnung davon, wie man Schlösser knackte, selbst wenn du eine gehabt hättest. Du lebtest eben in der Realität und nicht in einem Film. Abgasehen davon, dass Vampire hinter dir her waren. Du seufztest. Womit hattest du das nur verdient?
 

Deine Laune sank sofort, doch du schütteltest innerlich den Kopf. Du durftest dich nicht unterkriegen lassen. Aufgeben passte nicht zu dir. Entschlossen griffst du den Kerzenleuchter, in dem drei der langen weißen Kerzen brannten, die du schon in deinem Zimmer gefunden hattest. Also gut. Du hattest Licht, du hattest... auf dem ganzen Weg hierher keines gebraucht, weil es überall Beleuchtung gab? Es fiel dir erst jetzt wie Schuppen vor die Augen. Wäre alles stockfinster gewesen, hättest du gar nicht so schnell hergefunden.

Am liebsten hättest du dir kräftig vor die Stirn geschlagen und mental tatest du das auch. Zwar hatte dein großartiger Plan nun ein gehöriges Loch, doch vielleicht erwies sich der Leuchter dennoch noch als nützlich. Du könntest zum Beispiel jemandem damit niederschlagen oder in Brand stecken. Letzteres wäre zwar nicht die erste Wahl, doch Vampire ertrugen doch kein Feuer, oder? Klar, wo nichts war, konnte nicht wieder auferstehen.
 

Den Leuchter vor dir hertragend, kehrtest du zurück zur Treppe. Leider verlosch bei deinen energischen Schritten schnell die erste der drei Kerzen. Gerade hattest du die ersten Stufen bestiegen, da kam dir jemand entgegen. Der blonde Vampir mit dem gelangweilten Blick. Seinen Namen hattest du schon wieder vergessen. Auch jetzt sah er eher gelangweilt und desinteressiert drein sah, während dir der kalte Schweiß ausbrach. Dass er bisher ruhig gewesen war, musste ja nicht heißen, dass das so bliebe. Wenn du konntest, würdest du lieber einen Bogen um ihn machen. Zwar hatte Reiji gestern nicht viel von dir getrunken, doch das hieß noch lange nicht, dass du dich wirklich fit und gesund fühltest.
 

„Hi“, grüßtest du ihn nervös, als er auf deiner Höhe der Treppe stehen blieb. Jetzt vom Nahen konntest du sehen, dass er einen MP3-Player um den Hals trug, an einem engen Band und einer der Ohrstöpsel hinab hing, nämlich der seiner linken Seite, die dir zugewandt war. Er sagte kein Wort, sondern starrte dich nur durchdringend an. „Äh...“ Du hattest keine Ahnung, was du tun oder sagen solltest. „Shu. Mein Name ist Shu“, gab er dir leise zu wissen und du spürtest wie dir die Schamesröte ins Gesicht stieg. War es so offenkundig gewesen, dass dir sein Name entfallen war? Wie peinlich!

Kaum hattest du die Scham gespürt, ärgertest du dich auch schon über dich selbst. Wieso solltest du dich dafür schämen? Immerhin hatten sie dich entführt! Da gab es doch nun wirklich keinen Grund für Höflichkeiten und wie diese Knallköpfe hießen war da doch nun wirklich ziemlich egal!
 

Als hätte er deine Gedanken geahnt, griff Shu nach dir. Schon aus reinem Reflex schrecktest du zurück. Gebranntes Kind scheute das Feuer, wie man so schön sagte, und mit Vampiren hattest du ja bisher recht einschlägige Erfahrungen gemacht – und die wiederum waren bisher durch die Bank weg negativ ausgefallen. Kein Bedarf an Wiederholungen deinerseits.

Zu deinem Pech gab es nur hinter dir die nächste Treppenstufe, die du nicht einkalkuliert hattest in deinem Reflex und so fielst du hintenüber. Der Kerzenhalter fiel dir aus der Hand und mit einem dumpfen Aufprall zu Boden. Es war reines Glück, dass die beiden verbliebenen Kerzen erloschen, anstatt den Teppich in Brand zu stecken.

In Erwartung, jeden Moment unangenehm auf die Treppe zu fallen mit dem Ergebnis eines halben Dutzend bunter blauer Flecken, kniffst du die Augen zu, doch der Aufprall blieb aus. Ein Arm fing dich ab und sofort war dir klar, dass dieser Arm nur einer Person gehören konnte: Shu.

„Da-danke“, murmeltest du leise, als er dich aufstellte, dabei allerdings auch an sich heranzog, sodass ihr nur wenigen Millimeter von einander getrennt standet. So lächerlich es im Grunde war, es war dir peinlich. Nicht auf eine Weise wie es Laitos Annäherungen gewesen waren, sondern einfach... anders. Shu war ja nicht aufdringlich und er zeigte bisher auch keine Bisstendenzen, stelltest du erleichtert fest.
 

Shus himmelblaue Augen ruhten auf dir, doch du konntest absolut nicht darin lesen. Nach einigen Augenblicken des Schweigens und der Stille ergriff Shu erneut das Wort. „Du solltest hier nicht herumirren.“ Er seufzte die Worte mehr, als er sie sagte. Beinahe, als wollte er dich wissen lassen, dass er dein Verhalten lästig fand, nervig und stören, allerdings nicht auf eine Weise, die ihn wütend machte, sondern eher wie eine, die lästige Arbeit nach sich zog.

„Ich wollte mich ein wenig umsehen“; gabst du kleinlaut zurück. Shu schien davon allerdings nicht wirklich überzeugt. Sein Griff um dich lockerte sich nicht. Wieder blieb es eine nervenaufreibende Weile still zwischen euch. Ihn schien es nicht zu stören, doch dich machte das nervös. Schließlich meinte er seufzend: „Wie lästig.“
 

Lästig? Na wenn du ihm lästig warst, dann konnte er dich doch gehen lassen, oder nicht? Du setztest ein gezwungenes Lächeln auf. „Dann... äh... dann gehe ich jetzt zurück in mein Zimmer.“ Du wolltest dich von Shu lösen, um in die entsprechende Richtung zu gehen auch wenn du natürlich nicht vorhattest, wirklich brav in dein Zimmer zu gehen und dort der Dinge zu harren, die dir die Sakamakis noch antun würden.

Als hätte er es geahnt, hielt dich Shu weiter fest, sodass du bei deinem Versuch wegzukommen, nur gegen ihn stießt. „Ich bringe dich zurück.“ Es klang nicht so, als wäre das verhandelbar. Na toll. So hattest du dir deine Erkundungstour nicht vorgestellt. So kurz.

Sein Blick wanderte zu dem Kerzenleuchter, den du vor Schreck hattest fallen lassen. Die erloschenen Kerzen hatten ein wenig Wachs auf dem Teppichboden verteilt. Na, das würde Reiji sicher ausnehmend gut gefallen, höhnte eine Stimme in deinem Hinterkopf. Am liebsten hättest du gleich mit Shu mitgeseufzt. Seit du die ersten Vampire getroffen hattest, ging es für dich einfach nur bergab. Egal, was du auch versuchtest, es schien einfach immer nach hinten loszugehen. Besonders die Dinge, die in irgendeinem Zusammenhang damit standen, sich vor weiteren Vampirübergriffen zu schützen oder diesen zu entkommen. Fortuna hatte sich eindeutig mit diesen Bluttrinkern gegen dich verschworen.
 

Der blonde Vampir ließ nun von dir ab und beugte sich zu dem Leuchter. Für einen Moment warst du versucht, Fortuna herauszufordern und loszurennen, doch irgendwie schwante dir, dass du dabei nur verlieren konntest, schon allein, weil du ja nirgends hin konntest. Die Haustür war verschlossen und ehe du eines der altmodischen Fenster geöffnet hattest, hätte Shu dich fraglos eingeholt und wäre dann vermutlich nicht mehr so passiv wie jetzt.

Shu schob dich gezielt die Treppe hinauf, jedoch nur mir sanfter Gewalt, nicht so energisch, wie es sicherlich seine Brüder getan hätte. Damit warst du also wieder da, wo du angefangen hattest.
 

In deinem Zimmer angekommen, ließ dich Shu allerdings nicht wie erwartet alleine, sondern schloss die Tür hinter sich ab – Wieso hatte er einen Schlüssel!? - und steuerte dann einfach das Bett an, in das er sich hineinlegte und die Arme hinter dem Rücken verschränkte, ohne ein einziges Wort zu sagen. Es sah wirklich so aus, als wolle er ein Nickerchen halten, denn er schloss die Augen und regte sich nicht mehr.

Fassungslos sahst du ihn an. Was sollte denn das werden? Gerade, als du ihn genau das empört fragen wolltest und zu diesem Zweck an das Bett herantratest, öffnete Shu eines seiner tiefblauen Augen und sah dich unverwandt an. „Shu, wa-“, begannst du, doch er hob die Hand, um dich zu unterbrechen. Na immerhin, dachtest du resigniert, quatschte er nicht einfach dazwischen, wie es andere seiner Art schon ganz gern getan hatten. „Sei still. Wenn du so laut bist, störst du die Musik.“
 

Ein fragendes 'Was?' lag dir auf der Zunge. Nicht, weil du nicht bemerkt hättest, dass er auf seinem MP3-Player offensichtlich Musik hörte, sondern vielmehr, weil er sich hier einfach breit machte und obendrein meinte, du seist du laut. Dabei hattest du ihn ganz normaler Lautstärke angesprochen.

Shu schloss die Augen wieder. Das war wohl alles an Erklärung, das er dir geben wollte. „Shu, was soll das? Wieso gehst du nicht in dein Zimmer?“, wolltest du wissen, nun ein Seufzen auf den Lippen. Dass alle Vampire ihre Schrullen hatten, wusstest du ja inzwischen, aber was war denn das für eine? Legte der sich einfach her und wollte offenbar ein Nickerchen halten. Das konnte er doch überall anders auch!
 

Shu öffnete dieses Mal beide Augen und sah ein wenig gereizter drein als bisher, was in dir die ersten Alarmglocken zum Schrillen brachte. Noch jedoch blieb der blonde Vampir ruhig. „Sieh es so“, sprach er dich an und seufzte deinen Namen förmlich. „Solange ich hier bin, werden meine Brüder weder dich noch mich belästigen. So bekommen wir beide unsere Ruhe. Du kannst schlafen und ich kann Musik hören, ohne, dass jemand unnötig Lärm macht.“

Deine Augen verengten sich skeptisch. So eingeschlossen war Schlafen wirklich nicht die schlechteste Idee und dein normaler Tagesrhythmus war ohnehin der Meinung, dass du noch eine Mütze Schlaf vertragen könntest, doch so ganz trautest du dem vermeintlichen Frieden nicht, den Shu dir hier anbot. Auf der anderen Seite: Was hattest du zu verlieren? Vermutlich nichts.

Ohne dich umzuziehen legtest du dich neben Shu, allerdings unter die Decke und wandest dem Vampir demonstrativ den Rücken zu. Du hofftest nur, er behielte Recht und keiner seiner Brüder käme her.
 

Er behielt Recht. Als du am späten Morgen aufwachtest, war es noch immer still. Shu lag neben dir, die Augen geschlossen und du konntest nicht mit Sicherheit sagen, ob er schlief oder nur entspannt seiner Musik zuhörte. So oder so jedoch, versprach seine Nähe wohl einen gewissen Schutz.

Und dieser dehnte sich zu deinem Glück sogar über den ganzen Tag, denn als Reiji dir Mittagessen brachte – das Frühstück hattest du verschlafen und darum bekamst du keines mehr, ließ er dich wissen – teilte er dir mit, dass du auf jeden Fall – und das sei wichtig – den Saft trinken solltest, immerhin müsstest du dich erholen.

Erst als Reiji, der noch einen eindeutig erstaunten Blick auf seinen Bruder warf, ehe er ging, verschwunden war, begutachtetest du das Mahl, das normal roch. Doch nach deinen bisherigen Erfahrungen mit Reiji wärst du lieber vorsichtig. Am Ende allerdings siegte der Hunger und das ganze Hühnerfrikassee verschwand in deinem Magen.

Satt sahst du über die Schulter gen Shu, der noch immer regungslos auf dem Bett lag, fast wie eine Leiche. Du könntest schwören, er habe sich seit letzter Nacht nicht einen Millimeter bewegt, doch das schien dir sicherlich nur so.
 

Zusammen mit dem Essen hatte dir Reiji auch zwei Bücher, dicke Einbände mit eleganten Buchrücken, sowie eine Flasche Wasser und den besagten Saft gebracht, den du nun unter die Lupe nahmst. Ein kleiner Pappkarton mit Strohhalm. Cranberrysaft. Ungewöhnlich, fandest du. Zumindest konntest du dich nicht erinnern, jemals welchen getrunken zu haben. War ja auch nicht gerade die typische Sorte wie Apfel oder Orange.

Na deinetwegen. Du stachst den Strohhalm hinein und nahmst einen großen Schluck, hattest du nach dem Essen doch Durst. „Urgs!“, entfuhr es dir. Der Saft war sehr bitter und stark im Geschmack. Ganz und gar nicht, wie du erhofft hattest. Und obendrein hinterließ er sogar einen bitteren, irgendwie trockenen Nachgeschmack auf der Zunge. Wieso solltest du den denn unbedingt leeren?
 

Shu, der dich wohl gehört hatte, gluckste leise und du wandtest dich um. Zwar waren seine Augen geschlossen, doch als hätte er es dennoch gesehen, ergriff er das Wort und erläuterte dir knapp, dass Cranberry die Eigenschaft hatte, die Blutregeneration zu fördern – aber auch ansonsten sei es sehr gesund und du solltest den Saft lieber trinken, andernfalls würde Reiji 'lästig', wie er es nannte. Ergeben leertest du den kleinen Karton und spültest mit Wasser nach. Blutregeneration, na danke.

Missmutig sahst du erst jetzt den Titel des Buches. 'Über den Umgang mit Menschen' von Adolph Freiherr Knigge. War das sein Ernst? Du seufztest laut und vernehmlich.

Das würde ein sehr, sehr langer Tag, doch anscheinend hattest du nicht viele Alternativen - denn Reiji hattest du nach sich abschließen hören - und so ergabst du dich deinem Schicksal – und dem Buch.



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