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Trugbilder

Facetten einer Feindschaft
von

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Ein kleiner Tod

Überlege einmal, bevor du gibst. Überlege zweimal, bevor du nimmst und überlege tausendmal bevor Du forderst.

(Chinesisches Sprichwort)

 

Unruhig wartete Draco im Schatten einer Ritterrüstung in der Nähe des Schlossportals auf Harry. Zwar hatte er sich mit einem Illusionierungszauber belegt, doch die Lehrer würde er damit nicht täuschen können. Wo blieb der verflixte Gryffindor nur?

Ein kaum hörbares Rascheln näherte sich ihm. „Potter?“, wisperte er in die Dunkelheit, woraufhin, wie aus dem nichts, der dunkle Haarschopf vor ihm auftauchte.

„Schnell unter den Tarnumhang!“, flüsterte Harry mit einem freudigen Funkeln in den Augen. Hastig schlüpfte Malfoy unter den magischen Stoff, zog ihn an sich und küsste den anderen hungrig. Schwer atmend begannen die Jungen sich aneinanderzureiben. In dem Moment, als Harry den Kopf in den Nacken legte und völlig ungeniert laut aufstöhnen wollte, erklangen hinter ihnen Schritte. Hastig presste Malfoy seinem Gespielen die Hand auf den Mund und fesselte dessen Blick mit vor Schreck geweiteten Augen.

Professor Flitwick kam in das Blickfeld der übermütigen Jugendlichen. Doch er schien nichts bemerkt zu haben und setzte seinen Weg fort.

Harry und Draco schnellten auseinander und atmeten erleichtert auf.

„Bei Merlin, wenn du mich küsst, schmelzen mir immer die Hirnzellen weg“, keuchte der Dunkelhaarige mit einem albernen Grinsen.

Draco schüttelte den Kopf, während einer seiner Mundwinkel verräterisch zuckte. „Komm mit, Potter. Raus hier!“

Beinahe lautlos huschten sie aus dem Schloss und liefen, dicht aneinander gedrängt unter Harrys Tarnumhang über die Schlossgründe. Noch war es beinahe winterlich kalt, doch ein einfacher Wärmezauber vertrieb die kühle Nachtluft und hüllte die Jungen in wohlige Wärme.

„Wo wollen wir hin?“, fragte Harry leise und griff nach Malfoys Hand. Dieser verflocht sogleich seine Finger mit denen seines Freundes. Harrys Herz machte einen Hüpfer.

„Wirst du schon sehen. Komm, weiter!“

 

Wenig später standen sie vor dem ruhig daliegenden Quidditsch-Feld. Fledermäuse glitten lautlos über den Nachthimmel und vom Verbotenen Wald drangen verschiedene, schaurige Tierstimmen zu ihnen. Rasch eilten sie eine der Tribünen hoch. Oben angekommen umwehte sie der frostige Frühlingswind. Harry ließ den Tarnumhang zu Boden sinken und stürzte schier auf Malfoy. Seine Teenagerhormone fuhren Achterbahn und nach einem verlockenden Traum in der vergangenen Nacht, verlangte sein Körper die Erfüllung seiner Begierde.

Seine Lippen pressten sich ungestüm auf den einladenden Mund des Slytherin. Harry wollte Draco so sehr – ganz gleich an welchem Ort. Ganz gleich auf welche Art, wenn er auch schon eine gewisse Vorstellung hatte. So gern würde er einen Schritt weitergehen in Sachen Sex.

„So hungrig heute, Löwenjunge?“, murmelte Draco atemlos und mit wirrem Haar an seinen Lippen.

„Es muss Jahrhunderte her sein, dass ich von dir kosten durfte“, erwiderte Harry mit rauer Stimme und schmiegte sich an ihn.

Dracos Arme umschlossen ihn und sekundenlang standen sie einfach nur stumm da, während Harrys Herz raste und es in seiner Mitte lebendig wurde.

„Es war eine ziemlich frustrierende Nummer, dieses Spiel gegen Hufflepuff. Was, Goldjunge?“, durchbrach Draco den Lusttaumel, der Harry gerade verschlingen wollte.

Der Gryffindor stöhnte leise und griff sich ungeniert in den Schritt. „Reden wir nicht drüber.“

Draco grinste breit. „Ich dachte, du könntest eine Aufmunterung brauchen.“ Er senkte den Blick und zog die Augenbrauen hoch. „Ähm … Ich hatte an etwas weniger Banales gedacht, Potter. Nun ja, du entscheidest ...“

Er löste sich von dem Körper des anderen, holte zwei winzig kleine Gegenstände aus der Tasche seines Umhanges und richtete seinen Zauberstab auf diese. Sie schwollen an und wuchsen sich zu ihrer normalen Größe zurecht.

Harry schnappte nach Luft und stieß einen verhaltenen Schrei aus.

„Mein Feuerblitz!“ Ehrfürchtig ließ er seine Fingerspitzen über den Rennbesen gleiten, der vibrierend vor ihm in der Luft schwebte. „Du hast meinen Feuerblitz aus Umbridges Büro gestohlen?“ Grinsend zog er Draco an sich und küsste ihn leidenschaftlich.

„Nur geliehen. Ich habe einen von unseren Mannschaftsbesen verhext, sodass er aussieht wie ein Feuerblitz. Aber der Spruch wird nicht ewig halten. Ich fürchte, dass ich ihn wieder zurückbringen muss.“ Draco zuckte beinahe entschuldigend mit den Schultern.

„O.k., verstehe. Trotzdem … Danke! Danke, Draco.“

Malfoy grinste amüsiert. „Was ist jetzt? Worauf wartest du noch? Kannst du mit Tarnumhang eigentlich fliegen? Und mit … mit dieser viel zu engen Hose?“

Nun waren es Malfoys Augen, die gierig funkelten.

Harry nickte mit einem seligen Lächeln auf den Lippen und machte sich bereits dran sich rittlings auf den Besenstiel zu stellen, während er den Tarnumhang um sich herum feststeckte. „Und du?“, wollte er wissen, während Malfoy seinen Nimbus bestieg.

„Illusionierungszauber und ...“ Er schaute an sich herab. „Nun, bei Merlins Unterhosen … Es wird schon gehen.“

Harry lachte leise. „Also gut – bereit?“

Die beiden Zauberschüler stießen sich vom Boden der Tribüne ab und schossen in die nächtliche Dunkelheit empor. Harry musste sich zwingen, seine unbändige Freude nicht einfach hinauszuschreien.

Nah beieinander, nur den Besen des jeweils anderen sehend, jagten sie über den großen See, imponierten einander mit den verschiedensten Flugmanövern und genossen die rasante Ausgelassenheit des Augenblicks.

Draco landete nach einer Weile wieder auf der hohen Zuschauertribüne und ließ seinen Blick über die Umgebung schweifen. Die Dunkelheit hatte den Feuerblitz verschlungen. Und so wartete der blonde Slytherin ungeduldig auf die Rückkehr des Anderen.

 

Mit kalten Wangen und glückseliger Miene stieg der Gryffindor kurze Zeit später von seinem Rennbesen und schloss ihn in die Arme. „Ich bin dir so dankbar dafür.“

Draco hielt den Dunkelhaarigen fest und verbarg sein Gesicht an dessen Schulter. „Du hast in den letzten Tagen so müde ausgesehen. Ich wünschte, wir könnten miteinander - wenigsten miteinander sprechen – wenn wir uns irgendwo über den Weg laufen. Sooft hatte ich dich fragen wollen, was los ist. Ob irgendetwas passiert ist, aber …“

Der Blonde spürte, wie sein Freund nickte, doch er löste die Umarmung keinen Millimeter. Er wollte Potter einfach nicht loslassen.

„Ich hatte in den letzten Tagen solche Kopfschmerzen. Ich glaube immer noch, dass es vom Unterricht bei Snape kommt. Aber … Ich habe wohl keine andere Wahl. Auch wenn all die Quälerei überhaupt nichts bringt. Jedenfalls nicht das, was Snape mit mir übt.“

Draco ließ seine Finger durch Harrys dichtes Haar streichen und küsste dessen Stirn. „Und die Meditation, die ich dir gezeigt habe?“

Harry schnaubte missmutig. „Ich finde dafür nirgendwo Ruhe. An den meisten Abenden steht irgendwas an und wenn es nur kleine Theorieeinheiten für die DA sind. Mittlerweile haben Hermine und ich angefangen alle Zauber strukturiert niederzuschreiben und ...“

„Warum das?“, fauchte der Blonde ungehalten und machte sich von Harry los. „Wozu gibt es Schulbücher und die Bibliothek? Du verschwendest deine Energien! Ein klein wenig Opportunismus würde dir gutstehen, Potter! Bevor du vor die Hunde gehst, weil du versuchst, es allen anderen Recht zu machen!“ Draco ging nun aufgebracht umher. Zornig stieß er mit der Faust gegen die hölzerne Einfassung der Tribüne. „Verdammte Scheiße! Warum glaubst du immer, dass es wichtiger ist, alle anderen zu retten? Wann fängst du an, dich selbst zu retten?“

Der Slytherin spürte den verwunderten Blick seines Freundes auf sich, was ihn nur noch wütender machte. „Denkst du, dass ich nicht sehe, wie müde du bist? Jeder sieht es! Sogar Snape hat mich schon dazu aufgefordert dich in Ruhe zu lassen, damit du dich nicht an mir verausgabst! Lerne Okklumentik, Potter! Warum denkst du, dass es ewig so glimpflich für dich ausgeht, wenn du auf den Dunklen Lord triffst? Nicht einmal die treusten Anhänger des Unnennbaren gehen so leichtsinnig mit ihrer geistigen Gesundheit um, wie du! Lerne dich zu schützen – und scheiß auf das alberne Zauberstabgefuchtel, mit dem du deine Bewunderer beeindrucken willst!“

Der Ausdruck in den Augen des Gryffindors hatte sich verändert. Die Verwunderung war der Empörung gewichen und schien zu einem rechten Zorn anzuschwellen. „Wie kannst du mir vorwerfen, dass ich meine Energien verpulvern würde? Weißt du eigentlich, wie … Merlin! Du hast doch keine Ahnung, Malfoy! Ich bin nicht wie ihr! Ich muss mich auf das stützen, was ich kann – und Verteidigung, das kann ich. Für dich mag das albernes Zauberstabgefuchtel sein, mir rettet es das Leben! So einfach ist das. Diese schwarzmagische Doxypisse kriege ich nicht hin! Nicht einmal diese banalen Dinge, wie die magische Barriere in meinem Kopf. Das ist es was mich fertigmacht, Malfoy, diese Art der Magie raubt mir die Kraft! Der verdammte Einfluss von dieser den Geist manipulierenden Magie.“ Er raufte sich schier die Haare. Warum wollte ihn niemand verstehen? „Euch Slytherins scheint das in die Wiege gelegt zu sein, aber mich zermürbt es. Snape zermürbt mich. Ist dir noch nie aufgefallen, dass es um den herum vibriert vor lauter schlechter Magie? Dumbledore und Snape liegen falsch, wenn sie denken, dass diese verfluchte Okklumentik mir bei irgendetwas hilft. Sie sollten mich lehren wie man kämpft – Mann gegen Mann. Stattdessen halten sie mich hin und lassen mich am langen Arm verhungern.“

Sie umkreisten einander wie wütende Raubkatzen – jederzeit bereit anzugreifen, wenn nötig.

„Das ist doch bullshit, Potter! Da stößt du auf einen Bereich der Magie, in dem dir nicht alles zu fällt und schon …“

„Nicht alles zufällt??“ Mittlerweile schrie Harry vor Frust. „Wann bitte ist mir schon einmal irgendwas zugefallen? Genau denselben Mist hat Hermine auch den DA Mitglieder weiß machen wollen. Ich hatte vielleicht bislang mehr Glück als andere, aber das war es auch schon. Ansonsten arbeite ich an mir – an meinen Stärken. Um am Ende zu überleben! So ist das nämlich.“

„Dann lass deine Stärken doch mal eine Weile außen vor!“, keifte Malfoy zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Das ist doch genau das, was ich dir gerade schon gesagt habe. Kümmere dich um deine Schwächen und arbeite an den Dingen, die dir eben nicht liegen! Das kann doch nicht so schwer sein.“

Harry öffnete den Mund, als würde er etwas ebenso Garstiges erwidern wollen, doch bevor die erzürnten Worte seine Lippen verlassen konnten, schloss er seine Lippen wieder. Er taumelte ein wenig zurück, stützte sich kurz an der Wand und setzte sich das auf die Treppenstufen. Draco erkannte die Resignation, die sich wie ein Vorhang vor Harrys gesamte Gestalt legte und eine eisige Kälte legte sich beinahe schmerzhaft um sein Herz.

„Das geht so nicht, Malfoy“, wisperte der Dunkelhaarige mit plötzlich kraftloser Stimme und verbarg das Gesicht in den Händen. „Bei dir will ich einfach sein. Ich will mich nicht erklären müssen. Ich …“ Seine Stimme brach und er verstummte Kopf schüttelnd.

Langsam ging der blonde Slytherin auf ihn zu, ließ sich mit dem Rücken an die Wand gelehnt in die Hocke sinken und biß sich auf die Unterlippe. „Was willst du damit sagen?“

Harry zögerte, doch dann schaute er auf. Das Gesicht zur Maske erstarrt. „Ich bringe dich in Gefahr. Ich schaffe es nicht, meinen Geist zu verschließen. Und solange es für dieses Problem keine Lösung gibt … Ich verstehe, warum du sauer auf mich bist. Aber ich weiß nicht, was ich tun soll.“

„Soll ich jetzt zwischen den Zeilen lesen? Machst du Schluss?“ Dracos Stimme bebte. Die Kälte in seinem Inneren breitete sich aus, und als Harrys Schweigen anhielt, stand er auf, wankte einige Meter von ihm weg. Nur um sich schließlich erneut hinzukauern, die Arme um den Körper geschlungen. Er hatte das Gefühl, als zerbräche etwas in seinem Inneren. Die Kiefer aufeinander gepresst harrte er aus, versuchte, das Bedürfnis zu schreien und haltlos zu schluchzen niederzuringen.

War es das, wenn die Leute von einem gebrochenen Herzen sprachen? Das Gefühl einen kleinen Tod zu sterben.

Wie hatte ihnen der Abend nur so entgleiten können? Er hatte Harry ein paar schöne Stunden bescheren wollen. Der verfluchte Gryffindor sollte jetzt in seinen Armen liegen und …

Er hörte es hinter sich rascheln und spürte, wie Harry sich an ihm vorbeistahl. Der Dunkelhaarige würde ihn hier allein zurücklassen. Ein angestrengter Laut entkam Dracos Kehle – nicht ganz ein Schluchzen. Er wollte nicht wieder allein sein.

Als er Potters Blick auf sich spürte, schaute er auf. Die Miene des anderen war voller Kummer und erschreckender Entschlossenheit.

Harry schüttelte den Kopf, dann wandte er sich ab und verließ unter Dracos ungläubigem Blick die Tribüne.

 

 

 

Severus Snape beendete seine nächtliche Runde gerade und harrte für einen Moment auf dem Astronomieturm aus. Er genoss die Ruhe der Nacht und holte tief Luft. Angenehm senkte sich die Erschöpfung über seinen Geist und er hoffte, in dieser Nacht Schlaf finden zu können.

Als er sich zum Gehen abwandte, zerriss ein gellender Schrei die vorherrschende Stille. Rasch eilte er zurück zur Brüstung und spähte angestrengt hinaus in die Finsternis. Erst nach einem Homenum revelio konnte er erkennen, dass auf den Schlossgründen eine Person stand. Er glaubte Potter zu erkennen, doch sicher war er sich nicht.

Snape trat einen Schritt zurück und verwandelte sich augenblicklich in seine Animagusgestalt. Die Schwingen weit ausgebreitet ließ er sich hinabsinken und glitt auf die Stelle zu, wo er mithilfe des Zaubers nur Momente zuvor eine Gestalt hatte ausmachen können. Seinem Rabenblick blieb die Wirkung des Zaubers jedoch verborgen und so flog er mit kräftigen Flügelschlägen das Gelände ab.

Er wollte schon aufgeben, als er von einer der Quidditch-Tribünen her, einen Laut vernahm. Im Näherkommen entdeckte er eine Gestalt, die auf den Stufen des Aussichtsturmes kauerte. Er landete unbemerkt auf der Brüstung des Zuschauerbereiches und erkannte Draco Malfoy, der zusammengekauert auf den Stufen hockte. Das Gesicht in den Armen verborgen, die Schultern bebend.

Professor Snape verwandelte sich in seine menschliche Gestalt zurück und eilte auf den Sohn seines Geliebten zu.

„Mr. Malfoy!“, knurrte er drohend, woraufhin der Junge aufsprang, wankte, und an die Wand zurückwich. Tränenspuren waren auf seinen bleichen Wangen zu erkennen. Snape seufzte lautlos. „Verraten Sie mir, was Sie gedenken, hier mitten in der Nacht zu tun! Fünfzig Punkte Abzug für Slytherin – nehmen Sie Ihre Sachen und kommen Sie mit!“

Er empfand abgrundtiefes Mitleid für den Jungen – und noch etwas anderes. Dracos Anblick erinnerte ihn an Lucius. Nur war niemals Severus der Grund für dessen Kummer gewesen – ganz im Gegenteil.

‚Potter‘, dachte er mürrisch und verzog angewidert sein Gesicht. ‚Ein Schwein – genau wie sein Vater!‘

 



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