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Wolkenherz

Tamaki Reika Centric
von

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Nah und fern

Nie hätte sie es laut zugegeben, doch wenn Tamaki Reika ehrlich zu sich war, beneidete sie Doremi und ihre Freundinnen. Natürlich – so sagte sie es sich immer wieder – gab es eigentlich keinen Grund für sie auf irgendjemanden neidisch zu sein. Immerhin hatte ihr ihr ganzes Leben lang an nichts gefehlt, ja, sie war ihre ganze Kindheit und Jugend lang wunschlos glücklich gewesen, hatte ihr Vater ihr doch jeden Wunsch von den Augen abgelesen.

Und auch nachdem sie die Schule abgeschlossen hatte, hatte sie doch ein Linguistikstudium mit Bestnoten abgeschlossen, um als Dolmetscherin arbeiten zu können. Und weil ihr Vater nun einmal ihr Vater war, mangelte es ihr nicht an Angeboten.

Auch hatte es ihr ihr Vater ermöglicht, Flugstunden zu nehmen und manchmal spielte sie mit dem Gedanken, irgendwann einmal eine professionelle Pilotin zu werden. Es wäre der perfekte Job für sie: Angesehen, tolle Uniformen und sie könnte die ganze Welt bereisen!

Und doch...

Sie hatte wenig von ihren Klassenkameradinnen und -kameraden aus der Schulzeit gehört, seit sie die Schule einmal abgeschlossen hatten. Sicher, wenn sie nach Misora kam, sah sie Doremi des öfteren, arbeitete diese doch mittlerweile an der Grundschule, die sie selbst einst besucht hatte. Und auch Hatsuki und Onpu hatte sie ab und an getroffen, da beide öfter nach Tokyo kamen und sie teilweise selbst beruflich auf entsprechenden Veranstaltungen war.

Doch abgesehen davon? Sie hatte von Kaori seit dem letzten Klassentreffen lange schon nichts mehr gehört, obwohl sie zu ihrer Schulzeit so viel Zeit mit ihr verbracht hatte. Und auch von Momoko hatte sie so wenig gehört, seit diese in die USA zurückgekehrt war. Vielleicht war das es, was sie am meisten traf.

Derweil wusste sie, dass Doremi und die anderen sich noch immer regelmäßig trafen, selbst wenn sie sich so weit verteilt hatten.

Oft schon hatte sich Reika gefragt, was es war, dass diese fünf Mädchen miteinander verband, denn dass da mehr war, als nur Freundschaft, das war kaum zu übersehen. Die fünf und auch Makihatayama Hana hatten damals im Maho-Dou gearbeitet, im Haus der Magie. Jener seltsamer Shop, der für beinahe ihre ganze Grundschulzeit jedes Jahr ein anderes Thema zu haben schien. Deswegen hatten die fünf damals wohl viel Zeit miteinander gebracht und ja, Reika hatte niemanden gehabt, mit dem sie außerhalb der Schule so viel Zeit verbracht hatte.

Wahrscheinlich war dies der Grund, warum das meiste, was sie von anderen hörte, vereinzelte Emails und Nachrichten auf Facebook waren. Sie war halt niemands bester Freund gewesen und hatte sich, wenn sie ehrlich zu sich war, auch nie darum bemüht.

Doch eigentlich wäre sie gerne die beste Freundin einer Person gewesen...

Doch es war ja nicht so, als hätte sie keine Freunde. Da waren noch immer ein paar Mädchen, die sie während des Studiums kennen gelernt hatte. Doch sie kam dennoch nicht umher, neidisch auf Doremi und ihre Freundinnen zu sein.

Aber vielleicht konnte sich das ganze noch ändern. Denn es war vor genau einem Monat hatte sie eine Einladung bekommen, dass Doremi ein Klassentreffen organisierte, das nun, kurz vor Ende der Schulferien, stattfinden sollte. Sie hatte sich freigenommen, um für fünf Tage nach Misora zurückkehren zu können.

Als sie am Bahnhof des verschlafenen Städtchens angekommen war, hatte ihr Herz geklopft. Hatte sie wirklich Heimweh gehabt?

Doch nun stand sie vor ihrer alten Grundschule, die ihr so viel kleiner vorkam, als vor zwölf Jahren. Vor dem Eingang war ein mit roten Ballons verziertes Schild aufgestellt: »Klassentreffen des Jahrgangs von 2003«.

Sie holte tief Luft, setzte ihr freundlichstes Lächeln auf und ging hinein. Sie kam nicht umher sich zu fragen, wer alles da sein würde, wusste sie es doch nur von den Leuten, mit denen sie auf Facebook befreundet war.

Doch zumindest wusste sie – denn das war ja klar – dass Doremi und ihre Freundinnen da sein würden.

Und so war es auch.

»Hallo zusammen!«, flötete sie, als sie an ihrem alten Klassenraum ankam.

»Oh, du bist es nur, Tamaki«, erwiderte Doremi in einem genervten Tonfall.

Reika spürte ihre Augenbraue zucken. »Was soll das heißen?«

Doch Doremi lachte. »Nichts, nichts«, sagte sie und umarmte sie. »Ich freue mich, dass du gekommen bist.«

Etwas überrascht von der Umarmung errötete Reika leicht, lächelte aber.

»Du bist recht früh«, meinte Doremi dann und als Reika sich umsah, sah sie diese Worte bestätigt.

Da waren Aiko und Hatsuki, da war Kotake, der ja ohnehin mit Doremi zusammen war, und auch Rinno, Sato und Kino waren da. Dann waren da auch noch Yada, Umeno und Kano, sowie ein sehr hübscher junger Mann, den Reika gar nicht erkannte.

»Oh, Tamaki, du bist da«, hörte sie noch eine Stimme, gerade als sie Grüße mit ihren Klassenkameraden ausgetauscht hatte, als Onpu mit einem Tablett mit mehreren Getränkekannen durch die Tür kam.

»Soll ich dir helfen?«, fragte der unbekannte Mann, doch Onpu winkte ab.

»Das ist nicht nötig.«

Die beiden tauschten Blicke und Reika wurde klar, dass dies wahrscheinlich Onpus Freund war.

Doch jemand fehlte in diesem Bild vollkommen. »Kommt Asuka-san noch?«, fragte sie zurückhaltend.

Doremi, die mit Hatsuki und Yada geredet hatte, drehte sich zu ihr um. »Ich weiß nicht. Sie hatte vor ein paar Stunden geschrieben, dass ihr Flug Verspätung hatte. Offenbar schlechtes Wetter in New York.«

»Oh«, seufzte Reika. Dabei hatte sie sich so gefreut, Momoko wiederzusehen.

Sie hatte ihre Fotos aus New York gesehen, wo Momoko das Haus einer alten Freundin ihrer Familie, ganz im Norden von Manhatten, geerbt und in diesem ein eigenes Café eröffnet hatte.

Reika wusste, dass Momoko schon immer gern gebacken hatte, doch kam sie nicht umher, sich zu fragen, warum sie ausgerechnet hatte nach New York ziehen müssen.

Natürlich verstand Reika, dass Momoko auch dort noch immer Freunde hatte, hatte sie doch die Hälfte ihrer Kindheit und Jugend dort verbracht – aber es fiel ihr schwer zu glauben, dass diese Freunde ihr wichtiger waren, als Doremi und die anderen. Doch wahrscheinlich gab es auch hier wieder Dinge, von denen sie nichts wusste.

Es war schon seltsam. Immerhin hatte sie Momoko am Anfang nicht leiden können – immerhin hatten ihr alle so viel Aufmerksamkeit geschenkt und Reika hatte es nie gemocht, wenn man jemand anderen als ihr so viel Aufmerksamkeit gab. Doch dann war Momoko auf einmal die erste Person gewesen, mit der sie wirklich hatte befreundet sein wollen, denn sie war auch die erste Person, die über alle Feindseeligkeit Reikas hinweggesehen hatte.

Wenn sie eine Pilotin werden würde, überlegte sie, könnte sie Momoko auch in New York besuchen.

»Heyda«, meinte Aiko und lehnte sich neben sie an den Tisch. »Du schaust ziemlich nachdenklich aus, man.«

Mittlerweile hatte sich das Klassenzimmer gefüllt. Auf einer Reihe der Schultische, die nun so lächerlich klein wirkten, hatten Doremi und die anderen ein Buffet aus belegten Broten und Kuchen bereit gestellt, dass sich langsam leerte.

»Ach, nein, nein«, erwiderte Reika schnell.

»Hier«, sagte Aiko und hielt ihr ein Glas mit Limo hin. »Du hast ja nichts getrunken.«

»Oh, danke.« Reika nahm das Glas und trank einen Schluck. Seltsam, obwohl sie alle erwachsen waren, wurde kaum Alkohol getrunken. Doch vielleicht war eine Grundschule auch einfach nicht der richtige Ort für Alkohol, überlegte sie. Auch wenn keine Schüler da waren, es hatte doch etwas mit der Vorbildfunktion, die sie inne hatten, zu tun, oder?

»Du arbeitest in Tokyo, net?«, meinte Aiko nun, offenbar darauf bedacht ein wenig Smalltalk zu halten.

»Ja. Als Dolmetscherin«, antwortete Reika. »Du machst noch immer Sport?«

»Jap«, bestätigte Aiko. »Hab' mich eigentlich für die Olympia qualifizieren wollen. Ist aber nix geworden. Ganz knapp.«

»Vielleicht das nächste Mal«, meinte Reika.

»Jap. Vielleicht des nächste Mal.« Aiko grinste. Offenbar war ihr Kampfgeist nicht so schnell gebrochen. »Und wenn nicht, mache ich halt eine Takoyakibude auf.«

Daraufhin lachte Reika leise.

»So ist schon besser«, meinte Aiko zufrieden. »Du wirktest bedrückt.«

»Ach, ich bin nur müde«, sagte Reika. Es würde undankbar und unfreundlich klingen, sich darüber zu beschweren, dass Momoko nicht da war. Immerhin waren so viele andere ja da.

Doch auch als der Nachmittag zu Ende ging, war Momoko noch nicht da. Würde sie überhaupt noch kommen?

Draußen war der Himmel bereits orangerot gefärbt und die Bäume warfen lange Schatten. Wie lange würden sie überhaupt noch hier bleiben?

Reika sah in die Runde. Mittlerweile waren so viele da. Das komplette SOS-Trio – oder eher Quartett, nun da die Klasseneinteilungen nicht da waren. Yoshida, Koizumi, Kimura, Ogura, Hagiwara... Und sie alle hatten etwas zu erzählen.

Es machte Reika auf eine seltsame Art stolz, dass so viele von ihnen etwas aus sich gemacht hatten. Sie hatten studiert oder studierten noch. Von allem was man hörte, war wirklich niemand von ihnen auf die schiefe Bahn geraten. Doch vielleicht – das musste sie insgeheim zugeben – war dies auch Doremi und ihren Freundinnen zu verdanken, die so oft geholfen hatten, wenn es Probleme gab.

Und manche von ihnen waren sogar schon verheiratet.

Als die Gespräche darauf kamen, schien es Doremi sich nicht verkneifen zu können, sie in die Seite zu knuffen. »Hey, Tamaki, ich dachte eigentlich, du wärst mit spätestens 24 verheiratet.«

Sie hob den Kopf. »Ich warte darauf, den richtigen zu finden. Und überhaupt: Du bist doch schon so lange mit Kotake zusammen. Warum habt ihr denn nicht geheiratet?«

»Weil ich ihn erst heirate, wenn er eine Familie ernähren kann«, erwiderte Doremi und warf ihrem Freund einen Seitenblick zu.

»Hey«, protestierte dieser, doch alle anderen lachten.

Draußen wurde es langsam dunkel und ein Teil der ehemaligen Klassenkameraden ging langsam nach Hause. Manche hatten nur für diesen Tag herkommen können und nicht alle waren daran interessiert, noch etwas mit den anderen zu machen.

Und Momoko war noch immer nicht da.

Als schließlich nur noch eine Hand voll ehemaliger Mitschüler da war, begannen sie langsam zusammenzuräumen. Tabletts wurden gestapelt und in die Schulküche gebracht und Reika, die noch nicht gehen wollte, half, wie auch ein paar andere.

»Danke, alle zusammen«, meinte Onpu mit ihrem freundlichsten Lächeln zu allen.

»Kein Problem«, erwiderte Reika.

»Ja, als ehemalige Klassensprecherin...«, meinte Aiko, die hinter ihr lief und Stühle, die sie aus dem Lehrerzimmer geholt hatten, trug.

»Was haltet ihr davon, später noch einen trinken zu gehen?«, meinte Kotake. »Der alten Zeiten wegen.«

»Von mir aus gern«, erwiderte Yada, wenngleich nicht allzu enthusiastisch, was für Yada allerdings schon immer recht normal war.

Reika seufzte. »Ich glaube, ich werde nach Hause gehen«, murmelte sie. Immerhin gehörte sie doch nicht so dazu, wie die anderen.

»Du kannst ruhig mitkommen«, meinte Doremi aufmunternd.

»Ich weiß nicht...«, murmelte Reika.

»Hmm, seltsam«, meinte Aiko. »Die Reika, die ich kannte, hätte sich keine Gelegenheit entgehen lassen, im Mittelpunkt zu stehen.«

Wieder lachten die anderen, doch Reika senkte den Kopf. Sie wusste, dass Aiko recht hatte.

Aiko klopfte ihr auf die Schulter. »Hey, nicht so dreinschaun. War doch net so gemeint.«

»Schon gut«, meinte Reika.

Sie half ihnen, die Tabletts abzuwaschen und ordentlich zu stapeln, ehe sie ins Klassenzimmer zurückgingen, um dort die Tische wieder zurecht zu stellen. All das ging recht schnell, waren die Tische doch leicht genug, um von Kindern verstellt zu werden, während sie nun alle erwachsen waren.

Die Uhr über der Zimmertür zeigte schon halb neun an, als die Klassentür auf einmal aufgerissen wurde.

»Tut mir leid«, keuchte Momoko. »Bin zu spät. Blöder Flug.«

Ihr Gesicht glühte und war verschwitzt, während sie sich die Seiten hielt. Es schien fast so, als sei sie den ganzen Weg hierher gerannt. Alle sahen sie überrascht an, während sie sich bemühte, wieder zu Atem zu kommen.

»Keiner mehr da?«, fragte sie dann. »Ach, verflucht, ich habe alles verpasst, nicht?« Sie ließ sich an der Tür zu Boden sinken.

»Na ja«, meinte Yada, »wir haben überlegt noch einen trinken zu gehen.«

»Sake?«, fragte Momoko und schien darüber amüsiert.

»Sake, Bier, was auch immer«, lachte Aiko.

Reika lächelte, als sie sah, wie sich ein Grinsen auf Momokos Gesicht ausbreitete. Asuka Momoko war immer eine Frohnatur gewesen. Und bevor sie sich dessen bewusst wurde, was sie da tat, stand sie auf einmal selbst vor Momoko und bot ihr die Hand zum Aufstehen an.

»It is really nice to see you again«, meinte sie auf Englisch.

Momoko lächelte und ließ sich von ihr hochziehen. »It is nice to see you, too. I see, you improved your Englisch skills.«

Reika sah sie überrascht an. Hatte sie ihr denn nie von der Arbeit erzählt, wenn sie mal geschrieben hatten? »You did not know?«

Darauf lachte Momoko. »Of course I did. I am still surprised. I am sorry.«

»Man, sprecht Japanisch«, beschwerte sich Kotake. »Das hält doch keiner aus.«

Die anderen lachten.

»Dann wollen wir gehen?«, meinte Doremi und sah sich in der nun recht kleinen Runde um.

»Hier ist nichts mehr zu tun, oder?«, erwiderte Hatsuki.

»Und, was ist mit dir, Reika?«, fragte Aiko.

Reika sah zu Momoko und bemerkte erst jetzt, dass sie noch immer ihre Hand hielt. »Na ja«, meinte sie dann zurückhaltend. »Ich denke, ich kann auch mitkommen.«



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  CharleyQueens
2015-12-03T18:28:58+00:00 03.12.2015 19:28
Und noch eine DoReMi-Fanfic <3
Und alleine dafür, dass du als Hauptcharakter Reika ausgewählt hast und dabei ein leichtes Reika/Momoko gezaubert hast, liebe ich dich... In den ersten Staffeln konnte ich sie nicht leiden, sie war diese verwöhnte, affektierte Tussi. Erst ab der 3. Staffel hab ich angefangen, sie zu mögen - aber kommen wir zur FF.
Der Beruf als Dolmetscherin klingt interessant - wird es in den Novels angesprochen oder kam die Idee aus deiner Feder?
Reikas Gedanken gefallen mir. Man merkt beim Lesen, dass es Reika ist, aber trotzdem ist eine Veränderung zu erkennen. Sie ist erwachsener. So wie die anderen übrigens auch. Wobei sie durch ihre typischen neckenden Kommentare stets IC geblieben sind.
Und hach, was habe ich mich gefreut, als Momoko dann aufgetaucht ist und Reika sie mit ihrem Englisch verblüffte. Es war zwar nur ein kurzer Moment zwischen den beiden, aber er war wirklich toll. Und allein das Händchenhalten - mein Shipping-Herz könnte dich dafür abknutschen :-* :-* :-*
Also, auch für diese zweite FF ein großes Dankeschön. Es hat mich wirklich sehr gefreut, diese FF zu lesen. Und an Rechtschreibung und Grammatik habe ich fast nichts auszusetzen.... Ja, leider nur fast. Da ist mir ein Satz ins Auge gesprungen, dessen Satzanfang leicht verwirrend klingt. So als hättest du mit Satzanfang A angefangen und dann mit Satzanfang B aufgehört:
 
>Denn es war vor genau einem Monat hatte sie eine Einladung bekommen, dass Doremi ein Klassentreffen organisierte, das nun, kurz vor Ende der Schulferien, stattfinden sollte. 
 
Aber ansonsten, wirklich eine tolle FF. Und ich hoffe doch sehr, ich kann mich irgendwann dafür revanchieren
 
LG, Lilim


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