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Urlaubsreif^2

auch ein Chef braucht mal Urlaub
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ein kleines Geschenk zum 4. Advent. - Änderungen im letzten Teil vorbehalten. Komplett anzeigen

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Happy Birthday

Yugis Zimmer war gerammelt voll. Unter normalen Umständen reichte der kleine Raum unterm Dach des Spieleladens seines Großvaters locker für ihn aus. Auch mit einem oder zwei seiner Freunde zu Besuch war es noch angenehm, doch an diesem Abend sah die Geschichte schon ganz anders aus. Er selbst hatte sich auf seinen Schreibtischstuhl geflüchtet. Marik und Ryo hatten es sich an seinen Kleiderschrank gelehnt auf dem Boden gemütlich gemacht und dabei jeweils einen Arm um den anderen gelegt. Tea saß zwischen Tristan und Duke auf seinem Bett, oder vielmehr, Duke saß neben den beiden auf seinem Bett und nippte ab und zu an seinem Bier, um nicht die ganze Zeit über ihrer Stimme folgen zu müssen. Währenddessen sprang der Ehrengast der Versammlung hin und her, verteilte kleine Schüsselchen mit Knabberzeug und Süßkram auf allen noch freien Flächen und spielte Flaschenöffner.

„Alter, jetzt setz ich endlich hin! Das ist ja nicht mitanzusehen, wie du an deinem Geburtstag zum Flummi mutierst“, rief Tristan ihn irgendwann zur Ordnung.

Joey hielt mitten in der Bewegung inne und zeigte ihm einen Vogel. „Ich will eben, dass ihr alle gut versorgt seid“, entgegnete er, ließ sich aber endlich auf den Boden nieder – die restlichen Sitzgelegenheiten waren schließlich schon alle belegt – und griff nach seinem Weinglas. Den Wein hatte sein Chef spendiert, nachdem er erfahren hatte, weswegen sein Sommelier ausgerechnet an diesem Tag frei haben wollte. Zum Glück war es ein Rotwein, sonst würde er nur noch zwischen Kühlschrank und Zimmer hin und her rennen.

„Also“, holte er tief Luft, „erst mal ein großes und herzliches Dankeschön an Yugi, dass er mir seine Räumlichkeiten für diesen speziellen Anlass zur Verfügung stellt.“ Er war ihm wirklich dankbar. So konnten sie in Ruhe feiern, sogar mit Alkohol, ohne dass sein Vater Gefahr lief rückfällig zu werden. Der Entzug hatte lange genug gedauert und er wollte diesen Sieg unter keinen Umständen gefährden. „Und wie versprochen, werde ich dir morgen helfen, das, was von deinem Zimmer übrig bleibt, aufzuräumen und zu putzen.“

Yugi warf einen leicht ängstlichen Blick in die Runde. Er konnte nur hoffen, dass sie sich trotz Bier benahmen.

„Des Weiteren soll ich euch alle von Mai grüßen. Sie hat mich angerufen und dabei lautstark sämtliche Fluggesellschaften in der Gegend von San Francisco verflucht. Deren Piloten streiken nämlich, weswegen sie leider nicht pünktlich in Japan eintrifft. Aber sie hat schon vorgeschlagen, dass wir nachfeiern, sobald die schriftlichen Prüfungen rum sind und sie uns alle einlädt.“

Allgemeines Bedauern aber auch Freude, bei dem Gedanken an die nächste Feier. Dennoch waren sie ohne die Blondine nicht wirklich vollständig.

„Und ansonsten bleibt mir nur noch zu sage, danke, dass ihr heute alle mit mir meinem 18. Geburtstag feiern wollt! Zum Wohl!“

„Auf dich!“

„Alles Gute nochmal.“

„Mach weiter so, Alter!“

Sie prosteten sich zu und fingen dann wieder an miteinander zu quatschen oder was auch immer Ryo und Marik da gerade machten. Zumindest Yugi, der in ihrer unmittelbaren Nähe saß, war bereits etwas rosa um die Nasenspitze. Joey erbarmte sich und winkte ihn neben sich auf den Boden.

„Schade, dass Mokuba nicht auch kommen konnte“, sagte er und bediente sich bei den sauren Ringen, die Großvater Muto gestiftet hatte.

„Ja“, stimmte ihm der Kleinere zu, „aber wenn Seto Angst hat, wir hätten einen schlechten Einfluss auf ihn, kann man leider nichts machen.“ Er verriet besser nicht, dass er geschlagene zwei Wochen auf den Firmenchef eingeredet hatte, um ihn von der Party zu überzeugen.

„Wie könnten wir? Der Wein ist vorzüglich, da hätte selbst der Eisklotz nichts zu meckern“, zwinkerte Joey und nahm noch einen Schluck. Er würde die Flaschen wohl alleine mit Marik leeren müssen, weil der Rest lieber Bier trank, auch wenn der Inhalt der Tasche, mit der Duke vorhin angekommen war, verdächtig nach Härterem ausgesehen hatte.

„Was ich dich dies bezüglich noch fragen wollte“, fing Yugi nun an, wurde aber von Tea unterbrochen, die forderte, dass Joey endlich seine Geschenke auspackte.

Weil sie manchmal echt stur sein konnte, besonders wenn sie leicht angeheitert war, gehorchte Joey und fragte in die Runde: „So und wer will anfangen?“

„Vielleicht machst du als allererstes das hier auf.“ Yugi hielt ihm eine kleine Schachtel hin und erklärte: „Von uns allen und deinem Vater. Keine Angst, wir haben alle noch eine Kleinigkeit für dich.“

Mit großen Augen griff Joey nach dem Geschenk. Aber er hatte doch von seinem Vater bereits am Morgen seine Geschenke... „Cool! Echt jetzt. Das ist … Danke Leute! Ihr seid echt die Besten!“ Ungläubig starrte er von seinen Freunden zurück auf einen kleinen schwarzen MP3-Player, den dezent eine 160GB zierte. „Aber so viel Musik hab ich ja gar nicht...“

„Ab jetzt schon“, feixte Duke und Ryo sorgte dafür, dass Joey nun wirklich die Kinnlade herunterklappte.

„Da ist die gesamte Musik von uns drauf – fehlt nur noch deine eigene, weil dein Vater nicht an deinen Computer wollte.“

Vollkommen überwältigt schüttelte Joey den Kopf und umarmte dann jeden einzelnen stürmisch. Sofort wurde das kleine Gerät an Yugis Lautsprecher angeschlossen und auf „beliebige Wiedergabe“ gestellt, damit sie nicht wussten, welches Lied als nächstes gespielt wurde. Ein heikles Unterfangen, da vor allem Ryo eher auf Klassik stand.

Anschließend erhielt Joey seine restlichen Geschenke. Von Yugi selbstverständlich ein paar neue Karten für sein Deck, die er sich schon eine Weile wünschte.

„Aber woher weißt du, dass ich genau die wollte?“

Marik und Ryo hatten ihm ein bedrucktes Frühstücksset besorgt, auf dem stand „drittbester Duellant der Welt“. Nur waren sie sich absolut uneins darüber, wer nun Platz 2 inne hatte. Von Tea kam die dazu passende Teekanne. Duke hatte die DVD von „Nosferatu“ besorgt und ein paar Vampirzähne zum Ankleben. Doch den Vogel schoss eindeutig Tristan ab und Joey musste sich eingestehen, dass er mit irgendetwas Schrägem von ihm gerechnet hatte. Dennoch musste er erst einmal schlucken, als er einen schwarzen Tanga, Plüschohren und irgendetwas, das er für ein ausgefallenes Sexspielzeug hielt, auspackte. Marik forderte in prompt dazu auf, sich umzuziehen, was ihm einen beleidigten Seitenblick von Ryo einbrachte. Und auch Joey selbst ließ die Sachen lieber ganz schnell wieder im Papier verschwinden, sobald er spürte wie sich die Hitze nicht nur in seinem Gesicht sammelte. Wieso musste ihm seine Fantasie ausgerechnet jetzt solche Bilder schicken?

Zum Glück ging die Feier danach noch ein paar Stunden eher ruhig weiter. Der erste Kasten Bier war fast leer und Marik und Joey berieten gerade, ob sie auch noch die dritte Flasche Wein öffnen sollten. Da kam Tea auf die glorreiche Idee Flaschendrehen zu spielen. Obwohl sie inzwischen auf Limonade gewechselt hatte, war sie sichtlich zu ausgelassen und steckte schnell den Rest mit ihrem Vorschlag an.

Anfangs waren die Aufgaben noch gesittet, auch wenn Duke eine Flasche Rum mit ins Spiel brachte. Tristan musste einen Handstand machen. Yugi sich die Haare zusammenbinden, was einfach nur niedlich aussah. Ryo mit Marik flirten wie ein frisch verliebtes naives Mädchen. Doch als dieser ihn zur Antwort zu Boden knutschte, kippte die Stimmung. Denn sobald sich Ryo etwas erholt hatte, forderte er: „Derjenige auf den die Flasche zeigt, muss die für ihn attraktivste Person in der Runde küssen.“

Das machte vor allem Tea nervös – so als einziges weibliches Wesen im Raum – musste sie doch annehmen, dass bis auf Marik und Ryo sie wohl immer die Geküsste wäre. Bitte lass die Flasche auf mich oder Tristan zeigen, hoffte sie inständig. Aber dazu kam es nicht. Nach einer schieren Unendlichkeit stoppte der Verschluss genau vor dem Geburtstagskind, das kurz überlegte und sich dann Duke neben ihm krallte. Für einen Augenblick hielt er seine Augen noch offen, doch dann schlossen sich die Lider über den grünen Iriden.

Tea kippte um, Yugi wurde knallrot, Tristan konnte nicht anders als dumm aus der Wäsche zu schauen, während Marik seinem Freund zuflüsterte: „Das können wir aber besser.“ Jedoch hielt ihn Yugi geistesgegenwärtig davon ab, dies erneut zu beweisen.

„Wieso hast du das nicht schon viel früher gemacht? Du küsst echt gut“, kam es endlich von Duke. „Ich steh zwar nicht auf Kerle, aber bei dir könnt ich mir echt vorstellen eine Ausnahme zu machen.“

Joey zuckte nur mit den Achseln. „Darf ich jetzt drehen?“, fragte er so als ob nichts gewesen wäre.

„Nein!“, kam es zeitgleich von Tea und Tristan. „Wir wollen Antworten!“

„Genau!“, pflichtete Tristan ihr bei. „Was war das gerade?“

„Der von Ryo geforderte Kuss?“

„Ja, aber du hast dir Duke rausgesucht! Sorry, nichts gegen dich“, entschuldigte er sich kurz bei diesem, „Aber er ist verdammt noch mal ein Kerl!“

„Und ich bin verdammt noch mal bi! Na und?“

In den Momenten nach dieser Aussage hätte man eine Stecknadel fallen hören. Selbst die Lautsprecher waren gerade still. Dann brach das Chaos über Joey zusammen.

„Wie bitte?“

„Seit wann weißt du das?“

„Woher willst du das so genau wissen?“

„Heißt das, dass du auf mich stehst? Wie lange schon?“

„Red keinen Quatsch, Duke! Was ist mit Mai?“

„Die weiß das doch bestimmt schon längst.“

Nach einer Weile hielt es Yugi nicht mehr aus. „Seid endlich still!“, schrie er und sofort verstummten die drei. „Wie wär es, wenn ihr Joey euch das selbst und in aller Ruhe erklären lasst?“

Betreten ließen sie ihre Köpfe hängen und lauschten darauf, was nun hoffentlich von ihrem Freund kommen würde.

„Ich weiß es eigentlich schon ne Weile. So seit zwei Jahren ungefähr. Und um ehrlich zu sein, hab ich mir darüber ziemlich wenig Gedanken gemacht. Für Mai ist es in Ordnung, dass sie für mich nie die eine sein wird. Das haben wir letztes Jahr bereits ausdiskutiert. Und nein, Tea, du brauchst dir keine Gedanken machen – dank dir bin ich nämlich der Meinung, das Beziehungen mit Frauen in meinem Alter oder auch generell viel zu anstrengend wären. … Und Duke?“

„Ja?“

„Ich steh nicht auf dich. Mein Herz gehört schon längst einem anderen.“

„Wem?“, kam es aus fünf Kehlen, nur Yugi blieb weiterhin ruhig. Er hatte schon lange so eine Ahnung.

„Ihr kennt ihn, daher würde ich lieber...“

„Jetzt stell dich nicht so an und rück mit der Sprache raus!“

„Es ist Kaiba“, übernahm Marik für Joey das Antworten. Ein Blick auf ihn, wie er sich verlegen wand, reichte aus, um dieses Offensichtlichkeit zu erkennen. Tristan rutschte seine Flasche aus der Hand und er konnte sie gerade noch so zum Stehen bringen, bevor sich das Bier auf Yugis Teppich verteilt hätte.

Jetzt war die Katastrophe perfekt. Am liebsten hätte sich Joey unter Yugis Bett verzogen und wäre erst wieder herausgekommen, nachdem all seine Freunde gegangen waren – vielleicht bis auf Yugi, der ihn als Einziger nicht löcherte. Ihm fielen einfach zu oft zu viele Kleinigkeiten auf, die andere übersahen. Doch hatten sie es vorgezogen, nie offen darüber zu sprechen. Und ihm blieb nichts anderes übrig als alle Karten auf den Boden zu legen und sämtliche Fragen seiner Freunde zu beantworten. Es gab Fragen, auf die er bereitwillig antwortete, aber auch solche, die ihm sichtlich zu schaffen machten. Tea fragte unverblümt nach dem Valentinstag und er musste die Story vom Vorjahr erzählen. Tristan und Duke fragten natürlich nach seinen sexuellen Erfahrungen. Selbst das einzige Paar der Runde war an ein paar pikanten Details interessiert, zog aber bald darauf die Reißleine und wechselte so offensichtlich das Thema, dass der Rest mitzog und Joey aus dem Fokus der Aufmerksamkeit flüchten konnte.

„Wie geht’s dir?“, wollte Yugi leise wissen, der ihn nach zehn Minuten suchen gegangen war und auf der Treppe sitzend gefunden hatte.

„Besser. Irgendwie. Ihr habt das alles ziemlich gut aufgenommen.“ Er rutschte ein wenig, um Yugi Platz zu machen. „Vor allem bei Tristan hatte ich echt Angst gehabt.“ Er seufzte. „Sag mal. Woher wusstest du es eigentlich?“

„Allgemein, oder das mit Seto?“

„Beides.“

„Yami. Allerdings hatte er immer nur Andeutungen gemacht. Den Rest habe ich mir dann erst in den letzten Monaten zusammengereimt, als du plötzlich anfingst, euren Streitereien aus dem Weg zu gehen.“

„Ach. Achso.“

„Joey?“

„Mhm?“

„Pass bitte auf dich auf. Ich will nicht, dass du dich deswegen selbst fertig machst. Ja?“

„Ja. Keine Angst. Ich pass schon auf mich auf.“

„Dann können wir ja zu den anderen zurück, bevor die uns noch ein Techtelmechtel unterstellen.“

Joey musste blinzeln. War das wirklich Yugi, der da gerade aufstand und ihm die Hand reichte, damit er sich ebenfalls wieder erheben konnte? Wann war der denn bloß so reif und erwachsen geworden?

„Bloß nicht! Wer als letzter wieder im Zimmer ist...“

Doch da war Yugi schon lachend an ihm vorbei und schlug ihm die Tür vor der Nase zu. Dieser...! Aber es war insgesamt doch wirklich ein schöner Geburtstag.
 

Ein Jahr später wachte Jo stöhnend auf und verwünschte diesen Tag aus tiefster Seele. Was war nur in ihn gefahren, dass er alleine in seinen Geburtstag rein gefeiert und dann sein Limit völlig ignoriert hatte? Neben seinen Kopfschmerzen tat ihm auch sein restlicher Körper weh und fühlte sich wie ein einziger Muskelkater an. Er hörte das Rauschen einer Dusche und öffnete nun langsam auch die Augen.

Wo zum Teufel war er hier?! Fremdes Bett, fremde Zimmerdecke, fremdes Zimmer. Fremdes Zimmer, das aussah als hätte eine Bombe eingeschlagen! Überall lagen Kleidungsstücke auf dem Fußboden verteilt und auch einige Möbelstücke sahen so aus, als ob sie noch vor nicht all zu langer Zeit woanders gestanden hätten. Was machte er hier?

Mit wieder geschlossenen Augen versuchte er sich an die vergangene Nacht zu erinnern. Er war, weil Shin arbeiten musste, allein ausgegangen. In einen Szene-Club, schließlich war Shin nicht dabei. Er hatte getanzt und getrunken und … Da war dieser Kerl gewesen. Groß, schlank, brünett. Tiefblaue Augen. Sie hatten sich prima verstanden, obwohl der andere immer mal wieder hatte durchblicken lassen, das er eigentlich auf der Suche war nach... Etwas, was ihm die Nacht versüßen würde in seinem viel zu großen Bett. So hatte er es ausgedrückt, oder? Oh, nein! Er hatte doch nicht etwa... Doch hatte er. Wie konnte man nur so bescheuert sein? Herzlichen Glückwunsch, Joey! Einmal das Entjungferungspaket zum Neunzehnten. Und das mit einem Kerl, der ihn entfernt an Kaiba erinnerte, aber nicht einmal annähernd seine Klasse hatte.

Das Stoppen der Dusche weckte ihn nun vollends. Panisch raffte er sich seine Sachen vom Boden zusammen und rannte aus dem Zimmer. Bei der Wohnungstür fand er seine Schuhe und seine Jacke. Notdürftig zog er sich an und rannte dann das Treppenhaus hinunter und aus dem Haus. Hose und Schuhe trug er bereits. Die restliche Ernüchterung brachte die kühle Januarluft auf seinem nackten Oberkörper. Auf dem Weg zur übernächsten Kreuzung, damit man ihn auch nicht mehr beim Blick aus dem Fenster sehen konnte, zog er sich Hemd und Jacke an und fing dann an zu kontrollieren, ob er auch ja nichts hatte liegen lassen. Nein, er hatte alles. Aber wo war er?

Weitere 100 Meter von der Wohnung, in der er unbeabsichtigter Weise genächtigt hatte, erblickte er das vertraute U-Bahn-Schild und ging auf es zu. Egal wo er in New York sein sollte mit Hilfe der U-Bahn würde er definitiv nach Hause finden. Unter der Erde studierte er den großen Plan. Na super, er würde über eine Stunde brauchen! Er konnte nur hoffen, dass Shin bis dahin noch nicht zur Arbeit gegangen war!

Doch als er endlich den Schlüssel in seiner eigenen Wohnungstür umdrehte, stellte er fest, dass abgeschlossen war. Er hatte ihn verpasst. So ein Mist! Dabei hatte er ihm doch versprochen gemeinsam zu frühstücken! Direkt hinter der Tür lag ein großer Zettel, auf dem in Shins krakeliger Schrift stand, dass er ihm alles Gute zum Geburtstag wünsche und er ihn in der Hotelküche anrufen solle. Und es wäre eine kleine Überraschung in der Küche.

Tatsache. Shin hatte sich wirklich die Mühe gemacht und einen Traum von Torte mit entsprechender Beschriftung gebacken.

„Hier ist Shin.“

„Hallo Shin.“

„Guten Mittag, Rumtreiber. Wo hast du solange gesteckt?“

„Erzähl ich dir später. Will das nicht am Telefon machen.“

„Kaust du etwa?“

„Nö.“

„Du kaust doch! Also hast du dein Geburtstagsgeschenk gefunden.“

„Vielleicht.“

„Dann lass es dir mal schmecken. Nur heb mir so gut ein Viertel für heute Abend auf.“

„Hey, das ist mein Geschenk!“

„Ja, aber wenn du zum Frühstück zu Hause gewesen wärst, hätte ich davon auch was gegessen! Hatte dafür ja schließlich nur vier Stunden Schlaf.“

„Dann halt meinetwegen. Ich ess kurz noch das Stück und leg mich dann hin.“

„Alles in Ordnung?“

„Erzähl ich die später.“

Was hatte ihn nur dabei geritten, sich von irgendjemand Fremdes einfach durchvögeln zu lassen? Wenn er sich wenigstens nicht die ganze Zeit über dabei versucht hätte sich einzureden, dass es Kaiba wäre, der da unter ihm vor Lust den Verstand verlor! Er konnte nur hoffen, dass das kommende Jahr besser verlief, als es angefangen hatte. Er musste dringend endlich von dem Kerl loskommen oder er würde daran tatsächlich noch zu Grunde gehen. Zumindest war Shins Torte absolut genial und die Glückwunschkarten seiner alten Freunde, die er ebenfalls auf dem Küchentisch gefunden hatte, bauten ihn wieder ein wenig auf. Vielleicht sollte er Tea und Tris wirklich mal besuchen fahren. Die wohnten schließlich gar nicht so weit von hier weg.
 

„Danke, Joseph“, nahm Pegasus das große Glas mit zerstoßenem Eis und Himbeersirup entgegen. „Wie geht’s Martine?“

„Gut. Sie liegt auf der Couch und löffelt ihre Portion.“ Jo setzte sich auf die zweite Liege und reichte seinem Geschäftspartner nun auch den Löffel. „Keine Sorge. Ihre ist etwas größer. Aber hier draußen würde das Eis einfach zu schnell schmelzen.“

„Hab ich irgendetwas gesagt?“

„Nein aber gedacht. Du darfst nicht vergessen, dass ich auch eine kleine Schwester habe. Serenity ist zwar zum Glück nicht auch schwanger, aber so ein paar Instinkte funktionieren noch.“ Jo genoss die Strahlen der Sonne, während Pegasus sich in den Schatten des Sonnenschirms verzogen hatte.

Das war bereits in Japan das Problem gewesen, als sie das Sommerhaus der Familie besichtigt hatten. Ihm machte die Sonne kaum etwas aus, und der Besitzer dieses atemberaubenden Grundstücks hatte sich eingecremt mit Sonnencreme, deren Lichtschutzfaktor so hoch war, dass er es anfangs für einen Scherz gehalten hatte.

Als sein Glas leer war, stellte er es auf den Tisch zwischen ihnen und schloss die Augen. So entging ihm der nachdenkliche Blick, mit dem er bereits seit einer Weile immer mal wieder gemustert wurde.

Pegasus aß selbst auch noch auf und fasste sich dann endlich ein Herz. Er hatte diesen Gedanken schon länger, hatte sich bis jetzt jedoch nicht dazu durchringen könne, die Sache anzusprechen. Es war schließlich nichts, was er leichtfertig verspielen wollte.

„Joseph? Bist du noch wach?“

„Natürlich! Ich genieß einfach nur ein wenig den Sommer. Würde dir auch nicht schaden.“

„Ich bezweifle, dass meine Kunden es ansprechend fänden, wenn meine Haut die gleiche Farbe wie meine Anzüge hätte.“

„Dann wechsel doch endlich mal die Farbe. Immer nur rot wird auf Dauer doch langweilig.“

„Schwarz steht mir einfach nicht und blau und grün sind Matrine vorbehalten. Also schütze ich meine Haut einfach ein bisschen. Aber gut zu wissen, dass ich deine Aufmerksamkeit habe.“

Noch könnte er einen Rückzieher machen, aber dann hätte er sich umsonst wochenlang den Kopf zerbrochen.

„Die Sache ist eigentlich ziemlich einfach. Martine hat mich zum Nachdenken gebracht. Genauer gesagt, eigentlich die Tatsache, dass ich bald Onkel werde. Ich habe eine Verantwortung ihr gegenüber, die sich auch auf ihre Kinder beziehen wird. Nur was passiert, wenn mir irgendetwas passieren sollte? Es hat mich damals wirklich beeindruckt, dass du das Preisgeld vom Königreich nur für die OP deiner Schwester wolltest – die Schulden deines Vaters, die auch dich belasteten, hast du alleine abbezahlt. Falls ich es noch nicht gemacht haben sollte, zolle ich dir hiermit meinen Respekt, dass du ihr Wohl über deines gestellt hast.“

Nun drehte Jo doch den Kopf zu ihm. Worauf wollte er hinaus?

„Meine Bitte wär daher, dass du auch auf Martine Acht gibt’s, falls es mir aus welchen Gründen auch immer irgendwann nicht mehr möglich sein sollte, dies zu tun.“

„Aber das ist doch selbstverständlich.“

„Ist es nicht. Außerdem bin ich noch nicht fertig. Ich bin der Ältere, ich habe damals das Erbe unser Eltern angetreten und auch wenn ich mich seitdem um Martine gekümmert habe, ist sie doch in dem Bewusstsein aufgewachsen, dass sie sich nicht auf das Vermögen unserer Familie stützen kann. Das Gleiche möchte ich für ihre Kinder, denn es hat sie immer dazu angetrieben, ihren eigenen Weg zu gehen und selbständig zu bestehen. Da ich aber nicht so schnell eine Frau fürs Leben finden werde und selbst wenn, ich mir nicht sicher sein kann, dass mein Nachwuchs wirklich ein verantwortungsvoller Erbe sein wird, habe ich vor einen anderen Weg zu gehen. Ich weiß, das du der Aufgabe gewachsen wärst und selbst wenn du eines Tages beschließen sollst Industrial Illusions mit der Kaiba Cooperation zu fusionieren, würde es mir nichts ausmachen – vorausgesetzt du überlässt Kaiba nicht die gesamten Geschäftsführung.“

„Was meinst du damit? Wieso sollte ich deine Firma Kaiba überlassen?“

Seine Verwirrtheit brachte Pegasus zum Lachen. Von allen Fragen die Joseph ihm hätte stellen könne, war das diejenige, die er am wenigsten erwartet hatte. „Du weißt doch, dass Martine dafür Sorge getragen hat, dass ich Zeit hatte nachzudenken, was ich ihr und allen anderen Beteiligten angetan habe. Nach einem Monat brachte sie mir hierzu auch die Aufnahmen der Überwachungskameras, die das ganze Turnier über gelaufen waren. Auf einer davon warst du, wie du Kaiba gerade aus der Zelle lässt. Dein Gesicht, als er einfach an dir vorbei schritt, hat mir mehr über dich verraten, als du denkst.“

Wie nicht anders zu erwarten, blickte ihn Joseph nur entsetzt an, unfähig etwas zu seiner Verteidigung zu erwidern.

„Ich kann mich nur wiederholen. Es stellt für mich kein Problem dar. Überlass ihm bitte nur nicht die vollkommene Kontrolle. Und was den Rest betrifft. Nimm dir bitte so viel Zeit wie du brauchst, um zu entscheiden, ob du mein Sohn werden willst.“

„Danke. Die werde ich brauchen.“ Jo erhob sich von der Liege. Er musste dringend etwas aus der Sonne. Also schnappte er sich beide Gläser. „Willst du auch noch etwas? Ich mach mir noch eine Portion.“

„Gerne.“
 

Inzwischen war es weit nach neun Uhr nachts und Pegasus hatte es endlich aufgegeben wie ein gefangenes Tier im Warteraum hin und her zu laufen, wodurch auch er selbst sich endlich etwas entspannen konnte. Die Ärzte hatten ihnen auf Martines Wunsch hin den Zugang zum Kreissaal verweigert und so war ihnen nichts anderes übrig geblieben, als vor der Tür zu warten. Nur langsam war seine Panik abgeflaut, die ihn überkommen hatte, als er auf dem Weg zur Küche aus ihrem Zimmer ihre Schreie hörte. Wenigstens war ihr Bruder ruhig geblieben - solange sie in seiner Nähe war. Danach sah man ihm zunehmend die Anspannung an.

„Ich hol uns noch einen Kaffee“, meinte Jo gerade, als sich die Türen öffneten und eine Ärztin gefolgt von zwei Krankenschwestern hinauskam. „Mister Pegasus?“

Sofort war er auf den Beinen und ging auf die Frau zu.

„Ja?“

Auch Jo trat zu Ihnen.

„Und Sie sind?“

„Ein Freund der Familie.“

„Achso“, registrierte die Ärtzin nur, bevor sie sich wieder an Martines Bruder wandte. „Ihre Schwest ist wohl auf, braucht allerdings nach dem Kaiserschnitt noch etwas Ruhe. Wir hatten es anfangs auf normalem Wege versucht, doch mussten wir uns kurzfristig umentscheiden. Keine Angst! Es ist alles gut verlaufen und mit meiner persönlichen Erlaubnis, dürfen Sie ihre zwei neuen Familienmitglieder auf ihr Zimmer bringen.“

Sie gab den Krankenschwestern ein Zeichen, die nun vorsichtig Pegasus und Jo je ein kleines Bündel äußerst behutsam in den Arm legten.

„Ihr Neffe heißt Ethan“, erklärte die Ärztin weiter, „und ihre Nichte Clara.“

In dem Moment, in dem Jo auf das kleine noch ziemlich zerknautsche bisschen Mensch in seinen Armen blickte, wusste er, dass er zu dieser Familie gehören wollte. Er wollte sie aufwachsen sehen, ihr der coolste Cousin aller Zeiten sein.

„Maximillion?“

Pegasus sah noch immer vollkommen überwältigt von Ethan auf.

„Ich hoffe du akzeptierst mich als Sohn – auch wenn ich nicht mehr so klein und absolut perfekt bin.“

Einvernehmlich lächelten sie sich beide einfach nur an, bevor sie sich wieder den beiden kleinen Kindern widmeten, die selig auf ihren Armen schliefen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Kemet
2015-12-21T22:42:10+00:00 21.12.2015 23:42
Das erklärt natürlich einiges. Also, wie Joey zu Pegasus kam und warum er nun dessen Namen trägt. Es ist trotz Allem noch immer schwer nachzuvollziehen, wie Joey überhaupt zu der Familie gefunden hat. Durch Martine? Durch Pegasus und seinem Wissen oder einfach aus purem Zufall? Es wäre schön, das noch aufgelöst zu bekommen.

Die Szene mit Joeys Geburtstag... die ist einfach nur schön. Es zeigt den Zusammenhalt Aller sehr schön, ebenso wie die Atmosphäre. Dennoch ist es eine ungewöhnliche Art auf diese Weise den Freunden zu sagen: Hey, hört mal her! Ich bin bisexuell! Aber sie war wohl wirksam...
In allen Fanfics ist vor allem Tristan das große Problem. Mit Joeys bester Kumpel und Freund und dabei so auf möchtegern männlich getrimmt, dass es durchaus passieren könnte, dass dieser eine solche Neigung nicht versteht. Die Situation hast Du gut gelöst. Und doch war er kaum ein Jahr später weg, nur um sein erstes Mal mit einem Abklatsch zu erleben. Tze.

Alles in Allem ein wirklich gutes Chapter. Ein, zwei kleinere Fehlerchen in der Rechtschreibung sind mir aufgefallen, aber ansonsten nichts. Ich freue mich auf Deine weiteren Chapter.

LG
Antwort von:  flower_in_sunlight
22.12.2015 10:38
So. *Ärmel hochkrempel*
Pegasus ist sein Geschäftspartner (sollte bis dahin bekannt sein) und die Verbindung zur Familie geht tatsächlich über ihn - allerdings noch etwas anders als du denkst. Dazu wird aber im nächsten Kapitel ein kleiner Schlüsselsatz kommen.

Was die Bande nach ihrem Schulabschluss so alles anstellt kommt auch noch. Kleiner Tipp bis dahin: Hab sie mit 18 ihren Abschluss machen lassen, damit fällt Joeys 19. Geburtstag in sein erstes Praktikum in New York. Wenig später lernt er Martine und ihren Bruder kennen.

Den Rest deines Kommentars deute ich mal so, dass du anfängst auf hohem Niveau zu meckern ^^

LG
Antwort von:  Kemet
22.12.2015 23:15
Wenn es nichts zu meckern gibt... ;_;

Nein, ehrlich, schönes Chapter. Nimm mir mein Gemeckere nicht zu übel, bitte.

Schönes Fest schon einmal!

LG
Antwort von:  flower_in_sunlight
23.12.2015 09:23
Danke. Dir auch.
Von:  Onlyknow3
2015-12-20T11:44:27+00:00 20.12.2015 12:44
Was für ein schönes Geschenk, zwei kleine Babys doch sein können. Der des Kapitels rührt mich, weil Joey so zu einer neuen Familie kommt durch die Adoption von Pegasus. Sehr schönes Kapitel, weiter freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Antwort von:  flower_in_sunlight
20.12.2015 16:15
Vielen Dank. Es war mir wichtig erklärz zu haben, wie sich das Ganze wirklich abgespielt hat, bevor... auch lassen wir das hier.


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