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Death Match

von

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Viele Fehler im System

Doktor Tenma lächelte. Die letzten Wochen waren anstrengend gewesen, aber heute hatte er endlich die Fördergelder für sein neues Projekt bekommen. Es war nicht einfach gewesen die hohen Rösser zu überzeugen. Diese Hinterwäldler hatten gar nicht erst verstanden was er ihnen da präsentiert hatte. Manche waren gar dagegen gewesen, aus Furcht er würde eine Grenze übertreten, die nicht Übertreten werden durfte. Banausen. Tenma hasste solche Menschen. Ohnehin konnte er nicht viel mit ihnen anfangen. Sie waren dumm. Sie verstanden nicht die Tragweite dessen was er im Begriff war zu tun. Doch er hatte sie am Ende überzeugen können. Sie würden schon sehen. Mit seinem neuen Projekt würde er nicht nur die Robotik revolutionieren, sondern auch ein neues Kapitel in der Menschheitsgeschichte aufschlagen. Es war der Moment, auf den er sein ganzes Leben lang gewartet hatte. Er konnte es kaum erwarten seinem Sohn davon zu erzählen.

Tenma kam gewöhnlich erst spät nachhause. Tobio schlief dann meistens bereits oder, wenn an diesem Tag irgendetwas Besonderes passiert war, versuchte er wach zu bleiben bis sein Vater nachhause kam, doch meistens schlummerte er dann auf der Fensterbank ein. Als Tenma heute nachhause kam, was es für seine Verhältnisse früh, doch die altmodische Kuckucksuhr schlug bereits halb zehn, als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel. „Tobio?“ Er ging ins Wohnzimmer, doch von seinem Sohn war nichts zu sehen. Tenma seufzte. Er würde bis morgen mit seiner guten Neuigkeit warten müssen.

„Otōsan!“

Überrascht wandte sich Tenma um. „Tobio?“ Ein kleiner Junge stürmte auf ihn zu und warf sich ihm mit solcher Wucht um den Hals, das im wahrsten Sinne des Wortes von dessen Begeisterung umgeworfen wurde. Verdattert plumpste er in einen Sessel. „Tobio?“, fragte er verdutzt. „Ist etwas passiert?“

Der Junge schüttelte heftig den Kopf. „Nein! Aber ich habe etwas gefunden!“

„Gefunden?“

„Ja, etwas ganz, ganz tolles!“ Tobio strahlte als wären Weihnachten und Geburtstag auf denselben Tag gefallen. Mit einem Satz sprang er vom Schoß seines Vaters und zerrte an seinen Arm. „Komm mit! Ich zeig es dir! Komm schon!“ Etwas widerwillig ließ sich Tenma die Treppe hinauf zerren. Was immer seinen Sohn auch begeisterte, es konnte unmöglich von solch immenser Bedeutung sein wie das, was er zu verkünden hatte, aber ausnahmsweise spielte er mit. Doch als er erkannte, wohin er gezogen wurde, runzelte er missbilligend die Stirn. „Der Dachboden? Du weißt, dass du da nicht alleine rauf sollst!“

Tobio zögerte plötzlich. „Ich weiß. Es tut mir Leid, Otōsan.“ Einen Moment sah er betreten auf seine Füße, doch dann sah er seinen Vater flehend an, stumm darum bittend ihn zu verstehen. „Aber da waren so komische Geräusche!“

„Was für Geräusche?“

„Als wäre da ein Tier. Ich musste doch nachsehen! Vielleicht war es ja verletzt!“ Für Tenma klang das sehr nach einer faulen Ausrede, doch ein Blick in diese großen, braunen Augen erweichte ihm das Herz.

„Und? War da ein Tier?“

Zu seiner Überraschung nickte der Junge. „Eine Taube. Ich habe sie wieder rausgelassen, aber da habe ich etwas ganz tolles gefunden!“

Nachdenklich runzelte Tenma die Stirn. Auf dem Dachboden lagerte er normalerweise seine Unterlagen, weswegen der Junge da nicht alleine raufsollte. Wenn irgendetwas verloren ging, konnte das dem Wissenschaftsministerium, dessen Leiter er war, Milliarden kosten. Aber dort Lagerte auch noch jede Menge Krempel, den er eigentlich schon seit Jahren hatte entsorgen wollen, doch er hatte nie die Zeit dafür gefunden. Was hatte er nur entdeckt?

Es stellte sich heraus das Tobio nicht nur eine Sache entdeckt hatte, sondern gleich einen ganzen Haufen. In der hintersten Ecke des Dachbodens, wo die Staubflocken schön hausten und die Spinnen ihr Paradies errichtet hatten, standen mehrere Kartons, alle in unterschiedlichen Formen und Größen und alle waren erst kürzlich geöffnet worden. Es sah aus als hätte Tobio die Neugierde gepackt und er hatte dem Drang nicht widerstehen können, überall seine Nase hinein zu stecken. Tenma hätte böse sein sollen, doch er konnte es nicht. Im Lichte seiner Taschenlampe erhellte er Formen und Gegenstände, die längst in Vergessenheit geraten waren. Aus einem Karton ragten einige Plastikarme heraus, einige davon waren verbrannt, andere zerbrochen. Sie hatten einst Puppen gehört, aus denen er versucht hatte einen kleinen Roboter zu basteln, doch entweder waren sie bei dem Versuch kaputt gegangen oder in Flammen aufgegangen. Er entdeckte sogar die Überreste eines selbstgebastelten Roboterhundes, dessen Schicksal es gewesen war vom Mähdrescher seines Vaters erfasst zu werden. Bei einem Karton kniete Tenma nieder und holte ein Bündel Papier hervor. Es war voller Zeichnungen und Notizen, die er im zarten Alter von acht Jahren eifrig niedergeschrieben hatte. Ihm war nie aufgefallen wie furchtbar sie eigentlich gewesen waren, dennoch entlockte ihm ihr Anblick ein zartes Lächeln.

„Schau!“, rief Tobio plötzlich. „Ein echter Kampfroboter! Er ist so cool!!! Funktioniert er noch? Darf ich ihn ausprobieren? Bitte, bitte!“

Tenma verstand plötzlich. Roboterkämpfe waren zurzeit sehr beliebt, besonders bei den Kindern. Es gab ganze Wagenlagerungen an Merchandise, von Stickern über Sammelfiguren bis hin zu albernen T-Shirts und Kaffeebechern. Tobio selbst hatte so viel von dem Zeug, dass man damit fast eine Ausstellung hätte veranstalten können. Kein Wunder das der Junge plötzlich so aufgeregt war. „Es tut mir leid, Tobio, aber dieser Roboter funktioniert nicht mehr.“

„Nicht?“ Enttäuscht ließ er die Schultern hängen. „Schade.“

Tenma trat an den Roboter heran. Er war Stellenweise von einer dicken Staubschicht bedeckt, an anderen Stellen konnte man allerdings deutlich erkennen wo Tobio herumgefummelt hatte. Der Roboter war ein wenig klobig, stark ramponiert und fern jeglicher Eleganz seiner jetzigen Modelle, was vor allem am Material lag, mit dem er konstruiert worden war: Schrott und Plastik. Dennoch war seine humanoide Form deutlich zu erkennen. Tenmas Blick fiel auf den rechten Arm seiner Schöpfung, oder vielmehr das, was von ihm übrig geblieben war. Ein riesiges Loch, das nach all der Zeit noch immer seine Schmauchspuren hinterlassen hatte. Tobio folgte seinem Blick.

„Was ist da passiert?“

„Das, mein Junge, ist eine lange Geschichte. Du musst wissen, Rocket hier war einer meiner ersten Roboter und ich hatte damals nur sehr begrenzte Möglichkeiten was meine Konstruktionen anbelangte. Also beschloss ich daran etwas zu ändern.“
 

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Umataro hatte ein Problem: Er war ein Genie. Das war natürlich nicht sein wirkliches Problem. Sein Problem war es, dass alle anderen es nicht waren. Er konnte schon lesen und schreiben seit er denken konnte und er hatte es in der Grundschule nie verstanden, warum die anderen das nicht auch schon konnten und alles erst noch lernen mussten. Sie waren so entsetzlich langsam gewesen. Wie in Zeitlupe. In der Zeit, in der sie ihre ersten drei Kanji gelernt hatten, hatte er bereits die Matheaufgaben der vierten Klasse hinter sich gebracht. Als sie endlich dazu übergegangen waren mit höheren Zahlen zu rechnen, hätte er längst die Mittelschule besuchen können, wenn es das Schulsystem erlaubt hätte.

Vielleicht war das der Grund, warum er nie wirklich Freunde gefunden hatte. Sie waren einfach zu rückständig. Sie konnten mit ihm einfach nicht Schritt halten und er konnte einfach nicht auf sie warten. Warum sollte er auch? Er brauchte sie nicht. Er hatte seine Roboter. Diese waren genauso, wie er sie haben wollte. Mit ihnen konnte er umgehen. Sie verstanden ihn. Sie waren seine Freunde, die einzigen, die er jemals gehabt hatte. Sie hielten ihn nicht zurück, im Gegenteil, sie trieben ihn immer weiter vorwärts, stellten ihn immer wieder vor neuen Herausforderungen. Doch leider hatten diese Herausforderung eine entschiedene Grenze: Geld. Er entstammte einer langen Linie von Farmern, die sich auf Meerrettich spezialisiert hatten, doch leider waren die Erzeugnisse in den letzten Jahren eher schlecht als recht gewesen. Die Familie musste an allen Ecken und Enden sparen, das galt leider auch für seine Freunde. Doch er weigerte sich das einfach so hinzunehmen. Er brauchte Geld um seine Roboter zu verbessern und, verdammt noch mal, das sollte für doch ein leichtes für ihn sein.

„Und du bist wirklich schon Volljährig?“ Skeptisch betrachtete der Mann am Empfang Umataro und warf Rocket, der einen Schritt hinter ihm stand, einen noch skeptischeren Blick zu. „Und du willst tatsächlich mit diesem … Ding teilnehmen?“

„Ja, das bin ich und das will ich.“ War er nicht. In Wirklichkeit war er grade erst vierzehn geworden, doch er sah nicht ein warum sein Alter ihn daran hindern sollte an einem Roboterkampf teilzunehmen. Und was Rocket anging, gut, die Hülle des Roboters mochte aus jeder Menge Plastik aus dem 3D-Drucker und aus geklautem Schrott vom Schrottplatz bestehen, doch da würde sein Gegner auch landen. Daran bestand nicht der geringste Zweifel. Er würde gewinnen und das Preisgeld von einer Millionen Yen kassieren. Mit dem Geld würde er endlich die Materialien kaufen können, die er so dringend benötigte. Er hatte so viele Ideen in Kopf, die er unbedingt verwirklich wollte, doch er hasste die Tatsache, dass es ihm einfach am Geld fehlte um diese verwirklichen zu können. Eine Niederlage kam für ihn daher überhaupt nicht in Frage.

Der Mann schien immer noch skeptisch. „Du bist also Chiba Kenichi-kun, 18, aus Tokio?“

„Ja, das bin ich.“ Er war noch nie in Tokio gewesen. „Was ist das Problem?“

„Du siehst verdammt jung aus.“

„Und?“, entgegnete er angriffslustig. „Kann ich etwas dafür?“ Es passierte Umataro selten, dass man ihn für jünger hielt. Für einen Jungen in seinem Alter war er ungewöhnlich groß und nicht selten hielt man ihn für einen Oberschüler in seinem letzten Jahr. „Kann ich jetzt rein oder nicht?“

„Und du bist sicher, dass dieser … Roboter auch nur fünf Sekunden gegen den Champion durchhält?“

„Ich sag ihnen was.“ Umataro stützte sich schwer auf dem Tisch ab und beugte sich zum Mann hinüber. „Mein Roboter mag zwar nicht nach viel aussehen, aber ich verspreche ihnen, dass er die Leute umhauen wird. Vom Champion wird nicht viel übrigbleiben. Das kann ich ihnen garantieren.“

„Ho, ho, ho“, lachte plötzlich jemand laut auf. Überrascht drehte Umataro sich um. Ein kleiner, übergewichtiger Mann mit buschigen Augenbrauen und einer dicken Zigarre im Mund stand plötzlich hinter ihm. Er trug einen furchtbar geschnittenen Anzug in grellen Neonfarben und um seinen Hals baumelte ein dicker, goldener Anhänger mit der Aufschrift ‚I’m the champion‘. Diskreter ging es nicht. „Du willst meinen Ripper zu Kleinholz verarbeiten, was?“ Sein Blick glitt belustigt zu Rocket. „Mit dem Schrotthaufen hier?“

„Sie können froh sein wenn von ihrem Roboter noch Kleinholz übrig sein sollte wenn ich mit ihnen fertig bin.“

Verärgert spuckte der Mann auf den Boden. „Du hast ein ganz schön großes Mundwerk, Junge. Jemand sollte es dir stopfen.“

„Viel Glück. Das haben schon ganz andere versucht.“

Einen Moment lang starrten die beiden sich feindselig an, dann wandte sich der Champion dem Angestellten zu. „Lass ihn mitmachen. Ich wird dem Kerl schon eine Lektion bereiten.“

Der Mann schien immer noch nicht überzeugt, doch er gab sich geschlagen. „Na schön. Bitte füll das Formular aus. Du bist als siebter an der Reihe.“

Erleichtert füllte Umataro die Unterlagen aus.
 

„Es war vielleicht keine gute Idee dich mit ihm anzulegen“, sagte plötzlich eine Stimme hinter ihm, als er grade durch die weiten Korridore ging, die ihn in den Vorbereitungsraum führen sollten. Umataro blieb stehen und wandte sich um.

Ein junger Mann mit Samurai Frisur und einem spitzen Gesicht kam ihm entgegen. Begleitet wurde er von einem schwebenden Roboter, der an einen Oktopus erinnerte. Seine langen Arme wogen sanft in der Luft hin und her, während sein Gesicht aus einem kleinen Monitor bestand, der zwei Punkte für die Augen und einen Strich für den Mund darstellte. „Horafuki ist zwar ein Mistkerl, doch seit er Champion ist, hat er noch nicht einmal verloren.“

„Für alles gibt es ein erstes Mal“, entgegnete Umataro schlicht.

Der Fremde lächelte. „Du bist ganz schön selbstbewusst. Gefällt mir. Es gibt nur wenig Minderjährige, die den Mumm haben hier mitzumachen.“ Umataro wollte sofort protestieren, doch grinsend winkte der junge Mann ab. „Hey, versuch es gar nicht erst abzustreiten. Du bist nicht alleine, weißt du? Ich bin erst sechzehn.“ Überrascht hob Umataro eine Augenbraue. Er hätte ihn auf zwanzig geschätzt. „Hoshino Kenta.“

Umataro zögerte. „Chiba Kenichi.“ Er hatte lange mit dem Gedanken gespielt seinen richtigen Namen zu verwenden, doch am Ende hatte er sich dagegen entschieden. Er war nicht weit weg von seinem Heimatort und es bestand durchaus die Möglichkeit, dass ihn jemand erkannt hätte. Tenma Umataro war kein gewöhnlicher Name, Chiba Kenichi hingegen schon. Gegen seine ausgeprägte Nase konnte er zwar nichts tun, doch er hatte sich eine Sonnenbrille aufgesetzt und sein Hahnenkamm von Haar unter einer Kappe verborgen. Mehr konnte er nicht tun. Wenn ihn jetzt jemand entlarvte, würde man ihn augenblicklich der Schule verweisen (die Teilnahme an solchen Events war strengstens verboten), doch das war es ihm wert. Rocket würde gewinnen. Er musste einfach. „Eine interessante Form“, meinte er schließlich mit Blick auf Hoshinos Roboter.

„Warte mal ab bis du sie in Aktion siehst“, grinste Hoshino breit. „Unterschätze niemals die Kraft eines Oktopusses, nicht wahr, Okti?“

„Das ist korrekt“, sagte der Oktopus plötzlich mit mechanischer, aber irgendwie weiblich klingender Stimme. „Kenta-sama hat mich mit zusätzlichen Funktionen ausgestattet, die meine Kampfkapazitäten deutlich gesteigert haben.“

„Eigenständige KI?“, fragte Umataro unnötigerweise, nicht ohne eine gewisse Spur von Neid in der Stimme. „Begrenzt oder vollständig?“

„Vollständig, mit akustischer Befehlsbefolgung. Es hat mich Wochen gekostet bis ich ihre Systeme richtig eingestellt hatte.“

Umataro hatte das Gleiche vorgehabt, doch leider hatten ihm die Materialien dazu gefehlt um einem Roboter in der Größe von Rocket so zum Funktionieren zu bringen, wie es nötig gewesen wäre. Die gegenwärtige Version konnte man schon fast als die Lightversion der Lightversion bezeichnen. Im Moment tat Rocket nichts weiter als ihm hinterher zu dackeln, doch das machte nichts. Er wusste genau, was er zu tun hatte.

Plötzlich brach ein ohrenbetäubender Lärm aus.

„Was ist das?“, fragte Umataro überrascht.

„Klingt nach Jubel“, überlegte Hoshino laut. „Ich glaube es geht los. Wollen wir mal nachsehen?“
 

Der Lärm war überwältigend. Die tobende Menge war wie eine tosende Brandung, die mit voller Wucht gegen die Felsen krachte und Umataro bis ins Mark erschütterte. Die Luft schien vor Erregung zu bersten. Das Echo tausender von Stimmen hallte an den Runden Wänden der Arena wieder und explodierte förmlich auf dem Schlachtfeld. Es war wie ein Faustschlag in Umataros Gesicht. Wo, zur Hölle, war er hier gelandet? Er bekam kaum Luft. Der Lärm schien seine Sinne zu betäuben, jeden klaren Gedanken zu rauben. Es war überwältigend. Furcht regte sich in ihm. Wie sollte er sich bei all dem Lärm konzentrieren können? Zum ersten mal was er sich seines Sieges nicht mehr sicher.

„LADYS AND GENTLEMAN!!!“, rief plötzlich eine ohrenbetäubende Stimme. Es gab einen lauten Knall und Rauchfontänen stoben dem Himmel entgegen. „WILLKOMMEN IM HEXENKESSEL!!!“ Ein Mann wurde auf einer Plattform hinaufgefahren, gekleidet in einem strahlend weißen Anzug, eine goldene Sonnenbrille tragend und mit Stachelfrisur. Eindeutig der Moderator des Abends. „Heute ist der Tag, auf den ihr die ganze Zeit gewartet habt! Wir haben wieder neue, mutige Herausforderer gefunden, die, für ein Preisgeld von einer Millionen Yen, es wagen den Meister herauszufordern!“ Tausende von Buh-Rufen erschütterten die Luft. „Ungeschlagen, und das seit atemberaubenden 38 Kämpfen, erschaffen von genialen Horafuki, der gewaltige, der einzigartige, der unbesiegbare –“ Der Moderator machte ein theatralische Pause und riss das Mikrofon nach oben. Die Menge brüllte in einem Chor: „RIPPER!!!“

Farben explodierten. Musik erklang, doch sie ging im Tosen der Menge unter. Die Tore der Arena öffneten sich und ein großer, runder Roboter mit dem Gesicht einer Bestie und Armen und Beinen wie Baumstämmen betrat das Scheinwerferlicht. Er sah aus als könne er mit Leichtigkeit ein Auto in zwei Hälften reißen. Wie sein Erschaffer, der neben ihm stand, wirkte er kalt und gelassen, doch als er in den Herausforderstand blickte, in dem sich neben Umataro und Hoshino noch weitere Teilnehmer versammelt hatten, fuhr er sich demonstrativ mit der Hand über das, was bei Menschen eine Kehle gewesen wäre und deutete in ihre Richtung. Umataro konnte schwören das Rocket hinter ihm zurückwich.

Das war zu viel für die Menge. Sie rastete völlig aus und der Moderator befeuerte sie noch dabei. „Woohoo! Das ist eine Ansage, meine Damen und Herren! Ripper will seine Gegner fertig machen! Was sagt denn Horafuki dazu?“

Horafuki hob theatralisch die Arme in die Luft und genoss sichtlich den Augenblick. „Ich sage … ZERFETZ SIE, RIPPER!“

„ZER-FET-ZEN, ZER-FET-ZEN, ZER-FET-ZEN, ZER-FET-ZEN!!!“ Der Chor des Volkes ließ gar den Boden vibrieren.

Umataro fühlte sich plötzlich nicht mehr gut.
 

Der Vorbereitungsraum war voller Leute und ihren Kreationen. Umataro hatte noch nie so viele unterschiedliche Roboter an einem Ort gesehen. Es gab welche die Aussahen wie zu groß geratene Staubsauger mit Kreissägen und Flammenwerfer als Waffen. Andere erinnerten an Bälle, deren Beschichtungen seltsam aussahen und bestimmt die ein oder andere Überraschung bereithielten. Umataro entdeckte sogar einen der aussah wie ein Marshmellow. Es war offensichtlich, dass sie alle viel Herzblut in ihre Roboter gesteckt hatten. Sie alle waren auf Hochglanz poliert und aus hochwertigem Material gefertigt. Es gab keinen der Schäbiger aussah als Rocket.

„Mach dir nichts draus, mein Großer.“ Fast zärtlich drückte er Rockets Arm. Ihm war nicht entgangen, dass der Roboter ebenfalls die Anderen betrachtet hatte. „Sie mögen zwar besser aussehen als du, aber keiner von ihnen ist dir ebenbürtig.“ Rocket schien ihn dankbar anzusehen.

„Das ist aber keine nette Meinung“, meinte Okti daraufhin. Sie klang ein wenig verletzt.

„Mach dir nichts draus“, beruhigte sie Hoshino milde lächelnd. „Er will seinen Roboter nur aufbauen.“

Eigentlich wollte er sich selber aufbauen. Umataro gab es nicht gerne zu, doch die Arena hatte ihn eingeschüchtert. Das war nicht gut. Er musste sich zusammenreißen. „Seit ihr etwa gar nicht nervös?“

Okti schüttelte ihre Fangarme. „Ich bin nicht darauf Programmiert nervös zu sein.“

Umataro wünschte er wäre es auch.

„Und? Wer, glaubst du, ist der gefährlichste Gegner“, fragte Hoshino neugierig. Die beiden hatten ihre Werkbänke direkt nebeneinander und begannen dort ihre mitgebrachten Werkzeuge aufzubauen.

Umataro ließ seinen Blick abermals durch den Raum schweifen, dann sah er Okti an. „Deiner hat die fortschrittlichste KI.“

„Oh, danke schön.“ Okti klang höchsterfreut.

„Aber am Ende kommt es auf die einzelnen Fähigkeiten an und da kann ich nur Rocket beurteilen.“

Hoshino runzelte die Stirn und sah ihn nachdenklich an. „Weißt du, wenn du nicht solch ein Milchgesicht wärst könntest du wirklich als junger Erwachsener durchgehen.“ Umataro wusste nicht ob er das als Kompliment auffassen sollte oder nicht. Dann nickte Hoshino zu einem Mann in der hintersten Ecke, der mit seinem Roboter, einem Androiden, Sparring machte. „Auf den muss man aufpassen.“

Umataro hatte diesen Mann gar nicht bemerkt. Er beobachtete die beiden einen Moment dabei ihren Übungen, dann stutzte er. „Ist das -?“

„Eine Schattenfunktion? Sieht ganz so aus. Das wird auf jeden Fall ein ganz heißer Kampf werden. Ich hoffe er schlägt den ollen Mistkerl nicht bevor ich an der Reihe bin. Das Preisgeld gehört mir.“

Nein, mir, dachte Umataro, aber Hoshino hatte Recht. Schattenfunktionen waren selten, weil sie nicht einfach zu beherrschen waren, doch sie konnten in Kämpfen sehr effektiv sein. Der Roboter war quasi die Erweiterung des Menschen und amte dessen Bewegungen nach, meist mit einer unterstützenden KI ausgestattet, da sein Kommandant an seinen Stand gebunden war. Selbst für Umataro und Rocket wäre er ein unbequemer Gegner gewesen, aber für die meisten anderen war so jemand ein Albtraum. Jetzt musste er sich erst einmal auf andere Dinge konzentrieren.

Er hatte Rocket grade an seinen Laptop angeschlossen, um einen letzten Systemcheck vorzunehmen, als die Stimmung plötzlich umschlug. Umataro sah auf. An den Wänden hingen mehrere Monitore, die alle das Innere der Arena zeigten. Der erste Herausforderer hatte den Ring betreten.
 

Der Kampf dauerte keine drei Minuten. Rocky, so der Name des ersten Roboters, hielt nicht was sein Name versprach. Er war viel zu langsam für Ripper, der den Kampf viel schneller hätte beenden können. Wenn er denn gewollt hätte. Doch das hatte er nicht und so starrte Umataro mit wachsender Furcht den Monitor an und beobachtete gebannt, wie Ripper eindrucksvoll darlegte, warum er Ripper hieß. Unter dem hysterischen Jubel der Zuschauer wich er dem schwerfälligen Rocky mit Leichtigkeit aus, immer und immer wieder, bis ihm es ihm zu langweilig wurde. Seine mächtigen Arme schnellten plötzlich vor und packten seinen Gegner eine Zange. Das Bild zeigte einen verzweifelten Konstrukteur, der gehetzt auf seine Kontrollen haute, bevor er sie auf den Boden warf und seinem Roboter Befehle zurief, doch es war zu spät. Die Kamera schwenkte zurück. Umataro und alle anderen konnten sehen wie Ripper genüsslich damit anfing Rocky in mehrere Teile zu zerreißen. Erst riss er ihm die Arme ab. Funken stoben, Metall splitterte. Dann die Beine, erst das linke, dann das rechte. Ratsch. Ratsch. Schreie. Das Publikum raste, der Erschaffer weinte, Rockys metallene Glieder lagen zuckend am Boden. Triumphierend riss Ripper seine Beute hoch in die Luft, ein Tribut des Hohnes, dann senkte er den zuckenden Körper und trieb seine monströsen Zähne in Rockys Leib und riss ihn in Fetzen.

Voller Entsetzen starrten Umataro und Hoshino den Monitor an, dann, die Augen vor grauen Geweitet, blickten sie zu ihren eigenen Robotern, die auf ihren Werkbänken lagen.

„Nun …“ Hoshino räusperte sich. „Das war … sehr deutlich. Aber Rocky war schlecht konstruiert. Ganz im Gegensatz zu Okti.“

Umataro nickte langsam und wandte sich wieder dem Monitor zu. Bloß nicht die Nerven verlieren, ermahnte er sich selbst. „Seine Reaktionszeit war viel zu langsam“, bestätigte er. Warum trat man mit solch einem Roboter überhaupt an? Je länger die Reaktionszeit, desto wehrloser war man im Kampf. Das hätte der Erschaffer beachten sollen. Deshalb galt Umataros Mitleid auch dem armen Rocky, dessen Einzelteile in eine Schubkarre geschaufelt wurden, und nicht dem Menschen, den man unter Tränen hinausgeleitete. Manchen Menschen sollte es verboten werden Roboter zu konstruieren.

„Die Balance zwischen Eigenständigkeit und den manuellen Befehlen war eine Katastrophe. Deswegen habe ich Okti auch eine eigenständige KI gegeben. Das ist viel besser als dieser hybride Mumpitz.“

In diesem Moment kam der Geschlagene in den Teilnehmerraum zurück. Einem Häufchen Elend gleich schob er die Karre vor sich her, stellte sie neben seine Werkbank ab und ging auf die Knie. „Es tut mir leid, Rocky. Es tut mir unendlich leid.“ Er schluchzte so stark, dass sich die umherstehenden Männer und Frauen pikiert von ihm abwandten und sich hastig wieder an ihre Vorbereitungen machten.
 

Bei dem nächsten Herausforderer handelte es sich um ein Pärchen und die beiden machten keinen Hehl daraus, dass sie Rippers Vorstellung überhaupt nicht beeindruckt hatte. Beide sahen aus wie Punks und ihr Roboter, Rora, sah aus wie eine große, stachelige, Dampfwalze.

„Hey ihr Säcke!“, rief Asakura, der weibliche Part des Duos, laut ins Publikum. Mit einem Satz stand ihr Freund Yagami auf der Brüstung ihres Kommandostands. „Ihr Loser wollt eine Show sehen?“ Das Publikum stutzte einen Moment ob dieser Dreistigkeit, dann brachen sie in laute Buh-Rufe aus, doch das interessierte die beiden nicht. „Wir geben euch eine Show!“

„Du, Fettsack!“, riefen sie im Chor und deuteten mit einer obszönen Geste in Richtung Horafuki. „Du kannst dich verpissen! Wir werden dich so was von fertig machen, oh ja!“

Horafuki lachte nur höhnisch. „Träumt nur weiter!“ Das Duo grinste in freudiger Erwartung.

Kaum war der Startschuss gefallen, rollte Rora wie eine Walze auf Ripper zu. Spitze Dornen pflügten den Boden. Der Dreck schleuderte wie Geschosse durch die Luft und erwischte einige Zuschauer, die empört aufsprangen. Das Duo lachte. Doch Ripper machte einen Satz und sprang zur Seite.

„Das war‘s“, meinte Hoshino kopfschüttelnd. „Der ist auch zu langsam.“

„Ist er nicht“, sagte Umataro.

Noch im rollen wandte Rora schlagartig seine Walze um und änderte seine Richtung. Ripper sprang wieder, doch Rora machte plötzlich einen Satz nach vorne, den ihm niemand zugetraut hätte, und riss die Walze hoch. Ein erschrockenes Raunen ging durchs die Arena, als das Publikum kollektiv den Atem anhielt. Ripper konnte sich nicht mehr abfangen und landete mitten auf der Walze. Funken stoben. Ein hässliches, quietschendes Geräusch zerfetzte die Luft, als der Kolos durch die Gegend geschleudert wurde und hart auf den Boden prallte. Triumphierend riss das Duo die Arme in die Luft.

„Nimm das, Fettsack!“

Horafuki lächelte nur.

Rora wirbelte herum. Funken durchzuckten seinen metallenen Körper. Wieder preschte er vor, die Walze zum tödlichen Schlag erhoben, doch Ripper rollte sich zur Seite ab und war im nu wieder auf den Beinen. Er schlug zu, doch sein Arm blieb im stacheligem Körper stecken. Rora drehte sich. Ripper war schneller. Er packte die Stacheln und schleuderte Rora quer durch die Arena, wo er auf dem stacheligen Rücken liegen blieb. Blitze durchzuckten seinen Körper. Das Duo wirkte plötzlich besorgt.

„Rora!“, rief ihm Asakura zu. „Was ist los mit dir? Reiß dich zusammen!“

Das Publikum jubelte in Blutdurst, als Ripper sich auf Rora stürzte. „ZERFETZ IHN!!!“

„Hoch mit dir!“, brüllte Yagami panisch.

„Das war's.“ Hoshino wandte sich ab.

Mit der Kraft seiner Walze versuchte Rora sich aufzustemmen, doch dann, plötzlich, ging er in Flammen auf.

„RORA!!!“

Das Bild flackerte kurz. Ripper brach seinen Angriff ab und machte einen Satz nach hinten, weg vom Feuerball, der fauchend in die Höhe barst. Unter Schlachtgesang hasteten zwei Helfer in die Arena und löschten Rora, von dem nur noch eine verkohlte Hülle übrig war.

Das Duo war außer sich vor Wut, als sie in den Raum zurückkehrten.

„Was, zum Teufel, war das eben?“, fauchte Yagami seine Freundin an. Diese giftete sogleich zurück.

„Woher soll ich das wissen?! Du warst für die Mechatronik verantwortlich, erklär`s du mir!“

„Ich hab alles richtig gemacht. Keine Ahnung was passiert ist!“

„Hey“, sprach sie der Schattenboxer an. „Ihr habt gekämpft und verloren. Lasst es gut sein.“

„Gut sein am Arsch!“ Yagami war rot vor Zorn. „Das hätte nicht passieren dürfen!“

„Jeder kann hier verlieren“, meinte eine junge Frau kühl, die ihre Werkbank Umataro direkt gegenüber hatte. „Macht es nächstes Mal besser.“

„Immerhin“, sagte der Erschaffer von Rocky mit trauriger Stimme, „habt ihr noch so versagt wie ich.“

Das Duo sagte nichts mehr, doch sie wuchteten Roras Hülle mit solcher Entschlossenheit auf ihren Arbeitsplatz, das es mehr als deutlich war, dass sie mit der Sache noch nicht abgeschlossen hatten. Unbemerkt trat Umataro an sie heran. Aufmerksam betrachtete er die verkohlten Einzelteile und runzelte nachdenklich die Stirn. „Darf ich mal?“ Ohne eine Antwort abzuwarten griff er nach einem abgebrochenen Stachel.

„Hey!“ Asakura entriss es ihm sofort wieder. „Kümmer‘ dich um deinen eigenen Kram!“

Umataro sah sie einen Moment lang an, dann kehrte er zu seinem Platz zurück.

Hoshino warf ihm einen fragenden Blick zu. „Was sollte das?“

„Ich wollte nur was nachgucken.“ Sein Blick wanderte wieder zum Duo. Ein merkwürdiges Gefühl regte sich in ihm. „Der nächste Kampf könnte aufschlussreich werden.“

„Da sagst du was. Der Schattenboxer ist dran.“
 

Ein erwartungsvolles Raunen ging durch die Runde, als der Boxer mit dem Namen Harada zusammen mit seinem Roboter Yujiro die Arena betrat. Jeder musste zugeben dass Yujiro beeindruckend aussah. Er war genauso groß wie Ripper, doch eindeutig eleganter Designt als dieser und wäre locker als ein Boxer in Robotergestalt durchgegangen, wenn sein Kopf, statt einem einzigen Auge, ein Gesicht gehabt hätte. Als Harada der Luft ein paar letzte Schläge verpasste und Yujiro diese nachahmte, grölte das Publikum vor Ektase.

Horafuki wirkte zum ersten Mal nicht mehr ganz so gelassen. „Schattenfunktion, was? Das sieht man noch all zu häufig.“

Harada zuckte nur mit den Schultern. „Na? Willst du keine bissigen Bemerkungen loslassen?“

„Ich lasse lieber Taten sprechen.“

„Ihr habe es gehört!“, rief der Moderator ins Mikrofon. „Lasst den Kampf beginnen!“

Der Startschuss fiel.

Harada hob die Arme wie im Boxring und Yujiro imitierte ihn.

„Mach dir keine Sorgen!“, rief Horafuki Ripper zu, der seinem Gegner einen kurzen Blick zuwarf. „Pass nur auf seine Haken auf!“ Er hatte den Satz noch nicht richtig zu Ende gesprochen, da schlug Yujiro auch schon zu. Doch Ripper reagierte sofort und neigte sich leicht zur Seite, so dass der Schlag ins Leere ging. Sofort schwang er seinen eigenen, doch Yujiro duckte sich weg und machte einen Satz zurück, wodurch er einem zweiten Haken nur knapp entging.

Hoshino stieß einen anerkennenden Pfiff aus. „Alle Achtung.“

Umataro wusste sofort was er meinte. Diesen zweiten Angriff hatte Harada nicht sehen können. Yujiro hatte von sich aus reagiert. Diese Verbindung von eigenständiger KI und Schattenfunktion war wirklich beeindruckend. Das würde kein leichter Kampf für Ripper werden.

Damit schien er Recht zu behalten. Immer wieder versuchte Ripper Yujiro zu packen, doch dieser war einfach zu schnell für ihn. Hier ein Schlag, dort ein rechter Haken. Yujiro bückte sich und holte aus. In letzter Sekunde hob Ripper seinen Arm. Der Schlag prallte daran ab, doch bevor seine Hand Yujiros Arm packen konnte, war dieser wieder verschwunden.

Es sah nicht gut für Ripper aus. Dem Publikum entging dies nicht. Lautstark feuerten sie ihren Helden an, doch erste Stimmen wurden auch für seinen Gegner laut. Harada schien dies jedoch nicht zu freuen. Die ganze Zeit über war sein Gesicht erstaunlich kontrolliert gewesen, doch langsam verfinsterte sich sein Blick, während ein leichtes Lächeln Horafukis Lippen umspielte.

Umataro hatte seine eigenen Vorbereitungen vergessen und beobachtete den Kampf mit gerunzelter Stirn. „Irgendetwas stimmt nicht.“

„Ja.“ Auch Hoshino hatte seine Arbeit ruhen lassen, so wie alle anderen auch. Gebannt starrten sie den Monitor an. „Täusch ich mich oder wird er langsamer?“

Tatsächlich. Zuerst war es kaum wahrnehmbar, doch während Yujiros Schläge weiterhin mit Präzession die Luft durchfuhren, schienen seine Reaktionen immer langsamer zu werden. Nein. Sie wurden nicht langsamer. Sie verzögerten sich.

Yujiro schlug zu. Ripper blockte und griff an.

Da! Umataros Augen verengten sich zu schlitzen. Die Kamera war etwas zurück gefahren, so dass man nicht nur die Roboter, sondern auch ihre Erschaffer gut erkennen konnte. Harada und Yujiro hoben die Arme um zu blocken, doch Ripper brach den Angriff urplötzlich ab, duckte sich und riss den anderen Arm zum Kinnhaken empor. Der Schlag war nicht schnell. Zwar zu schnell für Harada, aber Yujiro war schon schnelleren Attacken ausgewichen, auch dieses Mal. Dachte zumindest das Publikum und stöhnte enttäuscht auf. Doch Yujiro schwankte kurz.

„Oh!“, rief der Moderator begeistert. „Geht da wohl jemandem die Puste aus?“

Robotern konnte die Puste nicht ausgehen. Das war keine Erschöpfung. Er war getroffen worden. Umataro war sich dessen sicher. Es war nur eine leichte Berührung gewesen, doch Ripper hatte ihn getroffen. Aber das war nicht möglich. Nicht bei dem System das Harada verwendete. Der Kampf ging noch nicht lange genug als das Yujiro der Saft ausgehen konnte. Auch Harada zeigte noch keinerlei Erschöpfungserscheinungen, auch wenn sein Blick von Finster zu Besorgt gewechselt hatte. Yujiro war auch die ganze Zeit über nicht einmal direkt getroffen worden, so dass seine Systeme hätten beschädigt werden können. Konstruktionsfehler? Vielleicht, aber Umataro glaubte nicht daran.

Yujiro nahm jetzt etwas Abstand von Ripper. Elegant tänzelte er um diesen herum, der nichts weiter tat als ihn nicht aus den Augen zu lassen. Schindete er Zeit? Für was? Das machte keinen Sinn. Es sei denn …

Umataros Blick schnellte zu Rockys Überreste, dann zu Rora. Sein Verstand raste.

Plötzlich explodierte die Arena. Der Jubel ließ selbst die Wände vibrieren.

„Er hat ihn erwischt!“

Yujiro taumelte. Funken stoben aus einer klaffenden Wunde an seiner Seite. Triumphierend ließ Ripper den Arm über seinen Kopf kreisen, dann warf er ihn ins Publikum, wo sofort mehrere Zuschauer aufsprangen und versuchten die Trophäe an sich zu reißen.

„Bring es zu Ende, Ripper!“, rief Horafuki über den Lärm hinweg.

Harada hatte seine Ruhe verloren. Er versuchte verzweifelt noch irgendetwas zu retten, aber Yujiro reagierte nicht mehr richtig. Dem nächsten Angriff konnte er noch ausweichen, doch dann stolperte er und stützte zu Boden. Ripper bäumte sich über ihn auf. Kalt blickte er auf seinen Gegner hinab. Langsam hob er den Fuß. Die Menge pfiff vor Erregung. Er hob ihn weiter, dann, plötzlich, zerquetschte er Yujiro den Schädel.

Das Entsetzten im Raum war greifbar. Es war plötzlich mucks Mäuschen geworden. Fassungslos beobachteten die Herausferderer wie Ripper den reglosen Körper in die Höhe stämmte und ihn dann Harada vor die Füße warf. Niemand rührte sich.

Hoshino zitterte am ganzen Leib. „Das war grausam.“

„Dieser Mistkerl!“ Aufgebracht schleuderte Yagami eine Dose gegen einen der Bildschirme.

Die junge Frau, die Umataro gegenüber arbeitete, ballte vor Zorn die Hände. „Das hätte jetzt echt nicht sein müssen. Wie konnte er das nur tun? Yujiro war bereits besiegt!“

„Genau!“, rief Asakura wütend. „Einem Gegner, der am Boden liegt, zerquetscht man nicht den Schädel!“

Oh doch, dachte sich Umataro im Stillen. Ein fürchterlicher Verdacht war in ihm gekeimt. Es gab noch einen weiteren Grund um so grausam zu sein: wenn man etwas verbergen wollte. „Er schummelt.“

„Bitte was?“, fragte Hoshino erschrocken. „Wie meinst du das?“

„Du hast es doch auch gesehen, oder?“ Umataro sprach leise, so das niemand sonst ihn hören konnte. Wahrscheinlich war das nicht einmal nötig gewesen, denn just in diesem Moment kam Harada zurück, der sich den zerstörten Yujiro über die Schultern geworfen hatte. „Je länger der Kampf gedauert hat, desto schlechter wurden Yujiros Reaktionszeiten. Ohne Fremdeinwirkungen hätte das nicht passieren dürfen.“

Hoshino dachte einen Moment lang darüber nach. „Du hast Recht. Das war wirklich unnatürlich. Ein Fehler in Yujiros System vielleicht?“

„Nein.“

„Woher willst du das wissen? Ripper hat ihm den Kopf zermantscht und dadurch seine Systeme -“ Plötzlich verstand er. „Oh. Das würde natürlich Sinn machen.“

„Eben.“

„Aber es kann auch einfach Zufall gewesen sein.“

„Hätte es“, stimmte ihm Umataro zu, „wenn nicht die beiden vorherigen Kämpfe gewesen wären.“

„Worüber redet ihr?“ Harada stand plötzlich vor ihnen. Er wirkte erstaunlich gefasst, wenn seine rot umrandeten Augen und seine bebenden Hände ihn nicht verraten hätten.

„Über nichts“, sagte Hoshino schnell, doch Umataro erwiderte Haradas durchdringenden Blick.

„Über Yujiros plötzlichem Abbau.“

„Also habe ich es mir nicht eingebildet.“ Harada seufzte. „Ich habe bemerkt, dass Yujiro sich seltsam verhalten hat.“ Niedergeschlagen fuhr er sich mit der Hand durchs kurze Borstenhaar, dann verschränkte er die Arme vor der Brust und sah zu den Monitoren hinüber. „Seine Systeme haben einwandfrei funktioniert als ich ihn vor dem Kampf gecheckt habe. Da war kein Fehler vorhanden. Es muss was anderes gewesen sein.“ Er sprach das andere nicht laut aus, doch es lag schwer in der Luft.

„Was sollen wir tun?“, fragte Hoshino. „Es ist nur ein Verdacht. Wir haben keinen Beweis. Nur Yujiro hat sich seltsam verhalten …“ Er runzelte die Stirn. „Es sei denn natürlich …“

Umataros Blick verfinsterte sich. „Das selbst denke ich auch. Wir müssen den nächsten Kampf abwarten.“
 

Als nächstes war Sera, die junge Frau von gegenüber, an der Reihe. Sie hielt einen wuchtigen Kontroller in der Hand, mit dem sie ihren Roboter Hera steuern konnte. Hera reichte Ripper grade mal bis zur Hüfte und sah aus wie eine putzige Marshmellowfigur. Die Zuschauer lachten bei diesem Anblick. Sera verzog keine Miene, doch Umataro hätte schwören können das Horafuki wenig begeistert war. Aber warum?

Der Kampf begann. Ripper stürzte sich auf Hera, doch Sera steuerte ihren Roboter außer Reichweite. Ripper versuchte es wieder, doch immer wenn er seinem Gegner zu nahe kam, eilte dieser davon, so das Ripper gezwungen wurde ihm zu folgen. Nach einer Weile begann das Publikum wütend zu werden.

„Hör auf damit!“

„Kämpf endlich!“

„Hör auf davon zu laufen!“

„Frauen haben hier nichts zu suchen!“

„Spinner“, knurrte Hoshino leise. „Haben die keine Augen im Kopf? Ripper ist nicht grade der hellste. Sie versucht ihn auszutricksen.“ Das ganze Szenario erinnerte tatsächlich ziemlich an ein Katz und Maus Spiel. Immer wenn es so aussah, als das Ripper Hera endlich erreicht hatte, verschwand dieser wieder. Ripper setzte ihm augenblicklich nach.

Horafuki verlor die Geduld. „Was machst du da? Hör auf mit dem Blödsinn!“ Doch Hera war so nahe. Er musste doch nur die Hände ausstrecken. „Bleib stehen, du Trottel!“ Es war nur für den Bruchteil einer Sekunde. Ripper zögerte, hin und hergerissen zwischen dem Drang, dem Befehl zu gehorchen und dem Wunsch seinen Gegner zu erwischen.

Lächelnd drückte Sera einen Kopf.

Plötzlich war Hera keine niedliche Marshmellowfigur mehr. Er war ein Seeigel. Die Hülle veränderte sich. Lange, spitze Speere schnellten hervor, die, einer Rakete gleich, plötzlich auf Ripper abgeschossen wurden. Dieser wirbelte herum wie ein Kreisel. Die Speere schossen an ihm vorbei, prallten an seiner Hülle ab, durchbohrten ihn. Niemand wusste es. Staub war aufgewirbelt worden und versperrte die Sicht, doch überall lagen mit einem mal bunte Stacheln verstreut. Das Publikum hielt den Atem an. Was war da passiert?

„Ripper hat sich so schnell gedreht, dass er einen Wirbel erzeugt hat“, murmelte Hoshino nachdenklich. „Gute Abwehrtaktik. Ich hoffe sie hat nicht funktioniert.“

Sie hatte. Unversehrt tauchte Ripper aus dem Staub wieder auf, unverletzt und mit Speeren bewaffnet. Sera hatte einen entschiedenen Fehler begangen. Sie erkannte es zu spät. Hastig versuchte sie Hera in Sicherheit zu bringen, doch Ripper schnellte empor und jagte Hera die eigenen Speere tief in den Leib. Der Kampf war vorbei kaum das er richtig begonnen hatte.

„Nun … Der Kampf war nicht sehr aufschlussreich.“ Harada wirkte enttäuscht. „Vielleicht habe ich mich getäuscht.“

„Nein. Ganz im Gegenteil. Er war sehr aufschlussreich.“ Es mochte nichts passiert sein, aber genau das war es, was sich Umataro erhofft hatte. „Wer ist als nächstes dran?“

„Ich“, antwortete Hoshino angespannt. „Aber wenn wirklich betrogen wird, dann wäre es besser wenn ich zurückziehe. Ich will Okti nicht verlieren.“

Er hatte zu laut gesprochen. Plötzlich wandten sich alle Anwesenden ihrer Ecke zu.

„Wie war das?“

„Was hat er gesagt?“

„Es wird betrogenen?“

„WAS?!“ Yagami stürzte hervor und packte Hoshino am Kragen. „Sag das nochmal!“

Harada zog ihn mit sanfter Gewalt vom überraschten Teenager fort. „Es ist nur eine Vermutung.“

Umataro nickte. „Wir haben keine Beweise.“

Asakura drängte sich durch die Menge. „Was soll das heißen?“

„Das heißt“, sagte er und sah sie direkt an, „dass wir nichts unternehmen können.“

„Wir müssen weitermachen“, erklärte Harada. „Es kann sein dass ich mich irre, aber ich bin überzeugt, dass mit Yujiro etwas nicht gestimmt hat. Ripper hat seine KI zerstört, deshalb kann ich es leider nicht überprüfen. Wenn wir jetzt aber aufhören sollten, und es wird wirklich betrogen, dann können wir ihn nicht drankriegen. Wir müssen weitermachen und hoffen, dass Horafuki einen Fehler macht.“ Während Harada weiter auf die Teilnehmer einredete, packte Umataro Hoshino energisch am Arm.

„Du musst kämpfen und alles geben. Wir wissen nicht wie Horafuki betrügt. Was immer es ist, Ripper ist nicht davon betroffen. Eure beiden Roboter funktionieren mit dem gleichen System. Egal was passiert, du darfst nicht zulassen, dass Ripper Oktis KI zerstört. Wir müssen nach dem Kampf ihre Systeme überprüfen, egal wie, aber dafür musst du kämpfen!“

Hoshino sah in sein entschlossenes Gesicht, dann, nach langem Zögern, nickte er. „Na schön. Aber nur, weil wir nicht zulassen können, dass er noch mehr Roboter vernichtet.“

„Team Okti!“, rief plötzlich ein Mitarbeiter. „Ihr wurdet aufgerufen!“

Hoshino holte tief Luft, dann löste er Okti von den Kabeln und schaltete sie wieder ein.

„Geht es los?“, fragte der Roboter in freudiger Erwartung. Hoshino nickte verkrampft.
 

Der gesamte Raum starrte gespannt auf die Monitore, als Hoshino und Okti die Arena betraten. Umataro fiel auf, dass Okti nicht mehr schwebte. Stattdessen benutzte sie vier ihrer Tentakel um sich fortzubewegen. Gut, dachte er sich, das sparte Energie. Er rechnete mit einem interessanten und vielversprechenden Kampf, doch das, was nun geschah, hätte er nicht vorausahnen können.

Der Kampf begann. Das Echo war noch nicht einmal verklungen, da stürzte sich Okti auch schon schwebend auf ihren Gegner. Ripper wich aus. Sie konnte in der Luft nicht wenden, doch das machte nichts. Mit den Tentakeln voran prallte sie gegen die Begrenzungsmauer und stieß sich mit solcher Kraft ab, das sie einer Kanonenkugel gleich auf ihren Gegner zurückgeschleudert wurde. Ripper duckte sich weg. Wieder stieß sich Okti ab. Dieses Mal drehte er sich zur Seite und versuchte ihre Tentakel zu ergreifen, doch diese saugten sich plötzlich an ihm fest. Er versuchte sie abzuschüttelnd, wild mit dem gefangenen Arm fuchtelnd, doch es gelang ihm nicht. Er versuchte sie von sich zu reißen, doch stattdessen saugte sie sich immer weiter an ihm fest. Die Menge war vollkommen überrumpelt, Hoshino war verblüfft, Horafuki war außer sich.

„Ripper! Benutz die Waffe!“

Ripper hörte auf herumzufuchteln. Stattdessen richtete er seine freie Hand auf Okti, die plötzlich zur Seite klappte.

Hoshino erschrak. „Weg da, Okti!“ Okti ließ sich sofort fallen, just in dem Moment, als eine lange, messerscharfe Klinge aus der Arm geschnellt kam, die sie ohne Zweifel der Länge nach aufgeschlitzt hätte.

Die Zuschauer erholten sich von ihrem Schreck und jubelten wieder. „RIP-PER! RIP-PER! RIP-PER!“

„Bis jetzt läuft noch alles normal“, murmelte Harada nachdenklich.

Umataro konnte sich gut vorstellen, dass es ihm lieber war durch einen Betrug verloren zu haben als dadurch, dass sein Roboter fehlerhaft gewesen war. „Keine Sorge. Das wird sich ändern.“ Auch wenn es grade nicht danach aussah, Hoshino hatte keine Chance. Das war er sich absolut sicher.

„Stutz ihm diese verdammten Tentakel!“, befahl Horafuki. „Und dann reiß ihm den Kopf ab!“

„Das werde ich nicht zulassen!“, entgegnete Hoshino hitzig. „Du wirst Okti nichts zuleide tun!“

„Ach ja? Dann pass gut auf, Bursche!“

Jetzt war es plötzlich Okti, die ausweichen musste. Die Klinge schnellte über ihren Kopf hinweg. Sie ließ sich fallen und versuchte in der gleichen Bewegung nach Rippers Bein zu greifen. Sie bekam es zu fassen, doch da raste die Klinge auf sie nieder und sie musste sich hastig davonschleudern. Sie landete direkt vor Hoshino. „Du musst ihn zu Fall bringen“, rief er sie zu.

„Das –bzzzz- versuche ist. Er ist zu schwer.“

Hoshino stutzte kurz. Ein knapper Blick in die Kamera und Umataro verstand. Es gab das erste Anzeichen, dass etwas nicht stimmte. „Nutz die Schwerkraft für dich. Ramm ihn zur Not aus der Luft!“

Es war nicht klar ob Okti ihn verstanden hatte. Hastig sprang sie zur Seite, just in dem Moment bohrte sich die Klinge direkt in die Stelle, wo sie grade noch gestanden hatte. Ripper setzte ihr sofort nach.

„Greif ihn aus der Luft an!“, brüllte Hoshino ihr nach. „Aus der Luft!“ Ripper trieb sie immer weiter der Wand entgegen. Sie versuchte ihm von der Seite her zu entkommen, doch es gelang ihr nicht. „Okti!“

„Ich –bzzzz- versuch es –bzzzz-!“ Nun befand sie sich mit dem Rücken zur Wand. Mit der ganzen Kraft seines massigen Körpers stürmte Ripper auf sie zu als wolle er sie wie eine lästige Fliege zerquetschen.

„OKTI. KATAPULT!“ Mit ganzer Kraft stieß sie sich vom Boden ab und schoss hoch in die Luft. Die Menge tobte. Offensichtlich hatten sie sich dazu entschieden nicht mehr nur für Ripper zu jubeln, sondern den Kampf als Ganzes zu genießen. Hoshino legte seine Hände wie einen Trichter vor seinen Mund. „JETZT, OKTI! TU ES JETZT!“ Doch Okti stürzte sich nicht auf ihren Gegner. Sie hing plötzlich mitten in der Luft und rührte sich nicht. „Okti?“

Die Kamera zoomte näher heran. Angespannt starrte Umataro auf den Monitor. Die Kamera zoomte noch näher und da sahen sie es. Oktis Tentakel begannen erst leicht, dann wie wild zu zucken. Seltsame Muster rasten über ihren Monitor, der ihr Gesicht bildete. Es sah fast so aus als würde sie vor Schmerzen schreien. Plötzlich war es vorbei. Verwirrt sah sie sich um. Dann, als erinnere sie sich mit einem Mal wieder an ihre Anweisung, stürzte sie in rasender Geschwindigkeit auf ihren Gegner hinab. Ripper hob seine Klinge. Das Publikum hob es aus den Sitzen. Einem Meteor gleich stürzte Okti in die Arena und …

… wurde mitten in der Luft, wie von Geisterhand, nach links geschleudert. Es knallte. Zuschauer kreischten. In den unteren Rängen brach Panik aus. Staub erfüllte die Luft, doch all das ging im euphorischen Jubel der Menge unter. Okti war mit voller Wucht ins Publikum geknallt.

Die Kamera hielt voll drauf. Es schien niemand verletzt worden zu sein. Alle starrten das Loch an, das sich in die Bühne gebohrt hatte. Flehend hielt Umataro die Luft an. Er betete, dass Okti nicht zerstört worden war. Er brauchte ihre Daten, unbedingt!

Einen entsetzlich langen Moment lang, der sich wie eine Ewigkeit anfühlte, war es still. Dann, endlich, war der erste Tentakel zu sehen. Mühsam zog sich Okti aus dem Loch und glitt in die Arena zurück. Sie wirkte etwas mitgenommen. Noch immer durchfuhren seltsame Zuckungen ihren Monitor.

„Der Wahnsinn!“, rief der Moderator begeistert. „Was für eine Show Leute. Was für eine Show! Und der Kampf ist immer noch immer nicht beendet!“

Ripper kam wieder auf Okti zu. Es war ersichtlich, dass sie nach links, zu Hoshino wollte, doch aus irgendeinem Grund sprang sie nach rechts, genau in die Richtung, von der Rippers Angriff kam, direkt in die Klinge hinein.

Hoshino stieß einen erstickten Laut aus, als einer von Oktis Tentakel der Länge nach aufgeschlitzt wurde. Blitze durchzuckten ihren Körper. Funken sprühten. Die Symbole auf ihrem Monitor liefen Amok, als würde sie vor stummen Schmerzen brüllen. „Error –bzzzzz- Kann nicht –bzzzzz- Fehler –bzzzz- System –bzzzzz- Fehler, Fehler, Fehler!“ Und dann, plötzlich, verlor sie die Kontrolle.

Erschrocken sah das Publikum zu wie Okti anfing wild zu werden. Sie begann sich wie ein Kreisel zu drehen, schneller und immer schneller drehend. Ihre Tentakel wandelten sich in gefährliche Geschosse. Es gab ein markerschütterndes Geräusch, als sie die Mauer berührte und ganze Brocken herausgerissen wurden. Krachend flogen sie in alle Richtungen davon. Sie wirbelte weiter. Hastig warf sich Horafuki zu Boden. Die Tentakel sausten surrend über ihn hinweg und zertrümmerten weitere Teile der Begrenzungsmauer, die in feinen Körnern auf ihn niederrasselte.

Vor Schock war Hoshino wie gelähmt. Mit wachsendem Entsetzen sah er zu, wie seine geliebte Okti sich ihm näherte, unaufhaltsam, mit tödlicher Genauigkeit. Die Leute brüllten ihm entgegen, doch er konnte sie nicht verstehen. Sie waren ein fernes Rauschen, nicht mehr als ein leises, unverständliches Flüstern, während sein panischer Herzschlag immer lauter wurde. Plötzlich wusste er mit glasklarer Gewissheit, dass Okti ihn umbringen würde. Laut Robotergesetzen war das eigentlich unmöglich, doch jetzt, in diesem Moment, war es die bittere Realität.

Das Publikum kreischte. Alle stürzten sich nach vorne um ein besseren Blick auf das Geschehene zu erhaschen. Sie wussten instinktiv, dass jetzt Blut fließen würde, echtes Blut, doch in ihrem Rausch bemerkten sie ihren Wahnsinn bereits nicht mehr.

Ein ohrenbetäubender Knall zerfetzte die Luft. Die Erde erbebte. Staub wirbelte auf und versperrte die Sicht. Entsetzt hielten alle den Atem an. Gebannt starrten sie aufs Schlachtfeld. Die Atmosphäre war so geladen, dass den Menschen die Nackenhaare schier zu Berge standen.

Langsam begann der Staub sich zu legen. Der Blick wurde klarer. Hoshino kniete hustend auf dem Boden, über und über mit Staub bedeckt, doch ganz offensichtlich am Leben und unverletzt. Ripper stand da, am Rand der Arena, die Arme in einer Pose erstarrt, als hätte er irgendetwas geworfen. Und Okti? Okti klebte an der Wand, mit zuckenden Gliedern und einem großen Stein vor ihr liegend. Ripper hatte sie mit einem Mauerbrocken im letzten Moment erwischen können.

Das war zu viel für das Publikum. Es klang als wäre eine Bombe explodiert. Wie Donner hallten ihre Rufe an den Wänden wider. „RIP-PER, RIP-PER, RIP-PER!“

„Bring es zu Ende“, befahl Horafuki, als wäre nichts gewesen. Mit erhobener Klinge schritt Ripper auf Okti zu, die langsam auf den Boden rutschte und dort unkontrolliert zuckend liegen blieb.

„AUF-SCHLITZEN, AUF-SCHLITZEN, AUF-SCHLITZEN.“

„NEIN!“ Hoshino preschte vor und warf sich auf Okti. „Wir geben auf. Hört ihr? WIR GEBEN AUF!“ Ripper blieb direkt vor ihm stehen. Mit seinem bestialischen Fratze und der messerscharfen Klinge war seine Gegenwart noch angsteinflößender als zuvor, doch Hoshino wich nicht von Oktis Seite. Der Kampf war vorbei. Er konnte nichts mehr machen.

„Was soll das, Bursche?“ Aufgebracht stürmte Horafuki auf ihn zu und versuchte ihn von Okti wegzuzerren. „Der Kampf muss richtig beendet werden! Also geh zur Seite.“

„Nein. Wir geben auf!“

„Wir bringen es zu Ende!“

„Wir geben auf! Der Kampf ist vorbei!“

„Da hat er leider recht“, mischte sich der Moderator ein. „Der Gegner hat aufgegeben. Der Kampf ist beendet.“ Die Menge schien zwar etwas enttäuscht, doch ihr Jubel kannte keine Grenzen. Das war ein Kampf an den man sich noch lange erinnern würde. Helfer kamen herbei und halfen Hoshino dabei Okti in eine Schubkarre zu hieven. Horafuki wirkte alles andere als begeistert als der beschädigte, aber nicht zerstörte, Roboter aus der Arena gekarrt wurde.
 

Hoshinos Augen waren geschwollen und sein Gesicht gerötet als er mit Okti in den Teilnehmerraum zurückkehrte. Es war totenstill. Niemand rührte sich als er den Roboter auf seine Werkbank verfrachtete. Oktis Tentakel zuckten immer noch, ihr Monitor flackerte traurig. Zitternd versuchte Hoshino sie an seinen Laptop anzuschließen.

„Lass mich das machen“, bot Umataro an, doch seine Hand wurde grob zurückgestoßen.

„Fass sie nicht an. Ich mach das.“ Umataro erhob keine Einwände.

Langsam setzte das Getuschel wieder ein.

„Habt ihr das gesehen?“, fragte Sera, als könne sie das gesehene immer noch nicht glauben. „Das war eindeutig nicht normal.“

Wütend schlug Yagami auf den Tisch. „Und ob das nicht normal war! Habt ihr nicht gesehen wie der plötzlich wild geworden ist? Er hatte fast seinen Besitzer gekillt! Damit dürfte bewiesen sein, dass der Fettsack schummelt!“

„Wenn ja“, warf Harada ein, „warum ist dann Ripper nicht betroffen? Und wie stellt er es an? Was immer es auch ist, hier im Raum ist es nicht, sonst wäre uns das längst aufgefallen.“

„Bist du etwa auf seiner Seite?“, fuhr ihn Asakura an. „Er hat deinen Roboter zerplatzen lassen wie eine Seifenblase!“

„Daran muss man mich nicht erinnern“, entgegnete Harada verletzt. „Aber wir haben immer noch keine Beweise und selbst wenn, wir müssen erst herausfinden wie er es anstellt.“

Umataro hätte es ihnen sagen können, doch er dachte nicht daran. Mit gespenstischer Ruhe sah er Hoshino bei seiner Arbeit zu und wartete geduldig auf die Analyse. Die kam, grade als der nächste Gegner bereits die Arena betrat, die noch repariert wurde.

„Was zum-?“ Sofort war Umataro an seiner Seite. „Sieh dir das mal an! Vor dem Kampf war sein System noch vollkommen in Ordnung, aber jetzt ist sein System voller Fehler!“ Alle drängten sich plötzlich um seine Werkbank. Yagami sog scharf die Luft ein.

„Die KI ist ja löchriger als ein Schweizer Käse.“

Sera wirkte sehr betroffen. „Ich habe noch nie so viele Fehler in einem System gesehen. Ein Wunder, dass sich der Roboter nicht abgeschaltet oder es gar zu einem Kurzschluss gekommen ist.“

„Nein, es ist kein Wunder.“ Hoshino bebte am ganzen Leib, als er auf seinen Monitor deutete. „Okti hat während des Kampfes versucht ihr System zu rebooten um den Fehler zu beheben, doch sie hat es damit nur noch schlimmer gemacht.“

Sera beugte sich zu ihm hinunter. „Das muss zu dem Zeitpunkt gewesen sein, als Okti in der Luft hängen geblieben ist.“ Alle umherstehenden nickten.

„Da haben wir unseren Beweis“, meine Asakura schließlich und deutete auf den Bildschirm. „Diese Fehler im System sind nicht normal.“

„Wir wissen immer noch nicht wie er es gemacht hat“, warf Harada ein. „Ebenso wenig wie wir nicht wissen warum Ripper nicht betroffen ist oder warum jeder Roboter anders reagiert.“

„Chiba weiß es“, sagte Hoshino plötzlich. Alle Augen richteten sich plötzlich auf Umataro. „Er hat die Störungen zuerst bemerkt. Du hast bestimmt eine Vorstellung davon was hier abgeht.“

Umataro warf ihm einen bösen Blick zu. Er hatte nicht die geringste Lust die anderen einzuweihen. Sie würden nur versuchen die restlichen Kämpfe zu boykottieren und das war etwas, was er auf gar keinen Fall zulassen durfte. Aber Hoshino hatte ihn ins Zentrum gestellt. Ihm blieb kaum eine andere Wahl. „Ich denke schon, ja.“

Yagami stürzte sich sofort raus ihn und hätte ihn sicher gepackt, wenn ihn Harada nicht festgehalten hätte. „Dann los, raus damit!“

„Es ist die KI. Jeder Roboter mit einer eigenständigen KI ist davon betroffen. Sera-san hat das mehr als deutlich gemacht.“

Sera nickte bedächtig. Alle sahen sie an. „Hera funktioniert mit manueller Steuerung. Sie hat keine KI, also konnte sie von diesem Fehler, was auch immer das ist, nicht betroffen werden.“

„Genau.“ Umataro nickte. „Und es gibt einen weiteren Unterschied. Rocky und Yujiro hatten zwar eine eigenständige KI, wurden aber aktiv von außen unterstützt, Rocky durch zusätzliche Steuerung, Yujiro durch die Schattenfunktion.“

Yagami schlug sich hart gegen die Stirn, als wäre ihm soeben etwas klar geworden. „Alter, deswegen diese Reaktionsverzögerungen. Ganz klar!“

„Genau“, mischte sich Hoshino ein. „Bei Rocky konnte man das noch als Fehlkonstruktion verbuchen, doch bei Yujiro war das nicht möglich. Deswegen hat Ripper auch den Kopf zertrümmert. Damit wir nicht nachschauen konnten.“ Draußen erklang wieder Jubel. Scheinbar waren die Reparaturarbeiten beendet und der nächste Kampf begann, doch dieses Mal interessierte sich niemand dafür.

„Deswegen kam es auch bei Rora zu den Funken.“ Asakura verstand plötzlich. „Die kamen nicht von irgendeiner Beschädigung der Hülle oder Mechatronik.“

„Wie ich es gesagt habe!“

„Zu dem Zeitpunkt waren seine Systeme bereits wegen dem Fehler überlastet. Deswegen ist Rora auch in Flammen aufgegangen!“

„Das heißt“, schloss Harada, „dass jeder Roboter, der eine KI hat, gegen Ripper chancenlos ist. Der Fehler trotz zwar verzögert auf, ist aber bereits im System. Wir haben also keine Chance.“

„Doch, haben wir.“ Mit neugewonnener Selbstsicherheit legte Umataro Rocket einen Arm auf die Schulter. „Wir können ihn schlagen.“

Alle lachten bitter, nur Hoshino nicht, dem das Lachen längst vergangen war.

„Du?“ Yagami schien sich verhört zu haben. „Mit dieser Schrottlaube? Nichts für ungut. Das wird nichts. Außerdem hat dein Roboter eine KI, sonst wäre er dir nicht so hinterhergedackelt. Oder hast du etwa eine Fernsteuerung in deiner Jacke?“

Es war ein wenig erschreckend, dass es selbst unter Roboterliebhabern solche Narren geben konnte. „Natürlich habe ich das nicht. Rocket hat nur eine eingeschränkte KI. Die hätte ich für den Kampf eh ausgeschaltet.“

„Und was hast du dann vor?“, fragte Harada. „Ihn manuell zu steuern, so wie Sera-san?“

Umataro schüttelte den Kopf. Er war der jüngste von ihnen und dennoch schien er klarer zu sehen als alle anderen. Er wusste nicht recht wie er sich deswegen fühlen sollte. Wieder brandete Jubel auf. Alle wandten sich dem Bildschirmen zu, wo der Herausforderer nur noch eine qualmende Hülle war, die von Ripper erst aufgeschlitzt und dann in Fetzten gerissen wurde. Niemand war mehr überrascht oder schockiert.

„Manuell Steuern ist sinnlos“, nahm Umataro den Faden wieder auf. „Rocket wäre damit zu eingeschränkt. Ich habe mir deshalb etwas anderes einfallen lassen. Wenn seine KI nicht ausgereift genug für den Kampf ist, braucht er eben etwas Besseres.“

Alle sahen ihn skeptisch an. Es war Hoshino, der schließlich die entscheidende Frage stellte. „Und das wäre?“

Umataro grinste. Fast theatralisch nahm er die Sonnenbrille und die Kappe ab, legte sie auf die Werkbank und setzte sich einen sehr speziell aussehenden Helm auf den Kopf. „Ich.“

Just in diesem Moment erklang wieder der freundliche Aufruf eines Mitarbeiters. „Team Rocket in die Arena.“
 

Es gab eine Art der Steuerung, die so anspruchsvoll war, dass sie nur selten Verwendung fand. Als Umataro die Arena betrat waren sich die anderen Teilnehmer daher sicher, dass er zerfleischt werden würde. Dennoch waren sie ihm nach draußen gefolgt und nahmen ihre Plätze in den untersten Rängen ein, die nur für sie und die Angestellten reserviert waren. Sie alle wollten sehen wie vielleicht doch ein Wunder geschah und Horafuki die Lektion erteilt werden, würde die er verdiente … oder aber wie diesem verrückten und arroganten Jungen, denn als nichts anderes konnte man jemanden mit so einem Plan bezeichnen, die Leviten gelesen wurden. Dem Champion konnte dieser Aufmarsch nicht entgehen.

„Ah, das Großmaul traut sich endlich raus! Und er hat die Gefallenen mitgebracht!“

Das war zu viel für das Duo. „Spar dir die Sprüche, Mistkerl!“, rief Asakura, die sofort Unterstützung von Yagami erhielt. „Wir wissen was für ein verlogener Misthaufen du bist! Mehr als Schummeln hast du nicht drauf, was?!“

Horafukis Augenbraue zuckte, doch er war gewieft genug um nicht nach den Köder zu greifen. „Nur Verlierer spucken solche Töne.“ Harada musste Yagami festhalten damit sich dieser nicht auf Horafuki stürzte, der sich prächtig amüsierte. Er wandte sich wieder Umataro zu, der am Rand der Arena stehen geblieben. „Was ist mit dir, Jungchen? Keine letzten Worte? Kein Flehen um deinen kleinen Schrotthaufen?“

Umataro hörte ihn kaum. Der Helm dämpfte die Geräuschkulisse auf ein erträgliches Maß, was ihm sehr dabei half sich zu konzentrieren (das, und die Aussicht ihm eine gehörige Lektion erteilen zu können). Ein letztes Mal legte er eine Hand auf Rockets Schulter, dann ging er in seinem Kommandostand, der Horafukis direkt gegenüber lag. Er atmete noch einmal tief durch, sammelte seine Gedanken, schloss die Augen und berührte einen Schalter an seinem Hinterkopf. Ein Lichtstrahl jagte durch mehrere Röhren des Helmes.

Rockets Kopf schnellte hoch. Umataro öffnete die Augen. Ein Blick reichte um zu wissen, dass der erste Schritt funktioniert hatte. Er hatte sich erfolgreich bei Rocket eingeklinkt. Die Mentalverbindung stand. Er hatte den Roboter übernommen. Der Fehler mochte sich in mechanische Systeme einschleichen, doch in ein menschliches Gehirn konnte er sich nicht niederlassen.

Diese Erkenntnis schien Horafiki auch zu kommen, dem die Gesichtszüge ein klein wenig entgleisten. „Was soll das Theater?“

Umataro musste nur daran denken ihn anzusehen und Rocket tat es, ohne eine Spur der Verzögerung, doch er antwortete nicht. Er musste sich konzentrieren. Das war der Knackpunkt des Plans und auch der Grund, der ihn ein wenig hatte Zweifeln lassen. Eine Mentalsteuerung war nur so erfolgreich die die Fähigkeit des Auszuführenden sich zu konzentrieren. Statt zu antworten ließ er seinen Roboter stattdessen die Arena betreten.

Die Menge grölte, einige lachten, andere schienen nicht zu wissen was sie von seiner Aufmachung halten sollten und wieder andere beugten sich neugierig vor. Der Startschuss fiel. Rocket rührte sich nicht. Lediglich sein Kopf folgte den Bewegungen seines Gegners, lauernd, nur auf den richtigen Augenblick wartend.

„Setz auf Schnelligkeit!“, rief Horafuki, als ihm klar wurde, dass Umataro nicht vorhatte den ersten Schritt zu tun.

Ripper stürmte los, wobei er seine mächtigen Arme drohend gegeneinander schlug. Er kam rasch näher und holte aus. Sein Gegner rührte sich immer noch nicht. Ripper schlug zu. Da, plötzlich, schien Rocket zum Leben zu erwachen. Er duckte sich unter dem Schlag weg und streckte einfach ein Bein aus. Ripper stolperte und fiel der Länge nach auf den Boden.

Es war plötzlich totenstill in der Arena. Sämtliche Zuschauer schienen den Atem anzuhalten. Rocket setzt sofort zum Gegenschlag an und wollte seinem Gegner auf den Rücken springen, doch Ripper wandte sich rechtzeitig um und schleuderte ihn quer durch die Luft. Rocket schlitterte einige Meter über die Erde, doch er kam rasch wieder auf die Beine. Sofort raste er wieder los. Ripper schlug zu, doch er rammte seinem Faust nur in den staubigen Boden. Rocket war schon hinter ihm und versuchte ihn am Kopf zu erwischen, doch der Koloss neigte sich rechtzeitig zur Seite und stemmte sich plötzlich mit solcher Wucht in die Höhe, dass sein kleinerer Gegner hoch in die Luft geschleudert wurde. Dieser rollte sich einen kurzen Moment zu einer Kugel zusammen um die Kontrolle zurück zu erlangen, dann streckte er alle viere von sich. Eine Sekunde schien er zu schweben, eine wertvolle Sekunde die Umataro dazu brachte wieder einen Überblick zu gewinnen, dann setzte die Schwerkraft wieder ein. Rocket fiel wie ein Stein. Umataro schaffte es jedoch ihn dazu zu bringen sich mit ausgestrecktem Arm auf Rippers Kopf zu stürzen.

Es konnte nur eine Erklärung dafür geben warum Ripper nicht unter diesem seltsamen Fehler litt. Er musste irgendetwas bei sich haben was ihn vor dessen Einfluss schützte. Vermutlich ein Chip. Umataro hatte eine Idee wie er ihn ausschalten konnte, doch dafür musste er unbedingt Rippers Kopf erwischen. Je schneller, desto besser.

Leider war das alles andere als einfach. Ripper fing Rocket noch im Fall ab und schleuderte ihn in die nächste Wand. Ein hässliches Knirschen ließ Umataro schmerzhaft zusammenfahren, doch irgendwie schaffte er es die Konzentration aufrecht zu erhalten.

Wankend kam Rocket wieder auf die Beine und riss instinktiv die Hände hoch, lenkte den Schlag ab, wodurch sich Rippers Klinge nur Millimeter neben ihm in die Mauer bohrte. Er steckte fest. Umataro handelte sofort. Rocket preschte vor und streckte seinen Arm aus. Seine Finger berührten fast das ersehnte Ziel, doch plötzlich schnellte Rippers Knie nach oben. Hastig sprang Rocket zur Seite. Mit einem Ruck war Ripper wieder frei. Die Menge Jubelte.

„Ooooooh“, machte der Moderator. „Da hätte es unser junger Freund doch fast geschafft unseren Champion zu treffen!“

Umataros Verstand raste. Fast reichte nicht. Er brauchte mehr.

Rocket stürmte wieder vor. Ripper erwartete ihn schon. Dieses Mal stand er jedoch fest auf dem Boden. Er hatte nicht vor ihm noch eine Gelegenheit zu geben ihn zu Fall zu bringen. Umataro war so konzentriert, dass er nicht einmal mehr fluchen konnte. Wie eine Biene ließ er Rocket Ripper umkreisen. Immer wieder setzte er zu Stichen an, doch Ripper rührte sich nicht.

„Du kannst dieses Tempo nicht ewig aufrechterhalten, Kleiner.“ Horafuki lächelte wieder. Er schien seinen Schreck überwunden zu haben. Auch wenn Umataro ihn nicht hörte, er wusste, dass seine Zeit begrenzt war. Irgendwie musste er Ripper dazu zwingen sich zu bewegen.

Rocket wich von seinem Gegner zurück und sah ihn nachdenklich an. Ripper starrte nur wartend zurück. Sekunden verstrichen. Niemand rührte sich. Umataros Verstand raste. Dann durchzuckte ihn die Erkenntnis wie ein Blitz. Es war verrückt, vollkommen irre, doch das kümmerte ihn nicht. Wieder stürmte Rocket auf den Koloss zu. Dieser hob einladend die Arme, machte sich groß, lud ihn ein einen Treffer zu landen. Doch Rocket stürmte an ihm vorbei, direkt auf die Begrenzungsmauer zu. Mit einem Satz sprang er sie hinauf. Das Publikum wich erschrocken vor ihm zurück, doch er kümmerte sich nicht um sie. Ripper sah fragend zu ihm herüber. Rocket begann die Mauer entlang zu rennen, doch dann, just in dem Moment, als Ripper sich drehen musste, um ihm weiter folgen zu können, machte Rocket einen mächtigen Satz und stürzte sich auf ihn. Der Koloss riss die Arme hoch. Rocket landete genau auf ihnen drauf. Mit ganzer Kraft klammerte er sich an ihm fest. Ripper schüttelte sich, doch es brachte nicht. Der Griff war zu stark. Abermals ließ er seine Klinge aus seinem Arm schnellen und stieß zu.

Die Menge jubelte. Sie hatten diesen Moment schon bei Okti gesehen und erwarteten, dass Rocket loslassen würde, dass ihr Champion seinen Gegner wieder verängstigen würde. Doch sie irrten. Die Klinge sauste unbarmherzig auf Rocket hinab, der nicht einmal daran dachte loszulassen. Metall splitterte. Tausend Funken sprühten dem Himmel entgegen. Öl spritzte. Ein wütender Schrei, verblüffte Stille. Fassungslosigkeit. Dann, plötzlich, Jubel aus wenigen Kehlen.

Nur mit den Beinen haltend, baumelte Rocket am mächtigen Arm des Kolosses, den er sich mit der eigenen Klinge durchstoßen hatte. Ripper starrte seine Wunde ungläubig an. Sofort schwang sich der kleine Roboter wieder nach oben und warf sich auf dessen Kopf.

„RIPPER!“

Mit einem Ruck zog sich Ripper die Klinge aus dem Arm und riss sie hoch, ein letzter, tapferer Versuch sich zu verteidigen, doch es war zu spät. Rocket berührte seinen Bestien artigen Schädel und die Falle schnappte zu. Gnadenlos riss Umataro gedanklich eine Sicherung ein. Es knackte. Es summte. Dann, plötzlich, jagte ein blauer Blitz durch Rippers Schädel, der sich dann über seinen ganzen Körper verbreitete und auch seinen Angreifer nicht verschonte. Rocket stürzte zu Boden. Einen fürchterlichen Moment lang hatte Umataro keine Kontrolle mehr über ihn. Ripper bäumte sich auf. Der Energieschlag lähmte seine Glieder. Er schwankte gefährlich, doch er ging nicht zu Boden. Stattdessen rührte er sich plötzlich einfach nicht mehr.

Alle starrten ihn ungläubig an. Niemand wusste was passiert war, warum sich Ripper nicht mehr bewegte. Aufgeregtes Murmeln wurde laut. War er besiegt? War er es nicht?

Angestrengt kam Rocket wieder auf die Beine. Noch immer jagten blaue Blitze durch seinen Körper, doch sie beeinträchtigten ihn nicht so sehr wie den berüchtigten Koloss. Aber sie störten seine Verbindung zu Umataro, dem es schwer viel seine Gedanken zu übertragen. Es war noch nicht vorbei. Bei weitem nicht.

Just in dem Moment schnellte Rippers Kopf wieder hoch. Eine Welle der Erleichterung durchfuhr die Arena, der auch der Moderator mit einstimmte. „Ich weiß zwar nicht was das war, aber es ist noch lange nicht zu Ende, meine Freunde!“ Im entging völlig das die anderen Teilnehmer plötzlich sehr zufrieden wirkten.

Jubelnd riss Yagami seine Hände nach oben. „Friss deine eigene Medizin, du Mistkerl!“

Horafuki verstand ihn im ersten Moment nicht, doch dann dämmerte es ihm plötzlich. Mit blankem Entsetzen starrte er zu Umataro hinüber, der wie ein Fels in der Brandung an seinem Kommandostand stand. „Du kleiner ….!“ Ihm fehlten die Worte. „Hast du eigentlich eine Ahnung, was du getan hast?!“

Der Fehler mochte sich nicht gleich zeigen, doch er war sofort im System. Ein kurzer Moment hatte gereicht. Umataro hatte nur dafür sorgen müsse, dass der Chip, der Ripper schützen sollte, nur einen Moment lang nicht funktionieren konnte. Nichts eignete sich dafür besser als ein magnetischer Impuls. Jeder Roboter sollte eine kleine Geheimwaffe in sich bergen. Besser sogar zwei. Für den Bruchteil einer Sekunde erlaubte sich der Junge ein kleines Lächeln, doch es gefror ihm sogleich wieder.

Ripper sah rot. Wie ein wilder Stier stürzte er sich auf Rocket, der hastig versuchte zur Seite zu springen. Zu langsam. Ripper erwischte ihn mit voller Wucht. Ungebremst krachte er in die Mauer. Der Koloss zögerte keine Sekunde. Sofort setzte er nach, packte die Nervensäge abermals, hob ihn hoch und haute ihn mit voller Wucht in den Boden. Umataro keuchte. Er konnte förmlich spüren, wie erste Teile von Rockets Körper flogen. Die Menge explodierte vor Freude. Unbarmherzig hob Ripper seine gesunde Faust und hämmerte sie auf die Erde. In letzter Sekunde schaffte es Rocket sich zur Seite zu rollen, doch er war beschädigt. Öl tropfte aus einem Riss an seiner Seite.

„Nicht aufgeben, Rocket!“, rief Asakura plötzlich. Die anderen stimmten mit ein.

„Du hast ihn fast!“

„Es kann nicht mehr lange dauern!“

„Durchhalten!“

Horafuki wurde rot vor Wut. „Erledige ihn, Ripper! Beeil dich!“

Die Klinge schnellte wieder hervor, durchzuckt von gelben und bläulichen Blitzen, die durch seinen Körper fuhren. Hoffnung regte sich in Umataro. Hatte er es überstanden? Doch zu früh gefreut. Ripper stürmte wieder auf Rocket zu, die Klinge wie eine Lanze auf den kleineren Körper gerichtet. Wieder wich Rocket aus, doch Ripper streifte ihn mit solcher Wucht, dass er herumwirbelte und auf die Knie sank. Der Koloss schlug einen Haken. Die Erde donnerte, als er wieder auf ihn zustürmte. Rocket ließ sich fallen. Die Klinge schrammte haarscharf an ihm vorbei. Wie ein Berserker jagte Ripper über ihn hinweg, schneller, immer schneller. Die Wand kam mit einem Mal bedrohlich näher. Er musste bremsen. Er tat es nicht.

Der Fehler hatte zugeschlagen.

Mit voller Wucht krachte Ripper in die Begrenzungsmauer, doch er stürmte hindurch als wäre sie aus Pappe. Staub verpestete die Luft. Ein markerschütterndes Krachen ließ sämtliche Menschen erschaudern, als plötzlich ein Teil der Mauer zusammenkrachte. Panik brach aus. Die Zuschauer in der Nähe des Loches hasteten von ihren Plätzen und stürzten sich auf die Fluchtausgänge, während die Erde unter ihren Füßen zu bersten schien. Ripper stürmte wieder in die Arena zurück, wobei er ein weiteres Loch in die Mauer riss. Wenn Okti Amok gelaufen war, dann öffnete Ripper das Tor zur Hölle.

Alle kreischten, viele husteten, manche waren zu fasziniert um sich in Sicherheit zu bringen. Der Staub war so dicht, dass man Ripper nur an den knisternden Blitzen erkennen konnte, die immer schneller durch seinen Körper jagten. Er bäumte sich auf. Ein stummer Schrei schien seiner Kehle zu entrinnen, dann begann er sich auf alles zu stürzen, was sich in seiner Reichweite befand. Trümmerbrocken wurden mit seinen Zähnen zermalmen oder mit seinen Händen zerrissen. Wütend hämmerte er auf die Erde ein, immer und immer wieder, bis sie von tiefen Löchern übersäht war. Ein tapferer Helfer versuchte sich ihn mit einem Impulsgewehr zu nähern, doch Ripper wischte ihn einfach zur Seite als wäre er nicht mehr als eine winselnde Puppe.

„Du musst ihn stoppen, Chiba!!!“, brüllte Hoshino. Ein Fehler. Ripper schnellte herum. Sofort stürzte er auf sie zu. Hastig ergriffen sie die Flucht und schafften es nur im letzten Moment dem Angriff zu entgehen, indem sie mitten in die Arena flüchteten. Plötzlich standen sie mitten auf dem Präsentierteller. Ripper starrte sie an. Die Klinge schnellte hervor. Er hob sie, stürmte auf sie zu.

Doch plötzlich war Rocket wieder da. Mit ganzer Kraft warf sich der kleinere Roboter gegen den Koloss und schaffte es ihn zum Straucheln zu bringen. Das Duo schickte sofort jede Menge Dankgebete dem Himmel entgegen. Zu früh. Ripper hatte sich bereits wieder gefangen und stürmte auf ihn zu.

„Aufteilen!“, befahl Harada. Die Gruppe gehorchte sofort und stob in alle Richtungen davon. Vergeblich versuchte Ripper sie im Auge zu behalten, doch dann fiel sein Blick plötzlich auf Umataro. Sie starrten sich an.

In diesem Augenblick hörte für den Jungen die Zeit auf zu drehen. Alles wirkte plötzlich langsamer, sogar noch langsamer als seine Klassenkameraden in der Schule. Wie in Zeitlupe begann Ripper sich in Bewegung zu setzten. Er konnte sehen wie sich dieser klobige und doch so ungeheuer effektive Körper hob und senke. Er sah das Wolfsgesicht, dessen nicht existierende Augen zu glühen schienen. Er sah die klauenartigen Hände, die sich ihm entgegen strecken, danach gierend ihn zu zerreißen, zu zerfetzen. Doch er spürte keine Angst. Nur bedauern. „Es tut mir leid.“

Und plötzlich war Rocket da. Mit einem Mal stand er zwischen Ripper und Umataro. Sein rechter Arm glühte, als die Energie, die darin gespeichert war, zu überladen begann. Er wappnete sich. Unaufhaltsam stürmte Ripper auf ihn zu. Rocket streckte seinen Arm aus. Ripper konnte nicht mehr bremsen. Es war zu spät. Umataro gab den Befehl und im selben Augenblick schien Rockets Arm zu Bersten.

Es gab einen ohrenbetäubenden Knall. Ein greller Blitz zwang die letzten Verbliebenen dazu sich abzuwenden. Wind zerrte an ihren Kleidern, peitschte den Staub in ihre Gesichter. Schützend rissen sie die Arme hoch. Die Erde bebte. Es krachte.

Dann war es still. Der Kampf war endgültig beendet.
 

Harada war der erste, der es wagte sich wieder umzudrehen. Er keuchte. Die halbe Arena war ein Trümmerfeld, doch wie durch ein Wunder schien niemand getötet worden zu sein, zumindest konnte er keine zerschmetterten Körper sehen oder ihre Schmerzensschreie vernehmen. Die Zuschauer waren allesamt geflohen. Doch wen er sehen konnte war Umataro, der gefährlich schwankte. Mit einem Satz war er bei ihm und fing ihn auf. Der Junge war vollkommen erledigt. Harada nahm ihm den Helm vom Kopf und ließ ihn zu Boden fallen. Schweiß strömte Umataro aus den Poren und hinterließ tiefe Furchen in dem Staub, der sein Gesicht bedeckte. Er hatte das Bewusstsein verloren, doch seine Augenlieder flatterten und er kam rasch wieder zu sich.

„Ich muss gestehen“, begann Harada, „ich habe dich für einen Spinner gehalten, doch ich muss sagen, ich bin beeindruckt.“

Umataro hörte ihn kaum. Ein fürchterliches Klingeln erfüllte seine Ohren und Sterne funkelten vor seinem Blick, die er energisch wegzublinzeln versuchte. Dann richtete er sich mit Haradas Hilfe auf und blickte sich suchend um. Von Ripper war nicht mehr als ein paar Trümmerteile übriggeblieben. Seine Brust zog sich schmerzhaft zusammen, als er einen etwas größeren Haufen im Staub entdeckte. Sofort eilte er auf ihn zu. „Rocket!“ Umataro kniete sich hin und betrachtete erschüttert, jedoch irgendwie auch erleichtert, die Hülle des kleinen Roboters. Sie war überraschenderweise noch völlig in Takt, abgesehen davon, dass sie ziemlich ramponiert war, das Plastik an einigen Stellen geschmolzen war und an der Stelle, wo sein Arm mit der Energiekanone gewesen war, jetzt ein verruchtes Loch klaffte. Es war immer gut eine zweite Waffe in der Hinterhand zu haben. Doch Umataro wusste mit absoluter Sicherheit, dass das Innere von Rocket zerstört worden war. Er hatte gewusst, dass Ripper, wie Okti, sehr stark auf den Fehler reagieren würde, doch damit hatte er nicht gerechnet. Wut regte sich in ihm.

„Junge“, pfiff Yagami hinter ihm anerkennend. „Was für ‘ne Show. Dem hast du’s wirklich gegeben.“

„Tut mir leid um Rocket.“ Hoshino kniete sich neben ihn und strich dem gefallenen Roboter andächtig über den reglosen Körper. „Er hat gut gekämpft.“ Umataro rührte sich nicht.

Plötzlich regte sich etwas in ihrer Nähe. Ein Brocken begann sich zu bewegen, dann, hustend und mit lauter Kratzern übersäht, kam Horafuki darunter hervor gekrochen. Zitternd versuchte er sich auf die Beine zu stellen, doch als er aufsah, erstarrte er vor Entsetzen. Das Duo beugte sich über ihn und sie wirkten beunruhigend erfreut über seinen Anblick.

„Nanu, Nana? Wen haben wir denn da?“ Asakura kniete sich breit grinsend zu ihm hinunter.

Yagami packte ihn am Nacken und zerrte ihn auf die Beine. „Wir haben noch ein Hühnchen mit dir zu Rupfen.“

„Lass mich los! Lass mich sofort los!“ Horafuki begann heftig zu zappeln und wild um sich zu schlagen, wobei er Yagami fest auf die Nase schlug. Jaulend ließ er ihn los. Tränen schossen ihm ins Gesicht. Hastig versuchte der ehemalige Champion zu entkommen, doch er prallte plötzlich gegen Harada, der mit kaltem Blick auf ihn hinab starrte. Sofort wirbelte Horafuki um. Ein Fluch entrann seiner Kehle als er bemerkte, dass die anderen Teilnehmer ihn umstellt hatten.

„Was fällt euch ein! Lasst mich gefälligst durch!“

„Nein“, sagte Harada. Mit steinerner Miene verschränkte er die Arme vor der Brust. „Du bist uns Rechenschaft schuldig.“

„Rechenschaft? Ich wüsste nicht warum ich euch Rechenschaft ablegen sollte!“

Asakura funkelte ihn zornig an. „Du hast betrogen!“

„Betrogen? Ich? Lächerlich!“

„Lächerlich?!“ Yagami war außer sich. „Du bist ein Betrüger! Und Chiba hat es bewiesen!“

„Bewiesen?“ Horafuki lachte kalt. „Nichts hat er bewiesen!“

„Ach ja? Und warum ist Ripper genauso durchgedreht wie Okti, kaum dass er vom Impuls getroffen wurde? Geh steh endlich, Fettsack, oder ich brech‘ dir jeden einzelnen Knochen!“ Diesmal hielt Harada in ihn nicht zurück als er sich auf ihn stürzte und am Kragen packte. „Du bist schuld, dass unser Rora zerstört wurde.“

„Das war eure eigene Schuld. Ripper war einfach besser.“

„Ein Dreck war er! Ripper war nur ein drittklassiges Modell. Viel Power aber nichts dahinter. Jeder von uns hätte ihn besiegen können wenn du nicht gecheatet hättest!“

„Ach ja?“ Wütend riss sich Horafuki von ihm los und ging seinerseits zum Angriff über. „Dann beweis es doch! Das könnt ihr nicht, was?“

„Oh doch“, warf Hoshino ein. „Wir haben Oktis Daten.“

Horafuki zuckte zusammen. „Mumpitz! Das beweist noch lange nichts! Wie soll ich denn bitte betrogen haben?“

„Mit einem Fehlercode.“ Umataro drängte sich zwischen Hoshino und Sera durch und bäumte sich vor Horafuki auf. „Du hast einen Fehlercode programmiert. Erst dachte ich, dass du diesen Code in Ripper versteckt hättest, aber das wäre aufgefallen sobald er die Arena verlassen hätte, da dann andere Roboter betroffen worden wären und du konntest Ripper nicht die ganze Zeit hier lassen. Also war klar, dass du ein Gerät entwickelt hat, welches den Fehlercode ausstößt. Kaum erfassen die Sensoren diesen, werden sie auch schon infiziert.“

„Schwachsinn!“ Horafuki begann zu schwitzen. „Und warum war Ripper dann nicht betroffen?“

„Weil du ihn mit einem Chip davor geschützt hast, den ich durch den Impuls lahmlegen konnte.“

Horafuki sah aus als wäre er mit einem Hammer geschlagen worden. Hastig suchte er nach den richtigen Worten. „Und wo ist dieses Gerät dann bitte schön?“ Umataro sah ihn nur an. Horafukis Augen glänzten triumphal. „Nur Behauptungen, nichts weiter!“ Auch alle anderen sahen ihn an. „Ihr könnt mir gar nichts beweisen! Wenn hier jemand betrogen hat, dann du! Du bist nie und nimmer volljährig! Das Preisgeld kannst du dir also abschminken! Und sieh dir an was du angerichtet hast! Du hast die Arena zerstört! Du glaubst du hast gewonnen? Pustekuchen! Du kannst von Glück reden wenn ich dich nicht verhaften lasse! Außerdem schuldest du mir Geld! Du hast meinen Roboter vernichtet! Ich will, dass du ihn mir ersetzt. Hast du das ver-“ Sein Forderungen erstickten im lauten Gurgeln. Yagami hatte ihn an der Kehle gepackt.

„Du miese, kleine -!“

Haradas Hand schloss sich fest um Yagamis Handgelenke, aus denen sofort sämtliche Kraft wich. Keuchend stützte Horafuki auf die Knie. Harada beugte sich vor und griff in dessen Jackentasche. Als er seine Hand zurückzog, hielt er ein kleines, unscheinbares Gerät in der Hand, nicht größer als ein Handy. Ein Blick genügte um zu wissen, dass sie das Gerät gefunden hatten. „Hör mir jetzt genau zu: Die Polizei wird bald hier eintreffen und ich werde ihnen mit größter Freude dieses Ding hier übergeben. Ich bin sicher, sie werden nicht erfreut sein zu hören, dass man mit diesem Gerät die Robotergesetze überbrücken kann. Es ist unmöglich, dass Roboter Menschen etwas zu leide tun, aber sowohl Ripper, als auch Okti haben Menschen angegriffen. Dies ist ein schweres Verbrechen, wegen dem man dich lebenslänglich einsperren kann.“ Horafuki wurde plötzlich leichenblass. Seine Augen quollen hervor, der Schweiß floss in Strömen. In der Ferne wurden Sirenen laut. In dem Moment brach er zusammen.

„Nein! Bitte! Ich will nicht ins Gefängnis!“

„Da gehören aber Ratten wie du hin!“, keifte Yagami.

„Bitte nicht! Ich tu alles!“

Die Teilnehmer sahen sich an. „Ich will mein Geld“, verlangte Umataro. „Du hast dafür gesorgt dass ich teilnehmen kann, also habe ich auch ein Recht auf das Preisgeld.“

Horafuki nickte heftig. „Okay, okay. Du kriegst dein Preisgeld. Aber lasst mich endlich gehen!“

„Oh nein.“ Asakura bohrte einen langen Finger in seine Brust. „Für das, was du unseren Robotern angetan hast, muss du blechen.“

Yagami nickte begeistert. „Chiba bekommt sein Preisgeld. Und jedem von uns zahlst du eine Entschädigung, kapiert? Wie viele Preisgelder hast du Dreckskerl dir schon erschwindelt? Da fällt bestimmt ein hübsches Sümmchen ab.“

„Das könnt ihr nicht machen!“

„Nun, das liegt ganz bei dir. Cash oder Knast. Du hast die Wahl.“

Unter den drohenden Blicken der Anwesenden gab Horafuki endgültig zusammen, während die Sirenen immer lauter wurden. „Ich zahle.“
 

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Ungläubig starrte Tobio seinen Vater an. „Ihr habt ihn gehen lassen?! Das war aber nicht richtig! Er hätte bestraft werden müssen!“

„Er wurde bestraft“, erklärte Tenma. Ihn amüsierte die Entrüstung des Jungen. Er war noch zu jung um zu verstehen wie diese Welt funktionierte. „Wir haben versprochen ihn nicht wegen dem Gerät auszuliefern, aber einige der Zuschauer beschlossen aus dem ganzen Kapital zu schlagen und die Verantwortlichen wegen Gefährdung von Menschenleben anzuzeigen. Horafuki konnte nicht rechtzeitig untertauchen. Das Ganze wurde zum Skandal und führte schlussendlich dazu, dass nur noch professionell gekämpft werden durfte.“

Tobios Augen weiteten sich. „Also haben wir die jetzige Liga dir zu verdanken?“

Darüber hatte Tenma noch gar nicht nachgedacht. „Vielleicht, aber es wäre früher oder später eh soweit gekommen.“

„Und du hast keinen Ärger bekommen?“

„Nein.“ Es war klug gewesen sich als Chiba Kenichi einzuschreiben. Als Minderjähriger unter falschem Namen und einem Mindestmaß an Verkleidung war es ihm ein leichtes gewesen zu verschwinden.

Tobio nickte, dann wandte er sich betrübt Rocket zu. „Hast du ihn nie repariert?“

Tenma schüttelte den Kopf. „Nein, dafür war sein Inneres zu schwer beschädigt worden. Aber ich habe sein Backupsystem modifiziert und später in einem anderen Roboter wiederverwendet.“

„Und was hast du mit dem Geld gemacht?“

„Investiert. Ich habe mir einen hochwertigeren 3D-Drucker besorgt, bessere Werkzeuge, verbessertes Material. Ich hatte hochgesteckte Ziele, denen ich mit dem Geld endlich näherkommen wollte.“

Tobio wurde neugierig. „Was denn für Ziele?“

Tenma lächelte. Endlich waren sie beim richtigen Thema angelangt. „Ich wollte den höchstentwickelten Roboter der Welt entwickeln.“

„Wirklich?“, rief der Junge begeistert. „Das hast du geschafft, oder? Deswegen bist du der Chef des Ministeriums geworden? Du machst die besten Roboter der Welt!“

Tenma fühlte sich gerührt, doch er schüttelte den Kopf „Nein, noch nicht. Es ist wahr, meine Roboter gehören zu den höchstentwickelten und besten Robotern der Welt, aber ich habe noch nicht den Roboter entwickelt, der sie alle übertrumpfen wird. Aber ich stehe kurz davor, Tobio Mir wurden heute die Forschungsgelder dazu bewilligt.“ Ernst sah er auf seinen Sohn hinab. „Dieses Projekt ist äußerst wichtig. Dieser Roboter wird ein Meisterwerk werden, eines, wie es die Welt noch nie zuvor gesehen hat. Er wird eine neuen Ära in der Robotik einleiten.“

Tobio starrte ihn mit großen Augen ehrfürchtig an, dann strahlte er plötzlich übers ganze Gesicht. „Ehrlich? Wahnsinn! Ich will ihn sehen wenn er fertig ist, darf ich? Darf ich dabei sein wenn du ihn aktivierst?“

Lächelnd kniete sich Tenma nieder und zerzauste seinem Sohn liebevoll das Haar. „Natürlich darfst du das, Tobio. Du wirst dabei sein wenn der große Moment gekommen ist. Du wirst an meiner Seite sein wenn es soweit ist, aber bis dahin werde ich sehr viel zu tun haben und nur wenig zuhause sein. Das Projekt ist sehr aufwändig. Kannst du das ertragen?“

Tobio wirkte einen Moment lang verunsichert, doch dann raffte er tapfer die Schultern. „Natürlich, Otōsan. Ich schaff das.“ Er lächelte fröhlich. „Ich kann es kaum erwarten ihn kennen zu lernen, diesen Roboter.“ Tenma platze vor Stolz, doch Tobio sollte diesen Moment nicht mehr erleben. Sein Schicksal war in diesem Moment besiegelt worden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Kupoviech
2015-09-02T09:44:50+00:00 02.09.2015 11:44
Hi,

wie versprochen meine ehrliche Meinung.
Es sind wirklich noch ein paar Rechtschreibfehler drin. Aber die stören nicht wirklich.
Ich habe dafür wirklich ganz genau hinsehen müssen.
Das ein oder andere Komma ist, glaube ich, wirklich nicht ganz so richtig gesetzt.
Aber das sind minimale Fehlerchen.

Der Anfang, wenn man dich kennt und weiß was deine Feder verlässt, ist wirklich etwas holprig.
Finde ich aber gar nicht schlimm, dafür liest sich der Rest einfach himmlisch.
Zuerst dachte ich mir, gut gibt dich an das Mammut von One-Shot, am Ende war ich überrascht, dass es schon zu ende war.
Sehr spannend.

Wie du weißt kenne ich Astro Boy rein gar nicht. Braucht man hierfür auch nichts. Die Charaktere sind so lebendig beschrieben, dass man automatisch mit ihnen fühlt. Und mit ihren Robotern. ;)

Ich finde den one-Shot mehr als Klasse und weiß nciht warum du dir so Sorgen gemacht hast.
Schließlich ist das Thema toll umgesetzt. Es stimmt einfach alles. =)

Weiter so und die Schreibblockade ist bald passe....von der man nicht viel merkt beim Lesen.

LG

Kupo


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