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Wie man auf dem Rücken des Windes reitet -James & Lily the Prequel

James&Lily
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Es leeeeeeebt! :D Gomen erstmal für die krasse Verspätung!

Das Kapitel ist diesmal teilweise aus der Sicht von James, Lily oder Remus geschrieben. Ich habe das mit *** immer gekennzeichnet, obwohl ich das eig. sonst nur bei Zeitsprüngen verwende. Findet ihr das unübersichtlich oder hättet ihr euch das anders gewünscht? Komplett anzeigen

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Der Junge, der am Fluss lebt

1. Akt: Der Junge, der am Fluss lebt
 

„Leben braucht Mut und Vertrauen und die Gewissheit,

dass auch aus Trostlosem wieder Blumen wachsen können“

(© Monika Minder)
 

"...

Der Spielplatz war beinahe trostlos und leer. Einzig das knattern zweier schwingender Schaukeln war zu hören. Der schwarzhaarige Junge suchte Schutz hinter ein paar wenigen Sträuchern, welche den Spielplatz umgaben und beobachte zwei Mädchen, welche schon eine Weile vor und zurück schaukelten. Sie mussten etwa neun oder zehn Jahre alt gewesen sein.

Sein schwarzes Haar reichte ihm bis zum Kinn und seine Kleider passten alle nicht zueinander. Abgetragene Jeans und ein Hemd, welches ihm einige Nummern zu groß war, machten ihn zu einer wirklich sonderbaren Erscheinung eines 10jährigen Jungen in seinem Alter. Er zerrte an dem abgetragenen schwarzen Mantel, welchen er trug und lugte hinter dem Busch hervor, um die Mädchen besser beobachten zu können. Er hatte sie schon öfter zusammen gesehen und jedes Mal war er aufs neue vom roten Haar und den strahlend grünen Augen des jüngeren Mädchens fasziniert.
 

»Lily, hör auf!«, kreischte das braunhaarige Mädchen, welches das Ältere der beiden war.
 

Doch Lily war mutig und wild mit der Schaukel bis zum höchsten Punkt geschwungen und war dann abgesprungen. Doch landete sie keineswegs mit gebrochenen Beinen auf dem Erdboden, wie es sicherlich bei jedem anderem Mädchen im Dorf der Fall gewesen wäre. Mit der Leichtigkeit einer Katze schwebte sie zu Boden.
 

»Mom hat gesagt, dass du das nicht mehr machen sollst. Es ist zu gefährlich«, sagte die Braunhaarige im schneidenden Tonfall.

»Mir ist doch nicht passiert Tunia«, erwiderte die Rothaarige und hob eine herabgefallene Blume vom Boden auf.

»Schau mal was ich machen kann.«
 

Tunia blickte argwöhnisch über den Spielplatz. Es war niemand zu sehen. Neugierig ging sie ein paar Schritte auf ihre Schwester zu. Die weiße Blüte lag auf Lilys Handfläche und öffnete und schloss sich wieder.
 

»Wie machst du das?«, fragte sie mit beinahe ehrfürchtiger Stimme.
 

»Na sie ist eben eine Hexe«, ertönte plötzlich eine ihnen unbekannte Stimme, die beide Mädchen sofort zusammen zucken lies.

Petunia entdeckte als erstes, den schwarzhaarigen Jungen, welcher sich wenige Minuten zuvor, noch hinter den wenigen Sträuchern versteckt hatte und aus aus seinem Versteck hervor kam.
 

Lily warf dem Jungen einen wütenden Blick zu.
 

»Es ist nicht besonders nett so etwas zu sagen«, erwiderte sie kühl.
 

Der Junge wurde rot und starrte die beiden Mädchen einfach nur an. Er druckste ein wenig auf der Stelle herum bis er schließlich antworten konnte.

»Du bist aber wirklich eine Hexe. Das ist aber nicht schlimm. Meine Mutter ist auch eine und ich bin ein Zauberer.«
 

Tunia begann wiehernd zu lachen.
 

»Ein Zauberer«, spottete sie. »Du bist der Snape Junge, die wohnen unten am Fluss in Spinner's End.«

Ihr Tonfall verriet, dass sie diese Adresse für eine schlechte Empfehlung hielt.

»Was schleichst du hier um uns herum?«
 

»Als ob ich einem Muggel wie dir hinterher spionieren würde«, erwiderte er abfällig.
 

Keiner der beiden hatte dieses Wort schon einmal gehört. Jedoch war sein Tonfall eindeutig, sodass es etwas beleidigendes sein musste.
 

»Lily komm wir gehen«, sagte Tunia kühl und wandte sich zum gehen um.
 

Lily folgte ihrer Schwester aufs Wort und funkelte den Snape Jungen noch einmal böse an, bevor sie ihm den Rücken zukehrte.

..."

(JKR - HP7)
 


 

* * *
 

Es vergingen zwei Wochen bis Lily Evans den seltsamen Jungen vom Spielplatz wieder begegnen sollte.
 

Lily war für ihre Mutter zum Supermarkt am Ende des kleinen Dorfes gelaufen, um Tomaten und Reis für das Abendessen zu besorgen, als sich ihre Wege erneut kreuzten.

Er saß auf einer Bank an einer verlassenen Abzweigung und fixierte scheinbar einen Baum auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
 

Lily blieb einen Moment lang stehen und überlegte was sie tun sollte.

Der Junge war damals ziemlich unfreundlich gewesen und sie hatte keine große Lust wieder von ihm beleidigt zu werden. Doch der Weg an ihm vorbei war der schnellste, also ging sie schnellen Schrittes auf ihn zu.

Als sie sich ihm näherte, bemerkte sie, dass seine Wange gerötet war und etwas Blut an seiner Nase klebte. Sie fragte sich, was ihm widerfahren ist. Vielleicht war es ein Unfall, ein Missgeschick oder vielleicht waren es auch seine Eltern. Plötzlich hatte sie Mitleid für den Jungen übrig.
 

An dem Tag vor zwei Wochen hatte ihre Schwester Petunia ihr schlimme und äußerst kuriose Dinge über die Snapes berichtet.
 

Sie blieb schließlich vor ihm stehen und schenkte ihm einen unsicheren Blick.

Der junge Snape schien sie jetzt erst wirklich zu bemerken. Und seine Wangen röteten sich sogleich noch mehr.
 

»Geht es dir gut?«, fragte Lily und legte dabei den Kopf schief um sein Gesicht und vor allem seine Wange besser sehen zu können.

Verlegen zog er seinen zu großen Mantel um sich. Vermutlich um das zu groß geratene Kittel ähnliche Hemd zu verstecken.
 

»Ja alles in Ordnung«, stotterte er vor sich hin.

»Es klebt Blut an deiner Nase«, sagte sie tonlos.
 

Umgehend hob der Junge seine Hand und wischte mit dem viel zu großen Ärmel seines übergroßen dunklen Mantels an seiner Nase entlang.
 

»Es ist wirklich nichts. Hatte nur etwas Stress zu Hause«, murmelte er, doch Lily konnte jedes Wort verstehen.
 

»Hast du deine Mutter etwa auch eine Hexe genannt?«
 

»Meine Mutter weiss, dass sie eine Hexe ist«, sagte er schnell. »Das war mein Dad. Er war mal wieder betrunken«, sagte er so leise, dass sie sich nicht sicher war ob er mit ihr oder mit sich selbst sprach.
 

»Weisst du, dass auf dem Spielplatz letztens tut mir wirklich Leid. Ich wollte euch nicht beleidigen. Es ist nur so, dass ich dich schon eine Weile beobachtet habe und gesehen habe, dass du genau wie ich Dinge tun kannst, die andere Menschen nicht tun können.«
 

Zur Bestätigung hob er einen kleinen Ast vom Boden auf und ließ ihn ihr entgegen schweben.

Lily machte große Augen. Nie zuvor ist sie einem anderen Menschen begegnet, der so etwas auch tun konnte.
 

»Das ist Magie«, erklärte der Snape Junge. » Das können nur Hexen und Zauberer. Leider gibt es hier in der Gegend außer uns sonst keine.«
 

Eine Weile schwiegen beide und der Snape Junge kratzte sich verlegen am Kopf.
 

»Ich muss jetzt gehen«, sagte Lily dann. »Meine Mutter wartet auf mich.«
 

Er warf ihr einen traurigen Blick zu als sie sich umwandte.

Lily ging nur ein paar Schritte bevor sie aprupt stehen blieb und sich wieder zu ihm umwandte. Dabei schwangen ihre roten Locken um ihren Kopf und sie lächelte, genauso wie damals auf dem Spielplatz, als sie auf der Schaukel gesessen hatte.
 

»Ich bin übrigens Lily. Lily Evans«, sagte sie dann und schenkte ihm ein unsicheres Lächeln, welches er genauso unsicher erwiderte.
 

»Mein Name ist Severus«, gluckste er schließlich.

»Also dann. Wir sehen uns Severus«, sagte Lily zum Abschied, bevor sie sich umwandte und schnellen Schrittes nach Hause lief.
 

Zum ersten Mal seit langer Zeit lächelte der junge Severus Snape wieder.

Ein lang ersehntes Pergament

2 Akt: Ein lang ersehntes Pergament
 

"Der Großteil unseres Lebens besteht aus einer Aneinanderreihung von Bildern.

Sie ziehen an uns vorbei wie Städte an der Autobahn.

Doch manchmal gibt es einen Moment der uns überrascht und wir wissen,

dass dieser Moment mehr ist als nur ein flüchtiges Bild,

und das dieser Moment und jedes Detail daran für immer Bestand haben wird."

(Lucas - OTH)
 

In einem kleinen Dickicht von Bäumen glitzerte ein Fluss in der Sonne von Spinner's End. Die Schatten der Bäume bildeten eine kühle grüne Mulde in der zwei Kinder nebeneinander auf dem Boden lagen und die Wolken im Himmel beobachteten.
 

»... und das Zaubereiministerium kann dich bestrafen, wenn man außerhalb der Schule zaubert. Dann gibt es böse Briefe nach Hause, die einen regelrecht anschreien. Aber keine Angst bei uns ist es noch nicht wichtig, da wir keine Zauberstäbe haben. Aber sobald du elf bist musst du wirklich aufpassen«, berichtete der schwarzhaarige Junge wichtigtuerisch.
 

Er hatte seinen Mantel abgelegt und sein übergroßes Hemd wirkte im Dämmerlicht weniger sonderbar als zuvor. Lily blinzelte gegen das Sonnenlicht an, doch sie hatte ein Lächeln auf den Lippen.
 

»Das hört sich alles so wunderbar an«, seufzte sie melancholisch. »Ich hoffe du schwindelst nicht. Petunia sagt, dass es gar kein Hogwarts gibt.«

»Ich würde dich niemals anschwindeln«, erwiderte Severus etwas beleidigt. »Es ist wahr. Du wirst schon sehen an deinem elften Geburtstag wirst du den Brief bekommen. Eine Eule bringt ihn, weist du, daran wirst du ihn sofort erkennen.«
 

Der junge Snape hatte sich nun aufgerichtet und stützte sich mit den Armen vom Boden ab.
 

»Möglicherweise kommt auch jemand aus Hogwarts persönlich, immerhin stammst du von Muggeln ab«, ergänzte er beiläufig.
 

»Macht es einen Unterschied, wenn man von Muggeln abstammt?«
 

Snape zögerte. Sein Blick schweifte einmal über die Lichtung und dann zu Lily herunter, über ihre blasse Haut und ihr dunkles rotes Haar.
 

»Nein, es macht keinen Unterschied.«
 

Lily sah erleichtert aus. Es war offensichtlich, dass sie sich Sorgen gemacht hatte.
 

Nun richtete auch sie sich auf und lächelte Severus dankbar an.

Eine Weile schwiegen beide, doch die Stille zwischen ihnen war keineswegs unangenehm.
 

»Wie steht es bei dir zu Hause? Streiten sie noch?«, fragte Lily besorgt.
 

Severus Stirn legte sich in Falten und die Schatten unter seinen Augen wurden größer.
 

»Sie streiten immer«, seufzte er. »Aber bald bin ich ja weg«, ergänzte er mit etwas mehr Farbe in seiner Stimme.
 

Dann nahmen beide ein leises rascheln wahr und sprangen sofort von ihren Plätzen auf.

Petunia, welche im Dickicht der Bäume stand und die beiden belauscht hatte, hat den Halt verloren.
 

»Na wer schleicht nun um wen herum?«, rief Snape ihr zu.
 

Petunia war offensichtlich wütend, das man sie erwischt hatte. Doch sie würde sich keinesfalls die Blöße geben und zugeben, dass sie den beiden hinterher spioniert hatte. Stattdessen machte sie lieber eine abfällige Beleidigung über Snapes Kleidung.

Daraufhin gab es einen dumpfen Knall und ein Ast traf Petunia an der Schulter.

Lily schrie auf, während Petunia rückwärts stolperte.
 

»Tunia«, rief Lily den Tränen nahe und eilte zu ihr.
 

Doch Petunia war schon aufgesprungen und davon gelaufen.

Wütend drehte Lily sich zu Snape um.
 

»Du hast das getan«, warf sie ihm vor.

»Nein – nein hab ich nicht«, log Snape sofort.
 

»Du wolltest ihr wehtun«, rief sie.
 

Die Tränen kullerten über ihre Wangen und das erste Mal in seinem Leben fühlte Severus Snape einen Stich in seinem Herzen, als die junge Lily Evans allein in den Dickicht rannte.

(JKR)
 


 

* * *
 

Die letzten Sonnenstrahlen der Abenddämmerung drangen durch den Dickicht.

Severus Snape saß am Fluss und ließ Steinchen Wellen auf dem Wasser schlagen, als ein aufgebrachtes rothaarige Mädchen außer Atem wenige Meter hinter ihm zum stehen kam.

Nach Atem ringend stemmte sie eine Hand an die Seite, während sie in der anderen ein Stück Papier fest umklammert hielt.

Der schwarzhaarige Junge wandte sich um und lächelte als er Lily erkannte.
 

»Sev!«, rief die rothaarige außer Atem. Ihre Wangen waren gerötet vom rennen, doch sie strahlte mehr als es Severus jemals zuvor gesehen hatte.
 

»Er ist da, Sev! Du hattest Recht. Der Brief aus Hogwarts ist gekommen und ein Professor.«
 

Lily rannte auf ihn zu und schlang seine Arme um ihn.
 

»Wir gehen zusammen nach Hogwarts«, nuschelte er in ihr dichtes rotes Haar, während er vorsichtig ihre Umarmung erwiderte.
 

Severus vergrub sein Gesicht in ihren Haaren, welche herrlich nach Blumen und vor allem nach Sommer dufteten.

Das Schicksal kreuzt ihre Wege (1.Schuljahr)

3 Akt: Das Schicksal kreuzt ihre Wege
 


 

„Treat people the way you want to be treated.

Talk to people the way you want to be talked to.

Respect is earned, not given.“
 


 

»... es tut mir Leid Tunia... vielleicht kann ich, wenn ich erst mal da bin, Professor Dumbledore überreden, dass er es sich anders überlegt«, sagte die rothaarige aufgebracht, während sie die Hand ihrer Schwester ergriff.
 

Petunias blasse Augen schweiften über den Bahnsteig. Es tummelten sich die unterschiedlichsten Kinder und Jugendlichen auf dem Bahnsteig 9 ¾ herum.

Da waren welche, die Katzen trugen, welche die Käfige mit Eulen vor sich herschoben oder Ratten hinterherjagten, welche mit Schrank großen Koffern oder Unmengen an Büchern, welche in normalen Jeans und Tshirts und wieder andere in schwarzen Umhängen mit spitzen Hüten und bunt gestreiften Krawatten.
 

»... meinst du ich will ein Freak sein?«, erwiderte Petunia giftig.
 

Lilys Augen füllten sich mit Tränen, als Petunia ihre Hand wegzog.
 

»Viel Spaß in deiner Sonderschule für Freaks und Spinner«, sagte Petunia genüsslich.

»Als du dem Schulleiter geschrieben und gebettelt hast, dass er dich aufnimmt, hast du nicht gedacht, dass es eine Spinnerschule ist«, erwiderte Lily den Tränen nahe.
 

Petunia lief rot an.

»Ich habe nicht gebettelt«, fuhr sie sie an.

»Außerdem hattest du kein Recht in meinen Sachen herumzuschnüffeln. Du bist genauso abartig wie dieser Snape Junge«, keifte sie und ging hocherhobenen Hauptes zu ihren Eltern herüber.
 

Der scharlachrote Hogwartsexpress dampfte bereits zum zweiten Mal. Es war fünf vor elf, höchste Zeit einzusteigen.

Lily wischte sich die Tränen mit ihrem Ärmel weg. Sie versuchte stark zu sein in diesem Moment und sich ihre Traurigkeit nicht anmerken zu lassen, als sie sich ein letztes Mal von ihren Eltern verabschiedete, welche damit beschäftigt gewesen waren, dass bunte Treiben am Bahnsteig zu beobachten.

Doch es war höchste Zeit und Lily beeilte sich in den Zug zu steigen.
 

Die meisten Abteile waren schon voll besetzt, doch sie fühlte sich noch nicht in der Lage jetzt mit anderen Menschen zu sprechen. Saher suchte sie weiter, bis sie ganz am Ende des Zuges ein leeres Abteil fand.

Lily verstaute ihren Koffer in der Gepäckablage und setzte sich ans Fenster. Sie stützte ihr Kinn auf ihre Hand und sah traurig aus dem Fenster, während der Hogwartsexpress gerade aus dem Bahnhof fuhr.
 

Kurz darauf wurde die Abteiltür geöffnet und zwei Jungen, welche in ihrem Alter sein mussten, betraten das Abteil.
 

»Ist hier noch frei?«, fragte der eine.
 

Lily nickte nur stumm und beachtete die beiden gar nicht weiter. Sie starrte einfach weiter aus dem Fenster und musste immer noch an Petunia denken.

Früher war ihre Schwester nie so gewesen. Sie hatten sich eine Zeit lang sogar richtig gut verstanden. Bis zu dem Tag, als der junge Severus Snape ihr gesagt hatte, dass sie eine Hexe war.

Damit fing alles an. Petunia entfernte sich von ihr und Lily konnte das ganze nicht aufhalten. Und als dann schließlich der Brief aus Hogwarts kam, war es vorbei.

Petunia zeigte eine Seite an sich, die Lily vorher nicht kannte. Sie war wütend und sturr und sehr kalt ihr gegenüber und Lily wusste nicht was sie dagegen tun konnte. Sie wusste nur, dass sie Angst hatte, dass ihre Schwester und die Bindung, welche sie einst hatten, für immer verloren gehen würde.
 

Nach einer Weile wurde die Abteiltür ein weiteres Mal aufgeschoben.

Severus Snape, welcher bereits seine Schuluniform angezogen hatte, ging an den beiden Jungen vorbei, welche sich gerade über Quidditch unterhielten und setzte sich Lily gegenüber ans Fenster.

Sie blickte ihn kurz an, schaute dann jedoch wieder aus dem Fenster. Snape konnte sehen, dass sie geweint hatte.
 

»Ich will nicht mit dir reden«, sagte sie mit erstickter Stimme.

»Warum nicht?«

»Tunia hasst mich. Weil wir den Brief von Dumbledore gefunden haben.«

»Sie ist eben nur ein...«, setzte er an, brach seinen Satz jedoch schnell wieder ab.

»Wir beide fahren. Das ist die Hauptsache«, ermutigte er sie.
 

Lily nickte und tupfte sich die Augen trocken.
 

»Ich bin auf die Hausauswahl gespannt«, sagte er dann voller Begeisterung. »Ich hoffe wir kommen nach Slytherin.«
 

»Slytherin?«
 

Einer der Jungen in ihrem Abteil, wandte sich bei diesem Wort zu den beiden um. Es war ein magerer Junge mit verstrubbelten schwarzem Haar.
 

»Wer will schon nach Slytherin?«, fragte er spöttisch. »Ich glaub, dann würd ich abhauen, du auch?«, fragte er den anderen Jungen, mit welchem er sich zuvor über irgendwelche Rennbesen unterhalten hatte. Dieser lächelte jedoch nicht.
 

»Meine ganze Familie war in Slytherin«, sagte er dann.

»Oh Mann und ich dachte, du wärst in Ordnung«, stöhnte der Junge mit dem verstrubbelten schwarzem Haar.

Der andere grinste.
 

»Wer weiss, vielleicht breche ich mir der Tradition. Wo würdest du hinwollen?«, fragte er dann.

»Nach Gryffindor, wo Tapferkeit und Mut regieren. Wie mein Dad«, erwiderte er sogleich und erhob voller stolz ein imaginäres Schwert.
 

Snape schnaubte abfällig.
 

»Hast du ein Problem damit?«, fuhr er ihn an.

»Wenn du lieber Kraft als Köpfchen haben willst...«

»Wo willst du denn hin, da du offenbar nichts von beiden hast?«, warf der andere Junge ein.
 

Beide fingen an zu lachen. Lily richtete sich auf und blickte abwertend von einem zum anderen.
 

»Komm Severus, wir suchen uns ein anderes Abteil«, sagte sie wütend und öffnete die Abteiltür.
 

Severus folgte ihr, stolperte jedoch an der Tür, da einer der Jungen ihm ein Bein stellte.
 

» Wir sehen uns Schniefelus« rief ihm einer der beiden Jungen hinterher, während die Abteiltür zu fiel.
 

Snape zog Lily hinter sich her, in das Abteil, in dem er gesessen hatte, bevor er sie gefunden hatte.

In diesem saßen ebenfalls zwei Jungen, welche gerade ein paar Schokofroschkarten tauschten, jedoch aufsahen, als die beiden das Abteil betraten.
 

»Da bist du ja wieder«, sagte ein stämmiger Junge mit kurzem schwarzen Haar.

»Darf ich vorstellen, dass hier ist Lily Evans.«
 

Er deutete mit seiner Hand auf Lily, welche den beiden kurz zunickte und sich dann an den freien Platz ans Fenster setzte. Severus stellte die beiden Jungen derweil als Avery und Mulciber vor, doch Lily hörte gar nicht wirklich zu.
 

Die Jungen unterhielten sich den Rest der Fahrt über die Häusereinteilung und vor allem über das Haus Slytherin. Severus schien in seinem Element zu sein. Doch Lily hatte den Kopf an die Scheibe gelehnt und träumte vor sich hin, während der rot schwarze Hogwartsexpress durch die wunderbar grünen Landschaften Schottlands gen Hogwarts zog.

(JKR)

Ein sprechender Hut

4 Akt: Ein sprechender Hut
 

„Zu allem großen, ist der erste Schritt Mut.“

(Goethe)
 

Der Hogwartsexpress ratterte nun schon viele Stunden durch die wunderbare grüne und weite Landschaft Schottlands davon.

Als die Abenddämmerung hereinbrach zog auch Lily sich ihre Schuluniform über und als der Zug endlich zum Stillstand kam, stiegen die vier gemeinsam aus dem Zug aus.
 

Der Bahnsteig war nur spärlich beleuchtet und man erkannte nicht viel in der Dunkelheit.

Die meisten Schüler gingen zu einem Pfad weiter rechts in den Wald hinein während andere sich noch unterhielten. Lily hörte wie einige über Kutschen sprachen, welche sie zum Schloss fahren würden. Sie lächelte und hoffte, dass es stimmte. Sie war noch nie in einer Kutsche gefahren.
 

»Erstklässler zu mir«, ertönte plötzlich eine tiefe und eindringliche Stimme von weiter links.
 

Lily erschrak als plötzlich ein halber Riese vor ihr stand.

Der Mann war bestimmt drei Meter groß. Er trug eine Fellweste und Lily hoffte, dass es keine Hasen waren, die ihr Fell dafür hergeben mussten. Er hatte lange schwarze Haare und einen schwarzen Bart, welche sein Gesicht mehr grimmig als freundlich wirken ließen. Jedoch lächelte er sie freundlich an, als sie an ihm vorbei ging.
 

»Erstklässler zu mir«, rief er wieder und winkte weitere Jungen und Mädchen heran.
 

Diese folgtem ihm in die linke Abzweigung zu einem See folgten, auf welchem bereits viele kleine Boote bereit standen, an dessen Front sich jeweils eine Laterne befand.

Doch Lily nahm die Boote gar nicht mehr wahr, als sie das hell erleuchtete Schloss Hogwarts von weitem sah. Nie zuvor hatte sie etwas so schönes gesehen. Es war wie in einem Märchen.
 

Die Erstklässler fuhren jeweils zu viert oder fünft in den kleinen Booten zum Schloss herüber. Es wurde die Fahrt über so gut wie nicht miteinander geredet, da jedes Augenpaar verträumt auf das Schloss gerichtet war und damit jeder seinen Gedanken nachhing bis sie schließlich das Ufer erreichten und Hagrid ins Schloss folgten.

Während Lily und einige andere Erstklässler noch bewundernd die hohen Decken und runden Gewölbe betrachteten, erschien eine Frau mittleren Alters in schwarzem Gewand und spitzem Hut vor ihnen. Sie hatte ihr schwarzes Haar zu einem strengen Knoten zusammengebunden und musterte die Schülerschar streng durch ihre runden Brillengläser bevor sie sich räusperte, woraufhin alles sofort verstummte.

Sie war eine jener Lehrer, die einfach die Präsenz und Strenge in ihrem Blick hatten, um sie unter Kontrolle zu halten.
 

»Willkommen in Hogwarts. Ich bin Professor Minerva McGonagall, Lehrerin für Verwandlung, stellvertretende Schulleiterin und Hauslehrerin des Hauses Gryffindor.«
 

Sie machte eine Kunstpause, in welcher sie einen blass wirkenden, dicklichen Jungen musterte, welcher fest seine Ratte umklammert hielt.
 

»Sie werden mir gleich in die große Halle folgen, in der bereits ihre Mitschüler der höheren Semester versammelt sind. Zunächst werdet ihr alle einer Auswahlzeremonie unterzogen, um euch in eines der vier Häuser einzuteilen. Da hätten wir Ravenclaw für die strebsamen Köpfe unter euch, Hufflepuff für die Fleißigen und Loyalen, Slytherin für die Ehrgeizigen und Listigen und Gryffindor für die Mutigen. Wenn Sie einem Haus zugeteilt wurden, setzen Sie sich bitte an den entsprechenden Tisch. Und jetzt stellen sie sich bitte in zweier Reihen auf. «
 

Lily stellte sich zu Severus und umklammerte vor Aufregung seinen Arm. Nervös kaute sie auf ihrer Unterlippe herum, während Professor McGonagall die Flügeltüren zur großen Halle öffnete. Diesmal waren alle Schüler ziemlich beeindruckt. In der großen Halle befanden sich vier lange Tische, welche horizontal auf ein Podium zuliefen, an welchem offenbar die anderen Lehrer von Hogwarts saßen. An der Decke schwebten hunderte von Kerzen in der Luft, welche den Saal erleuchteten und durch die Deckenmauer hindurch konnte man den Sternenhimmel sehen. Es war wirklich atemberaubend und Lily fragte sich, wie erst der Rest des Schlosses aussehen mochte.
 

Die Schülerschar folgte schnellen Schrittes der Lehrerin bis sie sich vorne versammelt hatten. Wieder räusperte sich Professor McGonagal und warf ihren strengen Blick diesmal über alle vier Haustische hinweg woraufhin auch tatsächlich die meisten Schüler verstummten. Alle Blicke waren auf einen Stuhl gerichtet auf dem ein alter brauner Hut lag, welcher plötzlich zu singen begann.
 

„Eintausend Jahr und mehr ist's her,

seit mich genäht ein Schneiderer.

Da lebten vier Zauberer wohl angesehn;

ihre Namen werden nie vergehn.

Von wilder Heide der kühne Gryffindor,

die schöne Ravenclaw die tiefe Schlucht erkor.

Die gute Hufflepuff aus sanftem Tal,

der schlaue Slytherin aus Sümpfen fahl.

Sie teilten einen Wunsch und Traum,

einen kühnen Plan, ihr glaubt es kaum -

junge Zauberer gut zu erziehn,

das war von Hogwarts der Beginn.

Es waren unserer Gründer vier,

die schufen diese Häuser hier

und jeder schätzte eine andere Tugend

bei der von ihm belehrten Jugend.

Die Mutigsten zog Gryffindor

bei weitem allen andern vor;

für Ravenclaw die Klügsten waren

alleine wert die Lehrerqualen.

Und jedem, der da eifrig lernte,

bescherte Hufflepuff reiche Ernte.

Bei Slytherin der Ehrgeiz nur

stillte den Machttrieb seiner Natur.

Es ist vor langer Zeit gewesen,

da konnten sie noch selbst verlesen,

doch was sollte später dann geschehen,

denn sie würden ja nicht ewig leben.

's war Gryffindor, des Rates gewiss,

der mich sogleich vom Kopfe riss.

Die Gründer sollten mir verleihn,

von ihren Grips 'nen Teil ganz klein.

So kann ich jetzt an ihrer statt,

sagen, wer wohin zu gehen hat.

Nun setzt mich rasch auf eure Schöpfe,

damit ich euch dann vor mir knöpfe.

Falsch gewählt hab ich noch nie,

weil ich in eure Herzen seh.

Nun wollen wir nicht weiter rechten,

ich sag, wohin ihr passt am Besten.“
 

Daraufhin verstummte der Hut und Professor McGonagal entfaltete eine Rolle Pergament und las den ersten Namen darauf vor.
 

»Avery, Vincent«, ertönte die Stimme der Professorin.
 

Daraufhin trat Avery vor und setzte sich auf den Stuhl. Der sprechende Hut hatte kaum seinen Kopf berührt, als dieser auch schon »Slytherin!« rief.

Applaus kam vom rechten Haustisch und Avery setzte sich neben einem älteren Jungen mit langen blonden Haar, an dessen Umhang ein silbernes Vertrauensschülerabzeichen hing.
 

»Black, Sirius«, rief McGonagal den nächsten Namen auf ihrer Liste auf, während der Slytherintisch schon leise anfing zu tuscheln und zu johlen.
 

Lily erkannte den Jungen mit den längeren schwarzen Haaren aus dem Hogwartsexpress. Er hatte in ihrem Abteil gesessen und mit dem anderen Jungen Severus geärgert. Diesmal ließ sich der Hut Zeit und schien wahrhaftig zu überlegen wo er den Jungen hin packen sollte, doch nach einer Weile entschied sich der Hut schließlich für Gryffindor. Wieder brach aufgeregtes Getuschel am Slytherintisch aus, doch das johlen entfiel diesmal, dafür kam ein zunächst zögerlicher, dann jedoch heiterer Applaus vom Tisch der Gryffindors.
 

Als nächstes kam ein Mädchen nach Hufflepuff, als Lily plötzlich ihren Namen hörte. Mit zittrigen Beinen ging Lily zögerlich nach vorne und setzte sich. Kaum eine Sekunde nachdem der Hut das dunkelrote Haar berührt hatte, rief der Hut: »Gryffindor!«
 

Lily hörte nicht wie Snape leise stöhnte, als sie zum Tisch der jubelnden Gryffindors eilte.

Als sie sich beim gehen noch einmal zu ihm umwandte, erkannte sie ein trauriges Lächeln auf seinem Gesicht, welches sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu deuten wusste.
 

Sirius rückte auf der Bank auf, um ihr Platz zu machen. Lily blickte ihn kurz an, verschränkte jedoch die Arme und kehrte ihm den Rücken zu. Sie hatte das Gezanke aus dem Zug nicht vergessen.
 

Weitere Namen wurden aufgerufen.

Zu Lilys Missgunst kam der andere Junge aus dem Zug, welcher James Potter hieß ebenfalls nach Gryffindor.
 

Als endlich Severus aufgerufen wurde, galt ihre ganze Aufmerksamkeit wieder dem sprechendem Hut. Doch als dieser verkündete, dass Severus nach Slytherin kommen würde, zogen sich ihre Mundwinkel wieder nach unten. Man hatte sie getrennt.

Severus ging zum Tisch der jubelnden Slytherins herüber, an dem ihm der Junge mit dem blonden langem Haar und den edlen Gesichtszügen, an dessen Umhang ein Vertrauensschülerabzeichen prankte, anerkennend auf die Schulter klopfte. Und als er sich setzte, konnte Lily ihren besten Freund nicht mehr sehen, da er in der Schar der anderen Schüler aus Slytherin versank.
 

Die Auswahlzeremonie ging weiter und als endlich alle Schüler auf ihre Häuser verteilt waren, erschienen wie von Zauberhand die köstlichsten und gut riechendsten Speisen in den leeren Tellern und Schüsseln, die Lily jemals gesehen hatte. Auch die Krüge füllten sich mit Wasser oder Kürbissaft und andere Leckereien erschienen um sie herum.
 

Lily, welche seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte, tat sich von allen Speisen ein wenig auf den Teller, da sie von allem probieren wollte.

Der junge Sirius Black neben ihr stapelte hingegen das Essen wörtlich auf seinem Teller und schlang alles mit einem immensen Appetit hinunter, als wäre es das letzte was er in seinem Leben tat.
 

»Das ist ja widerlich«, echauffierte sich ein Mädchen mit braun-grünen Augen und dunkelbraunen Locken, während sie Sirius bereits eine Weile dabei beobachtet hatte wie er das ganze Essen in sich rein schaufelte.
 

Lily und das Mädchen, welches sich ihr als Nicky McDougal vorstellte, kicherten, als etwas Kürbissaft an Sirius' Wange hinablief, weil er diesen zu hastig hinunter schlucken wollte.
 

Nach dem Essen wurden die Erstklässler von vier älteren Schülern, welche alle ein silbernes Vertrauensschülerabzeichen auf ihrer Brust trugen, zum Gryffindor Gemeinschaftsraum gebracht.
 

»Nicht bummeln!«, rief der braunhaarige, hagere Junge, welcher sich ihnen zuvor als Frank Longbottom vorstellte.
 

Lily staunte nicht schlecht über die Labyrinth-artigen Treppen, welche sich dazu noch bewegten, wenn man nicht schnell genug den nächsten Absatz erreichte.

Zudem schienen sich alle Bilder im Schloss zu bewegen und sogar miteinander sprechen zu können.

Vor dem Portrait einer korpulenten Dame, welche gerade versuchte sich ihr struppiges Haar zu kämmen machten sie halt und einer der Vertrauensschüler nannte der Dame das diesjährige Passwort >Zitronensorbet <, woraufhin das Portrait zur Seite klappte.

Die Schüler kletterten durch das Portraitloch und befanden sich in einem großen Raum mit roten Tapeten und vielen gemütlichen Sofas. Es gab sogar einen Kamin in dem ein Feuer brannte.
 

»Der Unterricht beginnt morgen um 9Uhr. Ihr werdet beim Frühstück eure Stundenpläne bekommen. Also geht am besten zeitig ins Bett. Mädchen bitte die linke Treppe und Jungen die rechte«, erläuterte Frank Longbottom.
 

Lily folgte dem Mädchen namens Nicky McDougal die Treppen hinauf bis sie vor einer Tür standen, auf der ihre Namen eingraviert waren. Als sie das Zimmer betraten erwarteten die Mädchen vier große Himmelbetten aus Eichenholz an denen scharlachrote Vorhänge befestigt waren. In dem Raum war bereits ein blondes Mädchen mit blauen Augen, welches Lily und Nicky unsicher zulächelte.
 

»Ich bin Mary McDonald«, stellte sie sich vor, während sie sich auf eines der Betten setzte.

»Immerhin ist das Bad groß genug«, sagte ein Mädchen namens Rosalie Pond während sie gerade, nachdem sie die Dusche inspiziert hatte aus dem Badezimmer trat.
 

Zeitig ins Bett kamen die vier Mädchen keinesfalls. Sie unterhielten sich noch viele Stunden über ihre Familien, über Hogwarts und über das, was sie wohl morgen erwarten würde.
 


 

Ähnlich erging es den Jungen, welche in einem Schlafsaal auf der anderen Seite ihren Gewohnheiten nachgingen. Ein kleiner dicklicher Junge mit mausbraunem Haar knabberte nervös an seinen Fingernägeln. Wieder mal war ihm seine Ratte entwischt. Er kroch gerade unter sein Himmelbett als die Tür aufging und der junge Sirius Black hereinkam. Schnell kam er unter dem Bett hervor gekrochen und stellte sich dem Blacksprössling als Peter Pettigrew vor. Dieser nickte jedoch nur mechanisch und ließ sich auf sein Bett fallen.
 

Ein weiterer Junge mit hellbraunem Haar und blasser Gesichtsfarbe, welcher sich als Remus Lupin vorstellte, sortierte gerade ein paar Schulbücher auf seinem Nachttisch während James Potter auf der Matratze seines Himmelbettes herumsprang.

Sirius Black saß auf seinem Bett und starrte die Wand an. Immer wieder murmelte er das Wort Gryffindor vor sich hin. James warf Remus einen irritierten Blick zu, rang sich aber schließlich dazu durch sich nach seinem Befinden zu erkundigen.
 

»Sei froh, dass du nicht in Slytherin gelandet bist«, sagte James abfällig.

»Das bin ich«, erwiderte Sirius. »Ich bin froh, ein Gryffindor zu sein. Aber meinen Eltern wird das ganz und gar nicht gefallen. Das wird Ärger geben, sobald sie es erfahren.«
 

Sirius presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen, während James Potter ihm aufmunternd die Hand auf die Schulter legte.
 

»Wird schon nicht so schlimm werden. Außerdem siehst du sie ohnehin erst mal für ein gutes Jahr nicht mehr«, versuchte er ihn aufzumuntern.
 

Sirius schloss die Augen und atmete noch einmal tief durch bevor er sich auf sein Himmelbett fallen lies und seufzte.
 

»Ich werde ganz sicher morgen einen Heuler bekommen«, sagte er bedrückt.
 

Und damit sollte der junge Blacksprößling Recht behalten. Die rabenschwarze Eule kam beim Mittagessen an den Tisch der Gryffindors geflogen und legte einen roten Umschlag vor ihm ab. Die Stimme von Walburga Black hallte über alle Tische der großen Halle hinweg und absolut jeder in Hogwarts konnte jedes Wort deutlich vernehmen.
 

Lily, welche diesen Jungen gestern noch für seine Sticheleien gegen Severus verachtete, empfand nun Mitleid mit ihm. Ihre Augen wurden wässerig als Walburga Black Sirius als eine Schande für die ganze Familie Black beschimpfte, da er nach Gryffindor und nicht nach Slytherin gekommen ist. Petunias Sticheleien waren dagegen nichts gewesen.

Das Mädchen, welches Sucher werden wollte (2.Schuljahr)

5. Akt: Das Mädchen, welches Sucher werden wollte
 

„Peter: 'Komm mit mir.'

Wendy: 'Ich... ich kann nicht fliegen.'

Peter: 'Ich brings dir bei. Ich zeig dir wie man auf dem Rücken des Windes reitet.' „

(James M. Barrie)
 

Sirius' Heuler beschäftigte die Schüler noch bis nach Weihnachten. Es wurde getuschelt und gelästert. Gerüchte verbreiteten sich wie ein Laubfeuer durch die ganze Schule.

Bei den Hufflepuffs wurde behauptet, dass Sirius enterbt worden sei.

Bei einigen Ravenclaws hieß es, dass Walburga Black persönlich bei Dumbledore vorsprechen wolle, um ihren Sohn doch noch nach Slytherin zu bekommen.

Die Slytherins hielten sich genauer an den Wortlaut seiner Mutter und behaupteten, dass Sirius als Schande der Familie verstoßen wurde und nie mehr nach Hause kommen könne.
 

Sirius Black selbst gab recht wenig auf das Gerede der anderen. Nach dem wütenden Heuler seiner Mutter hatte er das schlimmste vorerst hinter sich. Außerdem hatte er bereits nach wenigen Wochen in James Potter einen guten Freund gefunden, da dieser jedem Slytherin welcher über ihn lästerte mit einem Haarfarbewechselndem Zauber belegte. So war er guter Dinge als er das Verwandlungsklassenzimmer verließ und sich auf dem Weg nach draußen zum Flugunterricht machte, welchen die Gryffindors zusammen mit den Ravenclaws hatten.
 

Lily Evans war in ihren Stundenplan vertieft, während sie zusammen mit Nicky McDougal das Schloss verließ. Hogwarts hatte wirklich interessante Fächer zu bieten. Verwandlung und Zauberkunst waren sehr spannend, da sie nun endlich lernten Magie konkret anzuwenden. In der vergangenen Stunde hat sie es sogar geschafft eine Feder schweben zu lassen, woraufhin sie fünf Punkte für das Haus Gryffindor verdient hatte. Doch nun kam etwas wirklich praktisches: Flugunterricht.
 

»Bist du schon mal geflogen?«, fragte sie Nicky ein wenig nervös.

»Mein Dad hat es mir beigebracht, als ich sieben Jahre alt war«, erzählte Nicky.

»Ist es schwer?«, fragte Lily skeptisch, während sie sich auf die Unterlippe biss.
 

Lily tat das immer wenn sie unsicher war, dass hatte Nicky bereits in der ersten Schulwoche herausgefunden.
 

»Mit der richtigen Haltung und genug Übung kriegt das jeder hin«, ermutigte sie ihre neue Freundin, als die beiden gerade auf der freien Grünfläche ankamen, an der bereits einige Schüler versammelt waren.
 

»Ich finde es echt mies, dass der Quidditchkapitän der Gryffindors keine Erstklässler bei den Auswahlspielen dabei haben will. Dad wäre so stolz gewesen, wenn ich in die Mannschaft gekommen wäre«, seufzte James Potter gerade als Madam Rolanda Hooch an sie herantrat.
 

Lily schätzte die hagere Frau mit dem kurzem mausgrauem Haar auf etwa 40.
 

»Willkommen zur ersten Flugstunde.«
 

Madam Hooch forderte die Schüler mit einer Handbewegung dazu auf näher zu treten.
 

»Streckt bitte euren rechten Arm aus und sprecht mir dann nach.«
 

Die Schüler stellten sich in zwei gegenüberliegenden Reihen neben die Besen und streckten den rechten Arm aus.
 

»Auf!«, sagte Madam Hooch und der Besen vor ihr floppte direkt in ihre Hand.

»Auf!«, wiederholten die anderen Schüler im Chor.
 

James Potter, Sirius Black und Nicky McDougel aus Gryffindor und Cormac Burton aus Ravenclaw hielten bereits beim ersten Versuch ihre Besen sicher in der Hand.
 

Lily und die anderen Schüler wiederholten den Vorgang noch ein paar Mal. Wieder hoben sich einige Besen. Lily blinzelte ein paar Mal und versuchte sich zu konzentrieren. Doch ihr Besen erhob sich gerade Mal ein paar Inches vom Boden. Sie warf Nicky einen verzweifelten Blick zu, welche ihr daraufhin ein Lächeln schenkte.
 

»Okay Lily. Tief durchatmen. Du schaffst das schon«, ermutigte Nicky sie.
 

Lily atmete einmal tief ein und wieder aus.

»Auf!«, sagte sie möglicherweise eine Spur zu aggressiv, woraufhin ihr der Besenstiel ins Gesicht knallte und sie rücklings auf dem Hintern landete.
 

Sofort begannen einige ihrer Mitschüler zu lachen. Am lautesten James Potter und Sirius Black. Lilys blasse Wangen röteten sich und sie blickte beschämt zu Boden, als Nicky ihr aufhalf und Madam Hooch versuchte für Ruhe zu sorgen.
 


 

* * *
 


 

Ziemlich genau ein Jahr später saß Lily Evans auf der beinahe leeren Quidditchtribüne und erinnerte sich an ihre erste Flugstunde und die vielen lachenden Gesichter. Dieser Vorfall war ihr äußerst unangenehm gewesen und sie traute sich beinahe nicht zur nächsten Flugstunde zu gehen, wenn Nicky McDougal sie nicht überzeugt hätte es nochmal zu probieren.

Tatsächlich hatte sie es in ihrer vierten Flugstunde noch geschafft den störrischen Besen zu befehligen, doch das Gefühl der Freiheit beim Flug auf einem Besen, von dem viele ihrer Mitschüler schwärmten blieb bei ihr leider aus. Sie hatte nie Höhenangst gehabt, doch nach einigen Besenflügen entwickelte sie offenkundig eine, wie Nicky es ihr gern lächelnd unter die Nase rieb.
 

Daher hatte sich Lily möglichst weit vom Quidditchfeld entfernt auf die Tribüne gesetzt. Weit weg von den Besen, doch nah genug, um das Auswahlspiel der Gryffindors beobachten zu können.
 

Ihre Freundin Nicky lag ihr bereits seit dem ersten Schultag in den Ohren, dass sie sich als Zweitklässler in diesem Jahr endlich für die Quidditchauswahl bewerben konnte. Auf dem Spielfeld standen bereits einige Gryffindors in ihren Sportklamotten und warteten auf Bill Hemper, einem dunkelhaarigen großen Siebtklässler, welcher der Kapitän war.
 

Lily erinnerte sich an den Aushang am schwarzen Brett. In diesem Jahr wurden lediglich zwei Jäger gesucht, da Hemper die Aufstellung vom letzten Jahr ansonsten beibehalten wolle. Nicky hatte sich fürchterlich aufgeregt, da sie sich eigentlich für die Position des Suchers bewerben wollte. Allein aus purem Trotz ist sie zum Auswahlspiel gekommen, denn überhaupt eine Position war immerhin besser als gar keine sagte sie sich immer wieder.
 

Bill Hemper ließ die Anwärter zunächst ein paar Runden fliegen, um sich aufzuwärmen bevor er alle in zwei Gruppen aufteilte, um beobachten zu können wie gut gepasst wurde. Zuletzt nahm er die einzelnen Spieler beim Freiwurf genauer unter die Lupe. Diesmal mussten einfach ein paar gute Spieler dabei sein. Es war immerhin sein letztes Jahr in Hogwarts und vor allem als Kapitän. Im letzten Jahr hatten sie doch tatsächlich ganz knapp gegen Ravenclaw verloren beim Endpiel.

In diesem Jahr wollte er auf jeden Fall den Pokal gewinnen.
 

Zwei Spieler stachen ihm besonders ins Auge und das waren James Potter und Nicky McDougal. Jedoch waren beide erst in der zweiten Klasse. Dementsprechend noch recht klein und unerfahren, um als Jäger zu spielen. Sie trafen jedoch bei jedem Freiwurf und passten sich unheimlich gut den Quaffel zu.

So kam es, dass Bill Hemper eine Entscheidung traf und beide in sein Team aufnahm. Das würde zwar viel zusätzliches Training bedeuten, doch noch wusste er nicht, dass er am Ende des Jahres tatsächlich den Quidditchpokal in den Händen halten würde.
 


 

* * *
 


 

»Nicky ist tatsächlich ins Team gekommen«, berichtete Lily begeistert ihrem besten Freund Severus Snape, während beide in der Bibliothek saßen und ihre Aufsätze für Zaubertränke miteinander verglichen.
 

»Das ist toll«, sagte Severus etwas abwesend, während er im Buch noch einmal die Auswirkungen des Vielsafttrankes überflog.

»Vincent hat es leider nicht geschafft«, sagte er dann. »Sie meinten er solle es in ein paar Jahren nochmal als Treiber versuchen.«
 

»Die Position würde auf jeden Fall besser zu seiner Statur passen«, erwähnte Lily beiläufig als sie an ihre Überraschung dachte, als Avery nach den Ferien noch kantiger geworden war.
 

»Ich glaube wir haben alles«, sagte Severus schließlich und klappte gähnend das Buch zu.

»Gut dann lass uns zum Abendessen gehen«, meinte Lily, während sie die Bücher in ihrer Tasche verstaute.
 

Gemeinsam verließen sie die Bibliothek und machten sich auf den Weg in die große Halle. Es saßen nur noch wenige Schüler an den Tischen und beim Anblick von Sirius Blacks vollem Teller beschloss Lily sich zu Severus an den Slytherintisch zu setzen.
 


 

James Potter saß mit Sirius Black und Peter Pettigrew am Tisch der Gryffindors und hielt Ausschau nach ihrem vierten Zimmergenossen Remus Lupin, welcher allerdings nicht zum Abendessen erschien.
 

»Er hat schon in Verwandlung und Zaubertränke gefehlt«, meinte James gerade, als Sirius zum fünften Mal essen auf seinen Teller schaufelte. James musterte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen.
 

»Was ist?«, fragte Sirius mit vollem Mund. »Bei uns zu Hause gibt es nie so gutes essen«, rechtfertigte er sich und James musste lachen.
 

»Um auf deine Frage zurückzukommen James, ich finde es auch äußerst merkwürdig, dass Remus schon wieder krank sein soll.«
 

»Was hat er denn diesmal?«, erkundigte sich Peter Pettigrew, während er vergnügt versuchte seine Waffel in Sirup zu ertränken.
 

»Migräne, Magenschmerzen, Übelkeit, Drachenpocken, … die Pest.... such dir was aus Peter.« Sagte James und verdrehte die Augen.
 

Dieser blickte jedoch verwirrt von Sirius zu James und wieder zu Sirius. Nun musste auch Sirius die Augen verdrehen und warf Peter einen mitleidigen Blick zu.
 

»Es ist offensichtlich, dass er uns anlügt. Niemand ist so oft und regelmäßig krank«, erklärte Sirius Peter gerade als James' Blick wieder einmal zur Tür der großen Halle schweifte.
 

In diesem Moment betrat Lily Evans die große Halle und James musste unwillkürlich lächeln. Dieses Lächeln erstarb jedoch als Severus Snape ihr darauf folgte. Lily warf einen angewiderten Blick zu ihnen herüber und ging mit Snape zum Tisch der Slytherins herüber.
 

»Ich kann den Kerl nicht ausstehen«, sagte James plötzlich.
 

Sirius folgte seinem Blick und verzog das Gesicht beim Anblick von Snape, welcher sich offensichtlich seit Schuljahresbeginn mal wieder nicht die Haare gewaschen hatte.
 

»Ich verstehe nicht warum Evans lieber mit ihm an einem Tisch sitzt als hier mit uns«, sagte er dann und versuchte es so beiläufig wie möglich klingen zu lassen.
 

»Naja, er hat ihr nicht in Zauberkunst die Haare pink gefärbt oder in Zaubertränke versehentlich den Froschlaich auf ihrem Umhang gekippt«, erklärte Peter gut gelaunt, während er sich die letzten Reste seiner Waffel rein stopfte.

James warf ihm einen irritierten Blick zu, beschloss dann aber lieber nicht auf Peters Argumentation einzugehen.
 

»Vielleicht sollten wir Schniefelus mal einen kleinen Streich spielen«, meinte Sirius plötzlich augenzwinkernd zu James. »Damit er lernt sich mal anständig die Haare zu waschen. «
 

James erwiderte sein Grinsen und so waren sie sich einig.

Doch zunächst galt es das Mysterium, um Remus Lupin routiniertes Fehlen herauszufinden.

Der Junge, der ständig krank wurde

6 Akt: Der Junge, der ständig krank wurde
 


 

„Es gehört nicht nur guter Wille zur Freundschaft, auch Talent, Seelenkunde und Erlebnisse ähnlicher Art.“

(Heyse)
 


 

Seit dem erstem Schuljahr waren James Potter und Sirius Black sehr gute Freunde geworden. Ständig steckten sie die Köpfe zusammen und überlegten wie sie ein paar ihrer Mitschüler, vor allem aus dem Haus Slytherin ärgern konnten.
 

Remus Lupin belächelte die beiden und hielt seine Zimmergenossen auf Abstand, obwohl er den beiden hin und wieder mal einen Tipp gab, um einen ihrer Streiche noch grandioser zu machen.

Peter Pettigrew hingegen überschlug sich jedes Mal fast vor Bewunderung und lief ihnen ständig hinter her und es fiel den beiden schwer ihn jedes Mal abzuhängen.
 

So kam es, dass James Potter und Sirius Black sich hinter einem Wandspiegel im vierten Stock vor ihm verstecken wollten, als beide rücklings in einen Tunnel fielen und damit ihren ersten Geheimgang entdeckten.
 

Dieser half ihnen auch unbemerkt von den Toiletten im vierten Stock in den fünften zu flüchten. Doch Professor McGonagal überraschte die lachenden Jungen und unterstellte ihnen die mittels der Toiletten den gesamten vierten Stock überflutet zu haben. James Potter sollte sogar für das nächste Quidditchspiel gesperrt werden, als Peter Pettigrew vor Professor McGonagal trat und stotternd die Schuld für die beiden auf sich nahm.
 

Von diesem Tag an liefen die beiden nicht mehr vor ihm weg, sondern begannen sich mit ihm anzufreunden. Immerhin war er an diesem Tag ihnen gegenüber äußerst loyal gewesen.
 

Als die Jungen gemeinsam in den Unterricht gingen, bemerkten sie, dass Remus Lupin mal wieder fehlte. Doch schien sich kein Lehrer großartig dafür zu interessieren. Niemand wollte ihnen eine Auskunft darüber geben, doch die Jungen bemerkten mit welcher Routine und mit welchen Anzeichen es geschah.
 

Es begann damit, dass Remus Lupin mal wieder in einen unruhigen Schlaf fiel und mit dunklen Ringen unter den Augen aufwachte. Er wirkte in dieser Zeit blasser und müder als er sonst schon tat. Zudem wollte er in dieser Zeit auch immer allein sein und verließ die anderen unter dem Vorwand Hausaufgaben zu machen oder in der Bibliothek zu recherchieren.

So beschlossen die Jungen an diesem Tag Remus im Krankenflügel zu besuchen.
 

»Du siehst wirklich krank aus«, meinte Sirius Black während sich die drei Freunde um Remus' Krankenbett stellten.

»Wie kommt es, dass du jeden Monat so vor dich her kränkelst?«, fragte James Potter geradeheraus.

»Schlechte Gene würde ich behaupten«, erwiderte er schwach und zwang sich zu einen stumpfen Lächeln.

»Scheinen sehr routiniert zu sein diese Gene«, sagte Sirius im spitzen Tonfall.
 

Remus wandte den Blick von ihnen hab und nuschelte etwas davon, dass er jetzt schlafen wolle.

So machten sich die Jungen zum Abendessen auf. Und Peter stöhnte genervt auf, als sich die drei am späten Abend noch auf den Weg in den Astronomieturm machten.
 


 

* * *
 


 

»Bei Vollmond kann ich nie gut schlafen«, sagte Mary McDonald gerade zu Rosalie Pond, als James' gähnend an seiner Sternkarte herum kritzelte. Sirius versuchte mittels eines Buches die Koordinaten des Oriongürtels zu bestimmen.
 

»Heute Nacht wird Vollmond sein«, sagte James, während er immer noch zu Mary herüberblickte.

»Das wissen wir«, erwiderte Peter gähnend.

»Letzten Monat, als Remus krank war, war auch Vollmond«, überlegte er weiter.
 

Peter blickte ihm verwirrt an, doch Sirius Blick wanderte von seinem Buch zu James. Einen Moment lang schwiegen beide und sahen sich nur fragend an.
 

»Meinst du, Remus kann bei Vollmond auch nicht schlafen?«, fragte Peter.

»Das können wir ganz leicht herausfinden«, erwiderte Sirius und die drei begannen zu flüstern.
 

Ganz in der Nähe kicherten Lily Evans und Severus Snape miteinander, als Lily die Sterne auf ihrer Karte zum leuchten brachte. James warf den beiden einen abfälligen Blick zu und Sirius grinste ihn nur wissend an, während er seinen Blick noch einmal nach Professor Renze umwandte, welcher gerade damit beschäftigt war Mulciber eine Standpauke über die Ungenauigkeit seiner Sternkarte zu halten. James und Sirius griffen nach ihren Zauberstäben.
 

»Aqua Erruptum«, murmelten beide, woraufhin ein Wasserstrahl aus der Spitze ihrer Zauberstäbe schoss und Snapes Haare durchnässte.
 

Lily schrie auf, als auch sie einen Wasserstrahl ins Gesicht bekam. James und Sirius begannen zu lachen. Wütend sprang Snape auf und zückte seinen Zauberstab.
 

»Wir wollten dir nur helfen deine Haare zu waschen Schniefelus<, sagte Sirius unschuldig.

»Genau. Du hast es ja offenbar seit Anfang des Schuljahres vergessen«, fügte James lachend hinzu.
 

Lily Evans packte Severus an der Schulter und zog den Arm mit dem er seinen Zauberstab umklammert hielt an sich, als sie Professor Renze auf sie zukommen sah.
 

»Ruhig Sev'. Die beiden Idioten sind es nicht wert nachsitzen zu müssen«, raunte sie ihm zu, woraufhin James Mimik ein wenig das Lachen abhanden ging.
 

Professor Renze tippte wütend mit seinem Fuß auf dem Boden herum, während er mit verschränkten Armen James und Sirius darauf hinwies, dass er so etwas in seinem Unterricht nicht noch einmal sehen möchte. Er entließ die restliche Klasse in ihre Gemeinschaftsräume und hielt James und Sirius eine zwanzigminütige Standpauke, woraufhin jeder zehn Punkte verlor, bevor er sie entließ.

Peter wartete bereits am Ende der Treppe auf die beiden.
 

»Also ich fand die Aktion lustig«, sagte er rasch, als die beiden die Treppe runter kamen.

»Zwanzig Punkte hat er uns abgezogen. Zehn hätten es doch auch getan«, beschwerte sich Sirius Black als sie gerade den Flur zum Krankenflügel einschlagen wollten.
 

Doch James blieb abrupt stehen und warf die beiden Freunde gegen die Wand.
 

»Was ist denn los?«, fragte Peter, doch James hielt ihm nur die Hand vor den Mund, während er versuchte mit den Augen um die Ecke zu schauen.

»So jetzt aber schnell. Der Mond ist beinahe aufgegangen«, sagte die Krankenschwester Madam Pomfrey gerade zu jemandem welcher einen Mantel mit Kapuze fest um sich geschlungen hatte.
 

Schnellen Schrittes gingen sie den Gang entlang. Sie warteten einen Moment bis ihre Schritte langsamer wurden, als James los sprintete, um am Ende des Ganges zu verfolgen wo die beiden hingingen. Sirius blickte währenddessen in den Krankenflügel und öffnete die Tür als er niemanden entdecken konnte.
 

»Der Krankenflügel ist leer«, sagte er atemlos während er James folgte.

Beide warfen sich vielsagende Blicke zu.
 

»War das Remus?«, fragte Peter verwirrt.

»Wer denn sonst?«, keifte Sirius. »Es war doch sonst niemand im Krankenflügel.«
 

Vorsichtig schlichen die drei den beiden hinterher bis zum großen Eichenportal.
 

Madam Pomfrey führte Remus nach draußen und die drei folgten den beiden unauffällig. Als sie sich der peitschenden Weide näherten blickte sich Madam Pomfrey noch einmal argwöhnisch um, während die drei Freunde in das nächste Gestrüpp hechteten. Sie konnten nicht genau erkennen was sie tat, doch plötzlich hörte die Weide auf sich zu bewegen und beide verschwanden in der Dunkelheit des Baumes. Sie verharrten eine Weile dort, doch die beiden tauchten nicht wieder auf.
 

»Wo sind die beiden hin gegangen?«, fragte Peter mit einem Hauch Panik in der Stimme.

»Keine Ahnung« erwiderte James. »Vermutlich ist da irgendwo ein Geheimgang.«
 

»Ich werde nachsehen«, sagte Sirius plötzlich und schlich mit erhobenen Zauberstab auf die Weide zu, welche jedoch sofort begann nach ihm zu schlagen.

Sirius versuchte ein paar Mal den Stamm zu erreichen, doch wurde er jedes Mal zurückgeschlagen.
 

»Immobilus!«, rief Sirius wütend und die Äste der Weide schwebten in der Luft.
 

Mit einem zufriedenen Grinsen näherte er sich dem Stamm.
 

»Hier ist ein Schacht«, rief er seinen Freunden zu, während er den Baum ein paar mal umrundete.

»Lumos«, murmelte er und es erschien Licht an der Spitze seines Zauberstabes.
 

Vorsichtig tastete er den Baum ab, doch konnte er nichts ungewöhnliches entdecken, was den Baum dazu bringen konnte nicht mehr auszuschlagen.
 

Plötzlich raschelte etwas und Sirius erkannte ein schwaches Licht, welches aus dem Geheimgang kam.
 

»Nox«, murmelte er sofort und presste sich in den Schatten ganz dicht an den Stamm.
 

Madam Pomfrey kletterte aus dem Geheimgang und drückte ihre Hand kurz auf eine bestimmte Wurzelknolle wie Sirius beobachten konnte. Daraufhin hörte der Baum auf um sich zu schlagen. Schnellen Schrittes betrat Madam Pomfrey wieder das Schloss.
 

Sirius wartete noch einen Moment bevor er nach der Wurzelknolle tastete. Energisch winkte er seinen Freunden zu, dass sie zu ihm kommen sollen.

James und Peter verließen ihr Versteck und musterten wenig später die Knolle und den Schacht.
 

»Gehen wir rein?«, fragte Sirius, doch James Grinsen verriet Peter, dass es eine rhetorische Frage gewesen war.
 

Die drei kletterten in den Schacht hinunter und befanden sich in einem Geheimgang. Durch das Licht am Ende ihrer Zauberstäbe konnte man erkennen das der Gang nur in eine Richtung führte. Sie beschlossen ihm zu folgen.
 

»Was erwartet uns wohl am Ende des Ganges?«, wisperte Peter.
 

Sirius und James warfen sich einen besorgten Blick zu.
 

»Ich hoffe nicht das, was wir vermuten«, murmelte James, als sie am Ende des Ganges und an einem weiteren Schacht angekommen waren.
 

Die drei kletterten hinauf und fanden sich in einer Art Haus wieder, welches jedoch ziemlich heruntergekommen wirkte. Es war schmutzig und staubig dort. Die wenigen Gegenstände größtenteils zerstört und alle Fenster waren mit Brettern zugenagelt.

Mit erhobenen Zauberstäben gingen sie die knarrende Holztreppe in den ersten Stock empor.
 

»Madam Pomfrey?«, fragte Remus Stimme in die Dunkelheit.
 

Als er das Knarren auf der Treppe vernahm steckte er seinen Kopf aus einem Zimmer. Seine Augen weiteten sich, als er James, Sirius und Peter erblickte, welche ihm ein unschuldiges Lächeln zu warfen.
 

»Also hier treibst du dich rum«, erwiderte Peter freundlich, als er seinen Zimmergenossen erkannte.

»Ihr müsst hier sofort verschwinden!«, fuhr er die drei an.

»Sei nicht böse. Wir waren halt etwas neugierig wo du jeden Monat hin verschwindest«, sagte James beschwichtigend, während Remus auf sie zu stolperte und versuchte sie zur Treppe zu bugsieren.

»Raus!«, schrie er die drei an. »Sofort!«
 

»Beruhig dich Remus. Wir erzählen ja keinem, dass du dich jeden Monat nachts heimlich mit Madam Pomfrey in 'ner heruntergekommenen alten Hütte triffst«, feixte Sirius und löste sich aus Remus Griff.
 

Remus verdrehte die Augen und hatte versucht ein Grinsen zu unterdrücken, als er die drei ein weiteres Mal zurückwies.
 

»Ihr versteht das nicht!«

»Du stehst auf sie. Klar verstehen wir das«, sagte Sirius grinsend.

»Ich stehe nicht auf Madam Pomfrey!«, fuhr er Sirius an. »Ihr versteht das nicht. Ihr müsst sofort verschwinden! Bitte!«, flehte er die drei an.
 

Doch das Licht des Vollmondes drang bereits durch die Fenster der heulenden Hütte. Remus blieb wie hypnotisiert im Licht des Mondes stehen. Sein Blick war starr auf den Mond gerichtet. Er hatte die Arme an seinen Körper gepresst und wurde ganz steif. Seine Augen weiteten sich, waren Blutunterlaufen. Sein Mund stand offen. Sein Kiffer zitterte und begann sich zu vergrößern. Sein Gesicht veränderte sich zu einer Schnauzenform.
 

James und Sirius schluckten leise. Sie hatten also doch Recht behalten. Remus Lupin war ein Werwolf. Jeden Monat wen er vorgab krank zu sein, saß er also in der heulenden Hütte und verwandelte sich.

Reflexartig griff James nach Sirius und Peters Armen und zerrte sie die Treppe herunter.
 

»Wir müssen hier so schnell wie möglich abhauen, solange er sich verwandelt«, schrie James den starr gewordenen Peter an, während er ihn in den Schacht schubste.
 

Mit einem Zauber verbarrikadierten James und Sirius den Schacht mit einigen herumliegenden Holzbrettern und hechteten mit leuchtenden Zauberstäben den Tunnel entlang. Von weitem konnten sie das Heulen des Wolfes hören, welcher vermutlich gerade seine Krallen in die Holzbretter zum Schacht versenkte. James rannte schneller, als er daran dachte, dass Remus sie vermutlich riechen konnte.
 

Als sie das Ende des Geheimganges erreichten streckte Sirius einen Arm aus dem Schacht um die Knolle zu drücken. Schnell kletterten sie einer nach dem anderen aus dem Schacht heraus und rannten herüber zu dem Gestrüpp hinter dem sie sich eine Stunde zuvor vor Madam Pomfrey versteckt hatten. Alle drei waren außer Atem und gönnten sich eine Verschnaufpause. Peter war noch ganz käsig und bleich im Gesicht.
 

»Remus ist also wirklich ein Werwolf«, sagte James außer Atem.

»Er hat sich nicht unter Kontrolle. Ich bin froh, dass er uns nicht gebissen hat«, meinte Sirius.

»Wir müssen es einem Lehrer sagen«, erwiderte Peter mit panischem Gesichtsausdruck.

»Und Punkabzug dafür riskieren, dass wir nachts auf dem Schulgelände herumgeschlichen sind?«, keifte Sirius ihn an.

»Offenbar wissen die Lehrer darüber Bescheid. Sonst hätte ihn Madam Pomfrey nicht hier hergebracht«, überlegte James.

»Was tun wir dann?«, f ragte Peter verwirrt.
 

Einen Moment schwiegen die drei. Sie wussten nicht viel über Werwölfe.
 

Wie gefährlich war Remus, wenn die Lehrer ihm doch erlaubten Hogwarts zu besuchen? Konnte man ihm irgendwie helfen, ihm seinen Schmerz erleichtern?
 

Die drei Freunde beschlossen vorerst stillschweigen über die Erlebnisse der heutigen Nacht zu halten. Morgen würden sie in der Bibliothek erst mal eine ausführliche Recherche zum Thema Werwölfe betreiben und Remus Lupin hatte ihnen wohl einiges zu berichten, wenn er in den nächsten Tagen aus dem Krankenflügel entlassen wurde.

Vier Freunde

7. Akt: Vier Freunde
 


 

„Kein Mensch kann über einen längeren Zeitraum ein Gesicht zu sich selbst tragen und eins für die anderen ohne im Endeffekt verwirrt zu sein, welches das echte sein mag.“

(Hawthorne)
 


 


 

Remus Lupin lag zwei weitere Tage im Krankenflügel und starrte die Decke an. Seine drei Zimmergenossen kamen ihn nicht mehr besuchen und er wusste, dass es nur noch eine Frage der Zeit war bis man ihm mitteilen würde, dass er Hogwarts verlassen musste. Vermutlich wusste bereits die halbe Schule um sein Geheimnis. Man würde mit dem Finger auf ihn zeigen, ihn verurteilen, sich vor ihm fürchten und ihn meiden sobald er den Krankenflügel verließ.
 

Madam Pomfrey jedoch ließ sich nichts anmerken, sie musste eine großartige Schauspielerin sein, dachte Remus. Sie war freundlich wie immer, als sie ihm ein Stück Schokolade in den Mund schob bevor sie ihm am Sonntag Abend aus dem Krankenflügel entließ.
 

Zögerlich betrat Remus den Gemeinschaftsraum der Gryffindors. Fast niemand schenkte ihm Interesse und er war froh darüber, denn so konnte er schnellen Schrittes in seinem Schlafsaal verschwinden, um schon mal seinen Koffer zu packen. Er war froh, dass er niemanden antraf als er den Schlafsaal betrat.

Er warf sich noch ein letztes Mal, wie er glaubte auf die weiche Matratze seines Himmelbettes und versuchte sich Worte zu Recht zu legen, wie er sich am besten bei seinen Zimmergenossen, Mitschülern und Lehrern entschuldigen konnte.
 

Entschuldigen dafür, dass er es überhaupt gewagt hatte nach Hogwarts zu kommen. Doch gab es für ein solches Vergehen überhaupt die richtigen Worte?
 

Es mussten ein paar Stunden vergangen sein, als sich die Tür zum Schlafsaal öffnete und James, Sirius und Peter hereinkamen. Er schloss die Augen ganz fest und atmete noch einmal tief durch bevor er sich langsam aufrichtete. Er musterte die drei, welche ihm einen unsicheren Blick zu warfen. War es Angst in ihren Gesichtern? War es Abscheu oder sogar Belustigung?

Sirius lächelte ihm tatsächlich zu.
 

»Wie geht’s dir Remus?«, fragte James.
 

Klang Sorge in seiner Stimme mit? Remus presste die Lippen aufeinander und stand nun auf, stellte sich den dreien direkt gegenüber.
 

»Es tur mir Leid«, sagte er dann. »Ich weiß es gibt keine Entschuldigen dafür, was ich euch hätte antun können. Ich habe mich in diesem Zustand nicht unter Kontrolle. Aber ihr sollt wissen, dass es mir unsagbar Leid tut. Ich wollte, dass ihr das wisst bevor sie mich hier raus werfen.«
 

Verwirrt musterten die drei Remus und warfen sich dann gegenseitig verwirrte Blicke zu.
 

»Wovon redest du überhaupt?«, fragte Sirius skeptisch.

»Niemand wirft dich raus, soweit wir wissen. Ich meine die Lehrer wissen doch offenkundig von deinem Problem, sonst hätte Madam Pomfrey dich ja nicht weggebracht?«, fragte James irritiert.

»Natürlich wissen sie es. Ich verdanke allein Dumbledore, dass ich überhaupt hier zu Schule gehen durfte.«

»Gehen darf«, korrigierte Peter.
 

»Nach der Sache vor zwei Tagen, werden sie mich raus werfen Peter und ich verdiene es, wenn ich daran denke, dass ich euch dreien das gleiche wie mir hätte an tun können.«
 

James verdrehte die Augen. Manchmal war Remus wirklich eine Dramaqueen.
 

»Bleib mal locker. Es weiss niemand, was passiert ist, weil wir es niemanden gesagt haben und auch nicht erwischt wurden.«
 

James grinste bei dem Gedanken daran, mal wieder mit einem Regelbruch davon gekommen zu sein.
 

»Aber...«, setzte Remus an und ließ sich wieder aufs Bett fallen.
 

James setzte sich neben ihn und legte seine Hand auf seine Schulter.
 

»Hör zu Remus. Es war doch unsere eigene Schuld, dass wir euch gefolgt sind. Du brauchst dir da keinerlei Vorwürfe zu machen«, versuchte James ihn zu beruhigen.
 

Nun war es an Remus verwirrt drein zu blicken. Hatten sie überhaupt keine Angst vor ihm? Warum verachteten sie ihn nicht, wie es alle anderen Menschen taten die von seinem Geheimnis erfuhren.
 

»Warum tut ihr das?«, fragte er tonlos.

»Tun wir was?«, fragte Sirius mit hochgezogenen Brauen.
 

»Warum seid ihr nett zu mir? Warum verachtet ihr mich nicht? Warum...?«

»Weil wir Freunde sind«, sagte James empört. »Du bist doch immer noch du. Es ändert nichts, wenn du dich einmal im Monat in einen Werwolf verwandelst.«
 

Remus wollte gerade ansetzen etwas zu sagen, doch James gebot ihm zu schweigen.
 

»Wir haben die letzten Tage in der Bibliothek ein wenig über Werwölfe recherchiert«, meinte James.

»Es gibt keinen Trank oder Zauber, der dir helfen kann«, warf Peter ein, woraufhin Sirius und James ihm einen bösen Blick zuwarfen.
 

»Ich weiss. Meine Eltern haben mich damals, nachdem Fenrir Greyback mich gebissen hat, zu allen erdenklichen Ärzten gebracht, doch es gab nichts was sie tun konnten, um mir zu helfen oder mir die Qualen der Verwandlung zu erleichtern. Das Gebiet ist noch zu unerforscht, weil Werwölfe immer zu den schäbigsten Kreaturen der Zauberwelt gehörten und gehören werden« ,erzählte Remus niedergeschlagen.
 

»Nun ja, wir haben uns überlegt, da wir dir bei dem Verwandlungsproblem nicht helfen können, dass du in den Vollmondnächten zumindest nicht allein sein solltest«, sagte James.
 

Remus Augen weiteten sich. Was sagten diese Jungen, die gerade Mal 12 Jahre alt waren, da? Haben sie nicht verstanden, welche Gefahr er darstellte?
 

»Wir wissen, dass ein Biss von dir uns selbst in Werwölfe verwandeln würde«, ergänzte Peter, der Remus bleiches Gesicht bemerkte.
 

»Tieren hingegen kann dieser Biss nichts anhaben«, fuhr Sirius fort und grinste James zu.
 

Remus hob die Brauen. Wovon sprachen die drei überhaupt? Es ist bekannt, dass der Biss eines Werwolfs nur bei Menschen Folgen haben würde. Tiere konnten sogar mehr oder minder mit ihm kommunizieren. Dies hatte er bei einer seiner frühen Verwandlungen in seinem Elternhaus herausgefunden.
 

»Wir haben beschlossen Animagi zu werden«, sagte James und grinste seinen Freunden dabei unbeschwert zu.
 

Remus Lupin sollte noch drei Jahre warten, bis seine Freunde ihre Versprechen einhalten würden und ihm in ihrer Animagusgestalt bei den Vollmondnächten begleiten würden.
 

Denn es stellte sich heraus, dass es gar nicht so einfach war ein Animagus zu werden. Die Animagusgestalt selbst war nicht frei wählbar, sondern von der Persönlichkeit des jeweiligen Zauberers abhängig. Zudem war dieser Zauber so schwierig, dass selbst die besten Zauberer Jahre brauchten um sich erfolgreich in einen Animagus verwandeln zu können. Hinzu kam, dass die Verwandlung erst ab dem 17ten Lebensjahr gestattet war und sich jeder Animagus unter strengster Aufsicht und Kontrolle des Zaubereiministeriums registrieren musste.
 

In diesem Jahrhundert gab es nur zwei registrierte Animagi, einer davon war ihre Hauslehrerin Professor McGonagall, wie die vier Freunde nach weiteren Recherchen zum Thema herausfanden.

Den Rest des Schuljahres hatte Remus versucht seine Freunde von ihrem Vorhaben abzubringen, doch war er jedes Mal aufs neue um so gerührter als sie darauf bestanden es weiter zu versuchen. Remus bedeutete dies sehr viel, da er zum ersten Mal in seinem Leben spürte was es bedeutet wahre und loyale Freunde zu haben.

Eine Bande von Rumtreibern (3.Schuljahr)

8.Akt: Eine Bande von Rumtreibern
 


 

"Von allen Geschenken, die uns das Schicksal gewährt, gibt es kein größeres Gut als die Freundschaft - keinen größeren Reichtum, keine größere Freude."

-(Epikur)
 

Professor Minerva McGonagall saß in ihrem Büro und las aufmerksam den Tagespropheten. Ihre Brillengläser ruhten auf ihrer Nasenspitze, während sie die Schlagzeilen überflog und gelegentlich an ihrer Tasse Tee nippte.
 

Gerade setzte sie die Tasse an ihren Mund, als ein lauter Knall sie zusammenzucken ließ. Das Teewasser verteilte sich auf ihrem Schreibtisch und durchnässte sowohl die Zeitung als auch ihren Umgang. Gereizt zog sie ihren Zauberstab hervor und murmelte einen Trocknungszauber, als ein zweiter Knall ertönte, auf welchen ein Schrei folgte. Prof. McGonagall seufzte.
 

»Wenn es sich um dieselben Unruhestifter handelt, um die es immer geht wird diesmal mehr als eine Woche nachsitzen dabei herauskommen«, murmelte sie wütend.
 

Sie vernahm Bewegung auf dem Flur vor ihrem Büro, noch bevor sie die Tür öffnete.
 

Schnellen Schrittes stolzierte sie den Flur entlang, um nach der Wurzel des Übels zu suchen, als ihr auch schon einige Feuerwerksraketen entgegenflogen, welche sie mit einem einfachen Schildzauber abwehrte.

McGonagall wusste nicht wo sie hinsehen sollte.
 

Der ganze Flur war voller Rauch.

Es war ein richtiger Tumult ausgebrochen. Schüler rannten quer durch die Gegend, schrien, duckten sich, warfen sich gegen die Wand, um einer Rakete auszuweichen oder hechteten in den nächsten Flur.
 

Doch schon bald entdeckte sie die vermeintlichen Übeltäter.

Sirius Black und James Potter standen an der Mauer des angrenzenden Flures und lachten so sehr, dass sie sich beinahe nicht mehr auf den Beinen halten konnten.
 

»Mr. Black. Mr. Potter«, fuhr McGonagall sie an.
 

Sofort wandten sich die Köpfe der beiden zu ihrer Hauslehrerin um, welche sie vor lauter lachen und dem Rauch nicht kommen gesehen haben. Ihr Lachen erstarb sofort und James gluckste schwer.
 

»Oh,Oh. Das gibt Ärger Jamie«, murmelte Sirius ihm zu, woraufhin James' ihm mit den Ellenbogen in die Rippe boxte, er hasste diesen Namen, den sonst nur seine Mutter benutzte.
 

Im nächsten Moment setzte er sein charmantestes Lächeln auf und warf es seiner Hauslehrerin entgegen. Auch James versuchte es mit seiner besten Unschuldsmiene.
 

»Was gibt’s Professor?«, fragte Sirius unschuldig.

»Was es gibt?«, fuhr sie die beiden an.
 

Ihre Arme weiteten sich und gestikulierten wild im Raum herum, um irgendwie das Ausmaß des Tumults annähernd erfassen zu können.
 

»Wir haben keine Ahnung was hier passiert ist«, log Sirius sofort.
 

James nickte ihm eifrig zu. McGonagall hob eine Braue.

»Sie wollen mir ernsthaft weiß machen, dass Sie mit dieser Aktion hier nichts zu tun haben?«, fragte sie die beiden im sarkastischen Tonfall.

»Genau wir sind eben erst gekommen«, bestätigte James mit einem Lächeln, als Peter gerade mit einer weiteren Ladung Raketen um die Ecke gelaufen kam.
 

»Jungs, ich hab die restlichen Rak....«
 

Die Raketen fielen zu Boden, während Peter mit starrem Blick und offenem Mund von seinen Freunden zur wütenden McGonagall blickte. James und Sirius warfen ihm für sein schlechtes Timing wütende Blicke zu. Peter sah beschämt zu Boden.
 

»Dann hätten wir das ja geklärt«, feixte McGonagall, während James sie entschuldigend anlächelte.
 

»Sie Bande von Rumtreibern werden hier sofort alles wieder aufräumen und selbstverständlich eine Strafe bekommen. Ich werde heute Abend mit Mr. Filch darüber sprechen und 30 Punkte Abzug für Gryffindor!«, zischte sie den dreien zu, während sie die restlichen Raketen beschlagnahmte.
 

Wütend stapfte sie davon und James warf Peter nochmals einen wütenden Blick zu.
 

»Oh man, das war unser letzter Vorrat«, seufzte Peter.

»Dein Timing ist echt scheiße!«, fuhr James ihn an.
 

Sirius hingegen, grinste nur wie ein Honigkuchenpferd vor sich hin.

»Rumtreiber«, wiederholte er gedankenversunken. »Das wäre doch ein toller Name für unsere Clique.«
 

Nun grinsten auch James und Peter.
 

»Gefällt mir auch«, sagte James und klopfte Sirius anerkennend auf die Schulter.

Lachend verließen die drei Jungen den Flur.
 


 

* * *
 


 

Lily Evans hustete stark, während Severus Snape sie aus dem Rauch und nach draußen zerrte. Als sie die milde Frühlingsluft in ihre Lungen sog, ging es ihr direkt besser.
 

»Diese Idioten!«, beschwerte sie sich, während sie sich mit Severus unter einem Baum setze.

»Potter und Black. Was hast du anderes erwartet?«, bestätigte Sev.
 

Noch eine ganze Weile echauffierten sich die beiden über die Unruhestifter, bis Lily sich schließlich müde ins Gras fallen lies und ihre Augen schloss.
 

Sie genossen die Stille, welche keineswegs peinlich war, denn Lily und Severus verstanden sich auch ohne Worte. Sie kamen oft hierher um nachzudenken, sich über die Rumtreiber aufzuregen, wie McGonagall sie nannte oder ausgelassen miteinander das Leben zu genießen.
 

Severus rupfte ein paar Blumen aus dem Gras und begann sie aneinander zu knoten. Lily, welche ihn aus den Augenwinkeln beobachtet hatte richtete sich nun auf und sah ihm interessiert zu.

»Was wird das?« Fragte sie mit einem Lächeln.
 

Severus knotete die letzten Blumen aneinander bevor er sich zu Lily umwandte und ihr ein schüchternes Lächeln schenkte, bevor er die Blumen an einer ihrer Spangen an ihrem Haar befestigte.
 

»Danke«, sagte sie mit leicht geröteten Wangen und reichte ihm eine Pusteblume.

»Auf drei?«, fragte sie während sie sich auch eine aus dem Gras zupfte.

»Eins, Zwei, Drei!«, sagte Severus und beide pusteten gleichzeitig, woraufhin die Pollen der Blumen durch die Luft schwebten.
 

Da war es wieder, dieses wunderschöne und glockenhelle Lachen, welches Severus so sehr an Lily liebte.
 

»Lass uns rein gehen«, sagte Lily schließlich und reichte ihm ihre Hand.

»Können wir in der Bibliothek kurz was recherchieren? Ich glaube für meinen Verteidigung gegen die dunklen Künste Aufsatz fehlen noch ein paar Merkmale zu den unverzeihlichen Flüchen«, fragte sie ihn entschuldigend.

»Klar, kein Problem. Ich glaube ich habe auch nicht alle.«
 

Gemeinsam betraten sie die Bibliothek und fanden in den hinteren Reihen, nahe der verbotenen Abteilung noch einen freien Tisch, den sie sogleich beschlagnahmten.

Lily war gerade in einem Absatz ihrer Lektüre über den Imperiusfluch vertieft, als Severus mit einem Stapel Bücher an ihrem Tisch trat.
 

»Brauchst du die etwa alle für deinen Aufsatz?«, fragte sie erstaunt.

Severus winkte ab.

»Ich lese nur ein wenig Hintergrundlektüre«, gestand er kleinlaut, während er die Bücher so platzierte, dass Lily die Buchrücken nicht sehen konnte.
 

Doch Lily war bereits wieder in ihre eigene Lektüre vertieft und einen Moment später vernahm Severus das kratzen ihrer Feder auf ihrer Pergamentrolle.
 

Severus vergrub sein Gesicht in einem Buch mit dem Titel „Die dunklen Künste – Kennen was wir bekämpfen“ von Newton Bay, welches wohl das für Schüler zugänglichste Buch über die Ausführung der dunklen Künste war.
 


 

* * *
 


 

»Ätzend!«, stöhnte Sirius zum vermutlich sechsten Mal an diesem Abend genervt auf, während er einen vergilbten Lappen in die Ecke pfefferte, sich auf den Boden legte und seine Gliedmaßen in alle Richtungen ausstreckte.
 

»Sei froh, dass wir nur die Pokale hier abstauben müssen und nicht die Nachttöpfe des Krankenflügels mit einer Zahnbürste schrubben müssen«, erwiderte Peter, während er einen Hauspokal des Jahres 1952 zurück in die Vitrine stellte.
 

Sirius schnaubte.

»Und wessen Schuld ist das?«, fuhr er ihn an.

»Wäre dein Timing nicht so scheiße gewesen, hätte McGonagall uns die Aktion nicht nachweisen können.«

Peter wandte sich zu ihm um und warf ihm einen wütenden Blick zu.

»Du hattest gesagt, dass ich die restlichen Raketen aus dem Geheimgang holen soll. Ich konnte doch nicht wissen, dass McGonagall in der Nähe war.«
 

»Abgesehen davon, dass mir ein Feuerwerk im Freien besser gefallen hätte, hättet ihr die Aktion nicht in der Nähe ihres Büros starten sollten«, sagte Remus beiläufig.

»Es wäre wirklich genial gewesen, wenn McGonagall uns nicht gesehen hätte.«, seufzte Sirius in Erinnerungen schwelgend.

»Aber wir konnten mitten am Tag zwischen all den Schülern doch nicht den Tarnumhang nehmen, geschweige den darunter die Raketen anzünden.«
 

»Wir kennen mittlerweile so viele Geheimgänge und versteckte Orte, dass es wirklich eine Schande ist jedes Mal erwischt zu werden«, gestand James, welcher zuvor in ein Portrait von Fabian Prewett versunken gewesen war, welcher den Quidditchpokal des Jahres 1970 in den Händen hielt.
 

»Wir müssen eine Möglichkeit finden, irgendwie im Vorfeld auszukundschaften, welche Lehrer in der Nähe sind.«
 

»Vielleicht sollten wir uns vorab aufteilen und über die Geheimgänge abchecken, welche Lehrer grade in ihren Büros, im Lehrerzimmer oder sonst wo sind«, überlegte Peter. Remus winkte ab.
 

»Viel zu zeitaufwendig. Abgesehen davon vergisst du doch eh ständig in welchem Flur, welcher Geheimgang endet.«
 

Peters Wangen röteten sich leicht.
 

»Ich werde es mir aufschreiben, damit ich es nicht immer vergesse.«

»Klar und dann lässt du den Zettel im Gemeinschaftsraum liegen und alle wissen sofort über die Geheimgänge Bescheid.«

Sirius rollte mit den Augen.

»Nicht wenn ich ihn mit einem Zauber belege oder so«, murmelte Peter verlegen.
 

»Ich finde die Idee gar nicht mal so schlecht«, meinte Remus nach einer kurzen Pause. »Wir könnten in der Bibliothek mal nach eine Karte vom Schloss suchen und dort dann die uns bekannten Geheimgänge einzeichnen. So weiss jeder von uns immer welcher wo ist, wo hinführt und wir können bei Gelegenheit neue einzeichnen, falls wir denn welche entdecken sollten«, schlug Remus vor.
 

Peter nickte begeistert. Sirius war noch nicht ganz überzeugt.
 

»Was nutzt uns die Karte, wenn wir nicht wissen, welche Lehrer wo sind?«, seufzte Sirius.

»Ich habe da vielleicht eine Idee«, meinte James plötzlich. »Mein Vater erzählte in den Sommerferien von einem Vorfall im Ministerium.«
 

Als er in die fragenden Gesichter seiner drei Freunde blickte, winkte er plötzlich ab.

»Vergesst es erst mal. Ich kümmre mich in den Sommerferien mal darum. Die Idee mit der Karte ist genial Moony. Wir fangen heute Abend noch damit an.«
 

Er blickte sich noch einmal wehmütig im Raum umher.
 

»Naja, wenn wir hiermit fertig sind, kümmern wir uns darum.«

Der Junge, der nach Slytherin kam (4.Schuljahr)

9.Akt: Der Junge, der nach Slytherin kam
 


 

„So nah sich Brüder sind,

Besitz und Vorteil halten sie auseinander.“

-(Chinesisches Sprichwort)
 


 

Sirius Black starrte schon eine ganze Weile gedankenverloren zum Slytherintisch herüber. Dort saß ein junger Mann mit ebenso langen schwarzem Haar und stahlgrauen Augen wie seinen. Er unterhielt sich mit Mulciber.
 

Remus beobachtete Sirius eine Weile bis er ihn irgendwann in die Seite stieß.
 

»Was schaust du denn da immer?«, fragte er gespielt belustigt.
 

Sirius erwachte aus seiner Starre und sah in die fragenden Gesichter seiner Freunde. Gequält versuchte er ein Lächeln und winkte ab.
 

»Ach, ich war nur in Gedanken. Nichts weltbewegendes«, sagte er lässig während er den Blick starr auf seinen Teller gerichtet hatte, in welchem er nun lustlos herumstocherte.
 

»Regulus«, murmelte James, welcher Sirius' Blick gefolgt war.
 

Sirius Blick war starr auf seinen Teller gerichtet, während er sprach, seine Lippen zu einem schmalen Strich verzogen und seine Hand, bereits zu einer Faust geballt, umklammerte seine Gabel fester als es nötig gewesen wäre.
 

»Lasst uns das bitte nicht hier besprechen«, bat Sirius seine Freunde und begann sich nun eilig eine Ladung Kartoffelbrei in den Mund zu schieben.
 

Wenig später saßen die vier Freunde in ihrem Schlafsaal und machten sich bettfertig. Peter sortierte gerade seine Schokofroschkarten, während James sich einige Lakritzzauberstäbe in den Mund schob.
 

»Wir waren eben noch beim essen und du hast dir schon die Zähne geputzt James«, tadelte ihn Remus, während er sich sein Pyjamaoberteil über den Kopf zog.
 

»Die sind mit Pfeffermünzgeschmack Mom«, erwiderte James theatralisch, was Remus mit einem Augenrollen quittierte.
 

Sirius kam gerade aus dem Bad und trocknete sich mit einem Handtuch die Haare ab, als James sich auf sein Bett schmiss.
 

»Wie läuft es zwischen dir und Regulus?«, fragte Remus nun vorsichtig.

»Noch ganz gut«, murmelte Sirius verhalten.

»Klingt nicht sehr überzeugend«, erwiderte Remus mit hochgezogener Braue.
 

»Wir hatten in den Ferien einen kleinen Streit«, gab Sirius schließlich zu und schnappe sich einen von James' Lakritzzauberstäben.

»Er ist, wie es meine Familie so sehr wollte nach Slytherin gekommen. Regulus kann die Schande, die ich meiner Familie gebracht habe wieder wett machen.«
 

Er seufzte.
 

»In unserer Kindheit stand Regulus immer in meinem Schatten. Ich war der ältere und stärkere von uns und das wussten unsere Eltern. Ich wurde immer mehr beachtet und geschult als Regulus. Ich habe ihm immer beigestanden, wenn unsere Eltern ihm mal wieder Unrecht getan haben, aber er hat es innerlich nie überwunden in ihrer Gunst unter mir gestanden zu haben. Was nebenbei bemerkt vollkommen schwachsinnig ist. Eltern sollten doch genetisch darauf programmiert sein ihre Kinder gleichwertig zu lieben.«
 

Er machte eine kurze Pause.
 

» Und dann, vor vier Jahren änderte sich alles. Durch das Infragestellen der Ideale und Werte der Blacks und schließlich durch die Einteilung nach Gryffindor bin ich zur Familienschande geworden. Jetzt liegen die Hoffnungen der Blacks in ihm und er denkt, dass er dem Druck unserer Familie gewachsen ist. Aber ich kenne Regulus er ist nicht stark genug. Ich habe Angst, dass er daran zerbrechen könnte.«
 

Sirius ließ sich aufs Bett fallen und schloss für einen Moment die Augen.
 

»Es ist sein Leben. Er muss die Entscheidungen treffen und damit klar kommen. Wenn er sich nicht von dir helfen lassen will musst du das akzeptieren«, durchbrach James plötzlich die Stille.
 

»Er fühlt sich endlich wahrgenommen und anerkannt Er würde diesen Triumph nicht aufgeben.«

»Es ist rührend wie sehr du dich um ihn sorgst, aber er hat doch die Wahl gehabt. Er muss nicht das tun was deine Familie von ihm verlangt«, meinte Peter.

»Du verstehst das nicht. Unsere Eltern sind sehr autoritär. Es ziemt sich nicht ihnen zu widersprechen und es liegt in unserer Erziehung ihnen zu gehorchen«, erklärte Sirius.

»Du hast dich auch gegen ihre Werte aufgelehnt und dich für einen anderen Weg entschieden«, warf Remus ein.
 

»Ja und das bekomme ich in jeden Sommerferien zu spüren. Regulus sieht wie sich mich behandeln und er will vermeiden, dass es ihm genauso ergeht wie mir.«
 

Sirius spürte die mitleidigen Blicke seiner Freunde auf ihm. Mitleid war etwas was er absolut nicht wollte. Er lächelte gequält.
 

»Lassen wir das Thema lieber. Da wird man ja noch ganz depressiv«, meinte er plötzlich und sprang vom Bett auf. Freudig klatschte er in die Hände und musterte die nun irritiert dreinblickenden Mienen seiner Freunde.
 

»Wir sollten lieber nochmal über die Animagussache sprechen. Ich will nicht am Ende mit einem halben Löwenkopf herumlaufen.«
 

»Du glaubst du würdest ein Löwe werden?«, fragte James spöttisch.

»Wohl eher ein Strauß “Mr. Ich style meine Haare jeden Morgen eine geschlagene Stunde vorm Spiegel Black“.«
 

Sirius lachte, dankbar für James Unterstützung beim Themenwechsel.
 

»Ich denke immer noch, dass es keine gute Idee ist. Es ist viel zu schwierig für einen Viertklässler und-«
 

»Remus das Thema ist durch. Wir werden Animagi egal wie. Ob du nun willst oder nicht«, erwiderte James gereizt.

»Genau. Außerdem hat James es letztens fast geschafft ja.«
 

»Fragt sich nur was für ein Tier das gewesen sein soll«, erwiderte Remus sarkastisch. »Du hättest auch mit einem halben Eberkopf davon kommen können. Du hast die Bilder in den Büchern gesehen. Einige Zauberer haben den Schwierigkeitsgrad dieser Magie hart unterschätzt und leben fortan als halbes Tier«, mahnte Remus, was sowohl James als auch Sirius mit einem Augenrollen quittierten.
 

»Wir sind aber nicht irgendwer«, erwiderte James arrogant.

» Wir sind Jahrgangsbeste in Verwandlung Moony. Wenn nicht wir wer sollte es dann schaffen«, meinte Sirius und lehnte sich gemütlich in seine Kissen zurück.
 

Peter sagte nichts. Mit aufeinander gepressten Lippen warf er einen wehleidigen Blick in die Runde bis James ihm aufmunternd auf die Schulter klopfte.
 

»Keine Sorge Peter. Wir helfen dir. Du wirst es auch schaffen«, sagte James beruhigend und legte sich dann ebenfalls in sein Bett.
 

Wenig später war nur noch leises atmen und hin und wieder mal ein Schnarchen im Schlafsaal der Rumtreiber zu hören. Doch Peter blieb noch lange wach und dachte schwermütig über die Animagussache nach. Ihm war bewusst, dass er an Talent weit hinter seinen drei Freunden stand. Besonders Verwandlung war nicht gerade sein bestes Fach.

Zwar gab ihm James bereits seit einiger Zeit Nachhilfe, was ihm im Unterricht auch tatsächlich weiter half, doch bei der Verwandlung in einen Animagus ist er noch kein Stück voran gekommen. Nur James war schon sehr nah dran gewesen und dafür hatte er ein ganzes Jahr gebraucht.
 

Peter fragte sich noch lange, ob er es jemals schaffen würde ein Animagus zu werden und wenn ja was er wohl für ein Tier werden würde. Er hoffte auf einen Adler oder ein anderes Flugwesen. Durch die Lüfte zu fliegen ohne auf jemanden Rücksicht nehmen zu müssen, einfach nur frei sein, ja das musste ein wundervolles Gefühl sein.

Hormone

10. Akt: Hormone
 


 

"Verzeihe denen, die dich angelogen haben -

sie wussten sich nicht anders zu helfen.

Verzeihe denen, die dich nicht liebten -

sie kamen nicht mit der Situation klar, geliebt zu werden.

Lasse sie gehen und sie werden bereuen,

das beste im Leben verloren zu haben…"
 


 


 

Es muss im viertem Schuljahr gewesen sein, als James Potter und Sirius Black begannen sich für das andere Geschlecht zu interessieren und das mehr als alle anderen Jungen in ihrem Alter.
 

Rosalie Pond rümpfte die Nase, als sie beobachtete wie Sirius Black gerade Betty Miller gegen das Bücherregal drückte und den Kuss intensivierte, während seine Hand viel zu nah an ihrem Dekolletee ruhte.
 

Nicky McDougals Blick hingegen war auf ihren Aufsatz für Verwandlung gerichtet. Nur einen winzigen Moment schweifte ihr Blick von Rosalie zu Sirius und Betty, woraufhin sie Rosalie mit dem Ellenbogen in die Seite stach.
 

»Hör auf darüber zu sehen«, bluffte sie ihre Freundin an.

»Aber es ist unglaublich«, flüsterte sie ihr zu.
 

Nicky verdrehte die Augen. Was fanden nur immer alle an Sirius Black? Ohne Frage sah er wie alle Blacks verboten gut aus und konnte auch sehr charmant sein wenn er denn wollte, jedoch waren diese Argumente nicht ausreichend um seinen Charakter irgendwie in ein besseres Licht zu stellen.
 

»Unglaublich ist, dass er letzte Woche noch mit Amanda Bones zusammen war«, flüsterte Rosalie Nicky zu, womit sie wieder beim Thema des schlechten Charakters angelangt waren.

»Was erwartest du, es ist Black«, meinte Nicky ungehalten.
 

Ihr Blick war weiterhin auf das Pergament vor ihr gerichtet. Nachdenklich kratzte sie sich am Kopf. Ohne ihre Feder abzulegen überlegte sie die weiteren Merkmale des Verwandelns einer Maus in einen Trinkpokal. Wenn sie sich recht erinnerte mussten es drei Dinge sein, die zu beachten waren, sie hatte bisher jedoch nur zwei notiert.
 

Mit hochgezogener Braue lugte sie auf Rosalies Pergament. Diese hatte jedoch gerade Mal ein Merkmal notiert und hatte dann begonnen ein Herz auf einen Schmierzettel zu zeichnen. Nicky seufzte. Wenn Lily hier wäre, könnte sie bei ihr abschreiben.
 


 

* * *
 


 

Lily Evans streckte sich der Sommersonne entgegen und ließ einen Moment die wohlige Wärme der ersten warmen Sonnenstrahlen auf sich wirken. Severus stand einige Meter hinter ihr und beobachtete wie sich ihre Mundwinkel zu einem Lächeln kräuselten und das aus dem einfachen Grund, dass die Sonne schien.

Bei Lily waren es wirklich die kleinen Dinge im Leben, die sie glücklich machten, die sie Lächeln und ihre Augen glänzen ließen.
 

»Gehen wir noch eine Runde um den See, Sev?«, fragte die rothaarige dann.
 

Sev nickte und eilte ihr daraufhin hinterher. Lily lächelte ungehalten und harkte sich bei Severus unter. Die Spitzen seiner Ohren verfärbten sich leicht rosa.
 

Unter den Wipfeln einiger Bäume oder nahe des Sees tummelten sich viele ihrer Mitschüler und einige Paare, die genau wie sie das schöne Wetter genossen, um sich vom Lernen für die Prüfungen abzulenken.

Severus träumte eine Weile vor sich hin, während sie eine weitere Runde um den schwarzen See gingen. So bemerkte er nicht, wie auch Lily ihn unauffällig von der Seite musterte.

Severus war nicht das, was andere Mädchen als attraktiv bezeichnen würden. Dafür war er zu schlaksig, dafür hatte er eine viel zu große Harken-förmige Nase, dafür war er zu unsportlich, zu unbeliebt...

Doch Lily mochte Severus. Er war ihr bester Freund, schon bevor sie nach Hogwarts kamen. Mit ihm konnte sie über alles reden und irgendwie waren seine beinahe schwarzen Augen gar nicht so uninteressant, wie Lily sie noch vor einigen Jahren bezeichnet hätte.
 

Mit einem Blick über die Paare fragte sich Lily für einen kleinen Moment wie es wäre, wenn auch sie eines dieser Paare wären. Würden sie und Severus sich immer noch so gut verstehen wie jetzt? Würden sie charakterlich überhaupt zusammen passen? Wie würden andere Schüler aus ihren Häusern reagieren, wenn ein Slytherin mit einem Gryffindor zusammen wäre? Die beiden Häuser, die solange verfeindet gewesen waren.
 


 

* * *
 


 

»Sirius, da bist du ja endlich«, rief Peter, als Sirius gerade durch das Portraitloch kletterte.
 

Peter saß mit Remus an einem nahegelegenem Tisch. Vor ihnen waren unzählige Bücher und Pergamentrollen ausgebreitet. Remus war damit beschäftigt Notizen auf ein Pergament zu kritzeln.
 

»Wir waren zum lernen verabredet. Schon vergessen?«, tadelte Remus seinen Freund.

»Ich war in der Bibliothek!«, erwiderte Sirius entrüstet.
 

Remus warf Sirius einen ungläubigen Blick zu. Sein Blick schweifte über Sirius Lippen, an dem deutlich Spuren von pinkem Lippenstift zu erkennen waren und welche bei genauerem Hinsehen etwas geschwollen wirkten.
 

»Du hast da noch Lippenstift«, sagte er gelangweilt und wandte sich wieder seinen Notizen zu.
 

Sirius hob sofort den Ärmel und wischte sich über den Mund.
 

»Wo ist James?«, fragte Remus dann, ohne von seinem Pergament aufzusehen.
 

Sirius zuckte nur lässig mit den Schultern, woraufhin Remus genervt aufseufzte und sein Buch zu klappte.
 

»Na jetzt ist es sowieso schon Zeit fürs Abendessen.«

»Super, dann komme ich ja genau richtig«, meinte Sirius mit einem Grinsen im Gesicht, welches Remus mit einem Augenrollen quittierte.
 

Remus und Peter packten ihre restlichen Sachen zusammen und verstauten sie in ihrem Schlafsaal. Dann gingen die drei Freunde gemeinsam zur großen Halle.
 


 

* * *
 

James Potter lehnte lässig an einer Säule nahe des großen Eichenportals und flirtete mit Christine Winters, der Sucherin der Hufflepuffs.

Nahezu beiläufig unterhielten sie sich über Quidditch. James stellte Fragen zur Aufstellung im kommenden Spiel und machte ihr Komplimente zu ihren ausgezeichneten Sucher Reflexen.

Christines Wangen waren bereits gerötet, als James ihr vorsichtig mit den Fingern über die Wange strich. Gar schüchtern blickte sie auf den Boden, bis James ihr Kinn anhob, damit sie ihm in die Augen sehen konnte. Vorsichtig unaufdringlich näherte er sich ihrem Gesicht. Sein warmer Atem streifte bereits ihre Lippen und einen kurzen Moment berührten sich ihre Nasenspitzen. Christine schloss ihre Augen, was James als Bestätigung nahm seine Lippen auf ihre zu legen. Noch bevor er den Kuss intensivieren konnte stolperte er plötzlich Christine entgegen, welche sich sofort an James krallte, um nicht rückwärts auf dem Boden zu landen.
 

Genervt wandte sich James, um zu sehen wer ihn da angerempelt hatte.

Es war Severus Snape, welcher ihm hämisch angrinste. Sofort zuckte seine Hand zu seinem Zauberstab.
 

»Es gehört sich nicht andere anzurempeln, Schniefelus«, sSagte er lässig.
 

Severus machte einen Schritt auf ihn zu, während auch seine Hand nach seinem Zauberstab fuhr. Wut flackerte in seinen Augen.
 

»Bei dir ist es ja nicht schade drum, Potter«, feixte Snape, woraufhin James seinen Zauberstab auf ihn richtete.
 

Christine krallte sich an James Hand fest und schenkte ihm einen flehenden Blick. James sah in ihre besorgten Augen und versicherte ihr, dass er die Situation im Griff habe und sie doch schon mal zum Abendessen gehen sollte.

Christine ging und James wandte sich wieder Snape zu.
 

»Wie wäre es mit einer Entschuldigung? Immerhin hast du mich angerempelt«, fragte James die Ruhe in Person.
 

Severus kochte innerlich vor Wut.

»Du willst es nicht anders Potter«, feixte er und zückte seinen Zauberstab.
 

»Es war keine Absicht«, sagte plötzlich eine Stimme, welche hinter Severus Snape auftauchte.

Es war ein Mädchen mit rot schimmernden Locken und smaragdgrünen Augen.

»Ich bin gestolpert und habe Severus ein wenig mitgezogen«, sagte sie dann entschuldigend, beinahe schüchtern.
 

Lily Evans war in seinem Haus. Warum waren ihm nie diese einzigartigen Augen aufgefallen?

Einen Moment blickte er in eben diese und steckte dann seinen Zauberstab zurück.
 

»Ach Schniefelus, ich nehme es dir nicht Übel, vermutlich hast du mich wirklich nicht gesehen, bei dem Fettvorhang anHaaren, der ständig in deinem Gesicht klebt.«
 

Severus Wangen röteten sich vor Wut. Die Hand, welche seinen Zauberstab umklammerte schloss sich zu einer Faust zusammen.

Lily umklammerte Severus Arm und fixierte ihn von der Seite.
 

»Lass es Sev, das ist es nicht wert«, flüsterte sie ihm dann zu.
 

Doch Severus achtete nicht auf Lily, sondern nur auf James Potters arroganten Blick, welcher Lily auffällig musterte.
 

»Sectum...«, setze er an.

»Stupor!«, rief plötzlich eine Stimme und Severus flog einige Meter zurück. Erschrocken schlug Lily ihre Hände vor den Mund.

»Sev, alles okay?«
 

Dieser ließ seinen Rücken knacken und versuchte sich wieder aufzurichten. Er sah Sirius Blacks süffisantes Grinsen und hörte James Potter lachen, welcher seinem Freund anerkennend auf die Schulter klopfte.
 

»Wie bist du nur an eine Freundin gekommen, Schniefelus?«, fragte Sirius dann herablassend, während James Lily fixierte.
 

Diese erschrak, als James plötzlich einen Arm um ihre Schulter legte und sie näher an sich zog.
 

»Du solltest dich nicht mit ihm abgeben, Evans. Wende dich lieber den wirklichen wichtigen Dingen zu«, sagte er mit einem charmanten Lächeln im Gesicht.
 

Lily musterte misstrauisch seine Hand auf ihrer Schulter und blickte dann skeptisch zu ihm auf.
 

»Diese Dinge wären?«, fragte sie gelangweilt, während sie seine Finger von ihrer Schulter löste.

»Ich natürlich«, meinte er gespielt entrüstet.

Lily verdrehte die Augen.

»Dein ernst Potter?«

»Natürlich Evans.«
 

»Levikorpus.«

Lilys Blick schnellte zu Severus, welcher nun wie ein Fisch auf dem trockenen in der Luft schwebte.

»Lass ihn sofort runter«, schrie sie empört, doch Sirius zielte bereits mit einem Aquamenti Zauber auf seinen Kopf.
 

»Gut gezielt «, lobte James anerkennend seinen Freund, woraufhin ihm Lily Evans einen bösen Blick zu warf.

»Er hat euch nichts getan. Hört sofort auf ihn zu quälen.«

»Nun ich könnte dafür sorgen, dass mein Freund hier ihn sofort herunter lässt, wenn....«

James machte eine Kunstpause. Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen.

»Wenn was?«, fragte sie wütend.

»Ein Kuss Evans, dann sage ich Sirius, dass er ihn runter lassen soll.«
 

Lily war entsetzt. Das konnte doch nicht sein ernst sein? Ein Blick in sein Gesicht verriet ihr, dass er es sehr wohl ernst meinte. James konnte gar nicht so schnell hinsehen, als das er eine Ohrfeige kassierte. Sirius war einen Moment davon abgelenkt und Severus fiel auf den Boden.
 

»Du arroganter Mistkerl«, fuhr sie James an.

»Und du!«, fuhr sie nun auch Sirius mit hoch erhobenen Finger an.

»Ihr beide werdet hier verschwinden, bevor ich zu McGonagall gehe und ihr den Rest des Schuljahres nachsitzen müsst«, feixte sie und bohrte James dabei ihren drohenden Zeigefinger in die Brust.
 

Kokett warf sie ihre roten Haare über ihre Schulter und half dem völlig durchnässtem Severus auf die Beine, woraufhin sie ihn gleich mit sich zog, doch nicht ohne Sirius und James noch einmal böse an zu funkeln.
 

James blinzelte und hielt sich immer noch die gerötete Wange, wo sie ihn geschlagen hatte.
 

»Was war denn mit der Spaßbremse los? Man darf sich ja wohl nochmal nen Spaß erlauben«, meinte Sirius gelangweilt und klopfte James freundschaftlich auf die Schulter.
 

»Lass uns essen gehen. Ich verhungere«, meinte er dann völlig in seinem Element.

»Gibt es je eine Zeit, in der du keinen Hunger hast?«, fragte James und boxte ihm in die Seite.
 

»Musste das sein?«, fragte Remus genervt, welcher mit Peter am Eingang zur großen Halle gewartet hatte.

Doch James und Sirius übergangen seine Aussage. Lachend betraten die beiden die große Halle.
 


 

* * *
 

»Ich hasse diesen Idioten!«, empörte sich Severus gerade, als er auf dem Klo der maulenden Myrthe versuchte mit dem Zauberstab die durchnässten Seiten seines Verwandlungsbuches zu trocknen. Lily streichelte ihm sanft über den Rücken.
 

»Keine Sorge, dass mit den Büchern kriegen wir wieder hin. Die werden wie neu aussehen«, versuchte Lily ihn zu ermutigen.

»Lily sie werden nicht aufhören«, sagte Severus im schneidenden Ton.
 

»Irgendjemand muss aber über der Sache stehen. Du fängst doch genauso an wie Potter wenn du ihm begegnest. Du hast ihn vorhin absichtlich angerempelt, Sev! Daraufhin will er sich rächen, woraufhin du dich rächen willst usw. Wenn eine Seite aufhört wird sich das schon legen. Ich meine wir sind doch beinahe erwachsen geworden.«
 

Severus warf ihr einen irritierten Blick zu. Glaubte Lily wirklich selbst was sie da sagte? Potter und Black erwachsen? Lily verdrehte die Augen und hob abwehrend die Hände.
 

»Na gut, wir beide sind die Erwachsenen und die anderen Idioten. Genau deshalb werden wir darüber stehen, Sev!«
 

Mit einem letzten Zauber trocknete Lily Severus Tasche, woraufhin er die Bücher wieder in ihr verstaute. Gemeinsam traten sie auf den Korridor und machten sich endlich auf den Weg zum Abendessen, als Avery und Mulciber ihnen entgegenkamen.
 

»Na sie mal einer an«, scharrte Mulciber.

»Unser Freund Severus und das Schlammblut.«
 

Severus warf ihm einen bösen Blick zu an dem sich Mulciber jedoch nicht zu stören schien und Lily weiterhin höhnisch angrinste. Mit wässrigen, aber dennoch wütenden Augen blickte sie ihm entgegen, als er plötzlich seine Hand erhob und nach einer ihrer roten Haarsträhnen griff.
 

»Es sollte verboten werden, das jemand wie du so schön ist«, sagte er dann mit einem überheblichen Grinsen im Gesicht, während er mit ihrer Haarsträhne spielte.

Wütend schlug sie seinen Arm weg.

»Lieber ein Schlammblut als ein mit Holzwolle gefüllter Reinblüter«, erwiderte sie wütend und schlängelte sich an ihm vorbei in die große Halle.
 

Mit schnellen Schritten ging sie den bereits gut gefüllten Tisch der Gryffindors entlang und suchte nach ihren Freundinnen.

Zu ihrer Missgunst mussten sie natürlich direkt an Eck mit den Rumtreibern sitzen. Nicky saß neben James und diskutierte gerade mit ihm ein neues Flugmanöver, welches sie beim nächsten Quidditchtraining ausprobieren wollten.
 

Lily ließ sich neben Rosalie gegenüber von Mary fallen und begann sofort ihren Teller mit Kartoffeln zu beladen.
 

»Was ist los? Du siehst wütend aus«, fragte Rosalie sie mit besorgter Miene.

»Schon ok. Alles in Ordnung«, murmelte sie nur.
 

Sie konnte und wollte ihren Freundinnen nicht sagen, wie weh es tat, dass sie mal wieder Schlammblut genannt wurde und wie enttäuscht sie war, dass Severus mal wieder nichts unternommen hatte. Es waren immerhin seine Freunde, die so mit ihr sprachen und dennoch nahm er sie nicht in Schutz und sagte ihnen, dass sie aufhören sollen sie so zu nennen.
 

Lily erinnerte sich an den lauen Sommertag ihres zehnten Lenz, als Severus ihr von der Zauberwelt erzählte. Damals hatte er ihr gesagt, dass es keinen Unterschied machte, ob man von Muggeln oder Zauberern abstammte. Doch er hatte gelogen. Das wusste Lily bereits seit ihrem zweiten Schuljahr auf Hogwarts.
 

Für viele Reinblüter und vor allem Slytherins kam es genau auf den Blutstatus an, denn danach wurde gemessen, wie viel ein Zauberer wert war. Lily blinzelte eine Träne weg und versuchte sich aufs Essen zu konzentrieren.
 

Nicky schnippte ein paar mal mit den Fingern vor ihrem Gesicht herum.
 

»Lily hörst du mir überhaupt zu?«, fragte sie erneut.

Lily blinzelte und erwachte endlich aus ihrer Starre.

»Was ist?«, fragte sie darauf bedacht möglichst nicht reserviert zu klingen.

»Kommst du mit in den Gemeinschaftsraum oder willst du weiterhin dein kalt gewordenes Essen anstarren?«, fragte Nicky sie mit einem spöttischen aber dennoch lieb gemeinten Lächeln.
 

Lily blickte sich um, die große Halle war beinahe leer, nur noch wenige Schüler saßen an ihren Tischen. War sie so lange in ihren Gedanken versunken gewesen?

Wie man Murtlap-Essenz auf korrektem Wege braut

11. Akt: Wie man Murtlap-Essenz auf korrektem Wege braut
 


 

„Am Ende gilt doch nur, was wir getan und gelebt haben

– und nicht, was wir ersehnt haben.‘‘

(Arthur Schnitzler)
 


 

»Wenn ich euch erwische. Freches Pack«, hallte die Stimme von Filch, dem Hausmeister von Hogwarts durch die Gänge.
 

Mrs. Norris' Augen inspizierten jeden Flur, bevor sie sich für einen Weg entschied. Filch war ihr direkt auf den Fersen.
 

»Genial Sirius«, schmunzelte James Potter, während er die Tür zu Filch Büro hinter sich schloss.
 

Sirius durchsuchte ein paar Schubladen an Filch' Schreibtisch, fand jedoch nur unwichtigen Papierkram. Darunter ein Antragsformular, um die Streckbank als Bestrafungsmittel für Schüler wieder einführen zu dürfen. Angewidert rümpfte er die Nase und ließ das Pergament wieder in die Schublade gleiten. Sein Blick wanderte durch den Raum und blieb an einem kleinen Schrank hängen. Auch hier begann er wahllos die Schubladen zu durchsuchen, fand jedoch nichts brauchbares. Doch die letzte Schublade war verschlossen, so sehr er auch daran rüttelte.
 

»Beeil dich Sirius. Ich weiß nicht wie lange er beschäftigt sein wird«, meinte James ungeduldig, während er immer wieder durch einen Spalt auf den noch leeren Flur starrte.

»Mach dir mal nicht ins Hemd Jamie. Die Aktion mit den brennenden Vorhängen bringt uns bestimmt 20 Minuten«, erwiderte er ruhig.
 

Sirius griff nach seinem Zauberstab und richtete ihn auf das Schloss.
 

»Aloho Mora«, murmelte er dann, woraufhin sich das Schloss mit einem leisen Knacken öffnete.
 

Begierig zog er am Griff der Schublade. Und da lag er, der silbrig glitzernde Tarnumhang, welchen Peter einige Tage zuvor an Filch verloren hatte. Sie konnten froh sein, dass Filch offenbar die Funktion des Umhangs nicht bekannt war, denn sonst hätte er ihn nicht in seinem Büro verstaut, sondern Professor Dumbledore übergeben.
 

Sirius Augen leuchteten, als er erblickte, was sich noch alles in der Schublade befand. Einige Feuerwerkskörper und Stinkbomben waren darunter, Kotzpastillen und etwas, das tatsächlich ein Liebestrank sein konnte, nach der Flasche zu urteilen. Sirius ließ eilig noch ein paar Dinge in seinem Umhang verschwinden, als er auf dem Grund der Schublade noch etwas entdeckte. Es sah aus wie zwei Teile eines Spiegels. Wieso sollte Filch so etwas beschlagnahmen?
 

»Er kommt«, zischte James plötzlich.
 

Sirius steckte die Spiegelteile in seinen Umhang und schob die Schublade wieder zu.

James griff nach dem Tarnumhang und legte ihn über sie.
 

»Wenn ich diese Taugenichtse erwische Mrs. Norris, wird Dumbledore sicher erlauben ein paar altbewährte Foltermethoden wieder einzuführen«, hörten die beiden Freunde Filch noch leise fluchen, während sie vorsichtig aus dem Gang vor seinem Büro verschwanden und sich auf dem Weg zum Gemeinschaftsraum der Gryffindors machten.
 


 

* * *
 

»Wir haben ihn«, meinte Sirius stolz, als die beiden den Schlafsaal betraten, in dem bereits Remus und Peter auf sie warteten.
 

Peter atmete erleichtert aus.
 

»Und wir haben noch ein paar andere Sachen entwendet«, meinte Sirius mit einem Grinsen im Gesicht und öffnete seine Umhangtaschen, woraufhin seine Beute aufs Bett fiel.

Remus hob eine Augenbraue.
 

»Glaubst du nicht Filch wird merken, dass das ganze Zeug fehlt?«, fragte er misstrauisch.

»Bestimmt nicht. Der ist doch viel zu sehr damit beschäftigt Dumbledore zu überreden Schüler als Bestrafung zu foltern«, erwiderte er theatralisch.
 

James ließ sich auf Sirius Bett sinken und begutachtete die Ausbeute. Sein Blick viel auf die beiden Spiegel, welche er nun näher betrachtete.
 

»Was willst du denn damit? Dein Gesicht bewundern?«, fragte James spöttisch, woraufhin Sirius ihm einen Spiegel aus der Hand riss und begann sein Haar darin zu ordnen.
 

James prustete los.

»Sirius du bist wirklich unverbesserlich«, meinte er immer noch lachend.
 

Sirius blinzelte ein paar Mal, als plötzlich sein Spiegelbild verschwand und er James Kopf vom Kinn an aufwärts darin betrachten konnte. Er Blickte zu James, welcher immer noch den anderen Spiegel in der Hand hielt und wieder zu seinem Spiegel.
 

»Was siehst du in deinem Spiegel, James?«, fragte er dann ohne den Blick von seinem Spiegel nochmal abzuwenden.
 

James runzelte die Stirn.
 

»Was soll ich schon sehen, außer mich selbst?«, fragte er spöttisch, warf jedoch einen Blick in den Spiegel.
 

Doch sah er nicht sein eigenes Spiegelbild, sondern Sirius, welcher ihm geradeheraus daraus ansah. In Sirius Spiegel konnte er nun auch James Gesicht von vorne erkennen.

Es kam wohl darauf an, aus welcher Position man in den Spiegel sah.
 

»Abgefahren«, entfuhr es James, woraufhin sich Peter über seine Schulter beugte und Remus sich hinter Sirius stellte.

»Tja, das dürfte dann wohl der Grund sein, warum Filch das einkassiert hat«, meinte Remus.

»Doof ist nur, dass man nicht mit dem anderen Ende sprechen kann«, meinte James dann. »Was nützt es mir dein Gesicht zu sehen Sirius?«

»Vielleicht lässt sich da was drehen, dann benutzen wir das wir eines von diesen Feletonen von den Muggeln.«
 

Remus verdrehte die Augen.
 

»Es heißt Telefon, Sirius. Du hättest wirklich Muggelkunde belegen sollen.«

»Klar, damit meine Eltern mich umbringen!«, erwiderte dieser.

»Es ist für sie schon eine Schande, dass ich nicht nach Slytherin gekommen bin und an ihren Idealen zweifle und dann rätst du mir Muggelkunde zu belegen?!«
 

Sirius war empört.
 

»Wie dem auch sei. Ich bezweifle, dass du diesen Spiegel in ein Telefon verwandeln kannst.«

»Warts ab, Remus, warts ab«, meinte Sirius nur breit grinsend, woraufhin sich Remus wieder auf sein Bett legte und begann in seinem Buch weiter zu lesen.
 


 

* * *
 


 

Mary McDonald lag schluchzend auf ihrem Bett und ließ sich von Rosalie Pond sanft über den Rücken streichen. Nicky McDougal kniete vor ihrem Bett und rubbelte mit einem nassen Handtuch an Marys Arm, welcher seltsam grün aussah.
 

»Was ist passiert?«, fragte Lily aufgeregt, während sie die Badezimmertür hinter sich schloss und mit einem Handtuch ihre nassen Haare trocken rubbelte.
 

Rosalie presste die Lippen zusammen und nickte stumm zu Mary herunter, welche immer noch weinte.
 

»Die Slytherins waren mal wieder auf Heidenmission«, schluchzte Mary.

»Was haben sie getan? Wer? Wann? Wie?«, fragte Lily aufgebracht und warf das Handtuch achtlos auf den Boden, um sich zu Mary ans Bett zu setzen.
 

»Ich habe eine Freundin in Hufflepuff besucht und bin au dem Rückweg durch die Kerker gegangen. Die haben sich wohl gelangweilt und sich einen Scherz daraus gemacht mich zu verhexen.«
 

Mary hob ihren Kopf und schaute mit ihren verquollenen Augen Lily an. Ihre Augen weiteten sich, als sie erkannte, dass auch Marys Gesicht seltsam olivgrün schimmerte.
 

»Tantakel-Essenz. Brennt auf der Haut und färbt sie grün.«
 

Es war kaum mehr als ein Flüstern.
 

»Warst du bei PMadam Pomfrey?«
 

Mary nickte.
 

»Warst du bei einem Lehrer? Wir müssen das melden.«

»Slughorn hat es nur teilweise mitbekommen. Sie haben aber alle Punktabzüge bekommen.«
 

Lily blickte von Mary zu Rosalie und dann zu Nicky.
 

Der Wahnsinn, der sich außerhalb der Mauern von Hogwarts abspielte begann immer mehr auch in Hogwarts einzudringen. Mit den Slytherins war sowieso schon nicht gut Kirschen essen gewesen, aber mittlerweile traute man sich als Muggelgeborene kaum noch alleine durch die Gänge. Das konnte so nicht weiter gehen.
 


 

* * *
 


 

»Als Vorbereitung auf die anstehenden Prüfungen, brauen wir heute noch einmal die Murtlap-Essenz«, sagte Professor Slughorn freundlich.

»Wer kann mir sagen, was dieser Trank bewirkt?«, fragte er heiter in die Runde.
 

Sein Blick wanderte durch den Klassenraum. Es waren einige wenige Hände in der Luft, doch Professor Slughorn wartete immer bis auch die Hand einer ganz bestimmten Person nach oben zeigte.
 

»Miss Evans.«

»Die Murtlap-Essenz ist eine gelbe Lösung, welche aus dem Rückengewächs von Murtlaps hergestellt wird. Diese Lösung bewährt sich als magisches Heilmittel bei schmerzhaften Folgen bösartiger Hexereien. Es wirkt sowohl bei äußerlicher Anwendung, als auch bei direkter Einnahme äußerst wohltuend und stärkt die Abwehrkräte«, ratterte Lily herunter.
 

»Sehr gut Miss Evans. Nehmen Sie zehn Punkte für Gryffindor.«
 

Slughorn lächelte sie freundlich an und Lily Wangen waren leicht gerötet.

Zaubertränle war ihr Lieblingsfach oder auch das Fach, in dem sie am besten war.
 

»Schlagen Sie bitte die Seite 367 in ihrem Buch auf und holen Sie sich die entsprechenden Zutaten aus dem Schrank. Sie haben genau 60 Minuten Zeit mit ein Fläschchen ihrer selbst gebrauten Murtlap-Essenz auf meinen Tisch zu stellen.«
 

»Das letzte Mal, als wir den brauen sollten, war meiner blau und nicht gelb«, sagte Peter gequält.

Remus klopfte ihm auf die Schulter.
 

»Befolge einfach kleinschrittig die Anweisung aus dem Buch. Wenn es irgendwie möglich ist, werde ich bei dir mal rüber schielen. Ansonsten mach mir einfach alles nach«, ermutigte Remus seinen Freund.
 

James stöhnte genervt auf als er sich mit den anderen Rumtreibern in die Schlange zum Zutatenschränkchen einreihte. Sirius stieß James dümmlich grinsend in die Seite.
 

»Hast du McDonald gesehen? Die ist ganz grün im Gesicht.«
 

James Blick schweifte durch die Menge und entdeckte Mary McDonald, welche verhalten mit Lily Evans tuschelte. Ihr Gesicht und ihr Hals waren wirklich leicht olivgrün angelaufen.
 

»Hoffentlich übergibt sie sich auf Slughorns Umhang. Dann können wir wenigstens eher gehen«, feixte Sirius, woraufhin James lachte.
 

Remus warf seinen Freunden einen tadelnden Blick zu und drückte ihnen die Zutaten in die Hand.
 

» Ich habe beim Frühstück mitbekommen, dass das wohl das Ergebnis eines Streiches der Slytherin ist, weil sie ihr wisst schon, Muggelstämmig ist«, sprach Remus beinahe im Flüsterton, während er nach seinem Kessel kramte.
 

James hörte sofort auf zu lachen und sah seinen Freund mit großen Augen an.
 

»Wer war es?«, fragte er beinahe beiläufig.

»Soviel ich weiss waren Avery und Mulciber beteiligt«, sprach Remus leise weiter.
 

James warf Sirius einen undefinierbaren Blick zu. So sehr er und seine Freunde auch gerne Streiche auf Kosten anderer spielten, würden sie nie soweit gehen jemanden wegen seines Blutstatus zu mobben. Es sollte einzig der Belustigung anderer und vor allem ihrer eigenen Unterhaltung gut tun und nicht jemanden verletzten. Sirius schenkte James ein schelmisches Grinsen.
 

»Ich glaube es ist an der Zeit, den Slytherins mal zu zeigen wo Merlin seine Unterhosen kauft.«

»Nicht schon wieder«, seufzte Remus, welcher gerade begonnen hatte seine Murtlapschuppen zu zerkleinern.

»Bist du etwa nicht dabei Remi?«, fragte Sirius gespielt schockiert.
 

Remus warf Mary einen kurzen Blick zu und wandte sich wieder seinen Freunden zu.
 

»Mmm. Diesmal haben sie wirklich einen Warnschuss verdient. Was ist der Plan?«
 

»Sie haben noch 5 Minuten«, erinnerte Professor Slughorn seine Klasse an die Zeit.
 

Er machte gerade seinen üblichen Rundgang und begutachtete vorab die Ergebnisse seiner Schüler in den Kesseln.
 

»Das sieht ja wunderbar aus Miss Evans«, lobte Slughorn seine Lieblingsschülerin, während er einen Blick in ihren Kessel warf, in der bereits eine gelbliche Lösung vor sich hin blubberte.
 

»Ich hoffe doch, Sie werden im nächsten Schuljahr ihre ZAGs bei mir ablegen?«

»Natürlich habe ich Zaubertränke gewählt Professor. Es ist ja schließlich mein Lieblingsfach«, schwärmte Lily, woraufhin Nicky mal wieder die Augen verdrehte.
 

Lily füllte gerade ein Fläschchen ihres Trankes ab und reichte es Professor Slughorn, als am Nachbartisch ein Kessel explodierte.
 

Slughorn eilte sofort zum Nachbartisch herüber, um sich das Ausmaß des Unheils näher anzusehen. Avery und Snape, welche am selben Tisch gearbeitet haben, waren komplett mit der gelben Flüssigkeit aus ihren Kesseln überzogen.
 

»Wie konnte das passieren?«, fragte Slughorn gereizt.
 

Die Mädchen wandten sich um, da die Jungs am Tisch hinter ihnen in lautstarkes Gelächter ausgebrochen waren.
 

»Sie werden das hier wieder aufräumen«, hörte Lily Slughorn noch sagen, während Sie ihre Sachen zusammen packte.
 

Sirius gab erst James und dann Remus und Peter ein High-Five, bevor sie wieder dämlich zum Slytherintisch rüber grinsten.
 

»Wart ihr das?«, fragte Mary misstrauisch, woraufhin Sirius ihr nur ein wissendes Grinsen schenkte.

»Tja, die beiden haben die Murtlap-Essenz wohl nicht auf korrektem Wege gebraut«, meinte Remus nachdenklich.
 

»Jeder kriegt das was er verdient«, meinte James mit einem zwinkern.

»Danke«, sagte Mary schmunzelnd und wandte sich mit einem Lächeln im Gesicht wieder zu den anderen um.

Freunde für immer

12. Akt: Freunde für immer
 


 

"A friend is someone who makes you believe

that there really is good in the world (...)

When you're down and the world seems dark and empty,

your forever friend lifts you up in spirit

and makes that dark and empty world

suddenly seem bright and full."
 

Es war der letzte Ferientag vor ihrem fünftem Schuljahr. Lily Evans lag mit ausgestreckten Armen im grünen Gras. Ein paar Strähnen, welche sich aus ihrem Zopf gelöst haben, fielen ihr ins Gesicht und kitzelten ihre Nasenspitze woraufhin sie lächeln musste. Doch sie öffnete keineswegs ihre Augen, sondern lächelte weiter der Sonne entgegen und ließ die wohlig warmen Sonnenstrahlen ihr Gesicht wärmen.

Severus Snape lag neben ihr im Gras. Er hatte jedoch keineswegs die Augen geschlossen, sein Gesicht war auf Lily gerichtet. Er beobachtete sie eine Weile, wie sie einfach nur dalag und den warmen Sommertag genoss.
 

Wieder lächelte sie als der Wind ihr eine Haarsträhne ins Gesicht blies. Severus setzte sich auf und stützte sich mit den Armen ab während sein Blick verträumt in der Landschaft umher wanderte.
 

»Schon unser fünftes Sev«, seufzte Lily und blinzelte gegen das grelle Sonnenlicht.

»Die Zeit ist wirklich schnell vergangen«, bestätigte Severus und rupfte ein wenig Gras aus dem Boden.

»Wir werden unseren ersten Abschluss die ZAG's machen. Immerhin konnte ich Alte Runen und Wahrsagen endlich abwählen.«

»Ich weiss nicht einmal was ich später machen möchte. Daher habe ich erst mal alles gewählt«, gestand Lily und setzte sich ebenfalls auf.
 

Severus runzelte die Stirn.
 

» Wirklich alles?«, fragte er verwundert.
 

Lily nickte als Bestätigung.
 

»Wow. Du wirst kaum Freizeit haben. Gerade jetzt wo du Vertrauensschülerin geworden bist. Das ist dir hoffentlich klar?«, harkte er nach.
 

Lily seufzte und rupfte nun auch wahllos im Gras herum.
 

»Ich weiss. Aber ich kann zu diesem Zeitpunkt einfach noch nicht sagen, welche Möglichkeiten ich habe. In diesen Zeiten ist es als Muggelgeborene sowieso schon schwieriger als für euch anderen.«
 

Severus antwortete nicht. Er wusste nicht was er darauf antworten sollte. Sie hatte Recht. In den letzten Jahren war der Wirbel um Voldemort immer größer geworden.

Es wurden viele Muggelgeborene verschleppt oder getötet, Blutsverräter sind verschwunden und Politiker in hohen Stellungen wurden von Voldemort und seinen Gefolgsleuten unter Druck gesetzt. Severus wusste nicht was er tun sollte, wie er Lily vor alldem beschützen sollte. Sobald sie Hogwarts verlassen würden, wäre sie in Gefahr.
 

Hier in Spinners End war es sehr ruhig, da keine Zauberer hier lebten, aber wo würde Lily nach Hogwarts leben, wo würde sie arbeiten? Gab es überhaupt einen sicheren Ort in der Zaubererwelt für sie?

Plötzlich sprang die rothaarige auf, breitete die Arme aus und drehte sich ein paar Mal im Kreis. Severus blickte ihr verwirrt zu wie sie sich immer wieder drehte und ihr Gesicht der Sonne entgegenstreckte.
 

»Es ist so ein wunderschöner Tag Sev«, sagte sie dann und reichte ihm ihre Hand.
 

Severus lächelte und lies sich von ihr auf die Beine ziehen.

» Wer als erster bei den Schaukeln ist«, rief Lily aufgeregt und rannte auch schon los, bevor sie ihren Satz beenden konnte.
 

Severus hechtete ihr hinterher. Lily war ziemlich schnell, er konnte kaum mit ihr mithalten. Lily rannte auf die Schaukeln zu und sprang beim rennen noch auf, während Severus sich wenig später an der Kette festhielt und erst mal durchatmen musste.
 

»Das ist so kindisch«, meinte er dann.

»Immerhin sind wir schon 15.«

»Sei keine Spaßbremse Sev. Dafür ist man nicht zu alt.«
 

Severus gab sich schließlich geschlagen und setzte sich auf die Schaukel neben ihr.

Er wippte ein paar Mal hin und her, jedoch kam er nicht an Lilys Euphorie heran. Sie liebte diese Schaukel schon seit sie ein kleines Mädchen war. Oft hatte Severus sie und ihre Schwester Petunia dabei beobachtet wie sie auf dieser Wiese spielten. Es war auch dieser Ort, an dem er sich das erste Mal getraut hatte sie anzusprechen.
 

Eine Weile schwang Lily noch hin und her, bis sie schließlich am beinahe höchsten Punkt absprang. Jedoch landete sie leichtfüßig wie eine Katze auf dem Boden.
 

»Ich muss jetzt nach Hause. Es gibt bald Abendessen«, sagte Lily etwas wehmütig und schenkte ihm ein Lächeln.

Severus Lippen formten einen schmalen Strich. Auch er musste langsam mal nach Hause, auch wenn er nicht erpicht darauf war Zeit in seinem Elternhaus zu verbringen. Lily bemerkte seinen düsteren Blick.
 

»Treffen wir uns heute nochmal? Gegen Mitternacht?«, fragte sie lächelnd.
 

Auch Severus lächelte und nickte bestätigend als Lily sich auch schon umwandte und nach Hause lief, doch nicht ohne Severus zum Abschied zuzuwinken.
 


 

* * *
 


 

James Potter gähnte herzhaft, während er eine Seite in seinen Quidditchmagazin umblätterte. Er hatte es sich in einem Sessel vor dem alten Kamin gemütlich gemacht, seinen Kopf in die Kissen gelehnt und seine Beine baumelten von der Sessellehne herunter.
 

»Du hast auch nichts anderes als Quidditch im Kopf«, maulte Mrs. Potter, die gerade ins Wohnzimmer kam.

»Du warst doch den halben Tag schon im Garten Quidditch spielen.«
 

James unterbrach sofort seinen Absatz und sah seine Mutter mit schockierter Miene entgegen.
 

»Mom, das ist Recherchearbeit! Ich muss mich mit so was auskennen. Stell dir vor Chad Oldrens Vertrag bei den Bulgaren läuft im Frühjahr aus, vermutlich kommt er dann zurück nach England. Vielleicht gewinnen wir dann endlich mal die Quidditch EM.«
 

Seine Mutter quittierte dies mit einem Augenrollen und riss ihm mit erhobenem Zeigefinger das Heft aus der Hand.
 

»Statt dich mit diesem unnützen Spielerverkäufen zu beschäftigen, solltest du dich lieber mehr in der Schule engagieren. Ich hatte tatsächlich bis heute noch die Hoffnung gehabt, dass du Vertrauensschüler werden könntest. Aber nein natürlich nicht, mein Sohn zieht es lieber vor den Rekord in Strafarbeiten und Elternbriefen aufrecht zu erhalten.«
 

»Tja der Zug ist abgefahren. Remus ist für den Posten bestens geeignet. Darf ich jetzt mein Heft wieder haben?«, fragte James mit einer Unschuldsmiene und angelte nach seinem Magazin, doch seine Mutter hielt es nur noch weiter von ihm weg, woraufhin James seinen besten Schmollmund aufsetzte, dem sie jedoch keinerlei Beachtung schenkte.
 

»Weist du Schatz ich war damals Vertrauensschülerin. Das ist eine wirklich sehr ehrenvolle Aufgabe und bringt vor allem Bonuspunkte in deinem Lebenslauf.«

»Dad war auch kein Vertrauensschüler und ist nun Leiter der Aurorenabteilung.«
 

Mrs. Potter verdrehte die Augen.

»Er ist ja auch ein Potter. Dieser Name allein öffnet schon einige Türen.«
 

Nun grinste James schelmisch.
 

»Klingt fast so als ob du etwas dagegen hättest?«
 

Mrs. Potter winkte nun ab.
 

»Hin und wieder mal. Es kann natürlich auch von Vorteil sein.«
 

Nun war es an James Mutter ein schelmisches Grinsen aufzusetzen. James wollte gerade seinen Mund öffnen als sie ihm auch schon sein Magazin in die Hand drückte.
 

»Hast du deinen Vater gesehen?«, fragte sie dann.

»Arbeitszimmer«, sagte James knapp, während er nach der Seite suchte auf der er zuletzt gelesen hatte.

»Er wollte nochmal die Sache mit dem verschwundenen Außenminister durchgehen«, fuhr er gelangweilt fort.
 

»James, sollte dich das nicht mehr interessieren?«, fragte seine Mutter nun mit verschränkten Armen.

»Nö. Ich will später Quidditch spielen, falls dir das noch nicht aufgefallen ist.«

»Teenager«, murrte Mrs. Potter augenverdehend, während James ihr einen bösen Blick zu warf.
 

»Bring deinem Vater bitte den Kaffee nach oben, ja?«, fragte sie dann mit einem süßlichen Lächeln, welches keine Wiederworte erforderte.

»Wozu haben wir eigentlich Hauselfen?«, stöhnte James genervt.
 

Er legte jedoch sein Magazin beiseite und nahm den Kaffee entgegen mit welchen er zur Treppe herüber ging. Mrs. Potter massierte sich die Schläfen.
 

»Jetzt beginnt wohl das schlimme Rebellen-Teenager-Jahr. Gut, dass er morgen wieder nach Hogwarts geht. Dann ist er Dumbledores Problem«, murmelte sie erleichtert.
 

Plötzlich hörte sie den Türknauf klopfen. Erst leise und dann ein weiteres Mal lauter und bestimmender. Es war bereits nach zehn Uhr. Wer sollte an diesem Abend noch zu Besuch kommen? Dies konnte doch wahrlich nichts gutes verheißen.
 

»Ich geh schon«, rief James aus dem Flur.
 

Mrs. Potter griff nach ihrem Zauberstab, welcher auf der Küchentheke lag und hechtete in den Flur.
 

»Nein James!«, rief seine Mum noch, doch James hatte bereits die Tür geöffnet.

»Sirius!«, riefen James und seine Mutter gleichzeitig.
 

James Blick glitt zu seiner Mom und ihrem Zauberstab.
 

»Glaubst du wirklich ein Todesser würde an unsere Tür klopfen?«, fragte er genervt, bevor er sich wieder Sirius zuwandte.

»Komm rein«, meinte James und zog ihn ins Licht.
 

Erst jetzt bemerkte er die Leichenblässe in seinem Gesicht, das Blut welches an seiner Stirn klebte, aus seiner Nase triefte und sein Shirt durchnässte.

Mr. Potter kam gerade mit erhobenen Zauberstab die Treppe herunter, um nachzusehen wer an der Tür klopfte, ließ den Zauberstab jedoch wieder sinken, als er Sirius erkannte.
 

»Was ist passiert?«, fragte er aufgebracht.
 

Doch Sirius brachte kein Wort hervor, er blickte auf den Boden.
 

»Darf ich hier bleiben?«, fragte er dann so leise, dass sie ihn fast nicht verstanden hätten.

»Natürlich bleibst du hier Sirius.« Meinte Mrs. Potter plötzlich und legte Sirius einen Arm um die Schulter.
 

Sie führte ihn ins Wohnzimmer und gebot ihm sich auf die Couch zu setzen. James setze sich neben ihn und beobachte wie Sirius bloß ins Feuer starrte. Mrs. Potter lief in die Küche und feuchtete ein Trockentuch an, womit sie Sirius nun ein wenig Blut aus dem Gesicht wusch. Er zuckte ein paar Mal zusammen, als sie seine Nase berührte.
 

»Oh je die ist wohl gebrochen«, murmelte sie, während sie nach ihrem Zauberstab griff und ihn auf Sirius' Nase richtete.
 

»Episkey«, sagte sie dann, woraufhin sich die Knochen wieder richteten.
 

Sirius verzog einen Moment schmerzverzerrt das Gesicht, als Mrs. Potter den Zauber nochmal mit der Platzwunde an seiner Stirn und an seiner Schulter wiederholte.
 

»Damit dürfte alles geheilt sein. Ich werde dir erst mal einen Tee machen«, meinte sie dann aufmunternd.
 

Sie legte ihm eine Decke um die Schultern und ging in die Küche um Teewasser aufzusetzen.

James legte seinem Freund eine Hand auf die Schulter.
 

»Gehts wieder?«, fragte er vorsichtig.

Sirius nickte stumm und starrte weiterhin ins Feuer.
 

»War das dein alter Herr?«, fragte er dann weiter.

Sirius kniff seine Augen zusammen, nickte jedoch wieder einmal stumm.

»Hatte sich mal wieder nicht unter Kontrolle«, sagte er matt.
 

Mrs. Potter reichte ihm die Tasse Tee, welche er dankbar entgegen nahm. Mr. Potter bemerkte die kleinen Wellen, welche der Tee in Sirius' Tasse schlug. Sirius Hände zitterten, als er einen Schluck trank. Mrs. Potter legte ihm eine Hand auf die Schulter.
 

»Du kannst heute bei James im Zimmer schlafen. Ich werde mich um deine Sachen kümmern«, sagte sie liebevoll, während sie James einen ernsten Blick zuwarf.

»Danke«, murmelte Sirius und erhob sich mit James.

»Schlaft gut Jungs. Denkt dran morgen geht es nach Hogwarts«, rief Mrs. Potter ihnen noch hinterher, bevor die beiden Jungen im Treppenhaus verschwunden waren.
 

»Ich glaube nicht, dass er uns die ganze Wahrheit gesagt hat«, sagte Mr Potter plötzlich.

»Das ist schon das zweite Mal in diesem Sommer, dass er halb verstört vor unserer Tür steht. Die Symptome sprechen dafür. Erweiterte Pupillen, zitternde Hände, wackliger Gang. Dann diese Angst, die man in seinen Augen deutlich sehen konnte...«
 

»Der Cruciatus Fluch«, sagte Mrs. Potter tonlos.
 

Ihr Mann nickte resignierend.
 

»Ich werde direkt mal zu den Blacks apparieren«, meinte er dann.

»Sei vorsichtig Schatz«, mahnte sie ihren Mann.

»Ich werde Alastor mitnehmen. Er hat jetzt sowieso Dienst.«
 

Er gab seiner Frau einen kurzen Kuss auf den Mund und apparierte in die Nacht hinaus.
 


 

* * *
 


 

Lily saß auf der Schaukel auf der sie bereits am Nachmittag gesessen hatte. Ihr Kopf lehnte an der Eisenkette. Sie hatte die Augen geschlossen und träumte vor sich hin, während Severus gerade den Spielplatz betrat. Er setzte sich neben sie auf die Schaukel und schaute einen Moment in den wolkenfreien und sternenklaren Nachthimmel.
 

»Ich werde das vermissen«, meinte Severus plötzlich.

»Diese Unbeschwertheit. Wir machen jetzt unsere ZAG's und werden damit ein Stück erwachsenen werden«, fuhr er fort.

»Das heißt nicht, dass wir uns nicht weiter diesem kindischen Unsinn hingeben werden«, meinte Lily mit einem Lächeln im Gesicht, welchem jedoch sofort eine ernstere Miene folgte.
 

»Wie steht es bei dir daheim?«, fragte sie leise, während sie sein Gesicht musterte.
 

Severus bemerkte den Blick und zog beschämt seinen Hemdkragen ein Stück höher. Lily sprang von der Schaukel und zog wütend seinen Arm beiseite um an seinen Hemdkragen zu gelangen. Severus griff nach ihrem Handgelenk und wollte sie von sich abwenden.
 

»Lass mich das sehen«, fuhr sie ihn an, woraufhin er ihren Arm los ließ.
 

Lily zog seinen Hemdkragen ein wenig nach unten und konnte den Bluterguss an seinem Hals erkennen. Sie fuhr mit den Fingern ganz leicht darüber, woraufhin Sev vor Schmerz zusammen zuckte. Sie legte eine Hand an seine Wange und schenkte ihm einen mitleidigen Blick.
 

»Er hat mal wieder getrunken. Nichts weltbewegendes«, murmelte er dann verlegen.

»Es ist schrecklich was sie dir antun.«

Es war kaum mehr als ein Flüstern.
 

»Wirf meinem Dad aber bitte nicht wieder eine Cola-Dose vor dem Kopf wie beim letzten Mal«, bat Severus sie, wobei seine Mundwinkel zu einem kurzen Lächeln hoch zuckten als er daran dachte.
 

»Er hatte es verdient«, erwiderte Lily gereizt.

»Es sind ja nur noch die nächsten Sommerferien und dann werde ich volljährig sein. Wenn ich zaubern darf wird mein alter Herr schon sehen was er davon hat«, murrte er.

»Severus?«

»Ja?«

»Versprich mir bitte eins.«
 

Es war kaum mehr als ein Flüstern.
 

»Alles Lily«, antwortete er ohne zu Zögern, was sie sogleich wieder Lächeln ließ.
 

»Versprich mir bitte, dass wir uns immer alles erzählen werden und vor allem dass wir immer Freunde bleiben werden, egal was passiert.«
 

»Immer. Ich verspreche es.«

Konfrontationen (5.Schuljahr)

13.Akt: Konfrontationen
 

„Charakter ist das,

was vom Menschen übrig bleibt,

wenn es unbequem wird.“
 


 

»Hiermit ist das Treffen der Vertrauensschüler beendet. Vergesst nicht eure Tabellen mitzunehmen, damit ihr wisst, wann ihr Streife gehen müsst«, beendeten die beiden Schulsprecher die erste Sitzung des neuen Schuljahres.
 

Lily begann die vor ihr liegenden Papiere in ihre Mappe zu legen und diese ordentlich zu verstauen. Als sie die Tabelle überflog stellte sie fest, dass sie alle Streifzüge mit ihrem männlichen Pendant aus Gryffindor gehen musste. Sie warf einen Blick zu dem Jungen mit dem hellbraunem Haar und den grünen Augen.

Remus Lupin unterhielt sich gerade mit Ed McMillan, dem blonden Schulsprecher aus Hufflepuff. Lily wartete an der Tür und verabschiedete sich gerade von zwei Mädchen aus Ravenclaw, als Remus neben sie trat.
 

»Auf Gute Zusammenarbeit«, meinte er freundlich und streckte ihr seine Hand entgegen.
 

Lily musterte ihn misstrauisch. Eigentlich war Remus Lupin ein netter Kerl und außerdem ein sehr fleißiger und engagierter Schüler. Sie hatte schon oft beobachtet wie er einigen jüngeren Schülern Nachhilfe gab, ohne etwas als Gegenleistung zu verlangen. Doch trotzdem gehörte er zu den Rumtreibern und war mit Potter und Black befreundet und die beiden waren definitiv nicht für Fleiß und Zuverlässigkeit bekannt, sondern für ihre Arroganz und ihre Streiche, an denen Pettigrew und Lupin ebenfalls nie ganz unbeteiligt waren. Was also sollte sie von ihm halten?
 

»Ähm Lily?«, fragte Remus und räusperte sich etwas verlegen.
 

Lily blinzelte ein paar Mal. Wie lange hatte sie hier schon gestanden und ihn gemustert?

Als sie sich umsah, bemerkte sie, dass die anderen Schüler schon gegangen waren und Remus ihr immer noch seine Hand entgegenstreckte, welche Lily nun endlich nahm.
 

»Auf Gute Zusammenarbeit!«
 

Gemeinsam gingen die beiden zur großen Halle. Sie sprachen nicht viel miteinander. Lily musterte Remus nunmehr verlegen von der Seite. Sollte sie es ihm sagen oder lieber abwarten? Sie entschied sich für den direkten Weg.
 

»Ich hoffe du weißt, was deine Pflichten als Vertrauensschüler mit sich bringen?«, fragte sie ihn unvermittelt. »Mitschülern Punkte abziehen, wenn sie andere aus Arroganz verhexen oder irgendwelche Streiche spielen?«
 

Remus schmunzelte verhalten als sie gerade die große Halle betraten.
 

»Keine Sorge Lily, ich weiß was mein Job ist«, meinte er augenzwinkernd.

»Gut... ähm.... wir haben heute Abend den ersten Streifzug. Treffen wir uns so gegen zehn im Gemeinschaftsraum?«

»Ich werde da sein«, erwiderte Remus und setzte sich zu seinen Freunden an den Gryffindortisch der großen Halle.
 

Lily ging ein paar Meter weiter und setzte sich zu ihren Freundinnen an den Tisch, welche bereits beim Nachtisch angelangt waren.
 

James Potter hatte sie bereits beobachtet, als sie mit Remus die große Halle betreten hatte und wandte den Blick auch nicht von ihr ab, als sie sich neben Rosalie Pond auf die Bank quetschte.
 

»Evans ist also deine Partnerin«, stellte James unvermittelt fest und versuchte dabei möglichst gelangweilt zu klingen.
 

»Jap.«

»Mein Beileid«, steuerte Sirius bei.

»Sie scheint ziemlich Regel vernarrt und ist wohl eine Streberin, vielleicht musst du dann gar nicht so viel machen«, erwähnte Peter gar beiläufig.
 

Sirius und Remus warfen ihm einen verwunderten Blick zu, doch Peter zuckte nur mit den Schultern.
 

»So was weiß man halt, wenn man genauer auf seine Mitmenschen achtet«, erwiderte Peter beiläufig und schenkte sich noch etwas Kürbissaft ein.

»Ist ja auch egal! Wie sieht es mit einem Eröffnungsstreich in diesem Schuljahr aus? Irgendwelche Vorschläge?«, fragte Sirius leise in die Runde, während er sich beinahe die halbe Kanne Vanillesoße über seinen Pudding schüttete.

Remus winkte nur ab.
 

»Ich passe, tut mir Leid.«

»Was?«, fuhr Sirius seinen Freund etwas lauter als gewollt an und richtete seinen Löffel auf ihn.

»Ich bin jetzt Vertrauensschüler, ich kann bei so etwas offensichtlichem nicht mehr mitmachen. Ich müsste euch dafür sogar Punkte abziehen.«
 

Sirius verdrehte die Augen.
 

»Moony du enttäuscht mich«, erwiderte Sirius schockiert und fasste sich theatralisch an die Brust.

»Schlimm genug, dass durch deine Ernennung als Vertrauensschüler die Rumtreiberehre verletzt wurde (was denkt sich Dumbledore nur dabei?) und jetzt willst du nicht mal mehr bei einem Streich mitwirken?«

»Ich sagte nicht offensichtlich mitwirken. Ich helfe nach wie vor beim planen und der verdeckten Ausführung. Aber mehr geht wirklich nicht.«
 

»Ich bin zutiefst erschüttert«, erwiderte Sirius trocken und schlürfte an seiner Vanillesoße.

»James jetzt sag doch auch mal was dazu«, meinte er dann zu seinem besten Freund und stieß ihm mit dem Ellenbogen in die Seite.
 

Dieser schaute ihn nur verwirrt an. Es war offensichtlich, dass er weniger als die Hälfte des Gesprächs mitbekommen hatte.
 

»Hier ist wirklich niemand bei der Sache«, stöhnte Sirius genervt und knallte die leere Puddingschüssel auf den Tisch.
 


 


 

* * *
 


 

Gegen Abend lagen zwei der vier Rumtreiber auf ihren Betten und gingen ihren Beschäftigungen nach. Sirius blätterte in einem Muggelmotorradmagazin und markierte ein paar Seiten mit einem Knick. Peter kratzte sich mit der Feder am Kopf und überlegte wie er seinen Kräuterkunde Aufsatz den bestmöglichen Schluss geben konnte. Nach einer Weile gab er es jedoch auf und rollte das Pergament zusammen.

»Ich finde wir sollten an der Karte weiterarbeiten.« Meinte Peter plötzlich hoffnungsvoll, um an diesem Arbeit wenigstens auf anderem Wege produktiv sein zu können.
 

»James und ich haben besprochen, dass wir beim nächsten Streifzug durch den verbotenen Wald erst ein paar Notizen machen sollten, um die Karte um das Außengelände zu erweitern«, sagte Sirius gelangweilt ohne von seinem Magazin aufzublicken.
 

Remus, welcher gerade aus dem Bad kam, rubbelte sich mit einem Handtuch die Haare trocken und schielte aus den Augenwinkeln auf Sirius' Magazin.
 

»Wie kommst du zu einem Motorradmagazin aus der Muggelwelt?«, fragte Remus interessiert.

»Hab ich mir ausgeliehen«, erwiderte Sirius kurz angebunden, während dieser gerade das neuste Model einer Harley Davidson begutachtete auf dem eine blonde Frau in einem knappen roten Bikini posierte. Remus fragte sich, ob Sirius sich wirklich für die Motorräder oder die halbnackten Frauen interessierte.
 

»Wo ist eigentlich James?«, fragte Peter, der erst jetzt zu bemerken schien, dass James als er vor einer halben Stunde das Zimmer verlassen hatte, gar nicht wieder zurück kam.

»Hat ein Date«, meinte Sirius, während er mit einem fetten Grinsen einen weiteren Knick in das Magazin machte.
 

»Hast du nicht auch eines?«, fragte Remus.

Sirius blickte zu ihm auf und blinzelte zu ihm auf.

»Hab ich das?« Fragte er verwirrt.
 

Remus knüpfte den letzten Knopf seines weißen Hemdes zu und griff nach seinem grauen Pullunder.
 

»Nun ja. In Verwandlung hast du Amy Smith aus Hufflepuff zugesagt. Ich zitiere „Mmm Baby, ich werde dir heute Abend den Sternenhimmel zu Füßen legen.“«
 

Sirius blinzelte ein paar Mal und schien über seine Aussage nachzudenken. Das klang nun wirklich nach ihm und plötzlich machte es dann auch Klick.
 

»Ahh stimmt, dass habe ich beinahe vergessen«, rief er aufgeregt und schlug sich mit der Handfläche vor den Kopf.

Dann sprang er vom Bett und suchte nach seinen Schuhen.
 

»Was hast du heute noch vor Remus?«, fragte Peter, als er bemerkte, dass auch Remus seine Schuhe anzog.

»Ich habe heute Streife.«

»Oh man als Vertrauensschüler hat man ganz schön viel Arbeit.«
 

»Worauf wartest du Remus?«, drängelte Sirius ungeduldig von der Tür. »Ich verpasse mein Date.«
 

Remus rollte mit den Augen und winkte Peter zum Abschied. Dann folgte er Sirius durch die Tür runter in den Gemeinschaftsraum.
 

»Wenn ich nicht wäre, wüsstest du gar nicht, dass du überhaupt ein Date hast Sirius. Und denk dran das in 15 Minuten die Ausgangssperre beginnt.«, zischte er ihm noch zu während beide auf das Portrait der fetten Dame zugingen, an dem Lily schon auf Remus wartete.
 

Er blickte auf seine Uhr, er war so gar zwei Minuten zu früh dran. Lily schien wirklich ein überaus genauer Mensch zu sein. Er lächelte ihr zu, als er ihren Blick fand und diese erwiderte das Lächeln.
 

»Hey Remus. Können wir los?«, fragte sie direkt und warf Sirius einen skeptischen Blick zu, als er den beiden durch das Portraitloch folgte.
 

Dort wartete schon Amy Smith und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln, bei dem ihre weißen perfekt aneinandergereihten Zähne zum Vorschein kamen.
 

»Tut mir Leid für die Verspätung. Aber ich musste ja heute besonders gut für dich aussehen«, entschuldigte sich Sirius bei ihr und setzte sein charmantestes Lächeln auf. Amy begann zu kichern, woraufhin Lily die Augen verdrehte.
 

»Black, du weißt schon, dass in 10Minuten die Ausgangssperre beginnt?«
 

Es war eine rhetorische Frage und eine Aufforderung in einem, doch Sirius ignorierte beides.
 

»Natürlich, nichts läge mir ferner als die Einhaltung der Schulregeln zu umgehen.«

Sirius fasste sich theatralisch ans Herz.

»Ich bring Amy nur eben zu ihrem Gemeinschaftsraum«, erwiderte er dann und zwinkerte ihr verschwörerisch zu, woraufhin sie wieder zu kichern begann.
 

Sirius legte einen Arm um ihre Schultern und führte sie den Gang entlang. Lily konnte ihr Gekicher noch aus zehn Metern Entfernung hören.
 

»Wollen wir im siebten Stock beginnen und uns dann runter in die Kerker vorarbeiten?«, schlug Remus vor und unterbrach damit ihren Gedankenrausch.

Lily nickte eilig und ging an Remus Seite den Gang zum Treppenhaus entlang.
 


 


 

* * *
 


 

»Eigentlich ist er ganz in Ordnung«, meinte Lily, woraufhin Severus ihr einen Blick zuwarf, der sowohl skeptisch als auch angewidert wirkte.

»Wirklich Sev, wir haben uns auf den bisherigen Streifzügen ganz nett unterhalten. Wusstest du, dass er freiwillig zu seinen Pflichten als Vertrauensschüler Nachhilfe gibt?«
 

Severus rollte mit den Augen.
 

»Nein, dass wusste ich nicht. Vermutlich ist diese nette Tour nur ein Ablenkungsmanöver, um dich davon abzuhalten den Rest seiner Freunde nachts in den Fluren zu erwischen.«
 

Lily boxte Severus freundschaftlich in die Seite, woraufhin dieser gespielt empört keuchte. Dann legte Lily ihre Hand auf Severus' Arm und lächelte ihn mit einem großen, traurigen Wimpernaufschlag an. Severus blickte ihr tief in die grünen Augen, deren Sprenkel im Sonnenlicht funkelten und sogleich schlug sein Herz einen Takt höher, wie es es immer tat, wenn er Lily sehr nah war.
 

»Vertrau mir. Remus ist wirklich in Ordnung. Also gib ihm bitte eine Chance ja?«, bat sie ihn und schenkte ihm dabei wieder eines dieser unbeschreiblich gütigen Lächeln.

Er konnte ihr nichts abschlagen, wenn sie ihn so ansah.

»Okay, ich versuche es«, sagte er schließlich leise.
 

Plötzlich zuckten die beiden zusammen als sie einen Schrei vernahmen. Lily richtete sich sofort auf und blickte in alle Richtungen, um herauszufinden woher es kam. Dann betrat sie den Korridor und sprintete sie den Flur entlang. Severus folgte ihr mit einem seufzen.
 

Am Ort des Geschehens hatte sich bereits ein kleiner Menschenauflauf aus neugierigen Schülern gebildet. Lily kämpfte sich nach vorne durch.
 

In der Mitte stand kein geringerer als James Potter, welcher sich mit erhobenen Zauberstab grinsend durch die Haare fuhr, um seinem Publikum die wohl bestmögliche Show zu liefern.

Neben ihm stand Sirius Black, welcher sich vor lachen den Bauch hielt. Vor ihnen stand ein Drittklässler aus Slytherin, welcher den Tränen nahe war und ein Schaf?
 

Lily blinzelte ein paar Mal und auch Severus, welcher sich ebenfalls keuchend durch die Menge drängelte runzelte die Stirn um die lächerliche Szene zu beurteilen.

Das Schaf stand dort nur auf seinen Hinterbeinen und quakte die Hogwartsschulhymne vor sich hin, in einem Rhythmus, welchen James Potters Zauberstab vorgab.
 

»Ahahahahahaha. Das ist die genialste Idee, die wir bisher hatten«, keifte Sirius und brauch daraufhin wieder in schallendes Gelächter aus, worauf einige Schüler mit einstimmten.

»Nun hört doch auf, er hat es ja verstanden«, wimmerte der Junge mit den kurzen blonden Haaren, welcher die beiden nun wütend an keifte.

»Ich glaub das geht noch besser«, meinte James gut gelaunt und schwang seinen Zauberstab.
 

Das Schaf verwandelte sich daraufhin in eine Kuh, welche ächzend versuchte sich auf seinen Hinterbeinen zu halten.
 

»Ist das etwa ein Schüler?«, fragte Lily schockiert, welche endlich ihre Stimme wieder gefunden habe.

Sirius, James und der blonde Junge aus Slytherin wandten sie zu ihr um.
 

»Niemals Evans«, beteuerte James, setzte ein Grinsen auf und fuhr sich wieder durch sein ohnehin schon strubbeliges schwarzes Haar.
 

Doch der blonde Junge erkannte sofort das Vertrauensschülerabzeichen an Lilys Brust.
 

»Das ist mein Kumpel Roger«, wimmerte er nun wieder.

»Petze«, zischte Sirius ihm mit einem wütenden Blick zu.

»Du wirst ihn sofort zurückverwandeln Potter«, sagte sie in einem kühlen Tonfall.

»Und wenn nicht, was willst du dann machen Evans?«, keifte Sirius.
 

»10 Punkte Abzug für Gryffindor. Für jeden von euch«, erwiderte sie ohne Sirius auch nur eines Blickes zu würdigen, welcher bereits empört aufkeuchte.
 

Sie starrte weiterhin in James Potters Gesicht. Er hatte braune Augen, haselnussbraune um genau zu sein. Sie erkannte keine Regung in seinen Augen, während sie sich beinahe eine halbe Minute lang fixierten, ohne das jemand etwas sagte.
 

»Ich warte Potter«, erwiderte Lily gereizt.
 

Doch auch James Potter fixierte ihre Augen. Sie waren grün und leuchteten, doch je wütender sie wurde desto mehr helle Sprenkel blitzten in ihren Augen.
 

»20 Punkte Abzug für jeden von euch«, erwiderte Lily kalt.
 

Sirius schnaubte vor Empörung und stieß seinem Freund in die Seite, damit er reagieren konnte.

Perplex wandte James sich zu Sirius um und blickte ihn fragend an, woraufhin Sirius mit den Augen rollte und mit dem Kopf zur Kuh nickte, welche immer noch versuchte auf ihren Hinterpfoten zu stehen.

Auch einige Schüler aus der Menge schnaubten, als würde Lily überreagieren. Wütend drehte sie sich um und gestikulierte wild mit den Armen.
 

»Und ihr verschwindet hier gefälligst. Es gibt nichts mehr zu sehen«, keifte sie wütend. »Sofort sonst ziehe ich jedem von euch Punkte ab, wegen unterlassener Hilfeleistung.«
 

Tatsächlich schienen diese Worte zu wirken und die Menge löste sich langsam auf. Nur Severus blieb.
 

»Worauf wartest du Potter? Willst du erst alle Punkte, die Gryffindor bisher bekommen hat verlieren? Oder versuchst du deinen Strafarbeitenrekord aufrecht zu erhalten?«
 

James rollte mit den Augen und verwandelte die Kuh in einen Jungen zurück. Der braunhaarige Junge kniete auf den Boden und schien verwirrt zu sein.
 

»Zufrieden Evans?«, fragte James gelangweilt.
 

Lily ignorierte James und ging auf den Jungen zu, welcher die Situation nicht ganz zu begreifen schien.
 

»Ich glaub mir ist schlecht«, murmelte Roger verhalten.

»Du solltest deinen Freund hier vielleicht mal im Krankenflügel vorbeibringen, um sicher zu gehen das alles in Ordnung ist«, wies sie den blonden Jungen an und half dem braunhaarigen Roger auf die Beine.
 

Aneinander gestützt gingen die beiden den Gang entlang Richtung Krankenflügel.

Lily wandte sich wieder zu James und Sirius um und fixierte diese nun wütend.
 

»Ihr seid echt das allerletzte! Unschuldige Schüler zu verhexen, nur weil ihr es eben könnt!«

»WoWo Evans, er hat angefangen«, keifte Sirius.

»Mir ist egal wer angefangen hat. Ihr beide seid die älteren und solltet euch definitiv reifer verhalten«, erwiderte Lily wütend und ging wieder zu Severus.
 

»Gilt das auch für Schniefelus? Reife Menschen waschen sich auch hin und wieder mal«, erwiderte James Potter belustigt.
 

Severus Kopf lief hochrot an. Sofort schnellte seine Hand zu seinem Zauberstab. Doch James war schneller.
 

»Expelliarmus«, rief er worauf hin Severus und sein Zauberstab zu Boden fielen.
 

Doch bevor James wusste wie ihm geschah wurde er einige Meter zurückgeschleudert und spürte wie schwer sein Kopf wurde.
 

Sirius, welcher zu ihm geeilt war begann nur wieder zu lachen.
 

James blinzelte ein paar Mal und versuchte sich aufzurichten, doch die Schwere seines Kopfes ließ ihn zurück sacken. Er konnte gerade noch erkennen wie Lily sich mit wehendem Umhang von ihnen abwandte und mit Severus am Arm verschwand.
 

James begann an seinem Kopf herum zu tasten. Hatte Lily Evans ihm gerade ein Geweih angehext?

Gewitternächte

14. Akt: Gewitternächte
 

„Das Leben ist wie ein kompliziertes Spiel

anfangs scheint es schwer, unfair und fast unmöglich

aber nach einiger Zeit hat man denn Dreh raus und man kann gewinnen.“

(Helmut Fasold)
 


 

Zum wiederholtem Male rüttelte die rothaarige an der Tür. Doch wieder öffnete sie sich nicht.
 

Warum nur hatte sie ihren Zauberstab im Gemeinschaftsraum liegen lassen?

Ach richtig sie wollte nur kurz ihr Zaubertränkebuch aus dem Klassenraum abholen, welches sie im Unterricht liegen gelassen hatte. Und warum hatte die gewissenhafte Lily Evans ihr Buch liegen lassen? Weil Potter und Black sie mal wieder auf eine sehr höhnische Art und Weise denunziert hatten. Sie hatte danach nur noch genervt ihre Sachen in die Tasche gestopft und war wutentbrannt aus dem Klassenzimmer gefegt.
 

Wütend trat sie noch einmal gegen die dicke Eichentür und schrie daraufhin auf, hielt sich ihren Fuß und hüpfte schluchzend auf einem Bein hin und her.

James Potter musste schmunzeln. Seine Augen waren zwar geschlossen, doch er konnte sich vorstellen, wie sie aussehen musste.
 

»Potter wie konnte das noch gleich passieren?«, fragte Lily plötzlich im spitzen Tonfall.
 


 

* * *
 


 

24Stunden vorher...
 

Die Spitze seiner Zigarette glühte noch einmal auf, als er einen letzten Zug nahm und den Qualm in seine Lungen strömen ließ. Dann drückte er den Zigarettenstummel an der kalten Steinmauer aus und warf ihn aus dem Fenster.
 

Es regnete in dieser Nacht. Es waren -abermillionen Tropfen, die den Kamikazefliegern gleich auf die Erde herab schmetterten. Das Donnergrollen welches vor einer halben Stunde noch weit entfernt war schien nun genau über dem Schloss angekommen zu sein. Doch es störte ihn nicht, als ein lauter Knall seinen Freund zusammenzucken ließ. Er beobachtete weiterhin die grellen Lichtblitze, welche in immer kürzeren Abständen am Himmel aufflackerten.
 

»Komm schon Peter, du wirst das schon hinkriegen. James und ich haben es auch geschafft«, ertönte Sirius Blacks Stimme.
 

Peter zuckte nur erneut zusammen, als ein weiteres Donnergrollen über sie hereinbrach.

Die Uhr schlug bereits auf Mitternacht um, als die drei Freunde immer noch in dem leeren Klassenzimmer saßen.
 

»Ich werde es dir nochmals demonstrieren«, sagte Sirius dann.
 

Er stellte sich vor Peter und schloss die Augen. Ein weiterer Lichtblitz hellte den dunklen Nachthimmel auf und plötzlich war Sirius verschwunden und vor Peter stand nun ein großer schwarzer, zotteliger Hund, welcher mit seinem Schwanz wedelte.
 

James lächelte als er ihn sah und strich ihm über das schwarze Fell. Er hatte Hunde schon immer gemocht.
 

»Du gefällst mir als Hund sehr gut. Du solltest öfter so herumlaufen<, meine James.
 

Sirius genoss es einen Moment hinterm Ohr gekrault zu werden, als er sich plötzlich empört abwandte und versuchte James mit seinen Tatzen gegen den Arm zu schlagen. Dieser lachte nur auf, als Sirius ihn wieder verfehlte.
 

»Na das mit den Tatzen musst du aber nochmal üben, um als glaubwürdiger Hund rüber zu kommen«, stichelte James, woraufhin sich Sirius graue Hundeaugen zu Schlitzen verengten.
 

Mit großen Anlauf sprang er gegen James Brust und warf sich und ihn zu Boden. Sirius Tatze lag zwischen James Mund und Nase als dieser lauthals auflachte und versuchte den Hund von sich abzuschütteln.
 

»Nimm deine- «, brachte James nur hervor als Sirius Pfoten seinen Mund verdeckten.

»-Tatzen«, lachte James daraufhin und rang den Hund von sich herunter, welcher nun rücklings auf dem Boden neben ihm lang und vergnügt aufjaulte.
 

Einen kurzen Moment später war der Hund verschwunden und Sirius lag neben ihm und starrte lachend die Decke des Klassenzimmers an.
 

»Ich mag den Namen«, sagte er schließlich, woraufhin James und Peter ihm einen fragenden Blick zu warfen.

»Tatze...Padfoot«, erwiderte er dann. »Ich brauche schließlich einen Namen wenn wir das morgen durchziehen wollen«, fügte er noch hinzu und warf James einen wissenden Blick zu.
 

Dieser grinste ihn nur schelmisch an und Peter schaute fragend von einem zum anderen.
 


 

* * *
 


 

Die bunte Farbenpracht der bereits herabgefallenen Blätter des Spätherbstes tanzten im Farbenspiel des Windes. Es wurde kälter und das warme Licht der Sonne verwandelte sich mehr und mehr in eine kühle Brise. Doch schien dieser rasante Wetterumschwung nicht alle Schüler von Hogwarts zu stören.
 

Severus Snape lag, einen Arm hinter dem Kopf verschränkt auf der Wiese am See und beobachtete die Wolken, welche sich zügig zusammenstauchten und unheilvoll zu ergrauen schienen. Vermutlich würde es bald anfangen zu stürmen oder sogar ein Gewitter geben, doch Severus dachte nicht weiter darüber nach. Auch nicht als bereits ein erster Regentropfen seine Wange streifte. Er nahm ihn kaum wahr, denn sein Herz schlug in einem viel zu beunruhigendem Rhythmus, als dass er sich über solch banale Dinge wie Regen Gedanken machen konnte.
 

Seine Gedanken waren allein bei ihr, dem rothaarigen Mädchen, welches ihren Kopf an seine Schulter gelehnt hatte und selig schlief. Er traute sich nicht laut zu atmen und auch kaum sich zu bewegen, aus Angst es könnte sie aufwecken. Er verfluchte innerlich sogar seinen verflixt lauten Herzschlag, den er immer hatte wenn sie in seiner Nähe war.
 

Gerade hatte sie ihren Kopf bewegt und Severus dachte sie sei aufgewacht, doch sie schniefte nur einmal kurz mit der Nase und kuschelte ihre Wange näher an seinem Arm. Severus lächelte, als er beobachtete wie sich eine Haarsträhne aus ihrem Dutt löste und ihr ins Gesicht viel.

Lächeln, etwas, was er nur sehr selten und meist nur in ihrer Nähe tat.
 

Er wusste nicht warum, doch seit er Lily Evans zum ersten Mal mit neun Jahren gesehen hatte, war er in sie vernarrt gewesen. Er mochte dieses Mädchen, ihre strahlenden grünen Augen, ihr rotes Haar, ihr Lächeln, ihre Gutmütigkeit, ihre Intelligenz, ihren Ehrgeiz, die Tatsache, dass er mit ihr lachen und albern sein konnte aber ihr auch alles erzählen konnte und sie immer für ihn da war.
 

Doch bereits nach wenigen Jahren dieser Freundschaft, welche sich anfangs zögerlich entwickelt hat und dann immer inniger wurde, bemerkte er, dass es nicht genug war, dass es nicht reichte. Es war mehr geworden als bloße Freundschaft. Er wollte diese Freundschaft nicht teilen. Er konnte sie nicht teilen. Dennoch musste er es. Lily war nicht wie er. Sie hatte ihre Familie, ihre Freundinnen und zu seiner Missgunst auch bereits den ein oder anderen Jungen, welcher sie nach einem Date fragte.

Severus griff zögerlich nach der Haarsträhne, welche ihre Nasenspitze zu kitzeln schien und versuchte sie hinter ihr Ohr zu stecken.
 

Lily blinzelte verschlafen und blickte direkt in die schwarzen Augen von Severus. Ruckartig setzte sie sich auf und räusperte sich verlegen.

»Ich muss wohl eingenickt sein.« Meinte sie dann, während sie sich verlegen am Kopf kratzte.

Severus bemerkte, dass ihre Wangen leicht gerötet waren. War ihr die Situation wirklich so unangenehm oder war es bloß die Kälte, welche ihre Wangen diesen sanften Rotschimmer gab?

Als weitere Regentropfen in kürzeren Abständen vom Himmel fielen griff Lily hastig nach ihren Zaubertrankbüchern.
 

»Oh je, es wird alles nass. Schnell Sev' lass uns reingehen.«
 

Lily und Severus griffen eilig nach ihren Büchern, während die Regentropfen immer schneller und dichter vom Himmel prasselten. Eilig liefen die beiden vom See zurück zum großen Eichenportal.

Beide waren mehr oder weniger durchnässt, als Severus das große Eichenportal hinter ihnen schloss. Lilys rotes Haar klebte ihr im Gesicht und Severus musste lachen als sie versuchte durch den nassen roten Haarvorhang zu blinzeln.
 

»Das ist nicht lustig Sev'. Hilf mir lieber«, meinte Lily, die versuchte ihre Schultasche, Reagenzgläser und Bücher in den Armen zu balancieren, jedoch nicht umhin kam selbst anzufangen zu lachen.
 

Vorsichtig trat Severus einen Schritt an sie heran und erhob seinen Arm um Lily ihr Haar aus dem Gesicht zu streichen. Er zögerte einen winzigen Moment kurz bevor er ihre Wange berührte. Lily hatte die Augen geschlossen und lächelte selig vor sich hin, wartend, dass Severus sie aus ihrem Haardesaster befreite. Ihr Duft stieg ihm in die Nase. Sie roch nach Regen. frischem grünen Gras und ein wenig nach Pergament. Vorsichtig strich er ihr erst eine Haarsträhne hinters Ohr und dann die andere. Dabei verweilte seine Hand einen kurzen Moment zu lang an ihrer Wange, als Lily bereits ihre Augen geöffnet hatte.
 

»Miss Evans, Mister Snape wie gut, dass ich sie hier finde.«
 

Sofort schnellte Severus Hand zurück an seinen Umhang und die beiden wandten sich perplex zur Seite, wo sie ein in Plauderstimmung grinsender Prof. Horace Slughorn anlächelte.
 

»Das Wetter ist heute wirklich nicht sehr schön, sie sollten nicht draußen herumlaufen, sonst erkälten sie sich noch«, tadelte der kleine Professor die beiden Schüler.
 

Lily schenkte ihm ein Lächeln und wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, doch Slughorn redete fröhlich weiter. So sprach er noch eine Weile über den verspäteten Herbsteinbruch im November, den Zaubertrank den er in der nächsten Unterrichtsstunde mit seiner fünften Klasse durchnehmen wollte und schließlich über die Flasche Elfenwein, welche er in der Hand hielt.
 

»Wissen Sie ich habe nun auch wirklich keine Zeit mehr, ich muss noch zu Prof. Dumbledore. Es gibt einiges zu besprechen.«
 

Severus verdrehte die Augen und Lily lächelte ihrem Prof. freundlich zu und deutete mit der Hand eine Abschiedsgeste an, als er auch schon weiter sprach.
 

»Bevor ich es vergesse, ich wollte Ihnen beiden persönlich noch die Einladung zu einer kleinen Weihnachtsparty geben.«
 

Slughorn kramte in seiner Jackentasche und holte zwei fein säuberlich adressierte Briefumschläge hervor.
 

» Es ist zwar noch einen Monat hin, aber ich wollte sicher gehen, dass keiner von Ihnen verhindert ist an dem Tag. «
 

Er warf einen Blick auf sein Uhr.
 

»Nun denn, ich muss jetzt wirklich los, wenn ich noch an Dumbledores Büro vorbei will. Wir sehen uns später im Unterricht«, verabschiedete er sich und verwand auch schon im nächsten Korridor.
 

Severus seufzte erleichtert, während Lily noch einen Moment ihr Lächeln aufrecht erhielt, falls Slughorn noch einmal zurückkam, denn das passierte wahrlich sehr häufig.
 

»Bei Merlin! So sehr ich dieses Fach auch liebe, Prof. Slughorn kann wirklich anstrengend sein.«

»Wohl eher nervtötend«, meinte Severus mit hochgezogenen Augenbrauen.

»Eigentlich ist er ein sehr lieber Mensch. Nur manchmal redet er ein wenig viel«, erwiderte Lily, woraufhin Severus die Augen verdrehte.
 

»Du findest auch bei jedem immer etwas gutes.«
 

Lily harkte sich bei Severus ein und schenkte ihm wieder eines dieser bezaubernden unschuldigen Lächeln.
 


 

* * *
 


 

»Da sind sie. Gehen gerade von Pflege magischer Geschöpfe zum Eichenportal«, meinte Sirius, während er hinter einem Baum aus dem verbotenem Wald hervorlugte.
 

James Potter grinste, als auch er die beiden Mädchen beobachtete, welche sich eben von ein paar Freundinnen verabschiedet hatten, mit denen sie wohl gemeinsamen Unterricht gehabt haben.
 

»Na dann los Pad. Dein Auftritt«, ermunterte ihn James, woraufhin sich Sirius im Schutz der Bäume wieder in den schwarzen, zotteligen Hund verwandelte.
 

»Ich halte das für eine schlechte Idee«, zischte Remus James zu.

»Vor allem ist es gefährlich, wenn ein Lehrer ihn sieht erkennt er vielleicht, dass er ein illegaler Animagus ist«, fügte er tadelnd hinzu.
 

James verdrehte die Augen und klopfte Remus beruhigend auf die Schulter.
 

»Das wird schon klappen. Vor allem steht Peter doch am Eichenportal und gibt uns per Zwei-Wege-Spiegel ein Zeichen, falls irgendein Lehrer vorbeikommt.«
 

»Los geht’s Pad, dein Auftritt«, ermunterte James den schwarzen Hund, woraufhin er auch direkt los lief.
 

James und Remus beobachteten das Geschehen im Schutz der Bäume des verbotenen Waldes. Sirius lief zunächst eine große Runde über die Wiese und kläffte dabei ein paar Slytherins an, welche er streifte. Remus schlug sich die Hand vor die Stirn und lehnte sich seufzend gegen den Baum.
 

»Das kann einfach nicht gut gehen«, murmelte er, während Sirius fröhlich auf der Wiese herumtollte und sich einige Schüler zu ihm umwandten.
 

Schließlich lief er zu den beiden Mädchen herüber und lief ein paar Mal im Kreis um die beiden herum.
 

»It's showtime«, grinste James und zerrte Remus zwischen den Bäumen hervor.

»Woher kommt denn dieser Hund?«, fragte Haley Rowe ihre Schwester Hannah Rowe, als Sirius vor den beiden Sitz machte und sie Schwanzwedelnd an hechelte.
 

Hannah beugte sich zu ihm herunter und streichelte ihm vorsichtig über das schwarze Fell. Sirius schreckte ihr ihren Kopf entgegen und ließ sich von ihr Kraulen. Hannah lächelte.
 

»Du bist wirklich ein braver Hund.«

»Padfoot da bist du ja endlich! Ich habe dich überall gesucht!«, stöhnte James Potter erleichtert, während er an die Mädchen herantrat.
 

»Gut, dass zwei so wunderhübsche junge Damen wie die Rowe Schwestern ihn gefunden haben. Ich wüsste nicht was ich ohne ihn machen würde«, seufzte James theatralisch und setzte sein charmantestes Lächeln auf, woraufhin Remus nur mit den Augen rollte, sich aber lächelnd in die Runde gesellte.

»Ist das dein Hund?«, fragte Haley ihn verwundert, während sie sich eine ihrer kurzen blonden Haarsträhnen hinter das Ohr klemmte.
 

»So könnte man das sagen. Er ist mir zugelaufen und wich mir seitdem nicht mehr von der Seite. Er muss gespürt haben, was für ein Tierfreund ich bin. Ich liebe Hunde.«

»Ja wir auch«, erwiderte Haley und strich Sirius durch das rabenschwarze Fell.

»Ich weiss gar nicht wie euch danken soll, dass ihr ihn gefunden habt.«

»Kein Problem. Er ist uns ja quasi zugelaufen«, meine Hannah.
 

»Ein Gentleman begleicht immer seine Schulden«, sagte James empört und ergriff dabei Haleys Hand.

»Wie wäre es, wenn wir euch beide nach Hogsmead einladen? Das ist schließlich das mindeste was ich euch anbieten kann.«

»Gern«, erwiderte Haley und auch Hannah dankte ihm für die Einladung.

»Wir können auch gerne mal gemeinsam mit dem guten Padfoot im Wald spazieren gehen. Selbstverständlich am Rande, wo es nicht verboten ist.«

»Warum nicht«; erwiderte Hannah.

»Er ist so ein lieber Hund«, fügte sie hinzu und kraulte den schwarzen Hund wieder hinter seinen Ohren.
 

»Wir müssen jetzt los, sonst kommen wir zu spät zu Verwandlung. McGonagall würde ausrasten«, entschuldigte sich Hannah.

»Pass gut auf den kleinen auf James«, rief Haley ihm noch zu.

»Kein Problem. Wir sehen uns dann am Samstag«, verabschiedete sich James und winkte den beiden mit einem verschmitzten Grinsen hinterher.
 

»Ich kann nicht glauben, dass das funktioniert hat«, erwiderte Remus ungläubig.

»Ich hab dir doch gesagt, die Rowe Schwestern stehen auf Tiere«, empörte sich James.
 

Der Hund verabschiedete sich derweil in den verbotenen Wald, woraufhin einen Moment später Sirius aus den Schatten der Bäume hervortrat.
 

»Die beiden sind wirklich heiß«, stöhnte James.

»Da würde ich gerne mal als Hund in ihrem Bett schlafen«, keifte Sirius, während er grinsend mit den Augenbrauen wackelte.

»Nur als Hund Pad? Du enttäuscht mich.«
 

Sirius griff sich theatralisch ans Herz, während erste Regentropfen seine Wange streiften. Als er in den Himmel blickte erkannte er das die Wolken sich ziemlich schnell verdichtet hatten
 

»Können wir jetzt gehen? Sonst werden wir nass und kommen zu spät zu Zaubertränke«, unterbrach Remus plötzlich das sinnlose Gespräch.

»Reg dich ab. Es sind bestimmt noch 10 Minuten.«
 


 

* * *
 


 

Remus klopfte an die Kerkertür, bevor er sie öffnete und die vier Rumtreiber das Klassenzimmer für Zaubertränke betraten. Die Stunde hatte bereits angefangen und der Kurs stand um einen Kessel herum aufgestellt und wandte sich zu den Jungen um, als sie die Tür knattern hörten.
 

»Entschuldigen Sie die Verspätung Professor. Wir wurden aufgehalten«, erwiderte James Potter mit einem seiner charmanten Lächeln, mit denen er noch jeden Lehrer rumgekriegt hatte.

»Das macht doch nichts Mr. Potter. Sie haben nicht viel verpasst. Aber nun stellen sie sich eilig in Runde«, munterte Professor Slughorn die vier Rumtreiber auf.
 

Severus, welcher den Rumtreibern nun gegenüberstand hatte die Augen zu Schlitzen verengt und stieß Lily, welche neben ihm stand leicht an.
 

»Wieso kriegt der eigentlich niemals Ärger?«, murmelte er Lily zu, während Professor Slughorn ihnen den heutigen Zaubertrank erklärte, welcher in einem dampfenden Zinkkessel bereits einmal perfekt gebraut vor ihnen stand. Lily zuckte nur mit den Schultern.

»Weil die einfach unverschämtes Glück haben«, riet Lily.

»Ich hätte Punktabzug und Nachsitzen kassiert, wenn ich bereits das dritte Mal in Folge zu spät gekommen wäre«, seufzte er, während er sich mit den anderen Schülern in die Schlange für das Zutatenschränkchen einreihte.

»Mach dir nichts draus Sev.«
 

Wenig später brodelten bereits die ersten Kessel. Sämtliche Schülerköpfe waren über ihren Büchern gesenkt. Gelegentlich hörte man das Kratzen eines Messers auf Holzbrettern. Lily fügte gerade ihr zerhacktes Bohnenkraut ihrem Trank hinzu, als James Potter sie interessiert von der Seite musterte.
 

»Schau gefälligst in deinen eigenen Kessel«, erwiderte Lily genervt, welche sein Starren bemerkt hatte.

»Warum so barsch Evans?«, erwiderte er ruhig.
 

Lily ignorierte ihn diesmal und zählte die Florfliegen ab, welche die letzte Zutat für den Trank waren. Nachdem sie diese hinzugefügt hatte rührte sie ein paar Mal im Uhrzeigersinn und beobachtete wie Severus bereits seinen fertigen Trank vorne abgab.
 

»Sie sollten zum Ende kommen und ihre Tränke abfüllen, die Stunde ist in einer Minute bereits beendet«, erinnerte sie Slughorn an die Zeit.
 

Lily schaute in ihren Kessel und lächelte als sie feststellte, dass ihr Trank die gewünschte Farbe erreicht hatte. James Potter warf ebenfalls einen Blick in ihren Kessel und stellte fest, dass sein eigener Trank nicht ganz die korrekte Farbe hatte. Er musste doch eine Florfliege zu viel hineingegeben haben.

Während Lily ihr Fläschchen nach vorne brachte und Snape damit beschäftigt war seinen Kessel zu putzen ergriff James die Gelegenheit und füllte sich etwas aus Lilys Kessel in ein Fläschchen, welches er schnell in seiner Tasche verschwinden ließ und hastig seinen Kessel in den Abfluss leerte, bevor er Slughorn das Fläschchen brachte.
 

»Wirklich ausgezeichnet Miss Evans, ich habe auch nichts anderes von Ihnen erwartet. Sie haben wirklich ein Talent für Zaubertränke, genau wie Mr. Snape«, hörte er Slughorn euphorisch sagen und Lilys Wangen erhielten einen leichten Rotschimmer.
 

James beobachtete wie Lily zu ihrem Platz zurück ging und ihre Utensilien in ihrer Tasche verstaute.
 

»Evans du bist wirklich gut in Zaubertränke«, sagte James plötzlich, während er sich mit den Ellenbogen auf den Tisch abstützte.
 

Lily blickte auf und sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.
 

»Willst du mir bei Gelegenheit nicht mal ein wenig Nachhilfe geben?«, fragte er nun mit seinem typisch schelmischen Pottergrinsen im Gesicht und lehnte sich lässig zu ihr rüber.

Lily ließ vor Schreck ihr Buch fallen.
 

»Wir könnten danach natürlich auch noch was anderes unternehmen«, grinste er daraufhin anzüglich.
 

Natürlich hatte er die Nachhilfeanfrage nicht ernst gemeint. Ihre erschrockene Miene wich einer zornigen und sie funkelte ihn wütend an.
 

»Vergiss es Potter«, zischte sie ihm zu und verließ wutschnaubend das Klassenzimmer, während James einen kurzen Blick auf ihren wehenden Rock warf.
 

Sirius, welcher das ganze beobachtet hatte, schlug James lachend auf die Schulter.
 

»Was willst du denn von der? Sie hat ja noch nicht mal richtige Brüste«, keifte Sirius.
 

Lily konnte seine letzten Worte noch verstehen und machte sich wutschnaubend auf den Weg zum Gryffindor Gemeinschaftsraum.
 


 

* * *
 


 

Am späten Abend regnete es immer noch in Strömen und die Wolken zogen sich unheilvoll zusammen. Von weitem konnte man schon erste Donnergrollen hören.

Nachdem Lily sich wütend bei Nicky über Potter und Black ausgelassen hatte, beschloss sie noch schnell duschen zu gehen.
 

»Macht es dir was aus, wenn ich schon mal ins Bett gehe?«, fragte Nicky dann gähnend. »Das Quidditchtraining war wirklich anstrengend.«

»Kein Problem. Ich wollte sowieso noch eine Stunde mit meinem Zaubertränkeaufsatz verbringen. Ich schreib ihn dann im Gemeinschaftsraum fertig.«
 

Nicky rollte mit den Augen.
 

»Lily es ist bereits halb zehn an einem Montag! Sei doch nicht so ein Streber sonst bekomme ich ein schlechtes Gewissen«, flehte Nicky.

»Ich fürchte ich habe keine Wahl. In den nächsten Tagen werde ich noch einen Rundgang als Vertrauensschüler haben und der Kräuterkundeaufsatz schreibt sich leider auch nicht von allein«, seufzte Lily und sammelte ihren Sachen zusammen.
 

Nachdem sie ausgiebig geduscht hatte zog sie sich ihre Schuluniform wieder an und suchte in ihrer Tasche nach ihren Unterlagen.
 

»Wo ist nur mein Zaubertränkebuch?«, murmelte sie vor sich hin, als sie bereits ihre Tasche, den Schrank, den Nachtisch und ihren Koffer nach dem Buch durchwühlt hatte.
 

In Gedanken ließ sie den Tag Revue passieren. Im Unterricht hatte sie ihr Buch noch gehabt und dann? Dann hatte Potter sie gefragt, ob sie ihm nicht “Nachhilfe“ geben könne mit anschließenden weiteren “Unternehmungen“ und oh richtig sie hatte ihr Buch vor Schreck fallen gelassen. Wieder wurde sie wütend bei dem Gedanken unter welcher Dreistigkeit er es wagte ihr so eine Frage zu stellen und dann hatte Black noch eine abfällige Bemerkung über die Größe ihrer Brüste gemacht. Unbewusst zog Lily ihren Cardigan dichter zusammen.
 

Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass die Ausgangssperre vor 30 Minuten begonnen hatte. Sollte sie es wagen den Gemeinschaftsraum zu verlassen, um ihr Buch zu holen oder sollte sie es lieber am nächsten Tag holen? Nervös tippte Lily von einem Fuß auf den anderen und beschloss mutig zu sein und schlich die Treppe runter in den Gemeinschaftsraum. Er war so gut wie leer. Nur in einer Ecke konnte sie einen Schüler erkennen, welcher noch an einem Aufsatz zu schreiben schien. Einen Moment beobachtet sie ihn, doch er schien ziemlich in sein Geschreibsel vertieft zu sein.
 

Leise schlich vorsichtig hinter dem Rücken des Jungen vorbei bis zum Portraitloch.
 

In dem dunklen Flur war es ziemlich kalt und irgendwie auch ein wenig gruselig in der Dunkelheit mit dem nahendem Donnergrollen im Hintergrund. Wieso musste es auch bereits den zweiten Tag in Folge ein Gewitter geben? Lily hasste Gewitter und wusste genau, dass sie der Mut verlassen würde, wenn es erst mal richtig losging.
 

Schnellen Schrittes eilte sie den Gang entlang und sah sich im Treppenhaus noch einmal misstrauisch um, ob wirklich niemand in der Nähe war. Als die Luft rein schien lief sie die Treppen hinunter bis ins Erdgeschoss. Sie schlich sich am Portrait des Einäugigen Barbaren vorbei und musste nur noch im nächsten Flur die Treppen in die Kerker nehmen, als sie plötzlich ein Geräusch vernahm. Ruckartig blieb sie stehen und wandte sich panisch zu allen Seiten um. Sie sah ein kurzes Aufblitzen von zwei Punkten im Mondlicht.
 

»Mrs. Norris«, stellte sie aufgebracht fest und sprintete den Gang entlang.
 

Beim rennen sah sie sich noch ein paar Mal um. Sie achtete daher nicht mehr auf den Weg und krachte prompt in eine Ritterrüstung hinein. Sie fiel rückwärts und wäre wohl auf dem Boden gelandet, wenn zwei Arme an ihrem Rücken sie nicht daran gehindert hätten. Lily wurde kreidebleich, während die Teile der Rüstung scheppernd zu Boden fielen.

Erschrocken stellte sie sich wieder aufrecht hin und wandte sich um, nur um in das Gesicht von James Potter zu sehen, welcher in seinem Quidditch Pullover vor ihr stand.
 

»Sie mal einer an, wer nach Ausgangssperre noch auf den Gängen unterwegs ist«, sagte James Potter süffisant.
 

Einen Moment war Lily zu erschrocken, um etwas schlagfertiges zu erwidern, als sie auch schon das Licht einer Laterne und Filch Hetzrufe für Mrs. Norris hörte.
 

James reagierte sofort und zerrte Lily an ihrem Arm hinter sich her, hinunter in die Kerker, während sie Filch Schritte immer näher kommen hörten.
 

Als James sie am Klassenraum für Zaubertränke vorbei zerrte viel Lily plötzlich ein, warum sie überhaupt um diese Uhrzeit noch unterwegs gewesen war. Sie blieb aprubt stehen und zerrte an ihrem Arm, welcher immer noch von James umklammert wurde.
 

»Mein Buch«, sagte sie laut und lief zurück zur Klassenzimmertür.
 

James, welcher Filch Laterne an der Treppe sehen konnte folgte ihr und verriegelte die Tür hinter sich.

Lily wanderte im Klassenzimmer umher und überlegte wo sie gesessen hatte. Und da fand sie es auf dem Boden unter ihrem Tisch.
 

James lauschte währenddessen an der Tür. Filsch musste gerade vorbei gelaufen sein.

Lily lehnte sich gegen einen Tisch und versuchte ihren Puls zu beruhigen, welcher durch die beiden Kurzsprints, dem Zusammenprall mit der Rüstung und der Hetzjagd im Treppenhaus ganz schön in Fahrt gekommen ist.
 

Es verging eine Weile in der niemand etwas sagte. James lauschte weiter an der Tür, doch es war nichts zu hören. Lily ging langsame auf ihn zu, um ebenfalls an der Tür zu lauschen. Nervös kaute sie auf ihrer Unterlippe herum und trat von einem Fuß auf den anderen.
 

»Können wir gehen? Filch ist bestimmt schon weg«, fragte Lily nervös.

»Was ist denn los Miss Evans, mache ich Sie etwa nervös?«, grinste James Potter nur.
 

Lily warf ihm nur einen wütenden Blick zu, während sie die Hand auf den Türknauf legte.
 

»Weißt du was Potter? Behalte deine stumpfsinnigen Kommentare doch einfach für dich«, feixte sie ihn an und zog am Türknauf.

Doch die Tür öffnete sich nicht. Erneut zog sie am Türknauf und rüttelte an der Tür, doch nichts geschah.

James beobachtete sie mit einem Schmunzeln im Gesicht.
 

»Na brauchst du Hilfe?«, stichelte er.

»Deine garantiert nicht«, erwiderte Lily bissig.
 

Wütend legte sie beide Hände an den Türknauf und stütze sich mit ihrem rechten Bein an der steinernen Wand ab. Sie zog mit aller Kraft und als sie endlich glaubte die Tür würde sich bewegen flog sie im Takt des ersten Donnergrollens mit hohen Bogen auf den kalten Steinboden und hielt den Türknauf in der Hand.
 

James blinzelte ein paar Mal und blickte von dem Knauf in ihrer Hand zur Tür und rüttelte nun selber daran. Vergebens.
 


 

* * *
 


 

Zum wiederholtem Male rüttelte Lily an der Tür. Doch wieder öffnete sie sich nicht.
 

Warum nur hatte sie ihren Zauberstab im Gemeinschaftsraum liegen lassen?

Ach richtig sie wollte nur kurz ihr Zaubertränkebuch aus dem Klassenraum abholen, welches sie im Unterricht liegen gelassen hatte. Und warum hatte die gewissenhafte Lily Evans ihr Buch liegen lassen? Weil Potter und Black sie mal wieder auf eine sehr höhnische Art und Weise denunziert hatten. Sie hatte danach nur noch genervt ihre Sachen in die Tasche gestopft und war wutentbrannt aus dem Klassenzimmer gefegt.
 

Wütend trat sie noch einmal gegen die dicke Eichentür und schrie daraufhin auf, hielt sich ihren Fuß und hüpfte schluchzend auf einem Bein hin und her.

James Potter musste schmunzeln. Seine Augen waren zwar geschlossen, doch er konnte sich vorstellen, wie sie aussehen musste.
 

»Potter wie konnte das noch gleich passieren?«, fragte Lily plötzlich im spitzen Tonfall.
 

Der Angesprochene lag mit dem Rücken auf dem Lehrerpult. Seine Arme hatte er unter seinem Kopf verschränkt. Schon eine Weile betrachtete James Potter die Decke und ignorierte das fluchen und rattern an der Tür. Er hatte bereits vor einer halben Stunde aufgegeben den Klassenraum an diesem Abend noch verlassen zu können. Doch Lily Evans war sehr stur gewesen. Immer und immer wieder hatte sie an der Tür gerüttelt, dagegen gehämmert und nach Hilfe gerufen, doch jedes Mal passierte nichts.
 

James Potter hingegen war froh, dass Filch sie nicht hören konnte, denn sonst würden Gryffindor sicher ein paar Punkte abgezogen werden, dafür dass die beiden nachts in der Schule herumgeschlichen sind.
 

»Gib es auf Evans. Ist sowieso besser, dass uns niemand findet. Oder willst du dass Gryffindor Punkte verliert?«, fragte er süffisant.
 

Lily schnaubte.
 

» Es wäre allein dein Verdienst, wenn wir Punkte verlieren würden. Außerdem nehme ich 10 Punkte Abzug gerne in Kauf, wenn ich dafür nicht die ganze Nacht mit dir hier verbringen müsste«, fuhr sie ihn an und stolzierte im Raum auf und ab.
 

»So, so Miss Evans, ich glaube mich zu erinnern, dass Sie den Türknauf in einem hysterisch unbegründeten Wutanfall zerstört haben«, sagte er ruhig.
 

Lily grummele etwas unverständliches vor sich hin, was James wieder grinsen ließ.
 

»Trotzdem wäre ich ohne dich niemals in diese Situation gelangt.«

»Ich glaube Ihre Tollpatschigkeit in eine offenkundig erstaunlich platzeinnehmende Ritterrüstung zu laufen und der darauf folgende Lärm, brachte uns erst in diese Misere Miss Evans.«
 

Wieder grummelte sie etwas unverständliches vor sich hin. Niedergeschlagen ließ Lily sich an der kalten Steinmauer auf den Boden sinken. Erst jetzt bemerkte sie wie kalt es in den Kerkern war. Sie fröstelte und ihre Lippen bibberten.
 

»Ich könnte dich wärmen«, bot James ihr plötzlich an.
 

Lily schnaube verächtlich und ignorierte ihn weitgehend Wieder musste James Grinsen, als er sich ihr empörtes Gesicht vorstellte. Er begann mit einer Hand in seiner Tasche zu wühlen und warf Lily seinen Quidditchumhang zu.
 

»Ich mach doch nur Spaß. Du bist wirklich verklemmt Evans.«
 

Es war eine Feststellung. Lily presste die Lippen aufeinander und schluckte eine bissige Bemerkung herunter. Dennoch griff sie nach seinem Umhang und deckte sich damit zu. Er roch nach ihm. Nach Nüssen und frischem Gras.
 

Es kam ihr vor als wäre bereits eine Stunde vergangen, in der niemand etwas sagte. Eine Weile beobachte sie ihn. Er trug seine Quidditchkleidung und hatte den Umhang und seine Schoner dabei. Er muss also beim Training gewesen sein, doch Nicky war bereits vor Stunden wieder im Gemeinschaftsraum erschienen. Warum er nicht? Warum lief er allein nachts durch die Gänge? Einen Streich würde er wohl kaum ohne seinen Fanclub planen.
 

James lag immer noch mit den Rücken auf dem Lehrerpult und bewegte sich nicht. Sein Atem ging ruhig und gleichmäßig.
 

»Schläfst du?«, Ffagte sie ihn plötzlich.

»Nein«, antwortete er knapp.

»Warum warst du eigentlich so spät nachts noch im Schloss unterwegs?«, fragte sie und versuchte möglichst uninteressiert zu klingen.
 

»Ich war beim Quidditchtraining, was du offenkundig an meiner Kleidung erkennen kannst.«

»Das Training war zu diesem Zeitpunkt seit zwei Stunden vorbei.« Erwiderte sie.

»So?«, fragte er spöttisch.

»Ja. Wo also bist du gewesen?«

»Das geht dich nichts an Evans.«

»Schön«, erwiderte sie spitz und richtete sich auf.
 

Wieder schritt sie im Klassenraum auf und ab und suchte nach weiteren Möglichkeiten dem hier und jetzt zu entkommen.

Eine Hintertür gab es nicht. Die Fenster waren so klein, das gerade mal eine Ratte hindurchpassen konnte. Vielleicht hatte Slughorn ja einen Vorrat an Feuerwhiskey irgendwo versteckt? Sich abzuschießen war zumindest besser als hier mit James Potter gefangen zu sein.

Sie blieb vor dem Schrank mit den Zaubertrankzutaten stehen und stellte erfreut fest, dass dieser nicht verschlossen war. Slughorn musste es vergessen haben. Sofort schlug sie ihr Zaubertränkebuch auf und blätterte darin herum.
 

Als James das klappern der Utensilien hörte schlug er die Augen auf und setzte ich aufrecht auf das Pult. Mit gehobener Braue beobachtete er wie Lily Evans die verschiedensten Zaubertrankzutaten auf einen Tisch stellte und dabei immer wieder in ihr Zaubertränkebuch schaute.
 

»Was wird das Miss Evans?«, fragte er skeptisch.

»Ich braue einen Trank«, antwortete sie knapp.

»Jetzt?«

»Jetzt.«

»Mitten in der Nacht?«

»Mitten in der Nacht.«

»Aus welche Grund?«

»Weil ich nicht vorhabe mir die ganze Nacht dein nichtssagendes Geschwafel anzuhören.«
 

James antwortete nicht, sondern beobachtete Lily wie sie den Kessel zum kochen brachte und nach und nach Zutaten hinzugab.

Als sie fertig war füllte sie etwas von dem dunkelblauen Gebräu in eine Glasflasche, entsorgte den Rest und räumte den Arbeitsplatz auf.
 

»Pass gut auf«, sagte sie dann und schritt zur Tür herüber.
 

Sie warf die Flasche mit dem Trank gegen die Eichentür, woraufhin es einen Knall gab und die Tür aus den Angeln flog. James' Augen weiteten sich.
 

»Wahnsinn Evans. Was ist das für ein Trank?«

»Flüssiges Stupor könnte man sagen«, sagte Lily stolz und verließ den Klassenraum ohne ihn auch nur eines weiteren Blickes zu würdigen.
 

Vorsichtig stand James auf und begutachtete die Tür. Es war wirklich nicht mehr viel von ihr übrig.

Er schluckte.
 

»Evans, mit dir sollte man sich wahrlich nicht anlegen«, murmelte er verhalten, als er Mrs. Norris am Ende des Ganges entdeckte. Sofort sprintete er los in Richtung des nächsten Geheimganges.

Mistelzweige

15. Akt: Mistelzweige
 


 

„Die Wahrheit hat weder Waffen nötig, um sich zu verteidigen,

noch Gewalttätigkeit, um die Menschen zu zwingen, an sie zu glauben.

Sie hat nur zu erscheinen,

und sobald ihr Licht die Wolken, die sie verbergen, verscheucht hat,

ist ihr Sieg gesichert.“

- Friedrich der Große
 


 

Es war die Woche vor dem heiligen Abend. In 7 Tagen würden wohl die meisten Schüler über die Weihnachtsferien nach Hause fahren.

Zu dieser Jahreszeit war die Stimmung in Hogwarts außergewöhnlich gut. Sogar die verschiedenen Häuser vertrugen sich in dieser Zeit besser als im gesamten restlichen Schuljahr. Vermutlich war es der Geruch von Tannennadeln und frischen Zimtplätzchen, welche die Hauselfen in jedem Gemeinschaftsraum stellten, der ihnen die Sinne vernebelte.

Die meisten Schüler ließen ihre Hausaufgaben schweifen, als hätten die Ferien schon begonnen. Doch für einige ausgewählte Schüler stand in diesem Jahr noch ein letztes Ereignis an, welches die wenigsten von ihnen freudig herbei sehnten.
 

»Slug-Weihnachtsparty?«, stöhnte Sirius genervt und ließ sich aufs Bett fallen.

»Ich versuche Slughorn schon seit ner Woche aus dem Weg zu gehen und du nimmst einfach diese Einladung an! James, ich bin zutiefst enttäuscht von dir.«

»Er hat mich direkt nach dem Quidditch Training abgefangen. Es ist nicht so, als ob ich wirklich eine Chance gehabt hätte«, verteidigte sich James.
 

»Was ist dieses Jahr unsere Ausrede?«, fragte Sirius nervös.

»Drachenpocken?«, schlug Peter vor.

»Hatten wir beim letzten Mal.«

»Gelbsucht?«, warf Remus desinteressiert ein und markierte etwas in seinem Verwandlungsbuch.

»War erst gestern Peters Ausrede bei Slughorn, um nicht nachsitzen zu müssen.«

»Eine beidseitig doppelt geprellte Rippe als wir mit unseren Besen einen Salto machen wollten und dabei versehentlich ineinander stießen?«, war James' glorreiche Idee.
 

Remus verdrehte die Augen und blickte nun endlich von seinem Verwandlungsbuch auf.
 

»Ich fürchte euch gehen langsam die Ausreden aus. Vielleicht solltet ihr euch dieses Mal einfach eurem Schicksal fügen und hingehen.«
 

Sirius und James griffen sich zeitgleich theatralisch ans Herz und warfen Remus einen entsetzten Blick zu.
 

»Zu dieser Anhäufung von Strebern und Schleimern, die so tun als wären sie in der Lage einen Abend mit gepflegt manierlicher Konversation zu verbringen?«

»Ein paar Stunden bringen euch schon nicht um.«

»Uns wird schon etwas einfallen«, sagte James und klopfte Sirius aufmunternd auf die Schulter.
 


 

* * *
 


 

Seit einigen Jahren war es in Hogwarts Gang und Gebe, dass überall im Schloss Mistelzweige an den kuriosesten Stellen wie aus dem Nichts erschienen. Die zwei Personen, die dann darunter standen mussten sich unwiderruflich küssen, sonst kamen sie keine zwei Meter weit. Dies war eine der glorreicheren Ideen von Albus Dumbledore gewesen, der dies als nette weihnachtliche Tradition eingeführt hatte.
 

Dieser Umstand führte dazu, dass einige Schüler von Hogwarts die kuriosesten Wege einschlugen, um in ihre Klassenräume zu gelangen.
 

Betty Miller verfolgte Sirius Black schon durch drei Gänge und hoffte, dass er am Bild der dreiäugigen Hexe vorbeigehen würde, denn dort hatte sie vor wenigen Minuten einen Mistelzweig ausfindig machen können.
 

Sie konnte gerade noch sehen wie er mit seinem Freund James Potter um die Ecke bog und sprintete sofort den Gang entlang, doch plötzlich waren die beiden verschwunden. Betty blinzelte ein paar Mal und wandte sich noch einmal um, doch die beiden waren nicht mehr zu sehen. Schnellen Schrittes eilte sie den Gang entlang, schließlich mussten die beiden ja irgendwo abgeblieben sein?
 

Sirius Black hingegen atmete erleichtert aus und lehnte sich an die steinerne Wand des Geheimganges in den James ihn gezerrt hatte.
 

»Ich glaube sie ist weg«, meinte James, während er an der Wandluke lauschte.

»Die verfolgt mich schon seit Tagen sag ich dir, seit Tagen!«, empörte sich Sirius.

»Hattest du nicht letztes Schuljahr was mit ihr gehabt?«

»Ja schon. Wir haben ein wenig rumgemacht. Aber ich sage dir eines sie nervt! Redet ununterbrochen den halben Tag und die andere Hälfte verbringt sie damit mich verträumt anzustarren und mir Herzchen zuzuwerfen.«
 

James musste schmunzeln.
 

»Hattest du Anfang diesen Schuljahres nicht nochmal kurz was mit ihr gehabt?«

»Kann sein.«

»Sirius!«

»Ok.Ok. Ja hatte ich. Aber sie ist schon verdammt heiß. Hasst du diesen Hintern gesehen?«, fragte Sirius lachend.

»Ja habe mich«, erwiderte James und stimmte in das freudige Lachen seines Freundes mit ein.
 

»Heute Abend ist die Slugparty«, erwähnte James seufzend.

»Und Sluggy hat keine unserer Ausreden in irgendeiner Form akzeptiert. Wir sind wirklich schlecht geworden. Wir sind immerhin die Rumtreiber, Unruhestifter, die stets mal für gute Laune sorgen. Da können wir uns doch nicht bei so etwas sehen lassen.«
 

James blinzelte ein paar mal und lächelte dann verträumt.
 

»Zu der Party geht wirklich niemand gern hin, nicht wahr?«

»Nein.«

»Die sind stinklangweilig diese Partys, nicht?«

»Natürlich sind sie das.«
 

Sirius runzelte die Stirn und warf seinem Freund einen fragenden Blick zu. Doch dieser grinste ihn nur diabolisch an und ohne ein Wort zu sagen, verstand Sirius plötzlich seinen Freund.
 


 

* * *
 


 

Lily Evans saß in der Bibliothek und blätterte in ihrem Verwandlungsbuch. 10 ½ Zoll war die Mindestlänge, die die Fünftklässler zum Thema: Verwandlung eines Igels in ein Nadelkissen, schreiben mussten. Doch ihr fehlte immer noch ½ Zoll.

Seufzend lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück und begann mit ihrer Schreibfeder zu spielen.
 

»Hey Lily!«, vernahm sie plötzlich eine Stimme, von der sie nicht einmal bemerkt hatte, dass sie sich ihr näherte.
 

Ein wenig schreckhaft blickte sie in die braunen Augen von Remus Lupin. Er sah sie fragend an.

Lily blinzelte ein paar Mal. Hatte er ihr eine Frage gestellt und sie hatte es mal wieder nicht mitbekommen, weil sie vor sich hin träumte?

Remus, der ihren verwirrten Blick bemerkte, musste schmunzeln.
 

»Ich hatte gefragt, ob ich mich zu dir setzen darf?«, wiederholte Remus leise flüsternd seine Frage.

Lily bot ihm mit einer Handbewegung, den Stuhl neben sich an.
 

Remus Blick schweifte über den Bücherstapel, welcher vor ihr ausgebreitet war und schließlich über das kleine schwarze Tintenfass hinweg zu ihrer Pergamentrolle.
 

»Wie ich sehe hängst du auch beim Verwandlungsaufsatz fest«, stelle er nüchtern fest und begann seine Schreibunterlagen aus seiner Tasche zu kramen.

»Mir fällt einfach nichts mehr ein. Dabei habe ich den Vorgang bereits bis ins kleinste Detail beschrieben.«

»Das Problem hatte ich gestern auch. Daher habe ich beschlossen hier in der Bibliothek ein paar Hintergrundinformationen zu recherchieren.«
 

Remus legte ihr ein Buch vor die Nase, welches er wenige Minuten zuvor aus einem der Regale geholt hatte.
 

»Dito«, flüsterte Lily lächelnd und hielt ihm das dickste Buch, welches vor ihr auf dem Tisch lag entgegen.

»Genau das, habe ich auch gesucht. Kein Wunder dass ich es nicht finden konnte.«

»Wir könnten unsere Aufsätze vergleichen und gemeinsam die historischen Informationen ergänzen?«, fragte Lily.
 

Es war ein wirklich nettes Angebot von ihr gewesen. Immerhin hatte sie schon drei Zoll mehr als Remus geschrieben.
 

So verbrachten die beiden die nächsten zwei Stunden damit in den verschiedensten Büchern zu wälzen. Am Ende hatten beide sogar einen halben Zoll mehr geschrieben, als McGonagall erwartete.
 

»Hey Lils«, begrüßte Nicky McDougal ihre Freundin und setze sich auf den freien Platz zu ihrer linken.
 

Nicky schien sich kurz darüber zu wundern, dass Remus Lupin hier neben ihr saß und sich beide sogar angeregt unterhielten. Es schien nicht mal um Hausaufgaben oder ihre Arbeit als Vertrauensschüler zu gehen.
 

»Hallo Remus«, begrüßte Nicky schließlich auch ihn.

Dieser nickte ihr freundlich zu.
 

»Kommt ihr mit zum essen?«, fragte sie schließlich.

»Klar«, sagten beide synchron und mussten lachen.
 

Nicky blickte argwöhnisch von einem zum anderen. Wann genau hatte sie verpasst, dass Lily und Remus Freunde wurden? Oder zumindest eine Freundesähnliche Beziehung führten.
 

»Heute Abend ist Slug-Party«, seufzte Nicky genervt, als sich die drei auf dem Weg in die große Halle machten.

»Wirst du auch da sein Remus?«

»Nein, ich fürchte nicht«, antwortete er im neutralen Tonfall.

»Du Glücklicher!«, seufzte Nicky
 

»Lily!«, ertönte plötzlich die Stimme von Severus Snape und Lily blieb sofort stehen und lächelte ihrem Freund zu. Dieser blickte verwirrt von Remus zu Lily und wieder zurück.
 

»Severus! Ich hab dich in der Bibliothek vermisst.«
 

Severus kratzte sich verlegen am Kopf.
 

»Tut mir wirklich Leid! Ich habe es irgendwie nicht geschafft und vergessen Bescheid zu geben«, entschuldigte er sich kleinlaut, doch Lily winkte nur ab.

»Kein Problem! Remus hat mir Gesellschaft geleistet.«
 

»Okay, du ähm... weißt du ich wollte fragen, ob... naja heute ist ja die Slugparty und dann geht’s auch schon nach Hause über die Ferien und ich dachte da wir da eingeladen, sind, dass wir da irgendwie zusammen hingehen könnten?«, stammelte Severus und starte dabei etwas abwesend in der Gegend herum.
 

»Klar, ich habe vorhin schon mit Nicky gesprochen, wir drei gehen da zusammen hin«, antwortete sie lächelnd bevor sie weiter zur großen Halle gingen.
 

Remus Lupin beobachtete das Mienenspiel von Severus Snape äußerst genau. Er war zwar kein Experte auf diesem Gebiet, doch schien es ihm bei Snape beinahe offensichtlich zu sein. Doch Lily schien nichts davon zu bemerkten. Selbst Nicky tat dies nicht, wobei es womöglich daran lag, dass es sie nicht interessierte. Doch Severus Snape hat das was er sagte ganz anders gemeint und Remus konnte die Enttäuschung in seinen Augenwinkeln blitzen sehen.
 


 

* * *
 


 

Gegen Abend machten sich Lily, Nicky & Severus auf zur Party.
 

»Ich bin gespannt, wen er dieses Mal eingeladen hat«, nuschelte Nicky gelangweilt, während Lily an die Bürotür klopfte, welche sich auch sogleich schwungvoll öffnete.
 

»Ahh willkommen, Miss Evans, Miss McDougal und Mr. Snape!«, begrüßte Slughorn theatralisch seine neuen Gäste und gebot ihnen mit einer Handbewegung einzutreten.
 

Slughorns Büro musste magisch vergrößert worden sein, denn der Raum den die drei betraten war ziemlich groß und vor allem äußerst aufwendig dekoriert. Auf jedem einzelnen Tisch waren große Blumengestecke und Glühwürmchenähnliche Lampen zu sehen. Der Buffettisch war gigantisch. Es musste sich um einen räumlichen Ausdehnungszauber handeln.
 

Slughorn scheuchte die drei weiter in den Raum hinein und wandte sich schließlich direkt an Nicky.
 

»Miss McDougal ich möchte sie mit Mr Dorkins bekannt machen. Ein ausgezeichneter Quidditch Spieler der im letzten Jahr den Chudley Cannons beigetreten ist«, begann Slughorn zu erzählten und führte Nicky zu einem blonden jungen Mann, der ein orangefarbendes Trikot trug.
 

Es musste sein Mannschaftstrikot sein, den oben prangte in großen Lettern „Chudley Cannons“ und der Slogan „Wir werden siegen!“ auf seiner Brust. Nicky warf Lily einen entschuldigenden Blick zu, den Lily mit einem Augenrollen quittierte. Jedoch schenkte sie ihrer Freundin auch lächelnd einen Daumen nach oben.
 

Auch wenn Lily nicht viel von Quidditch verstand, so wusste sie doch, dass Nicky eine ausgezeichnete Jägerin in ihrer Hausmannschaft Gryffindor ist und bisher den Wunsch hegte später international spielen zu können. So konnte es doch nicht schaden jetzt schon ein paar Kontakte zu bekannten Spielern knüpfen zu können, denn das war der einzige Vorteil von Slughorns Weihnachtspartys. Es war die einzige Veranstaltung im Jahr, welche zugleich eine Art Ehemaligentreffen darstellte. Professor Slughorn hatte es schon immer verstanden die Art und Weise von Selektion in seinem Bekanntenkreis zu betreiben, welche ihm einige Vorteile und anderweitige Annehmlichkeiten bescherten.
 

Lily und Severus gingen zum Buffet herüber und füllten ihre Teller mit einigen Leckereien. Severus fiel über das Himbeersourbet her während Lily der Punsch ins Auge fiel. Sie fragte sich, ob er so gut schmeckte wie er roch. Es war eine Mischung aus süßen Beeren, Honig und Met, der in ihre Nase strömte. Doch Slughorn würde niemals Alkohol in einen Punsch geben, auf den Minderjährige Zugriff hatten? Behutsam nahm Lily die Kelle in die Hand und schöpfte sich etwas in eine Tasse.
 

Vorsichtig nippte sie ein paar Mal daran und stellte fest, dass es wirklich Met sein musste. Ansonsten schmeckte der Punsch jedoch vorzüglich, viel besser als er ohnehin schon roch. Severus, welcher Lilys skeptischen Blick bemerkte, schöpfte sich nun auch etwas von dem Punsch ein. Zunächst roch auch er daran, zog skeptisch eine Braue nach oben und trank ebenfalls einen Schluck.
 

»Met?«, fragte Lily.

»Auch. Es soll aber nur den Geschmack von etwas anderem verdecken«, meinte Severus und trank einen weiteren Schluck.

Auch Lily wollte ihre Tasse zu einem weiteren Schluck ansetzten doch Severus riss ihr den Becher aus der Hand.
 

»Veritaserum!«, war seine schlichte Prognose.
 

Lilys Augenbrauen schossen in die Höhe, ihre Augen waren weit aufgerissen vor Verwunderung.
 

»Verritaserum? Wer sollte so etwas in die Getränke mischen und warum?«
 

Severus, welcher Lily einen Moment in die leuchtend grünen Augen sah wandte sich von ihr ab und blickte mit zusammen gekniffenen Augen durch den Raum.

Irritiert ließ sie ihren Blick durch den Raum und suchte nach der Ursache, als ihr plötzlich jemand die Sicht versperrte.
 

»Na wen haben wir denn da Schlammblut«, grinste Avery ihr entgegen.
 

Lily fixierte ihn mit zusammengekniffenen Augen.

Averys Blick wanderte zu Severus und musterte ihn abschätzig, als würde ihm der Umstand nicht passen, dass er hier bei ihr stand. Schließlich seufzte Avery.
 

»Severus, ich habe dir schon so oft gesagt, dass ich deinen Umgang mit der kleinen Schlammblüterin höchst unangemessen finde«, sagte Avery im ruhigen Plauderton, während er mit einer beiläufigen Geste auf Lily deutete.
 

Für eine Sekunde huschte ihr Blick zu dem Punschglas in seiner Hand. Er musste von dem Serum getrunken haben und war somit gezwungen die Wahrheit zu sagen.
 

»Und dabei hast du letzte Woche noch mit der Sache mit McDonald gezeigt wie willig du bist einer von uns zu werden.«
 

Beinahe ehrfürchtig verstummte Avery und warf Lily einen Blick zu, als würde er versuchen, in ihrem Gesicht nach einem Grund zu suchen warum er eben diese Worte ausgesprochen hatte.
 

Lily fixierte Severus von der Seite, welcher zunächst Avery einen wütenden und zugleich warnenden Blick zuwarf, bis dieser sich von ihrem Blickfeld abwandte.

Dann warf er Lily ein entschuldigendes Lächeln zu.
 

»Ich schwöre ich habe mit der Sache nichts willentlich zu tun gehabt! Es war mehr ein Zufall bzw. Unfall. Ich kann es dir erklären.«

»Es ist nicht, dass erste Mal, dass du mir in dieser Sache etwas verschweigst«, sagte Lily ruhig.

»Ich versichere dir, dass es nicht so ist Lily!«, flehte er schon beinahe. »Schau doch, du weißt, dass ich eben etwas von dem Serum getrunken habe, ich kann im Moment gar nicht lügen.«
 

Lilys Miene schien einen Moment lang noch ungläubig zu sein, doch dann hellte sich ihr Gesicht zu einem skeptisch und zugleich prüfenden Lächeln auf.
 

»Wir sollten uns lieber um die weiteren Auswirkungen des Serums kümmern«, versuchte Severus das Thema zu wechseln.

»Du hast Recht.«
 

Wieder schweifte ihr Blick durch die Menge.
 

»Wer könnte etwas damit zu tun haben und vor allem warum?«, wiederholte sie ihre Ausgangsfrage.

»Ja wer nur frage ich mich«, erwiderte Severus höchst sarkastisch.
 

Lily folgte seinem Blick.

Nahe des Balkons stand James Potter mit lässig verschränkten Armen gegen die Wand gelehnt. Er hatte ein höchst selbstzufriedenes Grinsen aufgelegt, während Sirius Black sich vor lachen nicht mehr halten konnte und sich mit einem Arm an der Wand abstützen musste.
 

Sie schritt vor, trat in die Menge und bahnte sich ihren Weg durch die Schülerschar.
 

Aus dem Augenwinkel konnte sie ihre Freundin Nicky sehen, welche in einiger Entfernung mit ihrem Armen ausgiebig einen Spielzug beim Quidditch schilderte. Vielleicht mit ein wenig zu viel Enthusiasmus, bemerkte Lily, als Nicky gerade ihr halbes Punschglas über Dorkins, den Spieler der Chudley Cannons kippte. Hatte den jeder in diesem Raum, den verdammten Punsch getrunken ohne etwas zu merken fragte sie sich gerade, als sie sich durch eine Traube aus Schülern durchkämpfte.
 

»Ich – ich liebe dich Anthony! Ich könnte dich den ganzen Tag küssen. Und ich will dich heiraten«, hörte sie Meghan Greengras noch stottern, bevor diese erschrocken ihre Hand vor ihren Mund hielt.
 

Für eine winzige Sekunde war es still und sämtliche Blicke waren auf Meghan Greengras gerichtet, ein pummeliges Mädchen aus Slytherin, mit vielen Sommersprossen und einer großen Brille, welche an ihrem Gestell schon mehrmals geklebt wurde. Sie war in den Augen der Jungen zwar nicht besonders hübsch, aber sie war wirklich immer sehr nett zu Lily gewesen, vor allem im Vergleich zu den anderen in ihrem Haus.

Von einer Sekunde auf die Nächste lief Meghans Gesicht puterrot an und die umstehenden Jugendlichen begannen zu lachen. Lily sah noch wie ein braunhaariger Junge, Anthony lachend auf die Schulter klopfte, als würde er ihm gratulieren wollen. Anthony war der Quidditch Kapitän der Ravenclaws und ein ausgezeichneter Jäger laut Nicky. Er war ein hochgewachsener braunhaariger Junge mit großen blauen Augen und einem markanten Kinn. Er war die Art von Junge, welche sehr gut aussahen und das auch wussten. Vor allem war er bekannt dafür ziemlich oberflächlich zu sein, ähnlich wie Black und Potter.
 

»Sorry, aber wer bist du noch gleich?«, fragte er herablassend, konnte sich aber ein anschließendes Lachen nicht verkneifen.

»Meghan Greengras«, antwortete Meghan sofort, schlug sich jedoch direkt wieder die Hand vor den Mund.

»Das war keine ernst gemeinte Frage du Närrin.«
 

Lily sah wie Meghans wässerige Augen schließlich sehr leer wurden und die ersten Tränen begannen über ihre Wangen zu laufen.
 

»Jungs mit einem Aussehen wie meinen stehen nicht auf Mädchen mit einem Gesicht wie deinem.«
 

Die Menge lachte wieder, Finger zeigten auf Meghan, mädchenstimmen äfften ein gestottertes „Ich liebe dich Anthony“ nach.

Lily bahnte sich ihren weg zu Meghan durch, um sie von diesem Präsentierteller der Schmach zu erlösen, doch Meghan wandte sich bereits ab und verließ auf schnellsten Wege den Raum. Einen Moment starrte sie noch auf die zufallende Tür, bevor sie sich Anthony zuwandte und ihm ihren Finger in die Brust rammte.
 

»Unsensibler Idiot! Das hättest du ihr auch schonender beibringen können«, fuhr sie ihn an bevor sie sich an ihm vorbei schob und direkt auf Sirius Black und James Potter zuging.
 

»Ihr!«, fuhr sie die beiden an.

»Ihr findet euch wahnsinnig komisch nicht wahr?«

»So ziemlich«, gestand Sirius Black und schenkte ihr eines seiner überheblichen Grinsen.
 

»Abgesehen davon das der Einsatz von Veritaserum ohne Erlaubnis des Zaubereiminesteriums verboten ist und ihr um die 50 Schulregeln gebrochen habt, habt ihr die Gefühle dieses Mädchens durch den Dreck gezogen und die fällt nichts besseres ein, als dass ihr eure Aktion “so ziemlich“ lustig fandet?«

»Die Mehrheit im Raum fand es auch witzig.« Fügte er eilig hinzu, als er ihre unverständige Miene beobachtete.
 

Doch Lilys Mundwinkel zuckten nicht im geringsten auch nur zum Ansatz eines Lächelns.
 

»Das ist mit egal!«, fuhr sie ihn plötzlich an und bohrte ihren Zeigefinger fester in seine Brust, sodass Sirius einige Schritte zurück stolperte.

»Abgesehen davon, dass du keinerlei Beweise hast, dass wir dafür verantwortlich sind, Evans, können wir nichts dafür, dass Anthony ein Arsch ist.«

»Nun McGonagall wird meinen Worten sicher mehr glauben schenken, wenn ich ihr erzähle, dass ich gesehen habe, dass ihr es wart.«

»Das würdest du nicht!? Das wäre ja eine glatte Lüge Evans«, erwiderte Sirius und fasste sich theatralisch ans Herz.
 

Lily wandte sich mit wehendem rotem Haar von den beiden ab und stolzierte in aus der Tür hinaus in den dunkleren Korridor. Als sie gerade um die Ecke biegen wollte, spürte sie plötzlich eine Hand an ihrem Arm, welcher sie brutal in einem Ruck zurückzerrte und sie direkt an die Brust von James Potter fallen ließ.
 

»Verritaserum zwingt die Menschen dazu die Wahrheit zu sagen und nichts weiter. Daran ist nichts bösartiges, sondern etwas gutes. In diesem Moment gibt es diese leichte Möglichkeit nicht mehr einfach zu lügen oder die Wahrheit zu um tanzen. Sei froh Evans, denn nur heute hattest du die Gelegenheit, die Menschen mal so zu sehen wie sie wirklich sind.«

»Menschen wollen aber nicht die direkte Wahrheit hören, sondern eine Aussage und Formulierung womit sie sich wohlfühlen. Denn sonst verletzt man andere sehr schnell und jetzt lass mich los«, zischte sie ihm zu.

»Das Serum zwingt einem nur die Wahrheit zu sagen, der Mensch entscheidet in welcher äußerlichen Gestalt er dies zu tun gedenkt. Ich kann nichts dafür, dass Anthony ein Arsch ist.«

»Wenn du so viel davon hältst, warum hast du es dann nicht selbst getrunken?«
 

Endlich ließ er sie los und Lily rieb sich über die Stelle an ihrem Arm, an der er sie gepackt hatte. Sie schenkte ihm ein düsteres Lächeln in dem spärlich beleuchteten Gang.
 

»Na wer bist du wirklich James Potter? Hast du Angst davor zu zeigen wer du wirklich bist oder warum nimmst du das Serum nicht selbst ein, wenn du doch soviel Wert legst auf die direkte und unwiderrufliche Wahrheit?«
 

Lilys Augen fixierten ihn in der Dunkelheit.
 

»Vielleicht habe ich es genommen Evans. Woher willst du wissen, dass es nicht so ist?«

»Weil ich dich nur für einen großen Redner halte James Potter, mit dem Moralgefühl einer Amöbe.«

»Du verschmähst die Wahrheit, aber hältst die Lüge für kulturell akzeptabel?«

»Nein. «

» - und so neigen wir dazu, sie zu meiden«, fiel James ihr ins Wort. »Erkennst du den Teufelskreis Evans? Menschen sind daran gewöhnt, andere Menschen lügen zu hören, sodass sie es selbst nicht aufregt, sich selbst lügen zu hören. Aber weißt du wer wirklich sehen will, wo er steht, sollte die Wahrheit suchen. Nur ist die eben manchmal schmerzhaft und das müssen wir akzeptieren.«
 

»Ich diskutiere nicht weiter mit dir!«, feixte Lily schließlich.

»Gehen dir die Argumente aus Evans?«, fragte James Potter mit einem Grinsen im Gesicht.

»Du solltest dir mal selbst beim reden zu hören! Oh warte das musst du ja schon den ganzen Tag ertragen.«
 

James Potter musste lachen, was Lily nur noch wütender machte.
 

»Wahrheit hin oder her. Du hast das Veritaserum in die Getränke geschmuggelt. Du hast Menschen in diesem Raum denunziert, ohne auch nur einmal an die Gefühle anderer zu denken«, schrie sie ihn wütend an und schubste ihn weg.
 

Doch James taumelte nicht nach hinten im Gegenteil. Nachdem er einen halben Schritt nach hinten fiel wurde er plötzlich wie von einem elektrischen Schlag nach vorne geschleudert und warf Lily mit sich zu Boden.
 

»Geh von mir runter!«, fuhr sie ihn an und drückte ihn von sich weg, was bei seinem Gewicht nicht gerade einfach war.
 

James rollte von ihr herunter und fasste sich an den Kopf.

Lily hingegen richtete sich auf und wollte so schnell wie möglich verschwinden, doch bereits nach zwei Schritten traf auch sie gegen die unsichtbare Barriere und stolperte zurück direkt in James Potters Schoß.

Dieser war überrascht, fasste sich jedoch schnell wieder und legte die Arme um ihre Hüfte.
 

»Das willst du also Evans, sag das doch gleich.«
 

Seine Stimme klang verrucht und als er auch noch an ihrem Haar roch konnte sie nicht anders als die Augen zu verdrehen.
 

»Idiot!«
 

Lily drückte ihn von sich weg und befreite sich aus seinem Griff. Vorsichtig krabbelte sie von ihm runter und streckte beinahe zaghaft den Arm aus, als würde sie versuchen nach etwas zu greifen. Und da, ganz plötzlich, kaum einen halben Meter von ihnen entfernt, spürte sie die unsichtbare Barriere.

James Potter beobachtete sie stirnrunzelnd und fragte sich was sie da tat.

Sie hob ihre zweite Hand und konnte ihre Handflächen beinahe glatt auf die Barriere legen.
 

»Oh nein.«

Es war kaum mehr als ein Flüstern.
 

James Blick wanderte von ihrem Kopf zu ihren Händen. Auch er erhob schließlich seine Hand und stieß gleich neben ihr auch direkt gegen die unsichtbar Barriere. James wandte sich zur Seite, doch die Barriere schien überall um sie herum zu sein. Er blinzelte ein paar Mal und in seinen Kopf ratterte es. Normalerweise gab es im Schloss keine versteckten Barrieren, schon gar nicht in einem tagsüber gut besuchtem Flur. Dann schoss sein Kopf plötzlich nach oben und er erkannte die Wurzel allen Übels. Sie war grün und bestand aus vielen kleine Blättern und hellen runden Früchten und einer kleinen roten Schleife. Sanft stieß er Lily mit den Ellenbogen an, diese sah ihn zunächst genervt an, folgte jedoch seinem Blick an die Decke. Und plötzlich wurde sie ganz bleich im Gesicht.
 

James Potter schmunzelte, als er sie beobachtete, wie sie sich selbst davon überzeugen wollte, dass dies hier alles gar nicht wirklich passierte und irgendwie fand er es auf eine sehr verquere Weise sogar ganz charmant. Sie kniff die Augen fest zusammen und betete inständig dass dies ein Traum sei, doch auch nachdem sie sich in den Arm gekniffen hatte verschwand der verzauberte Mistelzweig über ihren Köpfen nicht.
 

»Wir werden hier nie weg kommen«, jammerte Lily leise vor sich hin und biss sich dabei auf die Unterlippe. Schnell wandte sie ihren Kopf um und blickte in alle Richtungen, doch der Gang schien Menschenleer zu sein. Auch nach mehrmaligem Rufen war weit und breit niemand zu sehen.
 

»Evans du weißt, dass es eine Möglichkeit gibt hier ganz einfach wegzukommen«, sagte James Potter in ruhigem Ton, während er an ihrem Arm zog und sie zu sich drehte.
 

Er sah ihr fest in die Augen. Er konnte in dem spärlich beleuchteten Flur ihre Augenfarbe nicht richtig erkennen, doch er vermutete, dass sie grün sein mussten.
 

»Ich werde dich nicht küssen!«, sagte sie kalt, doch James ignorierte ihren Unterton.

»Sei nicht kindisch. Du musst mich ja nicht gleich heiraten.«

»Ich will es trotzdem nicht!«

»Wenn du hier demnächst wegkommen möchtest, solltest du darüber noch einmal nachdenken.«
 

Lily grummelte etwas unverständliches vor sich hin.

James ging einen Schritt auf sie zu und legte sanft seine linke Hand an ihre Hüfte und fasste mit der rechten unter ihr Kinn, um sie zu zwingen ihn wieder anzusehen.
 

»Es ist nur ein Kuss Evans, was bedeutet das schon?«

»Ein Kuss hat immer eine Bedeutung.«
 

Es war beinahe ein Flüstern, als seine Lippen sich den ihren näherten. Beide hatten ihre Augen geöffnet. James musste dunkle braune Augen haben. Lily spürte seinen warmen Atem auf ihrer Haut und blickte ihm immer noch direkt in seine.
 

»Lily!«, schallte plötzlich eine vertraute Stimme in ihrem Kopf. Sofort drückte sie James von sich weg.

Severus Snape hatte den Gang betreten, dicht gefolgt von Sirius Black, welcher misstrauisch von James zu Lily blickte.
 

»Ich hab dich gesucht, nachdem du eben einfach aus dem Zimmer gestürmt bist«, erklärte Severus und betrat die Barriere.

Lily fiel ihm erfreut um den Hals.
 

»Bleib zurück Sirius!«, ertönte plötzlich James' laute Stimme im Flur und sein Freund blieb auf dem Absatz stehen. Vorsichtig tastete James in der Luft herum.
 

»Die Barriere ist noch da, trotz dessen, dass wir nun drei sind«, seufzte James.
 

Severus blickte verwirrt von James zu Lily.

Doch Lily packte plötzlich seinen Kragen und gab ihrem besten Freund einen kurzen Kuss auf die Lippen. Es dauerte nicht mal eine Sekunde. Lily zog an Severus' Arm und zerrte ihn aus der Barriere. Nun konnte sie endlich erleichtert ausatmen.
 

Severus Wangen waren gerötet. Lily Evans, seine beste Freundin und das Mädchen, was er wohl am meisten auf der Welt mochte hatte ihn soeben geküsst. Es war ein kurzer Kuss, eigentlich hatten sich nur ganz kurz jedoch sehr sanft ihre Lippen berührt, doch für Severus bedeutete es die Welt. Sollte das heißen, dass auch Lily Gefühle für ihn hatte? Er schenkte Lily ein verträumtes Lächeln und ganz plötzlich trafen sich ihre Blicke und sie schenkte ihm ein erleichtertes Lächeln.
 

»Ein Mistelzweig«, erklärte Lily und deutete nach oben.
 

Severus Lächeln wich aus seinem Gesicht, als er ihrem Blick zu dem herrlich grün blühenden Mistelzweig wandte.
 

»Tut mir Leid Sev', ich musste einen von euch küssen«, erklärte sie beinahe schüchtern. Severus nickte abwesend
 

»Lass uns bloß verschwinden«, meinte sie dann und zog ihn an seinem Arm hinter sich her.

»Was ist mit mir?«, empörte sich James Potter.

»Küss doch Sirius!«, rief Lily ihm zu. »Es ist doch nur ein Kuss. So was hat keine Bedeutung«, zitierte sie seine Worte von vorhin.
 

Es klang ein wenig Traurigkeit in ihrer Stimme, die James jedoch nicht heraushören konnte.
 

Severus blinzelte ein paar Mal.

Der Kuss hatte also keine Bedeutung für Lily gehabt.

Und damit standen beide wieder genau da, wo sie noch vor wenigen Minuten gestanden haben.

Bloß beste Freunde.

Nächtliches Abenteuer

16. Akt: Nächtliches Abenteuer
 

„Der Mensch ist doch wie ein Nachtgänger,

er steigt die gefährlichsten Kanten im Schlafe.“

-Johann Wolfgang von Goethe
 


 

Der eisige Wind strich durch die Ländereien von Hogwarts. Bis auf das Heulen des Windes und eine Eule, welche in einiger Entfernung zu gurren schien, war es draußen gespenstisch ruhig.
 

Lily Evans lehnte am Geländer des Nordturms und schaute über die weite Landschaft hinweg. Es war nur eine einzige blasse Kontur einer Wolke am Himmel zu sehen. Man konnte sogar den Polarstern erkennen und der helle runde Vollmond erleuchtete das weite Grün bis hin zum schwarzen See, in welchem er sich spiegelte.
 

Nachdenklich berührte sie ihre Lippen und dachte an den Tag der Slug-Party zurück. Sie hatte Severus geküsst, ihren besten Freund! Und das nur, weil sie James Potter nicht küssen wollte. Und das nur aus dem Grund, da es für ihn keine Bedeutung gehabt hätte, so wie nie irgendetwas eine Bedeutung für ihn zu haben schien, mal abgesehen von seinen Freunden und Quidditch.
 

James Potter war arrogant, selbstverliebt und sehr von sich überzeugt. Alles was er tat, tat er aus Langeweile oder zu seiner Belustigung. Es war ihm egal, wenn er die Gefühle von anderen Menschen verletzte, denn er dachte nur an sich, er sah nur sich und seine eigenen egoistischen Bedürfnisse.

Lily erinnerte sich daran, dass Nicky ihr erzählt hatte, dass die Potters eine sehr alte und vor allem sehr reiche reinblütige Zaubererfamilie waren und James ein Einzelkind war, welches vermutlich von Geburt an alles bekommen hatte was er wollte. Vermutlich wurde ihm von klein auf gesagt, dass er alles haben und alles werden konnte was er wollte.
 

Für einen winzigen Moment war Lily wütend auf die Tatsache, dass dieser Junge alles hatte und darüber hinaus auch noch sehr talentiert war in allem was er tat, geschweige denn, dass er gut aussah und vor allem bei Schülern und Lehrern gleichermaßen beliebt war, trotz des vielen Ärgers und der Strafarbeiten, welche er und die anderen Rumtreiber ständig bekamen.
 

Wieso hatten auf dieser Welt die einen alles und die anderen gar nichts? Es war schrecklich unfair. Vor allem wenn man sich die Tatsache vor Augen führte, dass er dies alles gar nicht verdient hatte in Anbetracht seines Charakters.
 

Doch trotz all diesem Wissen über James Potter, hatte Lily sich damals einen kleinen Moment lang der Versuchung hingeben wollen. Der Versuchung von James Potter geküsst zu werden. Dafür rügte sie sich noch heute. Wie hatte sie je auch nur den winzigen Bruchteil einer Sekunde darüber nachdenken können? Sie empfand nichts für ihn, dass wusste sie.
 

Sie bekam eine Gänsehaut wenn sie an seinen Gesichtsausdruck dachte, als er sagte, dass ein Kuss keine Bedeutung für ihn gehabt hätte.
 

Und dann... dann kam ihr Severus wieder in den Sinn. Sie hatte damals nicht richtig nachgedacht und statt James Potter einfach ihren besten Freund geküsst.

Wobei man es gar keinen richtigen Kuss nennen konnte. Eigentlich hatten sich nur für einen kurzen Moment ihre Lippen berührt.
 

Doch wann ist ein Kuss ein Kuss? Wie lange muss es dauern bis man es als richtigen Kuss zählen kann?

Zumindest hat dieser winzige Augenblick damals gereicht, um dem Bann des Mistelzweiges zu entkommen. Und egal von welchem Standpunkt sie es auch betrachtete, so musste sie sich immer wieder vor Augen führen, dass es ihr erster Kuss gewesen war. Sie hatte ihren ersten Kuss vergeudet, nur um einem Mistelzweig zu entkommen.
 

Damals, als sie noch nicht wusste, dass sie eine Hexe war, hatten ihre Eltern ihr immer Märchen vorgelesen. Geschichten von Prinzessinnen, mit langem goldenen Haar, von Prinzessinnen, die ihren Schuh verloren, von Prinzessinnen, die vor ihren Neidern in den Wald flüchten mussten, von Prinzessinnen die einen Frosch küssten, welcher sich in einen strahlenden Prinzen verwandelte.

Doch eines hatten all diese Geschichten immer gemeinsam. Abgesehen davon, dass das Gute immer über das Böse triumphierte, fand jede dieser Prinzessinnen ihre wahre Liebe, jedes dieser Mädchen schenkte ihr Herz dem Mann, von welchem sie ihren ersten Kuss bekamen und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage.
 

Lily hatte sich damals so sehr gewünscht, dass ihr genau das auch eine Tages passieren würde. Sie hatte sich ihr Leben schon ausgemalt in den buntesten Farben.

Sie würde ihren Schulabschluss machen und versuchen aufs College zu gehen. Sie würde diesen einen Mann finden, der sie über alles liebte und sie würde die einzige Frau auf der Welt sein, die ihn glücklich machen könnte. Es würde nicht mehr brauchen als ein sanftes Lächeln, um die Reinheit seines Herzen zu erkennen.
 

Lily hatte sich ihre Hochzeit ausgemalt ganz in weiß und sich überlegt wie sie ihre Kinder nennen würde. Sie wollte zuerst einen Jungen, der so aussah wie er und dann ein Mädchen oder am besten gleich Zwillinge...
 

Damals... damals war sie acht Jahre alt gewesen.
 

Doch die Realität sah anders aus. Das Schicksal hatte einen anderen Weg für sie geplant. Und alles begann auf dem Spielplatz damals, an dem sie zum ersten Mal den Jungen mit den schwarzen Augen und dem schwarzen Haar in den zerlumpten Klamotten wahrgenommen hatte. Der Junge, der am Fluss lebt. Der Junge, der ihr erzählte, dass sie eine Hexe ist. Der Junge, der ihr von Hogwarts erzählte. Der Junge, der sie nach Hogwarts begleitete. Der Junge, welcher ihr bester Freund wurde.

Severus.
 

Was noch viel schlimmer war als die Tatsache, dass sie ihren ersten Kuss wegen einem Mistelzweig verschenkt hatte, war die Tatsache, dass sie ihren besten Freund Severus seinen ersten Kuss gestohlen hatte! Und das würde sie nicht wieder gut machen können... sie würde es nicht zurücknehmen können. Sie hatte damals einfach nicht nachgedacht und war nur froh gewesen, James Potter entkommen zu können. Es war egoistisch von ihr gewesen und sie bereute es noch heute.

Sie hatten damals noch darüber gesprochen. Lily hatte ihm die Situation erklärt und Severus hatte gesagt, dass er nicht sauer auf sie wäre.

Doch sie hatte die Traurigkeit in seinen Augen erkannt. Es musste ihm doch etwas ausgemacht haben, dass sie ihm seinen ersten Kuss gestohlen hatte.
 

Während der eisige Wind ihr über die Haut fuhr und eine Spur von Gänsehaut zurückließ, bemerkte sie wie sich die Tür zum Nordturm leise öffnete und wieder schloss. Sie wandte sich nicht um, während ihr der eisige Wind wieder durch den Umhang wehte und sie am ganzen Körper frösteln ließ.
 

»Ich habe leider nicht viel Zeit. Du wolltest mich sprechen?«

»Ja«, hauchte Lily und dort wo ihr warmer Atem die kalte Luft berührte bildete sich Dampf.
 

Die Gestalt trat aus der Dunkelheit hervor ins helle Licht des runden Vollmondes.

Einen Moment sagte niemand etwas.
 

»Kann es sein, dass du wütend auf mich bist? Vielleicht noch wegen dem Kuss damals oder weil ich über die Ferien zu meiner Familie gefahren bin, statt hier bei dir zu bleiben?«, fragte die rothaarige plötzlich in die Stille hinein.

»Nein, ich bin nicht sauer auf dich. Wegen beidem nicht und das habe ich dir auch schon mehrmals gesagt. Es war... vollkommen in Ordnung«, antwortete er beinahe atemlos.
 

Lily presste die Lippen aufeinander und wandte sich nun zu ihrem Gesprächspartner um. Beide musterten sich so scheu, als hätten sie sich heute zum ersten Mal in ihrem Leben getroffen. Lily betrachtete Severus Gesicht mit einen nachdenklichen Blick.
 

»Habe ich sonst irgendetwas getan, was dich verstimmt hat? Ich meine ich-«

»Oh Merlin, nein Lily du hast nichts getan«, fiel er ihr ins Wort.
 

Er legte seine Hand auf ihr Handgelenk und schenkte ihr ein müdes Lächeln.

Severus Snapes Gesicht wirkte um einige Jahre gealtert. Seine schwarzen Augen hatten nicht mehr den Glanz, den sie noch vor einigen Wochen gehabt hatten und die tiefen Augenringe auf seiner blassen Haut ließen ihn müde und ausgelaugt aussehen. Was war in den letzten Wochen nur mit ihm passiert?
 

»Was ist dann los mit dir Severus? Du bist schon seit ich wieder wieder in Hogwarts bin so... «

Lily versuchte die richtigen Worte zu finden. »...so abweisend«, brachte sie ihren Satz beinahe flüsternd zu Ende.
 

»Das bildest du dir ein«, winkte er ab.

»Du würdest es mit doch sagen oder? Wenn ich dir irgendwie helfen kann?«
 

Severus griff Lily nun mit beiden Händen an den Oberarmen und sah sie eindringlich an.

»Mir geht’s gut Lily.«
 

Lily konnte deutlich in seinen Augen erkennen, dass es nicht so war. Das er es nur sagte, damit sie sich keine Sorgen machte. Doch was immer es war, was Severus bedrückte, er wollte es ihr nicht sagen. Er verheimlichte etwas vor ihr.
 

»Okay, aber wenn du deine Meinung änderst und ich dir doch helfen kann sag es mir bitte.«

»Das werde ich. Danke.«
 

Severus kratzte sich verlegen am Kopf.
 

»Ich muss jetzt los. Ich treffe mich noch mit-«

»Mulciber?«, fiel Lily ihm ins Wort.

»-Freunden.«

»Er ist unheimlich Sev!«
 

Severus sah sie nicht an, er starrte auf einen Punkt an ihr vorbei. Seine Augenbrauen waren zusammengezogen. Sein Gesicht wirkte nachdenklich, seine Haltung verkrampft.
 

»Er ist nicht so... wie du denkst.«

»Das bezweifle ich doch stark«, empörte sich Lily.

»Vertrau mir Lily«, bat er sie nun eindringlich.
 

Er starrte sie so eindringlich an, dass Lily errötete und den Blick senkte.
 

»Ich muss jetzt wirklich los. Am besten gehst du auch wieder in deinen Gemeinschaftsraum. Es ist bereits Ausgangssperre.«
 

Mit einer hastigen Geste verabschiedete er sich von ihr und verschwand in der Dunkelheit.
 

Lily lehnte sich seufzend an das Geländer des Nordturms und schloss für einen Moment die Augen. Sie hoffte inständig, dass es Severus wirklich gut ging und er nichts anstellen würde, was er später bereuen würde, denn er war nicht so wie die anderen Slytherins, davon war sie fest überzeugt.
 


 

* * *
 


 

Severus Snapes Verstand warnte ihn bereits, dass es gefährlich werden würde, dennoch schlich er in der Dunkelheit allein durch die Gänge des Schlosses. Mit erhobenem Zauberstab schlich er am Bild der dreiäugigen Hexe vorbei und versuchte sich an den einzigen Geheimgang zu erinnern, den er bisher in Hogwarts ausfindig machen konnte.
 

Der Geheimgang befand sich im vierten Stock, irgendwo hinter einem Wandspiegel. Doch der vierte Stock war riesig und hatte viele versteckte Gänge. Es dauerte fast eine ganze Stunde bis er endlich fündig wurde. Er rückte den Spiegel beiseite und betrat den geräumigen Geheimgang, welcher ihm direkt in die Nähe der Gewächshäuser beim verbotenen Wald bringen würde.
 

»Lumos«, murmelte er in die Dunkelheit und die Spitze seines Zauberstabes begann zu leuchten, immer heller bis es schließlich den gesamten Gang erleuchtete. Schnellen Schrittes ging er voran und nach nur wenigen Minuten erreichte er die Luke, welche er mit ein wenig aufwand ratternd aufschwingen ließ.
 

Er kletterte am Rand hinauf und befand sich am Rande des verbotenen Waldes.

Im Schutz der Bäume schlich er sich näher an den Rand, sodass er die peitschende Weide im Mondlicht besser erkennen konnte. Mit zusammengekniffenen Augen fixierte er den Baum eine Weile, welcher in dieser Nacht erstaunlich ruhig blieb. Normalerweise machte dieser Baum seinem Namen alle Ehre und peitschte bei der kleinsten Bewegung mit seinen Ästen in der Gegend herum.

Eine Weile blieb Severus im Schutz der Bäume stehen und überlegte was er nun tun sollte. Er wirkte unentschlossen und seine Hand umfasste krampfhaft seinen Zauberstab.
 

Seit über einem Jahr hegte Severus Snape eine Vermutung darüber, was das mysteriöse Fehlen von Remus Lupin betraf. Denn dieser verschwand einmal im Monat für mindestens zwei Tage. Er hatte zwar schon mehrmals überprüft, dass Remus Lupin tatsächlich während der Unterrichtszeiten im Krankenflügel lag, doch war er nie auf die Idee gekommen dies auch in der Nacht zu überprüfen, bis zu dem Tag an dem er durch einen Zufall oder durch einen Wink des Schicksals, gesehen hatte wie Madame Pomfrey Remus Lupin aus dem Schlossportal führte.
 

Damals hatte er zu lange hinter einer Ritterrüstung gekauert, sodass er die beiden auf den Ländereien nicht mehr ausfindig machen konnte. Seither war Severus auf Remus Lupin fixiert gewesen. Er beobachte sein Verhalten noch genauer als sonst und stellte argwöhnisch fest, dass dieser sich seit Beginn des Schuljahres und seiner Ernennung zum Vertrauensschüler von Tag zu Tag besser mit Lily zu verstehen schien. Dies behagte Severus gar nicht, zum einen, da er ihn nicht ausstehen konnte, da auch er zu Potters Clique gehörte und zum anderen wegen seiner Vermutung. Sollte er Recht behalten wäre Lily in Gefahr und das würde er nicht zu lassen.
 

Er nahm all seinen Mut zusammen und ging auf die peitschende Weide zu. Dabei hielt er seinen Zauberstab fest umklammert. Heute Nacht würde er herausfinden, was es wirklich mit Remus Lupin auf sich hatte. Denn diesmal hatte er eine Spur, einen konkreten Hinweis. Er hatte das Gespräch zwischen Sirius Black und Peter Pettigrew in der Bibliothek belauscht. Er hatte gehört wie sie über Remus Lupin gesprochen haben, über die peitschende Weide und das des Rätsels Lösung in der heulenden Hütte liegen musste.
 

Das einzige was ihn daran stutzen ließ war Sirius Black. Denn dieser hatte ihn gesehen. Er hatte gemerkt, dass Severus zumindest einen Teil seines Gespräches mitbekommen hatte. Doch als Severus ihn damit konfrontierte, tat Sirius Black nicht das was er sonst immer tat. Er stritt es nicht ab, er stichelte nicht, er beleidigte ihn nicht er verhexte ihn nicht, nein Sirius Black tat etwas völlig anderes. Er bestätigte seine Aussagen Peter Pettigrew gegenüber und forderte Severus heraus es in der Nacht selbst herauszufinden und dann ging er.
 

Severus hatte ausgiebig darüber nachgedacht warum Sirius Black sich so verhalten hatte, doch er ist zu keinem sinnvollem Schluss gekommen. Es konnte kein Trick gewesen sein, da Black nicht wissen konnte, dass er zu dieser Zeit in der Bibliothek sein und das Gespräch belauschen würde. Das was er gesagt hatte musste einfach stimmen. Doch warum sollte er Remus Lupin verraten? Er war sein Freund, dachte er zumindest.
 

Severus hielt seinen Zauberstab fest umklammert und hielt nebenbei Ausschau nach Black. Sein Verstand begann ihn zu warnen, dass es möglicherweise doch ein Trick gewesen sein konnte. Vielleicht lauerte Black hier irgendwo.
 

Als er sich dem Baum näherte begann die Weide plötzlich mit seinen Ästen nach ihm zu schlagen. Er konnte nur knapp ausweichen und rannte wieder ein Stück zurück, außer Reichweite der Schlagkraft des Baumes. Doch wenn er wirklich herausfinden wollte was hier gespielt wurde musste er den Stamm des Baumes erreichen, worunter sich laut Black ein weiterer Geheimgang befinden musste, welcher direkt zur heulenden Hütte führte.
 

Bei seinem nächsten Versuch sich dem Stamm zu nähern wurde er volle Kante in die Breitseite geschlagen und einige Meter zurück geschlagen.
 

Er rieb sich die Rippen und murmelte etwas unverständliches, woraufhin sein Zauberstab kurz aufleuchtete. Seine Rippen waren sicher etwas angeknackst, doch er wollte nicht aufgeben. Er leuchtete mit seinem Zauberstab den Rasen ab und suchte nach einem möglichst großen Stein, welchen er zur Weide hinüber warf, diese holte sofort aus und schlug auf die Stelle wo der Stein landete. Er bewegte sich weiter über die Landschaft und suchte nach weiteren Steinen oder großen Ästen, welche er der peitschenden Weide entgegen warf. Dieses Experiment verriet ihm zwei Dinge. Zum einem, reagierte der Baum auf bloße Bewegungen. Sie schlug nicht nur nach Lebewesen, sondern auch nach Gegenständen, wenn diese in die Nähe des Baumes gelangten. Und zum anderen bemerkte er, dass die Weide immer von rechts auszuholen schien, wenn diese nach etwas schlug.
 

Severus warf noch einen letzten Stein, welcher seine bisherige Theorie bestätigte. Er schluckte und klammerte sich an seinem Zauberstab. Er ging zur rechten Seite und näherte sich dem Baum soweit, dass ihn die Äste nicht erreichen konnten.
 

Mit Schwung warf er den Stein auf die linke Seite, woraufhin die Weide wieder von rechts ausholte und das war sein Stichwort loszurennen. Severus rannte so schnell, wie er noch nie in seinem Leben gerannt war. Er spürte förmlich den eisigen Luftzug, der nichts gutes zu verheißen schien. Die Äste der peitschenden Weide schlugen bereits in die entgegengesetzte Richtung, doch der Stamm war bereits nahe. Severus rannte und warf sich förmlich vor den Stamm des Baumes, um einen weiteren Schlag auszuweichen, denn würde er nochmal in die Breitseite getroffen werden, so würde es vermutlich nicht bei ein paar angeknacksten Rippen bleiben.
 

Severus duckte sich unter dem Ast weg, warf sich auf dem Boden und rollte gegen den Stamm. Doch statt davor zum stehen zu kommen fiel er in ein Loch im Boden.

Er spürte den Schmerz an seinen Rippen und wandte sich einen Moment lang im Dreck. Er blinzelte und seine Augen versuchten sich an die plötzliche Dunkelheit zu gewöhnen. Er tastete nach seinem Zauberstab und fand ihn einen halben Meter von ihm entfernt. Mit einem gemurmelten Lumos, ließ er die Spitze seines Zauberstabes glühen und erleuchtete den dunklen Tunnel, welcher nur in eine Richtung führte. Schräg über ihm schien das Loch zu sein, durch welches er in den Tunnel gelangt sein musste.

Sirius Black hatte soweit nicht gelogen. Es gab wirklich einen geheimen Tunnel unter der peitschenden Weide. Er konnte das Ende nicht erkennen, doch es musste schon ein kurzer Fußmarsch sein, wenn der Tunnel wirklich zu heulenden Hütte führen sollte.
 

Einen Augenblick lang zögerte er und überlegte, ob er wirklich weiter gehen sollte. Doch umzukehren kam wirklich nicht in Frage. Er musste herausfinden, ob er mit seiner Vermutung Remus Lupin gegenüber Recht behalten sollte. Zudem ließ sein erhöhter Adrenalinspiegel von dem kleinen Abenteuer mit der peitschenden Weide seinen Puls rasen und sein Herz höher schlagen. So nahm er die Beine in die Hand und ging mit erleuchtetem Zauberstab schnellen Schrittes den Tunnel entlang.

Nach einigen hundert Metern, trat er plötzlich auf einen Widerstand und stellte fest, dass es Knochen sein mussten von einen kleineren Tier. Vielleicht eine Katze oder ein Kaninchen?
 

Nach weiteren Schritten wurde ihm plötzlich mulmig zumute und er verspürte immer mehr das Gefühl, dass er in diesem Tunnel nicht alleine war. Severus war nie besonders mutig gewesen, er schlich sich nachts nicht im verbotenen Wald herum, wie es Potter und seine Freunde taten und er legte sich auch nie mit jemanden an, von dem er wusste, dass er der unterlegene Gegner sein würde. Severus arbeitete mit seinem Verstand, er durchdachte die Dinge rational und versuchte nach einer Lücke im System zu suchen, nach einem Makel in der Abwehr seines Duellierpartners oder nach einer Möglichkeit Gefahren direkt zu umgehen. Doch heute Nacht handelte er völlig wider seine Maxime. Das bewies allein die Tatsache, dass er sich nachts in einem gruseligen Tunnel herumschlich und seiner Vermutung entsprechend, nach einem Monster suchte. Doch seine Neugier hatte alles ausgeblendet. Er war begierig darauf zu erfahren, ob er Recht hatte und plötzlich erkannte er ein paar weiß blitzender Zähne in der Dunkelheit. Er hörte das leise hecheln eines Tieres und erkannte mit Krallen besetzte Tatzen in der Dunkelheit und plötzlich verließ ihn der Mut. Wie erstarrt blieb er in der Dunkelheit stehen und rührte sich nicht. Er traute sich nicht mal seinen Zauberstab zu erheben um mehr als die bloße Kontur des Tieres zu sehen welches in nur wenigen Metern Entfernung kauerte und gerade ein Kaninchen in Stücke riss.
 

Das Wesen bemerkte Severus sofort und wandte sich zu ihm um. Man konnte hören, wie die Nase des übergroßen Tieres die Luft und den Geruch des Tunnels einsog und sich schleichend auf ihn zu bewegte. Wie erstarrt blieb Severus stehen und sog scharf die stickige Luft des Tunnel ein.
 

Das Tier schien sich aufzurichten und stand nur noch auf seinen Hinterpfoten. Es fletschte seine Zähne und entblößte sein gigantisches Gebiss. Das Fell an seinen Hinterpfoten bäumte sich auf und das animalische Heulen des Tieres ließen Severus' Nackenhaare sträuben.
 

»Stupor!« Rief plötzlich eine Stimme und das gigantische Tier wurde einige Meter zurückgeschleudert.

»Lauf!« Rief die Stimme ihm abermals zu und Severus löste sich sofort aus seiner Starre.

Er wandte sich um und rannte den Tunnel zurück. Vor ihm lief derjenige, der ihn gerade vor dem Tier gerettet hatte. Severus konnte in der Dunkelheit nur seine Konturen erkennen und die Spitze seines leuchtenden Zauberstabes, doch er wusste genau wer ihm soeben das Monster vom Hals gehalten hatte.

Der Tunnel schien endlos lang zu sein. War er wirklich schon soweit vorgedrungen gewesen, bis er auf das Monster traf?
 

In einiger Entfernung glaubte er einen Mondstrahl in der Dunkelheit zu erkennen. Das musste der Ausgang sein. Das Loch in das er gefallen war.
 

Doch plötzlich spürte er etwas ganz anderes in seinem Nacken. Er spürte den Boden unter ihm leicht vibrieren und es waren nicht seine eigenen Schritte, noch die seines Vorläufers. Er hörte wie abermals Zähne gefletscht wurden und das Wesen, welches ihnen mit immer schneller werdendem Rhythmus folgte ein kehliges Knurren von sich gab. Kurz vor dem Ausgang blieb Severus stehen und wandte sich tatsächlich noch einmal um, doch in diesem Moment wünschte er sich sogleich er hätte es nicht getan, denn das pelzige Monster war keine 10m von ihm entfernt.
 

»Beeilung Snape!«, rief ihm die Stimme zu, welche bereits durch das Loch an der peitschenden Weide geklettert war.
 

Dies ließ er sich nicht zweimal sagen und rannte auf das Loch zu. Er stellte seinen Fuß an die bröckelnde Wand aus Erde und versuchte an ihr empor zu klettern. Doch das Monster war schneller und schnappte bereits nach seinem Umhang. Als Severus einen Blick zurückwarf, ließ er vor Schreck den Zauberstab fallen und klammerte sich an den Stein in der Erde, welches im Moment das einzige war, was ihm zwischen dem Ausgang und dem Tier hielt.
 

Plötzlich griff ihm eine Hand an den Umhang in seinem Nacken und zerrte daran. Das Monster hatte bereits sein Gebiss in seinem Umhang versenkt, als ihm sein Gegenüber von oben eine Hand entgegen streckte. James Potters Hand.
 

»Nun nimm sie schon, oder willst du gefressen werden?«
 

Severus überwand seinen Stolz und griff nach seinem Arm, um sich von James an die Oberfläche ziehen zu lassen. Es blieb keine Zeit zum verschnaufen oder sich darüber zu wundern warum die peitschende Weide ruhig blieb, denn das Monster hatte ebenfalls damit begonnen aus dem Loch zu klettern.

James riss Severus auf die Beine und gebot ihm zu laufen.
 

Die beiden Jungen rannten auf den verboten Wald zu in Richtung der Gewächshäuser. Severus wunderte sich keineswegs darüber, dass James Potter den Geheimgang zu kennen schien. James wandte sich um und erblickte das gigantische pelzige Wesen welches ihnen hinterherrannte, er feuerte einen weiteren Stupor nach ihm, doch verfehlte er das Wesen nur knapp.
 

»Du darfst dich ruhig selbst verteidigen Schniefelus«, spottete James Potter während er die Luke öffnete.

»Mein Zauberstab ist noch in dem Tunnel«, rief er ihm hechelnd zu bevor auch er vor der Luke zum stehen kann.
 

»Du solltest besser auf dein Hab und Gut achten!«, erwiderte James gelangweilt und schubste Severus in den Tunnel.
 

»Accio Schniefelus Zauberstab!«, rief James und wartete darauf, dass ihm Severus Snapes Zauberstab entgegenflog.
 

Der Wolf, welchen man im hellen Mondlicht nun gut erkennen konnte setzte gerade zu einem Hechtsprung auf ihn an, als sich ihm plötzlich ein großer, zotteliger schwarzer Hund entgegenstellte und ihn abwehrte.
 

»Pad!«, rief James, welcher gerade Snapes Zauberstab auffing.
 

Der Hund wandte sich zu ihm um und bedeutete ihm mit einem kurzem Nicken seines Kopfes, dass er die Beine in die Hand nehmen sollte. James nickte dem Hund zu und sprang ebenfalls in den Tunnel. Doch dieser Moment der Unachtsamkeit des schwarzen Hundes sollte ihm zum Verhängnis werden, da der Werwolf ihm bereits beiseite rang und auf die Luke zuhechtete.

James kam hinter Severus auf dem Boden auf, warf ihm seinen Zauberstab zu und schubste ihn nach vorn.
 

»Was stehst du hier noch rum? Lauf!«, fuhr er ihn an und beide rannten den unterirdischen Gang entlang.
 

Severus wandte sich ein paar Mal zu dem Tier um und stellte fest, dass es ebenfalls den Geheimgang betreten hatte.
 

»Es wird uns ins Schloss folgen!«, sagte er plötzlich und blieb stehen.
 

Er richtete seinen Zauberstab auf das Tier.
 

»Bombarda maxima!«, rief Severus genau in dem Moment als James Potter an seinem Arm riss.

»Nein!«, schrie er und der Zauber verfehlte sein Ziel.
 

Er traf stattdessen die Decke des Geheimganges von der sich alsbald ein Steinrutsch löste und den Gang immer mehr zuschüttete. Staub qualmte auf und die beiden Jungen rannten hustend zum Ende des Geheimganges.
 

Severus Snape kam hustend zum stehen und lehnte sich gegen die kalte Steinmauer, während James Potter die mit seinem Zauberstab die herabgefallenen Steine beleuchtete.
 

»Super gemacht Schniefelus!«, erwiderte James Potter im bissigen Tonfall.
 

Der Gang war komplett zugeschüttet, nicht mal eine Ratte würde da noch irgendwo durchpassen.

Dieser Geheimgang würde von nun an für immer unbrauchbar sein.

Reue & Vergebung

17. Akt: Reue & Vergebung
 


 

„Die Pein des unerfüllten Wunsches ist klein gegen die der Reue;

denn jene steht vor der stets offenen unabsehbaren Zukunft,

diese vor der unwiderruflich abgeschlossenen Vergangenheit.“

- Arthur Schopenhauer
 


 

Lily Evans saß in ihrem Bett und hatte die Beine angewinkelt. Auf ihren Oberschenkeln lag ein kleiner Zeichenblock, auf welchen sie mit einem Kohlestift die Konturen von Rosalies Katze Nemu nachzeichnete, welche sich an ihrem Fußende zusammengerollt niedergelassen hatte und leise vor sich hin schnurrte.
 

Rosalie Pond, welche ebenfalls auf Lilys Bett lag und gemütlich in der Hexenwoche blätterte, versuchte hin und wieder einen Blick auf Lily Block zu erhaschen, doch diese tadelte sie jedes Mal, dass sie ihr Bild nicht zeigen wollte bevor sie fertig war.
 

»Komm schon Lily. Zeig es mir nur einmal ganz kurz«, bettelte Rosalie gerade, woraufhin Lily nur mit den Augen rollte, Rosalies Schmollmund ignorierte und ihre Augen weiter auf die Katze fixierte.
 

In den Weihnachtsferien hatte Lily beim ausmisten ihres Kleiderschrankes einen Karton in ihrem Schrank gefunden, in dem sich all ihre Zeichensachen von früher befanden. Und plötzlich überkam sie die Sehnsucht wieder etwas zu zeichnen, sie wusste nicht, ob sie es noch so gut konnte wie früher, doch als sie am Ende der Ferien ihren Koffer packte, um nach Hogwarts zurückzukehren, packte sie ihren Zeichenblock ein.
 

Lily war schon immer sehr talentiert gewesen, was das realistische zeichnen von Tieren und Menschen betraf. Damals in der vierten Klasse ihrer alten Grundschule hatte ihre Lehrerin Mrs. Summers sie im Kunstunterricht immer für ihre sauberen Konturen und die Detailgenauigkeit gelobt. Lily hatte immer gerne gezeichnet, vor allem die Blumen vor ihrem Haus. Ihre Mutter hatte sie immer dafür gelobt und jedes einzelne Bild an den Kühlschrank geheftet.
 

Einmal hatte sie sogar ein Bild von Petunia gemalt, welches ihr wirklich erstaunlich ähnlich sah. Doch diese war damals sehr wütend gewesen und hatte behauptet, dass Lilys Zeichnung mehr Ähnlichkeit mit einem Pferd habe als mit ihr.
 

Lily hatte damals sehr lange geweint und wollte nie wieder einen Menschen zeichnen. Ihre Mutter hatte zwar immer beteuert, dass ihr Bild wundervoll sei und Lily niemals dieses außergewöhnliche Talent vergeuden solle, welches ihr von Gott geschenkt wurde, dennoch hatte sie seither nie wieder einen Menschen gezeichnet. Sie blieb bei ihren Blumen und Tieren.
 

Lily fragte sich wann damals der Zeitpunkt gekommen war, an dem sie komplett aufgehört hatte zu malen. Sie hatte ihren Zeichenblock nicht mit nach Hogwarts genommen. Seitdem sie erfahren hatte, dass sie eine Hexe war, gab es für sie eine ganze neue Welt zu entdecken, viel zu lernen und vor allem viel über diese Welt der Magie nachzuholen, damit sie ihren Mitschülern in Nichts nachstand. So hatte sie damals beschlossen, ihre Zeichensachen nicht mit zu nehmen.
 

Doch war das auch eine Entscheidung gegen das malen gewesen?

Nein, sie hatte schon vor Hogwarts damit aufgehört.
 

Je mehr sie mit Severus unternahm, desto weniger zeichnete sie und irgendwann hatte sie gar nicht mehr gezeichnet.
 

Doch seit einiger Zeit machte sich Severus öfters ziemlich rare und schien sich irgendwie verändert zu haben. Er wirkte abweisender, doch als Lily ihn vor ein paar Tagen auf dem Nordturm zur Rede stellen wollte hatte er ihr gesagt, dass sie sich das alles einbilden würde und das alles in Ordnung war. Es war eine Lüge, gewesen dass wusste sie.
 

Lily verdrängte die trüben Gedanken aus ihrem Kopf und fixierte wieder die Katze. Sie studierte die Farbebenen in ihrem Fell. Die Schattierungen in ihrer Zeichnung sollten schließlich möglichst genau werden.
 

Einen Moment später wurde die Tür des Mädchenschlafsaales aufgerissen und Nemu sprang vom Bett.

Lily blickte von ihrem Zeichenblock auf, als Nicky völlig durchnässt herein getrottet kam und schliff ihre Sporttasche trostlos hinter sich her.
 

»Ich kann nicht mehr«, seufzte Nicky und ließ sich in voller Quidditchmontur aufs Bett fallen.
 

Lily seufzte, da ihre Bildvorlage gerade durch die zufallende Tür verschwand. Daher klappte sie ihren Block zu und legte ihn auf den Nachttisch. Einen Moment lang beobachtete sie Nicky, wie sie auf dem Bauch liegend ihr Gesicht in ihrem Kissen vergraben hatte und sich nicht bewegte.
 

»Du durchnässt dein ganzes Bett wenn du da liegen bleibst«, stelle Lily nüchtern fest.

»Mir egal«, nuschelte Nicky in ihr Kissen.

»Willst du nicht wenigstens duschen oder dich umziehen?«

»Ich kann mich keinen Millimeter mehr bewegen«, nuschelte Nicky abermals in ihr Kissen ohne sich zu bewegen.
 

»War Bones heute so schlimm?«, fragte Rosalie Pond, welche sich an den Bettpfosten lehnte.

»Schlimm ist gar kein Ausdruck! Es war die reinste Folter uns bei diesem Wetter trainieren zu lassen. Wenn wir morgen alle krank sind, wird er sehen was er davon hat uns einen Tag vorm Spiel so hart ran zunehmen.«
 

»Na immerhin seid ihr gut vorbereitet. Seit Hemper seinen Abschluss gemacht hat vor drei Jahren sah es für Gryffindor oftmals ziemlich mies aus«, überlegte Rosalie.

»Gar nicht wahr«, empörte sich Nicky und hob nun doch ihr Gesicht aus den Kissen.

»Ihr habt den Pokal im letzten Jahr Slytherin quasi geschenkt!«
 

Nicky nuschelte etwas unverständliches und gab schließlich klein bei.
 

»Na gut, vermutlich brauchte das Team eine harte Hand«, gab sie schließlich zu.

»Und die neuen Strategien werden sich morgen gegen Hufflepuff hoffentlich durchsetzen«, ermutigte Lily sie.

»Zumindest wenn ich dann noch in der Lage bin einen Quaffel zu passen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich es irgendwann mal Leid sein werde.«
 

Lily tätschelte liebevoll Nickys Arm.
 

»Ich weiß was dich aufheitern wird. Aber dazu musst du erst mal duschen und dich umziehen«, meinte Lily dann.

»Vergiss es. Ich bewege mich keinen Millimeter von hier weg«, antwortete Nicky wehleidig.

»Na gut, kein Schokoladenkuchen für dich.«
 

Sofort saß Nicky kerzengerade in ihrem Bett.
 

»Kuchen? Habe ich gerade Kuchen gehört?«

»Ja und ich meine wirklich köstlichen Schokoladenkuchen. Den gab es heute Nachmittag in der großen Halle. Ich bin sicher, dass die Hauselfen noch welchen haben, wenn wir Ihnen in der Küche einen kleinen Besuch abstatten.«
 

Lily zwinkerte ihrer Freundin zu und Nicky war sofort Feuer und Flamme für diese Idee. Voller Euphorie sprang sie aus dem Bett und kramte in ihrem Schrank nach frischen Sachen.
 

»Gib mir 8,5Minuten«, rief sie noch, bevor die Badezimmertür hinter ihr ratternd ins Schloss fiel.

Rosalie musste lachen.

»Das ist so typisch.«

»Also willst du keinen Kuchen?«

»Wir lange kennen wir uns Lily?«, stellte Rosalie belustigt ihre Gegenfrage.
 


 

* * *
 


 

Es war beinahe stockfinster in dem Korridor, welcher in die Kerker führte.

Nicky ging mit erhobenem Zauberstab voran und leuchtete ihnen den Weg.
 

»Ich finde es total gruselig hier«, flüsterte Rosalie Pond, während sie sich an Lilys Arm klammerte.

»Warum flüsterst du?«, fragte Nicky in normaler Lautstärke. »Es ist noch keine Sperrstunde. Wir dürfen hier rumlaufen.«

»Trotzdem«, flüsterte Rosalie weiter. »Ich will um diese Zeit keinen Slytherins oder anderen gefährlichen Kreaturen in der Dunkelheit begegnen.«
 

Nicky verdrehte die Augen. Was sollte hier in den Kerkern in der Dunkelheit schon lauern?

Sie waren immerhin in einer Schule. Und wer sperrte schon gefährliche Kreaturen in eine Schule ein? Wobei, diesen Avery aus Slytherin konnte man möglicherweise tatsächlich mit einem Bergtroll verwechseln.
 

Auch im verbotenen Wald gab es mehr als genug gefährliche Kreaturen, geschweige den diese Viecher die Hagrid sich hin und wieder zulegte.
 

Als die drei Mädchen an den vier Kerkern entlang liefen und schließlich am Bild mit der Obstschale ankamen, ließ Rosalies Griff an Lilys Arm etwas nach.

Nicky kitzelte die Birne, woraufhin das Portrait zur Seite schwang und die drei Mädchen, die hell erleuchtete Küche betraten.
 

Obwohl es schon nach 21Uhr war und das Abendessen seit einigen Stunden vorbei war wuselten immer noch mindestens ein Dutzend Hauselfen durch die Küche.

Töpfe wuschen sich von selbst, Teller flogen durch die Lüfte und erste Vorbereitungen für das Mittagessen am nächsten Tag wurden dem Geruch nach zu urteilen bereits getroffen.
 

»Guten Abend, werte Damen«, wurden die drei von einer kleinen Hauselfe mit großen braunen Augen begrüßt.

»Darf ich etwas für Sie tun oder Ihnen etwas anbieten?«, fragte sie dann höflich.

»Sehr gern. Habt ihr zufällig noch drei Stücke von dem Schokoladenkuchen von heute Nachmittag übrig?«

»Oder vielleicht auch vier Stücke?«, ergänzte Nicky.
 

Lily verdrehte die Augen.
 

»Sei nicht immer so verfressen«, tadelte Lily sie und Rosalie musste lachen.

»Natürlich Misses, ich bringe ihnen sofort den Kuchen, auch acht Stücke wenn sie möchten, nehmen sie nur Platz«, erwiderte die kleine Elfe und winkte die drei hinter sich her zu einem langen Holztisch, welcher genauso aussah wie die in der großen Halle.
 

»Drei reichen völlig, vielen lieben Dank«, erwiderte Lily und schaute skeptisch auf das zerlumpte Hemd der kleinen Hauselfe, während diese in den Weiten der Küche verschwand.
 

Lily presste die Lippen aufeinander. Wie jedes Mal wenn sie in der Küche war, hatte sie Mitleid mit diesen kleinen Wesen, die hier jeden Tag, einzig für Kost und Logis in der Küche schufteten. Es erinnerte sie an die Zeit der Sklaven und damit auch an die Art und Weise wie Sklaven damals von ihren Herren behandelt wurden.
 

Nicky, Mary und Rosalie hatten ihr jedoch mehrmals versichert, dass es den Elfen hier in Hogwarts gut ginge und diese gerne hier arbeiteten und das es für sie völlig normal wäre in diesem Verhältnis zu arbeiten. Einmal hatte sie sogar zwei der kleinen Elfen gefragt, doch diese schienen ziemlich beleidigt gewesen zu sein als Lily sie danach fragte, ob sie nicht glücklicher wären, wenn sie für ihre Arbeit entlohnt werden würden und so hatte sie es auf sich beruhen lassen, um nicht den Zorn der kleinen Hauselfen auf sich zu ziehen. Zudem wären ihre Freundinnen sicher ziemlich sauer auf sie gewesen, wenn sie Hausverbot in der Küche bekommen hätten.
 

Einen Moment später brachten zwei weitere Hauselfen drei Teller mit jeweils einem riesigen Stück Schokoladenkuchen für die drei, welche sich sofort bei den Hauselfen für ihre Mühe bedankte.

Nicky biss genüsslich in ihrem Kuchen und stieß einen lauten Seufzer der inneren Befriedigung aus.
 

»Na geht’s dir jetzt besser?«, stichelte Rosalie.

»Oh ja, so ein Stück Kuchen bewirkt wahre Wunder.«
 

»Dann kannst du heute Nacht sicher gut schlafen und bist morgen fit und ausgeruht für das Spiel gegen Hufflepuff.«

»Ich hoffe, dass wir ihnen gewachsen sind. Um ehrlich zu sein lief das Training, zumindest für uns Jäger heute nicht so gut.«

»Woran lag es denn?«, fragte Rosalie interessiert.
 

»Wenn du mich fragst, lag es an James. Er war heute nicht gut drauf. Er kam auch zu spät zum Training und durfte sich von Bones eine Standpauke anhören. Das hat ihn jedoch nicht sonderlich interessiert.«

»Potter interessiert doch nie irgendwas.« Warf Lily gelangweilt ein.
 

»Bones hat schon gedroht ihn aus dem Team zu werfen, wenn er sich nicht einen anderen Ton ihm gegenüber zulege. «
 

»Oh bitte. Das würde seinem Ego sicher gut tun«, schmunzelte Lily, woraufhin ihr Rosalie und Nicky böse Blicke zu warfen.
 

»James weiß, dass Bones ihn niemals rausschmeißen würde. Dazu ist er viel zu gut. Er ist auch nicht immer so. Ich kenne ihn eigentlich nur als Team-Player, aber heute beim Training hat er oft einen Alleingang durchgezogen und wenn er doch mal passen musste tat er es sehr aggressiv. Er schien wütend zu sein.«

»Vielleicht liegt das an seinem Streit mit Sirius«, w arf Rosalie ein und versuchte ihre Aussage möglichst beiläufig klingen zu lassen.

Doch Lily und Nicky sahen sie nur überrascht an.
 

»Es muss ein paar Stunden vor deinem Training gewesen sein. Mary und ich sind gerade zu den Gewächshäusern gegangen, um Mrs. Sprout beim umtopfen der Alraunen zu unterstützen, da haben wir mitbekommen wie sich James und Sirius gestritten haben. Sie standen zwar etwas abseits am Rand des verbotenen Waldes, aber man konnte sie trotzdem ziemlich gut hören.«

»Ach, die haben mal Ärger im Paradies?«, fragte Lily möglichst sarkastisch.

»Die beiden haben sich noch nie gestritten! Zumindest nicht öffentlich«, überlegte Nicky.
 

»Wir haben die Zusammenhänge der einzelnen Satzfetzen nicht ganz verstehen können. Aber James war wirklich wütend auf Sirius gewesen. Er sprach von einer Gefahr in der er sie alle absichtlich gebracht hätte. «
 

Rosalie machte eine Pause. Ihre Augenbrauen waren zusammengezogen und sie hatte eine nachdenkliche Miene aufgesetzt.
 

»Ich glaube, dass hängt mit den neusten Gerüchten zusammen«, sprach Rosalie weiter.

»Du hast davon gehört, nicht wahr Lily? Ich habe es heute noch auf dem Mädchenklo erfahren.«
 

Lily blinzelte ein paar Mal und warf Rosalie einen fragenden Blick zu.
 

»Na, es geht das Gerücht um, dass James Potter Severus Snape in dem Geheimgang der peitschenden Weide, dass Leben gerettet hat, vor was weiß ich was da unten ist. Die beiden wurden wohl noch von McGonagall persönlich erwischt, wie sie sich wieder ins Schloss schleichen wollten und haben einen Haufen Strafarbeiten dafür bekommen.«
 

Lilys Augen weiteten sich, bei jedem weiteren Wort, welches aus Rosalies Mund kam. Nein, das hatte sie definitiv nicht mit bekommen und Severus hatte es ihr auch nicht erzählt. Er hatte sie wieder angelogen bzw. die Wahrheit verschwiegen und das kam einer Lüge doch wirklich schon ziemlich nahe.

»James und Snape hassen sich. Warum sollte er ihm das Leben retten? Und vor allem, was haben die beiden den draußen dort gemacht?« Fragte Nicky entgeistert.
 

Auch sie schien von diesem Gerücht noch nichts mitbekommen zu haben und das sollte schon etwas heißen. Denn Tatsachen solcher Art verbreiteten sich in Hogwarts normalerweise wie ein Laubfeuer. Und gerade die Tatsache, dass sich dieses Gerücht eher gemächlich verbreitete sprach für die Tatsache, dass die Betroffenen nicht wollten, dass es sich verbreitete.
 

»Du kannst Snape ja mal danach fragen«, schlug Rosalie vor.

»Er heißt Severus.«

»Oder so«, seufzte Rosalie Augen verdrehend, woraufhin Lily ihr einen bösen Blick zu warf.

Rosalie hob beschwichtigend die Hände.
 

»Tut mir Leid Lily, du kennst meine Position dazu. Ich mag ihn nicht sonderlich und seine Freunde sind bösartig, wenn ich nur daran denke, was dieser Mulciber Mary letztens antun wollte.«

»Bei Avery und Mulciber stimme ich dir vollkommen zu. Die beiden sind einfach nur böse, aber bitte schließe nicht von den beiden auf Severus. Er ist anders als die anderen Slytherins. Er hat ein Herz und die Tatsache, dass er mit mir befreundet ist spricht doch auch dafür, dass er anders ist als die«, rechtfertigte sich Lily für ihren Freund.

»Ach Lily. Er trägt aber auch nicht sonderlich dazu bei, dass wir ihn mögen. Er ist ziemlich abweisend, unfreundlich und schaut manchmal so als würde er uns am liebsten umbringen, wenn wir eure Zweisamkeit stören.«

»Nicky! Severus und ich sind nur Freunde! Er will halt auf mich aufpassen. Er meint es nicht böse.«
 

Lilys Stimme hatte beinahe schon einen flehenden Ton angenommen, während sie ihre Freundinnen tief in die Augen blickte und hoffte einen Funken Verständnis aufbringen zu können. Doch Nicky presste nur die Lippen aufeinander und sah Lily entschuldigend an, während Rosalie ihr ein entschuldigendes Lächeln schenkte.
 

Severus war kein schlechter Mensch. Er hatte ein Herz. Er war immer nett zu ihr gewesen und hatte ihr bei all ihren Problemen geholfen, er hatte ihr zugehört wenn sie Sorgen hatte.
 

Sie wusste, dass es Severus schwer fiel soziale Kontakte zu knüpfen. Er war ein sehr ruhiger und verschlossener Mensch, welcher nicht gerne aus dem Nähkästchen plauderte. Vermutlich lag das an seiner kaputten Familie und den ärmlichen Verhältnissen in denen er aufgewachsen ist. Seine Kindheit musste nicht sehr schön gewesen sein, wenn man niemanden hatte. Seine Mutter ignorierte ihn weitgehend und hegte nur eine wütende Konversation mit ihm. Sein Vater hingegen war ein Muggel und kein sehr sympathischer. Er war Alkoholiker und das wusste jeder in Spinners End, schon bevor Lily sich überhaupt mit ihm anfreundete. Es muss damals ziemlich schwer für ihn gewesen sein, denn er hatte auch keine Freunde die ihn von seiner Familie ablenken konnten. Lily war seine erste Freundin gewesen, der erste Mensch dem er sich Stück für Stück anvertraute und sich ihr öffnete.
 

Diese wunderbare Freundschaft, die sich zwischen den beiden entwickelte, begleitete sie auch nach Hogwarts. Doch gerade durch die Häusereinteilung in der ersten Klasse wurden sie das erste Mal getrennt. Beide schlossen ihre eigenen Freundschaften und Lily behagten Severus Freunde nicht.
 

»Na hoffen wir mal, dass die beiden sich wieder einkriegen«, schloss Rosalie schließlich ihre Erzählung.
 

Lily, welche völlig in Gedanken versunken war, blickte plötzlich auf und blinzelte ein paar Mal, als ihre Freundinnen ihre leeren Teller beiseite schoben und ihre Stühle an den Tisch rückten.
 

»Der Kuchen war wirklich grandios«, versuchte Nicky das Thema zu wechseln, während die drei Freundinnen, das Bild mit der Obstschale hinter sich ließen und wieder den Korridor, welcher an den Kerkern vorbei führte betraten.

»Heute Nacht werde ich sicher gut schlafen können und morgen machen wir Hufflepuff fertig«, fügte Nicky eilig hinzu.
 

»Crucio!«, hörten die drei Plötzlich eine Stimme sagen und sie blieben abrupt stehen.
 

Sie hörten das zischende Fiepen von etwas, kaum eine Sekunde nachdem, sie die Zauberformel vernommen hatten.

Mutig schritt Nicky mit erhobenem Zauberstab voran und blickte in den nächsten Kerker hinein.

Avery, Mulciber, der jüngere Blacksprößling und Snape standen ihr nun gegenüber und warfen ihr überraschte Blicke zu.
 

»Was tut ihr da?«, feixte Nicky, als sie den Kerker betrat.
 

Nicky blickte von den Vieren herunter zu der Maus, welche immer noch am Boden fiepte.

Regulus Black hatte den Zauberstab auf die graue Maus gerichtet. Seine Hand zuckte jedoch zurück, als er Nicky erblickte.
 

»Na hast du dich verlaufen Gryffindor?«, höhnte Avery und seine Hand zuckte zu seinem Zauberstab.
 

Auch Nicky hielt ihren Zauberstab fest umklammert und ließ Averys Hand nicht aus den Augen.

Lily und Rosalie betraten ebenfalls den Kerker und stellten sich mit ebenso griffbereitem Zauberstab neben Nicky.
 

Lily fixierte Severus mit zusammengekniffenen Augen. Dieser hatte den Kopf so weit wie möglich in seinen Umhang gezogen und trat einen Schritt hinter Mulciber, doch Lily hatte ihn trotz der Dunkelheit erkannt.
 

Avery pfiff einmal anerkennend.
 

»Ladys, womit verdienen wir die Ehre dieses hohen Besuches?«

»Gehört Tierquälerei mittlerweile zu den Aufnahmeritualen in euren Kreisen?«, zischte Nicky, welche einen Blick auf die Maus warf, welche sich nun so schnell wie möglich verabschiedete.
 

»Wir haben doch nur ein wenig gespielt«, erwiderte Mulciber in ruhigem Tonfall.
 

Er blickte die drei Mädchen nicht an, sondern musterte sehr interessiert seine Fingernägel.
 

»Das war schwarze Magie«, sagte Lily, welche ihren Blick von Severus abwandte und nun abwechselnd von Regulus Black zu Mulciber blickte.

»Sogar mehr als das«, ergänzte Nicky. »Wenn Dumbledore davon erfährt - «

»Wird er aber nicht, weil nichts geschehen ist«, fiel Mulciber ihr ins Wort. »Oder habt ihr etwas gesehen Jungs?« Fragte er munter in die Runde.
 

Nickys Augen verengten sich zu Schlitzen. Es würde Aussage gegen Aussage stehen, wenn sie zu Dumbledore gehen würden.
 

»Wenn ihr uns entschuldigt, wir haben zu tun«, fuhr Mulciber gelangweilt fort und winkte die anderen mit einer einfachen Handbewegung hinter sich her, während er auf den Ausgang des Kerkers zu schritt.
 

Der Blick den Mulciber Lily zu warf, als er an ihr vorbei ging, behagte Nicky überhaupt nicht. Es war beinahe ein anzügliches Grinsen, was sich hinter seinem finsteren Gesicht verbarg. Seine schwarzen Augen fixierten Lily einen Moment zu lang, für Nickys Geschmack. Doch diese bemerkte Mulcibers Blicke nicht einmal, da sie Severus einen enttäuschten Blick zu warf, als er an ihr vorbei schritt.

Severus Snapes Gesicht wirkte gequält, als wäre er im Zwiespalt. Seine Lippen waren aufeinander gepresst und er schickte Lily ein entschuldigendes Lächeln, woraufhin diese jedoch den Blick von ihm abwandte.
 

Als die vier aus dem Kerker verschwunden waren, legte Nicky ihre Hand auf Lilys Schulter und versuchte ihr ein aufmunterndes Lächeln zu schenken, während die drei sich auf den Weg zurück in den Gemeinschaftsraum machten.
 

»Wirklich merkwürdig, dass sie einfach gegangen sind. Sonst sind die Slytherins doch immer auf Stress aus und sie wären sogar in der Überzahl gewesen«, merkte Rosalie an.

»Severus hätte uns nicht angegriffen«, sagte Lily entschlossen.

»Und Regulus Black auch nicht, wenn er es nicht muss«, fügte Nicky hinzu, woraufhin ihr Rosalie einen merkwürdigen Blick zu warf.
 


 

* * *
 


 

Am nächsten Tag blieb es weitgehend trocken, doch der Wind fegte in hoher Geschwindigkeit durch die Äste der peitschenden Weide. Jedoch hatten sich alle Lehrer und Schüler draußen auf der Tribüne versammelt, um ihre Hausmannschaft anzufeuern.
 

Lily Evans war ebenfalls in den Gryffindorfarben gekleidet und wollte eigentlich längst im Stadion sein. Jedoch lief sie mit undefinierbarer Miene durch den fast menschenleeren Innenhof.
 

»Severus ich bin wütend auf dich!«, fuhr die rothaarige ihren besten Freund an, welcher mit gesenktem Kopf hinter ihr her trottete.
 

Dieser wurde sogleich bleicher als er es ohne hin schon war. Sein Mut schien ihm abhanden gekommen zu sein und er brachte nicht mehr hervor als ein leises stottern.
 

»Ich - es tut mir Leid. Du sahst wütend aus und ich wusste nicht was ich sagen sollte.«

»Du weißt nie was du sagen sollst, wenn deine sogenannten Freunde bei dir sind«, fuhr sie ihn gereizter an, als sie es beabsichtigte.
 

Oh ja. Lily hatte sich schon viele Jahre bei ihren Freundinnen für Severus entschuldigt. Sie hatte ihn stets in Schutz genommen und sich für ihn gerechtfertigt. Sie hatte immer daran geglaubt, dass Severus anders war als all die anderen Slytherins.
 

Doch in den letzten Wochen und Monaten fiel es ihr immer schwerer weiterhin daran zu glauben. Er verhielt sich nicht immer so wie sich ein Freund verhalten sollte. Er stand nicht immer dann zu ihr, wann er es eigentlich sollte. Und das machte sie traurig.
 

Dennoch wusste sie auch, dass es ihm schwer fiel sich in Slytherin zu behaupten und man definitiv nicht von den Leuten in seinem eigenem Haus gehasst werden wollte. Sie konnte es bis zu einem gewissen Grad verstehen, warum er sich so verhielt. Er wollte nicht ausgeschlossen werden, sondern dazu gehören. So wie jeder Mensch irgendwie dazugehören will. Dennoch machte sie die Tatsache, dass das dazugehören zu den anderen Slytherins ihn immer weiter von ihr entfernte sehr sehr traurig.

Severus sah sie mit einem reumütigen Blick an. Auch sein Gesicht war von Trauer verzerrt, auch wenn er gerne diese emotionslose Maske trug, welcher er die meisten Tage zur Schau stellte. Wenn er sie so ansah konnte sie nicht wirklich wütend auf ihn sein. Schließlich bereute er es. So wie er immer alles bereute.
 

JKR:

[„ ...

»...dachte eigentlich, wir wären Freunde. Beste Freunde?«, stotterte Severus leise vor sich hin, während er damit begann nervös seine Hände zu kneten.

»Das sind wir, Sev, aber ich mag eben manche von den Leuten nicht mit denen du rumhängst. Tut mir Leid, aber ich hasse Avery und Mulciber! Mulciber! Was findest du an ihm Sev? Er ist unheimlich! Weißt du, was er neulich mit Mary McDonald anstellen wollte?«
 

Lily war an einer Säule angelangt und lehnte sich dagegen. Sie blickte in das schmale blässliche Gesicht ihres Freundes.
 

»Das war doch nichts. Es war ein Scherz weiter nichts - «

»Es war schwarze Magie, genau wie gestern mit dieser armen Maus und wenn du das komisch findest - «

»Was ist mit dem, was Potter und seine Kumpel veranstalten?«, fragte Severus.
 

Dabei stieg ihm wieder die Röte ins Gesicht, offenbar konnte er seinen Unmut nicht zurückhalten.
 

»Was hat Potter mit alldem zu tun?«, fragte Lily verwirrt.

»Die schleichen sich nachts raus. Dieser Lupin hat irgendetwas seltsames an sich. Fragst du dich nicht, wo der andauernd hingeht?«

»Er ist krank.« Sie machte eine Pause und runzelte dabei die Stirn, als schien sie ihre Aussage nocheinmal überdenken zu wollen. » Es heißt er sei krank«, korrigierte sie sich schließlich.
 

»Jeden Monat bei Vollmond?«

»Ich weiß, was du denkst«, sagte Lily im kühlem Tonfall.

»Warum bist du eigentlich so auf die fixiert? Warum interessiert es dich was die nachts tun?«

»Ich versuche dir nur klar zu machen, dass sie nicht so toll sind wie alle offenbar denken.«
 

Er starrte sie so eindringlich an, dass sie errötete.
 

»Aber sie verwenden keine schwarze Magie.« Sie senkte die Stimme. »Und du bist wirklich undankbar. Ich habe gehört, was neulich nachts passiert ist. Du bist in diesen Tunnel bei der peitschenden Weide runtergeschlichen und James Potter hat dich gerettet vor was immer da unten ist - «
 

»Gerettet?« Severus Gesicht verzerrte sich.

»Gerettet?«, prustete er nun. »Du meinst er hat den Helden gespielt? Er hat seine eigene Haut gerettet und auch die seiner Freunde. Du wirst nicht – ich lass dich nicht -«
 

»Mich lassen?«
 

Lilys leuchtend grüne Augen waren ganz schmal. Severus gab sofort klein bei.
 

»Ich meine nicht - ich will nur nicht mit ansehen, wie man sich über dich lustig macht – er mag dich, James Potter mag dich! Ich habe gesehen wie er dich ansieht.«
 

Es war als würden ihm die Worte gegen seinen Willen entrissen.

»Und er ist kein... alle denken... großer Quidditch-Held - «
 

Verbitterung und Abscheu ließen Severus Snapes Worte unzusammenhängend werden und Lilys Augenbrauen bewegten sich immer höher ihre Stirn hinauf.
 

»Ich weiß, dass James Potter ein arroganter Widerling ist. Das brauchst du mir nicht erst zu sagen«, unterbrach sie ihren Freund.

»Aber Avery und Mulcibers Vorstellung von Humor ist einfach böse. Böse, Sev. Ich verstehe nicht wie du mit denen befreundet sein kannst.«
 

In dem Moment, als Lily Evans James Potter beleidigt hatte, hatte sich Severus Snapes ganzer Körper entspannt und als die beiden ein Stück weiter gingen, war sein Gang ein wenig federnder geworden.

...]“
 

(leicht abgeändert aus J.K. Rowling: Harry Potter und die Heiligtümer des Todes)
 


 

* * *
 


 

Als Lily im Stadion ankam und sich zu Rosalie und Mary auf die Bank setzte, saßen alle Gryffindor Spieler schon auf ihren Besen und flogen ein paar Runden ums Stadion. Dies geschah auf Anordnung von Edgar Bones, dem Mannschaftskapitän von Gryffindor, welcher in diesem Schuljahr seinen Abschluss machte. Das letzte Spiel gegen Ravenclaw hatten sie verloren, doch gegen Hufflepuff heute mussten und würden sie gewinnen, da war er sich sicher. Dazu hatte er seine Mannschaft viel zu hart trainiert.
 

Als Madam Hooch endlich den Quaffel in die Höhe warf und das Spiel anpfiff, löste sich die gesamte Anspannung in seinem Körper und das Adrenalin schoss bis in seinen Kopf, als er der erste war der den Quaffel fing. Bones flog direkt auf die Torstangen zu und passte im letzten Moment zu Nicky McDougal herüber, bevor er haarscharf einem Klatscher auswich. Nicky schoss auch sogleich das erste Tor für Gryffindor und der Jubel auf der rot-goldenen Tribüne war groß.
 

Nicky war wirklich eine ausgezeichnete Jägerin. Sie liebte Quidditch über alles und trainierte sehr hart dafür. Sogar so hart, dass sie öfter mal vergaß die Hausaufgaben für irgendein Fach rechtzeitig zu erledigen und diese in der Nacht erledigen musste.
 

Lily musste an das zweite Schuljahr zurückdenken, indem Nicky in die Mannschaft gekommen ist. Damals hatte sie sich tierisch aufgeregt, dass die Position des Suchers nicht ausgeschrieben wurde, denn diese Position wollte sie unbedingt haben. Jedoch ist sie wegen ihres Talents auch als Jägerin ins Team gekommen und damit blieb sie bis heute die einzige Frau im Team.
 

»McDougal gibt ab an Potter. Potter kann dem gegnerischem Jäger ausweichen uuuuund Tooooor! Wieder ein Tor von James Potter. Damit steht es 140:20 für Gryffindor!«, ertönte die Stimme des Stadionsprechers.

»James! James! James!«, dröhnten die Rufe der Gryffindor Tribüne zu ihm herauf.
 

James Potter schenkte seinen Mitschülern eines seiner überheblichen Grinsen und erhob die Hand zum Gruße bevor er sich erneut mitten ins Spiel stürzte.

Lily verdrehte die Augen.
 

»Muss der immer so eine Show abziehen?«
 

Rosalie und Mary kicherten verhalten.
 

»Nun ja, er ist halt gut.«
 

»Was sehe ich da Jones setzt zum Sturzflug an, hat er etwa den Schnatz gesehen?«
 

Sämtlich Blicke im Stadion fixierten Peter Jones, den Sucher aus Hufflepuff, welcher nach einem halben Looping in der Luft zum Sturzflug auf den unteren Pfosten eines der drei Tore von Hufflepuff ansetzte.

Edgar Bones war für einen Moment abgelenkt, da auch er Jones fixierte. Das Adrenalin schoss in seinen Kopf und so bemerkte er nicht den herannahenden Klatscher, welcher ihn von seinem Besen warf. Seine linke Hand umklammerte den Stiel seines Besens und er taumelte in der Luft, während er versuchte wieder auf seinen Besen zu klettern.
 

»Tooor für Hufflepuff!«, ertönte wieder die Stimme des Stadionsprechers.
 

»Worauf wartet ihr, er darf den Schnatz nicht fangen«, rief Bones seiner Mannschaft zu.
 

Doch Nicky McDougal flog dicht neben ihn, sodass er sich auf ihren Besen stellen konnte. So fand er den nötigen Halt, um wieder auf seinen eigenen Besen zu steigen.
 

»Ich sagte doch, ihr sollt Jones aufhalten«, fuhr er Nicky an, während diese ihm nur eine Grimasse schenkte und nach unten deutete.
 

Adam Brody, der Sucher von Gryffindor und James Potter hatte ebenfalls zum Sturzflug angesetzt. James erhöhte seine Geschwindigkeit bis er auf Augenhöhe mit Jones war und ihn im richtigen Moment an der Schulter rammte, sodass er seine Flugbahn ändern musste. Dies war Brodys Gelegenheit. Er beschleunigte und raste in eben diesen Moment an den beiden vorbei, die Augen auf den kleinen goldenen Ball fixiert. Es geschah in weniger als drei Sekunden, als er endlich den kleinen goldenen Ball mit seinen Fingern umschloss.
 

»Adam Brody hat den Schnatz gefangen. Gryffindor gewinnt!«, schallte die Stimme des Stadionsprechers über das Quidditchfeld, welche jedoch in dem tosenden Beifall und Genjubel der Fans auf der Gryffindortribüne unterging.
 

Edgar Bones landete gerade neben James, als er auch schon von seinem Besen sprang und sich Brody an den Hals warf, worauf hin dieser den Schnatz los ließ.
 

»Ausgezeichnete Arbeit Jungs«, beglückwünschte er seine Teamkollegen, welche sich nach und nach um sie versammelte.
 

Nicky McDougal räusperte sich wehement und warf Brody einen erwartenden Blick zu, welcher sie einen Moment lang irritiert anstarrte.
 

»Jungs?«, fragte sie gereizt.

»Oh und natürlich auch unsere Super Frau«, ergänzte Bones sofort, was Nicky mit einem zufriedenem Lächeln quittierte und nun auch Brody zu seinem Fang gratulierte.
 

Der goldene Schnatz umkreiste den Kopf von James Potter zwei mal bevor er sich in die Lüfte davon machen wollte, doch James war schneller und fing den kleinen goldenen Ball mit nur einem Handgriff. Er lächelte über die Tatsache, dass es ihm so schnell gelang. Er betrachtete den kleinen goldenen Ball in seiner Hand und drehte ihn ein paar mal, um die Gravuren genauer zu mustern.
 

Seine Reflexe waren immer noch genauso gut wie früher, als er mit seinem Vater für die Position des Suchers trainierte. Mr. Potter Senior selbst war in seiner Schulzeit ein ausgezeichneter Sucher gewesen und erhoffte sich, dass James sein Talent geerbt hatte. Doch er selbst hatte sich immer mehr für die Position des Jägers interessiert und war damals froh gewesen, dass die Position des Suchers nicht gesucht wurde, als er in die Mannschaft kam, denn so war er seinem Vater keine Rechenschaft darüber schuldig, warum er sich für den Jäger entschieden hatte.
 

»James, worauf wartest du? Jetzt wird erst mal der Sieg gefeiert!«, rief Bones ihm zu, während sich der Rest der Mannschaft schon auf den Weg zu den Umkleidekabinen machte. James räusperte sich und ließ den Schnatz unauffällig in seiner Tasche verschwinden.
 


 

* * *
 


 

Nach dem glorreichen Sieg gegen Hufflepuff stieg im Gryffindor Gemeinschaftsraum, selbstverständlich ohne Einverständnis der Lehrer, eine große Party. Nahezu alle Gryffindors aus allen Jahrgängen waren anwesend, um ihre Mannschaft zu feiern.
 

Edgar Bones hielt gerade seine Dankesrede an sein Team, welche er damit beendete, dass er seinen halben Krug mit Butterbier verkippte.
 

James lachte schallend und erhob ebenfalls seinen Krug, um symbolisch mit ihm anzustoßen.

Die meisten Mädchen hatten sich um James Potter und Adam Brody zusammengefunden, um sich die doppelte Aktion beim Schnatzfang nochmal bis ins kleinste Detail anzuhören.
 

»... und dann ist Jones aus der Bahn gekommen. Selbstverständlich hätte ich es auch ohne Potters Hilfe geschafft«, tönte Brody gerade, als Sirius in die Runde trat.
 

Auch er hielt einen Krug Butterbier in seiner rechten Hand, während er sich mit der linken nervös am Kopf kratzte.
 

»Ähm gutes Spiel«, sprach er James Potter an, welcher ihn nicht ansah und stattdessen den Blick starr auf einen Punkt an der Wand fixierte.

»Komm schon James. Du kannst nicht ewig sauer auf mich sein«, bat Sirius seinen Freund in leisem Tonfall, damit die anderen ihn nicht hören konnten.
 

James antworte nicht.
 

»Was soll ich noch tun? Ich kann die Zeit nicht mehr zurückdrehen.«

»Ich bin der Falsche bei dem du dich entschuldigst«, antwortete James leise und warf einen Blick zum Kamin herüber.
 

Remus Lupin saß am Kaminfeuer und starrte in die Flammen, während er seinen Bierkrug in seinen Händen drehte.
 

»Ich weiß. Es war dumm von mir. Ich... habe nicht nachgedacht.«

»Das hast du wahrlich nicht.«

»Kannst du mir verzeihen? Bruder?«
 

Sirius bereute, dass er Snape in diese Gefahr gebracht hatte. Remus hätte Snape töten können in dieser Nacht und das nur weil Sirius es für lustig befunden hatte Snape, von dem Geheimgang unter der peitschenden Weide zu erzählen. Sirius hatte sie alle in Gefahr gebracht und vor allem Remus Geheimnis. Hätte Snape es herausgefunden und hätte es sich in der Schule herumgesprochen, während mit absoluter Sicherheit in den darauffolgenden Tagen die ersten besorgten Elternbriefe in Hogwarts angekommen und Remus hätte Hogwarts verlassen können.
 

James sah nun endlich Sirius an. In seinen grauen Augen spiegelte sich sein Unmut wieder. James seufzte.
 

»Du wirst immer mein Bruder und mein bester Freund sein«, sagte er schließlich.
 

Sirius Mundwinkel zuckten dankbar nach oben. Er griff James Schulter und versuchte ihm deutlich zu machen wie viel ihm das bedeutete.
 

»Remus ist derjenige, der dir verzeihen muss«, sagte James und warf Sirius einen aufforderten Blick zu.

»Ich geh rauchen«, sagte er dann und bahnte sich seinen Weg durch die Menge.
 

Sirius blieb allein zurück und wandte sich wieder zu Remus um, welcher immer noch genauso vor dem Kamin kauerte.
 

James durchquerte den Gemeinschaftsraum und ging zum am weitest entferntesten Fenster und öffnete es. Er setzte sich auf die Fensterbank und kramte eine Schachtel Zigaretten aus seiner Jackentasche. Er steckte sich eine zwischen die Lippen und betätigte sein Benzinfeuerzeug. Er ließ den Rauch in seine Lungen strömen und blies eine große Rauchwolke in die eisige Luft.
 

Eine Weile starrte er aus dem Fenster während er hin und wieder an seiner Zigarette zog.
 

Als er schließlich seinen Blick durch die feiernde Menge der Gryffindors schweifen lies, entdeckte er das rothaarige Mädchen, welches etwas abseits der feiernden Menge sich in eine Ecke zurückgezogen hatte und in ein Buch vertieft war. Lily Evans.
 

Einer spontanen Eingebung folgend drückte er seine Zigarette an der Ziegelmauer aus und sprang vom Fensterbrett. Er schnappte sich ein weiteres Butterbier vom Tisch und schritt auf die rothaarige zu.

Lily bemerkte den Schatten, welcher über sie fiel und blickte direkt in das Gesicht von James Potter, welcher sich ihr ins Licht gestellt hatte.
 

»Na Evans, willst du nicht mit uns auf den Sieg anstoßen?«, fragte er sie mit diesem überheblichen Grinsen im Gesicht.

»Nein danke«, antwortete sie spitz und wandte sich wieder ihrem Buch zu.
 

Sie hoffte, dass er einfach wieder verschwinden würde, wenn sie ihn ignorierte, doch das tat er nicht. James Potter blieb einfach stehen und sah sie weiterhin an.
 

»Es gibt einige Mädchen in diesem Raum, die sich darum reißen würden.«

»Warum belästigst du die dann nicht?«, erwiderte sie schroff ohne von ihrem Buch aufzusehen.

»Weil ich dich ausgesucht habe«, erwiderte er ruhig, als wäre das die selbstverständlichste Sache auf der Welt.
 

Nun blickte Lily doch wieder von ihrem Buch auf und musterte ihn, als hätte er etwas verstörendes in seinem Gesicht.
 

»Oh Verzeihung, wie konnte ich das nur vergessen? Der große James Potter hat mich auserwählt. Welche eine Ehre, nein welch ein Privileg. Ich fürchte nur, dass ich euren Ansprüchen nicht genügen werde, Hoheit.«
 

Schnippisch schlug sie ihr Buch zu und schubste ihn bei Seite, während sie sich ihren Weg durch die feiernde Menge bahnte.
 

»Seit wann bist du denn so biestig Lily?«, fragte Nicky, welche ihre Freundin am Arm festhielt.

»Er wollte nur mit dir auf den Sieg anstoßen. Das ist quasi Tradition nach jedem Spiel. Kein Grund gleich seine Krallen auszufahren«, versuchte sie ihre Freundin zu beruhigen.

»Vielleicht nicht.«
 

Lily presste ihre Lippen aufeinander.
 

»Aber er ist immer so. Grrr.«
 

Sie deutete mit ihren Händen eine Geste an, welche darstellen sollte, wie sie ihn erwürgte. Nicky musste lachen.
 

»Vielleicht steht er auf dich.«
 

Lily warf ihr einen irritieren Blick zu.
 

»Komm schon Lils. Du bist der gutmütigste Mensch den ich kenne. Du findest in jedem Menschen immer einen guten Kern. Was ist seiner?«
 

Lily blinzelte ein paar Mal, wandte jedoch ihren Blick von Nicky ab und suchte den Raum ab. Als sie James Potter gefunden hatte, stieß sie Nicky mit dem Ellenbogen in die Seite.
 

»Ich sehe wie er auf mich steht«, erwiderte sie augenverdrehend.
 

James Potter hatte seine Zunge gerade in Christine Winters Mund geschoben, als Nicky zu ihnen herüberblickte. Er drückte sie näher an die Wand und intensivierte den Kuss, wobei seine Hand gefährlich nahe zu ihrem Hintern herunter strich.
 

»Iehh die sollen sich doch ein Zimmer nehmen«, erwiderte Nicky entsetzt.
 

James schien an Christine Winters Unterlippe zu knabbern, bevor er sie nochmals so

leidenschaftlich küsste, dass Nicky gar nicht mehr ihren Blick von den Beiden wenden konnte.

Als sie sich endlich voneinander lösten nahm James Christines Hand und zog sie hinter sich her durch das Portraitloch in den dunklen Korridor.
 

»Ich will gar nicht wissen wo die hin verschwinden.«

»Er hat keinen guten Kern«, sagte Lily so leise, dass Nicky es nicht verstehen konnte.

Animagi

18. Akt: Animagi
 


 

„The best things in life are the people we love,

the places we’ve been

and the memories we’ve made along the way“
 


 

Der beinahe runde Vollmond leuchtete in dieser Nacht besonders hell. Regulus Black lehnte am Geländer des Astronomieturms und starrte in den Sternenhimmel. Da war das Sternbild Löwe zu erkennen, dessen Hauptstern ihm entgegen leuchtete.
 

»Regulus«, sagte plötzlich die Stimme eines Mädchens, welches im Halbdunkel an einer dicken Steinmauer neben der Tür lehnte. »Dieser Stern (Regulus) leuchtet immer am hellsten im Löwen.«
 

Ein sanftes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel als sie den Blick senkte und auf seinen Rücken starrte.

Sie hielt ein Pergament in der Hand, auf welchem in fein säuberlich geschwungener Handschrift ein paar wenige Zeilen an sie adressiert waren.
 

»Ich weiß nicht was ich ohne dich machen soll«, sprach Regulus in die Dunkelheit.

»Es ist nicht für immer. Ich komme wieder.«

»Ja«, antwortete er tonlos.
 

»Ich- ich habe eher Angst um dich Reg'!«, sprach sie nun das aus, was ihr schon seit einer Weile durch den Kopf ging.
 

Regulus drehte sich abrupt um und blickte in ihr trauriges Gesicht. Ihre Augen waren wässrig und in ihrem Augenwinkel bildete sich eine Träne, welche sie jedoch mit einer hastigen Bewegung wegstrich.
 

»Was sollte mir schon passieren hier in Hogwarts?«, fragte er betont lässig.
 

Doch das Lächeln, welches seine Mundwinkel zu erzeugen versuchte, erreichte seine Augen nicht.
 

»Ich bin nicht blind Regulus!«, fuhr sie ihn beinahe verärgert an. »Ich sehe was sie mit dir machen. Ich sehe in welche Versuchung du gerätst. Ich sehe, dass du bald eine Entscheidung treffen musst.«
 

Regulus trat vor und legte seine Hand an ihre Wange. Seine ebenso grauen Augen, wie die seines Bruders Sirius sahen in ihre bevor er seine Stirn an ihre legte.
 

»Ich kann auf mich aufpassen!«

»Ich will nicht, dass du dich von mir entfernst!«, sprach sie nun die Worte aus, welche sie schon eine Weile beschäftigten.
 

Es war nicht zu übersehen, wie sich langsam aber sicher ein dunkler Schatten über Hogwarts zog, dem selbst Dumbledore nicht mehr aufhalten konnte. Eine dunkle Macht, die sich immer mehr in der Welt auszubreiten schien und nun auch in Hogwarts langsam aber sicher seinen Tribut einforderte.
 

»Ich werde mich niemals von dir entfernen. Vertrau mir!«
 

Es war ein Versprechen und kaum mehr als ein Flüstern, welches er herausbrachte, bevor er sich vor lehnte, um die letzten Zentimeter zu überbrücken und seine Lippen endlich auf ihre zu legen.

Nach einer ersten Schrecksekunde zögerte sie nicht länger und erwiderte den Kuss so leidenschaftlich als würden sie sich nach dieser Nacht niemals wieder begegnen.
 


 

***
 


 

Nicky McDougal saß in der Bibliothek und brütete über ihren Verwandlungsaufsatz zum Thema Animagi, welcher drei Zoll lang werden sollte. McGonagall übertrieb es mal wieder mit den Hausaufgaben und der Wiederholung des Unterrichtsstoffes.
 

Wie schwer konnten die ZAG Prüfungen schon sein? Bisher hatte doch so gut wie jeder diese Prüfungen bestanden.

Das versuchte sie sich zumindest einzureden.
 

Verwandlung war wahrlich nicht ihr Steckenpferd und sonst half ihr immer Lily dabei, doch heute war diese noch nicht in der Bibliothek aufgetaucht. Ein Blick auf die Uhr verriet Nicky, dass Lily bereits vor zwanzig Minuten in die Bibliothek kommen wollte.
 

Überzog McMillan etwa mal wieder die Vertrauensschülertreffen?
 

Seufzend schob sie ihre Pergamentrolle von sich und nahm den Briefumschlag in die Hand, welcher sie gestern Morgen erreicht hatte. Einen Moment lang betrachtete sie die fein säuberliche Handschrift, in welcher ihr Name auf den Umschlag geschrieben wurde. Dann öffnete sie den Brief und holte ein Blatt Pergament hervor, welches sie sogleich auseinander faltete. Es standen nur wenige Zeilen auf dem Pergament, welche ihr jedoch sehr viel bedeuteten.
 

Sehr geehrte Miss McDougal,
 

wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass ihre Bewerbung, um einen Platz an der Beauxbatons Academy of Magic im kommenden Schuljahr bewilligt wurde.

Die Koordination des Schüleraustausches wurde mit Prof. Albus Percival Wulfric Brian Dumbledore bereits besiegelt.

Weitere Informationen erhalten Sie in den Sommerferien per Eule.
 

Mit freundlichen Grüßen

M. Marchant
 

Seufzend ließ sie sich in ihrem Stuhl zurücksinken und ließ mit geschlossenen Augen ihren Kopf über die Stuhllehne hängen.

Ihre Eltern wussten natürlich bereits Bescheid. Doch ihren Freundinnen hatte sie noch nichts von diesem Brief erzählt.

Außer Lily wusste noch nicht einmal jemand, dass sie sich überhaupt beworben hatte.
 

Außerdem fragte, sie sich wer noch alles mit ihr nach Beauxbatons gehen würde. Soweit ihre Information reichten, würde ein Schüler aus jedem Haus an dem Austausch mit Beauxbatons und Durmstrang, der anderen Zauberschule im Norden teilnehmen können. Dies wiederum bedeutete, dass im nächsten Schuljahr vier neue Schüler für ein Jahr nach Hogwarts gehen würden.
 

Doch erst mal musste sie ihre ZAG Prüfungen erfolgreich bestehen, sonst konnte sie Beauxbatons vergessen.
 

Leise atmete Nicky ein und aus und dachte darüber nach wie sie Lily von dem Brief erzählen sollte. Im Moment hatte diese öfter Streit mit ihrem Freund Severus und Nicky versuchte Lily so gut es ging von allem abzulenken.

Auch Mulcibers Blick, welchen er Lily in den Kerkern damals vor dem Quidditchspiel mit Hufflepuff zugeworfen hatte, hatte sie nicht vergessen.
 

Ein Jahr war eine ziemlich lange Zeit, wenn man bedachte, dass ihnen nur noch zwei Jahre bis zu ihrem Schulabschluss blieben. Und wenn Nicky ein ganzes Jahr weg sein würde, könnte sie nicht mehr auf ihre Freundinnen aufpassen, wie sie es sonst immer tat.

Doch die Möglichkeit ein Jahr im Ausland zu verbringen und vor allem in einer anderen Quidditchmannschaft zu trainieren bot sich nicht jedem und schon gar nicht alle Tage an.
 

Lily war ihre Freundin und sie musste ihr möglichst bald von der Zusage erzählen. Sie musste nur noch den passenden Moment finden.
 

»Na wer schläft denn da mitten am Tag?«, warf sie plötzlich eine vertraute Stimme aus ihren Gedanken.
 

Als sie die Augen öffnete, blickte sie in die braunen Augen von James Potter, welcher sie mit einem schelmischen Lächeln angrinste. Sofort kniff sie ihre Augen zusammen.
 

»Wag es dich nicht einmal darüber nachzudenken meinen Hintern an den Stuhl zu kleben oder meine Haare grün zu hexen«, sagte sie im warnenden Tonfall.
 

James musste lachen.
 

»Das sind wirklich ausgesprochen verlockende Ideen. Aber keine Angst ich hatte so etwas nicht vor«, versicherte er ihr.

»Das will ich hoffen«, antwortete sie und fixierte die Bücher, welcher er in seiner Hand hielt.

»James Potter in der Bibliothek, welch seltener Anblick«, stellte Nicky nüchtern fest und setzte sich dabei aufrecht in ihren Stuhl.

»Tja ab und an muss auch ich mal in ein Buch schauen, wenn demnächst die großen Prüfungen anstehen.«
 

Er blickte über ihre Schulter und überflog das vor ihr liegende Pergament.

Nicky hatte gerade mal acht Zeilen zustande gebracht.
 

»Ist der Verwandlungsaufsatz nicht morgen fällig?«, fragte er sie mit zusammengezogenen Augenbrauen.
 

Nicky seufzte tragisch und James schenkte ihr ein Lächeln, während er sich zu ihr setzte und ihr Verwandlungsbuch zu sich heranzog.
 

»Welchen Part genau verstehst du nicht?«, fragte er höflich.

»Ähm... alles? Nun ja... ich hatte noch keine Zeit mich genauer damit zu beschäftigen«, gestand Nicky kleinlaut.
 

Doch James Potter machte weder eine arrogante Bemerkung, noch lachte er sie aus. Stattdessen begann er, Nicky einige Dinge über Animagi zu erklären und das ganz ohne auch nur einmal in ein Buch zu schauen.
 

Nicky machte große Augen und bewunderte seine Kenntnisse in Verwandlung, welche ihren um einiges voraus waren.

Auch die Geduld, welcher er aufbrachte überraschte sie. Fast eine dreiviertel Stunde lang, saß er bei ihr und half ihr ihren Aufsatz zu schreiben und dann verabschiedete er sich von ihr, gab seine Bücher bei Madam Pince ab und verließ die Bibliothek.
 

Nicky starrte auf ihren Aufsatz, welcher fast die Länge erreicht hatte, die er haben sollte.
 


 

***
 


 

Sirius Black saß am offenen Fenster des Jungenschlafsaals der Fünftklässler und blies den Qualm seiner Zigarette nach draußen, während er hin und wieder in seinem Motorradmagazin blätterte.

Peter Pettigrew hingegen ging aufgeregt im Schlafsaal auf und ab und knabberte nervös an seinen Fingernägeln.
 

»Ruhig Wormy. Wir haben solange geübt und du hast es die letzten Male immer geschafft, sogar allein«, war Sirius Kommentar auf das sonderbare Verhalten seines Freundes.
 

»Ich weiß. Aber wenn es morgen doch nicht klappt, wenn etwas schief läuft kann es schnell gefährlich werden«, erwiderte Peter nervös.

»Dann sind immer noch James und ich da um dich zu beschützen«, warf Sirius sofort ein.
 

Sirius blickte von seiner Zeitschrift auf und schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln.
 

»Und falls es morgen gar nicht klappen sollte, werden wir es nicht machen. Wenn dann wir alle zusammen!«
 

Peter atmete tief durch und versuchte sich zu beruhigen.
 

»Die Theorie beherrscht du sowieso schon seit der Vierten. Und wie es das Schicksal will wiederholen wir gerade dieses Thema in Verwandlung.«
 

Sirius hatte Recht. Er beherrschte die Theorie in und auswendig wie bei keinem anderen Thema sonst, welches jemals in Hogwarts durchgenommen wurde. Er wusste wie es geht und er hatte es bereits ein paar Mal geschafft.

Anfangs nur für wenige Minuten und nur mit Hilfe seiner Freunde, doch er wurde besser. Bald schaffte er es auch ganz allein und das für mehrere Stunden. Er würde das morgen durchziehen, komme was wolle.
 

Er hatte seine Freunde, die ihm beistehen würden, falls irgendetwas schief gehen sollte. Außerdem hatten sie es Remus versprochen. Sie alle hatten ihm im zweiten Schuljahr, dass Versprechen gegeben, dass sie einen Weg finden würden Remus zu helfen, irgendwie. Und wenn sie ihm schon nicht den Schmerz nehmen konnten, so sollte er doch wenigstens nicht alleine sein in den Vollmondnächten.
 

Und so hatten James, Sirius und er beschlossen Animagi zu werden. Doch es stellte sich heraus, dass dies bei weitem kein einfaches Unterfangen war, da selbst die besten Zauberer der Welt Jahre dafür gebraucht haben.

Und sie, eine Hand voll Schüler, hatten es tatsächlich geschafft in nur drei Jahren Animagi zu werden.
 

Na gut, James hatte es schon nach zwei Jahren geschafft und kurz darauf auch Sirius, doch Peter hatte immer diese innere Blockade gehabt und egal wie viel seine Freunde mit ihm trainierten, es wollte ihm nicht so schnell gelingen wie ihnen.
 

Doch das machte nichts, denn sie hatten nicht aufgegeben. Sie waren nicht einmal wütend auf ihn, sondern sehr geduldig. Vor allem Sirius. Und nun nach drei Jahren hatte auch er es endlich geschafft und morgen Nacht würden sie Remus, dass erste Mal beistehen, alle zusammen.
 

Peter zuckte zusammen, als die Tür zum Schlafsaal aufgerissen wurde und ein gut gelaunter James hereintrat.
 

»Du warst aber lange weg«, stellte Peter fest. »Wolltest du nicht nur eben die Bücher abgeben?«

»Hab noch Nachhilfe gegeben«, lautete seine knappe Antwort, bevor er sich enthusiastisch aufs Bett warf.
 

Sirius wackelte vielsagend mit den Augenbrauen, doch James verdrehte nur lachend die Augen.
 

»Nicht so wie du denkst, Pad«, tadelte er ihn.

»Ist bei dir alles klar Wormy? Hast du dich wieder beruhigt?«, fragte er dann seinen anderen Freund.
 

Peter nickte mit zusammengepressten Lippen. Es würde schon gehen morgen. Irgendwie musste es doch klappen.
 

»Wo bleibt denn Remus? Wir wollten doch schon längst alles durchsprechen wegen morgen«,fragte Peter dann.
 

»Das ist doch mal ein triftiger Grund die Karte auszuprobieren«, meinte James, während er sich von seinem Bett schwang und begann in seiner Nachttischschublade zu wühlen.
 

Schließlich kramte er ein zusammengefaltetes Stück Pergament heraus und seine Augen begannen zu leuchten, während ein schelmisches Grinsen über seinen Mund huschte.

Er griff nach seinem Zauberstab, welcher in seiner Hosentasche steckte und richtete ihn auf das Pergament.
 

»Ich schwöre feierlich, ich bin ein Tunichtgut«, sprach er dann im ebenso feierlichen Tonfall.
 

Daraufhin begannen dünne schwarze Linien aus Tinte sich ihren Weg durch das Pergament zu bahnen. Ein Banner erschien am oberen Rand des Pergaments und die Tinte sammelte sich in deren Mitte.

Die zunächst wirr verlaufenden Linien formten sich zu Schnörkeln und diese wiederum zu Buchstaben. Aus dem riesigen schwarzen Tintenfleck in der Mitte der Karte formten sich schließlich die Konturen eines Schlosses, Hogwarts, in deren Mitte sich ebenso ein Schriftzug bildete:
 


 

Die hochwohlgeborenen Herren Moony, Wurmschwanz, Tatze und Krone präsentieren stolz

Die Karte des Rumtreibers.
 

James setzte sich mit der Karte aufs Bett und begann sie auseinander zu falten. Die Karte zeigte das komplette Hogwartsgelände vom verbotenen Wald bis hin zur peitschenden Weide und schließlich Hogwarts selbst.

Das Schloss an sich war bis ins kleinste Detail genau nachgezeichnet worden. Jeder noch so winzige Gang war darauf vermerkt und die Karte ließ sich in immer mehr Ebenen auffalten.

Das Hogwartsgelände hingegen war ab dem verbotenen Wald eher spärlich beschrieben und wirkte recht ungenau.
 

»Am Wald werden wir noch arbeiten müssen, denke ich«, nuschelte Sirius verhalten, welcher sich hinter James aufs Bett gekniet hatte und nun über seine Schulter blickte.
 

»So wo haben wir denn Remus?«, fragte er dann sogleich und überflog systematisch die Karte.
 

Denn auf dieser bewegten sich Hunderte von kleinen Punkten. Jeder einzelne dieser Punkte war mit einem Namen beschriftet und zeigte somit jeden Schüler und jeden Lehrer in Hogwarts, wo er sich genau zum jetzigen Zeitpunkt befand.
 

James Blick schweifte zur Bibliothek und stellte zufrieden fest, dass Nicky immer noch an dem Platz saß, wo er sie zurückgelassen hatte. Doch Remus war nicht in der Bibliothek und auch nicht im Raum oder Bad der Vertrauensschüler.

Der Krankenflügel fiel ebenfalls flach, denn da lief nur Madame Pomfrey auf und ab.
 

James begann nun genauer die Karte zu untersuchen und auch Orte zu berücksichtigen an denen, Remus sich sonst nicht aufhielt.
 

»Da!«, rief Sirius plötzlich und deutete auf eine Toilette im vierten Stock.
 

James Potter blickte zu dem winzigen Punkt, welcher mit Remus Lupin beschriftet war. James zog seine Augenbrauen zusammen und musterte nachdenklich den winzigen schwarzen Punkt aus Tinte und Magie.
 

Remus befand sich in einer Mädchentoilette im vierten Stock und dicht neben ihm war ein weiterer Punkt, beschriftet mit dem Namen Lily Evans.
 


 

***
 


 

Lily Evans hatte sich in die Toiletten im vierten Stock zurückgezogen. Sie saß bereits seit einer halben Stunde zusammengesunken neben einem der hinteren Waschbecken und starrte schluchzend, mit geröteten Augen gegen die weißen Kacheln an der gegenüberliegenden Wand.

Ihre Augen waren wässerig und die Augenwinkel brannten immer noch von den Tränen, welche sie die letzte halbe Stunde hier vergossen hatte.
 

Plötzlich hörte sie wie sich die Tür der Mädchentoilette öffnete und jemand hereintrat.

Die Stimme räusperte sich verlegen.
 

»Ähm ist jemand hier? Ich bin Vertrauensschüler und habe von draußen ein schluchzen vernommen und dachte ich sehe mal nach«, sagte die Stimme von Remus Lupin dann.
 

Lily stand auf und wandte sich zu ihm um. Es hatte keinen Sinn sich zu verstecken, wenn er sie ja doch bereits gehört hatte.
 

Remus hatte seine rechte Hand über seine Augen gelegt und tastete sich beinahe blind einen Schritt nach vorn. Lily musste lächeln, um so viel Anstand, den Remus gerade demonstrierte, während er sich halb blind voran tastete.
 

»Ist schon okay Remus. Es ist sonst niemand hier«, sagte Lily dann leise, woraufhin Remus die Hand von seinen Augen nahm.
 

Er sah zu Lily herüber, welche ihn mit ihren blutunterlaufenen wässrigen Augen ansah.
 

»Entschuldige, ich wollte hier nicht einfach so eindringen. Doch die Tür war nicht ganz geschlossen und ich konnte dein Schluchzen hören. Und da habe ich mir Sorgen gemacht und gedacht, dass ich mal nachsehe«, rechtfertigte sich Remus sogleich.
 

»Hast du geweint Lily?«, stellte er dann die offensichtlichste Frage.

»Nach was sieht es denn aus?«, schluchzte Lily sogleich.

»Ähm möchtest du darüber reden oder soll ich jemanden von deinen Freundinnen holen oder Snape?«
 

Lilys Augen weiteten sich bei diesem letzten Namen und sogleich schüttelte sie mit so einer Heftigkeit den Kopf, dass Remus daraus folgerte, dass ihr Zustand etwas mit ihm zu tun haben musste.
 

»Ich möchte nicht darüber reden.«
 

Es war kaum mehr als ein Flüstern, was über ihre Lippen drang.
 

»Oh, sie heult hier bereits seit Stunden wegen diesem Jungen mit den fettigen schwarzen Haaren«, sagte plötzlich eine Stimme in einem quietschigen Tonfall.
 

Remus wandte sich abrupt um und erblickte den Kopf eines Mädchens, welches eine große runde Brille trug.

Ihr schwarzes Haar war zu zwei Zöpfen zusammengebunden und sie starrte von der Decke einer der Kabinentüren zu den beiden herab.

Sie lachte glockenhell auf und schwebte mit einen lang gezogenen Huuuuui von der Toilettentür herunter.
 

Remus blinzelte ein paar Mal.
 

Es war der Geist eines Mädchens, welches ungefähr in ihrem Alter sein musste. Er hatte nicht gewusst, dass es in diesem Schloss noch weitere Geister gab, welche er nicht kannte.
 

»Sie kam heulend durch die Tür gerannt und hat sich seitdem nicht von hier wegbewegt. Auch nicht, als ich sie mit Wasser bespritzt habe«, kicherte der Geist schrill.

»Hat die ganze Zeit nur gejammert wie er ihr sie so enttäuschen konnte«, fügte sie eilig hinzu, woraufhin ihr Lily einen bösen Blick zu warf.
 

»Halt die Klappe Myrte!«, fuhr sie den Geist an, welcher sie daraufhin gleich wieder mit Wasser bespritzte.
 

Wütend griff Lily nach ihrem Zauberstab und hielt ihn ihr entgegen.
 

»Ich warne dich«, zischte sie.

»Oder was? Ich bin bereits tot du kannst mir nichts mehr an tun.«
 

Sie wandte den Blick von Lily ab und wandte sich nun Remus zu.
 

»Weist du mich haben die Jungen nicht einmal beachtet, sondern den ganzen Tag geärgert und an meinen Haaren gezogen«, schluchzte Myrte und näherte sich Remus, welcher daraufhin hart schluckte und verlegen lächelte.
 

Doch Lily hatte bereits nach der Seife gegriffen und diese nach ihr geworfen. Die Seife flog natürlich durch Myrte hindurch, doch reizte es den Geist so sehr, dass sie einen Wutschrei von sich gab und heulend durch eine der Toiletten in den Abflussrohren verschwand.
 

»Das... war unheimlich«, sagte Remus tonlos.

»Sie ist anstrengend und gehässig«, erwiderte Lily genervt.

»Aber sie kann auch sehr hilfsbereit sein, wenn sie will«, fügte sie eilig hinzu und Remus schenkte ihr daraufhin ein Lächeln.
 

»Sie hat dich gerade verpetzt und verhöhnt und trotzdem findest du etwas gutes an ihr. Das ist so typisch für dich.«
 

Lily warf ihm einen irritierten Blick zu.
 

»Ist das so verkehrt? Jeder Mensch muss irgendwo einen guten Kern haben, schließlich wurden wir nach Gottes Ebenbild erschaffen.«

»Die meisten Zauberer glauben nicht an einen Gott.«
 

Er machte eine Pause.
 

»Ich nehme an, dass dich Snapes guter Kern heute ziemlich enttäuscht hat«, sprach er weiter.
 

Lily wandte den Blick ab und presste die Lippen aufeinander.

Remus hatte ins Schwarze getroffen. Dennoch steckten ihr die Worte im Hals fest. Sie wollte nicht darüber reden.

Zudem kam es ihr komisch vor mit Remus zu sprechen, wo sie ihre Probleme doch sonst immer Severus erzählte.

Doch dieses Mal wollte sie nicht über das reden was passiert war, mit niemanden. Sie wollte nicht einmal, dass überhaupt jemand davon erfuhr, dass sie hier geweint hatte.
 

»Es ist okay wenn du nicht darüber sprechen möchtest. Aber vergiss nicht, dass du Freunde hast, die dich genauso mögen wie du bist und die für dich da sind«, versuchte Remus sie aufzumuntern und reichte ihr ein Taschentuch mit dem sie sogleich die letzten Tränen aus ihrem Gesicht wischte.
 

Lily schenkte ihm ein gequältes Lächeln.
 

»Bitte... bitte sag niemanden, dass ich geweint habe. Ich möchte nicht, dass sich das rum spricht.«

»Natürlich nicht.«

»Danke.«
 

Lily atmete tief durch und trat an einen der Spiegel. Sie erschrak, als sie ihre geröteten Augen sah und griff sofort nach ihrem Zauberstab. Sie murmelte eine Zauberformel, woraufhin dass rot ein wenig zurückging und allmählich wieder ihrer normalen Hautfarbe ähnelte.
 

»Ich denke ich kann so wieder einen Gang betreten«, sagte sie mit einem gequälten Lächeln in den Spiegel.
 

Sie wandte sich um und sah in Remus müdes Gesicht.
 

»Ist denn bei dir alles in Ordnung Remus? Du siehst ziemlich blass aus und vor allem müde und etwas erschöpft?«
 

Remus winkte ab.
 

»Ich werde wohl krank werden... mal wieder«, fügte er leise hinzu.

»Du bist schon arm dran, so oft wie du krank bist.«

»Schlechte Gene«, war seine knappe Antwort.

»Am besten ruhst du dich heute Abend aus und ich gehe alleine Streife.«
 

Remus sah sie verwundert an.
 

»Wir haben heute Nacht Streife?«
 

Lily nickte.
 

»Hat McMillan dich nicht darüber informiert?«, fragte Lily verwundert.

»Er hat mir heute morgen beim Frühstück noch den geänderten Plan in die Hand gedrückt. Wir beide sind heute und morgen dran.«
 

Remus schluckte hart. Morgen war Vollmond. Es war unmöglich für ihn sich an diesen Plan zu halten.

Doch wie sollte er Lily erklären, dass sie morgen alleine gehen musste?

Er fragte sich überhaupt schon seit eben jener Nacht, in der er beinahe Snape getötet hatte wie viel dieser herausgefunden hatte, wie viel er über sein Geheimnis wusste und ob er irgendjemanden davon erzählt hatte.

Lily war Snapes beste Freundin, wenn dann wäre sie es, die als erstes davon erfahren hätte, doch Remus bemerkte nichts auffälliges an ihr. Sie verhielt sich wie immer. Sie warf ihm keine merkwürdigen Blicke zu, noch stellte sie ihm kuriose Fragen. Lily war freundlich, höflich und aufrichtig wie er es von ihr kannte. Als sie ihm ein Lächeln schenkte, fiel ihm wieder ein, dass er ihr ja noch antworten musste.
 

»Natürlich gehen wir zusammen. Es wird schon wieder gehen bis heute Abend«, meinte er schließlich und Lily bemerkte wie er in seinen Gedanken versunken weit abdriftete.
 


 

***
 


 

»Danke, dass du mit mir Streife gehst Nicky. Irgendwie sind momentan viele krank.«

»Vermutlich wegen den ZAG Prüfungen. Momentan schlaucht die Lernerei ganz schön«, seufzte Nicky.

»Wie wahr. Ich bin mit dem zusammenfassen zwar schon seit letzter Woche fertig, doch ein paar Zauber für Verteidigung gegen die dunklen Künste sollte ich nochmal üben«, überlegte Lily.
 

Lily und Nicky streiften durch die Gänge des Schlosses und schauten hin und wieder mal in eines der nicht abgeschlossenen Klassenzimmer. In dieser Nacht war es außergewöhnlich still im Schloss und sie erwischten nur ein paar Erstklässler, welche das Schloss erkunden wollten.

Vermutlich waren die meisten Schüler so intensiv in ihre Prüfungsvorbereitungen vertieft, dass ihnen heute keine Zeit blieb um Unsinn anzustellen.
 

»Du bist irgendwie sehr still heute. Beschäftigt dich irgendwas? Du wirst doch nicht etwa auch noch krank?«, fragte Lily besorgt.

»Ähm nein mir geht’s gut. Jedoch beschäftigt mich wirklich etwas. Es ist aber eigentlich eine gute Nachricht.«
 

Lily sah sie abwartend an, doch Nicky schien noch nicht so recht die Worte gefunden zu haben nach denen sie suchte.

»Lass uns dazu ein wenig frische Luft schnappen«, meinte sie dann.

»Es ist doch ziemlich stickig hier drin«, fügte sie eilig hinzu und öffnete das große Eichenportal.
 

»Nun sag es schon!«, forderte Lily ihre Freundin lächelnd auf, während sie in der Dunkelheit wenige Schritte hinter ihr her trottete.
 

Nicky seufzte und griff in ihre Hosentasche.

Sie holte ein mehrmals gefaltetes Stück Pergament hervor und reichte es Lily, welche vorsichtig nach dem Papier griff. Sie wandte das Pergament ein paar Mal um, um es von allen Seiten betrachten zu können. Als sie es entfaltete, erkannte sie auch sogleich das Siegel der Beauxbatons Academy of Magic.

Mit zusammen gezogenen Augenbrauen entfaltete sie das Pergament ganz und überflog die wenigen Zeilen.
 

Nicky beobachtete sie währenddessen von der Seite und versuchte ihre Miene zu deuten.

Einen Moment lang glaubte sie Unmut in ihrer Mimik zu erkennen, jedoch setzte Lily sogleich ein Lächeln auf und strahlte ihre Freundin an.
 

»Das ist ja großartig! Du gehst nächstes Schuljahr nach Beauxbatons.« Rief Lily plötzlich erfreut in die Stille hinein und schlag ihre Arme um den Hals ihrer Freundin.

»Herzlichen Glückwunsch Nicky. Das hast du dir verdient.«

»Danke«, sagte sie leise und erwiderte die Umarmung.
 

Als Lily sich von ihr löste, hatte sie immer noch ein Lächeln auf den Lippen. Doch Nicky wusste nicht, ob dieses Lächeln tatsächlich auch ihre Augen erreichte.
 

»Warum schaust du denn so bedrückt? Das ist es doch was du wolltest?«

»Ja, natürlich. Dieses Jahr in Beauxbatons ist ein Privileg, was nicht jedem zuteil wird. Und es ermöglicht mir Erfahrungen im französischen Quidditchstil zu sammeln.«

»Aber?«, fragte Lily vorsichtig nach, während sie sich an eine der Säulen lehnte.

»Ich weiß es nicht.«
 

Nicky fasste sich nervös ins Haar und wandte den Blick von Lily ab.
 

»Der Zeitpunkt scheint irgendwie nicht der richtige zu sein. Wir haben nur noch zwei gemeinsame Jahre in Hogwarts und eines davon werde ich weg sein.«

»Das Ende von Hogwarts bedeutet nicht gleich das Ende unserer Freundschaft. Wir werden auch nach Hogwarts Freunde bleiben nicht wahr?«

»Natürlich werden wir das«, erwiderte Nicky sofort.

»Na also. Mach dir keine Sorgen.«
 

Nicky schenkte ihrer Freundin ein Lächeln, als die beiden plötzlich das Heulen eines Tieres vernahmen.

»Was war das?«, fragte Lily in erhöhter Tonlage und ihre Hand schnellte in ihre Jackentasche und umklammerte ihren Zauberstab.
 

Nicky kniff die Augen zusammen und starrte in die Dunkelheit. War das ein Schatten gewesen, welcher eben an ihnen vorbeihuschte? Nervös griff auch sie nach dem Zauberstab in ihrer Tasche.
 

Die beiden waren ziemlich nah am Rand des verbotenen Waldes. Vermutlich war es doch keine gute Idee gewesen frische Luft zu schnappen. Wenn sie nur an die Gefahren dachte, welche im Wald lauerten.
 

»Am besten wir gehen wieder rein und beenden unseren Rundgang«, meinte Nicky dann nervös und ging ein paar Schritte zurück zu Lily.
 

Plötzlich raschelte es in ihrer Nähe und die beiden Mädchen fuhren zusammen.
 

Lilys Hand schnellte zu ihrem Zauberstab. Sie murmelte einen Zauberspruch und die Spitze ihres Zauberstabes begann zu leuchten.
 

Mutig schritt sie ein paar Schritte nach vorn und leuchtete zwischen die Büsche des angrenzenden Waldes.
 

»Zeig dich!«, rief sie in die Dunkelheit und wunderte sich selbst darüber wie fest ihre Stimme dabei klang.

»Bist du verrückt?«, fuhr Nicky sie an und zerrte an ihrem Arm.

»Aber da war etwas. Ich habe es gesehen«, erwiderte Lily trotzig, während Nicky sie zurück zum Eichenportal zerrte.

»Hast du schon mal darüber nachgedacht, dass es wahrscheinlicher ist, dass im verbotenen Wald um diese Uhrzeit irgendwelche Kreaturen wie Irrwichte oder sonst was umherwandern statt irgendein Schüler auf Nachtexkursion?«, hörte man Nickys Stimme aus weiter Entfernung noch meckern bevor die beiden Mädchen hinter der großen Eichentür verschwanden.
 

»Das war knapp«, klang es plötzlich aus den Büschen.

»Gut, dass wir ihn weiter in den Wald getrieben haben«, erwiderte eine weitere Stimme.

»Für die Zukunft sollten wir berücksichtigen, dass es durchaus sein kann, dass unartige Schüler nachts das Gelände betreten. Wenn wir die heulende Hütte schon verlassen sollten wir tiefer in den Wald gehen.«
 

James Potter trat aus den Bäumen hervor ins Mondlicht und streckte sich erst einmal.
 

»Diese neue Form ist ganz schön anstrengend. Vor allem wiegt dieses Geweih bestimmt ne halbe Tonne«, gähnte er.
 

Peter Pettigrew, welcher neben ihn trat, knabberte ängstlich an seinen Fingernägeln und blickte sich nervös um.
 

»Sollten wir nicht langsam zu den anderen zurück?«

»Mach dir nicht gleich ins Hemd Wormy«, erwiderte James Potter lachend.

»Pad hat sicher alles unter Kontrolle. Und irgendwer musste doch die Mädchen beschützen, falls Remus zurückkommt.«
 

Einen Wimpernschlag später war James Potter verschwunden und vor Peter erschien der Umriss eines großen braunen Hirsches mit einem riesigen Geweih, welcher anmutig und stolz dem großen runden Vollmond entgegen blickte.
 

Einen Moment lang warf Peter seinem Freund noch einen bewundernden Blick zu. Es war wirklich ein wunderschönes und vor allem stolzes Tier, in welches sich James verwandelte.
 

Peter fragte sich, wie es sich entschied welches Tier man wurde. Denn er selbst wäre viel lieber ein ebenso großes und schönes Tier geworden wie James.
 

War es bloß Zufall, Schicksal oder Veranlagung?

Konnte man das Tier frei wählen, wenn man es sich nur stark genug wünschte?
 

Peter wusste es nicht und nun brachte es ihm auch nichts mehr darüber nachzudenken.

Er gab sich seinem Schicksal hin und verwandelte sich in eine braune Ratte, froh darüber es überhaupt geschafft zu haben ein Animagus zu werden.
 

Die Ratte stieg auf James vorderen rechten Huf und kletterte an seinem Bein hinauf zu seinem Rücken und machte es sich in seinem Fell zwischen den Ohren bequem.

Er schlängelte seinen Rattenschwanz um ein Stück von James Geweih als wolle er sich an ihm festhalten.

Daraufhin bewegte sich der große braune Hirsch und stieß mit seinem Geweih ein paar Äste zur Seite, damit er sich wieder in den Dickicht des verbotenen Waldes schleichen konnte. Und kurz darauf verschwand die Gestalt des anmutigen Hirsches in der Dunkelheit.

ZAG's

19.Akt: ZAG's
 


 

„Humans act so strange.“

„What do you mean?“

„Everything you create is used to destroy.“

„Yeah. We call it human nature.“

(The Fifth element)
 


 

Albus Dumbledore saß in seinem kreisrundem Büro und starrte abwesend in seine Teetasse, welche er in seiner rechten Hand hielt. Er schien in Gedanken versunken.
 

Auf seinem dunklen Mahagoni Schreibtisch lag der Tagesprophet aufgeschlagen, die wohl größte und bedeutendste Tageszeitung in der Magischen Welt. Diese gilt als Standardquelle für alle Nachrichten und Neuigkeiten, die die Zaubererwelt bewegen.

In den letzten zwei Jahren hatte der Tagesprophet viel Belangloses berichtet, als würde er alles andere ignorieren, was außerhalb gewöhnlicher Ereignisse und kleinerer Verbrechen lag.

Es wurde nie viel Wirbel um die derzeitige Politik gemacht oder auch nur ein größeres Verbrechen als ein Einbruch in der Winkelgasse geschildert.
 

Doch seit einigen Monaten hatte sich dies schlagartig geändert. Der Tagesprophet hatte einen neuen Redakteur wie man an einigen Signaturen unter den Artikeln erkennen konnte. Nun mehr wurden auch die außergewöhnlicheren und kuriosen Dinge immer interessanter. Auch wenn diese nicht als Schlagzeile auf dem Titelblatt erschienen, so wurde doch von einigen bekannten Vorfällen berichtet, in dem ein Mann, welcher sich selbst als Lord bezeichnet und seine Gefolgschaft, welche sich Todesser nennen beteiligt waren.
 

Ohne Frage wusste ohnehin jedes Mitglied der magischen Welt über diesen Mann und sein Vorhaben Bescheid. Er machte auch nicht Zusehens ein Geheimnis daraus.

Lord Voldemort, ein außerordentlich mächtiger schwarzer Magier, welcher andersdenkende Zauberer hasst., die nicht seiner Ideologie entsprechen.
 

Noch vor einigen Jahren war dieser Mann ein Witz für das Zaubereiministerium gewesen.

Was sollte ein einzelner Muggelhassender Zauberer schon bewirken können?

Es gab nun mal einige Reinblüter, die anders dachten, aber was sollte das Zaubereiministerium schon unternehmen?
 

Niemand ahnte zu diesem Zeitpunkt, dass dieser Mann, der am Anfang ganz alleine war eine Welle des Hasses und der Vernichtung auslösen würde, an der sich ein Großteil der Hexen und Zauberer der britisch-magischen Gesellschaft beteiligen würden.

Niemand ahnte mit welch überzeugender Rhetorik dieser Mann selbst jene Wesen, welche von der Gesellschaft schon lange geächtet und ausgegrenzt wurden, auf seine Seite ziehen würde, um an dieser zu kämpfen. In einem Kampf um Macht.
 

Dumbledores hellblaue Augen wirkten müde während er durch die Halbmondgläser seiner Brille den Artikel im Tagespropheten musterte, welchen er zuvor gelesen hatte.
 

Plötzlich wurde die Tür zu seinem Büro aufgeschwungen und Professor McGonagall hastete in ihrem hellblauen Morgenmantel herein. Auch sie hielt eine Ausgabe des Tagespropheten in der Hand.

Streng musterte sie Albus Dumbledores abwesenden Blick, welcher sie scheinbar nicht zu bemerken schien. Ihr Blick wanderte zu seinem Schreibtisch und sie erkannte, dass auch er bereits die frühe Sonderausgabe des morgendlichen Tagespropheten aufgeschlagen hatte.
 

»Du hast es also schon gelesen Albus«, sprach McGonagall den Schulleiter an und ging ein paar Schritte auf seinen Schreibtisch zu.

»Das mit den Smiths ist wirklich eine schlimme Sache«, erwiderte er leise.

»Haben Sie schon eine Eule geschickt?«

»Das Haus wurde komplett ausgebrannt! Niemand hat überlebt.«
 

Dumbledore deutete mit der linken Hand an sein Bürofenster, auf dessen Fenstersims eine dunkelbraune Eule saß und ein paar Körner aus einer Schale pickte.
 

»Die Eule erreichte mich vor einer halben Stunde. Moody muss sie direkt abgeschickt haben, nachdem er am Tatort angelangt war.«
 

»Es verschwinden schon seit Monaten immer mal wieder Menschen oder es gab sogenannte Unfälle, bei denen Muggelgeborene gestorben sind, aber das setzt dem ganzen nun die Krone auf. Die ganze Familie eines Angestellten des Zaubereiministerium für Muggelrechte niedergebrannt von Todessern. Inklusive dem dunklen Mal über dem Haus. Das kann nicht mal das Zaubereiministerium länger ignorieren!«
 

McGonagall redete sich in Rage und fuchtelte wild mit dem Armen in der Luft.
 

»Das Zaubereiministerium ignoriert diese Vorfälle nicht, Minerva. Mad-Eye hält mich auf dem Laufenden.«

»Warum wird nichts davon Publik gemacht? Hält man es nicht für nötig das Volk über die neusten Aktivitäten zu informieren?«

»Sie haben Angst um ihre Familien, darum berichtet der Tagesprophet nichts. Die Aurorenabteilung arbeitet seit Monaten auf Hochturen, um etwas gegen Voldemort zu unternehmen. Doch dies ist bei weitem kein einfaches Unterfangen. Er hält sich verdeckt im Untergrund, tritt nur selten selbst in Erscheinung und lässt andere sich für ihn opfern oder die Schuld auf sich nehmen.«
 

»Du durchschaust ihn vermutlich mal wieder, nicht wahr?«

»Ich nehme an, er glaubt er sei noch nicht stark genug.«
 

»Den Großteil der reinblütigen Zauberergesellschaft hat er bereits auf seine Seite gezogen, auch wenn einige Familien, dies sehr gut zu verschleiern wissen«, erwiderte McGonagall schroff.

»Das wird nicht ausreichen. Ich denke nicht, dass er vor hat gleichwertig zu kämpfen, Minerva. Er will um jeden Preis gewinnen, denn er hasst es zu verlieren.«

»Was meinst du damit Albus? Wen sollte er noch auf seine Seite ziehen?«

»Das Minerva gilt es herauszufinden.«
 


 

***
 


 

Es war der Tag der ZAG Prüfungen. Alle Schüler fieberten sehnlichst dem Ende dieses Tages entgegen. Denn dann hatte das Lernen endlich ein Ende. In den letzten Wochen verbrachten nahezu alle Schüler die sonnigen Frühsommertage in der Bibliothek oder sie trafen sich in Lerngruppen, um einige Zauber noch einmal zu üben. Die Lehrer überhäuften ihre Schüler mit Wiederholungsaufgaben, bis auch das letzte Schuljahr ordentlich wiederholt wurde.
 

Severus Snape saß am Slytherintisch und stocherte lustlos in seinem Rührei herum, während seine Nase so dicht in seinem Buch für Verteidigung gegen die dunklen Künste steckte, dass seine Haare wie ein schwarzer Vorhang die halbe Seite verdeckten.
 

»Na noch am lernen Streber?«, höhnte Mulciber, während er sich mit Avery neben Severus auf die Bank fallen ließ.
 

Severus warf ihm einen ungehaltenen Seitenblick zu, während Mulciber die Schüssel mit dem Rührei und Speck nahm und sich eine ordentliche Portion auf seinen Teller lud. Als er Severus Blick bemerkte, verdrehte er die Augen.
 

»War nicht so gemeint, wir packen die Prüfungen heute schon«, erwiderte er im neutralen Tonfall.
 

Im gleichen Moment ertönte das Gurren mehrerer Eulen, welche zeitgleich durch die offenen Fenster in die große Halle flogen.
 

»Ah die Post ist da!«, stellte Avery überflüssigerweise fest während Mulciber seinen Tagespropheten auffing, welchen eine weiße Schleiereule über ihm abwarf.
 

Er breitete genüsslich die Zeitung aus, wobei seine Augen direkt die Schlagzeile überflogen.
 

»Ha, endlich tut sich mal wieder was!«, rief er laut aus, was ihm die Aufmerksamkeit von Severus, Avery und einigen anderen Slytherins, welche um ihn herum saßen einbrachte.
 

»Die Smiths wurden ausgebrannt. Wie kann man auch als Reinblüter für den Muggelschutz arbeiten und sich auch noch für deren Rechte einsetzten«, höhnte Mulciber, was ihm ein dümmliches Lachen von Avery einbrachte.
 

Severus zuckte nur unbeteiligt mit den Schultern während er von der Seite ebenfalls den Artikel überflog.
 

»Sev!«, wurde eben dieser plötzlich von der Seite angesprochen.
 

Severus Kopf schnellte sofort zu dem rothaarigen Mädchen, welches wie aus dem nichts neben ihm aufgetaucht war.
 

»Sev, wollen wir später nochmal Verwandlung zusammen durchgehen?«, fragte diese ihn freundlich, während sie ihre Schultasche umklammert hielt.
 

»Ähm, weisst du ich- ich-«, stotterte Severus, während er in seinem Nacken die eisigen Blicke seiner Freunde spüren konnte.
 

»Das du dich traust uns Reinblüter anzusprechen«, höhnte Avery.

»Wenn ich mir den Tagespropheten so anschaue, würde ich sagen du solltest aufpassen Evans, dass dein hübscher Schlammblüterkopf nicht der Nächste auf der Liste ist«, erwiderte Mulciber mit einem abartigem Grinsen im Gesicht.
 

Lily rümpfte die Nase.
 

»10Punkte Abzug für Slytherin für die Beleidigung einer Vertrauensschülerin!«
 

Mulcibers Grinsen wurde nur anzüglicher und sie spürte wie ihr ein kalter Schauer über den Rücken lief. Sie zog ihren Cardigan dichter zusammen und verließ den Tisch mit einem letzten verächtlichen Blick zu Mulciber.

Severus würdigte sie keines Blickes mehr, da er sie mal wieder nicht verteidigt hatte.

Diese Momente schienen sich seit Anfang des Jahres Zusehens zu häufen. Sie hatte keine Lust mehr auf dieses Spielchen, bei dem sie nur verlieren konnte.
 

Lily schritt auf Nicky, Rosalie und Mary zu, welche am Eingangsportal auf sie gewartet hatten.
 

»Alles klar Lily?«, fragte Mary besorgt, als sie ihren Gesichtsausdruck sah.

>Ja!«, erwiderte sie schroffer, als sie es eigentlich wollte.
 

»Lasst uns VgddK nochmal durchgehen, bevor es gleich losgeht!«, sagte Lily dann und schritt voran zu einer der vielen Bänke, welche in den Gängen vor dem Eichenportal standen.
 

Verstimmt schlug sie ihr Buch auf und widmete sich dem Kapitel über Irrwichte.

Nicky presste die Lippen zusammen, hielt sich jedoch zurück Lily danach zu fragen, was soeben am Slytherintisch passiert war. Vermutlich hatte Severus sie mal wieder enttäuscht, wie so häufig in de letzten Monaten.
 

Nicky schüttelte argwöhnisch ihren Kopf. Damit konnte sie ihre Gedanken jetzt nicht weiter belasten, genauso wenig wie Lily. Sie würden gleich ihre Prüfung in VgddK ablegen und sie musste diese Prüfung bestehen, um im nächsten Jahr nach Beauxbatons gehen zu können. Also schlug sie ihr Buch auf und widmete sich dem Kapitel über Werwölfe noch einmal.
 


 

***
 


 

Peter Pettigrew knabberte nervös an seinen Fingernägeln, während er mit seinen Freunden James, Sirius und Remus die große Halle betrat. Remus klopfte seinem Freund aufmunternd auf die Schulter.
 

»Du schaffst das schon Peter«, sagte James zu seinem Freund.

»Wir haben wochenlang den Stoff wiederholt. Wird schon irgendwie«, versicherte Remus ihm.
 

Die Haustische in der großen Halle waren seit dem Frühstück verschwunden. Stattdessen waren hunderte von kleinen Tischen aufgebaut worden.

Sirius wollte sich gerade neben James setzen, als Professor McGonagall ihm auf die Schulter klopfte.
 

»Sie Mister Black setzen sich mindestens drei Tische hinter Mr. Potter.« Forderte sie ihn in einem Ton auf, der keine Wiederworte duldete.
 

So gab sich Sirius geschlagen und setzte sich ein paar Plätze hinter James genau vor Betty Miller. Sirius schluckte schwer und war froh, dass sie innerhalb der Prüfung nicht reden durften, denn sonst hätte Betty ihm vermutlich mal wieder ein Ohr abgekaut.

Peter saß etwas Rechts von Sirius und Remus wurde halb schräg zu James platziert.

McGonagall hatte jedem von ihnen einen Platz zu gewiesen.
 

James warf Sirius über die Schulter einen Blick zu und verdrehte dabei die Augen.

Als hätte ein James Potter es nötig abzuschreiben. McGonagall übertrieb da manchmal wirklich.

War sie ernsthaft gekommen, um jedem einen Platz zuzuweisen? Sie hatte nicht mal Aufsicht in diesem Fach!

Seufzend packte James seine Schreibutensilien aus und legte sie auf seinen Tisch.
 

Wenig später ertönte Professor Flitwicks Stimme, welche alle Schüler um Ruhe bat. Kurz darauf erschien wie von Zauberhand eine Blanko Rolle Pergament vor jedem Schüler, sowie der erste Prüfungsbogen.
 

»Sie haben 45Minuten Zeit für den ersten Teil der Prüfung«, erläuterte Flitwick noch, während er mit seinem Zauberstab gegen die riesige Sanduhr neben ihm deutete.
 

James wandte den Prüfungsbogen um und ein Grinsen stahl sich über sein Gesicht. Das Thema des ersten Blockes war Animagi.

James ließ seine Schreibfeder in sein Tintenfass gleiten und begann sofort die vor ihm liegende Rolle Pergament zu beschreiben.

Sein Text wurde endlos lang, doch bereits 10 Minuten vor Abgabe des ersten Blockes war er fertig. Er ließ die Feder sinken und streckte seinen Rücken durch während er seinen Blick wie beiläufig durch die Halle wandern ließ.

Die meisten Schüler saßen mit geneigtem Kopf auf ihren Plätzen und schrieben noch auf ihre Rolle Pergament.
 

Er erkannte Severus Snape, dessen Haare soweit auf seinem Pergament lagen, dass sein Kopf wie von einem schwarzen Vorhang verdeckt wurde. Er musste Grinsen, als er an die Fettflecken dachte, die er auf seinem Pergament hinterlassen musste.
 

Sein Blick glitt weiter durch den Raum. Auf dem Platz schräg neben ihm saß Nicky McDougal, seine Quidditchpartnerin im Team. Nicky hatte ihr langes braunes Haar über ihre Schultern geworfen und kratzte sich nachdenklich an der Stirn, als ihr plötzlich die Antwort auf eine Frage einzufallen schien.

James fragte sich, ob seine Hilfe damals in der Bibliothek ihr etwas gebracht hatte und ob sie mit dem Thema nun einfacher zurecht kam?
 

Beim Thema Quidditch erinnerte er sich an den Schnatz, den er beim letzten Quidditchspiel gegen Hufflepuff geklaut hatte. Er riss ein Stück von seiner übrig gebliebenen Pergamentrolle ab und begann einen Kreis darauf zu malen und diesen mit den Feinheiten eines Schnatzes zu verzieren.
 

Er schreckte aus seinen Gedanken hoch, als sein Prüfungsbogen plötzlich auf einen Tisch neben Professor Flitwick zuflog und dieser den letzten Aufgabenblock der heutigen Prüfung verteilte.

James blickte abermals auf seinen Prüfungsbogen und freute sich über das Thema Werwölfe. Es kamen genau die Themen dran, in denen er sich am besten auskannte.
 

„Nennen Sie 5 typische Merkmale eines Werwolfs“.

Remus musste sich besonders über diese Frage freuen, dachte er sich, während er einen kurzen Blick auf Remus' Rücken warf. Wieder kratze James' Feder auf dem Pergament entlang und wieder war er vor Ablauf der Sanduhr fertig.
 

Einige Plätze von ihm entfernt saß Lily Evans, welche ihren vermutlich fertig bearbeiteten Prüfungsbogen in der Hand hielt und sich ihr Geschriebenes nochmals durchzulesen schien.

Ihr rotes Haar hatte sie zu einem Zopf zusammengebunden, vermutlich damit sie ihre Haare beim schreiben nicht störten. James bemerkte zum ersten Mal den Rotton ihrer Lippen, welcher sehr intensiv war.
 

Lily biss sich ab und an mal auf die Lippen und zog ihre Augenbrauen zusammen. Es musste ein Zeichen von Nervosität sein. Vielleicht hatte sie deshalb auch so rote Lippen überlegte James.
 

J.K.R.:

[...“

»Noch 5 Minuten!«, sagte Professor Flitwick.
 

James Potter lehnte sich zurück und fuhr sich durchs Haar. Mit einem kurzen Blick zu Professor Flitwick wandte sich James um und grinste Sirius zu, welcher einige Tische hinter ihm saß.

Sirius reckte zu James gewandt den Daumen hoch und lehnte sich dann lässig auf seinem Stuhl zurück. So bemerkte er nicht die hoffnungsvollen Blicke von Betty Miller, welche hinter ihm saß.
 

James Potter legte seinen Prüfungsbogen beiseite und malte weiter auf seinem Schmierzettel herum, auf welchem er immer herummalte wenn er mit einem Aufgabenblock schneller fertig war, als es die Zeitvorgabe zuließ.

Mittlerweile war ein Schnatz darauf zu sehen, welcher seine Flügel ausgebreitet hatte. Er verzierte gerade den Innenraum des Schnatzes mit einem L als Professor Flitwicks Stimme ertönte.
 

»Federn weglegen, bitte!«
 

Mit einem Accio-Zauber flogen alle Pergamente eingerollt auf den kleinen Professor zu. Er wurde von den vielen Pergamentrollen regelrecht von den Füßen gehauen.
 

James musste wie einige andere Schüler lachen. Die Schüler aus der ersten Reihe kamen ihm jedoch zur Hilfe und richteten den kleinen Professor wieder auf die Beine, während James mit einer Hand schnell seine Zeichnung ein paar Mal durchstrich und sie in seiner Tasche verschwinden ließ.
 

»Hat dir Frage 10 gefallen Moony?«, fragte Sirius, als die vier Freunde die Eingangshalle betraten.

»Nennen Sie 5 typische Merkmale eines Werwolfs. Klasse Frage.«
 

Peter knabberte an seinen Fingernägeln, bevor er gestand, dass ihm tatsächlich nicht alle Merkmale eingefallen sind.
 

»Du bist so doof Wormy! Da rennst du einmal im Monat mit einem Werwolf rum...«, sagte James ungeduldig.

»Schrei nicht so!«, befahl Remus, als die vier Freunde gerade das Außengelände betraten.
 

Sie ließen sich im Schatten einer großen Eiche in der Nähe des Sees nieder.

Remus war sogleich in sein Verwandlungsbuch vertieft, immerhin stand diese Prüfung heute Nachmittag noch an.
 

James griff in seine Tasche und holte den kleinen goldenen Schnatz hervor, welcher schon eine Weile in seiner Tasche lag.
 

»Wo hast du denn her?«, fragte Sirius skeptisch.

»Geklaut«, sagte James lässig und fing an mit dem Schnatz zu spielen.
 

…]

(leicht abgeändert aus: J.K.R.: Harry Potter und der Orden des Phönix)
 

Peter setzte sich sogleich neben James und schaute ihm mit vor Bewunderung funkelnden Augen dabei zu, wie er den Schnatz losließ, um ihn kurz darauf wieder einzufangen. Er fieberte jedes Mal ordentlich mit wenn der Schnatz kurz davor war zu entkommen. James gefiel es diese Art von Publikum zu haben. Doch Sirius verdrehte nur die Augen und ließ sich ins Gras fallen.
 

James hingegen ließ beinahe beiläufig seinen Blick über das Gelände schweifen und hielt immer wieder bei einer Gruppe von vier Mädchen an, welche am Steg des schwarzen See's saßen, ihre Schuhe auszogen und ihre Füße ins Wasser tauchten. Doch keine von ihnen wandte sich zu ihm um, noch bemerkte eine James Blickte.
 

»Ich fand die Fragen ziemlich in Ordnung«, sagte Nicky McDougal, während sie ihre Füße vom Holzsteg runter baumeln lies.

»Fand ich auch. Es muss einfach ein Ohnegleichen werden«, sagte Lily Evans, während sie ihren Pferdeschwanz löste und ihr rotes lockiges Haar über ihre Schultern fallen ließ.

»Ich bin froh wenn wir Verwandlung später hinter uns haben«, seufzte Mary McDonald.
 

Sie hasste dieses Fach. Sogar noch mehr als Geschichte der Zauberei, was so ziemlich jeder andere Schüler auf der ganzen Schule nicht ausstehen konnte.
 

»Heute ist unser letzter Prüfungstag und ich finde wir sollten das heute Abend feiern und einen Mädelsabend machen«, schlug Rosalie Pond vor, während sie damit begann ihr blondes Haar zu flechten.
 

»Gute Idee. Das haben wir schon lange nicht mehr gemacht!«, bestätigte Nicky, als die Mädchen plötzlich lautes Gejohle vernahmen.
 

Viele Schüler waren aufgestanden und hatten sich einige Meter entfernt zusammengestellt. Einige klatschten in die Hände, andere lachten und wieder andere warfen skeptische Blicke in die Runde.
 

Lily blinzelte gegen das Sonnenlicht an und erkannte Severus Snape, welcher kopfüber in der Luft baumelte. Sie schlug die Hand vor den Mund und stieß einen erstickten Schrei aus.
 

»Severus!«, rief sie aufgebracht.
 

Lily war aufgesprungen und zum Ort des Geschehens herüber gelaufen.

Sie erkannte James Potter und Sirius Black, welche Severus mit ihren Zauberstäben in Schach hielten.
 

Rosa Seifenblasen quollen aus Severus Snapes Mund, Schaum bedeckte seine Kehle und würgte ihn. Und alle standen sie um ihn herum und beobachteten das Schauspiel, doch niemand tat etwas um seiner Qual ein Ende zu bereiten.

Lily stießen Tränen in die Augen als sie wutentbrannt auf die drei zu hastete.
 

J.K.R.:

[„...
 

»Lasst ihn IN RUHE!«, schrie sie Lily.
 

Als James und Sirius sich umwandten schnellte James Potters Hand sofort in sein Haar.
 

»Alles klar Evans?«, fragte er lässig.

»Lasst ihn IN RUHE!«, wiederholte sie ungeduldig. »Er hat euch nichts getan.«

»Es ist mehr die Tatsache, dass er existiert«, sagte James nachdenklich, was ihm einige Lacher der umstehenden Menge einbrachte.
 

»Du glaubst du wärst lustig! Aber du bist nichts weiter als ein arroganter Mistkerl, Potter!«, erwiderte Lily kalt.

»Lasst ihn runter, sofort!«, forderte sie ihn auf.
 

»Wenn du mit mir ausgehst, Evans«, sagte James mit einem arroganten Lächeln im Gesicht.

»Geh mit mir aus und ich richte nie wieder den Zauberstab auf Schniefelus.«
 

»Mit dir würde ich nicht mal ausgehen, wenn ich die Wahl zwischen dir und dem Riesenkraken im See hätte«, erwiderte Lily kühl.
 

»Na so ein Pech, Prongs«, rief ein lachender Sirius dazwischen.
 

So bemerkte er nicht, dass Snape zu seinem Zauberstab gehechtet war.

Ein Lichtblitz traf James Wange auf der sich sofort eine klaffende Wunde bildete.

James wirbelte herum. Mit einem Schwenk seines Zauberstabes beförderte er Snape wieder in die Luft. Der Umhang rutschte ihm über den Kopf und man konnte eine angegraute Boxershorts darunter erkennen.

Die Umstehenden begannen wieder zu lachen und zu johlen.
 

Lily wurde immer wütender als sie James Potter noch einmal aufforderte ihn runter zu lassen.

James ließ Severus auf dem Boden fallen, doch als dieser wieder zu seinem Zauberstab hechtete hexte James ihm eine Ganzkörperklammer auf den Hals.

Lily hatte nun auch ihren Zauberstab gezückt, welchen James mit argwöhnischem Blick begutachtete.
 

»Zwing mich nicht dich zu verhexen Evans«, sagte James ernst.

»Dann nimm den Fluch von ihm!«
 

James seufzte, murmelte jedoch den Gegenfluch.
 

»Du hast Glück, dass Evans hier ist Schniefelus«, zischte er ihm zu, als Severus dass tat, was er noch viele, viele Jahre bitterlich bereuen würde.
 

»Ich brauche keine Hilfe von dreckigen kleinen Schlammblüterinnen wie der!«
 

Lily blinzelte, verzog jedoch keine Miene.
 

»Schön. In Zukunft ist es mir dann egal. Und an deiner Stelle Schniefelus, würde ich mir mal die Unterhose waschen.«
 

»Entschuldige dich bei Evans!«, brüllte James und richtete drohend den Zauberstab auf Snape.
 

»Ich will nicht, dass DU ihn zwingst sich zu entschuldigen. Du bist nicht besser als er.«

»Was? Ich würde dich nie so nennen«, fuhr er sie aufgebracht an.
 

»Zerwuschelst dein Haar, weil du glaubst es wirkt cool bei den Mädchen, wenn es so aussieht, als wärst du gerade vom Besen gestiegen, gibst mit diesem blöden Schnatz an, stolzierst durch die Korridore als wärst du der König der Schule und verhext jeden, der dich nervt, nur weil du es eben kannst. Du bist ein Arsch Potter.«
 

Daraufhin machte Lily auf dem Absatz kehrt und eilte davon.
 

»Was ist denn mit der los?«, hörte sie James noch fragen.
 

Er versuchte es wie eine beiläufige Frage aussehen zu lassen, die ihn eigentlich gar nicht interessierte.
 

»Wenn wir vom offensichtlichsten Fall ausgehen, würde ich sagen, sie hält dich für einen arroganten Mistkerl«, sagte Sirius.
 

»Schön«, schrie James ihr wütend hinterher, bevor er sich umwand, um wieder den Zauberstab auf Snape zu richten, welcher sofort zurück in die Luft schnellte.
 

»Wer will sehen, wie ich Schniefelus die Unterhose ausziehe?«
 

...“]

(J.K.R.: Harry Potter und der Orden des Phönix)
 


 

Doch Lily erfuhr nicht mehr, ob James Potter Severus Snape wirklich die Unterhose auszog.

Sie hatte das Schloss betreten und kämpfte gegen die Tränen in ihren Augen an. Sie wollte sich vor ihren Mitschülern keine Blöße geben, als sie plötzlich von hinten umarmt wurde. Ihre beste Freundin Nicky McDougal hatte ihre Arme um sie geschlungen.
 

»Hör bloß nicht auf das, was Snape zu dir gesagt hat. Ich bin ein Reinblüter und du bist in den meisten Fächern besser als ich. Der Blutstatus hat überhaupt nichts über deinen Charakter und deine Talente auszusagen. Lass dir das bloß nicht einreden. Du bist eine liebenswerte und äußerst talentierte muggelstämmige Hexe. Verstanden?«
 

Lily schenkte ihr ein gequältes Lächeln, bevor ihr doch eine winzige Träne entwischte, welche über ihre Wange lief.

Nicky wischte sie mit ihrem Ärmel weg und blickte Lily fragend in die mandelförmigen grünen Augen.
 

»Ich weiß«, Sagte Lily leise. »Es ist nur... ich dachte... er wäre... anders.«
 

» Ich weiß, dass er in den ersten Jahren noch anders war, aber der Einfluss der ganzen anderen aus seinem Haus machen früher oder später aus jedem so einen Blutsverachteten Mistkerl. Slytherin bleibt eben Slytherin.«
 

Nicky strich ihr sanft durchs Haar, während sie ihre Freundin musterte. Lily nahm sich alles immer viel zu sehr zu Herzen. Dann zog sie ihre Freundin am Handgelenk in die große Halle.
 

»Wir werden jetzt erst mal ganz viel Kalorien in uns aufnehmen, dann geht’s dir gleich besser. Immerhin steht noch eine Prüfung in Verwandlung heute an.«
 

Lily dachte während des Essens noch eine ganze Weile darüber nach, was heute passiert war. Doch traute sie sich nicht, einen einzigen Blick zum Slytherintisch herüber zu werfen.
 

Nachdem sie den dritten Vanillepudding zu Ende gegessen hatte, beschloss Lily, dass Nicky recht hatte.
 

Als die Rumtreiber die große Halle betraten stieß sie Nicky an, welche daraufhin Sirius Black böse an funkelte, als dieser und James gerade zu ihnen herüberschauten. Sie zog ihre Freundin am Arm und behauptete Mary und Rosalie gegenüber, dass sie sich nochmal die Notizen zu Verwandlung anschauen wollten, was sie zu Nickys Missgunst sogar leider auch tatsächlich taten.
 

Nach dem Mittagessen wurden die großen Haustische wieder entfernt und wichen den unzähligen kleinen Tischen, an welchen sie diesmal ihre ZAG Prüfung in Verwandlung schrieben.
 

Lily hatte das Thema Severus erfolgreich verdrängt, als sie ihren Prüfungsbogen umdrehte.
 

Hoch konzentriert las sie sich die Prüfungsfragen durch und schenkte Nicky, welche neben ihr saß ein kurzes Lächeln, da einiges dran kam, was sie sich zuvor noch angeschaut hatten.
 

Wieder war einzig das Kratzen der Federn auf dem Pergament zu hören, als die Uhr endlich auf drei Uhr umschlug und Professor McGonagal die Pergamente einsammelte.
 

Sich streckend und gähnend verließen Nicky und Lily die große Halle und setzten sich auf das Gras in der Nähe des großen Eichenportals. Nicky hatte sich mit geschlossenen Augen ins Gras zurück geworfen und war beinahe eingeschlafen, während Lily gedankenversunken mit ihrem Zauberstab herumspielte.
 

So bemerkten die beiden nicht wie sich ihnen von hinten zwei Gestalten näherten, bis Lily plötzlich der Zauberstab aus der Hand genommen wurde. Als sie sich umwandte sah sie in die haselnussbraunen Augen von James Potter, welcher einen Moment ihren Zauberstab begutachtete. Wütend sprang sie auf und stellte sich ihm entgegen.
 

»Gib mir sofort meinen Zauberstab«, forderte Lily ihn wütend auf und sie erkannte wie der Schalk in seinen Augen glitzerte.
 

Nicky schreckte hoch, als sie Lily aufschreien hörte. James hatte sie über seine Schulter geworfen und Lily versuchte sich aus seinem Griff zu befreien. Als Nicky sich aufrichten wollte wurde sie jedoch von Sirius Black an den Armen festgehalten, welcher sie mit sanfter Gewalt zurück ins Gras drückte.
 

»Lass mich sofort runter!«, schrie die rothaarige, während sie mit den Fäusten gegen James Potters Rücken schlug und versuchte sich mit den Beinen frei zu strampeln.
 

Doch James hatte sie fest im Griff. Er besaß doch tatsächlich die Dreistigkeit Lily Evans Zauberstab ins Gras zu werfen und sie über seine Schulter zu stemmen.
 

Neugierige Schüler, welche an diesem heißen Sommertag im Schatten der Bäume saßen, lugten von allen Seiten hervor, damit sie auch kein Detail der neusten Auseinandersetzung zwischen James Potter und Lily Evans verpassten.

James lächelte sein schiefes Grinsen, als er sein Publikum bemerkte und schritt zielstrebig weiter vor in Richtung des schwarzen Sees. Er betrat gerade den Holzsteg, als Lily erneut gegen seinen Rücken schlug und verzweifelt an seinem Hemd zog.
 

»Evans, wenn du mich nackt sehen willst, gebe ich die gerne mehr als nur eine Kostprobe in meinem Schlafsaal«, sagte James so beiläufig wie möglich.
 

Lily war froh, dass er nicht sah wie ihr die Röte in die blassen Wangen schoss. Jedoch ließ sie sein Hemd sofort los und hämmerte mit den Fäusten noch einmal gegen seinen Rücken.
 

»Lass mich endlich runter du Mistkerl!«, fuhr sie ihn erneut an.
 

Doch diesmal ignorierte er ihr Gezeter nicht und blieb am Ende des Holzstegs stehen.
 

»Mit dem größten Vergnügen Miss Evans«, antwortete er dann und warf sie mit voller Wucht in den See.
 

Lily schrie auf, als sie mit dem Rücken in das kalte Wasser des Sees abtauchte. Ihr Körper war nicht mehr zu sehen und Blubberbläschen tauchten an der Oberfläche des Sees auf. Es dauerte einen Moment, doch dann schnellte ihr Kopf nach Atem ringend aus dem Wasser.

Ihre roten Haare klebten ihr im Gesicht. Wütend funkelte sie James Potter an, welcher immer noch auf dem Holzsteg stand und ihr ein kühles und zugleich arrogantes Lächeln schenkte.
 

»Du wolltest doch lieber mit dem Kraken im See ausgehen als mit mir Evans. Ich dachte, ich bin so frei und helfe dir ihn näher kennen zu lernen«, spottete er.
 

Lilys Kopf wurde puterrot, sie schien kurz vorm explodieren, doch James störte das nicht. Er wandte sich lachend um und verließ den Steg ohne ein weiteres Wort mit ihr zu wechseln.
 

Nicky McDougal lief an ihm vorbei, doch nicht ohne ihm beim vorbei rennen wütend in die Seite zu boxen.
 

»Lily ist alles in Ordnung?«, hörte James Nicky außer Atem fragen, während sie ihrer Freundin aus dem See heraus half.
 

Sirius, welcher einige Meter entfernt stand hielt sich mit einer Hand an einem Baum fest, so heftig musste er lachen.
 

»Klasse Prongs. Der hast du es gezeigt«, feixte Sirius.

»Hättest du McDougal nicht noch ein wenig länger in Schach halten können?«, beschwerte sich James und rieb sich an der Seite, an der Nicky ihn geschlagen hatte.
 

Sirius hob seine Hände in Unschuld.
 

»Tut mir Leid, Prongs. Ich hab alles versucht, aber sie ist mir einfach entwischt«, grinste er mit wackelnden Augenbrauen.
 

Lily Evans war zum zweiten Mal an diesem Tag den Tränen nahe, doch würde sie dies keineswegs vor James Potter zur Schau stellen. Mit zusammengepressten Lippen und gesenktem Kopf stolzierte sie vollkommen durchnässt an James Potter vorbei, welcher immer noch sein arrogantes Grinsen im Gesicht trug.
 

Die Blicke der anderen Schüler durchbohrten sie förmlich.
 

Als Lily und Nicky das Foyer betraten begegneten sie Remus Lupin, welcher ihnen entgegen kam. Er starrte Lily unwirsch an, doch sie würdigte ihn keines Blickes.
 

Nicky nuschelte ihm ein »Potter« zu, während sie Lily hinterher eilte.
 

Remus Lupin ging direkt auf James und Sirius zu, welcher immer noch lachte und warf James einen enttäuschten Blick zu.
 

»Du bist zu weit gegangen James«, sagte er tadelnd.

»Sie hat es verdient«, erwiderte Sirius herablassend. »Sie hat ihm vor der halben Schule ne Abfuhr verpasst.«
 

»Was ihr gutes Recht war! Vor allem wenn man bedenkt mit welcher Dreistigkeit du sie gefragt hast«, fuhr Remus James an.
 

James versuchte ein Gesicht aufzusetzen, als würde ihn diese Information nicht interessieren, während Sirius nur die Augen verdrehte und weiter lachte.

Remus hingegen musterte James Miene und fragte sich, ob hinter der emotionslosen Maske in seinem Gesicht ein klein wenig Reue zu erkennen war.
 


 

***
 


 

In ihrem Schlafsaal angekommen, sprang Lily erst mal direkt unter die Dusche. Sie ließ das heiße Wasser ihren Körper überströmen, während sie mit geschlossenen Augen ihr Gesicht dem Duschkopf entgegen neigte.

Erst nach einer halben Stunde verließ sie, in ihrem Bademantel bekleidet das Bad und ließ sich auf ihr weiches Himmelbett fallen.
 

»Er ist so ein Idiot«, sagte sie dann.

»Eigentlich ist er nur ein Idiot wenn du in der Nähe bist Lily!«
 

Lily warf Nicky einen bösen Blick zu. Sie konnte nicht fassen, dass sie nach alldem was heute vorgefallen war immer noch ein klein wenig Rechtfertigung für James Potter übrig hatte.
 

»Weißt du beim Quidditch ist er ganz anders. Sehr teamfähig und sozial. Letztens hat er mir sogar ein wenig bei meinem Verwandlungsaufsatz geholfen.«
 

»Bestimmt nicht ohne eine Gegenleistung«, murmelte Lily, während sie daran dachte unter welcher Dreistigkeit er sie heute nach einer Verabredung gefragt hatte, nur um sie vor der halben Schule zu denunzieren.
 

»Nein Lily, er hat es einfach so getan, weil er nett sein wollte und eigentlich ein kluger Kerl ist, hat ja fast nur Ohnegleichen auf seinem letzten Zeugnis gehabt«, fügte sie dem noch hinzu.
 

Lily seufzte schwer.
 

»Können wir nicht einfach über was anderes sprechen?«, flehte sie ihre Freundin regelrecht an.

»Klar.«
 

Einige Stunden später kam auch Rosalie Pond und beteiligte sich an der Mädelsrunde und einige weitere Stunden später, die Ausgangssperre hatte schon begonnen, erschien Mary McDonald ebenfalls im Schlafsaal der Mädchen.
 

»Lily«, keuchte sie völlig außer Atem.
 

Mary musste wohl die Treppen hoch gerannt sein.
 

»Du musst unbedingt zum Portraitloch gehen und mit ihm reden. Er hat gedroht, er würde dort übernachten, wenn du nicht rauskommst.«
 

»Wer?«
 

J.K.R.:

[„...
 

»Es tut mir Leid«, wiederholte Severus Snape zum vermutlich vierten Mal in den letzten zehn Minuten.

»Spar dir deine Worte. Das interessiert mich nicht«, sagte Lily kalt.
 

Lily stand in ihrem Morgenrock mit verschränkten Armen vor dem Portrait der fetten Dame am Eingang des Gryffindorturms und tippte nervös mit ihrem Fuß auf dem Boden herum.
 

»Ich wollte dich nie so nennen, es ist einfach...«

»Rasugerutscht?« In Lilys Stimme lag kein Mitleid. »Es ist zu spät Sev. Ich entschuldige mich für dich bereits sein Jahren. Niemand versteht wieso ich überhaupt so lange mit dir befreundet war. Du und deine Todesserfreunde...«
 

Sie machte eine Pause.
 

»Du streitest es nicht einmal ab, dass ihr alle das gerne wärt!«
 

Severus öffnete den Mund und schloss ihn wieder ohne etwas gesagt zu haben.
 

»Du hast deinen Weg gewählt Sev und ich den meinen.«
 

»Nein, bitte Lily hör zu, ich wollte dich nicht...«
 

»... Schlammblut nennen? Du nennst jeden so, der meine Herkunft hat! Warum sollte es bei mir anders sein?«
 

Er kämpfte mit Worten, welche ihm nicht über die Lippen kamen. Doch Lily wandte sich mit einem verächtlichen Blick ab und kletterte zurück durch das Portraitloch.

...“]
 

(J.K.R.:Harry Potter und die Heiligtümer des Todes)
 


 

Als das Portrait sich schloss und sie nur noch wenige Zentimeter trennten flüsterte Severus so leise, dass es nicht mal die fette Dame mitbekam.
 

»Weil ich dich liebe. Darum ist es anders.«
 

Eine stumme Träne lief aus seinem rechten Auge, während er in der vollkommenen Dunkelheit immer noch den Punkt fixierte, an dem Lily Evans wenige Sekunden zuvor gestanden hatte.
 

Severus Snape wusste, dass dies für lange Zeit das letzte Mal gewesen war, dass Lily Evans mit ihm sprach.

Er fühlte eine Leere in sich, als wäre ihm etwas genommen worden, von dem er nicht einmal wusste, dass er es überhaupt besaß.

In der Winkelgasse

20. Akt: In der Winkelgasse
 

„Du wirst immer mein Bruder sein!“

- Dom Toretto

(Fast & Furious 7)


 


 

Im südwestlichen Teil von England befindet sich ein winziger Ort mit dem Namen Godrics Hollow. Dieses kleine Dorf existierte bereits seit Hunderten von Jahren. Die Bewohner dieses Dorfes waren eine ausgewogene Mischung aus Muggeln, Zauberern und anderen Wesen der magischen Welt.

Godric Gryffindor, einer der vier Gründer von Hogwarts, lebte vor über 1000 Jahren in diesem Dorf und hat ihm vermutlich auch seinen Namen gegeben.

Seither wurde Godrics Hollow zunehmend auch von Hexen und Zauberern bevölkert.

Albus Dumbledore selbst habe sogar in seinen Jugendjahren hier gelebt.
 

Es war ein wirklich friedliches und ruhiges Stück Erde auf dieser Welt und bisher hatte sich noch kein Todesser in diese Gegend verirrt.
 

Der zunehmende Mond schien hell in dieser Nacht und der dunkle Asphalt roch noch nach dem Regen, welcher den ganzen Tag über das Dorf hereingebrochen war.

Nicht eine Menschenseele befand sich noch auf den Straßen. Es herrschte eine düstere Stille in Godrics Hollow.
 

Ein Plopp unterbrach die idyllische Stille und wie durch Zauberhand erschien ein junger Mann auf der Straße. Er taumelte benommen vor sich her und schien sich zunächst orientierungslos um sich selbst zu drehen.

Der junge Mann, dessen lange schwarzen Haare ihm ins Gesicht fielen, klammerte sich an eine Straßenlaterne. Schweißperlen rannen über seine Stirn und Blut tropfte auf den nassen Asphalt und vermischte sich mit dem Regenwasser, welches immer noch die Straßen überzog.

Sein Herz raste und sein Puls schien auf dem Höchstlimit zu pulsieren. Der junge Mann sog heftig Luft ein und aus als hätte er bereits seit einer Weile keinen Sauerstoff mehr bekommen. Seine dreckigen Finger umklammerten die Straßenlaterne heftiger und er lehnte seinen Kopf gegen sie, um nicht umzufallen.

Es fühlte sich an als hätte er mindestens 3 Flaschen Feuerwhiskey getrunken. Vor seinen Augen verschwamm alles in weißem Nebel und er schloss so heftig seine Augenlider, dass er Kopfschmerzen bekam.
 

Er musste sich konzentrieren, er dufte jetzt nicht ohnmächtig werden. Es hatte ihm seine ganze Kraft gekostet hierher zu apparieren und das durfte nicht umsonst gewesen sein.

Vorsichtig öffnete er seine Augen und versuchte die Straße entlang zu blicken. Er konnte sein Ziel nicht weit verfehlt haben, immerhin war er in den Sommerferien schon einige Male hier gewesen.

Sein Blick glitt zum Ende der Straße, wo schon lange keine Häuser mehr standen. Doch ganz am Ende erkannte er es, das alte kleine Herrenhaus, in dem er bereits im vergangenem Sommer für ein paar Tage gelebt hatte.

Er versuchte sich aufrecht hinzustellen und sich darauf zu konzentrieren nicht umzufallen.

Es war nicht weit, vielleicht waren es 100Meter.

Langsam schleppte er sich vorwärts, hielt jedoch ein paar Mal an, um sich an einem Zaun, einem Baum oder an etwas anderweitigem festzuhalten.
 

Doch nach wenigen Minuten hatte er es geschafft, das kleine Anwesen zu erreichen. Er klammerte sich an das Gartentor und lächelte dankbar dafür, dass sein Körper ihn noch hier her geschleppt hatte.
 

Leise knatternd öffnete er das Tor und betrat das Grundstück.

Er beschleunigte seine Schritte, die Tür war beinahe direkt vor ihm, doch dann wurde plötzlich alles schwarz um ihn herum und er gab sich der Ohnmacht hin und alles versank in vollkommener Dunkelheit.
 


 

***
 


 

Erschrocken fuhr die Rothhaarige vom Fenster zurück, als sie glaubte eine Gestalt in ihrem Vorgarten zu sehen. Doch es war nur die Katze des Nachbarn, welche auf der Gartenmauer saß und deren Augen im Mondlicht gespenstisch funkelten.
 

Lily Evans saß in ihrem Morgenrock auf der Fensterbank ihres Zimmers und wollte gerade ein Stück Pergament an den Fuß der schneeweißen Schleiereule binden, welche es sich auf ihrem Fenstersims gemütlich gemacht hatte.

Lily hatte ihren Brief an Nicky vor wenigen Minuten beendet und beauftrage die Eule ihn zu ihr nach Frankreich rüber zu fliegen.
 

Als die Schleiereule ihre Flügel ausbreitete und in die Nacht hinaus flog, starrte Lily ihr noch eine Weile verträumt hinterher. Sie seufzte theatralisch und schwang sich von der Fensterbank.
 

Nun waren die Sommerferien tatsächlich schon fast wieder vorbei und sie hatte ihre beste Freundin Nicky nicht einmal zu Gesicht bekommen, da diese bereits seit Wochen mit ihren Eltern durch Frankreich reiste, um sich alles Mögliche anzuschauen.
 

Es war ein ziemlich ruhiger und langweiliger Sommer für sie gewesen. Die meiste Zeit hatte sie damit verbracht zu zeichnen. Ihr Zeichenblock war beinahe halbvoll geworden in den letzten Wochen.

Sie hatte auch viel Zeit gehabt. Zeit die sie in den vergangenen Sommern mit Severus verbracht hatte. Zeit, welche sie in ihrer Kindheit mit ihrer Schwester Petunia verbracht hatte.

Lilys Blick verdüsterte sich, als sie daran dachte, dass sie wohl nie wieder sonderlich viel Zeit mit diesen beiden Menschen verbringen würde.

Denn Petunia hasste Lily seit sie nach Hogwarts gegangen ist. Sie hatte seit diesem Zeitpunkt keine freundlichen Worte mehr für Lily übrig gehabt und mied sie wo sie nur konnte.

Und Severus... ihr bester Freund hatte beschlossen auf die dunkle Seite zu wechseln, sich mit schwarzer Magie zu befassen und Muggelstämmige Hexen und Zauberer zu diskriminieren. Er hatte einen Weg gewählt, auf dem sie ihm nicht folgen konnte.

Er hatte sich zwar bei ihr entschuldigt und sie um Vergebung gebeten, doch Lily hatte dies alles abgelehnt und ihn von sich gestoßen.
 

Zu lange schon hatte sie sich immer wieder von Severus beeinflussen lassen, sich von ihm überreden lassen bei ihm zu bleiben. Doch immer wieder musste Lily erkennen, dass all das nur leere Versprechungen waren. Worte, die seine Taten widerlegten und diese Taten konnte und wollte er nicht rückgängig machen.

Nein es würde nie wieder so sein wie früher.
 

Seufzend legte Lily ihren Morgenmantel über den Stuhl neben ihrer Kommode und schüttelte ihr Bettzeug auf, um sich anschließend in ihre warme Bettdecke zu kuscheln. Sie löschte das Licht an ihrem Nachtschrank und warf einen letzten Blick auf ihre Uhr. Es war bereits kurz nach halb zwei.
 

Eine Weile starrte sie im Dunkeln an ihre Zimmerdecke und fragte sich, wie das kommende Schuljahr wohl werden würde. Immerhin gab es keine großen Abschlussprüfungen, das heißt sie konnte ihr Leben in Hogwarts vielleicht mal eine Weile ohne die viele Lernerei genießen.

Doch diesmal würde einiges anders sein. Sie würde nicht mehr mit Severus an ihrem gemeinsamen Lieblingsplatz am See entspannen oder zusammen lernen. Nein, der Bruch mit Severus war endgültig.
 

Auch ihre beste Freundin Nicky würde im nächsten Schuljahr nicht für sie da sein, denn diese würde sich das ganze Schuljahr in Beauxbatons befinden.
 

Lily fühlte sich allein gelassen und zum ersten Mal, seit ihrem ersten Tag in Hogwarts, wusste sie nicht, ob sie sich auf das kommende Schuljahr freuen sollte.

Lily spürte wie sich über den Sommer einiges verändert hatte und vor allem, dass sich in den kommenden zwei Schuljahren einiges ändern würde. Es wehte ein neuer Wind und sie wusste noch nicht, ob er ihr gefiel.
 

Zudem erschienen im Tagespropheten, welchen sie seit der ersten Woche der Sommerferien abonniert hatte immer mehr Überfälle auf Muggel und vor allem Muggelgeborene. Gewalttaten und Tode häuften sich, wie sie es noch nie in ihrem Leben gesehen hatte.

Der dunkle Lord nahm an Fahrt auf, er trat aus der Dunkelheit hervor und begann nun öffentlich zu agieren. Doch niemand schien bisher den roten Faden in seinem Plan herausgefunden zu haben. Seine Angriffe erschienen manchmal wirklich sinnvoll geplant und dann wiederum völlig willkürlich bis gar irrsinnig.

Lily fragte sich, ob dieser Mann so intelligent war, dass es ihm gelang eine ganze Nation von hochrangigen Zauberern an der Nase herum zu führen oder ob er einfach nur wahnsinnig war und es ihm nicht interessierte was er überhaupt tat.

Mit diesen Gedanken fielen ihre Augenlider zu und sie versank in einen tiefen traumlosen Schlaf.
 


 

***
 


 

Mr. Fleamont Potter saß im Anwesen der Potters am Frühstückstisch und rührte Gedankenverloren in seinem Tee.

Mrs. Euphemia Potter hingegen stand am Küchenfenster und warf einen Knut in den Lederbeutel des dunklen Waldkauzes, welcher ihnen jeden morgen den Tagespropheten brachte. Euphemia reichte die Zeitung ihrem Mann und widmete sich wieder dem Rührei, welches in der Pfanne langsam anbrannte. Mit einer hektischen Bewegung zog sie die Pfanne vom Herd und griff nach dem Pfannenwender, um zu versuchen die Überreste des angebrannten Rühreis noch zu retten.
 

Fleamont beobachtete seine Frau eine Weile dabei und musste schmunzeln.

Euphemia war schon immer sehr hartnäckig gewesen, wenn es um die “normalen“ Tätigkeiten einer Hausfrau ging. Seit die beiden sich kannten versuchte sie immer wieder aufs neue ihren Mann von ihren “Muggel-Kochkünsten“ zu überzeugen.

Dabei war ihre Ungeschicklichkeit in Sachen Küche wirklich legendär!

Sie hatte es noch nie geschafft etwas zu Stande zu bringen, was nicht angebrannt oder halb roh war.
 

Dies war wirklich eine skurrile Tatsache, wenn man bedachte, welch eine begnadete Zaubertrankbrauerin seine Frau doch war. Euphemia arbeitete nebenberuflich im St.- Mungo-Hospital für magische Verletzungen und braute die vielen Heiltränke oder bildete neue Heiler darin aus diese zu brauen.

Es war als würde sie versuchen, dass Familiengeschäft der Potters aufrecht zu erhalten. Denn Fleamonts Vater Henry Potter war ebenso wie sein Vater ein begnadeter Meister der Zaubertränke gewesen, unter dessen Namen sogar Heiltränke wie Skele-Wachs erfunden wurden. Fleamont selbst hatte schon in seiner Zeit in Hogwarts nicht viel davon gehalten, ihn reizte mehr der Frontaleinsatz im Leben. Er wollte nie in irgendeinem Büro arbeiten oder in irgendeinem Keller Tränke brauen, ihn reizte das Leben da draußen zu sehr. Aus diesem Grund ist Fleamont Auror geworden und diese Entscheidung hatte er in den letzten 40 Jahren niemals bereut.
 

Fleamont blickte von seiner Zeitung auf, als ein rabenschwarzer Kauz an der Fensterscheibe kratze.
 

»Die Post ist schon da.«, merkte Fleamont skeptisch an, da diese sonst nie so früh kam.

»Was ist daran so ungewöhnlich?«, fragte Euphemia.
 

Mrs. Potter band dem rabenschwarzen Kauz die Briefe vom Fuß ab und blickte auf die beiden Umschläge in ihrer Hand. Der eine Brief war etwas dicker als sonst und mit ihrem Sohn James Potter beschriftet. Es war ein Brief aus Hogwarts. Vermutlich handelte es sich um die Bücherlisten. Der andere Brief war jedoch etwas dünnser, als der ihres Sohnes und kam ebenfalls aus Hogwarts, doch diesmal war der Brief mit dem Namen Sirius Black beschriftet.
 

»Der Brief für Sirius wurde auch an uns geschickt.«

»Ich kann mich nicht daran erinnern, wann Sirius gekommen sein soll.«
 

Mrs. Potter verließ die Küche durchs Esszimmer und betrat den großen Flur.
 

»Jamie!«, rief sie die Treppen hinauf.
 

Einen Moment später kam James in Boxershorts und mit seiner Zahnbürste im Mund zur Treppe gelaufen.
 

»Wahi os Mo?«, nuschelte er mit vollem Mund.
 

Euphemia verdrehte die Augen darüber, dass ihr fast 17 jähriger Sohn immer noch mit vollem Mund sprach.
 

»Ist Sirius bei dir?«

»Nee.«

»Merkwürdig. Die Hogwartseulen sind soeben gekommen mit den Briefen für dich und Sirius.«
 

James nahm nun endlich seine Zahnbürste aus dem Mund und kratze sich nachdenklich am Kopf.
 

»Verflogen?«, fragte James.

»Nein, die Eulen irren sich niemals«, bestand Fleamont.
 

Mr. Potter hatte ein ungutes Gefühl. Ihm schwante nichts gutes. Er konnte sich genau an die Szene von vor einem Jahr erinnern, in dem Sirius völlig verstört vor der Haustür gestanden hatte.
 

»Wenn Sirius Brief hierher geschickt wurde, muss er hier sein«, bestand Fleamont.

»Wir müssen ihn suchen«, befahl er dann.
 

James rannte ins Bad und spuckte die Reste seiner Zahnpasta ins Waschbecken, bevor er sich ein T-shirt überzog.
 

»Euphemia sag den Hauselfen Bescheid und fangt an die oberen Etagen zu durchsuchen. James überprüfe den Keller. Ich werde im Vorgarten und auf der Straße suchen.«
 

Die Potters nickten sich kurz zu und trennten sich dann. James stieg die Kellertreppe hinab und ging den dunklen Flur entlang.
 

»Sirius?«, rief James, doch er bekam keine Antwort.
 

Nach und nach öffnete er die vielen Türen. Wozu brauchte man auch so viele Kellerräume? Die meisten waren mit allerhand alten Sachen und Andenken an vergangene Tage zugestellt, die zwar im Besitz der Familie Potter waren aber nicht mehr benutzt wurden.

James kam an der letzten Tür an. Es war der Raum, den seine Mom lange Zeit als Zaubertränkelabor verwendet hatte. Es befanden sich viele alte Schränke darin, die mit den kuriosesten und seltensten Zutaten gefüllt waren von dem jeder Zaubertrankbrauer ehrfürchtig zurück geschreckt wäre, doch James konnte sich nicht vorstellen, dass Sirius da drin war. Was sollte er auch hier unten? Wie sollte er überhaupt ins Haus kommen und vor allem wieso sollte er in den Keller rennen und nicht zu ihm? Außer- außer er bräuchte dringend etwas aus dem Labor. James wusste, dass seine Mom dort einige Heilkräuter und diverse andere nützliche Zaubertränke und vor allem Heiltränke aufbewahrte.
 

James legte die Hand an den Türknauf und drehte vorsichtig daran, doch als er die Tür öffnete blickte er nur in einen dunklen Raum. Auch als er eine Runde durch das Zimmer ging war dort niemand zu sehen.

Hektisch schloss James die Tür wieder zu und rannte die Treppe wieder nach oben in den Flur.
 

»Ich habe die Hauselfen das ganze Haus absuchen lassen, aber sie konnten ihn nirgends entdecken!«, rief Euphemia, während sie hektisch auf ihren Sohn zu rannte.
 

James wurde zunehmend nervös. Sein Vater hatte Recht, die Eulen haben noch nie einen Brief falsch zugestellt. Sirius musste hier sein, irgendwo auf dem Potter Anwesen.

Doch wieso zeigte er sich nicht? Wieso antwortete er nicht? Wieso versteckte er sich?
 

Euphemia und James beschlossen in den Vorgarten zu gehen, um Fleamont zu helfen, doch eben in diesem Moment ging die Tür auf und zwei Hauselfen betraten das Haus, während sie einen leblosen Körper vor sich her dirigierten.
 

»Sirius!«, rief James aufgebracht und rannte zur Tür.
 

Die Gestalt, die die beiden Hauselfen vor sich her schweben ließen hatte nicht mehr viel Ähnlichkeit mit Sirius. Sein Gesicht war vollkommen verdreckt und mit Blut beschmiert. Sein Haar klebte an seiner Haut und einige Tropfen Blut fielen auf den Marmorboden.
 

»Bringt ihn ins Gästezimmer!«, befahl Euphemia den Hauselfen, während sie dem leblosen Körper einen mitleidigem Blick zu warf.

James starrte auf den Boden, auf dem sich bereits eine kleine Blutlache gebildet hatte.
 

»Ich werde mich um seine Wunden kümmern, keine Angst James.«
 

Euphemias Ton war ruhig und doch irgendwie kalt, als sie dies sagte. James verstand sofort, dass seine Mom ab hier übernehmen würde und keine Wiederworte duldete.
 

Einen Moment starrte James noch auf die Blutlache auf dem Boden, während Euphemia zu ihrem Zaubertränkelabor eilte.

Es war ein merkwürdiger Moment und er fühlte sich nutzlos, da er nichts tun konnte, um seinen Freund zu helfen. Doch seine Mom würde ihn wieder hinbekommen, sie war die beste Heilerin des ganzen Mungo Hospitals und Sirius war stark, sehr stark sogar! James dachte an die Ausflüge in den verbotenen Wald in den Vollmondnächten, bei denen die beiden sich schon einige Verletzungen zugezogen haben.
 

Wirr schüttelte er den Kopf, er wollte nicht daran denken, dass möglicherweise alle Hilfe für seinen Freund zu spät kam. Doch wie ist das alles passiert? Wer hat ihm das angetan und vor allem wie ist er in diesem Zustand hierher gekommen?
 

James stieg über die Hauselfe hinweg, die damit begonnen hatte das Blut aufzuwischen und rannte in den Vorgarten. Er suchte seinen Vater und fand ihn schließlich am Gartentor.
 

Fleamont mussterte skeptisch die Eisenstangen, als sein Sohn neben ihn trat.

James folgte dem Blick seines Vaters und erkannte das Blut, welches am Tor klebte.
 

»Es handelt sich höchstwahrscheinlich um Sirius Blut«, beantworte Fleamont die ungefragte Frage seines Sohnes.
 

»Ich habe auf der Straße und an einigen Laternen noch mehr Blutspuren gefunden. Er muss sich die Straße entlang hier her geschleppt haben. Doch leider hat er es nur bis zu Moms Rosenbusch geschafft. Dort habe ich ihn gefunden«, erklärte er weiterhin, während er mit einer Handbewegung auf den vollkommen eingeknickten Rosenbusch deutete.
 

»Dad, was ist mit ihm passiert?«

»Das weiss ich noch nicht, aber ich werde es im Ministerium melden.«
 

Mr. Potters Blick verfinsterte sich und seine Hand verkrampfte sich zu einer Faust, als er seinen Blick starr auf das blutbeschmierte Gartentor fixierte. James wusste, dass er ihm etwas verschwieg. Sein Vater wusste irgendwas, was er ihm nicht sagen wollte. Doch was war es und warum verschwieg er es?
 


 

***
 


 

Lily Evans saß in einem Schaukelstuhl auf der Veranda ihres Elternhauses und zeichnete das Blumenbukett, welches ihre Mutter auf den Gartentisch gestellt hatte. Sie war gerade dabei die Schattierungen zu verschmieren, als plötzlich ein Auto in die Auffahrt fuhr und hinter dem Auto ihres Vaters parkte.

Es war ein weißer S-Klasse Mercedes, eines dieser Bonzenautos, die seit Beginn der 70er Jahre total im Trend waren.

Als sich die Fahrertür öffnete stieg ein junger korpulenterer Mann mit einem Walross ähnlichen Schnurrbart aus.

Lily zog ihre Augenbrauen zusammen und musterte den Mann skeptisch, während er beinahe über seine eigenen Füße stolperte, als er zur Beifahrertür herüberging, um diese zu öffnen.

Die Beifahrertür schwang auf und ihre Schwester Petunia stieg aus dem Wagen. Sie trug eine hässliche weiße Sonnenbrille, welche zu ihrem weißen Sommerkleid passte, welches sie trug.

Das war er also, Vernon Dusley, der neue Freund ihrer Schwester. Es schien eine ernsthafte Beziehung zu sein, da sie sonst nie jemanden mit nach Hause gebracht hatte.

Doch Lilys Augen wurden immer größer je näher die beiden auf die Haustür zu-geschritten kamen.
 

»Ähm hallo«, stotterte Lily, als Vernon plötzlich vor ihr stand und ihr die Hand reichte.

Seine Hände waren schwitzig und kleine blaue Adern schienen nervös auf ihnen zu pulsieren, als er ihr bloß zunickte und ohne ein Wort zu sagen weiter ging.
 

»Glotz nich so!«, fuhr Petunia sie noch an, als sie mit Vernon das Haus betrat.
 

Lily blinzelte ein paar Mal und überlegte, ob ihre Schwester entweder eine Brille brauchte oder ob sie bereits so sehr durch diese rosarote Brille der Liebe starrte, dass ihre Sinne völlig benebelt und desorientiert waren.

Lily kannte Vernon bisher nur aus den Erzählungen ihrer Mutter und den Schwärmereien ihrer Schwester. Sie war zwar keineswegs ein oberflächlicher Mensch, doch hatte sie sich Vernon ein wenig anders vorgestellt, eher so wie wie einen von den Beach Boys, wenn man Petunias Erzählungen glaubte und freundlisch schien er auch keineswegs zu sein. Das konnte wohl noch ein langer Tag werden, dachte sich Lily, während sie seufzend ihre Zeichensachen zusammenpackte und ins Haus ging.

Vernon und Petunia saßen zusammen mit Mr. Evans im Wohnzimmer, wo Vernon gerade einen Golfwitz zum besten gab. Lily verdrehte nur die Augen und ging zu ihrer Mom in die Küche.
 

»Irgendwie habe ich mir Vernon anders vorgestellt, wenn man so euren Erzählungen glaubt«, raunte Lily ihrer Mom zu, während sie eine Erdbeere von der Torte stibitzte.
 

»Lily!«, fuhr Mrs. Evans sie an. »Lässt du wohl die Finger von der Torte, wie sieht denn das aus?«
 

»'tschuldige Mom«, nuschelte Lily mit vollem Mund, woraufhin Mrs. Evans nur die Augen verdrehte.
 

Lily hüpfte vom Küchenstuhl und packte ihre Tasche.
 

»Bleibst du nicht zum Kaffee trinken?«

»Nein lieber nicht. Ich denke Petunia ist das auch ganz recht.«
 

Mrs. Evans seufzte.

»Wann werdet ihr euch endlich mal vertragen?«

»Du weisst, dass es nicht an mir liegt Mom«, sagte Lily und ihre ihre Mom fühlte die Traurigkeit in ihrer Stimme.

»Ich werde dich vermissen!«, sagte Mrs. Evans dann.

»Mom, ich bin nur in der Winkelgasse.«

»Aber in morgen bist du wieder für ein ganzes Jahr weg«, seufzte Mrs. Evans.

»Ich werde dir wöchentlich schreiben, wie jedes Jahr«, beruhige Lily ihre Mom und klopfte ihr aufmunternd auf die Schulter.

»Aber jetzt muss ich wirklich los. Dad wartet sicher schon«, sagte Lily und gab ihrer Mom einen Kuss auf die Wange.
 


 


 

***
 


 

Sirius Black blinzelte ein paar Mal, bevor er seine Augen öffnete und sie sogleich wieder schloss, als ihn das Sonnenlicht blendete.
 

»Na bist du aufgewacht?«, fragte ihn eine weibliche Stimme.
 

Sirius blinzelte wieder ein paar Mal und schaffte es schließlich ein Auge zu öffnen. Er blickte in ein paar braune Augen und in ein blässliches Gesicht, welches von rot-braunen Haarsträhnen umrahmt war. Es war Euphemia Potter, James Mom.
 

»Wa-«, setzte er an, doch dann versagte seine Stimme.
 

Euphemia nahm ein Glas Wasser vom Nachtschrank und half Sirius dabei etwas zu trinken. Das Wasser tat ihm unglaublich gut. Es kam ihm so vor, als wäre seine Kehle bereits vollkommen eingetrocknet gewesen.
 

Mrs. Potter beauftragte eine Hauselfe ihren Mann und James zu benachrichtigen, dass Sirius wieder aufgewacht ist, bevor sie das Glas wieder auf den Nachttisch stellte und Sirius liebevoll durchs Haar strich.
 

»Wie geht’s dir?«
 

Sirius kniff seine Augen fest zusammen und versuchte sich aufzurichten, doch sein ganzer Körper war sehr schlaff und in seinem Kopf spürte er einen brennenden Kopfschmerz.
 

»Mein Kopf!«, stöhnte er nur und legte sich wieder zurück in die Kissen.
 

»Ganz ruhig, du wirst schon wieder. Das kommt davon, dass du dich so lange nicht bewegt hast, da ist so eine kleine Muskelerschlaffung normal.«
 

Sirius blinzelte ein paar Mal. Er hatte sie lange nicht bewegt? Wie lange lag er denn schon in diesem Bett? Und wie war er überhaupt hier her gekommen?
 

»Was ist passiert?«, fragte er ruhig.
 

»Wir hatten gehofft, dass du uns das sagen kannst. Wir haben dich verletzt im Garten gefunden«, antwortete Fleamont, welcher im Türrahmen lehnte.
 

»Ich habe dir einen Heiltrank gebraut. Davon gehen die Kopfschmerzen weg«, sagte Mrs Potter und half Sirius dabei das kleine Fläschchen auszutrinken.
 

Dieser hustete danach stark und schaute angewidert in die Flasche. Warum mussten Heiltränke nur immer so abscheulich schmecken?
 

»Pad!«, rief James, welcher durch die Tür gestürmt kam.

»Alles klar?«, fragte er seinen Freund mit einem Lächeln im Gesicht.

»Na klar!«, erwiderte dieser und schlug ein.
 

Mrs. Potter verdrehte die Augen. Vor wenigen Minuten noch ging es ihm gar nicht so berauschend, doch jetzt musste Sirius vor James den harten Kerl mimen.

Irgendwie waren die Männer, egal in welchen Alter doch alle gleich.
 

»Wie lange bin ich schon hier?«

»Du hast jetzt fast eine Woche geschlafen, während die Heiltränke ihre Wirkung getan haben«, antwortete Euphemia. »Du musst wahrscheinlich wahnsinnig hungrig sein. Ich werde in die Küche gehen und dir etwas zu essen kochen.«
 

James und Fleamont warfen erst sich und dann Sirius entsetzte Blicke zu, als Mrs. Potter, dass Zimmer verließ.
 

»Ich fürchte jetzt musst du verhungern Pad! Oder du stirbst an einer Lebensmittelvergiftung!«, meinte James ernst, woraufhin Sirius ihm sein bestes Rumtreibergrinsen schenkte.
 

Doch dann wurde Sirius Blick wieder ernst und er begann darüber nachzudenken, was in den vergangenen Tagen passiert war, bevor er hier bei den Potters aufgewacht war.

Und langsam kamen seine Erinnerungen wieder. Er war mit letzter Kraft hierher appariert und hatte versucht zu James zu gelangen.
 

»Wir konnten dich damals, nachdem wir dich gefunden haben soweit stabilisieren, dass du hier bleiben konntest. Meine Frau hat sich um dich gekümmert, sodass du physisch wieder relativ fit sein solltest.«
 

Fleamont schenkte Sirius ein schwaches Lächeln, doch er bemerkte, dass dies bei weitem nicht alles war, was er ihm sagen wollte.
 

»Zwei Heiler aus dem Mungo Hospital waren hier und haben sich deine Verletzungen angesehen. Du hast ein paar schwarzmagische Fluchnarben, die an zwei Stellen leider zurück bleiben werden«, fuhr Mr. Potter fort und Sirius rutschte das Herz in die Hose, als er Fleamonts prüfenden Blick nicht mehr standhalten konnte.
 

»Ich habe die ganze Sache mit einem Kollegen aus dem Ministerium untersucht. Wir haben den Blacks einen kleinen Besuch abgestattet und eine Hausdurchsuchung angeordnet und sie nach ihren “Erziehungsmethoden“ befragt.«
 

Sirius Herz begann immer schneller zu schlagen, der Puls pochte unerlässlich in seinen Adern.
 

»Selbstverständlich ohne Erfolg. Alle schwarzmagischen Gegenstände waren wie vom Erdboden verschwunden«, seufzte Fleamont.
 

»Nun ja, dennoch konnte ich Walburga Black mit etwas Druck davon überzeugen, dass du ab jetzt bei uns bleiben wirst. Bis zu deinem Schulabschluss und länger wenn du das möchtest.«
 

Sirius Augen weiteten sich und wurden sogleich entspannter. Sie begannen sogar ein wenig zu glänzen, doch er ließ es nicht zu, dass auch nur eine einzelne Träne seine Augenwinkel verließen.
 

»Danke! Für alles!«
 

Fleamont legte eine Hand auf Sirius' Schulter und erwiderte sein Lächeln.

»So, ich werde mal zusehen, dass du heute noch etwas "essbares" zu essen bekommst«, verabschiedete sich Fleamont und verließ das Zimmer.
 

»Jetzt sind wir sogar echte Brüder«, grinste James und schenkte seinem Freund sein bestes Rumtreibergrinsen.

»Ja«, erwiderte Sirius mit einer gewissen Melancholie in der Stimme.

»Du bist der beste Freund, den ich jemals hatte.«

»Jetzt werde nicht gleich sentimental Pad!«, lachte James und setzte sich zu seinem Freund ans Bett.

»Wir müssen morgen übrigens dringend in die Winkelgasse. Ist dann immerhin schon der 31. August.«

»Hab ich so lange geschlafen?«, fragte Sirius schockiert.

»Jap.«

»Oh man, was hab ich denn noch alles verpasst?«

»Nicht viel eigentlich. Remus und Peter waren beide hier, um dich zu besuchen, weil sie sich Sorgen gemacht haben, Remus ist wieder Vertrauensschüler geworden, dieser verrückte Schwarzmagier Lord terrorisiert mal wieder die Zauberergemeinschaft, unsere Hogwartsbriefe sind beide hier angekommen, ich bin ab diesen Schuljahr Mannschaftskapitän der Gryffindor Quidditchmannschaft, oh und die Chudley Cannons haben tatsächlich mal ein Spiel gewonnen«, zählte James auf.

»Was?«

»Ja ich habe mich auch gewundert, die verlieren doch sonst immer.«

»Nein, ich meine deine Beförderung zum Kapitän. Glückwunsch Prongs!«

»Danke. Ich bin gespannt, was sich dieses Jahr für Leute bewerben werden, nachdem die guten ihren Abschluss gemacht haben. Ich fürchte, dass wird ein ganzes Stück Arbeit werden«, seufzte James.
 

Sirius lächelte seinem Freund dankbar zu und lauschte weiter seinen Erzählungen über mögliche Spieler für die diesjährige Mannschaft in Frage kämen.

Doch seine Gedanken kreisten immer wieder darum, dass er hier war bei den Potters und sie ihn ohne zu zögern aufgenommen hatten. Endlich hatte er so etwas wie eine Familie und das beste daran war, dass er nicht mehr zu den Blacks zurück gehen musste.
 


 

***
 


 

Es war der 31. August 1976, einer der heißesten Spätsommertage seit Jahren. Der Himmel leuchtete azurblau und es war nicht eine einzige Wolke am Himmel zu sehen. Es versprach ein wundervoller und heiterer Tag zu werden, denn noch ahnte niemand, dass in bereits wenigen Stunden sich der Himmel verdunkeln und die Sonne verdecken würde.
 

Schnellen Schrittes lief das rothaarige Mädchen die Straße entlang und blieb schließlich vor einem alten Pub mit angeschwärzten Mauersteinen stehen. Über der Eingangstür hing ein Schild auf dem eine Hexe mit spitzem Hut in einem Kessel rührte.
 

Darüber hieß es in großen Lettern „Zum tropfenden Kessel“.

Sie betrat den Pub und grüßte den Wirt, welcher mit einem vergilbtem Lappen über die Theke wischte, ihr Lächeln jedoch freundlich erwiderte.
 

Es war sehr düster im Pub und die Besucher sahen mehr als zwielichtig aus. In der Ecke lehnte ein Mann in einem schwarzen Umhang gehüllt, der scheinbar Selbstgespräche führte. Die Frau an der Theke lass in einer Zeitung, dessen Bilder sich bewegen konnten während ihre Hand in einigem Abstand über ihrer Teetasse kreisende Bewegungen machte und sich der Löffel wie von Zauberhand bewegte.
 

Nicht der richtige Ort für ein 16jähriges Mädchen, so könnte man meinen, doch es war genau der Ort an den sie gelangen wollte.
 

Die rothaarige öffnete die Hintertür und stellte sich vor die große Ziegelmauer. Sie griff in ihre Tasche und holte ihren Zauberstab hervor mit dem sie in einer bestimmten Reihenfolge gegen die Backsteine tippte. Daraufhin ordneten sich die Steine neu und es bildete sich ein Durchgang. Das Mädchen ging hindurch, worauf hin sich die Steine gleich wieder in ihre alte Position sortierten.

Vor ihr eröffnete sich eine große Einkaufsstraße, die Winkelgasse.
 

Ein Lächeln umspielte ihre Mundwinkel, als sie die vielen Menschen in Anzügen und Umhängen sah, welche gemütlich durch die Läden schlenderten.

Vorsichtig zog sie ein Pergament aus ihrer Hosentasche und überflog die Liste der Bücher und Zutaten, die sie für ihr kommendes Schuljahr in Hogwarts, der Schule für Hexerei und Zauberei benötigte.
 

Zunächst musste sie sich neue Glasfläschchen kaufen und ein neuer Kessel musste auch her, seit zwei gewisse Volltrottel aus ihrem Jahrgang ihren im letzten Jahr zerstört haben.
 

Wenig später schlenderte sie aus der Apotheke, wo sie ihre Zutaten für Zaubertränke kaufte als sie vor dem Schaufenster eines Ladens stehen blieb, welches die neusten Abendkleider für die moderne Hexe in seinen Fenstern zeigte. Eines gefiel ihr besonders gut, ein smaragdgrünes Kleid, im Rockabilly Stil, welcher typisch für die 70er Jahre war.

Ein Blick auf ihre Uhr verriet ihr jedoch, dass ihr Vater sie in 30Min abholen würde und sie musste noch in die Buchhandlung.
 

Plötzlich spürte sie einen warmen, frischen Atem an ihrem linken Ohr. Ihre Nackenhaare sträubten sich und sie bekam eine leichte Gänsehaut als sanfte, weiche Lippen ihr Ohr streiften und einen leisen aber deutlich wahrnehmbaren animalischen Seufzer von sich gaben.

»Ohh wie habe ich dich vermisst Evans«, säuselte eine ihr sehr bekannte Stimme ins Ohr.
 

Lily sog scharf Luft in ihre Kehle und fuhr erschrocken einen Arm weit von ihm weg.

»Potter!« , fauchte sie, während sie ihm sanft zurück schubste.
 

Da war es wieder dieses selbstgefällige Grinsen, während er sich mit der Hand durch die Haare fuhr. Lily verabscheute diese Geste. Sie sträubte nur so vor Arroganz.
 

»Du hast mich zu Tode erschreckt!«, giftete sie ihn an.
 

Sie konnte den Schalk in seinen Augen sehen als er nach ihrer Hand griff und ihr einen Handkuss gab.
 

»Ich bitte um Vergebung Miss.«
 

Er lächelte. Doch diesmal glaubte Lily, zumindest für einen kurzen Moment, hinter seinem selbstgefälligem Grinsen ein wenig Sanftheit erkennen zu können. Gedanklich schüttelte sie sofort den Kopf und verbannte diesen Gedanken aus den ihren.

Lily spürte, dass die Situation langsam unangenehm wurde und entzog ihm ihre Hand, welche er immer noch fest umklammert hielt.
 

»Wenn du mich entschuldigst, ich muss weiter«, sagte sie in einem geschäftsmäßigem Ton und wollte sich an ihm vorbei schlängeln.

Doch James stemmte einen Arm an die Wand und versperrte ihr den Weg. Genervt wandte sie sich zu ihm um.
 

»Ich habe keine Lust auf Spielchen. Lass mich durch!«, sagte sie in einem scharfen Ton, der selbst McGonagal alle Ehre gemacht hätte.

»Gleich Miss Evans«, sagte er ruhig, während Lilys Augen Giftpfeile auf ihn abschossen.
 

Braune Augen trafen grüne, als James ihr mit der rechten Hand sanft über die Wange strich, wobei sein Daumen kurz am Ende ihrer Lippen stoppte.
 

»Deine Lippen haben einen besonders intensiven Rotton«, sagte James in einem melancholischen Tonfall.
 

Da war es wieder. Zum zweiten Mal heute war da dieses undefinierbare unschuldige Lächeln, welches nur für den winzigen Bruchteil einer Sekunde durch seine arrogante Fassade schien.

Ein sanftes rot stieß in ihre Wangen und sie hoffte, dass er es nicht bemerkte. Schnell wandte sie sich von ihm ab.
 

»Nimm deinen Arm da weg bevor ich ihn dir amputiere«, sagte sie im scharfen Ton und stemmte ihre Hände gegen seinen muskulösen Arm.
 

Diesmal nahm James den Arm beiseite und fuhr sich wieder durch sein verstrubbeltes schwarzes Haar.

Schnellen Schrittes entfernte sich Lily von ihm und hörte gar nicht mehr die Worte, welche er ihr noch nachrief.
 

Eine Weile schaute er ihr noch hinterher während Sirius sich langsam näherte und ihm mitfühlend auf die Schulter klopfte.
 

»Was hast du nur immer mit der?«, fragte Sirius kopfschüttelnd.
 

James schüttelte den Kopf während Lily gerade die Buchhandlung Flourish & Blotts betrat.

»Jetz komm endlich<, sagte Sirius heiter und zerrte James hinter sich her bis sie wieder bei Qualität für Quidditch angelangt waren, wo James Sirius wenige Minuten zuvor stehen gelassen hatte.
 

Als sie den Laden betraten stand Mr. Potter bereits an der Kasse und James strahlte ihn mit großen Augen an.
 

»Dad, das musstest du doch nicht tun«, sagte er rasch, als Fleamont Potter ihm einen Besen überreichte.
 

Eben diesen Besen hatte James eine halbe Stunde zuvor im Schaufenster betrachtet.

Es war das neuste Modell der Nimbusreihe, eine ausgezeichnete Marke für Rennbesen aller Art. Das gesamte bulgarische Nationalteam war damit ausgestattet und nur selten hatte ein Schüler einen so begehrten Rennbesen zur Verfügung.
 

»Sag's nicht Mom«, ermahnte Mr. Potter seinen Sohn. »Du bist ja jetzt Kapitän. Ich will in diesem Jahr endlich mal wieder den Quidditch Pokal sehen«, zwinkerte er ihm zu.
 

Mr. Potter sah wie eine ältere Ausgabe von James aus. Beide hatten braune Augen und schwarzes verstrubbeltes Haar, wobei sich im Falle von Potter Senior langsam ein paar graue Haare dazwischen stahlen.
 

»Jetzt müssen wir noch zu Flourish & Blotts eure Bücher kaufen und dann ab nach Hause«, sagte Mr. Potter an James und Sirius gewandt.
 

Als sie den Laden erreichten legte Fleamont seine Hand auf James' Schulter.

Fragend blickte er zu ihm auf, folgte dann aber seinem Blick zu einem Mann, der in einem braunen Ledermantel an der Mauer lehnte, die geradewegs in die Nocturngasse führte. Der Mann hatte beträchtliche Geheimratsecken und seine wenigen blonden Haarsträhnen fielen ihm ins Gesicht. Man konnte von weitem erkennen, dass er eine Augenklappe trug. Argwöhnisch starrte er in die Gasse, während er einen großen Schluck aus seinem Flachmann trank.
 

»Geht doch schon mal rein«, sagte Mr. Potter und drückte James seine Brieftasche in die Hand.
 

Sirius und James warfen sich vielsagende Blicke zu, als Mr. Potter geradewegs auf den Mann zu ging.
 

»Ist das Moody?«, fragte Sirius.

James nickte.

»Er hat bei seinem letzten Einsatz einen Fluch direkt ins Auge bekommen«, sagte James ernst.

»Ich frage mich, was er hier macht. Das ist nicht sein übliches Revier«, grübelte er weiter.
 

Doch seine Gedanken wurden von Sirius Magenknurren unterbrochen.
 

»Beeilen wir uns lieber mit den Büchern. Ich verhungere«, sagte Sirius und zog energisch an James Umhang, um ihn in den Laden zu zerren.

»Pad, du hast erst vor zwei Stunden gefrühstückt und das nicht gerade wenig«, lachte James.
 

Sirius warf ihm einen empörten Blick zu.

»Wie lange kennen wir uns Prongs?«, fragte er lachend.

Daraufhin konnte dieser nur die Augen verdrehen, musste jedoch auch lachen.
 

An der Kasse erblickte James Lilys rote Haare und er musste unwillkürlich Lächeln bis Sirius ihn in die nächste Regalreihe zerrte. Als er sich umdrehte verließ der Rotschopf gerade den Laden.

Sirius sah auf seine Liste, während er James jeweils zwei Ausgaben jeden Buches in die Hand drückte.
 

»So jetzt brauchen wir noch das Lehrbuch der Zaubersprüche Band 6 und wahrsagen für Fortgeschrittene«, las Sirius vor.

»Pad, warum belegen wir nochmal wahrsagen?«, fragte James irritiert.
 

Sirius biss sich auf die Unterlippe und lächelte verschmitzt. Er warf James einen vielsagenden Blick zu und hob ein paar Mal seine Augenbrauen. James verdrehte die Augen.
 

» Erzähl mir nicht, wegen irgendeinem Mädchen!«

James lachte.

»Vertrau mir Bruder, für sie lohnt es sich.«
 

Als James die Bücher bezahlte vernahmen die beiden Freunde plötzlich einen Schrei von der Straße.

Die Menschen in dem Laden wurden zunehmend nervös und warfen sich hektische Blicke zu. James stopfte die Bücher achtlos in seine Tasche und ging auf die Ladentür zu, wo sie bereits grüne Lichtblitze erkennen konnten.

Wie wild liefen Menschen ineinander und versuchten zu disapparieren oder in die Kamine zu flüchten.

James und Sirius zogen ihre Zauberstäbe, als sie die Straße betraten. James feuerte sofort ein Protego ab, als ein Lichtblitz in ihre Richtung flog.
 

»Todesser!«, raunte Sirius James zu, als die schwarz gekleideten Männer mit den silbernen Masken nacheinander in der Winkelgasse apparierten.
 

Das Zentrum schien nahe der Nocturngasse zu sein, wo sie kurz zuvor James' Vater verlassen hatten.

Angst stahl sich in James Augen, Angst um seinen Vater. Er war zwar ein ausgebildeter Auror und Moody war bei ihm, jedoch zählte er bereits acht Todesser, welche neu dazu appariert waren.
 

James rannte, dicht gefolgt von Sirius in die Nocturngasse und wäre beinahe in einen Fluch hineingelaufen, doch Mr. Potter warf sich schützend vor die beiden Jungen und wehrte den Fluch mit einem ungesagtem Zauber ab.

Fleamont wandte sich zu den beiden um und schien erleichtert, dass es beiden gut ging.
 

»Ihr müsst so schnell wie möglich verschwinden«, raunte er den beiden zu, während ein Todesser gerade einen Fluch in seinen Rücken schleuderte.

»Stupor!«, rief James und der schwarz gekleidete Mann flog einige Meter zurück.

»Ich lass dich hier nicht allein Dad!«, erwiderte James energisch.
 

Es blitzte ein paar Mal weiß auf, als endlich die Auroren apparierten.

Doch gerade als Mr. Potter einen Lähmzauber abfeuern wollte, disapparierte der Todesser so wie nach und nach alle anderen.
 

Dunkle Schatten zogen sich über die nun fast menschenleere Winkelgasse zusammen. Der Himmel verdunkelte sich und schwarze Gestalten flogen wild durcheinander. Und da war er der Totenkopf durch den sich eine Schlange wand erschien in einem großen Rauchgeschwader über dem Antiquitätengeschäft.

Dumbledors Rede (6.Schuljahr)

20. Akt: Dumbledors Rede
 

„Traumhaft, nicht wahr?

Ich werde nie vergessen, wie ich das erste Mal durch diese Türen gegangen bin.

Wie schön das als freier Mann wieder zu tun.“

- Sirius Black


 

Der rot-schwarze Hogwartsexpress schnurrte mehrmals ungeduldig, bis er endlich seine Räder in Bewegung setzte und sich auf den Weg nach Hogwarts machte.
 

Normalerweise herrschte kurz vor der Abfahrt am Bahnsteig 9 ¾ immer ein heiteres Treiben. Die unterschiedlichsten Schüler gingen schwatzend umher, jagten ihren Katzen oder Kröten nach, tauschten Schokofroschkarten und lachten über den neusten Klatsch und Tratsch, den ihre Freunde aus den Ferien berichteten.

Doch in diesem Jahr wirkte der Bahnsteig düster und beinahe totenstill.

Einzig die vielen Auroren die am Bahnsteig und um den Bahnhof Kings' Cross positioniert waren gingen hektisch umher und musterten ihre Umgebung äußerst genau.
 

Die Ereignisse des vergangenen Tages steckten vielen noch in den Knochen, auch wenn sie selbst nicht in der Winkelgasse anwesend waren. Der Tagesprophet hatte schließlich alles bis ins kleinste Detail geschildert.

Es würde wohl eine Weile dauern bis der Schutt beiseite geräumt werden würde und die zerstörten Häuser wieder aufgebaut werden konnten.

Das Ausmaß der Zerstörung durch die Todesser war scheinbar unerlässlich. Doch das einzige Gebäude, welches vollkommen zerstört wurde war das Antiquitätengeschäft, welches sich in der Abzweigung zur Nokturngasse befand. Über diesem erschien auch das dunkle Mal, welches der Tagesprophet auf seiner Titelseite abgebildet hatte.
 

Lily Evans presste die Lippen zusammen als sie die Überschrift des Artikels mit ihren mandelförmigen grünen Augen fixierte. Sie hatte unglaubliches Glück gehabt, dass sie nicht in den Todesser Angriff verwickelt gewesen war und ein paar Minuten zuvor die Winkelgasse bereits verlassen hatte.
 

»Nun leg doch endlich die Zeitung beiseite«, bat Mary ihre Freundin.
 

Einen kurzen Moment verharrte Lily noch auf dem Abbild des dunklen Mals, doch dann faltete sie ihren Tagespropheten zusammen und legte ihn auf den Sitz neben sich.
 

Mary, Rosalie und Lily teilten sich ein Abteil im Hogwartsexpress. Sie hatten bisher noch nicht viel über die Ferien gesprochen. Der Todesser Angriff auf die Winkelgasse war viel zu beunruhigend gewesen, um dieses Thema abzuschließen.

Doch irgendwann reichte es allen. Sie wollten nicht mehr darüber nachdenken, was dort passiert war und vor allem warum und was als nächstes geschehen würde. Es hatte einfach keinen Sinn sich darüber den Kopf zu zerbrechen.

Sollte es etwas neues geben, würde der Tagesprophet sicher bald darüber berichten und in Hogwarts waren sie alle bestimmt sicher aufgehoben, immerhin war Dumbledore ihr Schulleiter und dieser besaß bereits einen Orden der Merlin erster Klasse.
 

»Lasst uns bitte einfach über etwas anderes reden«, bat Rosalie ihre Freundinnen, welche ihr zustimmend zu nickten.

»Also wie waren eure Ferien denn sonst so?«, startete sie dann einen schwachen Versuch das Thema zu wechseln.

»Meine Ferien waren sehr erholsam. Ich war mit meinen Eltern in Spanien drei Wochen«, begann Mary zu berichten, als Lily Blick zu ihrer Armbanduhr schweifte.
 

Mit einer plötzlichen Bewegung stand sie auf, woraufhin ihr Rosalie und Mary einen verwunderten Blick zu warfen.
 

»Ich muss ins Vertrauensschüler Abteil«, kündigte sie an und verließ darauf das Abteil.
 

Lily sprintete den Gang entlang. Glücklicherweise lag das Vertrauensschüler- und Schulsprecherabteil nur einen Wagon vor ihrem eigenen Abteil. Keuchend kam sie im richtigen Gang an und riss die Abteiltür auf.
 

»Tut mir leid, dass ich zu spät bin, ich hatte es ganz vergessen«, entschuldigte sie sich sofort.
 

Doch sie blickte nur in einen scheinbar leeren Raum. Verwirrt schloss sie die Tür hinter sich und sah sich im Raum um. Er war noch genauso gemütlich eingerichtet wie im letzten Jahr. Es gab einen roten Teppichboden und viele gemütliche Sessel in dem kleinen Waggon. An der hinteren Wand gab es sogar einen Kamin, in dem ein kleines Feuer vor sich hin prasselte.

Lily fragte sich, ob es sich um einen Zauber handelte oder ob der Kamin irgendwie mit dem Heizkessel des Zuges verbunden war, immerhin war dies das vorderste Abteil im gesamten Zug.
 

»Hier gefällt es mir«, nuschelte sie leise lächelnd vor sich hin.

»Mir auch«, erwiderte plötzlich eine Stimme hinter ihr.
 

Diese Stimme kannte sie nur zu gut. Sie schloss einen Moment die Augen und atmete tief durch bevor sie sich umdrehte.

Vor ihr stand James Potter. Das war nun wirklich jemand den sie niemals hier erwartet hätte.
 

»Musst du mich so erschrecken?«

»Tut mir leid«, sagte er nur und zuckte mit den Achseln.
 

Sie sah ihn skeptisch an.
 

»Was machst du hier überhaupt? Dieses Abteil ist für Schulsprecher und Vertrauensschüler«, erläuterte sie so forsch, als würde sie mit einem Straftäter sprechen.

James musste grinsen.
 

»Das weiss ich«, sagte er lässig und setze sich in einen der großen, roten Sessel. »Was meinst du warum ich hier bin?«

Sein Grinsen wurde breiter.
 

Bevor Lily ihr Entsetzen zum Ausdruck bringen konnte, ging die Abteiltür wieder auf und die restlichen Vertrauensschüler, Schulsprecher und Professor McGonagal betraten den Raum.

Lily und James wunderten sich über diese Tatsache, da sonst nie Lehrer im Hogwartsexpress anwesend waren.
 

»Die Verspätung tut mir leid«, sagte Professor McGonagal an Lily gewandt.

»Aber im Flur des zweiten Waggons drohte eine fleischfressende Schlingpflanze einige eurer Mitschüler zu verspeisen«, sprach sie weiter und schenkte James einen bösen Blick.
 

Dieser hob abwehrend seine Hände und schenkte seiner Hauslehrerin ein unschuldiges Lächeln.

»Damit hab ich nichts zu tun«, sagte er scheinheilig.
 

Professor McGonagal seufzte nur entnervt, beschloss aber Gryffindor vor Schuljahresbeginn keine Punkte abzuziehen. Stattdessen winkte sie alle Schüler zu sich heran an den Tisch, um den die roten Sessel gestellt waren.

Lily nickte Remus kurz zu, welchen sie vorher gar nicht bemerkt hatte und setzte sich in einen der gemütlichen roten Sessel.
 

»Wie sie sehen ist es auf Grund der Umstände in diesem Jahr meine Aufgabe Sie einzuweisen«, begann Professor McGonagal.
 

Die Professorin räusperte sich, bevor sie anfing die Anwesenheit zu überprüfen.

Lily fiel ein Stein vom Herzen, als McGonagal James Potter als neuen Quidditch Kapitän von Gryffindor vorstellte. Sie hatte schon gedacht, er wäre möglicherweise Vertrauensschüler geworden, doch Dumbledore würde wohl niemals so eine Fehlentscheidung treffen. Wie konnte sie nur jemals an ihrem Schulleiter zweifeln?
 

In diesem Moment klopfte es an der Abteiltür und ein junger Mann mit honig-blondem Haar und blauen Augen betrat den Raum. Sofort begannen einige wie wild miteinander zu tuscheln und Lily fragte sich was los war.

McGonagal lächelte ihm jedoch zu und winkte ihn an den Tisch heran.

Der junge Mann setzte sich auf den freien Platz neben Lily, welche ihn nachdenklich musterte. Sie hatte ihn noch nie gesehen.
 

Lily bemerkte wie James Potter nervös in seinem Sessel hin und her schwankte und Remus ständig mit dem Arm anstieß während er unauffällig in die Richtung des scheinbaren Neulings deutete. Auch die anderen Tuscheleien schienen sich um den neuen zu drehen.
 

»Da Sie scheinbar alle bereits darüber reden«, seufzte McGonagal nach einer Weile. »Möchte ich Ihnen Chad Oldren vorstellen. Dieser junge Mann ist einer unserer Austauschschüler aus Durmstrang und wird in diesem Jahr seine UTZ in Hogwarts ablegen. Zudem hat Prof. Dumbledore beschlossen, dass Mr. Oldren in diesem Jahr Schulsprecher sein wird, da er diesen Posten eigentlich in Durmstrang inne gehabt hätte, wenn er sich in diesem Jahr nicht in Hogwarts aufhalten würde. Miss Grey Sie werden Mr. Oldren als weibliches Pendant dabei unterstützen.«
 

McGonagal nickte Anne Grey zu, welche in diesem Jahr offenbar Schulsprecherin geworden war. Sie war ein sehr talentiertes Mädchen aus Slytherin.
 

»Kommen wir nun zum unangenehmen Teil dieser Sitzung und dem Grund warum ich überhaupt hier bin«, fuhr McGonagal unbeirrt fort.

»Sie werden sicher alle die neusten Ereignisse mitbekommen haben, welche sich gestern in der Winkelgasse abgespielt haben. Das Zaubereiministerium hat daher beschlossen in diesem Schuljahr für besondere Sicherheitsmaßnahmen in Hogwarts zu sorgen.«
 

Wieder begann ein leises Gemurmel am Tisch. Die verschärften Sicherheitsmaßnahmen haben die meisten schon am Bahnhof Kings' Cross bemerkt, doch nie hätte jemals jemand gedacht, dass der Angriff auf das Antiquitätengeschäft Auswirkungen auf Hogwarts haben würde.
 

»Zunächst wird jeder Schüler und jedes Gepäckstück bei der Ankunft in Hogwarts auf unangebrachte Gegenstände untersucht werden.

Sie haben sicher die Auroren bemerkt, welche sich am Bahnhof Kings Cross und am Gleis aufgehalten haben. Diese Vorkehrungen dienten zu ihrem Schutz.

Eben jene Auroren werden sich in den nächsten Wochen auch in Hogwarts aufhalten, um das Schloss besser zu sichern.

Zudem ist es leider notwendig, dass sich hin und wieder auf Anordnung des Ministeriums Dementoren um Hogsmeade aufhalten werden, um das Gelände zu sichern. Dies alles sind Vorkehrungen, die wir zu ihrem Schutz treffen mussten.

Prof. Dumbledore wird dies alles auch nochmals in seiner allabendlichen Rede erläutern.

Es ist von enormer Wichtigkeit, dass die Schulsprecher und Vertrauensschüler zusammenarbeiten und dafür Sorgen, dass sich alle Schüler an die neuen Regeln halten und nicht nachts auf dem Gelände umher schleichen, da es sonst sehr gefährlich werden kann. Das gilt insbesondere auch für unsere Quidditchkapitäne. Sorgen Sie bitte dafür, dass nach dem Training alle Spieler umgehend zurück ins Schloss gehen.«
 

Die Besprechung dauerte etwa eine halbe Stunde. Je mehr McGonagall über die neuen Sicherheitsmaßnahmen in Hogsmeade und Hogwarts erläuterte, desto düsterer und unruhiger wurde die Stimmung im Abteil.

Nach einer Weile beendete sie jedoch die Besprechung und schickte die ersten Vertrauensschüler auf Streife durch den Zug. Danach apparierte sie nach Hogsmeade, um die Boote für die Erstklässler vorzubereiten.
 

Lilys Blick streifte wieder zu dem blonden jungen Mann aus Durmstrang.

Es hatte sich eine regelrechte Traube von Schülern um ihn gebildet, die ihn mit Fragen löcherten. Auch James Potter stand bei ihm und unterhielt sich angeregt über Quidditch und die bulgarische Nationalmahnschaft.

Doch als sich die Mädchen nach vorn gedrängelt hatten, um ihn über sein Privatleben auszufragen, verschwand James Potter mit Remus Lupin aus dem Abteil.
 

Lily konnte nur heraushören, dass dieser Chad Oldren wohl ein relativ bekannter Quidditchspieler sein musste Der Rest ging im Gekicher und Gekreische dreier Mädchen auf Ravenclaw unter.

So gut wie jeder im Raum schien ihn zu kennen, nur bei ihr klingelte es nicht. Lily seufzte und lies sich wieder in den Sessel fallen, um ihre Schläfen zu massieren. Sie wollte nicht daran denken, was für ein anstrengendes Jahr ihr sechstes Schuljahr in Hogwarts werden würde bei den ganzen zusätzlichen Pflichten.

Nach einer Weile löste sich die Traube von Schülern allmählich auf und der junge Mann konnte sich von den Mädchen losreißen, indem er Ihnen sagte, dass er sich gerne ausruhen würde, da die Reise nach London sehr anstrengend gewesen wäre.

Etwas geknickt verließen die meisten das Abteil und gingen in ihre eigenen zurück, um ihren Freunden vermutlich davon zu berichten, wer der erste neue Schüler in Hogwarts sein würde.
 

Chad Oldren seufzte, als er schließlich das letzte Mädchen losgeworden war und setzte sich wieder in seinen roten Sessel, in dem er auch bei der Besprechung gesessen hatte. Er lehnte sich zurück und schloss seine Augen, als würde er einen kleinen Mittagsschlaf machen wollen.
 

Als auch die letzten Schüler das Abteil verließen und nur Lily und Chad zurück blieben, warf sie ihm einen mitleidigen Blick zu.
 

»Sie sind weg«, sagte Lily schließlich und Chad öffnete schlagartig seine Augen und setzte sich wieder aufrecht in seinen Sessel.
 

Sein Blick schweifte einmal kurz durch den Raum, um sich selbst davon zu überzeugen, doch dann schenkte er Lily ein dankbares Lächeln.
 

»Man könnte meinen, man gewöhnt sich irgendwann daran«, meinte Chad dann.

Lily blinzelte ein paar Mal und zuckte nur mit den Schultern.

»Du bist nicht so wie die«, stellte er dann fest, als er bemerkte, dass Lily keineswegs darauf aus war ihn zu löchern, nachdem sie sich mit ihm alleine in einem Raum befand.
 

»Natürlich nicht, jeder Mensch ist anders.«

»Du interesserst dich vermutlich nicht sonderlich für Quidditch?«

Lily kratzte sich verlegen am Kopf.

»Es ist mehr das Fliegen, welches nicht so meins ist«, gestand sie klein laut.

»Aber ich bin bei jedem Spiel meiner Hausmannschaft dabei, um sie anzufeuern«, fügte sie dem schnell hinzu.
 

Chad musste lächeln und reichte ihr schließlich seine Hand.

»Chad Oldren, 7Klasse. Wir hatten ja kaum Zeit uns vorzustellen, bei dem Theater mit der Schlingpflanze.«

Perplex reichte auch Lily ihm seine Hand.

»Lily Evans, Gryffindor, 6 Klasse. Was ist den im Gang passiert?«, fragte sie neugierig.

»Ein Junge namens Black hat im zweiten Waggon eine Mandragora wachsen lassen. Diese hat natürlich sofort versucht ein paar Erstklässler zu verschlingen. Es war ein echtes Chaos, das die Professorin aber beheben konnte.« , erklärte er.
 

Lily wurde wütend. Es ist doch immer das Gleiche mit ihnen, und das ganze Haus Gryffindor muss darunter leiden.
 

So unterhielten sich die beiden noch eine ganze Weile, doch als es langsam dunkel wurde und man aus der Ferne schon die Umrisse von Hogsmeade erkennen konnte beschlossen die beiden zurück in ihre Abteile zu gehen und sich ihre Schuluniformen anzulegen.
 

»Na endlich! Wir dachten du kommst gar nicht mehr wieder«, sagte Rosalie etwas enttäuscht.

Als Lily das Abteil betrat waren Mary und Rosalie bereits dabei ihre Schuluniformen anzuziehen und Lily tat es ihnen gleich.

»Tut mir Leid. Ich habe mich noch mit dem neuen Schulsprecher ausgetauscht.«, sagte sie beschwichtigend.
 

»Wer ist es denn geworden?«, fragte Rosalie interessiert.

»Interessanterweise einer unserer Austauschschüler. Er heißt Chad Oldren und macht dieses Jahr seine UTZ hier in Hog-«

»CHAD OLDREN?«, kreischte Mary so laut dazwischen, dass Lily sich ihre Ohren zu halten musste.

»Groß, blond, heiß und aus Durmstrang?«, fragte Rosalie ehrfürchtig.

»Spielt er Quidditch?«, ergänzte Mary.
 

Lily nickte. Offenbar schien jeder ihn zu kennen, nur sie nicht.

»Er ist so heiß.« Schwärmte Rosalie

»Woher kennen den alle?«, stelle Lily nun endlich die Frage, welche sie schon seit Stunden beschäftigte. Rosalie und Mary verdrehten die Augen.
 

»Du solltest dich wirklich mal mehr für Quidditch interessieren Lily!«, ermahnte Mary sie. »Obwohl er erst 17 Jahre alt ist spielt er schon als Jäger für die bulgarische Nationalmahnschaft.«
 

Lily seufzte. Sie mochte Quidditch doch. Nur leider kannte sie den beliebten Sport nur aus Hogwarts. Ein internationales Spiel hatte sie noch nie gesehen.

Als Muggelgeborene, die in einem langweiligen Muggelvorort lebte, bekam man wirklich nicht viel mit, was in der Zauberwelt vor sich ging.

Ihre Freundinnen waren große Fans dieses Sports, wobei Mary eher ein Fan der Quidditchspieler war, wenn diese denn gut aussahen. Nicky spielte bis letztes Jahr als Jägerin in der Gryffindor Hausmannschaft und ging mit ihrem Vater immer zu einigen EM und WM Spielen. Wenn Lily ihr schreiben würde, dass dieser bekannte Spieler in Hogwarts war, würde sie sich bestimmt ärgern.
 

Die restliche Fahrt über versuchten Mary und Rosalie möglichst viele "Informationen" über Chad aus Lily herauszuquetschen. Sie wusste schon gar nicht mehr was sie alles erzählen sollte und war daher froh darüber, dass der Zug nun langsamer wurde und in den Bahnhof von Hogsmeade einfuhr.
 

Eine riesige Schar von Schülern tummelte sich nun in den Gängen, bis sie den Bahnsteig betraten.

Es war bereits dunkel, sodass man die Sterne am wolkenfreien Himmel erkennen konnte. Wie in jedem Jahr scharten sich die Erstklässler um Hagrid, dem Wildhüter von Hogwarts. Dieser sollte nämlich zusammen mit den Erstklässlern in den Boten nach Hogwarts rüber fahren.
 

»Erstklässler zu mir!«, rief Hagrid, während er mit einem großen Schild, auf dem “Erstklässler“ stand umher wedelte.
 

Lily dachte an den Tag vor fünf Jahren, an dem sie das erste Mal die atemberaubende Kulisse von Hogwarts gesehen hatte und selbst in einem dieser Bote saß.

Die anderen Schülern machten sich zu dem großen Waldweg auf, wo bereits zahlreiche Kutschen auf sie warteten. Lily und ihre Freunde ließen die größte Schülerschar durch und stiegen in eine der letzten Kutschen ein.
 

Marys Magen begann zu knurren. Sie errötete leicht und legte eine Hand auf ihren Bauch.
 

»Ich habe Hunger. Warum dauert das vor uns so lange?«, fragte sie die anderen.

»Ich seh mal nach«, meinte Lily und stieg wieder aus, um zur Kutsche vor ihnen zu gelangen.
 

Lily wunderte es keineswegs, dass in der Kutsche vor Ihnen die Rumtreiber saßen. Zumindest Remus Lupin und Peter Pettigrew
 

»Warum gehts nicht weiter?«, fragte sie Remus freundlich.
 

Doch dieser seufzte nur entnervt und deutete nach vorne. Lily ging um die Kutscher herum und entdeckte Sirius Black und James Potter, welche vor der Kutsche standen und sich in ihren Augen ziemlich suspekt verhielten.

Sirius blickte lächelnd in die Luft und hielt ein halb abgebissenes Brot in der Hand, während James mit ausgestrecktem Arm seine Hand in die Luft hielt und sie hin und her streichen ließ, als würde er über den Rücken eines Pferdes streichen wollen.
 

Lily blinzelte ein paar Mal und fragte sich dann, ob die beiden nun so völlig hinüber waren, dass man sie besser ins Mungo Hospital einweisen sollte.

Sie war sich bei den vielen dämlichen, unsinnigen und halsbrecherischen Aktionen der beiden ohnehin nie sicher, ob sie noch alle Kegel stramm hatten. Doch dies war nun endlich der endgültige Beweis, damit einer Einweisung ins Mungo nichts mehr im Weg stand. Sie könnte sogar Mary und Rosalie als Zeugen hinzuholen, falls die Lehrer es ihr nicht glauben sollten.
 

Einen Moment lang sah sie den beiden noch bei ihrer merkwürdigen Aktion zu, bevor sie ein paar Schritte auf sie zu ging und sich räusperte, um auf dich aufmerksam zu machen.

Die beiden drehten sich zu ihr um und James Potters Hand schnellte sofort zu seinem Haar.

»Was tut ihr da?«, fragte sie die beiden in einem Ton, der selbst McGonagall alle Ehre gemacht hätte.

»Wir haben die Thestrale gefüttert«, erklärte James, als wäre es die normalste Sache auf der Welt.

»Die was?«, fragte Lily sichtlich irritiert.
 

Sie war bisher immer davon ausgegangen, dass die Kutschen wie jedes Jahr von alleine nach Hogwarts fuhren. Zudem konnte sie weit und breit auch nichts erkennen.

James wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, doch Lily gebot ihm mit einer Geste zu schweigen.

»Ich will es lieber gar nicht wissen«, sagte sie dann. »Es wäre sehr freundlich von euch, wenn ihr wieder in die Kutsche steigen würdet, ihr haltet nämlich sonst den ganzen Verkehr auf«, fügte sie dem noch hinzu, bevor sie auf dem Absatz kehrt machte und wieder zu ihren Freundinnen zurückging.

James zuckte nur mit den Achseln und stieg ebenso wie Sirius wieder in seine Kutsche, welche sich auch sogleich in Bewegung setzte.
 

Als sie oben am Schloss angekommen waren, freuten sich alle schon auf das unverschämt leckere Essen in der Großen Halle und ihre weichen Himmelbetten in ihren Schlafsälen.

Als Lily durch das große Eichenportal trat musste sie erst einmal tief durchatmen. Ein großes Lächeln machte sich auf ihrem Gesicht breit.
 

»Endlich wieder zu Hause«, murmelte sie leise, als sie beinahe über Sirius und James gestolpert wäre, welche sich im Eingangsbereich auf den Boden gekniet hatten und den Boden küssten. Lily verdrehte die Augen. Das war so typisch.
 


 

***
 


 

Das Essen in der großen Halle war wie es immer war, ein Traum für jeden der niemals durch diese Tore gehen durfte. Die vier großen Haustische verliefen direkt auf das Lehrerpodium zu, das etwas erhöht lag.

Professor Dumbledore, der Schulleiter von Hogwarts erhob sich und gebot der lauten Menge der Schüler zu schweigen.
 

Er sah älter aus als nie zuvor. Durch seine Brille mit den Halbmondgläsern, welche auf seiner Nase ruhte, sah er in die Menge der ruhiger werdenden Schüler hinab.

Sein Gesicht lag in Falten und wirkte tief besorgt. Der Blick seiner hellblauen Augen wanderte an jedem der einzelnen Haustische entlang und James hätte schwören können, dass er für einen Moment auf ihn ruhen blieb.
 

»Liebe alten und neuen Schüler, liebe Kollegen und Kolleginnen«, begann Dumbledore seine Begrüßungsrede.

»Wieder beginnt ein neues Schuljahr in Hogwarts. Nachdem wir nun alle gegessen und getrunken haben und die Erstklässler auf ihre Häuser verteilt wurden, möchte ich noch zwei Dinge sagen.

Zum einen soll ich euch darauf aufmerksam machen, das der verbotene Wald, wie es der Name schon sagt für alle verboten ist, die nicht den Wunsch verspüren eines unheilvoll, schmerzlichen Todes zu sterben.

Des weiteren möchte ich die neuen aber auch die älteren Schüler-«
 

James und Sirius mussten schmunzeln, da Dumbledores Blick nun wirklich für eine Sekunde auf den beiden ruhen blieb.
 

» -daran erinnern, dass niemand keinesfalls unter keinen Umständen nachts in der Schule herumschleichen darf! Schon gar nicht um irgendwelche Streiche auszuhecken.«
 

James und Sirius zuckten nur mit den Achseln und warfen Dumbledore einen unschuldigen Blick zu. Sanftes Gelächter brach am Gryffindor Tisch aus.
 

»Dies ist in diesem Jahr umso wichtiger als in allen anderen Jahren. Auch wenn viele eurer Eltern nicht wünschen, dass ich mit euch darüber spreche, da sie Hogwarts für den sichersten Ort der Welt halten, so denke ich ist es dennoch meine Pflicht es euch als Schulleiter von Hogwarts mitzuteilen.«
 

Sofort verstummte jedes Geräusch in der großen Halle. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, als alle Schüler ihren Blick nach vorne gerichtet hatten.
 

»Wie ihr es sicher schon in den Nachrichten oder durch andere Quellen erfahren habt, ist der schwarze Lord mächtiger als nie zuvor. Er schart seine Gefolgsleute, Todesser genannt, immer mehr um sich. Das vermehrte Verschwinden von Leuten und vor allem der gestrige Angriff auf die Winkelgasse, sollte uns zu denken geben immer vorbereitet zu sein, da niemand erahnen kann was sein nächster Schachzug werden wird.«
 

Dumbledore machte eine Pause, doch niemand wagte es das gebannte Schweigen zu durchbrechen. Sein Blick schweifte durch die Menge und er bemerkte die wachsende Panik, welche in vielerlei Schüleraugen zum Vorschein kam.
 

»Wir versuchen unsere Schule so gut wie möglich zu schützen. Der dunkle Lord wird niemals bis hierhin vordringen können. Und damit wäre ich beim zweiten wichtigen Punkt angekommen. Es ist wichtig, dass ihr genau auf die Anweisungen eurer Lehrer, der Vertrauensschüler und der Schulsprecher hört.

Zwar schützen mächtige Banne und Flüche die Schule, jedoch hielt es das Zaubereiministerium für notwendig Dementoren in Hogsmeade und an das angrenzende Schulgelände zu positionieren. Es geschieht alles zu eurem eigenen Schutz, wie es der Zaubereiminister ausdrückte. Seit jedoch gewarnt, kommt den Dementoren, den Wächtern von Askaban, nicht zu nahe denn sie sind unberechenbare Wesen, die in manchen Fällen nicht zwischen Freund oder Feind zu unterscheiden wissen.«
 

Wieder machte Dumbledore eine Pause.

Einige Schüler sahen erleichtert aus, andere wiederum war immer noch Angst ins Gesicht geschrieben.
 

»Habt keine Angst! In Hogwarts seit ihr bestens geschützt, wenn ihr euch nur an meine Anweisungen haltet. Und nun ab in eure Betten es ist spät«, endete Dumbledore seine Ansprache.
 

Die Vertrauensschüler erhoben sich und begleiteten die jüngeren Schüler in die Gemeinschaftsräume ihrer jeweiligen Häuser.

Auch Sirius, Remus und Peter erhoben sich, um in ihre Schlafsäle zu gehen, doch James Potter blieb sitzen und starrte noch eine Weile zum Lehrerpodium hinauf. Dumbledore stand mit McGonagall und Slughorn zusammen. Es schien so als würden sie sich über das weitere Vorgehen unterhalten, da Slughorn immer wieder beunruhigende Blicke in die Schülermenge warf.
 

Dumbledores Rede war beunruhigend, ebenso wie McGonagalls Erläuterungen im Zug und die scheinbar übertriebenen Sicherheitsmaßnahmen im Schloss.
 

War das alles wirklich nur eine reine Vorsichtsmaßnahme des Ministeriums, da sie nicht wussten was Voldemorts nächster Zug war oder war es das genaue Gegenteil?

Wussten Dumbledore und das Ministerium was Voldemort als nächstes plante? Wollten die Todesser möglicherweise sogar etwas oder jemanden, der sich in Hogwarts oder Hogsmeade aufhielt? Möglicherweise würde Hogwarts bald nicht mehr der sicherste Ort der Welt sein.

Zweifel

22. Akt: Zweifel
 

„Du darfst weinen, schreien

und vielleicht auch kurz daran zweifeln.

Doch dann musst du da raus gehen, kämpfen

und dir holen was du haben willst.“


 

»Potter!«, schrie die rothaarige so laut, dass die halbe Schule sie hören musste, während sie fuchsteufelswild die Grünfläche des Schlossgeländes betrat.
 

James Potter lag mit ausgestreckten Beinen auf dem Rasen. Er hatte die Augen geschlossen und einen Arm unter den Kopf gelegt.

Die letzten warmen Sonnenstrahlen des Jahres fielen in sein Gesicht während er einen großen Zug an seiner Zigarette nahm. Doch dann wurde es kühler um seinen Kopf herum. Ein Schatten, welcher die Sonne verdeckte, hatte sich über ihn gelegt.

Als er die Augen öffnete, funkelten ihn die wütenden grünen Augen von Lily Evans an, welche sich über ihn gebeugt hatte. Ihre roten Haare fielen ihr ins Gesicht und James musste lächeln als er sie erblickte.
 

»Was gibt's?«, fragte er und versuchte dabei möglichst gelangweilt zu klingen.

»Das fragst du noch?«, fuhr sie ihn an. »Was fällt dir ein, Severus so etwas anzutun?«
 

James nahm einen letzten Zug seiner Zigarette, bevor er sie achtlos ins Gras warf.

Sein zuvor noch mildes Lächeln verwandelte sich wieder in sein arrogantes Grinsen. Er stand vom Boden auf und verstrubbelte sich noch einmal die schwarzen Haare, bevor er antwortete.
 

»Was geht dich das an? Soweit ich weiß, seid ihr keine Freunde mehr.«
 

Lilys Pupillen weiteten sich. James Mimik war kalt und wirkte beinahe emotionslos auf sie, als er dies sagte.
 

»Ich- ich bin Vertrauensschülerin. Mir liegt das Wohl jeden einzelnen Schülers am Herzen.«
 

Lily wunderte sich wie fest ihre Stimme klang, als sie dies sagte. Sie hoffte, dass er nicht bemerkt hat, dass er ihr mit dieser Bemerkung wehgetan hatte.

Sie wollte sich vor ihm keine Blöße geben und ihm keine Schwäche demonstrieren. Sie wusste nicht warum, doch in seiner Gegenwart hatte sie das Gefühl immer stark sein zu müssen, um nicht daran zu zerbrechen, wie er ihr manchmal zusetzte.

Doch selbst wenn er gemerkt hätte, dass es sie verletzte hatte, wäre es ihm bestimmt egal gewesen, so wie ihm immer alles egal zu sein schien.
 

»Du hast keine Ahnung worum es dabei überhaupt ging. Daher solltest du dich besser daraus halten.«, sagte James ruhig.

Lily schnaubte nur verächtlich.

»Und wenn du mich fragst, war es zudem eine ziemlich unterhaltsame Aktion Schniefelus an seiner Unterhose ans Schultor zu hängen.«
 

»Ist das dein ernst?«

Lily fragte sich wie er das alles nur amüsant finden konnte, wo doch ein anderer Mensch dabei verletzt wurde. Denn auch wenn Severus keine körperlichen Schäden davon getragen hatte, so wusste Lily doch, dass es ihm zusetzte, wenn er vor der halben Schule so dermaßen bloß gestellt wurde.

James schenkte ihr einen Blick, welcher bestätigte, dass er genau dieser Meinung war. Er fand das ganze tatsächlich unterhaltsam, wie er es nannte.
 

» Hast du schon einmal darüber nachgedacht, was du anderen Menschen mit deinem Verhalten antust?«

James zuckte nur mit den Achseln.

»Soll das heißen es ist dir egal?«
 

James verdrehte die Augen über die Tatsache, dass sie sich so dermaßen darüber aufregte.

»Mach kein Drama draus, Evans. Zumindest haben einige hundert Schüler und ich mich darüber amüsiert. Der Rest interessiert mich nicht sonderlich.«

Er sagte dies in einem Tonfall, welcher durchblicken ließ, dass es ihn wirklich nicht interessierte, was sie ihm noch dazu zu sagen hatte, geschweige denn was sie von der ganzen Sache hielt.
 

»Du solltest deine hübsche Nase nicht immer in Angelegenheiten stecken, die dich nichts angehen.«

Dabei stupste er sie mit seinem rechten Zeigefinger auf die Nase. Dann richtete er sein Jackett, welches er unter seinem Umhang trug und lächelte zum Abschied, als er plötzlich von der Seite angesprungen wurde. Er torkelte einen Meter zur Seite, als sich zwei Arme und seine Taille schlangen.
 

»James!«, kreischte ein blondes Mädchen in Hufflepuffuniform.
 

Lily verdrehte die Augen. Das hatte gerade noch gefehlt.

Natürlich musste sich in diesem Moment der absoluten Arroganz von James Potter ein Mädchen an seinen Hals werfen, um damit seine hohe Meinung von sich selbst auch noch zu bestätigen. Lily schlug sich die Hand vor den Kopf, als James gerade begonnen hatte mit eben dieser Dame zu flirten.

Er würde ihr nun ohnehin nicht mehr zuhören, daher zog sie ihre Tasche dichter an ihre Schulter und ging zurück ins Schloss. Es hatte keinen Sinn jetzt noch zu versuchen ihm eine Standpauke über Anstand und Moral zu halten, er würde es ja doch nicht verstehen.
 

»Was sollte das?«
 

Lily blickte sich um und erkannte Rosalie, welche an der Steinmauer im Eingangsbereich lehnte. Beinahe hätte Lily sie vergessen als sie wutentbrannt über den Rasen gefegt ist. Doch Rosalie war immer noch da. Sie hatte auf sie gewartet, da sie eigentlich gemeinsam zum Mittagessen gehen wollten.
 

»Er hat Recht. Du und Severus seid keine Freunde mehr und du wolltest das Thema endgültig abschließen. Warum also setzt du dich immer noch so dermaßen für ihn ein?«, fragte Rosalie ganz unverblümt.
 

Lily kniff ihre Augen zusammen, wandte jedoch den Blick von ihr ab.

So war Rosalie schon immer gewesen. Sie hatte immer direkt und ohne Rücksicht auf Verluste ihre Meinung kund getan und eigentlich war das eine Eigenschaft an ihr, welche Lily besonders schätzte in ihrer Freundschaft.
 

»Ich bin Vertrauensschülerin. Mir liegt das Wohl eines jeden Schülers am Herzen«, wiederholte Lily ihre Worte von vorhin.
 

Rosalie seufzte und verdrehte die Augen. Sie musste wohl gehört haben, dass sie genau das auch zu James gesagt hatte.

Es war eine Sache vor James Potter so zu tun, als wäre man bloß ein Moralapostel aber vor einer Freundin, welche Lily schon seit einigen Jahren kannte, war es beinahe unmöglich sie mit so einer Aussage abzuspeisen. Doch Rosalie bedrängte Lily nicht weiter und richtete ihre Tasche.
 

»Wollen wir dann zum Mittagessen?«

»Weißt du, ich habe eigentlich gar keinen Hunger. Ich habe gleich sowieso ein Vertrauensschüler Meeting und gehe am besten schon mal.«
 

Rosalie zog die Augenbrauen zusammen und warf Lily einen verwirrten Blick zu, fragte sie jedoch nicht weiter aus wegen ihrer Beweggründe.
 

»Okay, dann sehen wir uns später beim Auswahlspiel. Du kommst doch?«, fragte Rosalie noch einmal.
 

»Klar.«
 

Rosalie nickte ihr kurz zu und machte sich alleine auf den Weg in die große Halle.

Lily war dankbar dafür, dass sie keine Fragen stellte und auch dafür, dass sie nun ein paar Minuten Ruhe hatte.
 

Als sie im Klassenzimmer für Zauberkunst ankam, wo heute das Vertrauensschülertreffen stattfinden sollte, war der Raum vollkommen leer. Sie war also die Erste, was kein Wunder war wenn man bedachte, dass das Treffen erst in einer halben Stunde anfangen würde und die meisten wohl noch beim Mittagessen saßen.

Sie setzte sich an einen der hinteren Tische und legte ihre Tasche auf dem Tisch ab. Ein paar Minuten starrte sie einfach nur in der Gegend herum, doch dann packte sie ihren Zeichenblock aus und begann zu zeichnen.
 

Währenddessen dachte sie darüber nach, was James und Rosalie zu ihr gesagt hatten. Vertrauensschülerin hin oder her, warum setzte sie sich immer noch so dermaßen für Severus ein? Das ganze ging sie doch überhaupt nichts mehr an. Sie hatte ihm damals selbst gesagt, dass es ihr beim nächsten Mal egal sein würde. Sie hatte den ganzen Sommer versucht das Thema Severus zu verdrängen und sie war froh, dass sie ihm in den Ferien nicht begegnet war.

Das lag vermutlich auch daran, dass sie all die Orte tunlichst gemieden hatte an denen sie sich sonst immer getroffen haben. Severus Haus, der Wald, die Wiese am Fluss und natürlich ihr Baum. Die große Eiche unter der sie im Sommer immer viel Zeit mit lachen und herumtollen verbracht haben. Auch wenn sie in diesem Jahr nicht an ihrem Lieblingsbaum gewesen ist, konnte sie sich noch genau daran erinnern wie er aussah, wie die Äste ineinander verworren waren, an welcher Stelle sich das Vogelnest befand, welches sie und Severus in den letzten Osterferien entdeckt hatten, wie die Rinde des alten Baumes roch und wie sich der Wind anfühlte, der die Blätter zum rascheln und tanzen brachte.
 

»Wow hast du das vollkommen frei aus den Gedanken gezeichnet?«
 

Lily riss erschrocken die Augen auf und blickte über ihre Schulter. Sie war so in ihren Gedanken versunken gewesen, dass sie gar nicht bemerkt hatte, dass jemand den Raum betreten hat.
 

»Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken«, sagte die sanfte Stimme von Remus Lupin, welcher sich auf den Stuhl neben sie setzte.
 

»Schon gut«, murmelte Lily und strich sich verlegen ein paar Haare hinters Ohr.
 

»Ist das ein Baum hier auf dem Schlossgelände?«, fragte Remus dann interessiert und musterte Lilys Zeichnung genauer.

»Die Eiche steht bei mir zu Hause, in meinem Dorf meine ich.«

»Sie muss wohl eine besondere Bedeutung für dich haben, wenn du dich an so viele Details erinnern kannst.«

»Ja, diese Eiche ist etwas ganz besonderes«, sagte Lily so leise, dass Remus sie beinahe nicht verstanden hätte.
 

Dann betraten Chad Oldren und Anne Grey als letzte den Raum und begannen mit dem Vertrauensschülertreffen.
 


 

***
 

James Potter stand vor seinem Spind im Umkleideraum des Gryffindor Quidditchteams und hatte einen Fuß auf die Holzbank gestellt, um sich seine Schuhe zu zubinden. Er machte wie immer einen Doppelknoten und zog an der obersten Lasche seiner Schuhe bevor er sich seine Tasche über die Schulter warf und sich noch einmal in der Umkleide umsah. Es war niemand da außer ihm. Es war auch noch Zeit bis das Auswahlspiel anfangen sollte. Es waren sogar noch knappe 40Minuten.

Dennoch nahm er seinen Besen in die Hand und betrat die grüne Rasenfläche des Stadions. Er atmete noch einmal die Luft um sich herum ein. Den frischen Geruch des Grases unter seinen Füßen, der immer noch angenehm warme Wind und der Geruch von feuchtem Holz von den Tribünen fühlte sich so vertraut an, als wäre er nie weg gewesen.
 

James durchquerte das Stadion und setzte sich am anderen Ende auf eine Holzbank. Er ließ seine Tasche auf den Boden sinken, legte seinen neuen Besen, dem sein Vater ihm kurz vor Schuljahresbeginn geschenkt hatte auf die Bank und nahm einer seiner Zigaretten aus der Schachtel. Es waren nur noch 3 weitere übrig.

In den letzten Tagen hatte er wirklich viele Zigaretten geraucht und sein Vorrat ging bald zur neige. Da das erste Hogsmeadewochenende noch ein wenig auf sich warten ließ hatte er am Morgen eigentlich darüber nachgedacht seine letzten Zigaretten besser einzuteilen, hatte es sich im Laufe des Nachmittags jedoch anders überlegt.

Seufzend kramte er in der Innenseite seiner Tasche nach seinem Benzinfeuerzeug, als er plötzlich etwas anderes in den Händen hielt. Es war ein mit gold-Ranken verziertes Medaillon, in deren Mitte ein bernsteinfarbener Stein prangte.

Er erinnerte sich an das Gespräch mit seinem Vater nach dem Angriff auf die Winkelgasse und kurz bevor er wieder nach Hogwarts zurückgekehrt war.

Er wandte das Medaillon ein paar Mal in seiner Hand und ließ das orangene Licht, der untergehenden Sonne das Medaillon bescheinen, damit er den Stein besser betrachten konnte.

Doch auch nach näherer Betrachtung konnte er nichts ungewöhnliches daran erkennen und mal abgesehen davon, dass der Stein und die Kette aus purem gold bestanden auch nichts wertvolles. Er fragte sich, was es mit dem Medaillon auf sich hatte. Da es problemlos durch die Kontrollen bei ihrer Anreise in Hogwarts gekommen ist, konnte es wohl kaum irgendein bedeutendes Artefakt sein, das wäre doch jemanden aufgefallen, wenn er es den finden wollte.
 

Seufzend lies er das Medaillon zurück in seine Tasche gleiten und zündete sich endlich seine Zigarette an. Sein Vater musste seine Gründe gehabt haben, warum er es ihm gegeben hatte, denn Fleamont Potter tat nie etwas aus purer Spontanität heraus und schon gar nicht aus Sentimentalität. Möglicherweise war das Medaillon sogar ein altes Familienerbstück und er wusste nicht einmal etwas davon.

James lehnte den Kopf über die Lehnte an der Bank und richtete seinen Blick in den Himmel, dem er den Qualm seiner Zigarette entgegen blies.
 

Nach einer Weile vernahm er, dass er nicht mehr alleine im Stadion befand uns setzte sich aufrecht auf die Bank. Mit zusammengekniffenen Augen musterte er die anderen Schüler, welche zum Auswahlspiel erschienen waren. Es waren definitiv ein paar Erstklässler dabei, welche er gleich sofort wieder weg schicken würde. Er hatte präzise auf den Aushang geschrieben, dass er nur Schüler ab der zweiten Klasse dabei haben wollte.

Sein Blick schweifte über die restliche Schülermenge. Er sah viele Gesichter, die ihm nichts sagten, als ob er sie noch nie bemerkt hatte. Dann waren da wieder Gesichter, die ihm bekannt vor kamen, die er aber nicht zuordnen konnte. Und dann war da dieses Mädchen aus der 5ten, die er im letzten Schuljahr gedatetet hatte. Wie hieß sie noch gleich? Es war etwas mit E am Anfang. Emma, Evelyn, Emily? Ja genau das muss ihr Name gewesen sein. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass sie sich für Quidditch interessierte. Nun ja, er war damals ziemlich schnell von ihr gelangweilt gewesen und hatte ihr möglicherweise ab diesem Zeitpunkt dann nicht mehr die Beachtung geschenkt, die sie gerne von ihm gehabt hätte.

Dann war da noch ein Junge aus der 4ten, der ihm bekannt vor kam, doch er konnte sich beim besten Willen nicht an seinen Namen erinnern. Woran er sich jedoch erinnern konnte, war, dass er es im letzten Jahr nur ganz knapp nicht ins Team geschafft hatte. Möglicherweise hatte er in den Ferien trainiert, zumindest hoffte James das.

Schließlich musste er es irgendwie schaffen ein brauchbares Team zusammen zu stellen.

Und plötzlich tauchte da doch noch ein bekanntes Gesicht auf. Um genau zu sein waren es sogar zwei. Lily Evans und Rosalie Pond betraten das Stadion. Rosalie trug die Trainingssachen der Gryffindors, doch Lily hatte ihre Schuluniform anbehalten.

James musste grinsen als er sie sah. Er würde niemals vergessen, wie Lily Evans sich in ihrer ersten Flugstunde ihren Besen ins Gesicht geknallt hatte. Er hatte damals mitunter am lautesten gelacht.

James wusste nicht, wieso er sich genau daran erinnern konnte, wo doch alle anderen Erinnerungen an sie nur verschwommen in seinem Kopf vorhanden waren.

Sirius näherte sich ihm und setzte sich auf die Bank neben ihm und sortierte die Pergamentrollen, welche er mitgebracht hatte.

Auf der einen Rolle hatten James und Sirius in der vergangenen Nacht die Vor- und Nachteile der einzelnen Spieler aus den letzten Jahren aufgeschrieben, welche sich in diesem Jahr vermutlich wieder für die Mannschaft bewerben würden.

Auf der anderen Rolle waren alle Namen, die Klasse und die Position um die sich die Neuzugänge bewarben notiert.

James überflog die Liste und griff sofort nach seiner Feder, um die Erstklässler wieder durchzustreichen, welche sich eingetragen hatten.

»Das wird ein hartes Stück Arbeit«, seufzte James und ließ sich von Sirius aufmunternd auf die Schulter klopfen.
 

Dann schritt er auf die Mitte des Rasens zu und räusperte sich. James war verwundert, dass er sofort die Aufmerksamkeit von allen Schülern hatte und lächelte befriedigend vor sich hin.
 

»Danke, dass ihr alle erscheinen seid«, begrüßte er die Gruppe. »Leider muss ich alle Erstklässler dennoch auffordern, dass Stadion zu verlassen, da ich nur Spieler ab der zweiten Klasse akzeptiere und das wird auch nicht diskutiert«, fuhr er fort.
 

Drei Schüler verließen mit gesenktem Kopf wieder das Feld.
 

»Gut, da wir das nun geklärt haben, können wir anfangen. Zunächst möchte ich die Anwärter für die Jäger nach vorne bitten. In diesem Jahr suchen wir zwei.«
 

James ließ die Anwärter für die Jäger vortreten und sich die anderen Schüler auf die Bank setzen. Er warf den Quaffel in die Luft und sah zu wie sich die anderen den Quaffel zupassten.

James war froh, dass ihr Hüter aus dem letzten Jahr zugestimmt hatte wieder für Gryffindor zu spielen, so hatte er wenigstens keine Mühe, die Anwärter für die Jäger an ihre Grenzen zu treiben, als es zu den Freiwürfen kam.

Zwei passende Jäger zu suchen schien für ihn die schwierigste Aufgabe zu sein, da er selbst über die Jahre einen eigenen Stil für sich entwickelt hatte und er unbedingt jemanden brauchte, der sich damit arrangieren konnte. Er brauchte jemanden, der sich darauf einließ, jemanden der gut war, aber nicht so arrogant zu denken, er könne alles im Alleingang schaffen.

Nach einer Weile stießen ihm auch schon ein Junge aus der vierten und seine Ex aus der fünften ins Auge. Emily. Er konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern, dass sie Quidditch spielte und das auch noch mehr als passabel. Vielleicht hätte er damals nicht so schnell mit ihr Schluss gemacht, wenn er gewusst hätte wie talentiert sie auf dem Quidditchfeld zu sein schien.
 

Als nächstes ließ er den goldenen Schnatz frei und beauftragte die Bewerber für die Sucher ihn zu finden. Er würde einfach denjenigen zum Sucher erklären, der diesen am schnellsten finden würde.
 

James hatte erwartet, dass Rosalie Pond sich ebenfalls um die Position des Suchers bewerben würde. Dies taten die meisten Mädchen, doch schließlich blieb sie mit den restlichen Treibern als einziges Mädchen auf der Bank zurück.
 

James rief alle zu sich und rüstete sie mit den Schlägern aus, dann ließ er die Klatscher frei und forderte die Anwärter auf die Sucher vor den Klatschern zu schützen und die Jäger zu treffen, welche sich immer noch den Quaffel zupassten. James wollte sehen, wie sich alle Spieler in der Gegenwart von Klatschern verhielten, denn es war eine Sache auf einen Besen zu fliegen und sich einen Ball zuzupassen, aber eine vollkommen andere, wenn man nebenbei noch Angriffen ausweichen musste.

Doch was er sah, schien ihn größtenteils zu überzeugen. Ein Junge aus der zweiten Klasse ist gekonnt einigen Klatschern ausgewichen und hat ihm nach nur 30Minuten den goldenen Schnatz gebracht. Seine Meinung über seine Favoriten unter den Jägern hatte sich ebenfalls bestätigt, einen Hüter hatte er sowieso und nun brauchte er nur noch zwei brauchbare Treiber. Doch in diesem Jahr war nicht wirklich jemand dabei, der ihn hundert prozentig überzeugen konnte. Das einzige was ihn verwunderte war, dass Rosalie Pond ungewöhnlich gut mit dem Schläger umgehen konnte, auch wenn sie das mit den Klatschern nicht immer gut hinbekam.

Er entließ alle Spieler bis auf Rosalie und Edgar. Dann rief er Sirius über das Feld zu.
 

»Sorry Pad, du hast keine Wahl in diesem Jahr, du wirst mein Treiber sein.«
 

Sirius hob eine Augenbraue und sah gar nicht erfreut aus. Er mochte Quidditch ohne Frage und spielte für sein Leben gern den Treiber, wenn sie im Garten der Potters Quidditch spielten, doch er wollte nie in die Hausmannschaft und das wusste James. Das viele Training, die Verantwortung, die Zeit die ihm dann fehlen würde, um in irgendwelchen Motorradmagazinen zu blättern, das alles wollte er nicht aufgeben.
 

»Du hast es versprochen Pad. Ich brauche dich, niemand ist gut genug. Schlimm genug, dass ich einen von den beiden nehmen muss, weil sonst niemand mehr übrig ist.«
 

Sirius seufzte und sein Blick schweifte gen Himmel. Er musterte die beiden verbleibenden Spieler.
 

»Ich darf mir dann aber wenigstens meinen Partner aussuchen.«
 

Dann nahm er James Besen und erhob sich in die Lüfte, um den anderen mal ordentlich Feuer unterm Hintern zu machen.
 

James ließ alle noch eine Weile weiter spielen und pfiff das Spiel schließlich ab, als die Sonne fast verschwunden war. Immerhin musste er als Kapitän alle vor Sonnenuntergang zurück ins Schloss schicken auf Anweisung von Dumbledore und dem Zaubereiministerium und Filch wird es sich sicher nicht nehmen lassen, dies auch genaustens zu kontrollieren.
 

»Wir nehmen Pond«, sagte Sirius schließlich, als er neben James wieder auf dem Rasen landete und ihm seinen Nimbus in die Hand drückte. Rosalie landete neben ihm und lächelte, während sie versuchte den Klatscher wieder in die Kiste zu schnallen. Sirius kam ihr zur Hilfe.
 

»Glückwunsch Pond, du bist im Team«, sagte James und streckte ihr seine Hand entgegen.
 

Rosalie drückte seine Hand und James gab ihnen das Kommando, dass die beiden sich auf den Weg ins Schloss machen sollten. Schließlich war das die Rahmenbedingung für das späte Training gewesen. Er sollte persönlich dafür sorgen, dass alle Schüler sich direkt auf den Weg ins Schloss machten.
 

»Was ist mit dir?«, fragte Sirius.

»Ich räume hier noch alles weg. Falls ich es vorne nicht mehr durch schaffen sollte vor Sonnenuntergang nehme ich einfach einen der Geheimgänge.«
 

»Alles klar. Wir sehen uns dann später.«
 

Sirius wandte sich von James ab und wandte sich wieder Rosalie zu.
 

»Hey Pond. Du hast Glück. Ich werde dich persönlich zurück ins Schloss eskortieren«, sagte Sirius im überschwänglichem Tonfall und klopfte ihr anerkennend auf die Schulter, um ihr nochmals zu gratulieren.
 

James musste lächeln, dass Sirius sich hat breitschlagen lassen im Team zu spielen. Er wusste natürlich, dass Sirius davon nicht besonders angetan war. Doch nun hatte er es James einfach nicht abschlagen können.
 

James sammelte den Quaffel ein und verstaute den Ball wieder in der Kiste. Mit einem Accio Zauber sammelte er auch die Schläger wieder ein und verstaute sie zum Transport in seiner Tasche, welche er sogleich über seine linke Schulter warf. Mit einem weiteren Zauber ließ er die schwere Kiste hinter sich her fliegen, während er über den Rasen durchs Stadion zurück zu den Umkleiden der Gryffindors marschierte.
 

An der Wand vor der Männerumkleide lehnte Lily Evans und sah den Gang hinunter, blickte jedoch auf, als James auf sie zu kam. Einen Moment lang sahen sich die beiden nur fragend an. Einen Augenblick lang dachte James sogar, sie hätte vielleicht auf ihn gewartet. Doch das würde eine Lily Evans niemals tun. Zudem verriet ihm ihr Blick, dass sie überrascht war ihn zu sehen. Und dann zählte er eins und eins zusammen.
 

»Das ist die Männerumkleide. Die Damen sind auf der anderen Seite«, bemerkte er dann.
 

»Oh«, sagte Lily nur und stieß sich von der Wand ab um auf die andere Seite zu gehen.
 

»Pond ist schon weg«, sagte James dann und Lily wandte sich wieder zu ihm um.

»Ich hab alle auf direktem Weg zurück ins Schloss geschickt nach dem Training auf Dumbledores Anweisung hin.«

»Oh, ich dachte sie würde nochmal hierher kommen. Ich geh dann mal«, sagte Lily.
 

»Warte!«, sagte James und hielt sie am Handgelenk fest. »Du solltest im Dunkeln nicht allein zurück gehen. Ich begleite dich.«
 

Lily blinzelte ein paar Mal und sah ihm skeptisch an.
 

»Das gibt sonst Ärger wenn Filch sieht, dass jemand nach Sonnenuntergang vom Training kommt. Das wirft ein schlechtes Licht auf mich als Kapitän.«
 

»Okay«, sagte Lily nur leise.
 

»Ich bring das nur noch eben weg«, sagte James dann und verschwand mit der Kiste und den Schlägern zum Ende des Ganges.
 

Er schloss den Schrank auf und verstaue die Kiste darin. Danach packte er die Schläger aus seiner Tasche ebenfalls in den Schrank und schloss ihn wieder ab. Dann schulterte er seine Tasche und ging zu Lily zurück, welche wieder an der Wand lehnte.
 

»Können wir gehen Miss Evans?«, fragte er dann charmant und bot ihr seinen Arm an.
 

Lily warf ihm einen skeptischen Blick zu. Ihre Augen wanderten zu seinem Arm und wieder zurück zu seinem Gesicht.

Dann verschränkte sie die Arme vor ihrer Brust und nickte ihm bloß zu.

James verdrehte die Augen und ließ seinen Arm wieder sinken.
 

»Du bist manchmal so verklemmt, Evans«, nuschelte er leise vor sich hin.
 

Dennoch folgte er ihr schnellen Schrittes zur Tür hinaus und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zurück ins Schloss.
 

Schweigend gingen sie mit einem Meter Abstand nebeneinander her.
 

Als sie sich dem großen Eichenportal näherten, bemerkte James, dass die Tür nur einen Spalt geöffnet war. Lily konnte gar nicht so schnell reagieren, wie James sie am Handgelenk zu den Sträuchern hinter einen Baum zerrte.
 

»Lass mich sofort los«, schrie Lily fast, doch James legte ihr einen Finger auf die Lippen und gebot ihr so zu schweigen.

»Sei still, sie hören uns sonst«, fuhr er sie im Flüsterton an.
 

Lily fragte sich wovon er überhaupt redete. Es war doch niemand da außer ihr und ihm. Doch dann hörte sie das schnurren einer Katze. Vorsichtig lugte sie an der Seite des Baumes entlang und erkannte Filch, den Hausmeister von Hogwarts, welcher in der Tür stand und mit einer Laterne in die Dunkelheit leuchtete, während das Fell von Mrs. Norris nach oben gesträubt war und sie mit ihren Katzenaugen in die Dunkelheit starrte.
 

»Verdammt!«, fluchte James und blickte von Filch zu Lily und wieder zurück.
 

Sie konnten unmöglich durch das Eichenportal gehen, wenn Filch bereits auf sie wartete.

Es wäre ihm egal gewesen eine Strafarbeit zu bekommen oder ein paar Punkte zu verlieren, doch hierbei ging es um mehr. Er hatte Dumbledore und McGonagall sein Wort gegeben, dass alle Schüler vor Sonnenuntergang wieder im Schloss sein würden. Sollte Filch sie nun erwischen, war es das fürs erste mit dem abendlichen Quidditchtraining und das auch noch an seinem ersten Tag als Kapitän.
 

Ursprünglich wollte er ja einen der Geheimgänge nehmen, doch mit Lily war dies unmöglich. Der einzige unter Schülern relativ bekannte Geheimgang war der am verbotenen Wald gewesen, doch dank Snapes Neugierde an Vollmondnächten draußen herum zu schleichen wurde dieser Geheimgang im letzten Jahr während eines kleinen nächtlichen Abenteuers verschüttet.
 

»Was machen wir jetzt?«, fragte sie nach einer Weile.
 

James blickte auf sie herab und musterte sie einen Moment lang in der Dunkelheit. Die anderen Geheimgänge waren den meisten Schülern und Lehrern relativ unbekannt und das sollte möglichst auch so bleiben.

Wer weiß was Lily Evans mit ihrem Wissen um die Geheimgänge alles anfangen würde. Vielleicht würde sie es sogar einem Lehrer melden.
 

»Wir können auf keinen Fall da vorne durch. Filch würde das sicher melden.«

»Sehe ich genauso«, stimmte sie ihm zu.
 

James warf ihr einen verwunderten Blick zu und fragte sich, warum es ihr so wichtig war nicht erwischt zu werden. Immerhin könnte sie ihm die Schuld aufhalsen.
 

»Ich bin Vertrauensschüler, ich darf nach den verschärften Sicherheitsmaßnahmen genauso wenig wie du jetzt noch draußen sein«, beantwortete sie ihm seine ungesagte Frage.
 

Wieder musterten sich beide einen Moment und Lily sah ihn erwartungsvoll an, doch James sagte kein Wort. Nach einer Weile seufzte Lily genervt und verdrehte die Augen.
 

»Komm schon Potter, ich will nicht die ganze Nacht hier draußen verbringen. Ich weiß genau, dass du mit Sicherheit irgendeinen Geheimgang kennst, der uns unbemerkt wieder ins Schloss bringt«, sagte Lily und verschränkte die Arme vor der Brust.
 

James musste grinsen.
 

»Miss Evans, sie stecken voller Überraschungen«, gestand er und zog sie vorsichtig am Arm zu den Gewächshäusern herüber.
 

Den unterirdischen Geheimgang, welcher im Keller endete, konnte sie ruhig kennen. Den benutzten die Rumtreiber ohnehin nicht sonderlich oft.
 

»Hat Rosalie es eigentlich ins Team geschafft?«, flüsterte Lily nach einer Weile.

»Pond ist im Team. Sie kann wirklich gut mit dem Schläger umgehen.«

Lily lächelte nur und antwortete ihm nicht. Sie freute sich für Rosalie. Sie hatte ganze zwei Sommer und die Weihnachts- und Osterferien trainiert, um eine Chance zu haben ins Team zu kommen. Es hatte sich also gelohnt.
 

James öffnete eine Luke im Gras und gebot Lily mit einer Handbewegung hineinzugehen.
 

»Lumos«, murmelte Lily und die Spitze ihres Zauberstabes begann zu leuchten.
 

Vorsichtig stieg sie die Treppen hinab und tastete sich die einzelnen Stufen nach unten. James folgte ihr und stellte sicher, dass die Luke wieder verschlossen war, bevor auch er die Spitze seines Zauberstabes zum leuchten brachte.
 

»Hier lang«, sagte James und griff wieder nach ihrem Arm.

Lily warf ihm einen merkwürdigen Blick zu und James musste grinsen.

»Weißt du auch wenn du mich für den großen bösen Wolf hältst, beiße ich heute ausnahmsweise mal nicht.«
 

Lily folgte ihm die Treppen weiter nach unten, bis sie schließlich in einem Gang ankamen, welcher bestimmt hundert Meter lang war. Am Ende des Ganges erkannte Lily einen Wandteppich.
 

»Nox«, flüsterte James und die Spitze seines Zauberstabes wurde wieder dunkel. Lily tat es ihm gleich.
 

Vorsichtig tasteten sich die beiden an den Wandteppich heran. James legte ein Ohr an die Wand und versuchte zu lauschen, ob irgendjemand in der Nähe war. Eigentlich hatte er für solche Fälle die Karte des Rumtreibers dabei, aber diese konnte er unmöglich vor Lily ausbreiten. Es ärgerte ihm schon genug, dass sie über den Geheimgang Bescheid wusste.
 

»Ich glaub die Luft ist rein«, sagte er dann.
 

Lily trat vor und wollte den Wandteppich beiseite ziehen, doch James hielt sie wieder Mal am Handgelenk fest.
 

»Ich würde es sehr zu schätzen wissen, wenn dieser kleine Ausflug und der Geheimgang unter uns bleiben könnte«, sagte er dann.
 

»Meinetwegen«, nuschelte Lily.
 

James schenkte ihr ein Lächeln und ließ ihren Arm wieder los. Er zog den Wandteppich beiseite und hüpfte einen guten Meter herunter auf den Kerkerboden. Lily welche gerade an den Rand getreten war, stützte sich an der Wand ab und überlegte gerade, ob sie den Meter auch hinunterspringen oder sich lieber setzten sollte, doch da hatte sie James schon an der Taille gepackt und sie hinunter gehoben.
 

Die beiden hatten nicht gemerkt, wie sich ihnen Schritte näherten, doch als sie den Gang entlang blickten, bemerkten sie eine Gestalt, welche auf sie zu kam.

Es war ein Junge in Slytherin Uniform, was kein Wunder war, wenn man bedachte, dass das hier die Kerker ganz in der Nähe des Slytherin Gemeinschaftsraumes waren.

Doch was Lily mit Sicherheit nicht erwartet hatte, waren die beinahe schwarzen Augen von Severus Snape, welcher stehen geblieben war und sie fixierte. Sein Blick wanderte von ihrem ertappten Gesichtsausdruck, zu James, welcher eher verärgert aussah bis hin zu Lilys Taille, an der immer noch James Hände lagen.
 

»Du und er?«
 

Es war kaum mehr als ein Flüstern, ein tonloser Atemzug, welcher Verwunderung, Entsetzen und Ungläubigkeit zugleich ausdrückte.

Lily hatte für einen winzigen Moment das Bedürfnis sich rechtfertigen zu müssen. Severus erklären zu müssen, dass es nicht so war wie es gerade aussah. Aber wie sah es eigentlich für ihn aus? Hatte er gesehen, wie die beiden aus dem Geheimgang gekommen sind?
 

»Da hast du uns wohl erwischt«, sagte James im dramatischen Tonfall und legte seinen Arm enger um Lilys Taille.
 

Lily blinzelte ein paar Mal und versuchte zu verstehen, was in seinem Kopf vorging.

Gerade noch hatte sie gedacht, dass er womöglich gesehen hätte, wie sie aus dem Geheimgang kamen, doch offenbar war Severus zu irritiert gewesen von der Tatsache, dass James Potter, der, den er am wenigsten leiden konnte an dieser Schule hier bei ihr war.

Wie mochte das ganze wohl für ihn aussehen? Er konnte doch unmöglich glauben, dass sie sich hier in den dunklen Kerkern mit James getroffen hatte.
 

Lily blickte von Severus zu James, welcher seinen Arm an ihre Taille gelegt hatte und Severus überlegen angrinste. Er schien sofort gemerkt zu haben, wie Severus das ganze aufgefasst haben muss.
 

»Wie kannst du nur? Mit ihm?«, fuhr Severus sie nun wütend an.
 

Lily kniff ihre Augen zusammen und fixierte ihn wütend. Denn plötzlich war alles wieder da.
 

Jede Erinnerung an jeden Moment in dem sie in den letzten beiden Jahren das Gefühl gehabt hatte, dass Severus sich verändern würde, wie sie jedes mal enttäuscht war, wenn er etwas getan hatte, um bei Avery und Mulciber beliebt zu sein und natürlich den Tag der ZAG Prüfungen, an dem er sie Schlammblut genannt hatte und damit den Bruch zwischen den beiden besiegelt hatte.
 

Sie erinnerte sich daran, wie wütend sie auf ihn gewesen war und wie sich diese Wut in Trauer verwandelt hatte und sie dann feststellen musste wie enttäuscht sie von ihm war und dass sie ihm das alles nicht verzeihen konnte.
 

Die ganzen Ferien und die ersten Tage und Wochen in Hogwarts hatte sie ihn gemieden, sie wollte ihn nicht mehr sehen und das Thema verdrängen.
 

»Das geht dich nichts mehr an, Severus«, sagte sie dann und wunderte sich wie kalt ihre Stimme dabei klang.
 

Severus Augen wirkten besorgter und trauriger als sie sie jemals zuvor gesehen hatte, doch das alles war ihr in diesem Moment egal gewesen, als auch sie ihren Arm um James Potters Hüfte legte.
 

»Du entschuldigst uns Schniefelus«, sagte James im arrogantesten Tonfall, denn sie je von ihm gehört hatte.
 

James übte Druck auf sie aus und zog sie mit sich den Gang entlang.

Lily traute sich nicht den Arm von ihm zu lösen, geschweige den sich umzudrehen, weil sie nicht wusste, ob Severus ihnen immer noch hinterherblickte oder sogar folgen würde.
 

So gingen die beiden schweigend zum Treppenhaus und erst auf den sich bewegenden Treppen löste sie sich von ihm und trat einen Meter zur Seite.

Sie sah James nicht an und blickte starr auf das weiße Treppengeländer bis die Treppe schließlich auf dem richtigen Absatz zum stehen kam. Denn dann vergeudete sie keine Sekunde mehr und rannte los, so schnell sie konnte in Richtung Gemeinschaftsraum.

Sie blickte sich nicht um, doch hatte sie nicht den Eindruck, dass James ihr folgen würde. Erst nachdem sie drei Gänge zwischen sich und ihn gebracht hatte, wurde sie langsamer, ging aber dennoch zielstrebig in Richtung Gryffindor Gemeinschaftsraum weiter. Und auf dem Weg konnte sie nicht verhindern, dass ihr eine Träne über die Wange lief.

Unverbindlichkeiten gibt es nicht

23.Akt: Unverbindlichkeiten gibt es nicht
 


 

„Manchmal hat man so viel auf dem Herzen,

dass man es gar nicht über die Lippen bringen kann.

Das sind diese Augenblicke, in denen man nichts sagt,

obwohl es soviel zu sagen gäbe.“


 

»Ich kann nicht glauben, dass wir tatsächlich Wahrsagen wieder belegt haben und vor allem, dass wir es nicht schwänzen«, seufzte James.
 

Remus und Peter verabschiedeten sich von den beiden und gingen zum Klassenraum für alte Runen, während James und Sirius die Treppen in den südlichen Turm hinauf stiegen.
 

»Hast du deinen Horoskopkalender schon fertig?«, fragte Sirius.
 

James fuhr skeptisch die Augenbrauen zusammen, als er Sirius mitschwingende Motivation für sein Horoskop bemerkte.
 

»Sehe ich so aus, als würde ich meine Zeit mit so einem Schwachsinn vergeuden? Ich habe bald ein Quidditchspiel zu gewinnen.«
 

James und Sirius betraten als letzte das stickige Klassenzimmer und setzten sich an ihren Stammplatz in die letzte Reihe in die violetten Kissensäcke, welche überall auf dem Boden verteilt waren. Sogleich kam auch schon Prof. Sinclair aus der hinteren Kammer und blickte geheimnisvoll wie eh und je in die Runde der Schüler.

James schwante schon nichts gutes, als er die Kristallkugeln auf den Tischen erblickt hatte, dennoch seufzte er theatralisch auf, als Sinclair sie tatsächlich anwies die entsprechende Seite in ihrem Lehrbuch 'Wahrsagen für Fortgeschrittene' aufzuschlagen.
 

»Im nächsten Jahr wähle ich dieses selten dämliche Fach ab«, murrte James.

»Warts ab Prongs, vielleicht passiert ja noch was spannendes.«

»Je schneller du deine Eroberungspläne bei Melissa Stratford durchgezogen hast, desto schneller können wir dieses Fach abwählen und das ist das einzige was mir heute noch einen Kick an Begeisterung verschaffen könnte.«
 

James las sich die entsprechende Doppelseite im Buch durch und verdrehte nach beinahe jedem Satz die Augen. Wie konnte jemand, der klar bei Verstand war nur glauben, dass es tatsächlich funktionieren würde in die Zukunft zu sehen?
 

Wahrsagen war das undurchsichtigste und schwammigste Fach, was jemals unterrichtet wurde, das fand sogar das Zaubereiministerium und aus diesem Grund wurde alle paar Jahre diskutiert, ob man das Fach abschaffen sollte.

Aber jedes Mal war die eindeutige Mehrheit der Ansicht, dass es wichtig wäre neue Talente in diesem Gebiet zu finden und zu fördern, damit diese äußerst nützlichen Fähigkeiten für das Allgemeinwohl der Zauberergesellschaft eingesetzt werden konnten.
 

James schnaubte nur darüber. Als ob es jemals einen Zauberer gegeben hatte, der mehr als eine brauchbare Prophezeiung gemacht hatte.
 

»Und siehst du was?«, fragte Sirius nach einer Weile.
 

James hatte wohl etwas abwesend in die Kristallkugel gestarrt, was Sirius zu der Annahme verleitete, dass er damit beschäftigt war in seine Zukunft zu sehen.
 

»Ich sehe, dass es bald Zeit zum Nachmittagstee ist«, sagte er dann ernst und Sirius musste lachen.
 

Sinclair entging dies natürlich nicht und warf den beiden einen empörten Blick zu.
 

»Na los, versuch du doch was zu sehen«, zischte James Sirius zu.
 

»Ich sehe- ähm weißen Rauch«, setzte Sirius an, als Prof. Sinclair an ihren Tisch trat und Sirius skeptisch bei seiner Vorhersage musterte.

»-oder Nebel?«

Sirius zog die Augenbrauen zusammen.

»Regen«, ergänzte er noch.
 

James begann mit zusammengepressten Lippen ungehalten zu kichern. Dafür kassierte er prompt einen Tritt von Sirius unter dem Tisch, was James kurz aufstöhnen ließ und ihnen interessierte Blicke, der umliegenden Tische einbrachte.
 

»Genau du wirst bei Nebel im Regen hinfallen und dein Bein wird schmerzen«, prophezeite Sirius ihm dann, konnte allerdings selber ein Lachen nicht unterdrücken.
 

Prof. Sinclair jedoch nahm Sirius' Vorhersage sehr ernst und blickte ebenfalls in die Kristallkugel, um sich vom Rauch, der vielleicht weißer Nebel war und dem Regen selbst zu überzeugen. Seine Stirn war in Falten gelegt, als er eine Weile in die Kristallkugel blickte. Doch dann riss er seine Augen auf, seine Pupillen weiteten sich, er wurde blass im Gesicht und fuhr sich mit der Hand über den Mund.
 

»Bei Merlin. Sie erwartet ein schlimmes Schicksal mein Lieber«, sagte Sinclair.

James verdrehte nur die Augen vor so viel überschwänglicher Dramatik.

»Sie werden fallen, wie in einer griechischen Tragödie.«
 

Alle Schüleraugen waren gebannt auf den Tisch der drei gerichtet, doch niemand sagte etwas bis Prof. Sinclair in einem wehleidigen Anfall aufsprang und die Stunde frühzeitig beendete.
 

»Passen Sie gut auf sich auf«, sagte Sinclair mitleidig, bevor er in seiner Kammer verschwand und vermutlich in einem cholerischen Anfall versuchte, sein genaues Todesdatum zu ermitteln.
 

Als die beiden Freunde die Treppen hinunter stiegen, streiften mehrere wehleidige Blicke James und ein paar Mädchen tätschelten sogar seine Schulter, als hätte er nur noch wenige Tage zu leben.
 

»Prongs du hast ihn gehört, du solltest wirklich auf dich aufpassen«, erwähnte Sirius fürsorglich. » Aber wenn demnächst hier wirklich alles im Nebel versinkt, darf ich dich dann schubsen, damit sich meine Vorhersage bewahrheitet?«

James warf Sirius einen vernichteten Blick zu.

»Schon gut«, beruhigte Sirius seinen Freund. »Das hätte zwar meine Zwischennote gerettet, aber wenn du nicht willst, kassiere ich eben wider ein T für Troll.«
 

»Was ist los?«, fragte Peter wenig später, als er die gedrückte Stimmung der beiden bemerkte.
 

»Prongs hat es in diesem Jahr erwischt«, sagte Sirius nur und Remus wusste sofort was er damit meinte.
 

»Dann bin ich eben in diesem Jahr, derjenige der stirbt, na und?«

Remus wunderte sich wie gereizt die Stimme seines Freundes klang.

»Das ist eine wirklich ernste Sache, Prongs. Du hast vielleicht nur noch ein oder zwei Jahre zu leben«, neckte Sirius ihn jedoch weiter.

»Red keinen Unsinn«, sagte Remus gelassen. »Vor drei Jahren hat Sinclair Frank Longbottom den Tod vorausgesagt und wie wir alle wissen ist er mittlerweile ein anerkannter Auror.«

»Na bitte, dann hätten wir ja geklärt, dass Sinclair so wie die meisten Wahrsager nur ein Schwindler ist«, beendete James die sinnlose Konversation und verließ die anderen.
 

James wusste nicht warum er so gereizt gewesen war, als er wenig später zum Quidditchfeld hinunter lief. Sinclair war ein Schwindler, so wie die meisten Wahrsager. Noch nie traf irgendetwas zu, was er vorausgesagt hatte und darüber machte er sich auch keine Sorgen. Er hatte nicht vor in den nächsten Jahren das zeitliche zu segnen.

Doch normalerweise wäre er Sirius nicht böse gewesen, wenn dieser Scherze auf seine Kosten machte, sie neckten sich ständig gegenseitig, nur heute hatte er keine Lust darauf gehabt.

Daher hatte er beschlossen zum Quidditchfeld zu gehen und sich beim fliegen abzureagieren, da zu dieser Zeit kein Team Training eingetragen hatte. Als er den Rasen des Stadions betrat erkannte er eine Gestalt, welche am Himmel in wirren Formationen flog. James stieg auf seinen Besen und näherte sich den Torringen. Erst da erkannte er, dass es Emmeline Vance aus seiner Mannschaft war, welche einen Quaffel durch die Torringe pfefferte.
 

»Na betreibst du auch Aggressionsabbautraining?«, rief er ihr zu und Emily drehte sich verwundert zu ihm um.

»Sowas in der Art.«

»Trainierst du öfter außerhalb unseres normalen Trainings?«, fragte er dann.
 

Emmeline kratzte sich verlegen am Kopf. Eigentlich hatte sie nicht gewollt, dass James mitbekam, dass sie öfter trainierte als die anderen. Aber das hier war ein öffentlicher Platz innerhalb der Schule. Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis irgendjemand sehen würde, dass sie außerhalb des offiziellen Trainings trainierte.
 

»Hut ab, das nenne ich mal Einsatz!«, neckte James sie dann, als sie nicht antwortete.

»Trainieren wir doch zusammen!«, sagte sie dann und passte im selben Satz auch schon den Quaffel zu James.
 

Und so ging alles eine Weile hin und her. Sie übten Pässe und James stellte sich hin und wieder als Hüter zur Verfügung, damit sie an ihrer Torwurftechnik feilen konnte.
 

Emily war nun doch froh, dass James aufgetaucht war, da er ihr gute Ratschläge gab wie sie ihre Technik verbessern konnte. Denn das hatte doch irgendwie von Anfang an zu ihrem Plan gehört.

Schließlich sollte Emily versuchen, James den Quaffel abzujagen, denn das war ihre größte Baustelle. Doch schnell entwickelte sich das ernste Training in eine Jongliervorstellung mit Kunstfliegen, als James den ersten Regentropfen auf seiner Wange spürte.
 

Lachend starteten die beiden eine wilde Verfolgungsjagd durchs Stadion und es gelang ihr nicht einmal James den Quaffel abzujagen, was sie letztendlich entnervt aufseufzen ließ.
 

»Du bist einfach zu schnell. Bei Theo ist das viel einfacher«, beschwerte sie sich, als der Regen gerade über sie hereinzubrechen drohte.
 

James grinste jedoch nur arrogant, als die beiden wieder auf dem Boden landeten und ihre Taschen aufsammelten, um dem immer stärker werdenden Regen zu entkommen.
 

»Ich bin nicht zu schnell. Du bist einfach nur zu langsam«, sagte er überheblich. »Oder du gehst die Sache mit der falschen Technik an.«
 

»Ach ja?«, fragte sie mit hochgezogener Augenbraue.

Emily war empört stehen geblieben und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. James grinste unschuldig vor sich hin, während er den Quaffel in seinen Händen drehte.
 

Emily schulterte ihren Besen und versuchte mit James Schritt zu halten, als sie zu den Umkleidekabinen gingen.
 

»James«, sagte sie dann und griff nach seinem Handgelenk.
 

Als er sich zu ihr umwandte war ihr Gesicht dem seinen plötzlich ganz nah. Emily grinste breit und zeigte ihm ihre akkurat aneinander gereihten weißen Zähne, die mit jedem Zahnpastawerbespot mithalten könnten. Sie klimperte mit ihren Wimpern so verführerisch wie es im Regen nun einmal möglich war und legte einen Finger auf seine Lippen bevor er etwas sagen konnte. Dann fuhr sie mit dem Zeigefinger an seinem Hals hinunter und streifte seine Brust, während sie den Augenkontakt mit ihm nicht abbrach.
 

James gluckste, als er sich daran erinnerte, dass das hier Emmeline Vance war, ein Mädchen, welches er im letzten Schuljahr gedatet hatte. Sie waren vielleicht ein oder zwei Mal zusammen aus gewesen, dann hatte er sich gelangweilt.

Doch diese Emily war irgendwie anders als das Mädchen vom letzten Jahr. Sie war sehr viel selbstsicherer als damals und hatte sich als brauchbaren Jägernachwuchs herausgestellt.
 

Wieso hatte er eigentlich nicht gewusst, dass sie sich so sehr für Quidditch interessierte? Sie hatte sich damals jedenfalls nie von ihr aus mit ihm darüber unterhalten. Hätte er das gewusst, hätte er vielleicht nicht so schnell sein Interesse an ihr verloren. Denn ein attraktives Mädchen war sie definitiv mit ihren meerblauen Augen und den dunkelblonden Locken, welche vom Regen durchtränkt nun nass auf ihrer Haut klebten, während sie mit den Fingern seinem nassen Hals entlang fuhr.
 

Nun standen sie da im Regen auf dem Quidditchfeld und Emily flirtete eindeutig mit ihm. Dann beugte sie sich vor und James spürte schon ihren Atem an seinem Lippen und ihre Finger, welche seine Hände berührten, als sie ihn plötzlich von sich weg schubste und mit dem Quaffel in der Hand lachend über das Quidditchfeld lief.
 

James brauchte eine Sekunde um zu realisieren, was hier gerade passiert war, doch dann stand er vom Boden auf und rannte ihr hinterher zu den Umkleideräumen.

Emmeline lachte immer noch, als sie sich mit den Kopf gegen die Wand im Flur gelehnt hatte.
 

»Na war das eine gute Technik, um dir den Quaffel abzujagen?«, neckte sie ihn.
 

James schüttelte grinsend den Kopf.

»Nicht schlecht, Vance«, gestand er dann und legte den Quaffel zurück in den Schrank.

Dann reichte James ihr ein Handtuch aus dem Schrank.

»Hier, ich will doch nicht, dass du krank wirst.«

Emily schenkte ihm ein Lächeln und nahm das Handtuch dankend an, mit dem sie sich auch sogleich die Haare abtrocknete.

»Machst du dir etwa Sorgen um mich?«

»Klar, immerhin steht bald das große Spiel gegen Ravenclaw an«, sagte er dann und Emily wich das Lächeln aus dem Gesicht, als er an ihr vorbei in die Männerumkleidekabine ging.
 

Es interessierte ihn nur wie es ihr ging, weil sie Teil des Teams war und er sich Sorgen machte, dass sie beim ersten Spiel der Gryffindors ausfallen könnte.

Diese Erkenntnis schmeckte bitter, da sie sich draußen auf dem Quidditchfeld andere Hoffnungen gemacht hatte. Sie hatten sich doch heute gut verstanden, sie haben miteinander geredet, zusammen trainiert und sogar gelacht. Und wenn sie es getan hätte draußen auf dem Feld, wenn sie ihn geküsst hätte, dann hätte er es erwidert, da war sie sich sicher. Er hätte sie ganz bestimmt nicht abgewiesen und das würde er jetzt auch nicht tun. Es war James und sie kannte ihn besser, als er vielleicht dachte.
 

Verwundert blickte James sich um, die Hand am Gürtel seiner Jeans, welche er gerade angezogen hatte. Als die Tür sich öffnete, stürmte Emily auf ihn zu und bevor er fragen konnte, was passiert war, hatte sie bereits sein Gesicht in ihre Hände genommen und ihre Lippen auf seine gelegt.

Benommen taumelte James an seinem Spind, bevor sie ihre Arme um seinen Hals schlingen konnte. James erwiderte den anfangs stürmischen Kuss und legte seine Hände an ihrer Taille.

Und so standen sie da, küssten sich und als Emmeline den Mund etwas öffnete, spürte sie direkt seine Zunge an ihrer. Sie lächelte in den Kuss hinein, da sie sich nicht getäuscht hatte, er wollte sie noch immer.
 

Ihre Hände wanderten seinem Hals hinunter und strichen über sein halb zugeknöpftes weißes Hemd, verharrten einen Moment an einem der Knöpfe, doch dann öffnete sie den ersten Knopf und all die anderen, um über seine nackt Brust und seinen Rücken zu streichen.

James unterbrach einen Moment den Kuss, um ihr in die Augen zu sehen, doch sie sah ihn nur mit einem unschuldigen Blick an, bevor er sie gegen den Spind drückte und seine Lippen wieder auf ihre legte, während seine Hände unter ihr nasses T-shirt bis zu den Ansätzen ihrer Brüste wanderten und ihr schließlich das T-shirt über den Kopf zog, während sie seinen Gürtel öffnete.
 

Es war dumm, dass wusste er, doch sie selber hatte sich darauf eingelassen. Er hatte sie zu nichts gezwungen und ihr nichts versprochen. Sie selbst hatte mit ihm geflirtet, ihn zuerst geküsst und sein Hemd aufgeknöpft.

Viele Mädchen gingen so weit, doch wenn es darum ging, dass er sie ausziehen durfte, sträubten sich die meisten und wollten nicht weiter gehen, bevor sie mehr für die Person fühlten. Doch Emily hatte zugelassen, dass er ihr das T-shirt auszog und sie selber hatte ihm seine Hose ausgezogen. Sie hatte ihm zu verstehen gegeben, dass sie ihn wollte und James hatte dabei wie so oft nur die körperliche Seite im Kopf gehabt, denn körperlich haben sich beide gewollt, definitiv, dass wusste er.
 

Doch Mädchen waren anders. Es gab keinen unverbindlichen Sex für sie auch wenn sie das behaupteten. Es schlich sich immer ein Gefühl dazwischen, doch Emily hatte behauptet, dass sie nur seinen Körper gewollt hatte, ohne Gefühle.

Doch James glaubte nicht so Recht daran, vor allem als er Emily in den nächsten Tagen öfter begegnete als sie es sonst zufällig taten. Sie klettete sich zwar nicht an ihn, doch ließ sie selten eine Gelegenheit verstreichen, um mit ihm über Quidditchformationen zu sprechen und irgendwie fand er es auf verquere Weise erfrischend sich mal über Themen zu unterhalten, die ihn auch wirklich interessierten. Und auch an diesem spätem Abend in der Bibliothek war sie in der Nähe, als er mit Remus seinen Verwandlungsaufsatz schrieb.
 


 


 

***
 

Ganze drei Tage versuchte Lily sowohl James, als auch Severus aus dem Weg zu gehen. Seit dem Abend in den Kerkern, an dem sie sich mit James nach Ausgangssperre durch einen Geheimgang wieder ins Schloss geschlichen und Severus sie erwischt hatte wollte sie keinen von beiden sehen, was sie im Normalfall eigentlich auch nie wollte.

Doch sie konnte sich an Severus Blick erinnern, der zugleich wütend und traurig war, als er gesehen hatte, wie sie mit James in dem dunklen Korridor stand und er seine Hände an ihrer Taille gehabt hatte. Zwar nur, um sie aus dem Geheimgang zu heben, doch das hatte Severus nicht mitbekommen.

Eigentlich sollte es ihr egal sein, doch dann erwischte sie sich dabei, wie sie sich heimlich Gedanken um Severus machte und sich fragte, was er von ihr hielt. Er musste doch denken sie wäre ein Flittchen und eine Heuchlerin noch dazu, wenn man bedachte, dass sie ihm immer gesagt hatte, sie könne James Potter nicht leiden.
 

Und James Potter musste sich unglaublich toll gefühlt haben, dass gerade Lily dabei mitgespielt hatte Severus eins auszuwischen und sie fühlte sich schlecht deswegen.

Außerdem war es ihr unglaublich peinlich, wie sie dann mit Tränen in den Augen vor James weggelaufen war. Er musste sie spätestens jetzt für einen schwachen Menschen halten.
 

Sie wartete nur darauf, dass er sie womöglich auf die peinliche Aktion ansprach, doch das tat er nicht. Er verhielt sich scheinbar wie immer, stopfte sich beim essen voll, trieb seine Späße mit seinen Mitschülern, spielte Quidditch und flirtete mit ein paar Mädchen.

Sie war ihm dankbar, dass er sich nicht über sie lustig machte, doch vielleicht hatte er es auch nur vergessen oder verdrängt, da sie sich immer so weit wir möglich von ihm wegsetzte.

Und am dritten Tag ihres aus-dem-Weg-geh-Planes wäre sie in der Bibliothek beinahe in ihn hinein gelaufen, als er gerade wild rumknutschend Emmeline Vance aus ihrem Jahrgang gegen das Bücherregal drückte.

Doch die beiden waren so miteinander beschäftigt gewesen, dass Lily sich ungesehen wieder aus dem Staub machen konnte und ein paar Regalreihen weiter flüchtete.
 

»Hey Lily«, flüsterte eine gedämpfte Stimme und Lily entdeckte Remus Lupin, welcher gerade seine Schreibfeder und Pergamentrollen in seiner Tasche verstaute. Er musste hier wohl seine Hausaufgaben gemacht haben.

»Hey Remus. Was tust du hier so allein? Hast du Hausaufgaben gemacht?«

»Ja, eigentlich mit James, aber der ist vor einer ganzen Weile mit Emme- ich meine einem Mädchen verschwunden, “um weiterführende Literatur zu suchen“, wie er behauptet, doch irgendwie sind die beiden nicht mehr aufgetaucht«, erzählte Remus halb lachend.

»Oh ich glaub sie stecken in dem Gang, kurz vor der verbotenen Abteilung fest«, erwiderte Lily nur augenrollend. Remus schüttelte nur den Kopf.

»Na, wo wir uns schon mal getroffen haben, können wir auch direkt los und Streife gehen«, sagte er dann mit einem schmalen lächeln im Gesicht, welches Lily nur verhalten erwiderte.

»Ich muss nur eben noch dieses Buch ausleihen, bevor die Bibliothek schließt«, flüsterte sie ihm zu und ging zu Madamme Pince herüber.
 

Als die beiden wenig später durch die Gänge streiften, sagte eine ganze Weile niemand etwas. Lily fand es interessanter die hell erleuchteten Fackeln oder die Steine an der Mauer zu mustern, als Konversation zu betreiben.

Remus hingegen musterte Lily hin und wieder von der Seite und seufzte schließlich, als sie im siebten Stock am Wandteppich von Barnabas dem Bekloppten vorbei gingen.
 

»Ist bei dir alles in Ordnung Lily?«

»Klar, warum sollte es nicht«, antwortete sie gedämpft.

»Du schaust in letzter Zeit immer so traurig«, sagte Remus dann.

Es war weder eine Frage, noch klang erstaunen in seiner Stimme mit. Es war eine simple Feststellung.

»Du musst nicht darüber reden, aber wenn du das möchtest, bin ich für dich da wenn du willst«, sagte er dann und Lilys Kopf sah sofort zu ihm auf.
 

Manchmal hat man so viel auf dem Herzen, dass man es gar nicht über die Lippen bringen kann. Das sind diese Augenblicke, in denen man nichts sagt, obwohl es soviel zu sagen gäbe. Remus war nicht der richtige um über alles zu reden, sie brauchte Nicky, ihre beste Freundin. Doch diese war tausend Kilometer von ihr entfernt und vielleicht war Remus gerade deshalb die passabelste Wahl, die ihr momentan zur Verfügung stand.
 

»Nicky ist nicht hier«, sagte sie schließlich.

»Und Severus ist nicht mehr mein Freund«, fuhr sie langsam fort. »Ich habe zwar noch Rosalie und Mary, aber es ist irgendwie nicht dasselbe.«

Remus nickte mit einem mitfühlenden Lächeln.

»Ich kann es mir vorstellen.«

»Es ist nicht so, dass sie mir nichts bedeuten. Es sind auch sehr gute Freundinnen, aber es ist eben nicht so wie mit Nicky oder Severus.«
 

»Warum schreibst du Nicky nicht und erzählst ihr was dir auf dem Herzen liegt?«

»Ich will sie nicht mit meinen Problemen belasten. Ich möchte nicht, dass sie denkt, dass ich mich einsam fühle ohne sie oder, dass sie am Ende noch ein schlechtes Gewissen bekommt, dass sie gegangen ist.«
 

»Das ist dumm Lily.«

Remus seufzte und Lily sah ihn überrascht und skeptisch zugleich von der Seite an.

»Was wäre, wenn Nicky dort drüben einsam ist und niemanden hat mit dem sie reden kann. Würdest du wollen, dass sie das alles für sich behält und langsam daran zu Grunde geht?«
 

Lily schüttelte energisch den Kopf.

»Nein, natürlich nicht. Ich würde für sie da sein, egal wie!«

»Dann ist es doch ganz einfach«, fuhr Remus fort. »Nicky ist deine Freundin. Es ist egal wie weit sie weg ist, sie wird für dich da sein, wenn du sie braucht, so wie du für sie da sein würdest. Das solltest du nicht vergessen. Stoß nicht immer alles von dir und versuche alleine damit klar zu kommen, sondern vertrau deinen Freunden auch mal.«
 

»Danke Remus«, sagte Lily mit einem Lächeln im Gesicht.
 

Er hatte Recht. Es war dumm alles in sich hinein zu fressen. Gleich morgen würde sie Nicky schreiben.

»Warum bist du nur immer so weise in solchen Angelegenheiten?«, fragte sie Remus dann neckend.

Dieser lächelte ihr nur zu und leuchtete mit seinem Zauberstab weiter den Gang entlang.

»Kaum zu glauben, dass jemand wie du mit Black und Potter befreundet ist«, nuschelte sie dann leise.

»James, Sirius und Peter waren immer für mich da, egal worum es ging und ich fühle mich geehrt auch für sie da sein zu dürfen, wenn sie mich brauchen«, sagte er dann ruhig.
 

Lily blinzelte ein paar Mal und beobachtete Remus von der Seite. Es war nicht ein Hauch von Sarkasmus in seiner Stimme. Diese Worte, so geschwollen er es auch formuliert hatte, waren vollkommen aufrichtig gewesen und gingen ihr irgendwie in die Seele.

»Du magst sie wirklich«, seufzte Lily.

»Sie sind meine besten Freunde«, erwiderte Remus dann. »Sie benehmen sich zwar manchmal wie Kindsköpfe, aber sie sind gute Menschen, alle drei.«
 

Lily überkam das schlechte Gewissen, da sie die drei als Idioten bezeichnet hatte. Sie hatte immer nur beurteilt, was sie selbst von ihnen gesehen hatte. Und in der Öffentlichkeit benahmen sich alle meist unerträglich, was sie irgendwie zu der Annahme führte, dass Remus das ganze nicht objektiv einschätzen konnte, da er irgendwie auch einer von ihnen war, ein Rumtreiber eben.

Aber eigentlich kannte sie keinen von ihnen gut genug, um irgendetwas beurteilen zu können. Vielleicht benahmen sie sich kindisch und hirnrissig und vielleicht waren Potter und Black arrogant und spielten nur mit den Mädchen, aber für Remus waren sie dennoch seine besten Freunde. Und Remus war definitiv ein guter Mensch.

Vor der fünften Klasse, bevor sie und Remus Vertrauensschüler wurden, hatte sie ihn möglicherweise auch für einen Idioten gehalten, aber wusste sie es nun nicht besser?

Und wenn ein guter Mensch wie Remus etwas in den dreien sah, dann musste da doch etwas sein. Ein guter Kern, irgendwo tief in ihren Herzen.

»Vielleicht«, murmelte sie nur in den Korridor.

Lily tätschelte Remus Schulter, weil sie außer Stande war die passenden Worte zu finden, um Remus zu sagen, dass es ihr Leid tat, dass sie die drei als Idioten bezeichnet hatte.
 

So gingen sie noch ein paar Gänge weiter durch die Kerker, fanden jedoch keine Schüler, welche unerlaubt auf den Gängen umher streiften. Doch dann leuchtete Remus' Zauberstab gegen ein Pergament, welches an der Wand klebte.
 


 

„...und wir werden die Schule von allen säubern.“
 


 

Lily fragte sich, was der Satz zu bedeuten hatte, doch als Remus den Gang entlang leuchtete, erkannten die beiden, dass der ganze Flur mit Pergamenten, die wie Fahndungsplakate gestaltet waren, tapeziert war.
 

Auf den meisten standen ähnliche Slogan, wie auf dem ersten, doch dann erkannten die beiden, dass zwischendurch auch Bilder von Hogwartsschülern an die Wände geklebt wurden. Die beiden gingen einige Meter den Flur entlang. Lily trat dabei auf eines der Plakate. Erschrocken fuhr sie zurück, als sie bemerkte, dass ihr auf dem Plakat das Gesicht von Mary entgegen blickte.
 

Lily schluckte hart und blickte zu Remus, welcher sie genau so erschrocken an sah, wie sie ihn. Das hier war keinesfalls irgendein Scherz.
 

Es dauerte nicht lang bis Prof. Dumbledore, McGonagall, Slughorn und weitere Lehrer in dem Gang ankamen und mit geschockten Mienen die mit Pergamenten bedeckten Wände und Böden musterten, auf denen ihnen Schüler aus Muggelfamilien, sowie rassistische Slogan entgegen blickten.
 

Niemand fand das hier lustig und niemand sagte ihnen, dass das hier ein Scherz sein sollte. Wer auch immer das getan hatte, wollte damit ein Statement setzen: Muggelstämmige haben in Hogwarts nichts zu suchen und sollten eliminiert werden.

Doch wie weit würde der Verfasser gehen? Würde er wirklich Schüler angreifen oder dafür sorgen, dass sie Hogwarts verließen?
 

Lily schauderte es. Für einen einfachen Scherz hatte sich der Täter zu viel Mühe gegeben, die Bilder der Muggelstämmigen Schüler zu sammeln.
 

Lily zuckte zusammen als Remus ihr eine Hand auf die Schulter legte.

»Entschuldige«, nuschelte er nur.

»Lass uns zurück in den Gemeinschaftsraum gehen.«
 

Lily nickte nur benommen und warf einen letzten Blick über ihre Schulter, erkannte jedoch nur die in Falten gelegte Stirn von Albus Dumbledore.
 


 

»Albus, wir müssen etwas unternehmen«, forderte McGonagall.

»Wir wissen nicht, wer das getan hat und wie ernst die Lage ist. Dennoch können wir davon ausgehen, dass es ein Schüler war. Das Gelände ist zu gut geschützt, als das jemand unbemerkt hätte ins Schloss gelangen können«, fuhr McGonagall fort.
 

Dumbledores Stirn war in Falten gelegt, als er durch seine halbmondförmigen Brillengläser, die Gesichter der betroffenen Schüler mit den darunter stehenden Slogan musterte.
 


 

„Die Gesichter derer, die es nicht verdient haben zu leben.“
 


 

Auch Slughorn blieb nachdenklich vor einem der Pergamente stehen und musterte das darauf abgebildete Gesicht seiner Lieblingsschülerin aus der sechsten Klasse. Lily Evans.

Er fasste sich in die wenigen grauen Haare, die ihm noch geblieben waren. Sein Blick war glasig und verwirrt, als könne er nicht glauben, was er selbst sah. Er glaubte immer seine Schüler zu kennen, doch wer würde so etwas tun?
 


 

„Schlammblüter nehmt euch in Acht“
 


 

„Wir werden die Schule von euch säubern.“
 


 

„Schlammblüter, der Abschaum, der Zauberergesellschaft“
 


 

Eine Zeit lang hatte Dumbledore geglaubt, dass er seinen eigenen Schülern vertrauen konnte. Niemals hätte er gedacht, dass sich jemand während seiner Ausbildung der dunklen Seite anschließen würde. Natürlich wusste er, dass viele Schüler, durch ihre Eltern geprägte rassistische Ansichten hatten, doch hatte er gehofft, diese Ansichten hier hinter den dicken Mauern von Hogwarts abschirmen zu können.

Vielleicht musste etwas grundlegendes geändert werden, um die Jugendlichen dazu zu bringen über das nachzudenken, was sie ihren Eltern nachplapperten. Wenn es dafür noch nicht zu spät war, denn diese Slogan hier schienen aus purem Hass entstanden zu sein.
 


 

***
 


 

Remus und Lily hatten Dumbledore geschworen stillschweigen über diese Pergamente zu bewahren, dennoch ging die Information um wie ein Lauffeuer.
 

Irgend einer der Lehrer musste geplappert haben, denn am nächsten Morgen sprachen so gut wie alle darüber. Doch letztendlich stellte sich heraus, dass weitere solcher Pergamente im Klassenzimmer für Verteidigung gegen die dunklen Künste aus gehangen wurden und ein ganzes Klassenzimmer voller Zweitklässler die Plakate gesehen hatten.
 

Und dann gab es kein Halten mehr und Gerüchte wanderten durch die Schule.
 

Es wurde unruhig und Dumbledore versuchte in einer seiner Reden zu erläuterten, dass niemand Angst zu haben brauchte und die Lehrer alles unter Kontrolle hatten. Doch Lily und Remus glaubten nicht so recht daran. Sie wussten doch noch nicht einmal wer dafür verantwortlich war, wie sollten sie denjenigen dann aufhalten?

So verließen sie mit gemischten Gefühlen die große Halle und begaben sich in ihre weichen Himmelbetten.

Noch ein Fall

24. Akt: Noch ein Fall
 

„Ich habe zu viel Hass gesehen, als dass ich selber hassen möchte.“

(Martin Luther King)


 


 

»Du hast mit Emmeline Vance geschlafen?«, fragte Sirius empört.
 

Im Schlafsaal der Rumtreiber war es beinahe still. Man hörte Remus leise ein und aus atmen und Peter vor sich hin schnarchen. Nur James und Sirius waren noch wach und unterhielten sich leise über die Ereignisse des Tages. Sirius lag auf der Seite in seinem Himmelbett und hatte den Kopf an seine Hände gestemmt, als er versuchte eine beleidigte Miene aufzusetzen.

James lag ebenfalls in seinem Bett, hatte den Blick aber starr an den Baldachin gerichtet und seine Decke bis zur Brust hochgezogen, da es nun, da der November hereingebrochen war, im Schloss allmählich kühler wurde.
 

»Das war nicht geplant«, erwiderte James nur gedankenversunken.

Sirius schnaubte.

»Und du hast mir noch letztens verboten etwas mit jemandem aus der Mannschaft anzufangen, weil es dadurch zu Spannungen im Arbeitsklima des Teams kommen und uns Siege kosten könne«, fuhr Sirius seine Anschuldigungen fort.

» Es ist einfach passiert. Ich wollte keine Doppelmoral damit heraufbeschwören Pad.«

»Ich hätte nicht gedacht, dass Emily so ein Mädchen ist. Du warst doch im letzten Jahr mit ihr aus?«

»Was auch immer über den Sommer passiert ist, sie ist nicht mehr so wie letztes Jahr. Und nein Pad ich hätte nie geglaubt, dass sie der Typ ist, der sich einen an den Hals schmeißt, um Sex zu haben.«

»Vielleicht war sie verzweifelt«, schlug Sirius vor. »Aber da wäre ich doch der bessere Ansprechpartner für sie gewesen. Außerdem sehe ich besser aus als du«, erwiderte Sirius ernsthaft entrüstet.

James warf ihm ein Kissen an den Kopf und er musste leise darüber lachen.

»War doch nur Spaß Prongs. Die Frau meiner Träume ist Melissa Stratford.«

»In diesem Jahr meinst du wohl«, murmelte James belustigt.

»Nein, diesmal bin ich mir sicher«, erwiderte Sirius und ein Hauch von Begeisterung schwang in seiner Stimme mit.

»Auch das sagst du jedes Mal, Pad«, seufzte James. »Ich wäre dir jedoch dankbar, wenn du deine Eroberungspläne schneller bewerkstelligen könntest, ich halte es in Wahrsagen nämlich nicht mehr lange aus.«

Gedankenversunken starrten beide Jungen an den Baldachin ihrer Himmelbetten und dachten eine Weile über das schöne Geschlecht nach. Mädchen waren doch seltsame Wesen und wirklich verstehen, was in ihnen vorging konnte keiner von beiden.
 

Emmeline Vance war hübsch, mittelmäßig talentiert, jedoch relativ beliebt bei den anderen Mädchen. Sie war freundlich und ehrgeizig. Doch in Bezug auf Jungen hatte James immer den Eindruck gehabt, sie wäre ein wenig zurückhaltend. Zumindest erinnerte er sich dunkel an sein Date mit ihr im letzten Jahr und da war sie definitiv sehr zurückhaltend, wenn auch nicht minder an ihm interessiert gewesen.

Und jetzt ein Jahr später entdeckte er andere Seiten an ihr. Sie war witzig und auch relativ sportlich, auch wenn sie manchmal nicht immer so geschickt mit dem Quaffel umging wie James es gerne gehabt hätte. Und dann war sie noch sehr viel selbstsicherer geworden. Doch, dass sie sich ihm in der Umkleide so dermaßen an den Hals geworfen hatte, verwirrte James. Und dann handhabte sie noch alles ganz unverbindlich.

James konnte sich nicht vorstellen, dass sie diese Art von Mensch war, dass sie Unverbindlichkeiten in ihrem Leben zu ließ. Warum also, spielte sie dieses Spiel?
 

Doch eigentlich ging ihn das doch gar nichts an. Es dauerte nur noch ein paar Monate und dann waren sie alle volljährig. Alt genug, um eigene Entscheidungen zu treffen. Und sie hatte ihm eindeutig gesagt, dass es für sie nur körperlich war. Warum also, sollte er sich noch weiter den Kopf darüber zerbrechen. Es kam wie es kam und Emmeline sollte dazu in der Lage sein zu entscheiden, wie sie ihr Leben führen wollte.
 

So wie andere Schüler scheinbar entschieden hatten, wie sie ihr Leben führen wollten. Nachdem durch eine Gruppe von Zweitklässlern Gerüchte darüber aufkamen, dass im Klassenraum für Verteidigung gegen die dunklen Künste Pergamente mit den Gesichtern aller Muggelgeborenen in Hogwarts sowie rassistische Slogan gefunden wurden, hatte Remus seinen Freunden schließlich gebeichtet, dass Lily und er die ersten Plakate auf ihrem Streifzug durch die Kerker gefunden hatten.
 

Es war zu makaber für einen Scherz, doch James konnte sich nicht vorstellen, dass jemand von den Slytherins den Mumm gehabt hätte seine Ansichten publik zu machen.

Dennoch musste es einen Grund gegeben haben warum der Verfasser es dennoch tat und das ausgerechnet jetzt.
 


 

***
 


 

Am nächsten Tag legte sich die Unruhe über die Ereignisse nicht wirklich und die Stimmung verbesserte sich auch nicht, als zwei der in Hogsmeade stationierten Auroren im Schloss erschienen, um die Ereignisse selbst zu untersuchen.
 

Remus wurde nach dem Frühstück vom Tisch der Gryffindors weggeführt und in ein leerstehendes Klassenzimmer gebracht, wo bereits einer der Auroren auf ihn wartete.

Er setzte sich auf den Stuhl am Pult und musterte sein Gegenüber. Auf seiner Brust prangte ein improvisiert gebasteltes Namensschild, auf dem M. Lestrade stand.

Es handelte sich um einen Mann mittleren Alters, dessen Haar bereits mit einigen grauen Strähnen durchzogen war. Auf seiner Stirn waren einige Sorgenfalten zu sehen, als Lestrade nervös mit den Fingern auf dem Pult herum tippte, während er in seine Unterlagen blickte.
 

»Mr Lupin, 16 Jahre, Halbblüter, 6ter Jahrgang, Vertrauensschüler, Haus Gryffindor korrekt?«, fragte Lestrade.

»Ja Sir«, bestätigte Remus diese Angaben, fragte sich jedoch insgeheim warum er seinen Blutsstatus notiert hatte.

»Sie haben zusammen mit Miss Evans, ebenfalls Vertrauensschülerin aus dem Haus Gryffindor, die Pergamente am Donnerstag Abend gegen 22:30Uhr im vierten Korridor der Kerker entdeckt?«

»Ja Sir.«

»Haben Sie zu diesem Zeitpunkt oder im Vor- und Nachfeld jemanden gesehen, der etwas damit zu tun haben könnte?«

»Nein Sir. Es war aber auch Ausgangssperre.«

»Können Sie mir bestätigen, dass Sie diese Pergamente nie zuvor gesehen haben und zu ihrer Anfertigung, Verbreitung und Botschaft nicht beigetragen haben?«

»Ja Sir, ich kann bestätigen, dass ich nichts damit zu tun habe. Ich habe diese Plakate bis dahin noch nie gesehen.«

»Gut«, murmelte Lestrade und tippte wieder nervös mit seinen Fingern auf dem Tisch herum.

»Miss Evans ist muggelstämmig. Demnach ist ihr Gesicht auch auf den Plakaten zu sehen. Können Sie mir sagen in welchem Verhältnis Sie zu ihr stehen?«, fragte er dann.

»Wir arbeiten zusammen als Vertrauensschüler und sind seit etwa einem Jahr auch befreundet.«

»Können Sie sich vorstellen wer so etwas tun würde oder haben Sie eine Ahnung?«

»Nein Sir.«
 

Lestrade hatte die Augen zusammen gekniffen und fixierte Remus einen Moment. Vielleicht wollte er abwägen, ob er die Wahrheit sprach oder vielleicht wollte er auch einfach nur Eindruck schinden.
 

»Haben Sie sonst noch etwas hinzu zu fügen?«, fragte er schließlich.

»Nein.«

»Gut, dann können Sie gehen.«
 

Mit einem Schwenk seiner Hand wies Lestrade Remus an den Raum zu verlassen und als er gerade die Tür hinter sich schließen wollte, hörte er Lestrade bereits nach dem nächsten Zeugen rufen.
 

Lily knetete ihre Hände in ihrem Schoss und biss sich nervös auf die Unterlippe, als Mr. Lestrade einige Pergamentstapel sortierte. Sie erkannte die Gesichter der muggelstämmigen Schüler von Hogwarts auf dem einen Stapel, aus dem Lestrade das Pergament mit ihrem Bild herauszog und es vor ihr auf dem Schreibtisch legte.
 

»Sie sind unter den Betroffenen«, sagte Lestrade ruhig.

Er wollte scheinbar den Symbolgehalt des Plakates wirken lassen, während er eine Redepause einlegte.

»Sind Sie wirklich sicher, dass sie keine Ahnung haben, wer etwas damit zu tun haben könnte?«

»Nein Sir.«

»Das wäre wirklich sehr hilfreich«, fügte er dem noch hinzu. »Gibt es niemanden, der sie nicht Leiden kann oder Sie schon mal wegen ihrer Abstammung schlecht behandelt hat?«
 

Lily presste die Lippen aufeinander. Sie könnte Lestrade nun das ganze Haus Slytherin auflisten, allen voran Avery und Mulciber, doch der erste Name, der ihr durch den Kopf schoss, war Severus. Doch auch wenn er sich momentan nicht korrekt verhielt, so glaubte sie nicht, dass er sie jemals physisch angreifen würde.
 

»Nein Sir, mir fällt niemand spezifisches ein«, sagte sie schließlich.
 

Was sollte sie auch tun? Ohne Beweise Anschuldigungen vortragen, nur weil der ein oder andere sie schon mal aufgrund ihrer Abstammung beleidigt hatte?

Lestrade seufzte. Er hatte sich wohl mehr erhofft, da Lily unter den Betroffenen Schülern war.
 

»Sie können gehen«, sagte er dann.
 

Lily stand auf und ging schnellen Schrittes zur Tür, froh diesem Kreuzverhör zu entkommen, doch Lestrades Stimme ließ sie sich noch einmal umblicken.
 

»Ach und Miss Evans, Hogsmeade ist für Sie, so wie alle anderen Beteiligten vorerst gestrichen; zu gefährlich.«
 

»Aber-«, setzte Lily gerade empört an, als Lestrade auch schon »Der Nächste!« durch die halb offen stehende Tür brüllte und ein braunhaariger Junge aus der zweiten Klasse, der bereits durch das Brüllen des Auroren eingeschüchtert wirkte, an ihr vorbei schlüpfte. Lily sah noch wie sich Lestrade erschöpft die Schläfen massierte, immerhin musste er noch eine ganze Klasse von Zweitklässlern verhören.
 

Lily war wütend, dass sie nicht nach Hogsmeade gehen durfte und genau heute war ein Hogsmeade Wochenende.

Rosalie und Mary standen bei Prof. McGonagall, welche die Erlaubnis-schreiben für Hogsmeade einsammelte. Mary wirkte ganz und gar nicht glücklich, als Lily zu ihnen heran trat.
 

»Lily wir dürfen nicht gehen, wegen der Sache mit den Plakaten«, jammerte Mary und warf sich ihrer Freundin an den Hals.

»Ich weiß«, seufzte Lily. »Lestrade hat es mir persönlich mitgeteilt.«

»Ohne euch gehe ich nicht«, sagte Rosalie dann, doch es klang nur halbherzig.

»Du musst für uns gehen. Ich sterbe sonst, da mein Vorrat an Lakritzzauberstäben zu Ende ist«, erwiderte Mary sofort und Lily musste lachen. Das war so typisch.

»Genau, du musst den Honigtopf für uns plündern und trink ein Butterbier für uns mit«, erwiderte Lily dann und drückte Rosalie einige Knuts und ein paar Sickel in die Hand.

»Oh und ich hätte gerne weiße Schokolade«, sagte Lily dann und schob Rosalie schließlich in Richtung Eichenportal.
 

Rosalie schenkte ihren Freundinnen ein schmales Lächeln, bevor sie sich in die Schlange derer einreihte, die nach Hogsmeade gehen durften.
 

»Und was machen wir an unserem freien Samstag?«, fragte Mary.

»Eigentlich müssten wir noch-«

»Nein!«, fuhr Mary dazwischen.

»Du weißt doch gar nicht was ich sagen wollte.«

»Wir machen keine Hausaufgaben!«

»Was dann?«

»Ich weiß schon«, sagte Mary und zog Lily am Arm hinter sich her.
 


 


 

***
 


 

James war unglaublich froh, dass er endlich in Hogsmeade war und seinen Vorrat an Zigaretten aufstocken konnte. Er kaufte direkt eine ganze Stange und die Verkäuferin schenkte ihm einen mitleidigen Blick. In diesem Alter so viel zu rauchen war mit Sicherheit nicht gesund, aber das wusste er selbst.
 

Nachdem er das Geschäft verlassen hatte, zündete er sich direkt eine Zigarette an und ließ den Qualm in seine Lungen strömen. Er hatte dieses Gefühl wirklich vermisst, nachdem er bei der Quidditchauswahl seinen Vorrat auf geraucht hatte und das war bereits einen ganzen Monat her.

Gemütlich schlenderte er in Richtung „Drei Besen“, wo seine Freunde bereits auf ihn warteten. Er ging zur Bar und bestellte sich ein Butterbier. Es dauerte nicht lange bis er Remus, Sirius und Peter an einem der hinteren Tische entdeckte. Sirius bellendes Lachen würde er überall wieder erkennen.
 

»Hör sofort auf zu lachen Sirius!«, fuhr Peter seinen Freund an.

Er hatte seine Lippen aufeinander gepresst. Seine Wangen waren gerötet und seine Augen funkelten Sirius böse an.
 

»Was ist los?«, fragte James.

Die drei hatten bereits ihr halbes Butterbier getrunken, als James sich zu ihnen setzte.

»Das hättest du sehen müssen Prongs. Peter ist ein richtiger Aufreißer. Viel schlimmer als wir beide zusammen«, lachte Sirius und Remus verdrehte die Augen.

»Da können wir wirklich noch was lernen«, fügte er dem noch hinzu.

»Bei Merlin, hör bloß nicht auf ihn«, wies Peter James an und Remus schüttelte nur den Kopf.

»Kannst du auch mal was dazu sagen oder gibst du nur stumme Kommentare von dir Moony?«, fragte Peter seinen Freund im scharfen Tonfall.

Remus wollte gerade den Mund öffnen, doch Sirius fiel ihm ins Wort, nachdem er sich endlich wieder beruhigt hatte.

»Peter hat ein Date!«

James Augen schossen von Sirius zu Peter, dem er auch sogleich anerkennend auf die Schulter klopfte.

»Das ist doch super. Wer ist es?«

Peter nuschelte etwas unverständlich vor sich hin, sodass James bei dem hohen Lautstärkepegel zweimal nachfragen musste, was er gesagt hatte.

»Marlene Adams«, sagte er dann endlich etwas deutlicher.

James Augenbrauen schossen nach oben.

»Die ist in der Siebten! Wie hast du das angestellt?«, fragte er seinen Freund bewundernd.

»Es ist ja gar kein Date. Sie hat gefragt, ob ich ihr in alte Runen etwas Nachhilfe geben kann«, sagte Peter dann mit festerer Stimme.

»Nachhilfe ist ein Synonym für Sex!«

Nun verdrehten alle drei gleichzeitig die Augen.

»Das ist kein 60erJahre Pornofilm Pad«, wies Remus ihn zurecht.

»Du gibst auch verdächtig oft Nachhilfe Moony«

Sirius Grinsen wurde breiter und Remus schlug sich die Hand vor die Stirn.

»Weißt du manchmal frage ich mich ernsthaft warum ich mit dir befreundet bin.«

»Na weil meine Ratschläge in Punkto Frauen die besten sind«, erwiderte Sirius todernst und alle sahen ihn entsetzt an.

»Du meinst so wie dein Ratschlag von eben, Peter solle sich eine von diesen modernen Badehosen zulegen und Marlene dazu verleiten im Bad der Vertrauensschüler für alte Runen zu lernen?«, fragte Remus.

»Oder als du meintest ich solle Rosalie Pond einfach direkt fragen, was genau sie an mir am attraktivsten findet? Woraufhin sie mich Perversling nannte, mir auf den Fuß getreten ist und seither nie wieder mit mir gesprochen hat?«, erwiderte Peter

»Hat sie doch vorher auch nicht und du musst zugeben, dass du noch nie so viel Körperkontakt zu ihr hattest«, wandte Sirius trotzig ein.

Peter schien ernsthaft darüber nachzudenken und Remus seufzte nur, während James seinem Freund ein schiefes Grinsen zu warf.

»Du bist einmalig Pad«
 


 

***
 


 

Lily kicherte, als Mary sie mit Wasser bespritzte. Sofort holte sie aus, sammelte etwas Schaum um sich und warf ihn Mary an den Kopf.

»Ok, ok ich geb auf«, schrie Mary schließlich, als sie sich wieder ans eine Ende ins Wasser setzte.

»Es war wirklich eine gute Idee, das Vertrauensschülerbad für eine Wasserschlacht zweckzuentfremden«, meinte Lily und lehnte ihren Kopf an den Beckenrand.
 

Das Bad der Vertrauensschüler war nun wirklich halb unter Wasser gesetzt worden und an den Wänden lief der weiße Badeschaum hinunter. Doch das war den beiden heute herrlich egal. Das Wasser war angenehm warm und schimmerte dank des Badezusatzes abwechselnd blau und grün. Im gesamten Bad roch es nach Kirschen und Lotusblüten und Lily fühlte sich so entspannt, wie seit Wochen nicht mehr.

Nach einer Weile stiegen die beiden aus dem Wasser und trockneten sich ab.

»Und wenn wir gleich im Schlafsaal sind, ziehen wir das volle Mädchenprogramm durch mit Gesichtsmaske und Gurkenscheiben auf den Augen.«
 

Mary schien vollkommen in ihrem Element zu sein. Denn was die Planung von Mädelsabenden betraf, war sie wirklich so euphorisch wie Lily sie noch nie gesehen hatte. Vielleicht sollte sie ihre eigene Beautyfarm aufmachen, wenn sie ihre UTZ gemacht hatten, das würde sie bestimmt toll finden.
 

Als Lily und Mary sich wenig später mit ihren selbst hergestellten Gesichtsmasken und Gurkenscheiben aufs Bett legten, hing jeder eine Weile seinen Gedanken hinterher bis Mary die Stille durchbrach.
 

»Glaubst du, dass irgendetwas passieren wird? Wegen den Plakaten meine ich.«

»Keine Ahnung.«

»Ich hab es ja nicht selbst gesehen und Dumbledore meinte, dass wir uns keine Sorgen machen sollen, aber ich bin trotzdem skeptisch.«

»Ich habe mein eigenes Gesicht darauf gesehen. Wenn sich jemand schon die Mühe macht, um an diese Bilder heranzukommen, dann meint dieser jemand es mit Sicherheit ernst.«

»Mmm.«

»Hast du deinen Eltern deswegen geschrieben?«

»Nein. Die würden sich nur unnötig Sorgen machen. Du?«

»Nein«, seufzte Lily. »Ist wirklich besser so.«
 

Lily setzte sich aufrecht hin und nahm ihre Gurkenscheiben von den Augen.
 

»Ich glaub es ist an der Zeit alles abzuwaschen«, meinte sie dann und ging ins Bad , um sich das Gesicht zu waschen.
 

»Wo hast du das ganze Zeug eigentlich her? Und die Gurken?«

»Küche«, war Marys knappe Antwort, während sie sich das Gesicht mit einem Handtuch trocknete.
 

»Und was machen wir jetzt?«

»Mmm lass mich überlegen.«
 


 


 

***
 


 

»Was ist los Moony?«, fragte James.
 

Die Jungen hatten gerade die 3 Besen verlassen und wollten zu Zonkos herüber schlendern, als Remus plötzlich stehen geblieben war.
 

»Da vorne ist Lestrade, einer der Auroren die hier stationiert sind.«

»Ist das nicht der, der dich verhört hat?«

Remus nickte und fixierte Lestrade mit den Augen.
 

»Mr. Lestrade!«, rief Remus und ging auf ihn zu.

Lestrade blickte auf und wandte sich um, um zu sehen woher die Stimme kam, die ihn gerufen hatte. Dann fiel sein Blick auf Remus, welcher auf ihn zu kam. Die drei Jungen, die bei ihm standen kamen ebenfalls zu ihm herüber. Lestrade überlegte einen Moment, schien sich dann jedoch an Remus zu erinnern.

»Wie gehen die Ermittlungen voran Sir?«, fragte Remus.

»Ich fürchte ich darf Ihnen dazu keine Auskunft geben, Mr Lupin.«

»Also konnten Sie nicht herauszufinden was los war?«, fragte Sirius Black provozierend, worauf Lestrade ihn einen bösen Blick zu warf.
 

»Wüssten Sie was los, würden Sie nicht so geheimnisvoll tun«, erwiderte er dann.

»Und wer sind Sie?«, fragte Lestrade im scharfem Ton.

»Sirius Black.«

»Ein Black also, das hätte ich mir ja denken können.«

Sirius starrte ihn wütend an. Er hasste es, wenn jemand behauptete er hätte das Temperament oder die Arroganz des noblen Haues Black geerbt, der Familie von der er sich abgewandt hatte.

»Aber Sie nehmen die Sache ernst?«, fragte James beinahe desinteressiert.

»Natürlich tun wir das, Mr.?«

»Potter«

»Potter? Fleamonts Sohn, nehme ich an.«

»Sie kennen meinen Vater?«

»Selbstverständlich. Wir sind zwar in unterschiedlichen Aufgabenbereichen tätig, aber wir Auroren kennen uns eigentlich alle untereinander.«
 

James fixierte Lestrade einen Moment ernst, bevor er weiter sprach.

»Weiß mein Vater davon, was hier passiert ist?«

»Der Vorfall wurde in der Zentrale gemeldet, aber das Protokoll und mein Bericht dazu liegen noch nicht vor. Also ja er wird davon gehört haben.«
 

»Was glauben Sie was nun passieren wird in Hogwarts?«, fragte James.

»Bisher glaube ich nicht, dass etwas passieren wird. Aber überlass alles den Auroren , wir kümmern uns darum.«

»Sie scheinen die Sache nicht sehr ernst zu nehmen«, erwiderte James.

»Als würden sie alles für einen Streich halten«, fügte Sirius dem hinzu.

»Wie erklären Sie sich dann die Gesichter der Muggelgeborenen?«, fragte Peter.

»Es ist alles etwas aufwendig, um nichts zu sein«, überlegte Remus.

»Jetzt reicht es aber. Mischt euch nicht in die Arbeit der Auroren ein!«
 

Lestrade war wütend, dass diese Jungen ihn hier scheinbar ins Kreuzverhör nahmen und versuchten Informationen aus ihm herauszupressen.

»Die Sache ist vielleicht ernster als Sie es sich vorstellen wollen«, meinte James und Lestrade seufzte abfällig.

»Sie sind ihrem Vater sehr ähnlich, Mr. Potter.«
 

Lestrade wandte sich von den Jungen ab, wollte zu seinem Hotelzimmer in den drei Besen gehen, seinen Bericht fertig schreiben und mit der nächsten Eule in die Zentrale schicken, doch er kam keine zwei Schritte weit.

»Sie haben Angst«, meinte James dann.

Lestrade und die anderen Jungen wandten sich zu James um. Seine Stimme klang ernst, weder sarkastisch, noch wollte er sich über ihn lustig machen
 

»Wir sind nicht dumm. Uns ist klar, dass wir nur einen Bruchteil von dem mitkriegen, was sich da draußen wirklich abspielt. Es soll keine Panik ausbrechen. Aber diesmal geht es um Hogwarts und es betrifft uns alle. Es ist diesmal anders, ich kann es fühlen.«

»Jetzt klingst du wirklich wie dein Dad«, meinte Sirius und wusste nicht, ob er diese Tatsache komisch finden sollte. Zumindest lachte er nicht.
 

Lestrade fixierte James einen Moment lang und musste tatsächlich an Fleamont Potter denken und das einzige Mal, in dem die beiden zusammengearbeitet haben.

James sah seinem Vater unglaublich ähnlich. Er war wie eine jüngere, rebellischere Ausgabe von ihm. Er hatte den Blick die Dinge zu bemerken, bevor es andere Taten wahrlich von ihm geerbt. Doch dieser Hang zur Provokation seines Gegenübers konnte unmöglich von Fleamont sein, denn er war ihm bisher immer als äußerst weise erschienen.
 

»Wissen Sie...«, setzte Lestrade an, als ein Schrei die unangenehme Situation durchbrach.
 

Alle fünf wandten sich um, doch niemand konnte jemanden erkennen, zu dem der Schrei passte. Auch die anderen Passanten waren teilweise stehen geblieben und wandten ihre Köpfe in alle Richtungen.
 

»Dort!«, rief Sirius dann und sprintete los.
 

Und was sich Ihnen hier für ein Bild bot, übertraf die kühnsten Erwartungen des Auroren. Auf dem Boden hatte sich eine riesige Blutlache gebildet. Die rote Flüssigkeit lief den Asphalt entlang und überzog alles mit dünnen roten Linien, die sich mehr und mehr zu einem großen Ganzen zusammenfügten.
 

Lestrade stieß Remus an und gebot ihm Hilfe zu holen, während er vorsichtig versuchte um die Blutlache herum zu tänzeln.

Der Junge, der auf dem Boden lag, war James, Sirius und Peter unbekannt, dennoch trug er die Hogwarts Schuluniform und konnte nicht älter als 16 oder 17 sein. Sein Gesicht war mit mehreren blutigen Kratzern überzogen, seine blauen Augen waren weit aufgerissen und starrten an die gegenüberliegende Wand, doch er bewegte sich keinen Millimeter.

Als Lestrade nun vor ihm stand, um seinen Puls und Herzschlag zu messen, stellte er erleichtert fest, dass dieser, wenn auch eher mäßig zumindest immer noch schlug.
 

Doch was weitaus erschreckender war, war der Totenkopf und die Schlange, welche sich aus dem Blut des Jungen gebildet hatte, das Symbol der Todesser, das Symbol Voldemorts.
 

Wenige Minuten später war die Gasse komplett abgesperrt. Zwei weitere Auroren waren nach Hogsmeade appariert und untersuchten den Fall. Der Junge war ins Mungos gebracht worden und Schaulustige hatten sich um den Tatort versammelt.

Sämtliche Lehrer aus Hogwarts sprachen mit den Auroren oder versuchten die umstehenden Schüler zu beruhigen.

Bei dem Jungen handelte es sich, um einen der Austausschschüler, welche zur Zeit in Hogwarts studierten. Ein Halbblüter wie sich herausstellte und das warf den Auroren weitere Fragen auf.
 

Und wieder mal wurde Remus Lupin an diesem Tag verhört, was er selbst als äußerst unnötig empfand, da er selbst bei Lestrade gestanden hatte, als die Tat scheinbar verübt wurde. Doch er war in beiden Vorfällen immer einer der ersten am Tatort gewesen und das machte ihn in Lestrades Augen verdächtig.
 

»Jetzt hören Sie schon auf, Remus ins Kreuzverhör zu nehmen. Er stand direkt neben Ihnen, als das hier passiert ist«, meinte James ungehalten, als Lestrade Remus die vollkommen unnötige Frage stellte, wo er denn zum Zeitpunkt des Angriffs gewesen war.

»Wieso sollte jemand überhaupt mitten am Tag in der Öffentlichkeit einen Halbblüter angreifen, wo fast ganz Hogwarts hier ist und es mitbekommen könnte?«, fragte Remus »Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn.«

»Die ganzen Muggelgeborenen sind doch in Hogwarts«, meinte Peter und in James Lestrades ratterte es.

»Hogwarts ist durch Banne, Flüche und vor allem durch die Lehrer geschützt, daher ist es ein leichteres jemanden hier in Hogsmeade anzugreifen«, erwiderte Sirius ungeduldig.
 

»Du meinst die Lehrer, die in diesem Moment alle hier anwesend sind?«, fragte James und einen Moment lang sahen sich Lestrade und er einfach nur in die Augen, als könnten Sie die Gedanken des anderen lesen.

»In Hogwarts sind in diesem Moment alle Muggelgeborenen und vielleicht ein paar Erstklässler«, erwiderte James, welcher Lestrades Gedankengang gefolgt war.

»Die perfekte Chance«, nuschelte Lestrade.
 


 

***
 


 

Lily Evans streifte schon eine Weile durch die Flure von Hogwarts. Eigentlich hatte sie im Gryffindor Gemeinschaftsraum vor dem Kamin gesessen, gezeichnet und auf Mary gewartet, welche den beiden Schokoladenkuchen aus der Küche organisieren wollte. Doch Mary kam auch nach einer halben Stunde noch nicht zurück, daher hatte Lily beschlossen Sie zu suchen.

Doch als sie die Birne auf dem Portrait mit der Obstschale kitzelte und die Schlossküche betrat, war außer den Hauselfen niemand dort. Und eben diese bestätigten ihr, dass heute kein Schüler in der Küche war.

Lily fragte noch nach dem Schokoladenkuchen und nahm ein paar Stücke mit, als sie die Küche verließ. Dann begann sie durch das Schloss zu streifen und schaute in den verschiedenen Klassenräumen und Toiletten nach, doch nirgends war eine Spur von Mary zu sehen. Zudem fiel Lily auf, dass sie auch keinem der Lehrer begegnete. Wo waren nur alle hingegangen?
 

Slughorn und McGonagall würden vermutlich in den drei Besen sitzen und sich ein Butterbier genehmigen, doch sie konnte sich nicht vorstellen, dass Sinclair oder Kesselbrandt gemütlich durch Hogsmeade streiften. Nicht mal Professor Binns schwirrte in seinem üblichen Korridor, in der sie sonst Geschichte der Zauberei hatten, umher.

Bis auf den ein oder anderen Erst- und Zweitklässler war es beinahe still im Schloss und das war wirklich ungewohnt für sie, da sie selbst in den Ferien immer nach Hause fuhr.

Schließlich kam sie am Bad der Vertrauensschüler vorbei und überlegte ob Mary vielleicht hierher zurückgekommen war, weil sie nach ihrer kleinen Poolparty irgendetwas vergessen hatte. Lily hatte die Tür gerade erreicht und legte die Hand an die Türklinke.
 

»Hallo«, sagte plötzlich eine Stimme und Lily fuhr zusammen, weil sie nicht damit gerechnet hatte, dass sie noch jemanden begegnen würde.
 

Als sie sich umwandte stand Chad Oldren vor ihr und schenkte ihr ein schmales Lächeln.

»Du bist wirklich schreckhaft.«

Lily fasste sich ans Herz und bemerkte ihren rasenden Herzschlag.

»Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken, sondern nur die Gelegenheit nutzen und ein Bad nehmen, solange alle in Hogsmeade sind«, sagte Chad während er sich sein Handtuch, welches er mitgebracht hatte über die Schulter warf.

»Oh, nein kein Problem, ich suche nur jemanden und bin hier gleich wieder weg. Moment.«

Lily öffnete die Tür einen Spalt und bemerkte direkt, dass das Bad vollständig geputzt wurde seit sie hier vor zwei Stunden ein riesiges Chaos hinterlassen hatten. Die Hauselfen waren diesmal wirklich schnell und Lily bekam ein schlechtes Gewissen, wegen dem Zustand des Bads, indem sie es verlassen hatten.
 

»Mary?«, rief Lily einmal quer durchs Bad und bekam keine Antwort.

Sie wollte sich schon zum gehen umdrehen, bevor ihr der Geruch von Kirschen und Lotusblumen in die Nase stieg.

»Ist hier sonst noch irgendwer?«, fragte sie dann.
 

»Die Tür war nicht abgeschlossen«, bemerkte Chad und trat hinter Lily ins Bad.

Vorsichtig griff sie nach dem Türknauf zum Bad und drehte vorsichtig daran, doch es war nicht abgeschlossen. Vorsichtig öffnete sie die Tür einen Spalt und der Geruch wurde stärker, eindeutig Kirschen, wie der Badezusatz den die Mädchen vorhin genutzt haben. Lily konnte hören, dass die Wasserhähne noch aufgedreht waren.Zudem war es wirklich heiß im Bad und der Dampf, welcher aus dem Wasser aufstieg benebelte einem Sicht und Sinne. Lily betrat das Bad und bemerkte das Wasser am Boden, die Whirlpoolähnliche Badewanne war bereits übergelaufen.
 

»Mary!«, schrie Lily, als sie die reglose Gestalt am Boden bemerkte und hechtete auf sie zu.

Es war wirklich Mary die bewusstlos am Boden lag und an dessen Körper Lily wie wild rüttelte. Mary war vollständig bekleidet und dennoch vollkommen nass, jedoch eiskalt im Gegensatz zur schwülen Hitze im Raum. Lily fühlte ihren Puls und konnte ihn schwach ausmachen, als Chad neben sie trat.
 

»Was ist passiert?«

»Ich- sie- wir-«, stotterte Lily und die ersten Tränen liefen aus ihren Augenwinkeln.

Chad griff Mary mit einer Hand unter dem Kopf und mit der anderen unter ihre Kniekehlen, um sie hoch zu heben.

»Wir müssen in den Krankenflügel«, sagte er dann und Lily nickte nur knapp, als sie ihm zur Tür hinaus folgte.

Die Tage danach

25. Akt: Die Tage danach
 


 

„Der Mensch, biologisch gesehen, ist das furchtbarste aller Raubtiere

und das einzige, dass seine eigene Gattung anfällt.“

- William James
 


 

Es war merkwürdig irreal für sie hier zu sitzen und zum zweiten Mal an diesem Tag verhört zu werden. Die Tränen blitzen immer noch in ihren Augenwinkeln und sie nickte nur hin und wieder oder schüttelte den Kopf wenn Lestrade eine Frage stellte.

In ihren Gedanken war sie bei Mary, welche im Krankenflügel lag. Ebenso wie ein braunhaariger Junge aus der dritten Klasse der Ravenclaws. Sie wusste zwar nicht, was dem Jungen zugestoßen war, noch kannte sie seinen Namen, doch auch er war muggelstämmig.

Lily spürte wie ihre Hand zitterte, jedes Mal wenn Lestrade Marys Namen erwähnte. Doch dann war da die Hand von Chad Oldren, welcher neben ihr saß und immer im richtigen Augenblick seine Hand auf ihre legte und versuchte sie zu beruhigen.
 

»Wie kamen Sie darauf gerade im Bad der Vertrauensschüler nach ihr zu suchen?«

»Ich- ich habe sonst überall schon gesucht und wir waren vorher gemeinsam dort, daher dachte ich, dass sie vielleicht an diesen Ort zurückgegangen ist.«

»Wie sollte Miss McDonald ohne Sie dort hinein gekommen sein? Meines Wissens nach ist das Bad Passwort geschützt und nur Vertrauensschüler haben dort Zutritt.«

»Ich weiß es nicht.«
 

Wieder legte Chad seine Hand auf ihre. Lily starrte auf ihre ineinander verschlungenen Hände. Es war merkwürdig wie vertraut ihr diese Geste vorkam, obwohl sie sich kaum kannten.
 

»Miss Evans hat Ihnen bereits die Umstände geschildert unter denen wir Miss McDonald gefunden haben. Lassen Sie sie jetzt bitte in Ruhe.«
 

Lestrade kniff die Augen zusammen und fixierte Chad Oldren einen Moment lang wütend, während er mit den Fingern wieder auf dem Pult herumtippte. Ihm missfiel es sehr, dass sich jemand in seine Arbeit einmischte.
 

»Nun gut. Sie können jetzt gehen. Aber bleiben sie auffindbar, falls sich noch weitere Fragen ergeben.«
 

Lily nickte nur stumm und erhob sich von ihrem Stuhl. Doch sie hörte ihm nur mit halben Ohr zu, da ihre Gedanken immer wieder um ein und dieselbe Frage kreisten: Warum nur war sie nicht mitgegangen?

Dann wäre das alles nicht passiert. Oder lägen sie dann vielleicht beide im Krankenflügel oder schlimmeres? Hätte sie dann überhaupt jemand gefunden, wo doch alle in Hogsmeade waren?
 

Chad legte den Arm um ihre Schulter und redete ihr gut zu, während sie das Klassenzimmer verließen.
 

»Das wird schon wieder. Wäre die Situation ernster, hätte man sie ins Mungos gebracht.«

»Ja vermutlich«, flüsterte Lily.
 


 

***
 


 

Am späten Abend beendete Lestrade die Ermittlungen und klappte die Akte auf seinem Tisch zu. Er gähnte herzhaft und streckte nochmals seinen Rücken durch bevor er aufstand und sich seinen braunen Umhang über die Schulter warf.

Es war viel passiert heute, was eigentlich nicht hätte geschehen dürfen. Hogwarts unbeaufsichtigt zu lassen war ein Fehler gewesen, doch was ihn viel mehr wurmte war die Tatsache, dass in Hogsmeade keine hundert Yards vor seiner Nase beinahe ein Mord passiert wäre.
 

»Verlassen Sie uns schon wieder?«
 

Lestrade wandte sich um und suchte nach demjenigen, dem diese Stimme gehörte. Und da erkannte er ihn. Zu seiner linken im Schatten an der Steinmauer leuchtete die Spitze einer Zigarette auf und Rauch stieg in die Luft, als sich Lestrade zu ihm umwandte.
 

»Meine Ermittlungen hier sind vorerst beendet. Ich muss mich noch um den Fall in Hogsmeade kümmern.«
 

James Potter warf dem Zigarettenstummel weg und trat ein paar Schritte auf ihn zu.
 

»Sie nehmen die Sache wohl immer noch nicht ernst.«

»Wie ich Ihnen schon sagte Mr. Potter, überlassen Sie die Arbeit den Auroren.«

»Ich habe gehört McDonald ist im Bad ausgerutscht und hat sich den Schädel angeschlagen, während der Dampf den heißen Badewassers sie beinahe erstickte.«

»Dann haben sie wohl etwas richtiges gehört.«

»Glauben Sie das ernsthaft? Das das alles Unfälle waren heute?«

»Wir werden sehen, Mr. Potter«, sagte Lestrade, nickte ihm kurz zu und machte sich auf dem Weg nach Hogsmeade.
 

James starrte ihm eine Weile hinterher, bis er beinahe nicht mehr zu sehen war.
 

»Warum hast du es ihm nicht gesagt?«, fragte Sirius, welcher ebenfalls aus einem Schatten der Mauer hervortrat.

»Zu früh«, meinte James nur.

»Unser halber Schlafsaal wurde auseinander genommen und deine kompletten Sachen durchwühlt, als wir in Hogsmeade waren. Wenn McGonagall das Chaos sieht und wir ihr es dann erst erzählen, denkt sie doch, dass es bei uns immer so unordentlich aussieht.«

»Das tut es meistens doch sowieso«, lachte James.

Sirius verschränkte die Arme vor der Brust und sah seinen Freund skeptisch an.
 

»Naja, wer immer in unserem Zimmer war, hat nicht gefunden, wonach er gesucht hat.«

»Wissen wir denn wonach dieser jemand gesucht hat? Vielleicht war es irgendwas, dessen Verlust wir nicht bemerken würden?«

»Ich denke nicht«, sagte James, steckte eine Hand in seine Umhangtasche und umschloss den kleinen Gegenstand, der sich darin befand.

»Außerdem glaube ich, Lestrade möchte vorerst an der “Unfall-Idee“ festhalten. Warum auch immer.«

»Ich glaube, Lestrade ist ein Idiot wenn er das wirklich glaubt.«

»Wer weiss«, meinte James nur schulterzuckend. »Vielleicht hat er einen Plan.«
 


 

***
 


 

Und da sah er sie wieder gemeinsam umherwandern. Merkwürdig oft in letzter Zeit. Warum ihn das interessierte, wusste er nicht, doch sein Blick in der großen Halle oder in den Gängen, schweifte öfter zu ihnen herüber als er es jemals vorher getan hatte. Dabei war die rothaarige nie unattraktiv gewesen und über die Ferien waren sogar ihre Brüste ein Stück gewachsen wie Sirius es ihm im Unterricht zu geraunt hat, als er es damals direkt nach den Ferien bemerkt hatte. Chad Oldren war es sowieso immer wert einen Blick zu ihm herüber zu werfen, immerhin war er sein Idol in Sachen Quidditch.

Doch irgendetwas erschien ihm merkwürdig an dieser Kombination, denn er hatte sie nie in seiner Nähe bemerkt und jetzt redeten sie fast täglich miteinander. Laut Remus wohl meist über Schulsprecherangelegenheiten, doch seit dem Vorfall vor ein paar Tagen war etwas anders.
 

Die vier Rumtreiber saßen noch beim essen in der großen Halle. Sirius' Teller war mit allem Möglichen beladen, was heute serviert wurde, in wie üblich ungewöhnlicher Kombination. Da lag eine Hähnchenkeule zwischen Erdbeeren, neben dem Rosenkohl, welcher halb in seiner Currysoße lag. Doch Sirius schien dies keineswegs zu stören, da er munter weiter aß, während James Potter Lily Evans und Chad Oldren hinterher starrte, die gerade die große Halle verließen. Peter bemerkte seinen Blick, welcher immer noch auf die Tür gerichtet war.
 

»Die beiden haben damals Mary gefunden und in den Krankenflügel gebracht. Sie scheinen sich seitdem gut zu verstehen«, sagte Peter dann und James wandte sich zu ihm um.

»Aha«, nuschelte James.

Peters Blick schweifte zu Remus, der jedoch nur mit den Schultern zuckte.

»Ist mir bei den Vertrauensschülertreffen auch nie aufgefallen«, sagte er nur. »Aber ich denke sie werden im Krankenflügel vorbeischauen. Ab heute darf man Mary wohl besuchen.«
 

»Dann erfahren wir wohl bald mehr über diesen mysteriösen Unfall«, meinte James nur und stocherte in seinem Nachtisch herum.
 


 

***
 

»Mary wie geht’s dir?«, fragten Lily und Rosalie sofort.

»Soweit in Ordnung. Mein Kopf tut nur noch etwas weh«, meinte Mary müde und schenkte den beiden ein mildes Lächeln, während sie versuchte sich mit den Händen etwas aufrechter in die Kissen ihres Krankenbettes zu legen.

»Kein Wunder, der war auch ganz schön angeschlagen.«

»Was ist denn passiert?«, fragte Lily beinahe ungeduldig.

»Madamme Pomfrey meinte, ich habe mir den Kopf angeschlagen«, sagte Mary nachdenklich.

»Aber wie?«

»Ich erinnere mich nicht.«

»Der Auror meinte du wärst ausgerutscht.«
 

Mary presste die Lippen aufeinander und zog die Augenbrauen zusammen, als wollte sie sich konzentrieren. Doch dann schüttelte sie nur den Kopf.

»Warum bist du überhaupt nochmal zurück ins Bad der Vertrauensschüler gegangen?«

Mary seufzte.

»Ich weiß es nicht Lily. Die Fragen wurden mir heute alle schon gestellt, aber ich weiß nur noch, dass wir beide im Gryffindor Gemeinschaftsraum gesessen haben und ich dann gegangen bin, aber da habe ich wohl einen Blackout.«
 

Chad Oldren hatte an der Wand gelehnt, während Lily und Rosalie mit Mary geredet hatten. Doch nun stieß er sich von der Wand ab und stellte sich ebenfalls an ihr Bett.

»Lily und ich haben dich gefunden und hierher gebracht. Es war wohl ein Unfall.«

Mary sah ihn überrascht an, da sie mit weiterem Besuch nicht gerechnet hatte.

Lily wandte sich zu Chad um und schenkte ihm ein Lächeln, welches er jedoch nicht bemerkte, da sein Blick weiter auf Mary gerichtet war.

Ein wenig schreckte diese zurück vor seinen undurchdringlichen blauen Augen und musste schließlich den Blick von ihm abwenden.

»Alles in Ordnung?«, fragte Rosalie sofort. »Tut dir was weh?«

Mary schüttelte nur den Kopf.

»Nein ich bin nur etwas müde.«

Während sie dies sagte, fielen ihr mehrmals die Augen zu und schließlich nickte sie auch schon weg.
 

»Typisch, Madamme Pomfrey muss immer gleich alle mit ihren Schlaftränken außer Gefecht setzten«, seufzte Rosalie.

Lily war wirklich froh, dass es Mary anscheinend wieder besser ging und sie keine bleibenden Schäden davontragen würde. Doch ihren Blackout fand sie trotzdem mysteriös. Konnte man sich wirklich an nichts erinnern wenn man einen Schlag auf dem Kopf bekommen hatte?

»Lass uns zurück in den Gemeinschaftsraum gehen«, meinte Rosalie dann und streifte ihren Arm.

Lily blinzelte ein paar Mal und blickte schließlich von Mary zu Rosalie und Chad.

»Ich werde mich auch wieder auf den Weg machen. Ich habe gleich noch die Zusatzstunde Verteidigung gegen die dunklen Künste«, meinte Chad.

Er hatte die Hand auf Lilys Schulter gelegt und schenkte ihr ein Lächeln.

»Mary geht es wieder einigermaßen gut. Gib ihr ein wenig Zeit. Vielleicht erinnert sie sich bald wieder an etwas. Und wenn es so weit ist halte mich auf dem Laufenden.«

Chad zwinkerte ihr zu und Lily schenkte ihm ein zaghaftes Lächeln, bevor er Rosalie zu nickte und den Krankenflügel verließ.

Rosalie blickte einen Moment lang zur Tür und schien darauf zu warten, dass er auch wirklich außer Hörweite war, bevor ihr Blick wieder zu Lily schnellte.

»Also was läuft da zwischen euch? Er scheint mir etwas zu sehr an Mary interessiert, als das er allein deswegen hier aufgetaucht ist. Außerdem hab ich euch gestern auch schon zusammen gesehen.«

»Da ist nichts und das habe ich dir bereits gestern schon gesagt. Es war halt ein Zufall, dass wir beide Mary gefunden haben. Es ist doch nett von ihm, dass er sich um sie sorgt.«

Rosalie hatte bereits die Arme vor der Brust verschränkt und eine ungläubige Miene aufgesetzt, als sie nach Lilys trara lauthals aufseufzte, woraufhin Lily die Augen verdrehte.

»Er ist Schulsprecher, ich bin Vertrauensschülerin, ergo sind wir Kollegen und haben nun mal miteinander zu tun, mehr nicht!«

»Wer ist ergo?«

Lily wandte den Blick von Rosalie ab und ließ ihn durch den Krankenflügel schweifen. Die anderen Betten auf Marys Seite waren leer. Nur ein einziges weiteres Bett auf der anderen Seite war belegt. Madamme Pomfrey war gerade in ihrem Büro verschwunden, als Lily den Jungen entdeckte, der ebenfalls am besagten Tag zusammen mit Mary eingeliefert wurde. Rosalie folgte ihrem Blick und folgte Lily auf dem Fuße, als sie sich dem Bett näherte. Der braunhaarige Junge schien zu schlafen. Er musste wohl auch einen Schlaftrunk ebenso wie Mary bekommen haben.

»Ob er sich daran erinnern kann was passiert ist?«, fragte Rosalie Lily.

»Bisher nicht«, ertönte plötzlich die Stimme von Madamme Pomfrey.

Rosalie und Lily traten erschrocken einen Schritt von dem Krankenbett zurück, als die junge, brünette Krankenschwester hinter sie trat.

»Unglaublich diese Auroren! Sie haben meine Patienten eine ganze Stunde lang befragt, obwohl ich ihnen ausdrücklich gesagt habe, dass sie noch Ruhe benötigen«, schnaubte Madamme Pomfrey und sortierte einige Ampullen wieder in einen Schrank ein.

»Also kann er sich auch nicht an seinen “Unfall“ erinnern?«

»Nein und das hat der arme Junge diesem Inspektor auch mehrmals gesagt, aber er wollte einfach nicht locker lassen. Wirklich eine Unverschämtheit, ich musste ihn schließlich sogar raus werfen, damit er meine Patienten in Ruhe lässt«, echauffierte sich Madamme Pomfrey unter weiteren Schimpftiraden auf Lestrade, während Rosalie und Lily sich einen vielsagenden Blick zu warfen.
 

Als die beiden wenig später zum Gemeinschaftsraum schlenderten, hing jeder seinen Gedanken nach. Zwei muggelstämmige Schüler hatten mitten am Tag in Hogwarts einen “Unfall“, bei dem sie beide beinahe gestorben wären, wenn sie nicht jemand rechtzeitig gefunden hätte. Und dann konnte sich keiner von beiden an irgendetwas erinnern.

Sie konnten nur hoffen, dass die Erinnerungen der beiden vielleicht bald wieder zurückkehren würden und sie dem ganzen etwas Licht ins Dunkel bringen konnten, denn bisher mussten die Auroren doch vollkommen im dunkeln tappen.
 

»Elfenlied«, nannte Rosalie der fetten Dame das Passwort zum dritten Mal, als diese wieder versucht hatte die beiden dazu zu bringen ihnen ein Ständchen vorzusingen.
 

Als die Mädchen den Gemeinschaftsraum betraten fiel Rosalies Blick direkt auf die Rumtreiber, welche am Kamin saßen. Das bellende Lachen von Sirius Black dröhnte durch den ganzen Raum. Er und James trugen bereits ihre Quidditchsachen und Rosalie fuhr erschrocken auf.

»Oh nein! Das habe ich total vergessen.«

»Hey Pond! Wir haben jetzt Training«, rief James ihr zu, als er die Mädchen bemerkt hatte.

»Bin in einer Minute da!«, rief sie ihm nur zu und rannte an ihm vorbei hoch in den Schlafsaal der Mädchen, um schnellstmöglich ihre Sachen zusammen zu suchen.

»Typisch«, nuschelte Lily leise und lächelte Rosalie noch hinterher, bevor ihr Rücken auf der Treppe verschwand.

»Hey Lily«, begrüßte Remus sie freundlich.

Er war aus seinem roten Sessel aufgestanden und ein paar Schritte auf sie zugelaufen.

»Wie geht es Mary? Du warst doch bestimmt bei ihr«, fragte er höflich.

Lily seufzte und presste die Lippen aufeinander.

»Soweit ist alles in Ordnung. Nur kann sie sich nicht mehr dran erinnern was passiert ist.«

»Oh, das tut mir Leid«, erwiderte Remus anteilnehmend.

Er war wirklich ein herzensguter Mensch, stellte Lily lächelnd fest. Er sorgte sich um andere und nahm aufrichtig Anteil. Sie fragte sich, wie sie jemals ein so falsches Bild von ihm bekommen konnte, als wieder Sirius Blacks bellendes Lachen an ihre Ohren drang. Peter musste einen Witz erzählt haben, da Sirius ihm völlig außer Puste und den Tränen nah vor lauter Lachen auf den Rücken klopfte. Lily verdrehte die Augen und warf den beiden einen missbilligenden Blick zu, als sie sich daran erinnerte, dass eben diese drei der Grund waren, dass sie mal ein anderes Bild von Remus gehabt hatte, bevor die beiden Vertrauensschüler wurden und sich angefreundet haben.
 

»Vielleicht erinnert sie sich bald. Das ist doch oft so, wenn man etwas vor den Kopf bekommt, dass der Verstand da etwas länger braucht als gewöhnlich«, warf Remus schließlich nachdenklich ein, als Sirius sich wieder beruhigt hatte und zu den anderen trat.

»Das glaube ich nicht«, nuschelte Lily und Remus schenkte ihr einen fragenden Blick. Auch die anderen Rumtreiber waren nun hellhörig geworden und warteten auf Lilys Antwort.

»Der andere Junge aus Ravenclaw kann sich auch an nichts erinnern, was mit dem “Unfall“ zu tun hat. Sonst sind ihre Gedächtnisse aber in Takt, meinte Madamme Pomfrey.«

»In der Tat, das ist seltsam«, warf James Potter nachdenklich ein und obwohl er so leise gesprochen hat, hatte Lily sich beinahe zur Tode erschreckt, als sie sich ans Herz griff und einen Schritt zurück wich.

»Musst du mich so erschrecken?«

»Gibt es noch mehr Neuigkeiten? Bleibende Verletzungen der beiden oder fehlt ihnen irgendetwas? Haben sie etwas verloren oder wurde ihnen etwas entwendet?«, fragte James dann ungehalten und erinnerte Lily dabei stark an ihre Verhöre bei Lestrade.

»Nein bisher nicht. Beziehungsweise keine Ahnung ob den beiden etwas entwendet wurde«, überlegte Lily bevor sie James mit ihren grünen Augen fixierte.

»Wieso ist das wichtig?«, fragte sie ihn dann im scharfen Tonfall.

»Nur so«, meinte er kurz angebunden und schien in Gedanken zu sein.

»Weißt du etwas, was wir anderen nicht wissen?«

»Nein«

Lily verdrehte die Augen. Es war klar, dass er log oder es ihr einfach nicht sagen wollte. Doch vielleicht regte sie sich auch umsonst auf. Er war immerhin nicht dabei gewesen, was sollte er schon wissen? Immerhin hatten Remus und sie die Plakate entdeckt und Chad und sie Mary gefunden und wer hatte eigentlich den Jungen gefunden, fragte sie sich, gerade als Remus ihre Gedanken durchbrach.

»Apropo verloren. Lily ich habe deinen Zeichenblock mitgebracht, den hast du bei dem Vertrauensschülertreffen heute Nachmittag liegen lassen«, sagte Remus freundlich und griff in seine Tasche.

»Oh Remus vielen Dank!«

»Oh und deine Federmappe. Hier«, sagte Remus und reichte ihr beides. »Du warst mit Chad so schnell weg, dass du alles liegen gelassen hast.«

»Ähm ja, ich war etwas durch den Wind. Bei Merlin, vielen Dank, dass du mir meine Sachen hinter hergetragen hast«, bedankte sich Lily gerade bei Remus, als ihr der Block auch schon aus der Hand gerissen wurde.

Wütend wandte sie sich um und sah James Potter dabei zu wie er grob durch ihren Block blätterte.

»Hey! Gib ihn mir sofort zurück«, empörte sie sich und wollte nach dem Block greifen, welchen James jedoch sofort etwas höher hielt, sodass Lily nicht mehr heran kam. Warum war er auch einen ganzen Kopf größer als sie?

»Komm schon Potter, dazu hast du kein Recht«, jammerte sie und versuchte auf Zehenspitzen an seinem Arm zu zerren.

»Chad Oldren ist die Verbindung zwischen beiden Unfällen«, sagte James plötzlich und Lily hielt in der Bewegung inne.

»Der Junge war aus Ravenclaw genau wie er und wurde in der Nähe des Ravenclaw Gemeinschaftsraumes gefunden, von wo Chad angeblich kam, als er dich beim Bad der Vertrauensschüler gefunden hatte. Also ist er die Verbindung bisher.«

»Klingt logisch«, pflichtete Sirius ihm bei.

>>>Überlass das ermitteln lieber den Auroren James«, seufzte Remus.

>Vielleicht will ihm das auch nur jemand anhängen«, überlegte Peter.

»So ein Unsinn«, schnaubte Lily und hangelte weiter nach ihrem Block.

James hatte gerade eine Doppelseite aufgeschlagen, auf der Lily ein Portrait von Mary und Rosalies Katze Nemu gezeichnet hatte.

»Erstaunlich talentiert«, nuschelte James Potter, als ihm der Block aus der Hand gerissen wurde. Verstimmt schaute er zu Rosalie herunter, welche ihn fies angrinste und Lily ihren Block zurück gab.

»Du kommst zu spät zu deinem eigenen Training Kaptän«, sagte sie dann lachend, streifte die Tasche über ihre Schulter und rannte zum Portrait der fetten Dame.

»Sie hat Recht, Prongs. Die anderen sind sicher schon da«, grinste Sirius und lienf Rosalie hinterher.

»Warte Pad!«, rief James und hechtete ebenfalls los.

»Jungs!«, seufzte Lily nur und ließ sich auf dem Sessel am Kamin fallen. Remus lächelte und setzte sich wieder zu Peter an den Kamin.

»Möchtest du eine Partie Zauberschach mitspielen Lily?«, fragte Remus freundlich und Peter nickte eifrig.

»Oh ja bitte, Remus ist so unglaublich schlecht!«
 

Lily gab sich schließlich geschlagen und setzte sich zu den beiden an den Kamin. Während Peter die Figuren aufstellte machte Remus ihr Platz und holte ein paar Schockofrösche aus seiner Tasche.
 

Peter war wirklich gut in Zauberschach, dass musste sie zugeben. Dabei war sie keinesfalls schlecht im normalen Schach, welches sie früher oft mit ihrem Opa gespielt hatte. Doch bereits nach einigen Runden sah es sehr schlecht für sie aus. Lily tippte nervös mit den Fingern auf dem Spielbrett herum und überlegte wie sie das ganze doch noch für sich entscheiden konnte. Dabei griff sie auch schon nach dem letzten Schockofrosch, welcher ihr beinahe entkommen wäre.

»Schachmatt!«, sagte Peter dann und grinste breit.

Lily seufzte entnervt auf und lehnte sich zurück an die Sessellehne.

»Dabei war es so knapp.«

»Naja...«, setzte Peter an, schwieg jedoch, als er Lilys bösen Blick abfing.

»Revanche?«, fragte er nur freundlich und Lily nickte entschlossen und wollte gerade nach einem weiteren Schockofrosch greifen, fasste jedoch nur ins Leere.

»Ich fürchte mehr Nervennahrung habe ich nicht für dich Lily«, lachte Remus und deutete auf die leeren Verpackungen auf dem Boden.
 

Auch Lily musste lachen, als sie die vielen Verpackungen entdeckte und dabei wurde ihr irgendwie bewusst, dass sie den Abend mit zwei Rumtreibern verbracht hat, die beide gar nicht so waren, wie sie immer gedacht hatte. Das hatte wieder einmal bewiesen das Vorurteile dumm waren und man jedem Menschen die Chance geben sollte, die er verdient hatte.

Böses Spiel

25. Akt: Böses Spiel
 

„Alles passiert aus einem Grund.

Menschen ändern sich, damit du lernst loszulassen.

Dinge gehen schief, damit du zu schätzen weißt, wenn es gut läuft.

Du glaubst einer Lüge, damit du lernst nur dir selbst zu vertrauen

und manchmal bricht etwas gutes auseinander,

damit etwas Schönes zusammenkommen kann.“


 

In den vergangenen Wochen wurde das Ende des Herbstes immer spürbarer. Die Blätter, die sich einst rot, gelb und allmählich auch braun gefärbt hatten, haben beinahe alle den Schutz der Äste verlassen und wehten in bunten Linien über das Schlossgelände.

Die einst so grünen Wiesen der Ländereien von Hogwarts wurden immer mehr mit Laub bedeckt. Der Wind wurde kühler und heftiger und immer öfter versanken die Tage im Regen. Es wurde früher am Tag dunkler und damit kamen die Dementoren immer näher an das Hogwartsgelände heran. Zwar wehrte sich Dumbledore vehement dagegen, doch konnte er die Wege der Dementoren keineswegs immer kontrollieren. Er musste einfach darauf hoffen, dass die beiden in Hogsmeade stationierten Auroren sie im Griff haben würden.
 

Die Schülerinnen und Schüler von Hogwarts und auch die Austauschstudenten aus den anderen Zauberschulen hatten Dumbledores beunruhigende Rede vom ersten Schultag und die sich häufenden Zwischenfälle zwar nicht vergessen, dennoch wurde alles wieder ruhiger.

Auch Mary lebte sich wie die meisten in ihren gewohnten Schulalltag wieder ein.

Der unbekannte Täter trieb zwar vermutlich weiterhin sein Unwesen, doch schien er sich im Moment nicht für Hogwarts zu interessieren.
 

Daher hatten die Lehrer auch keine Skrupel die Schüler mit Unmengen an Hausaufgaben zu überhäufen. Zum Leid einiger Sechst- und Siebtklässler wurden diese auch angewiesen weitere zusätzliche Stunden in Verteidigung gegen die dunklen Künste zu nehmen und das auch noch in ihrer Freizeit zweimal die Woche eine ganze Stunde.
 

Doch vor allem seit dem letzten Quidditchspiel, in dem Hufflepuff Slytherin knapp besiegt hatte, herrschte wieder bessere Stimmung in Hogwarts, die sich niemand nehmen ließ.

Am nächsten Samstag sollte endlich, dass mehrfach verschobene Quidditchspiel für Gryffindor stattfinden und damit auch das erste Spiel, in dem sich James' neue Mannschaft bewähren musste.

Aus der Sicht des Kapitäns musste er zugeben, dass sie noch nicht so gut waren, wie er es sich erhofft hatte. Daher hatte er in dieser Woche jedem möglichen Tag das Quidditchfeld für mindestens vier Stunden beschlagnahmt, um zu trainieren.

Emily war nicht schnell genug, Rosalie zu hektisch und Sirius zu siegessicher. Und diese drei Problemzonen musste er bis Samstag unbedingt in den Griff kriegen.
 

Rosalie Pond schmerzte der Rücken als sie vom Quidditchfeld zur großen Halle lief. Zudem hatte sie Seitenstiche, da James das gesamte Team genötigt hatte vor Trainingsbeginn zehn Runden um das ganze Quidditchfeld zu laufen, damit sich ihre Kondition verbesserte. Eigentlich wollte sie ihm dazu noch ihre Meinung sagen, wie Nicky es an ihrer Stelle getan hätte, doch dazu fehlte ihr dann doch der Mut.

Beim laufen hatte sie gemerkt, wie schlecht ihre Kondition tatsächlich war und James hatte es ganze zwei Runden schneller als alle anderen geschafft das Quidditchfeld zehn Mal zu umrunden.

Das anschließende Training für die Treiber war auch nicht viel besser gewesen. James schien darauf aus gewesen zu sein alle zu quälen, denn er hatte die Schläger der Treiber 5kg schwerer gehext, damit es für sie schwieriger war die Klatscher zu erwischen. Angeblich sollte das ihre Reflexe und die Geschwindigkeit beim schlagen erhöhen, doch bisher spürte sie nur, dass ihr ihr Arm und ihr Rücken wehtat, ihre Füße vom laufen brannten und sie bis in den kleinen Finger überall Muskelkater hatte.
 

Langsam schleppte sie sich in die große Halle, wo bereits alle Schüler beim Abendessen saßen. Relativ in der Mitte des Gryffindor Tisches saß ihre beste Freundin Mary McDonald und lachte gerade über etwas, was Remus und Peter ihr erzählt haben mussten.

Rosalie war froh, dass Mary wieder lachen konnte. Ihr Unfall schien ihr sogar beinahe nichts ausgemacht zu haben, da sie sich nach wie vor an keine Details erinnern konnte.
 

Erschöpft ließ Rosalie sich neben Mary auf die Bank fallen, legte den Kopf auf die Tischplatte und schloss müde ihre Augen.
 

»Na wie ist das Training gelaufen?«, fragte Mary sie neckend.

»James ist so ein Sklaventreiber!«, beschwerte sie sich und war sofort wieder hell wach.
 

»Na, das Spiel am Samstag dürfte zumindest interessant werden«, bemerkte Mary dann.

»Gryffindor gegen Ravenclaw oder besser gesagt James Potter VS. Chad Oldren.«

Rosalies Kopf schnellte sofort nach oben.

»Was?«, fragte sie entsetzt.

»Unglaublich, dass sie ein international bekanntes Gesicht in der Hausmannschaft spielen lassen. Irgendwie unfair den anderen gegenüber«, sagte Peter dann.

»Chad Oldren wird Quidditch spielen? Für Ravenclaw?«
 

Alle blickten sie verwundert an und als Sirius Black sich gegenüber von ihr neben Remus auf die Bank fallen ließ, schlug sie mit der Faust auf den Tisch.

»Hast du das gewusst?«, fuhr sie ihn an.

Sirius hob eine Augenbraue und begann sich eine ordentliche Portion Kartoffelbrei auf den Teller zu laden.

»Klar. Was glaubst du warum James uns wie Sklaven arbeiten lässt?«

»Aber- wie? Wann? Warum?«

Rosalies Stimme klang verzweifelt und Mary tätschelte liebevoll ihre Schulter, als Rosalie die Hände über die Augen legte und abermals aufseufzte.

»Ein paar Mädchen aus Ravenclaw haben Chad heute Morgen beim Training beobachtet Er ist wirklich der beste Jäger, den ich je gesehen habe«, schwärmte Mary.

»Kein Wunder, er ist ja auch ein Profispieler«, fügte Peter dem ganzen hinzu.
 

Dann spürte Rosalie wie sich die Bank neben ihr senkte und sie blinzelte zwischen den Fingern ihrer zugehalten Augen zur Seite. Es war James, welcher sich neben sie und schräg gegenüber zu Sirius gesetzt hatte.

»Du!«, fuhr sie ihn an. »Wie kannst du mir so eine wichtige Information vorenthalten?«, beschwerte sie sich und zog dabei einen Schmollmund, was ihrem gesamtes Auftreten irgendwie nicht mehr gefährlich wirken ließ.
 

James sah sie kurz verwirrt an und fragte sich, was sie überhaupt von ihm wollte, bis Rosalie wieder die Faust auf den Tisch schlug.

»Chad Oldren!«, zischte sie ihm zu und sah nun verärgerter aus als vorher.
 

»Die halbe Schule weiß, dass er am Samstag spielen wird. Woher soll ich wissen, dass du es nicht tust?«

»Du hast ihn nicht einmal erwähnt, während des ganzen Trainings«, schmollte Rosalie.

»Er ist auch nur ein Mensch«, erwiderte James gelangweilt.

»Bist du so arrogant zu glauben, dass wir gewinnen werden oder zu blind zu sehen das er uns fertig machen wird?«

»Ich habe alles erdenkliche getan, um so gut wie möglich auf die Information, dass er spielen wird zu reagieren. Das Training ist mehr und härter geworden. Ich kann nicht mehr tun, als euch an eure Grenzen zu treiben«, sagte er ruhig.

»Wir werden so was von verlieren!«, seufzte Rosalie niedergeschlagen. »Da nützten uns auch hunderte zusätzliche Trainingsstunden nichts.«
 

»James ist optimistisch genau wie ich und die neue Strategie spricht für sich«, bemerkte Sirius, während er sich eine große Portion Kartoffelbrei in den Mund schob.
 

Da Rosalie sowieso nichts an allem ändern konnte, beschloss sie sich mit dem vor ihr stehenden Lammbraten den Magen voll zu schlagen
 

»Wo ist eigentlich Lily?«, fragte sie nach einer Weile und begann sich in der großen Halle umzusehen. »Ich habe sie seit heute Mittag gar nicht mehr gesehen.«

»Sie war bis eben noch hier bevor du gekommen bist«, sagte Mary und ließ ihren Blick durch die Halle schweifen. »Sie wollte noch etwas mit den Schulsprechern abklären.«
 

Dann entdeckte Mary sie am benachbarten Ravenclawtisch und ihre Mundwinkel kräuselten sich zu einem Lächeln.
 

»Wenn man vom Teufel spricht«, nuschelte sie dann, doch Rosalie konnte sie trotzdem gut verstehen und ihr Kopf wandte sich zu den Ravenclaws um.
 

Lily Evans saß mit dem Rücken gewandt auf der Bank am Ravenclawtisch direkt neben Chad Oldren. Ihre Füße hatte sie zum Gang hin ausgestreckt. Chad hatte sich etwas schräg gesetzt um Lily besser sehen zu können. Beide schienen sich angeregt zu unterhalten.
 

»Sie meinte sie müssten noch kurz was besprechen.«

»Also für mich sieht das nicht nach einer wichtigen Besprechung aus.«
 

Mary und Rosalie fingen an darüber zu diskutieren, worüber die beiden wohl redeten und begannen damit ihre Mimik zu analysieren. Lily lächelte, während Chad Oldren redete. Seine Arme gestikulierten wild und seine Augen leuchteten, während er sprach.
 

»Vielleicht sprechen sie über Quidditch. Schau es sieht so aus, als würde er einen Quaffel passen wenn du seiner Armbewegung folgst«, lachte Mary.
 

James verzog das Gesicht. Lily hatte ein breites Lächeln im Gesicht und je mehr sie lachte, desto mehr verzog James seine Mundwinkel. Seine rechte Hand, in der er seine Gabel hielt war zu einer Faust geballt. Es schien als wolle er die Gabel verbiegen.
 

Rosalie warf einen letzten Blick auf Lily und wandte sich dann wieder zum Tisch, um ihren Lammbraten weiter zu essen. Verwundert schaute sie zur Seite.

»War James nicht eben noch hier?«, fragte sie nur verwundert, doch Sirius zuckte nur mit den Schultern und aß seinen Nachtisch.
 

Lily streifte die Tasche über ihre Schulter und verließ die große Halle. Sie wollte gerade um die Ecke biegen, als eine Gestalt aus dem Schatten hervortrat und ihr den Weg versperrte. Erschrocken blieb sie stehen und taumelte einen Meter zurück.
 

»Du hast mich zu Tode erschreckt! Mal wieder«

James Mundwinkel zuckten kurz zum Ansatz eines Lächelns, doch dann wurde seine Miene wieder ernst.

»Kann ich dir irgendwie helfen?«, fragte sie dann.

»Ja«, sagte er dann. Sein Gesichtsausdruck wirkte angespannt und düster.
 

»Was hat er gewollt?«, fragte er dann.

Lily hob die Augenbrauen und sah ihn an, als würde sie mit einem Geisteskranken sprechen.

»Chad Oldren«, spezifizierte James dann endlich seine Aussage.

»Vertrauensschülerangelegenheiten«, meinte sie nur knapp und versuchte an ihm vorbei zu gehen, doch wieder stellte er sich ihr in den Weg.

»Das sah aber ganz anders aus«, sagte er dann eine Spur eindringlicher, doch seine Stimme klang immer noch beherrscht.

»Warum interessiert dich das?«, fragte sie dann

»Ich will nur sichergehen, dass kurz vor dem großen Spiel keine Informationen durchsickern.«

»Ich bin nicht mal im Team. Was sollte ich ihm schon erzählen?«

»Was Pond dir so erzählt?«

»Das ist doch lächerlich«, fuhr sie ihn an und verschränkte die Arme vor der Brust.

»Du bist doch sonst nicht so paranoid, also was ist los Potter?.«
 

James wandte den Blick von ihr ab, presste die Lippen zusammen und starrte an die Wand neben ihm, während er sich durch die Haare fuhr und Lily geduldig auf seine Antwort wartete.

»Es ist viel passiert in letzter Zeit. Also pass einfach auf, okay?«, sagte er dann und ging an ihr vorbei.
 

Lily wandte sich noch einmal zu ihm um. Sie fragte sich, was das ganze sollte und was er damit bezwecken wollte? Warum hatte er sie gewarnt sich in acht zu nehmen? War er wirklich schon paranoid geworden? Das musste es sein, eine andere Erklärung gab es nicht.
 


 

***
 


 

Remus' rote Schreibfeder war bereits gezückt, als Professor Slughorn die Auswirkungen eines sehr übelriechenden Zaubertrankes erläuterte, welcher vor ihm auf dem Pult bereits in einem Kessel vor sich hin brodelte.

Peter kratzte sich nachdenklich am Kopf und beschloss dann das ganze doch lieber bei Remus abzuschreiben, da dieser sich immer mehr Notizen machte, als nötig waren.

James blickte nur gelangweilt an die Decke, während Sirius Remus von der Seite musterte und ein empörten Blick aufgesetzt hatte.
 

»Ach Moony, das interessiert doch eh keinen, was der alte Slughorn da erzählt. Er geht doch eh bald in den Ruhestand«, meinte Sirius gelassen.
 

Remus runzelte die Stirn und warf Sirius einen bösen Blick zu.

»Ich werde meine Abschlussprüfung im nächsten Jahr unter anderem in diesem Fach machen«, mahnte Remus.

Sirius verdrehte nur die Augen.

»Dir kann man nicht helfen.«

»Tut mir ja leid, aber wir haben nicht alle so einen Stein im Brett wie ihr beide.«

James grinste breit.

»Ich weiß überhaupt nicht was du meinst«, sagte er scheinheilig.
 

Natürlich wusste James genau was Remus meinte. Der gute alte Professor hatte seit dem vierten Schuljahr einen Narren an ihm und auch an Sirius gefressen.

Wie allen Schülern und Lehrern in Hogwarts bekannt war, mochte es Prof. Slughorn von intelligenten oder anderweitig begabten Hexen und Zauberern umgeben zu sein.

Und Sirius und James gehörten mit Abstand zu den Jahrgangsbesten und das obwohl sie so wenig lernten. Außerdem waren die beiden eigentlich gut im Brauen von Zaubertränken, da diese oft ein Bestandteil des Streiche Repertoires der Rumtreiber waren. Nur im Unterricht arbeiteten sie oft wirklich schlampig wenn es um die Vorbereitung der Zutaten ging.

Natürlich war James' guter Ruf als Jäger und seine Position in der Mannschaft auch ausschlaggebend dafür gewesen, dass er zu jedem Slugtreffen eingeladen wurde. Doch wirklich gerne ging niemand dahin. Daher waren die beiden auch froh, dass Slughorn in diesem Jahr seine alljährliche Weihnachtsparty ausfallen lassen musste, da Dumbledore wegen der Vorfälle in den vergangenen Wochen keine anderen Zauberer im Schloss haben wollte.
 

Als Professor Slughorn begann seine Runde zu gehen, um zu sehen, ob auch alle arbeiteten, begann James schnell sein Zaubertränkebuch aus der Tasche zu kramen. Sirius tat es ihm gleich.
 

»Sieh dir Schniefelus an, klebt mit seinem Haaren im Buch und kritzelt irgendetwas.«

»Ihr solltet euch besser um die Aufgaben kümmern, Slughorn läuft hier gleich vorbei«, ermahnte Remus die beiden, woraufhin Sirius die Augen verdrehte.

»Was sollen wir den machen?«, fragte er gelangweilt.
 

Remus deutete auf ein Bild einer klein bedruckten Doppelseite weiter hinten im Buch. »Wir sollen die Auswirkungen dieses Zaubertrankes beschreiben.«

Sirius seufzte und begann Remus mit seinem Dackelblick anzusehen. Dieser sah ihn nur halb böse und halb belustigt an.

»Vergiss es. Du darfst nicht abschreiben.«
 

Beleidigt verschränkte Sirius die Arme auf dem Tisch und legte seinen Kopf darein. So verharrte er eine Weile bis ihn ein plötzlich unterdrückter Aufschrei aufschrecken lies.
 

»Was ist los Prongs?«, grinste Sirius, dem das Funkeln in James Augen nicht entgangen war.

»Sieh dir das mal an«, sagte James eifrig und hielt ihm eine Doppelseite aus dem Buch unter die Nase. Sirius überflog sie kurz. Bei jeder Zeile wurde sein Grinsen breiter.
 

Am Nachbartisch saßen Mary, Rosalie und Lily, welche bereits ihre Ergebnisse miteinander verglichen, als sie von James unterdrückten Aufschrei abgelenkt wurden. Da James sich jedoch sofort wieder setzte, wandten auch sie bald wieder ihre Blicke von ihm ab.

»Was war das denn?«, lachte Mary.

Lily, welche nicht einmal den Blick gehoben hatte, verdrehte die Augen.

»Potter, der nicht genügend Aufmerksamkeit bekommen hat.«

Sie presste die Lippen dicht aufeinander und versank scheinbar wieder in ihrem geschriebenen.

»Genau Lily«, murmelte Mary kopfschüttelnd.

Rosalie kicherte verhalten.

»Na so ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom hat er doch sonst nie.«

»Oh bitte, ich habe solche Kopfschmerzen, können wir das schnell fertig schreiben?«, bat sie dann ihre Freundinnen und alle nickten einverstanden.
 

Nach einer Weile ließ Professor Slughorn die Ergebnisse zusammentragen und notierte ein paar Stichpunkte an der Tafel. Nachdem alle Nebenwirkungen des übelriechenden Zaubertrankes ausführlichst besprochen worden sind, durften die Schüler nun selbst ran. Der große Nachteil war, dass es in den Kerkern nur zwei winzige Fenster gab und die waren zu Lilys Pech leider auf der anderen Seite des Raumes.

Lily war aufgrund ihrer Kopfschmerzen diesmal besonders langsam und hatte ihren Trank gerade Mal zur Hälfte fertig, als ihr schwindelig wurde und sie dabei einen Schritt nach hinten taumelte und beinahe über die Bank gestolpert wäre, wenn Mary sie nicht am Arm festgehalten hätte.
 

»Miss. Evans, ist alles in Ordnung bei Ihnen?«, fragte Slughorn besorgt, da auch die intelligente Lily Evans eine von seinen Lieblingsschülern war.

»Ich weiss nicht so recht. Man bekommt hier so schlecht Luft. Aber anscheinend geht es nur mir so.«

»Am besten sie setzen sich auf die andere Seite ans Fenster. Dann wird es ihnen besser gehen.«, meinte Professor Slughorn sanft.
 

Er warf einen kurzen Blick auf die andere Seite. In der ersten Reihe außen am Fenster saßen ein spindeldürres Mädchen aus Slytherin und Severus Snape.
 

Professor Slughorn gebot Snape mit Lily Platz zu tauschen. Dieser räumte sofort seine Sachen zusammen. Er schien irgendwie froh von dem Mädchen weg zu können. Jedoch empfand er die Umgebung von lauter Gryffindors auch nicht gerade besser. Finster stapfte er auf Lilys freien Platz zu, kam aber nicht ohnehin ihr noch einen besorgten Blick hinterher zu werfen.
 

James und Sirius warfen eifrig noch ein paar Zutaten in den Kessel, sodass sie den Platzwechsel nicht bemerkten. Erst als Lily an James vorbei ging, schnellte seine Hand automatisch zu seinem Haar, wie jedes Mal wenn ein hübsches Mädchen an ihm vorbei ging. Doch er achtete nicht darauf was sie tat. Er war zu sehr mit seinem eigenen Zaubertrank beschäftigt.
 

»So«, sagte Sirius schließlich. »Jetzt noch das Ingwerkraut und wir haben es.«

»Geh schon mal in Deckung Pad.«
 

In ihrem Kessel brodelte eine tief blaue Flüssigkeit, die nicht giftgrün war und stank wie alle anderen. Diese Flüssigkeit brodelte von Sekunde zu Sekunde mehr und drohte bald explosionsartig heraus zu schießen. Schnell sprach Sirius einen Schildzauber, damit er und die Rumtreiber davor verschont bleiben würden.

»Es wurde auch mal wieder Zeit den Slytherins und vor allem dem ollen Schniefelus mal wieder einen Streich zu spielen.«, meinte Sirius gelassen und legte den Zauberstab zurück in seinen Umhang.

James Blick suchte Snape, doch er konnte ihn nirgends entdecken. Da war nur noch das spindeldürre Mädchen aus Slytherin und da wo Snape zuvor gesessen hatte, lehnte nun Lily Evans an der Wand am Fenster.
 

»Evans!«, riefen beide gleichzeitig.
 

Doch genau in dem Moment, als Lily sich zu ihnen umdrehte, schoss die blaue Flüssigkeit aus dem Kessel der Rumtreiber und traf die komplette erste Reihe in den Rücken und Lily, welche sich zu James und Sirius umgewandt hatte, traf sie mitten ins Gesicht und auf ihren Umhang.
 

Erschrocken wandte sich Professor Slughorn zu ihnen um. Sein Blick wanderte von den Rumtreibern zur ersten Reihe und wieder zurück.

Lily blinzelte benommen und versuchte sich die blaue Glibbermasse aus dem Gesicht zu wischen, vergebens. Denn je mehr sie es versuchte, desto mehr kleine Bläschen tauchten in ihrem Gesicht auf.

Professor Slughorn war außer sich, versuchte jedoch sofort die Schüler und das Klassenzimmer mit diversen Putz- und Desinfektionszaubern zu reinigen. Jedoch mit wenig Erfolg.
 

»Was haben Sie da nur angerichtet?«, fragte er James und Sirius bedauernd. »Das ist nicht der Trank, den sie brauen sollten.«
 

Nach einer kleinen Diskussion, beendete Slughorn jedoch frühzeitig den Unterricht und schickte Lily und das Mädchen aus Slytherin in de Krankenflügel.

James und Sirius wurden dazu verdonnert, dass Klassenzimmer zu putzen, jedoch kam Slughorn nicht umhin, den beiden zu ihrem gelungenem Glibberblasenzauber zu gratulieren, auch wenn sie den eigentlich nicht brauen sollten.
 

Nach etwa zwei Stunden war der Klassenraum wieder sauber oder zumindest wieder in einem ähnlichem Zustand wie vorher.
 

»Die Aktion hat sich nicht gelohnt, wenn man bedenkt, dass wir das alles wieder aufwischen mussten. Und Schniefelus hat es auch nicht erwischt«, seufzte Sirius.

»Aber Evans und das ist nicht gut«, nuschelte James verhalten, als die beiden am Portrait der fetten Dame ankamen.

»Passwort?«, fragte die fette Dame.

»Elfenlied« , sagte Sirius schnell.

»Ach echt?«, fragte James.

»Ja, die ändern das doch ständig.«
 

Das Portrait klappte zur Seite und beide betraten den Gemeinschaftsraum.

Unbewusst ließ James seinen Blick durch den Raum schweifen, doch er konnte die Person, nach der er suchte nirgends entdecken. Nur Rosalie und Mary saßen vor dem Kamin und machten ihre Hausaufgaben.

»Na Pond, fit für das Spiel morgen?«, fragte James mit seinem üblichen Grinsen im Gesicht.

Rosalie zog die Augenbrauen zusammen und schenkte ihm einen bösen Blick, antwortete jedoch nicht.

»Redest du nicht mehr mit deinem Kapitän?«, fragte er dann neckend und erntete wieder einen bösen Blick.

»Ich hätte vor meinem ersten Spiel gerne mentale Unterstützung von meinen Freundinnen gehabt, doch leider ist die Hälfte davon ja im Krankenflügel dank dir«, erwiderte sie nur, klappte ihr Buch zu und ging die Wendeltreppe in den Mädchenschlafsaal hinauf.
 

James seufzte und fuhr sich unwillkürlich mit der Hand durchs Haar. Es war nie seine Absicht gewesen Evans zu treffen, aber das hatte er nun davon.

Die Aktion war sowieso hirnrissig gewesen. Er hatte Glück, dass Slughorn sie wenigstens für den gelungenen Trank gelobt hatte und sie nur das Klassenzimmer putzen mussten. Er hätte auch für das Spiel morgen gesperrt werden können.
 


 

***
 


 

Als es dann soweit war und der Tag des großen Spiels anbrach, lag James Potter bereits in den Morgenstunden wach in seinem Himmelbett und starrte die Decke an. Er war zwar generell ein Frühaufsteher, doch heute war er noch früher wach als gewöhnlich.

Eine Weile blieb er noch so liegen und dachte daran, was ihm heute alles bevorstehen würde, doch dann warf er die Decke beiseite und ging ins Badezimmer. Auch als er das kalte Wasser der Dusche über seinen Kopf gießen ließ wurde er nicht lebendiger. Das Adrenalin, welches vor den meisten Spielen immer durch seine Adern schoss war noch nicht da.

Seufzend drehte er den Wasserhahn ab und trocknete sich ab. Er zog eine Jeans und einen grünen Pullover an und verließ das Badezimmer.

Sirius war immer noch in seinem Bett und schlief. Nun ja, eigentlich war es nur sein Hinterteil welches im Bett lag, sein Kopf und seine Arme hingen nämlich halb auf dem Boden.

»Aqua Erruptum«, murmelte James und Sirius schrie auf, als das kalte Wasser aus der Spitze von James' Zauberstab in seinem Gesicht landete. James lachte und Sirius starrte ihn böse an.

»Beeil dich Pad, wir spielen gleich«, sagte James nur und stopfte seinen Quidditchumhang in seine Tasche, während Sirius todmüde ins Badezimmer stapfte.
 

James ließ das Frühstück ausfallen und ging direkt zum Quidditchfeld. Er hatte erwartet der erste zu sein, doch war schon jemand, der bereits seine ersten Runden über das Feld drehte.
 

»Hey Vance, schon wach?«
 

Emmeline blickte nach unten und erkannte James, der auf dem Rasen stand. Sofort schwenkte sie ihren Besen um und landete neben ihm auf dem Rasen.
 

»Ich konnte nicht mehr schlafen. Du offenkundig auch nicht?«

»Scheint so«, meinte James, woraufhin Emmeline ihre Arme um seinen Nacken schlang, um ihm einen langen Kuss zu geben, welchen James sofort erwiderte.

James' Hand strich ihren Rücken auf und ab, während Emilys Hände unter seinem Pullover verschwanden. James grinste in den Kuss hinein und ließ sie noch einen Moment über seinen Oberkörper streichen, als er sich von ihr löste und sie ein Stück von sich weg schob.
 

»Wir spielen gleich. Also los, mach dich warm«, sagte er im gespielt befehlenden Tonfall.

»Aye Aye Kapitän«, erwiderte Emmeline und stieg auf ihren Besen.
 

Nach und nach tauchten dann auch die anderen Spieler auf, um sich aufzuwärmen und schließlich auch die anderen Schüler, sodass sich die Tribünen langsam füllten.
 

Und dann fielen die ersten Regentropfen vom Himmel und es begann immer stärker zu regnen. Der Wind fegte durch die Äste der peitschenden Weide und der Regen vernebelte allen die Sicht, dennoch hatten sich alle Lehrer und Schüler auf den Tribünen versammelt, um ihre Hausmannschaft anzufeuern.
 

Die Gryffindors waren bereits dabei sich aufzuwärmen und flogen ein paar Runden ums Stadion, um sich irgendwie an den Regen zu gewöhnen. Vergebens.

Bei den Ravenclaws fehlten jedoch zwei Spieler. Ihr Star Spieler Chad Oldren und ihr Kapitän Anthony McCoy.
 

Die Gryffindors wussten, dass James ein Spitzen Jäger war, dass hatte er bereits in seinem ersten Spiel in Hogwarts bewiesen. Im letzten Jahr waren sogar einige Talentscouts, die hin und wieder zu den Spielen erschienen, auf ihn aufmerksam geworden und zu diesem Zeitpunkt war er gerade mal 15 gewesen.

Doch Chad Oldren war eine andere Liga. Vermutlich waren ausgerechnet bei diesem Spiel so viele Talentscouts anwesend, um ihn zu sehen oder ihn abzuwerben.

James fragte sich, ob er vielleicht Strategien aus Länderspielen mit den Ravenclaws geteilt hatte. Das würde ihnen immerhin einen immensen Vorteil verschaffen.

Doch dann blieb ihm keine Zeit mehr, um weiter darüber nachzudenken, da zwei Schüler die Kiste mit den Bällen auf das Spielfeld brachten.
 

Alle Spieler nahmen ihre Position ein und Madamme Hooch ließ den goldenen Schnatz frei. Aus Gewohnheit begann James sofort seiner Spur mit den Augen zu folgen, wie es sein Vater ihm damals beigebracht hatte. Doch dann schüttelte er den Kopf und achtete auf die Klatscher, welche wild an ihnen vorbei schnellten.
 

Dann ertönte ein Pfiff und auch die Ravenclaws nahmen ihre Position ein. Doch zwei Spieler fehlten immer noch und James grinste überheblich, als er sich fragte, ob Chad möglicherweise doch ausfallen würde.
 

Doch dann merkte er, dass er das eigentlich gar nicht wollte. Es war egoistisch von ihm, denn ohne Chad würden sie Ravenclaw auf jeden Fall schlagen. Doch es reizte ihn zu sehr. Er wollte unbedingt gegen diese internationale Größe antreten.

Und dann kamen plötzlich zwei Besen aus der Ravenclaw-Umkleidekabine geschossen und das Stadion brach in Jubel aus, als Chad Oldren und Anthony McCoy ihre Positionen einnahmen.
 

»Kapitäne, gebt euch die Hand!«, befahl Madamme Hooch und Anthony reichte James seine Hand.
 

Dieser hatte sich bereits eine Schutzbrille aufgesetzt, um in diesem Regen wenigstens etwas erkennen zu können. Daher erkannte er auch zu gut, McCoys Grinsen, als sie sich die Hände gaben. Er sah siegessicher aus und vielleicht würde genau das zu seinem Verhängnis werden, dachte James, als auch schon der Pfiff ertönte und der Quaffel in die Luft geworfen wurde.
 

James sicherte sich als erstes den Quaffel und schoss nach nur 30 Sekunden das erste Tor für Gryffindor. Die Jubelrufe der Tribüne gingen im strömenden Regen unter, welcher immer schlimmer wurde. Als er sich umblickte, konnte er gar nicht richtig erkennen, ob seine Mannschaft auch nach ihrer Strategie spielte. Es war ein zu wirres Durcheinander.

Einzig das Hallen des Stadionsprechers dröhnte hin und wieder an seine Ohren. Der Punktestand war anfangs relativ ausgeglichen, aber nur weil die anderen beiden Jäger aus Ravenclaw den Gryffindors nicht das Wasser reichen konnten.
 

Doch der Regen schlauchte alle nach einer Weile und es war nahezu unmöglich bei diesem Wetter den Klatschern ordentlich auszuweichen. Chad Oldren und auch McCoy schafften es ein paar Tore zu erzielen und das ärgerte James.

»Tor! Und wieder 10 Punkte für Ravenclaw!«, ertönte die Stimme des Stadionsprechers. »Damit steht es 70 zu 20 für Ravenclaw.«
 

James schnaubte wütend und fragte sich, ob er nicht doch lieber einen neuen Hüter hätte casten sollen, doch er musste zugeben, dass Chad äußerst schnell und windig war, so wie man es aus seinen Spielen kannte.
 

»Oh der goldene Schnatz ist wohl aufgetaucht!«, ertönte die Stimme des Stadionsprechers und James suchte den Himmel nach seinem Sucher ab.

Dieser hatte, ebenso wie der Sucher aus Ravenclaw zum Sturzflug angesetzt. Doch dann schien der kleine goldene Ball wieder verschwunden zu sein.
 

James beschloss diesen Moment, in dem alle abgelenkt waren zu nutzen und sicherte sich den Quaffel von McCoy. Als er auf die Torringe zu hastete wurde er plötzlich von der Seite gerammt. Es war Chad, welcher sich den Quaffel zurück holen wollte. Doch James hatte bereits einen der Torringe getroffen.
 

Das Spiel entwickelte sich mehr und mehr zu einem Duell zwischen den Jägern der Gryffindors und Chad. Die anderen Jäger waren nur noch da, um ihm zu zu passen oder um den Quaffel im Zweifelsfall abgeben zu können.

James konnte darüber nur den Kopf schütteln. Er vermied diese Strategie, da man sich nie auf nur einen einzigen Spieler verlassen sollte. Und diese Schwäche in der Strategie der Ravenclaws würden sie schamlos ausnutzen. Und mit ein paar guten Pässen und den geübten Spielzügen schaffte es Gryffindor auch ein paar Tore zu erzielen.

Es war noch ein Tor, ein einziges Tor und sie hatten Ravenclaw wieder eingeholt.
 

»Connor hat den Schnatz gesehen!«, ertönte wieder die Stimme des Stadionsprechers und alle Blicke der Gryffindors wandten sich zu ihrem Sucher um, welcher in einem 90° Winkel steil ans untere Ende der Lehrertribüne zuflog. Der Sucher der Ravenclaws war im Regen nicht zu sehen.
 

James hatte immer noch den Quaffel in der Hand und flog auf die Torringe zu. Er wollte unbedingt noch dieses eine Tor machen, bevor Connor womöglich den Schnatz fing.

Denn das würde bedeuten, dass sie nicht nur wegen dem 150 Punkte Wert des Schnatzes das Spiel gewonnen hätten, sondern auch, weil die Jäger eine bessere Leistung als die Gegner abgeliefert hatten und damit hätte er auch indirekt Chad Oldren, sein Idol geschlagen.
 

Doch dann begann sein Arm zu zucken, als hätte er in eine dieser Muggelsteckdosen gefasst. Sein Körper fuhr zusammen, als würde alles Blut aus seinem Adern nach innen zusammen gepumpt werden. Die Luft in seiner Kehle schnürte sich zusammen, als würde sie in sein Gehirn abgesogen werden und sein Kopf brannte, als würde ihm jemand glühende Kohlen in eine offene Wunde an seinem Hinterkopf legen.

Und dann rammte McCoy ihn von der Seite und James fiel vom Besen. Vermutlich wäre er auch ohne sein zu tun gestürzt, doch nun schmerzte es ihn um so mehr als er einige Meter fiel und schließlich auf dem nassen Rasen aufkam. Sein Körper zuckte immer noch und er wand sich unter Schmerzen auf dem nassen Gras.

Und dann wurde alles dunkel um ihn herum.
 


 


 

***
 


 

Seine Augenlider zuckten und sein Kopf brannte, als er langsam wieder zu Bewusstsein kam. Die Erinnerungen strömten in seinen Kopf, als wäre er nie weggetreten gewesen.
 

Doch hier, wo er lag war es weder nass noch kalt. Es war nicht die matschige Wiese im Stadion auf der er lag, sondern eine weiche Matratze und über ihm war ein Laken gelegt worden, welches ihn warm hielt. James blinzelte bevor er langsam die Augen öffnete.

Der Raum war relativ dunkel, es musste also schon Abend oder Nacht sein. Nur auf seinem Nachttisch brannte eine Kerze. Neben sich erkannte er einen weißen Vorhang und weitere Betten auf der anderen Seite ihm gegenüber.

Er war also im Krankenflügel. Er versuchte sich vorsichtig aufzurichten, stöhnte jedoch laut auf, als ihn der Kopfschmerz traf, wie eine Nadel, welche in seinen Kopf gerammt wurde.
 

»Falls du aufwachst und es dir schlecht geht, sollst du die Mixtur auf deinem Nachttisch trinken«, sagte eine vertraute Stimme.
 

James blickte zur Seite. Zwei Betten neben ihm war ein weißer Vorhang um ein Bett gezogen, er war also doch nicht allein auf der Krankenstation.

Langsam beugte er sich zur Seite und nahm die Flasche von seinem Nachttisch. Er trank alles in einem Schluck und machte ein angeekeltes Gesicht, als er merkte wie bitter diese Medizin schmeckte.
 

»Was tust du hier Evans?«, fragte er dann und Lily zog den Vorhang beiseite.

In ihrem Gesicht erkannte er immer noch die blauen Flecken, welche Zeugnis seines missglückten Streiches waren, der eigentlich Snape galt.

»Ich bin wegen dir und deinem dummen Streich hier, du Idiot!«

James gluckste. Sie versuchte ihn böse anzuschauen, schaffte es jedoch nicht einen mitleidigen Blick zu unterdrücken.
 

»Wie geht’s dir?«, fragte sie dann freundlich.

»Mein Kopf brennt, aber sonst gehts«, log er und versuchte nicht allzu schmerzverzerrt zu gucken, als er sich auf den Bettrand setzte.
 

Sein Bein tat höllisch weh. Er musste es sich gebrochen haben, immerhin war er einige Meter von seinem Besen gefallen. Lily sah ihn wie zuvor auch wieder mit diesen mitleidigen und traurigen Augen an. Einem Blick, welchen er von ihr nicht kannte. Zumindest nicht ihm gegenüber.
 

»Sie dachten ich schlafe, aber ich habe gehört wie McGonagall und Madamme Pomfrey darüber geredet haben, dass du möglicherweise mit einem unverzeihlichem Fluch angegriffen wurdest«, sagte sie ernst.
 

James hob die Augenbrauen und machte ein nachdenkliches Gesicht. Sie hatten die unverzeihlichen Flüche im Unterricht besprochen. Er musste sich eingestehen, dass das war er gefühlt hatte und die Nachwirkungen, die er jetzt aufgrund des Morphiums nicht mehr wirklich spürte, dennoch schlimmer waren, als er es sich damals hätte vorstellen können. Man musste den Cruciatus wohl selber mal erlebt haben, um es vollends zu verstehen. Und dabei können es nicht mal mehr als sieben oder acht Sekunden gewesen sein, die er unter dem Fluch stand.
 

»Möglich wärs«, sagte er nur knapp.

»Meintest du das mit, ich solle aufpassen?«, fragte sie dann.

James war einen Moment lang irritiert, erinnerte sich doch dann an ihr Gespräch vor ein paar Tagen.

»So was in der Art ja. Ich hatte nur nicht geglaubt, dass es mich selbst treffen könnte.«

»Warum, weil du ein Reinblüter bist?«

»Ja.«
 

Lily zog den Vorhang wieder zu und legte sich mit dem Rücken zu ihm wieder ins Bett.

Nach einer Weile stand James auf und zog ihren Vorhang ein Stück zur Seite. Lily lag in ihrem Bett und hatte die Augen geschlossen, während sie langsam ein uns aus atmete.

»Schläfst du?«, fragte er sie dann.

Lily versuchte ruhig und gleichmäßig zu atmen. Vielleicht würde er dann glauben, dass sie bereits wieder eingeschlafen war, als seine Hand plötzlich ihre Schulter berührte.

»Entschuldige bitte«, hörte sie James leise sagen. »Es sollte dich nicht treffen, aber die ganze Aktion war ohnehin etwas hirnrissig gewesen, also es tut mir Leid.«
 

Sie antwortete ihm nicht und blieb ganz still. James seufzte, als er seine Hand von ihrer Schulter nahm. Lily hörte wie der Vorhang vor ihrem Bett wieder zugezogen wurde und James' Bett knarchte, als er sich wieder hineinlegte. Doch erst als sei Atem wieder ruhiger wurde, öffnete sie ihre Augen.

Hatte James Potter sich gerade tatsächlich für etwas entschuldigt und ausnahmsweise Mal eingesehen, was für bescheuerte Dinge, er manchmal tat?

Die etwas andere Aufgabe

27. Akt: Die etwas andere Aufgabe
 


 

„Fragt ihr euch manchmal wie lange man braucht, um sein Leben zu verändern?

Welche Zeitspanne dafür ausreicht?

Sind es 7 Jahre wie in Hogwarts oder ein Jahr?

Sind es zwei Monate Sommerferien oder nur ein einziger Tag oder ein Nachmittag?

Kann sich ein Leben in ein paar Monaten, Wochen oder an einem einzigen Tag verändern?

Wir haben es immer eilig, heranzuwachsen, etwas zu unternehmen, voranzukommen.

Doch wenn man jung ist, kann eine Stunde alles verändern.“

- Lucas (OTH)


 


 

Bereits am nächsten Tag sah Lilys Gesicht wieder aus wie neu, dank Madamme Pomfrey, die wirklich immer auf die kuriosesten Vorfälle vorbereitet war und das vermutlich erst seit die Rumtreiber zum ersten Mal Hogwarts betreten hatten.

Auch James durfte nach ein paar Tagen den Krankenflügel wieder verlassen und zu Sirius' Verwunderung schien er nicht wütend zu sein, dass ihn jemand auf diese Weise beim Spiel außer Gefecht gesetzt hatte. Nicht mal die Tatsache das Gryffindor das Spiel zudem auch noch verloren hatte, schien ihn wirklich zu interessieren.
 

»Ich weiß, dass du dich schnell langweilst Prongs, aber ich hätte gedacht, dass du die Mannschaft erst mal in die Zange nimmst nach der Leistung beim letzten Spiel.«

»Das kommt schon noch. Wir werden auf jeden Fall öfter und härter trainieren müssen, wenn wir Hufflepuff und Slytherin schlagen wollen bei den nächsten Spielen.«

»Naja, da sich durch die Vorfälle alles ein wenig verschoben hat, werden wir erst im Januar das Spiel gegen Slytherin bestreiten können. Es sind also noch gut 6 Wochen Zeit bis dahin.«
 

»Genau Freitag ist der letzte Schultag in diesem Jahr und dann geht’s nach Hause«, versuchte Peter seinen Freund aufzumuntern.

»Wir werden in Hogwarts bleiben«, meinte James und Sirius stimmte ihm zu.

»Vollmond«, sagte Sirius nur auf Peters fragenden Blick hin, worauf er sich mit der Hand gegen die Stirn schlug.

»Das habe ich vollkommen vergessen«, murmelte er nur. »Warum habt ihr nichts gesagt?«

»Damit du fährst«, seufzte Remus »Du fährst ja über die Feiertage immer mit deiner Familie weg.«

»Trotzdem hättet ihr es mir sagen müssen«, schmollte Peter und hatte die Arme vor der Brust verschränkt.

»Macht dir nichts draus Wormy. Remus wollte, dass keiner von uns bleibt. Er denkt, er würde uns Weihnachten und alles verderben und darum musst wenigstens du nach Hause fahren, um sein Gewissen zu beruhigen«, flüsterte Sirius seinem Freund zu.
 

Die vier Freunde hatten gerade die große Halle erreicht, wo bereits alle beim Mittagessen saßen, als ihnen McCoy und Oldren entgegenkamen.
 

»Oh schon wieder aus dem Krankenflügel entlassen?«, fragte McCoy.

»Offenkundig«, erwiderte James und verschränkte die Arme vor der Brust.

»Es tut mir wirklich Leid was passiert ist. Zu dumm, dass unser Sucher den Schnatz gefangen hat.«

»Was willst du damit sagen McCoy?«, fragte Sirius schneidend.

»Ich bitte dich. Es ist doch offensichtlich, dass Potters Sturz vom Besen beabsichtigt war, als er gemerkt hat, dass ihr das Spiel verlieren würdet.«

»Es war Gleichstand zu dem Zeitpunkt«, warf Remus ein, doch niemand beachtete ihn.

»Ach und ich dachte dein Cruciatusfluch hatte dafür gesorgt, dass ich vom Besen gefallen bin«, fiel James ihm ins Wort.

»Wie bitte?«, lachte McCoy und ging einen Schritt auf James zu, sodass sich beide nun nur noch wenige Zentimeter gegenüber standen.

»Du hast eine blühende Phantasie Potter. Meinst du nicht auch, dass du einfach nur ein schlechter Verlierer bist?«

»Du weißt sicher genau, was ich meine.«
 

»Na sie mal einer an, Potter du lebst ja noch!«, höhnte die Stimme von Mulciber.

James wandte sich zu ihm um. Mulciber schien mit Snape und Regulus Black gerade aus den Kerkern zu kommen.

»Ja offensichtlich, stört dich das?«

»Ein wenig«, gestand Mulciber mit einem Grinsen im Gesicht.

»Misch dich nicht ein«, fuhr Sirius ihn an, worauf Mulcibers Grinsen nur noch höhnischer wurde.

»Du tust mir echt Leid Regulus. Dein Bruder, der Blutsverräter ist wirklich eine Schande für die Blacks. Jetzt nimmt er schon andere Blutsverräter in Schutz.«
 

Sirius zückte seinen Zauberstab und schneller als Mulciber schauen konnte wurde eben dieser auch schon gegen die Wand geschleudert. Snape und Regulus hatten nun ebenfalls ihre Zauberstäbe gezogen, um notfalls etwaige Zauber abblocken zu können.
 

»Ich fürchte ich muss dir als Schulsprecher Punkte abziehen, Black. Duelle auf den Fluren sind untersagt«, sagte Chad Oldren, doch Sirius hörte ihm nicht zu.
 

Mulciber war bereits vom Boden aufgestanden, wischte sich immer noch grinsend das Blut von der Lippe und schwang seinen Zauberstab, als Sirius noch abgelenkt war. Doch James blockte den Zauber mit einem Protego ab.

Wütend feuerte Mulciber ein Stupor auf James ab, welcher jedoch auswich. Stattdessen flog McCoy direkt gegen die Tür zur großen Halle aus der gerade die Mädchen kamen.
 

Erschrocken fuhr Rosalie zusammen und drückte sich und Mary gegen die andere Flügeltür, als McCoy neben ihr auf dem Boden landete.
 

»Hört sofort auf! Duelle sind verboten«, fuhr Lily die beiden an.

»Genau!«, pflichtete Mary ihr bei, hielt jedoch ihren Zauberstab fest umklammert.

»Wen interessieren die Worte von Schlammblütern? Wenn es nach uns ginge, hättet ihr nicht mal das Recht mit jemandem wie mir zu sprechen«, höhnte Mulciber, stolperte jedoch im nächsten Moment zurück, als Rosalies wütender Fluch ihn getroffen hatte.

»Soll das ein Geständnis über die Plakate Mulciber?«, zischte Rosalie und richtete den Zauberstab wieder auf ihn.

Lily wollte gerade zu etwas ansetzten, als McCoy sie beiseite schubste und mit erhobenem Zauberstab auf Sirius zu hechtete.
 


 

***
 


 

Minerva McGonagall war gerade dabei ihr Steak zu zerteilen, als ein dumpfer Aufprall die Teller und Schüsseln in der großen Halle erzittern ließ. Sie griff nach ihrem Weinglas, gerade noch rechtzeitig bevor der Wein über Sinclairs weißes Hemd laufen konnte.
 

Dumbledore hatte sich bereits erhoben und fixierte mit seinen hellblauen Augen die Tür zur großen Halle, auf die bereits die Augen aller Schüler gerichtet waren.

Als er durch die Haustische hindurchlief folgten ihm einige neugierige Schülerblicke. Die Vertrauensschüler und die Schulsprecherin Anne Grey hatten sich ebenfalls erhoben und folgten ihm zur Tür.
 

Noch nie hatte er in den vielen Jahren, in denen er nun schon in Hogwarts unterrichtete, eine derartige Szene gesehen. Das sich die Häuser untereinander nicht immer gut verstanden und es teilweise zu kleinen Duellen kam war zwar Gang und Gebe, doch ein solches wirres Durcheinander von Zaubern und Flüchen, welche von 13 Schülern wild durch den Flur der großen Halle geschossen wurden, hatte er noch nicht erlebt.

Es hatten sich bereits einige Schüler in der Tür versammelt, welche den Lärm auf dem Flur wahrgenommen hatten und nun selber Zeugen dieses Spektakels werden wollten, als sich auch Professor Slughorn und McGonagall einen Weg zu Dumbledore durch gebahnt hatten.

Dumbledore erhob seinen Zauberstab und ein ohrenbetäubendes Geräusch erklang, welches alle in ihren Zaubern inne halten und mit zugehaltenen Ohren auf den Boden sinken ließ.

McGonagalls Nasenflügel blähten sich auf, als sie feststellte, dass die meisten beteiligten Schüler aus ihrem Haus waren.
 

»Sie alle werden sich unverzüglich in den Klassenraum für Verwandlung begeben!«, fuhr sie die Schüler an, während Dumbledore die neugierigen Schüler, welche in der Tür gestanden hatten wieder in die große Halle scheuchte.
 


 

***
 

»50 Punkte Abzug für jeden von Ihnen!«, fuhr McGonagall die Schüler an, als sich wenig später alle im Klassenraum für Verwandlung zusammengefunden hatten.

»Ich muss sagen, dass ich wirklich maßlos enttäuscht von Ihnen allen bin! Vor allem von unserem Schulsprecher und den Vertrauensschülern. Sie sollen für Ordnung sorgen und sich nicht an etwas derartigem beteiligen!«
 

Die Augen der Hauslehrerin von Gryffindor streiften durch den Raum. Niemand vermochte zu deuten, ob es alleinige Wut war, welche ihre Augen zum blitzen brachte oder ob es pure Enttäuschung war. Professor Slughorn, welcher neben ihr stand schüttele nur immer wieder den Kopf und seufzte vor sich her.
 

»Sie alle sind schon mehrere Jahre hier in Hogwarts. Sie studieren hier zusammen, sie essen zusammen, spielen gemeinsam Quidditch oder arbeiten an außerschulischen Projekten miteinander. Doch was ich heute gesehen habe, lässt für mich einzig und allein den Schluss zu, dass sie alle sich nicht gut genug kennen, um weiter gemeinsam hierbleiben zu dürfen.«
 

Der Klassenraum für Verwandlung war so still wie noch nie in ihrer gesamten Laufbahn als Lehrer in Hogwarts. Zudem saß dort eine bunte Mischung aus Schülern verschiedener Jahrgänge und Häuser.

Remus und Peter, welche in der ersten Reihe saßen, sahen beschämt auf den Boden.

Sirius Black saß neben seinem Bruder Regulus. Beide lieferten sich ein Duell im Niederstaren des jeweils anderen.

Mary McDonald schluchzte stumm vor sich her, während Rosalie ihr den Rücken tätschelte.

Mulciber schien McGonagalls Schimpftirade eher wenig zu beeindrucken, da er ungeduldig mit den Fingern auf dem Tisch vor sich hin tippte.

James Potter hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah wütend zu Severus Snape herüber, welcher die ganze Zeit versuchte Blickkontakt mit Lily aufzubauen.

Lily Evans saß am Fenster, hatte ihre Lippen zusammengepresst und den Blick von ihrer Hauslehrerin abgewandt. Sie konnte ihr nach allem was eben vorgefallen war einfach nicht mehr in die Augen sehen.
 

»Mr. Oldren wie lautet der Name dieses Jungen hier?«, fragte McGonagall und deutete auf Peter.

Chad hob die Augenbrauen und warf einen kurzen desinteressierten Blick auf Peter, bevor er sich wieder zu McGonagall umwandte.

»Keine Ahnung.«

»Ich heiße Peter Pettigrew«, sagte Peter ein wenig niedergeschlagen.

»Sorry«, murmelte Chad nur.
 

»So geht es sicher nicht nur ihnen Mr. Pettigrew«, versicherte ihm Professor McGonagal. »Es ist traurig, dass so viele von Ihnen sich nach all den Jahren so wenig kennen. Sie es aber immer wieder schaffen aneinander zu geraten, Differenzen aufzubauen, statt Gemeinsamkeiten zu finden.«
 

»Mr McCoy, beschreiben Sie sich bitte in einem Wort!«, forderte McGonagall ihn auf.

»Talentiert«, erwiderte dieser und konnte ein breites Grinsen nicht unterbinden.
 

»Miss Evans, beschreiben Sie Mr. Potter in einem Wort«, forderte McGonagall die rothaarige auf, welche aus ihrer Abwesenheit plötzlich hochschreckte und ihren Blick auf James Potter richtete.

»Selbstgefällig!«
 

Einige der Slytherins begannen zu lachen und selbst Sirius Black konnte sich ein dämliches Grinsen nicht verkneifen, als er kurz zu seinem Freund herüber sah.

»Na schön«, sagte McGonagall und wandte sich zur Tafel um. Sie zückte ihren Zauberstab und die Kreide begann automatisch zu schreiben.

»Lassen Sie uns gemeinsam fünf Kategorien aufstellen, zu denen sich alle Schüler hier in Hogwarts zuordnen lassen. Zum Beispiel haben wir die Strebsamen unter euch. Was noch Miss Pond?«

»Sportler«, antwortete Rosalie und die verhexte Kreide schrieb es an die Tafel.

»Idioten!«, warf Mulciber ein, doch auch nach einem strengen Blick von McGonagall landete das Wort an der Tafel.

»Die Freundlichen«, sagte Remus.

»Einzelgänger«, murmelte Regulus Black.
 

»Na schön. Miss Evans in welche Kategorie würden Sie Mr. Potter einordnen?«

»Idioten«, warf McCoy lachend ein, hielt jedoch sofort seinen Mund, als McGonagalls Nasenflügel vor Ärgernis bebten.

»Ähm Sportler«, sagte Lily schließlich, nachdem sie einen kurzen Blick auf James geworfen hatte.

»Gut. In welche Kategorie gehört Miss Evans?«, fragte sie dann den Rest der Schüler, worauf die meisten »Streber« murmelten.

»Mr. Lupin?«

»Strebsam.«

»Mr Oldren?«

»Sportler.«

»Mr Snape?«

»Einzelgänger«, riefen einige, während andere wie Sirius und James »Idioten« dazwischen riefen.
 

Und so ließ McGonagall jeden Schüler an die Reihe kommen. Die Mehrheit entschied in welche Sparte jeder gehörte.

»Ob es Ihnen gefällt oder nicht, Sie sind aktuell das, wofür Ihre Klassenkameraden Sie halten. Wer von Ihnen war unzufrieden mit seinem Urteil oder sieht sich selbst vielleicht anders?«
 

Zum ersten Mal seit sie alle das Klassenzimmer für Verwandlung betreten hatten, gelang so etwas wie ein schiefes Lächeln in McGonagalls Mundwinkel. Fast alle haben sich gemeldet. Was wiederum bedeutete, dass nahezu jeder damit unzufrieden war in welche Schublade er gesteckt wurde und das war möglicherweise ein Anfang, um gegen die bestehenden Differenzen anzukommen.
 

»Heute werden Sie während des Nachsitzens etwas vollkommen neues ausprobieren«, fuhr McGonagall fort und Slughorn reichte ihr eine Blumenvase.

»Der rechten Seite wird gleich ein Zettel mit einem Namen zugeteilt werden. Diese Person wird für den Rest des Tages ihr Partner für die Aufgabe sein, die sie gleich bekommen. Diese werden Sie nur gemeinsam bewältigen können. Sie werden dafür den Rest des Tages Zeit haben. Anschließend werden Sie diese Pergamentrolle vor dem Abendessen entweder bei mir oder bei Professor Slughorn abgeben.«
 

Einige Schüler seufzten, andere verdrehten die Augen und wieder andere sahen sich entsetzt an, als McGonagall ihren Zauberstab erhob und aus der Vase kleine Pergamentfetzen heraus schwebten.
 

»Ich warne Sie, wir werden auf jeden Fall merken, wenn Sie die Aufgaben nicht gemeinsam erfüllen und dies wird Konsequenzen im Rahmen von nachsitzen und weiteren Strafarbeiten für den Rest des Schuljahres mit sich ziehen.«
 

Etwa die Hälfte der Schüler hatte nun einen Papierfetzten mit einem Namen vor sich schweben.

»Darauf steht der Name ihres Partners«, erklärte McGonagal. »Bitte lesen Sie ihn laut vor. Miss Pond fangen Sie doch an«

Rosalie entfaltete den Zettel, welcher vor ihr schwebte.

»Mulciber«, sagte Rosalie mit Bedauern in der Stimme.

Dann entfaltete Chad Oldren seinen Zettel. »Lupin«

Nach zwei weiteren Schülern war James an der Reihe. »Evans«, las er laut vor.

Nachdem auch der Rest die Zettel auseinander gefaltet hatte, kam Sirius mit Regulus Black und Mary mit Snape zusammen und Peter blieb am Ende übrig.

»Nun, da wir eine ungerade Zahl sind Mr. Pettigrew werden Sie mit mir zusammen arbeiten.«

James presste die Lippen aufeinander und Sirius wandte den Blick ab. Beide versuchten sich so lange wie möglich zu beherrschen, doch als McGonagall die Pergamentrollen mit den Aufgaben auf alle zu schweben ließ und darauf das Gemurmel im Klassenraum anschwoll, konnten sie sich nicht mehr zurückhalten und beide fingen lauthals an zu lachen.

»Glückstreffer Wormy!«

»Ach seid still!«, erwiderte Peter mit zusammengeschobenen Zähnen und griff wenig begeistert nach der Pergamentrolle, welche vor ihm schwebte.
 

Wenige Minuten später hatten sich alle Paare mehr oder eher weniger freiwillig zusammengefunden und verließen mit Feder und der Pergamentrolle bewaffnet das Klassenzimmer.
 


 

***
 


 

»Bringen wir diese absolute Zeitverschwendung hinter uns«, stöhnte Mulciber genervt auf und verließ den Klassenraum, während Rosalie Mary noch einen weinerlichen Blick zu warf bevor sie ihm auf den Gang folgte.

»Wohin gehst du?«

»Kerker«

»Du spinnst wohl! Mit dir geh ich nur irgendwohin wo andere Menschen sind.«

»Angst Pond?«, fragte Mulciber und schenkte ihr ein schleimiges Grinsen.

Rosalie verschränkte die Arme vor der Brust und warf einen angewiderten Blick zurück.

»Wohl eher ekel«, feixte Rosalie und lenkte Mulciber mit sich in die Bibliothek.
 


 

***
 


 

»Wo wollen wir hingehen?«, fragte Mary, doch Snape antwortete ihr nicht und trottete nur so vor ihr her.

»Könntest du vielleicht mal antworten?«

Wieder reagierte Severus Snape nicht und trottete weiter durch das Eichenportal bis zu dem Baum am großem See unter dem er sich nieder ließ.

Mary schlang ihren Schal dichter um ihren Hals und zog ihren Umhang enger, bevor sie sich neben ihn setzte. Es war in den letzten Tagen wirklich unheimlich kalt geworden.

»Wir müssen leider miteinander reden, um diese Aufgaben zu erfüllen«, seufzte Mary. »Willst du lieber den Rest des Schuljahres nachsitzen und Strafarbeiten schreiben?«

»Na gut«, wisperte Severus und entfaltete die Pergamentrolle.

»Sagen Sie sich gegenseitig was sie voneinander halten«, las Snape die erste Aufgabe vor. Zu ihrer beider Erstaunen ging es anscheinend nicht um Wissensfragen, sondern vielmehr um persönliche Dinge.

»Du bist ne Schlammblüterin und obendrein noch ein Streber und wie man des öfteren bemerkt, ein wenig trottelig«, sagte Snape und sah ihr dabei ohne das geringste Bedauern direkt ins Gesicht.

Mary schluckte hart und versuchte nicht wütend zu werden. Ob er es nun aussprach oder nicht. Sie wusste sowieso was er und all die anderen Slytherins von ihr hielten wegen ihrer Abstammung. Selbst vor Lily hatte er damals keinen Halt gemacht und sie so genannt. Dabei war sie mal seine beste Freundin und der wohl einzige Mensch, der jemals an ihn geglaubt hatte.

»Und du bist unfreundlich, vulgär und vorurteilsbehaftet«, erwiderte Mary schließlich und schenkte ihm einen selbstgefälligen Blick.

»Und das was du von mir hältst, nennst du nicht vorurteilsbehaftet?«

»Ich habe dir von Anfang an eine Chance gegeben, aber du warst schon immer abweisend und unfreundlich gewesen, selbst als Lily noch mit dir befreundet war. Ich kann nicht glauben, dass sie das jemals war«, fuhr Mary ihn an und Severus spürte einen Stich in seinem Herzen, als Mary Lily Namen erwähnte.
 


 

***
 


 

»Ich halte dich für arrogant, eingebildet und möglicherweise viel zu selbstgefällig.«

James Potter verdrehte die Augen.

»Danke für die Blumen Evans. Ich hingegen empfinde dich als außerordentlich freundlich und charmant.« Der Sarkasmus triefte nur so in seiner Stimme. »Zu der Streber-Kategorie, in die ich dich vorhin eingeordnet habe stehe ich, auch wenn du dich gemeldet hast, als McGonagall fragte, wer mit seinem Urteil unzufrieden ist.«
 

Lily verschränkte die Arme vor der Brust und ging ein paar Schritte auf und ab.

Die beiden waren zum Bootshaus runter gelaufen und hatten sich dort niedergelassen. James Potter lehnte an der Wand und beobachtete Lily dabei wie sie mit verschränkten Armen auf und ab ging. Eine einzelne Haarsträhne hatte sich aus ihrem improvisiert hochgestecktem Dutt gelöst und sich in ihren Wimpern verfangen. Sie schien es erst nicht zu bemerken, doch schließlich strich sie die Strähne beiseite als sie ihn wieder anblickte. Sie sah ihn so an, als würde sie überlegen, ob es sinnvoll war weiter mit ihm zu reden. Doch irgendwie musste sie das ja, wenn sie nicht den Rest des Schuljahres nachsitzen und Strafarbeiten ableisten wollte.
 

»Ich bin kein Streber«, sagte sie schließlich. »Ich lese gern Bücher über all dieses magische Zeugs, aber nur weil ich als Muggelgeborene nicht so viel über diese Welt weiß wie ihr anderen. Ich hatte eben viel aufzuholen und darum war ich immer so oft in der Bibliothek. Außerdem ist es dort ruhig. Im Gemeinschaftsraum Hausaufgaben machen, kann manchmal wirklich anstrengend sein.«
 

»Nichtsdestotrotz lernst du viel zu viel Evans.«

»Nur für die wichtigen Prüfungen lerne ich viel, aber nur weil ich diese mit den bestmöglichen Noten bestehen will. Weil ich nicht solche Chancen haben werde wie ihr.«
 

James runzelte die Stirn.

»Was meinst du damit?«

»Ich bin eine Frau und eine Muggelgeborene noch dazu, schon vergessen? Wenn ich keine super Noten habe, werde ich niemals einen vernünftigen Job bekommen.«

»So ein Unsinn!«, erwiderte James und schüttelte nur ungläubig den Kopf.

»Ach ja? Hast du dir die Quote mal angesehen wie viele muggelstämmige Frauen z.B. im Zaubereiministerium arbeiten?«

»Keine Ahnung. Dazu gibt’s Quoten?«

»Eine! Eine einzige muggelstämmige Hexe arbeitet dort und das als Sekretärin!«

»Weißt du, das wirft nicht gerade ein besseres Licht auf die Streber-Schublade an dir.«

Lily seufzte nur und beschloss, dass diese Aufgabe schwachsinnig war.

»Das sollte ein Scherz sein. Weißt du, ich habe manchmal diesen sarkastischen Humor.«
 

Gemeinsamkeiten finden, Differenzen abbauen... Was hatten sich die Lehrer denn da bitte spontan ausgedacht? Wie sollte man das mit diesem selbst ernannten Komiker?

»Komm schon Evans, denk über so was nicht weiter nach. Ich weiß, dass du talentiert bist. Wer könnte sonst Schniefelus in Zaubertränke alt aussehen lassen? Und das werden die Menschen da draußen schon noch begreifen.«
 


 

***
 


 

»Wieso müssen wir die Aufgaben auf dem Klo der maulenden Myrte erledigen?«, fragte Sirius entnervt.

»Weil hier niemand stört«, raunte Regulus ihm zu.

»Wobei? Beim sich anschweigen?«

»Weißt du mich interessieren nicht wirklich deine persönlichen Dinge«, erwiderte Regulus.
 

Eine Weile schwiegen beide. Regulus saß auf dem Boden und hatte sich an die Wand gelehnt. Er strich sich seine schwarzen Haare hinters Ohr und begann dann wieder mit seiner Schreibfeder zu spielen. Es schien ihm momentan das interessanteste Objekt im Raum zu sein. Sirius stützte sich mit den Ellenbogen am Fenstersims ab und starte eine Weile aus dem Fenster. Der Nachmittag war angebrochen und die Sonne zog sich allmählich zurück. Da war eine Eule, die schreckhaft aus dem Geäst einer Birke flog und sich in Richtung des verbotenen Waldes davon machte.
 

»Wie steht es zu Hause?«, fragte Sirius dann so leise, dass Regulus es beinahe nicht verstanden hätte.

»Na jetzt wo du weg bist, liegt der ganze Augenschein bei mir«, erwiderte Regulus mit zusammengepressten Lippen.

»Wolltest du das nicht immer?«

Regulus ließ ein abfälliges schnauben erklingen.

»Nein.«
 

Sirius wandte sich vom Fenster ab und zu seinem Bruder. Diese Antwort überraschte ihn. Früher als sie Kinder waren, hatten sie sich zwar mal verstanden, doch dann als er nach Gryffindor kam wehte ein anderer Wind daheim, den Regulus ein Jahr später mit seiner Zuordnung zu Slytherin wieder wett machen konnte.
 

Seitdem schenkte Walburga Black auch ihrem zweiten Sohn mehr Beachtung und das Verhältnis zwischen den beiden Brüdern verschlechterte sich. Sirius hatte immer gedacht, dass es daran lag, dass er immer in seinem Schatten gestanden hatte und nun endlich selbst im Licht der Aufmerksamkeit stand.
 

»Der Erwartungsdruck ist wohl zu hoch, was?«, fragte er dann.

Regulus antwortete nicht.

»Lass dich auf nichts ein was du nicht willst Reg!«

»Als ob das so einfach wäre.«

»Ich helfe dir wenn du mich nur-«
 

»Helfen? Mir helfen?«, fuhr Regulus ihn an. »Du bist abgehauen, als es dir nicht mehr gepasst hat!«, schrie er beinahe.

»Ich- ich konnte nicht länger da bleiben.«

»Glaubst du, du bist der einzige, den sie mit dem Cruciatus bestrafen wenn mal was nicht so läuft, wie sie es gerne hätten? Natürlich denkst du das, so wie du immer nur an dich gedacht hast.«

»Das ist nicht wahr Reg!«

»Streite es nicht ab!«, schrie Regulus nun.
 

Er war aufgesprungen und stand nun Sirius genau gegenüber. Dieser hatte seine Hand in seine rechte Umhangtasche gesteckt und umklammerte seinen Zauberstab, bereit sich zu verteidigen, wenn Regulus ihn angreifen sollte.

Doch er schien sich allmählich zu beruhigen. Die Wut, welche vor wenigen Sekunden noch in seinen Augen flackerte war erloschen. Er atmete wieder ruhiger und seine Brust zog sich zusammen.

»Ich komm schon klar«, wisperte Regulus dann. »Ich denke außerdem, dass das wohl persönlich genug für uns heute war. Los die nächste Aufgabe. Ich will nicht den ganzen Tag mit dir hier verbringen«
 

Sirius Mundwinkel zogen sich nach unten und seine sonst so durchdringenden stahlgrauen Augen wirkten ein wenig mitleidig und sahen voller Trauer auf seinen Bruder hinab, welcher nach der Pergamentrolle auf dem Boden fischte.

»Tun Sie zur Abwechslung mal was, über das Sie beide lachen können. Imitieren Sie beispielsweise eine berühmte Person.«

Sirius und Regulus sahen sich einen Moment lang an bevor sie gleichzeitig »Nein!« sagten und Regulus zur dritten Aufgabe blätterte.
 


 

***
 


 

»Ich werde Ihm ein Angebot machen, was er nicht ablehnen kann«, sagte Lily und versuchte ihre Stimme möglichst kehlig und männlich klingen zu lassen, während sie sich über ihren nicht vorhandenen Bart kratze. James hatte bereits angefangen zu lachen.
 

»Eine Karriere als Stimmenimitator würde ich nicht in Erwägung ziehen Evans.«

»Hey!« Empört schlug Lily ihm gegen die Schulter. »Deine Imitation von einem Bergtroll war ja wohl nicht viel besser«, rügte sie ihn.
 

»Wen hast du eigentlich imitiert?«

»Das war aus der Pate II. Der lief vor ein paar Jahren im Kino.«

»Was ist Kino?«

»Ach vergiss es«, seufzte Lily nur und wandte ihrem Blick wieder zur Pergamentrolle.
 

»Stimmen imitieren. Nie im Leben hat McGonagall sich diese Aufgabe ausgedacht«, sagte sie dann kopfschüttelnd.

»Klingt eher nach Dumbledores Humor«, meinte James, was Lilys Augenbrauen in die Höhe schießen ließ.

»Ernsthaft. Wenn du so oft in seinem Büro warst wie Sirius und ich kriegt man eben schon einige mit«, grinste James.
 


 

***
 

»Wie erwachsen von dir eine Hetzrede gegen Muggelstämmige von deinem Vater zu imitieren!«, erwiderte Rosalie und verdrehte die Augen. »Wirklich wahnsinnig witzig!«

»Du bist Reinblüterin Pond, auch wenn du dich mit den falschen Leuten abgibst.«

»Stell dir vor, mir ist es egal welchen Blutsstatus meine Freunde haben. Ich lege mehr Wert auf Charaktereigenschaften wie Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, Treue und Loyalität!«
 

Mulciber machte ein abfälliges Geräusch, welches so laut war, dass Madamme Pince Ihnen einen bösen Blick zu warf. Vielleicht war die Bibliothek nicht der richtige Ort für diese Aufgaben, da man leider sehr viel miteinander reden musste, um diese zu erfüllen. Doch Rosalie wollte ihm keinesfalls in die Kerker folgen, denn irgendwie war Mulciber dazu viel zu gruselig.

»Gestehe etwas ein was dich beunruhigt oder wovor du dich fürchtest«, las Mulciber die nächste Aufgabe vor. »Na Pond, wovor hast du Angst?«, fragte er dann und hatte dabei wieder dieses schleimige Grinsen aufgesetzt.

»Dich finde ich zwar auch ziemlich gruselig, aber momentan nur davor den Rest des Schuljahres nachsitzen zu müssen, weil du dich nicht benehmen kannst und wir deswegen diese Aufgaben nicht bewältigen können.«
 


 

***
 


 

»Erzähle deinem Partner ein persönliches Geheimnis«, las James laut vor.

»Das steht da nicht«, widersprach Lily sofort und versuchte nach dem Pergament zu greifen, doch James zog es ihr unter der Nase weg.

»Glaubst du ich lüge Evans?«

»Ja das glaube ich«, erwiderte sie nur und riss ihm diesmal das Pergament aus der Hand und überflog genau das, was James eben vorgelesen hatte.

»Okay wenn es Schokoladentorte gibt, esse ich gern zwei Stücke.«

»Ein Geheimnis Evans und nichts offenkundiges«, erwiderte James, konnte jedoch ein schmunzeln nicht unterdrücken. »Da ist es ja sogar noch geheimer, dass du die Füllung aus den Oreo-Keksen futterst und den Rest liegen lässt.«

»Woher weißt du das?«, fragte Lily empört.

»Ach ich hab da so meine Quellen«, erwiderte James augenzwinkernd.

»Wie auch immer. Ich bezweifle, dass du mir ein Geheimnis erzählst.«
 

James schien zu überlegen, da er die Stirn in Falten gelegt und einen Moment lang eine lose Diele im Boden fixiert hatte, als er plötzlich aufsprang.

»Steh auf!«, forderte er sie dann auf und Lily sah ihn fragend an.

»Mach schon Evans.«
 

Als die beiden das Bootshaus verlassen hatten, folgte Lily ihm in Richtung des verbotenen Waldes.

»Wo willst du hin? Der verbotene Wald ist verboten.«

»Das wusste ich ja noch gar nicht!«, erwiderte James gespielt schockiert und Lily musste doch tatsächlich schmunzeln bei der Miene, die er aufsetzte.

Dennoch blieb sie stehen und verschränkte die Arme vor der Brust.
 

»Trau dich Evans. Sei mutig und folge dem bösen Wolf in den Wald, dann wirst du ein Geheimnis erfahren.«

»Verwandelst du dich dann wirklich in einen Wolf und willst mich auffressen oder was?«

»Sei nicht albern, McGonagall würde wissen, dass ich der letzte war, der dich gesehen hat, das würde nur Ärger geben«, erläuterte er schmunzelnd und ging weiter in den Wald hinein. Er blickte sich nicht um und verschwand bereits hinter den ersten Bäumen, während Lily nervös mit dem Fuss auf dem Boden herum tippelte und überlegte was sie tun sollte. Zunächst wartete sie, doch James tauchte nicht wieder auch.
 


 

***
 


 

»Also ich hab Angst vor Clowns«, sagte Mary und rieb sich über die Oberarme, da der pure Gedanke daran ihr eine Gänsehaut bescherte. »Mein kleiner Bruder wollte unbedingt in den Zirkus letztes Frühjahr, ich wäre beinahe gestorben«
 

Severus Snape seufzte und fragte sich wie er nur in diese Situation geraten konnte. Und warum musste er ausgerechnet das Plappermaul McDonald als Partner bekommen? Er konnte sie aus eben diesem Grund schon damals nicht leiden, als Lily sie und auch ihre anderen Freundinnen manchmal mitgeschleppt hatte um etwas gemeinsam zu unternehmen. Doch es wurde schnell klar, dass diese Kombination irgendwie nicht funktionierte. Auch Lily hatte das gemerkt und meistens getrennt etwas mit beiden Parteien unternommen.
 

Lily. Er hatte in diesem Moment, als McGonagall ihnen die Aufgabe erklärt hatte, so sehr gehofft, dass er sie ziehen würde. Die Chancen standen gut, bis Potter sie gezogen hatte, den, den er wohl am meisten hasste auf Hogwarts.
 

»Hat sie mich vielleicht mal erwähnt?«, fragte Severus schließlich leise, als er bemerkte, dass Mary ihre Erzählung beendet hatte und scheinbar darauf wartete, dass er nun über seine Befürchtungen sprach.
 

Mary runzelte die Stirn. Sie wusste genau wer mit „sie“ gemeint war. Sie war froh, dass Lily ihn nie erwähnt hatte, seit dem Tag der ZAG Prüfungen. Kurz danach hatte sie zwar noch mit Nicky darüber gesprochen aber jetzt wo sie darüber nachdachte, wunderte sie diese Tatsache doch.

»Nein, sie hat dich seitdem nicht mehr erwähnt.«
 

Severus senkte den Blick. Seine schwarzen Augen waren auf die Pergamentrolle vor ihm gerichtet, während er seine rechte Hand im Gras verkrampfte und schließlich einige Grashalme herauszog.
 


 

***
 


 

Schließlich stieß Lily einen genervten Seufzer aus und ging auf den verbotenen Wald zu, doch bereits nach den ersten zwei Bäumen wandte sie sich um und blickte nochmals auf das Schlossgelände zurück, da sie sich nun nicht mehr so sicher war, ob es richtig war den verbotenen Wald zu betreten.

Dennoch ging sie etwas weiter hinein und schaute sich um, doch sie konnte James nicht sehen. Da waren überall nur Bäume und Sträucher und je weiter sie ging, desto dunkler wurde es im Wald.
 

»Buhh!«

»Aaaaaah!«
 

Lily stieß einen spitzen Schrei aus, während James Potter lachte. Doch dann schlug Lily ihn mit voller Wucht gegen die Brust.

»Du blöder Arsch!«, fuhr sie ihn an und fasste sich an ihr rasendes Herz, während sie heftig ein und ausatmete.

»Wow, ich habe dich noch nie fluchen hören Evans!«, lachte James.

»Das tue ich für gewöhnlich auch nicht. Da siehst du mal, wozu du mich bringst.«

Dann wandte sie sich von ihm ab und verschränkte die Arme vor der Brust.
 

»Wie auch immer. Du bist mutiger, als ich dachte Evans und bist mir in den dunklen Wald gefolgt.«

Lily zog eine Augenbraue hoch und schenkte ihm einen unbehaglichen Blick.

»Stellt sich jetzt heraus, dass du ein Serienmörder bist und mich hier nur still und heimlich umlegen wolltest?«

James verdrehte die Augen.
 

»Weißt du ich denke tatsächlich aktuell darüber nach«, murmelte James und Lily sah ihn böse an.

»Na egal. Komm. Es ist nicht mehr weit.«
 

Tatsächlich gingen sie auch gar nicht so weit in den Wald hinein, vielleicht waren es 500 Meter, als sie an einer kleinen halb umzäumten Lichtung ankamen.
 

»Oh gut, dass sie jetzt da sind«, meinte James nur und betrachtete voller Stolz die Lichtung, während Lily von ihm zur Lichtung und wieder zurück blickte.

»Hier ist nichts.«

»Komm mit. Ich zeig es dir«, sagte er dann und zog sie am Arm hinter sich her.

»Vertrau mir bitte«, sagte er dann eindringlich und Lily errötete bei der Intensität, bei der er ihr in die Augen schaute.

Schnell wandte sie den Blick ab und hoffte, dass er es nicht bemerkt hatte, folgte ihm jedoch auf die Lichtung. Als sie etwa in der Mitte angekommen waren, sah sie dabei zu wie James seinen linken Arm hob und eben diesen in der Luft bewegte.

Jetzt hatte er den Verstand verloren.

Mal wieder.
 

»Was genau tust du da?«, fragte sie und bemerkte plötzlich, dass ihr diese Szene bekannt vor kam.
 

Lächelnd zog James an ihrer Hand und legte sie scheinbar mitten in der Luft ab, genau da wo seine zuvor gelegen hatte. Lily erschrak, als sie plötzlich etwas spürte. Sie wollte ihren Arm zurückziehen, doch James hielt hier Handgelenk fest.

»Keine Angst«, sagte er sanft und legte ihre Hand wieder auf den für sie unsichtbaren Körper.

»Das sind Thestrale«, erläuterte James dann, als wären unsichtbare Wesen das normalste auf der Welt. Aber vielleicht war es das auch in der Zauberwelt.
 

Langsam strich Lily mit der Hand auf und ab und spürte die schuppige Haut und Wärme von etwas, was sie nicht sehen konnte.
 

»Die Thestrale ziehen die Kutschen von Hogsmeade zum Schloss«, erläuterte James und zog sein Buch über die Pflege magischer Geschöpfe aus der Tasche.

Er blätterte ein wenig darin herum, bis er die Seite über Thestrale gefunden hatte und reichte ihr das Buch.
 

Lily fiel sofort die Zeichnung des magischen Wesens ins Auge. Es schien eine Art Pferd zu sein, welches jedoch einen Reptilienartigen Kopf und schuppige Haut hatte. Jedenfalls hatte sie letzteres gespürt, als sie das Wesen eben gestreichelt hatte. Außerdem hatte ein Thestral riesige schwarze Flügel und Lily erschrak, als sie unter ihren Fingern die Rippen des Thestrals fühlen konnte, genau wie sie auf der Abbildung dargestellt wurden. Dieses Wesen musste also tatsächlich vor ihr stehen. Etwas benommen zog Lily ihre Hand weg.
 

»Wieso kann ich es nicht sehen, du aber schon?«
 

James presste die Lippen aufeinander. Er hätte damit rechnen müssen, dass sie das fragen würde und es war dumm von ihm gewesen, ihr überhaupt diese Wesen zu zeigen, denn selbst wenn er es ihr nicht verriet, so würde sie es ja doch nachlesen können.
 

»Thestrale können nur von Menschen gesehen werden, die den Tod gesehen haben«, gluckste James und wandte seinen Blick von ihr ab.

Er wandte sich nun ganz dem Thestral zu und streichelte scheinbar seinen Kopf, während Lily ihn nur mit großen Augen ansah. Dann blickte sie wieder in das Buch und überflog den Text auf Hinweise, dass James sie mal wieder zum Narren hielt. Doch es stimmte, was er sagte. Es stand hier schwarz auf weiß und es konnte unmöglich gelogen sein, dass er sie nicht sehen konnte.
 

»Du hast den Tod gesehen?«, fragte Lily ruhig, doch in ihrer Stimme klang auch ein wenig Neugierde mit. »Wie?«

James schwieg und Lily wurde klar, dass diese Frage sehr intim, wenn nicht sogar unverschämt gewesen war.

»Schon gut. Ich- ähm nun ja das war unhöflich von mir.«

»Tut mir Leid, aber das soll vorerst nicht Teil des Geheimnisses sein, welches ich dir anvertraue. Ich hoffe die Thestrale reichen aus?«

Lily nickte nur stumm und betrachtete James Potter noch eine Weile dabei, wie er über die schuppige Haut des Thestrals streichelte.
 


 

***
 


 

»Ich habe Angst, dass du so wirst wie der Rest unserer liebevollen Familie«, sagte Sirius in Stille der Toilette. Dabei war sein Blick immer noch auf das Pergament in seiner Hand gerichtet. “Gestehe etwas ein was dich beunruhigt oder wovor du dich fürchtest.“

»Das geht dich nichts mehr an«, erwiderte Regulus nur.

Sirius wurde langsam wütend, schritt auf seinem Bruder zu und packte ihn mit beiden Händen am Kragen.

»Mensch Reg! Hör auf so zu sein wie sie dich haben wollen. Du warst nie der Typ, der sich für die dunklen Künste interessiert hat!«

»Woher willst du das wissen, du warst all die Jahre doch nur mit dir selbst beschäftigt!«

»Das ist nicht war! Du bist plötzlich so abweisend zu mir geworden und wolltest nichts mehr mit mir zu tun haben!«, fuhr dieser ihn an.

»Dann frag dich besser mal warum, großer Bruder.«

Entnervt lies Sirius seinen Kragen los und wandte sich von ihm ab.

»Es ist sinnlos mit dir zu reden.«

»Schön, dass du das auch mal eingesehen hast. Erledigen wir die letzte Aufgabe und geben den Mist hier ab. Ich habe keine Lust mehr länger als nötig Zeit mit dir in einem Raum zu verbringen!«
 


 

***
 


 

Diese etwas andere Aufgabe hatte dazu geführt, dass Schüler, welche sich sonst tunlichst mieden, anfingen miteinander zu reden, Meinungen über sich auszutauschen oder den anderen besser kennen zu lernen.

Dies bedeutete zwar nicht, dass alle nun gute Freunde geworden sind und das hatten Dumbledore, McGonagall und Slughorn mit dieser Aufgabe auch nie beabsichtigt, aber alle Beteiligten wurden vor die Herausforderung gestellt Aufgaben gemeinsam zu lösen bei denen man miteinander reden musste. Und ob man nun andere Seiten an seinem Partner kennen lernen durfte oder ob Differenzen oder alte Konflikte angesprochen wurden ist egal. Und ja irgendwie war das alles auch angenehmer gewesen, als verstaubte Pokale per Hand sauber machen zu müssen oder die Schulregeln zum bestimmt fünfzigsten Mal abschreiben zu dürfen.
 

So wie die Sonne nun vollkommen am Himmel verschwunden war und es Zeit fürs Abendessen wurde, so machten sich auch alle Beteiligen des sonderbaren Nachsitzens auf den Weg zurück ins Schloss.
 

Lily und James hatten die Lichtung mittlerweile verlassen und trotteten nebeneinander durch den verbotenen Wald wieder in Richtung Hogwartsgelände zurück.

»Weißt du-«, durchbrach James die Stille. »Ich weiß jetzt, dass es unfair war, dich vorhin nur in die Streber-Sparte einzuordnen. Vielleicht gehörst du auch noch in andere Sparten. Bis auf die Sportler, da sehe ich dich irgendwie nicht so.«

»Wer weiß, vielleicht bin ich ein unentdecktes Quidditch Talent«, schmunzelte Lily, woraufhin James ihr einen ungläubigen Blick zu warf.
 

Eine Weile gingen sie noch so nebeneinander her. Es war bereits dunkel geworden und die Spitze ihrer Zauberstäbe leuchtete ihnen den Weg durch das Geäst des Waldes. Doch trotz der Dunkelheit bemerkte Lily, dass James Potter hin und wieder zu ihr herüber sah.

»Was ist?«, fragte sie ihn dann schließlich.

»Ich habe mich nur gefragt, ob, naja ob-«

»Ich ebenfalls meine Meinung über dich revidieren möchte?«

»Ja.«

»Ist das wichtig?«

»Nein, aber ich würde es gern wissen, um mir ein abschließendes Urteil über dich bilden zu können.«
 

Der Nachmittag mit James Potter war im Vergleich dazu, was sie befürchtet hatte, sehr viel angenehmer gewesen. Wenn sie das beurteilen sollte, was sie heute erlebt hatte, so musste sie feststellen, dass er nicht nur ein arroganter, selbstgefälliger, aber dennoch talentierter Quidditchspieler war. Er hatte sich heute von anderen Seiten gezeigt. Er konnte witzig sein ja, dass wusste sie bereits, aber dennoch hatte sie noch nie über etwas gelacht was er gesagt hatte. Zudem war er sehr freundlich zu ihr gewesen und irgendwie auch strebsam, da sie alle Aufgaben erfüllt haben und dafür war sie dankbar.

Als Vertrauensschülerin den Rest des Schuljahres nachsitzen zu müssen wäre wirklich eine Blamage gewesen.
 

Doch das alles, was sie heute Nachmittag erlebt hatte, ließ sie nicht den Vormittag vergessen, in dem er sich im Flur vor der großen Halle duelliert hatte und sie alle eigentlich nur wegen der Rumtreiber überhaupt in diese Situation geraten waren.

Zudem ließen sie diese paar Stunden auch nicht vergessen, wie sein missglückter Streich in Zaubertränke sie getroffen oder wie er all die Jahre Severus behandelt hatte.
 

Lily schob einen Ast beiseite und duckte sich unter einem weiteren drunter weg, als sie endlich wieder auf bekanntes Terrain traten.
 

»Ich verstehe deinen Charakter nicht. Heute hast du eine freundliche Seite an dir gezeigt, aber meist zeigst du dunklerere Seiten an dir. Du gibst ständig an beim Quidditch und mit diesem Schnatz und das du nicht so viel lernen brauchst, weil dir alles in den Schoß fällt. Du bist arrogant und verhext andere, weil du Lust drauf hast ohne an deren Gefühle zu denken. Doch dann engagierst du dich wieder für deine Mannschaft oder hilfst Nicky bei irgendeinem Aufsatz. Das ist alles so ambivalent und ich verstehe nicht wie man alles auf einmal sein kann. Aber vielleicht ist das meiste auch nur eine Fassade, weil du dich dann sicherer fühlst wegen irgendeinem Komplex, den du hast. Wer also bist du wirklich James Potter?«
 

Als sie sein schiefes Grinsen sah, war Lily jedoch klar, dass sie darauf keine Antwort bekommen sollte.

Das Keksmonster im See

28. Akt: Das Keksmonster im See
 

"Wahrer Reichtum liegt nicht in den Dingen, die man besitzt,

sondern in Momenten, die das Herz berühren"
 


 

Die Tage flogen dahin, als würde die Zeit niemals halten. Es kam ihr vor wie ein einziger Wimpernschlag, der seit dem sonderbaren Nachsitzen vergangen war. Doch es waren ganze drei Wochen gewesen. Drei Wochen, in denen nichts ungewöhnliches geschehen war. Mal abgesehen vom immer kälter werdenden Wetter, den Unmengen an Hausaufgaben, den Keksen, welche die Hauselfen in jeden Gemeinschaftsraum gestellt hatten und dem Duft der Tannennadeln, den man vor allem im Eingang der großen Halle besonders gut riechen konnte.
 

Ein Wimpernschlag und doch waren es drei Wochen gewesen. Vielleicht, wenn sie noch einmal blinzelte, würden die zwei Wochen Weihnachtsferien möglicherweise genau so schnell umgehen oder vielleicht wären sie auch schon ganz vorbei.

Sie konnte der Versuchung nicht widerstehen und schloss für einen Moment die Augen. Doch als sie sie wieder öffnete, herrschte im Schlafsaal der Sechstklässlerinnen immer noch ein heiteres Treiben. Rosalie und Mary liefen wirr durch den Raum und suchten Kleidung zusammen, welche achtlos in Koffer geworfen wurde.

Lily seufzte, konnte jedoch ein Lächeln nicht unterlassen, als sie das wirrte Chaos in ihrem Zimmer begutachtete. Aus dem Badezimmer schwebte eine rosa Zahnbürste in Rosalies Koffer und Mary schwang ihren Zauberstab, um die Schuhe auszusortieren, welche sie über die Ferien mit nach Hause nehmen wollte.
 

In nicht mal einer Stunde, würde sie hier allein sein für ganze zwei Wochen. Ein wenig vermisste sie das Chaos ja jetzt schon. Doch da konnte man dieses Mal wohl einfach nichts machen.

Lily setzte sich wieder auf ihr Bett und arbeitete weiter daran die Geschenke für ihre Eltern und Petunia einzupacken. Rosalie war so freundlich gewesen ihr ein paar Kleinigkeiten aus Hogsmeade zu besorgen.
 

»Das ist so bescheuert! Morgen ist Heiligabend und ich habe noch kein einziges Geschenk, nur weil wir nicht nach Hogsmeade gehen durften«, beschwerte sich Mary, während sie entnervt ihren Koffer zu klappte.

»Was ist mit den ganzen Süßigkeiten, die ich dir aus dem Honigtopf besorgt habe, ist das nichts?«, fragte Rosalie während sie gerade den letzten Thesafilmstreifen auf ein in lila Geschenkpapier eingewickeltes Paket klebte.

»Ja schon, aber ich brauche auch noch ein paar richtige Geschenke. Das heißt ich muss direkt nach unserer Ankunft in London nochmal in die Winkelgasse.«
 

Mary fluchte noch ein wenig vor sich hin, während Rosalie und Lily weiter an ihren Geschenkverpackungen arbeiteten. Rosalie schüttelte halb lächelnd den Kopf, als sie Marys gemurmelte Flüche gegen Lestrade und die Auroren zu hören bekam. Es war so einfach für sie, einen Grund zu finden, sich über etwas aufzuregen.

Aus den Augenwinkeln jedoch warf Rosalie Lily immer wieder verschworene Blicke zu. Sie beobachtete sie dabei, wie sie auf Muggelart kleine Schleifen bastelte und diese auf ein Geschenk klebte. Rosalie folgte in etwa ihrer Vorgehensweise, doch irgendwie wollte es einfach nicht so aussehen wie bei ihr.
 

»Oh Lily wie machst du das nur, dass deine Geschenke immer so toll aussehen?«, seufzte Rosalie, während sie dabei missmutig auf ihr eigenes recht schief eingepacktes Geschenk starrte.

Lily lächelte nur milde und drapierte einen selbst gebastelten Fächer auf der Oberfläche eines fein säuberlich eingepacktem lindgrünen Geschenks.

»Ich habe das zu Hause schon immer gern gemacht«, erwiderte sie nur, während sie den letzten Thesafilmstreifen ordentlich platzierte und das Geschenk auf den Stapel zu den restlichen legte.
 

Rosalie war nicht entgangen, dass Lilys Augenwinkel sich verkleinerten und die Winkel ihrer Lippen für einen Moment nach unten gezogen waren, während sie ihren Geschenken einen melancholischen Blick zu geworfen hatte.
 

»Bist du dir sicher, dass du nicht doch nach Hause fahren möchtest?«, fragte Rosalie ernst, als sie ein trauriges Funkeln in Lilys Augen bemerkte.

»Ganz sicher. Ich werde ausnahmsweise mal in Hogwarts bleiben.«

Rosalie war nicht entgangen wie Lily sich dabei auf die Lippe biss und weiterhin etwas abwesend auf ihren Geschenkstapel starrte.
 

»Jetzt solltet ihr euch aber beeilen, wenn ihr noch eine Kutsche kriegen wollt«, meinte Lily plötzlich und ein Blick auf die Uhr verriet Rosalie, dass der Zug bereits in 30Minuten von Hogsmeade abfahren würde.
 

So schnell hatte Lily ihre Freundinnen wohl noch nie auf den Beinen gesehen. In weniger als einer Minute waren die Koffer fertig gepackt und die drei schon auf dem Weg nach draußen.

Völlig außer Atem gelangten sie zu den Kutschen. Mary ließ ihre Koffer in die Kutsche schweben und nahm dann neben Rosalie Platz, worauf die Kutsche auch schon los fuhr.
 

»Bis nächstes Jahr und frohe Weihnachten euch schon mal«, rief Lily ihren Freundinnen noch hinterher, bevor die Kutsche hinter den Wipfeln einiger Bäume verschwand.
 

Sofort erschien wie aus dem Nichts eine neue Kutsche und stellte sich genau an die Stelle, wo die vorherige abgefahren war. Die Kutschen, die niemand zog.

Lily trat einen Schritt näher an die Kutsche heran und streckte vorsichtig ihren Arm aus, bis sie eine warme Aura spüren konnte. Ein Thestral.

Es war merkwürdig, dass sie in all den Jahren nie bemerkt hatte, dass die Kutsche nicht von selbst fuhr, sondern von einem Gemisch aus Pferd und Reptil gezogen wurde. Sie hatte nie die Geräusche ihrer Bewegung wahrgenommen, noch die Hufe oder ihren Atem gehört. Doch jetzt, wo sie es wusste, kam es ihr so vertraut vor. Sie konnte es hören und wahrnehmen, ganz von selbst.
 

Lily zog ihren Arm wieder zurück und wollte sich auf den Weg zurück ins Schloss machen, prallte jedoch an etwas ab und fiel nach hinten. Es geschah alles so schnell, dass sie es nicht wahrnehmen konnte. Sie war in jemanden hineingelaufen, an ihm abgeprallt und gefallen, doch spürte sie den Aufprall auf dem harten Boden nicht, sondern einen starken Griff um ihren Arm.

Lily blinzelte ein paar Mal und blickte schließlich in das Gesicht von Chad Oldren. Dieser zog an ihrem Arm und stellte sie wieder richtig auf die Beine. Lily bemerkte die Kontur eines schwarzen Bogens, das dem Buchstaben „S“ ähnelte auf seinem Unterarm, als ihm sein Ärmel hochgerutscht war.
 

»Alles okay?«, fragte Chad und Lily blinzelte ihn nur perplex an.
 

Es war merkwürdig, was das in ihr auslöste. Sein Griff war fest, seine Aura warm und dennoch strahlten seine blauen Augen eine gewisse Kälte aus, die ihr unheimlich vor kam. Und dabei hatte sie doch schon oft mit ihm gesprochen in letzter Zeit. Sie hatten auch einige Vertrauensschülerangelegenheiten zusammen geregelt. Doch so ein merkwürdiges Gefühl hatte sie noch nie in seiner Nähe gehabt. Ihr Herz raste, vermutlich noch von dem Adrenalinstoß, den sie bekommen hatte, als sie noch dachte sie fiele zu Boden.
 

»Ähm ja nichts passiert. Entschuldige, ich sollte besser aufpassen.«

»Kein Problem«, erwiderte Chad und blickte kurz von Lily zu der Kutsche, in der bereits Anthony McCoy saß, welcher gelangweilt gähnte und wieder zu Lily.

»Willst du bei uns mitfahren?«

»Oh danke, nein, aber ich fahre nicht. Ähm, frohe Weihnachten«, stammelte Lily schnell zusammen und wandte sich von ihm ab, um an ihm vorbei zurück ins Schloss zu gehen.

Chad wandte sich zu ihr um, sein Blick schien verwirrt, dennoch rief er ihr ebenfalls ein leises 'Frohe Weihnachten' zurück, bevor er in die Kutsche stieg.
 

Lily beschloss nicht weiter über dieses merkwürdige Gefühl nachzudenken und machte sich auf den Weg zurück in den Gryffindor Gemeinschaftsraum.

Dort war es so ruhig, wie Lily es nie zuvor um diese Uhrzeit jemals erlebt hatte. Man hörte einzig das leise knistern des Feuers im Kamin und das leise rascheln von Papier, als würde jemand die Seite von einem Buch umblättern. Vorsichtig schaute Lily sich im Raum um, bemerkte jedoch erst hinter der Couch die Silhouette von jemanden, der dort saß.
 

»Remus?«, fragte Lily überrascht.
 

Dieser wandte sich von seinem Buch ab und zu Lily um, um ihr ein schwaches Lächeln zu schenken. Remus sah nicht gut aus. Sein Gesicht war kalkweiß, die Tränensäcke unter seinen Augen dick und seine Augenringe tief und dunkel.
 

»Du siehst furchtbar aus. Geht es dir nicht gut?«, fragte Lily besorgt und kniete sich vor ihm hin

»Geht schon«, winkte dieser nur ab. »Nur schlecht geschlafen. Madamme Pomfrey hat mir schon etwas verschrieben.«

»Das scheint aber nicht sonderlich zu helfen«, stellte Lily ernüchternd fest und strich ihm eine braun-blonde Haarsträhne aus dem Gesicht, welche sich in den Spitzen seiner Wimpern verfangen hatte.
 

Remus lächelte schwach. So war Lily Evans nun mal, immer für alle da und stets besorgt, dass jemand nicht genug aß, krank wurde oder sich in Schwierigkeiten brachte. Das waren sehr edle Charakterzüge, stellte er fest und doch wusste er schon immer wie liebevoll und freundlich sie war. Schon bevor die beiden zu Vertrauensschülern ernannt wurden.

Zudem war Lily auch noch ein ausgesprochen hübsches Mädchen mit ihrem roten Haar, den smaragdgrünen Augen und den wenigen Sommersprossen um ihre Nase.
 

Ein Mädchen, was man definitiv lieben konnte und doch hatte Remus es nie in Erwägung gezogen überhaupt einen Gedanken daran zu verschwenden mit einem Mädchen auszugehen oder eine Freundin zu haben. Das war einerseits einfach viel zu gefährlich und andererseits, wer würde es schon fertig bringen ein Monster zu lieben, was selbst in der magischen Welt von der Zauberergesellschaft verstoßen und geächtet wurde.
 

»Remus antworte bitte«, drang plötzlich wieder Lilys Stimme an seine Ohren.
 

Er blinzelte ein paar Mal um die Silhouette ihres Kopfes wieder klarer sehen zu können.
 

»Hast du überhaupt schon etwas gegessen? Das Mittagessen geht noch 15Minuten«, wiederholte sie scheinbar ihre Aussage.

»Nein, ich hab hier ein paar Kekse gegessen.«

»Die waren wirklich gut«, fügte er schnell hinzu, als er Lilys tadelnden Blick sah.

»Aber zum Abendessen gehst du?«, fragte sie ihn dann.

»Ich verspreche es«, sagte Remus und legte dabei seine recht Hand aufs Herz und erhob die linke zu einem feierlichen Schwur.

»Okay gut, dann sehen wir uns später sicher dort«, sagte Lily und begab sich in ihren Schlafsaal.
 

Ihr Plan für den heutigen Tag war es, den Aufsatz für Verwandlung fertig zu schreiben und mindestens schon mal mit dem für VgddK anzufangen. Denn je schneller sie ihre Hausaufgaben erledigte, desto schneller konnte sie die Ferien auch genießen.
 

Stunden später ließ Lily seufzend ihre Schreibfeder fallen. Sie hatte in ihrem Rausch doch tatsächlich beide Aufsätze fertig geschrieben und nun tat ihre rechte Hand weh. Daher beschloss sie für heute Feierabend zu machen und zum Abendessen zu gehen. Doch ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie es bereits verpasst hatte und das um ganze zwei Stunden. Es war bereits 21Uhr. Da konnte man wohl nichts machen und sie musste bis zum Frühstück warten, da sie sich alleine nur ungern durch die Kerker in die Küche schleichen wollte.
 

Lily beschloss sich heute einen ruhigen Abend zu machen und ließ sich ein Bad ein. Sie musste zugeben, dass es auch seine Vorteile hatte mal allein zu sein. Niemand war da, der sie beim Hausaufgaben machen gestört hatte, jedoch erinnerte sie auch niemand an das Abendessen. Sie fragte sich, ob ihr so etwas wie heute wohl öfter passieren würde, wenn sie ihre Freundinnen nicht hatte, die sie ständig an so etwas banales erinnerten.
 

Zumindest war es ein Vorteil, dass Bad jetzt endlich mal für sich zu haben. Meistens ging sie nur kurz duschen, weil die anderen Mädchen drängten auch ins Bad zu können, doch heute konnte sie endlich mal so viel trödeln wie sie wollte und sie genoss es richtig sich in ihrem Schaumbad zurücklehnen zu können. In Hogwarts hatte man wirklich nur selten Gelegenheit dazu, wenn man sich zu viert ein Bad teilen musste.
 

Der Badezusatz hatte das Wasser rosa gefärbt und nun flogen rosa Seifenblasen quer durchs Bad und Lily streckte ein Bein aus dem rosa Badeschaum, welcher ihren Körper bedeckte. Ein paar Wassertropfen perlten an ihrem Bein ab und liefen in wirren Bahnen nach unten.

Sie hatte ganz vergessen, wie gern sie baden ging.
 


 

***
 

Als Lily am nächsten Morgen erwachte, bemerkte sie die Stille in ihrem Schlafsaal und wollte sich noch einmal genüsslich umdrehen. Doch als sie vorsichtig versuchte die Augen zu öffnen, stellte sie fest, dass bereits helles gleißendes Licht durch das Fenster neben ihrem Bett drang. So früh konnte es also nicht sein. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es viertel nach neun war. Einen Moment blieb sie noch so liegen und kuschelte sich in ihre warme Decke, doch dann schreckte sie plötzlich hoch.
 

»Ich verpasse noch das Frühstück«, murmelte sie zu sich selbst und war plötzlich hell wach.

Sie schlug die Bettdecke beiseite und sammelte ihre Schuluniform zusammen, nur um kurz darauf damit im Bad zu verschwinden.
 

Wenige Minuten später machte Lily sich auf den Weg in die große Halle. Als sie den Gryffindor Gemeinschaftsraum betrat war er leer. Sie fragte sich, wer außer ihr wohl noch in Hogwarts geblieben ist. Bisher wusste sie nur von Remus.
 

Beim Frühstück in der großen Halle war fast niemand anwesend. Es schienen wirklich fast alle über die Ferien nach Hause gefahren zu sein. Die vereinzelten Schüler der vier Häuser und auch einige Lehrer wie Sinclair und McGonagall hatten sich daher alle zusammen an einen Tisch gesetzt. Es kam wohl allen unnötig vor, die Sitzordnung bei so wenigen beizubehalten.

Lily zögerte einen Moment bevor sie die große Halle betrat und strich sich nervös eine Haarsträhne hinter das Ohr.

Sofort schoss ihr wieder der Duft von Tannennadeln in die Nase. Hier standen auch mindestens 7 Weihnachtsbäume, die bereits alle festlich geschmückt waren. Hagrid, der Wildhüter von Hogwarts und Professor Flitwick hatten wirklich gute Arbeit geleistet. Die ganze Halle erstrahle im gold und silber der Christbaum-kugeln.
 

Lily beschloss möglichst langsam auf den Tisch zu zugehen und dabei unauffällig auszukundschaften, wer alles in Hogwarts geblieben war. Es waren einige Gesichter dabei die sie nicht kannte und dann wiederum ein paar, die sie sehr gut kannte.

Am anderen Ende des Tisches saß Severus, welcher vermutlich absichtlich zwei Plätze Abstand zu seinem Banknachbarn hielt und lustlos in seinem Essen herumstocherte.

Schließlich entschied sie sich, sich neben ein Mädchen aus Hufflepuff zu setzten, welches sie mal in irgendeinem ihrer Kurse gesehen hatte.
 

Doch unwillkürlich musste Lily an Severus denken. Er war seit dem ersten Schuljahr jedes Jahr an Weihnachten in Hogwarts geblieben, während sie immer nach Hause gefahren war. Es war schrecklich wie seine Familie ihn behandelte und er hatte es immer ausgenutzt in den Ferien in Hogwarts bleiben zu können. Doch nun, da sie zum ersten Mal über die Ferien hier geblieben war, bemerkte sie, dass er wohl immer sehr einsam gewesen sein musste, da niemand aus seinem Haus da geblieben war.
 

War er die letzten Jahre auch immer allein gewesen?
 

Lily schüttelte ihren Kopf, um die trüben Gedanken loszuwerden. Es ging sie doch eigentlich gar nichts mehr an. Also sollte sie auch nicht mehr darüber nachdenken.

Doch, dass ihr dies gerade schwerer viel als gedacht, bemerkte sie erst, als sie sich dabei ertappte, wie sie lustlos in ihren Rührei herumstocherte.
 

Erst als sie ein ununterbrochenes Kichern wahr nahm, schreckte sie aus ihren Gedanken hoch.

Schräg gegenüber von ihr saßen die einzigen Gryffindors, die wohl sonst noch in Hogwarts geblieben waren, James Potter und Sirius Black. Diese tuschelten unter vorgehaltener Hand miteinander und kicherten hin und wieder.

Als Lily den restlichen Tisch absuchte und auch neben den beiden kein weiteres, bereits benutztes Gedeck fand, fragte sie sich wo Remus abgeblieben war und ob es ihm gut ging. Vielleicht war er gestern noch zusammengebrochen und lag nun bei Madamme Pomfrey im Krankenflügel.
 

Doch dann würden seine Freunde doch nicht fröhlich vor sich hin lachen?

Vielleicht machte sie sich aber auch einfach zu viele Gedanken. Möglicherweise schlief Remus einfach noch. Er würde sicher im Laufe des Tages wieder auftauchen.
 

Wieder ertönte das bellende Lachen von Sirius Black und nun wandte sich sogar Sinclair zu den beiden um. Na immerhin hatte hier irgendjemand Spaß, denn ansonsten verlief das Frühstück sehr ruhig. Niemand schien sich unterhalten zu wollen.
 

Nach dem Frühstück ging Lily wieder zurück in ihren Schlafsaal, suchte ihren Zeichenblock und legte sich damit aufs Bett. Doch dann stieg ihr plötzlich der Duft von Vanille und Schokolade in die Nase und vernebelte ihre Sinne. Sie bemerkte den kleinen Teller mit Weihnachtskeksen auf ihrem Nachttisch. Die Hauselfen mussten ihr welche ins Zimmer gestellt haben.
 

»Schokoladenkekse mit Puderzucker-Vanille creme Füllung, die liebe ich«, stöhnte Lily auf, während sie genüsslich in einen Keks biss.

Naja aus einem Keks wurden schließlich fast alle, sodass ihr bereits schlecht war, als es Zeit zum Mittagessen war, doch das war ihr egal. Es war ja sowieso niemand da.
 

Als es allmählich Zeit für das Abendessen wurde, ging Lily mit ihren Weihnachtspresenten in die Eulerei und schickte ein paar Schuleulen mit ihren Geschenken nach Hause, sodass alles noch rechtzeitig morgen Früh ankommen würde. Auch den Beutel mit Süßigkeiten, die Weihnachtskarte und den Brief für Nicky hatte sie nicht vergessen. Sie band alles an den Fuß einer schneeweißen Schleiereule und strich dieser noch einmal durch das Gefieder bevor diese sich auf den Weg nach Frankreich machte. Als sie sich schließlich in die Lüfte erhob, beobachtete Lily sie dabei, wie sie in Richtung der beinahe untergegangenen Sonne am Horizont verschwand.
 

Eine Weile verharrte Lily noch in der Eulerei und starrte melancholisch dem Sonnenuntergang entgegen. Der ganze Himmel war in gleißendes orange-rotes Licht gehüllt, in dem die Eule einen Moment zuvor verschwunden war.
 

Beim Abendessen fiel Lily auf, dass Remus wieder fehlte, sich James Potter und Sirius Black hingegen die Taschen mit essen vollstopften und dabei auch noch glaubten, sie seien unauffällig.

Also beschloss sie nach dem Essen im Krankenflügel vorbei zu schauen. Doch dort war niemand. Alle Betten waren leer und schienen frisch bezogen. Nicht einmal Madame Pomfrey war da, als sie an ihre Tür klopfte.

Doch auch als sie im Gemeinschaftsraum wieder ankam, konnte sie niemanden entdecken. Lily fragte sich, wo alle bloß hin verschwunden waren.
 

Resigniert ging sie wieder in ihren Schlafsaal und wollte noch eine Weile zeichnen bevor sie ins Bett ging. Dabei griff sie noch nach diesen wundervoll duftenden Keksen von heute morgen, doch ihre Hand landete auf einem leeren Teller.
 

»Ich habe doch nie im Leben alle aufgegessen«, sagte sie laut zu sich selbst, als wolle sie sich davon überzeugen, dass es stimmte.
 

Ihr Blick schweifte jedoch direkt zu ihrem Bauch, der im sitzen eine kleine Speck-falte geschlagen hatte.
 

»Naja ist ja sowieso niemand hier«, winkte sie ab.

»Mit wem rede ich eigentlich?«, murmelte sie schließlich vor sich hin und schlich sich in den Gemeinschaftsraum, um nachzusehen, ob dort noch Kekse herumstanden.
 

Tatsächlich waren noch zwei Kekse auf einen Teller am Kamin übrig, von denen Lily sich sogleich einen in den Mund schob, nur um einen wohlig befriedigten Seufzer auszustoßen.

»Die sind soo gut.«
 

Der Abend schien sich unendlich lang hinzuziehen und sogar der Mond stand schon hoch am Himmel, als Lily ein knarchen auf der Treppe bemerkte und sich reflexartig hinter dem Sofa versteckte. Es musste ja nicht jeder mitbekommen, wie sie sich über die Kekse hermachte. Eine Weile war sie ganz still, als sie bemerkte, dass zwei paar Füße die Treppe herunter kamen. Sie versuchte den großen Keks, welchen sie sich in einem Bissen in den Mund gesteckt hatte möglichst unauffällig zu zerkauen, bevor sie jemand entdeckte, doch es schien sich niemand für die begehrten Plätze am Kamin zu interessieren.

Vorsichtig lugte Lily am Sofa vorbei und erkannte Black und Potter, welcher einen geschmacklosen Umhang, der aus lauter Flicken zu bestehen schien in der Hand hielt.
 

»Nur weil du noch ein Schläfchen machen musstest, sind wir jetzt spät dran«, raunte James Potter seinem Freund zu, als sie gerade am Portrait der fetten Dame angekommen waren.

»Na immerhin sind wir jetzt ausgeschlafen und können die ganze Nacht«, grinste Sirius schelmisch, woraufhin Lily das Gesicht verzog.
 

Die sprachen doch wohl nicht darüber, woran Lily dachte, worüber sie sprechen? Wenn doch wären die beiden wohl noch größere Machos, als Lily ohnehin schon dachte.

James Potter verdrehte die Augen.
 

»Nun beeil dich wenigstens. Er ist sicher schon ganz ungeduldig, wenn er merkt, dass wir nicht da sind.«
 

Dann schloss sich das Portrait der fetten Dame und James Potters Stimme verhallte im Zwischenraum.
 

Er? Okay, entweder haben sich die beiden sexuell umorientiert oder hier lief irgendetwas, was Lily ganz und gar nicht verstand. Also nahm sie ihren Mut zusammen und stieg ebenfalls durch das Portraitloch.

Intuitiv bog sie rechts ab und lief etwas wahllos durch die Gegend, doch dann fand sie die beiden wieder, als sie gerade die Treppe zum Foyer herunter gingen.
 

Als die beiden plötzlich stehen blieben, fühlte Lily sich ertappt und verharrte auf der Stelle, doch als sich die beiden nicht zu ihr umwandten, presste sie ihren Körper an die nächste Wand und versuchte möglichst nicht zu atmen. Aus den Augenwinkeln konnte sie erkennen, wie James Potter, um die Ecke lugte.
 

»Besser wir werfen den Umhang direkt um, bevor wir Filch in die Arme laufen«, hörte Lily ihn sagen und kurz darauf, waren die beiden verschwunden, spurlos.
 

Lily wartete noch einen Moment, bis sie das knarchen des großen Eichenportals hörte.

Die beiden waren vermutlich nach draußen gegangen. Aber das war doch verboten um diese Zeit und überhaupt was wollten die beiden da draußen? Sich mit einem Mädchen treffen oder auch Zweien? Nein sie sprachen von „ihm“. Vielleicht meinten sie damit Remus, aber warum sollte er nachts allein draußen rumlaufen. Vor allem wenn er immer noch so schlecht aussah wie gestern.
 

So vergingen einige Minuten, in denen Lily hin und her überlegte was sie tun sollte. Eigentlich hatte sie keine große Lust nach draußen zu gehen. Es war kalt, es war dunkel, unheimlich und dazu noch verboten. Aber sie konnte den beiden das doch nicht durchgehen lassen. Doch vor allem war es eine Sache, die sie antrieb und das war Neugierde. Sie wusste nicht warum, aber sie wollte unbedingt wissen, was die beiden vor hatten, also löste sie sich von der Wand und beobachtete von eben jenen Platz eine Weile das Eichenportal, doch weder Filch, Mrs Norris oder sonst wer schien in der Nähe zu sein. Also nahm sie ihren Mut zusammen und schritt auf das Eichenportal zu, welches sich nur schwer knarchend öffnen lies.
 

Dann trat Lily in die kühle Nachtluft hinaus und stellte sofort fest, dass sie fror. Sie hätte eine Jacke mitnehmen sollen, doch hatte sie ja nicht gewusst, dass sie heute, am heiligen Abend noch eine Nachtwanderung unternahm.
 

Das helle Licht des runden Vollmondes erleuchtete die Ländereien von Hogwarts und Lily war froh, dass kaum eine Wolke am Himmel zu sehen war, die ihn verdecken konnte. So war es wenigstens nicht allzu dunkel. Sie blinzelte ein paar Mal und suchte das Gelände ab, doch nirgends war eine Spur von Potter und Black zu sehen. Vermutlich hatte sie zu lange überlegt, ob sie überhaupt raus gehen sollte. In der Zeit hatten sich die beiden vermutlich aus dem Staub gemacht. Dennoch beschloss sie eine Runde zu gehen. So ein Mondscheinspaziergang konnte doch ganz nett sein. Außerdem stand genau das auf ihrer „to-do“ Liste der Dinge, die sie mal gemacht haben wollte, bevor sie Hogwarts verließ.
 

Lily beschloss eine Runde, um den See zu gehen und dann schnellstmöglich wieder ins Schloss zurückzukehren. Beim ausatmen konnte sie ihren warmen Atem sehen, welcher in der kalten Nachtluft zerschellte.

Sie hörte den Wind durch die Äste der Bäume peitschen und Krähen aus Bäumen fliegen, doch sonst war es beinahe totenstill hier draußen.
 

Als sie an der peitschenden Weide vorbei ging, stellte sie fest, dass selbst diese außergewöhnlich ruhig war und sich kaum rührte, trotz dessen, dass eine Eule ihn gerade gestreift hatte.
 

Erschrocken fuhr Lily zusammen, als sie ein Heulen aus den tiefen des verbotenen Waldes wahrnahm. Gab es hier etwa Wölfe? Sie wusste von Irrwichten oder Zentauren oder anderen Wesen, die im Wald lebten, doch Wölfe waren ihr neu.

Sie zog ihren Cardigan enger um ihre Brust und ging einen Schritt schneller um den See, um möglichst weit weg vom verbotenen Wald zu kommen. Sie spürte wie ihr Herz immer schneller klopfte. Es war, als wären ihre Sinne geschärft worden. Denn plötzlich vernahm sie das Geräusch jeden Grashalmes, welchen der Wind streifte und sie hörte das plätschern jedes Steinchens, welches in den See geweht wurde und auch das rascheln der Blätter in den Büschen und Bäumen des verbotenen Waldes.
 

Da war es wieder dieses Heulen. Es schien weiter weg zu sein, doch als sie sich umwandte, erkannte sie zwei leuchtende Augen, welche sie aus dem Wald heraus beobachteten. Erschrocken fuhr sie zusammen und wankte ein paar Schritte rückwärts, Adrenalin schoss durch ihre Adern und ihr Herzschlag pochte ins unermessliche. Doch dann wandten sich die Augen von ihr ab. Sie erkannte einen buschigen schwarzen Schwanz, als sich das Tier umdrehte, um in den Tiefen der Wälder zu verschwinden. Sie hörte wie Äste vor dem Tier zurückschlugen und es allmählich im Dickicht verschwand.
 

Als das Heulen beim nächsten Mal schon ziemlich entfernt klang, atmete sie wieder etwas entspannter und beschloss nun doch schnellstmöglich zum Schloss zurückzukehren, als die Büsche wieder zu rascheln begannen, diesmal hinter ihr.

In Lichtgeschwindigkeit wandte sie sich um und erkannte den Schatten eines größeren Tieres, welches sie zu beobachten schien. Instinktiv taumelte sie ein paar Schritte zurück, dass sie dabei mit ihren Füßen im See versank, schien sie erst zu bemerken, als die eiskalte Flüssigkeit in ihre Schuhe lief.
 

Vielleicht hatte das Tier ja Angst vor Wasser, unwahrscheinlich, aber Lily wollte diese Möglichkeit nicht ausschließen. Sie sog scharf Luft ein, als sich das Tier, nach scheinbar kurzem zögern aus den Büschen heraus und auf sie zu bewegte. Lily störte es mittlerweile nicht mehr, dass ihre Füße bis zu den Waden im eisigen Wasser standen, als sie soweit zurückgetreten war, dass sie nun in der Spiegelung des runden Vollmondes auf der Oberfläche des Sees, stand.
 

Lilys Augen weiteten sich. Sie stand stocksteif da und wusste nicht, ob sie wegen der Kälte oder aus Angst zitterte. Doch als das Tier ebenfalls ein paar Schritte in den See machte und Lily nun seine Konturen im Licht des Mondes sehen konnte, erkannte sie ein majestätisches Geweih, welches wie eine Krone auf dem Kopf des hochgewachsenen, braunen Hirsches stand.

Der Hirsch kam auf sie zu und senkte seinen Kopf, als wolle er um Erlaubnis fragen, ob er näher treten durfte. Langsam löste sich Lily aus ihrer Starre und erinnerte sich daran, dass Hirsche Pflanzenfresser waren und für gewöhnlich keine Menschen anfielen.
 

Dennoch starrte sie das Tier misstrauisch an, doch es machte keinerlei Anstalten noch näher zu kommen. Sie beobachte die kleinen Wellen, welche sich in den See schlugen, wenn das Tier seinen Huf bewegte. Und dann ging sie einen Schritt auf ihn zu und streckte ihm ihre Hand entgegen. Der Hirsch starrte sie nur an, aus seinen haselnussbraunen Augen und schien zu überlegen, ob er ihr vertrauen konnte. Doch als Lily ihr typisches Lächeln, lächelte, was so viel Wärme, Liebe und Zuneigung ausstrahlte, hob der Hirsch nun doch seinen Kopf und lies sich von ihr durch das warme Fell streichen. Lily kicherte, als seine Ohren in diverse Richtungen zuckten, als sie sie berührt hatte.
 

Sie fasste ihren Mut und ging noch einen halben Schritt auf den Hirsch zu, damit sie ihn besser streicheln konnte.
 

»Du bist wirklich ein schönes Tier«, flüsterte sie leise.

»Ich wusste gar nicht, dass es in Hogwarts auch normale Tiere wie Hirsche gibt. Ich hatte immer geglaubt, hier gäbe es nur magische Kreaturen wie Irrwichte oder Zentauren.«
 

Der Hirsch schnaubte und schüttelte seinen Kopf. Lily zog ihre Hand zurück und sah ihn misstrauisch an.
 

»Hast du etwa verstanden was ich gesagt habe?«, fragte sie perplex, winkte jedoch ihre eigene Aussage gleich wieder ab.

»Was rede ich denn da? Das ist unmöglich«, murmelte sie dann mehr zu sich selbst als zum Hirsch.
 

Doch dieser ging plötzlich einen Schritt auf sie zu und bevor Lily wusste, wie ihr geschah spürte sie die feuchte Nase des Hirsches an ihrer Wange und wie er ihr über die Mundwinkel leckte.
 

»Iehh, lass das!«, schrie Lily, wich zurück und wäre beinahe über ihre eigenen Beine in den See gestolpert.

»Was sollte das denn?«, fragte sie halb lachend und strich sich mit der Hand über die Stelle ihres Gesichtes, die der Hirsch abgeschleckt hatte.

Und da klebte in ihrem Mundwinkel tatsächlich noch ein Schockladenkrümel von den Keksen, die sie vorhin gegessen hatte.
 

»Ach so, da waren noch Kekskrümmel«, stellte sie belustigt fest. »Die scheinst du wohl zu mögen? Warte ich hab noch einen.«
 

Lily griff in die Seitentasche ihres Rockes und holte den letzten Keks heraus, welchen sie noch hatte.

»Eigentlich war der für ein kleines Mitternachtsgelage gedacht, aber du kannst ihn haben«, sagte Lily sanft und streckte ihre offene Handfläche mit dem Keks aus.
 

Der Hirsch ging vorsichtig auf sie zu, schnüffelte kurz an dem Keks und fraß ihn ihr dann aus der Hand. Wenig später hatte Lily wieder die feuchte Nase des Hirsches an ihrer Wange kleben.
 

»Ist ja gut. Du brauchst dich nicht zu bedanken. Mehr habe ich sowieso nicht«, lachte sie und drückte die feuchte Nase von sich weg.
 

Dennoch konnte sie nicht widerstehen ihre Stirn an seine zu legen und ihm noch einmal über das Fell zu streichen.

Der Hirsch war ganz ruhig und sah sie aus seinen großen braunen Augen an, wie sie lachte und ihre grünen Augen wie Smaragde im Mondlicht schimmerten.
 

Plötzlich ertönte wieder das Heulen dieses komischen schwarzen Hundes, welchen sie vor ein paar Minuten bereits gesehen hatte, doch diesmal klang es wieder näher.
 

Der Hirsch wurde unruhig und stupste Lily mit seiner Nase an und ging schließlich zurück zum Ufer. Lily folgte ihm und wandte sich noch einmal zu dem Wald um. Sie hatte Angst davor, wieder diese unheimlichen Augen irgendwo zu entdecken.

Wieder stupste der Hirsch sie an und schubste sie in Richtung des Schlosses. Lily sah ihn verwundert an.
 

»Du willst das ich zurück zum Schloss gehe?«, fragte sie, als würde ihr der Hirsch jede Sekunde antworten. Doch als ein weiteres Heulen erklang, was definitiv keine hundert Yards entfernt gewesen sein konnte, schluckte Lily hart.

»Ähm, das wäre vielleicht keine schlechte Idee mit dem Schloss.«

Ein letztes Mal strich sie dem Hirsch durchs Fell.

»Vielleicht sehe ich dich ja nochmal wieder«, sagte sie mehr zu sich selbst, doch der Hirsch drückte seine feuchte Nase nochmals gegen ihre Mundwinkel.

»Ich geh ja schon«, sagte sie dann und wandte sich mit einem Lächeln von ihm ab.
 

Mit schnellen Schritten ging sie auf das Schloss zu, dennoch wandte sie sich ein paar Mal um, um zu sehen ob der Hirsch noch da war, doch dieser starrte auf den verbotenen Wald und Lily konnte aus der Ferne erkennen, wie sich seine Ohren wieder in die diverse Richtungen bewegten. Sie musste lächeln, doch als sie sich abermals umdrehte, war der Hirsch verschwunden.
 


 

***
 

Es dauerte ein paar Minuten bis Lily Evans endlich das Eichenportal erreicht hatte. Er beobachtete sie dabei, wie sich das Tor öffnete und wieder schloss. Endlich war sie in Sicherheit.

Einen Moment verharrte der Hirsch noch zwischen den Bäumen, doch dann verwandelte er sich Stück für Stück wieder in einen Menschen zurück. Das ganze dauerte nicht einmal 10Sekunden.
 

James Potter lehnte sich an den Baum und beobachtete noch eine Weile das Eichenportal. Er fragte sich, was sie hier draußen zu suchen hatte. Es war doch sonst nicht ihre Art nachts draußen herumzuschleichen, zumindest nicht in Vollmondnächten.
 

Als er sich mit der Hand durch das Gesicht fuhr, bemerkte er den Kekskrümmel, welcher an seiner Oberlippe klebte und er musste lächeln, als er ihn abwischte.

Der Keks war tatsächlich so lecker gewesen, wie sie es ihm versprochen hatte. Es war sogar ziemlich nett von Keksmonster Evans gewesen, ihren letzten Keks mit ihm zu teilen.

Bei dem Gedanken daran, wie sie beide eben im Mondlicht im See gestanden hatten, musste er lächeln. Ihm war vorher nie aufgefallen, was für ein schönes, warmes Lächeln sie hatte oder das ihre Augen smaragdgrün funkelten.
 

Eigentlich interessierte er sich eher für leichte Mädchen, eben darum weil es einfacher war sie herum-zubekommen. Obwohl es ihn hin und wieder auch reizte es bei jemanden zu versuchen, der nicht leicht zu haben war. Da waren die leichten jedoch einfacher.
 

Emmeline Vance mit der er aktuell eine Art offene Beziehung mit Bonusleistungen führte, war so ein Mädchen nach seinem Geschmack. Naja im letzten Schuljahr war sie es nicht gewesen, aber in diesem schon. Zumindest seit diesem Tag in der Quidditchumkleide, an dem sie ihn beinahe überfallen hatte, um mit ihm zu schlafen.
 

Aber Lily Evans war Lily Evans und sie war es schon immer gewesen. Sie hatte nie ihre Prinzipien geändert. Und sie war irgendwie immer unscheinbar für ihn gewesen und nie in seiner Schussbahn gelandet. Auch als er sie damals in der fünften am See nach einem Date gefragt hatte, war das eigentlich nicht sein ernst gewesen. Er dachte nur er hätte sie haben können, wie all die anderen. Und das nur um Schniefelus eins auszuwischen.

Gut sie hatte ihn vor der halben Schule eine Abfuhr erteilt und das kratzte an seinem Ego, doch hatte er sie anschließend aus Rache ja noch in den See geworfen, da sie den Kraken ja ohnehin ihm vorzog.

Seither hatte er sie nicht mehr sonderlich beachtet.
 

Dennoch gab es immer wieder Momente, die er damals gar nicht richtig wahrgenommen hatte, wo es ihn doch interessiert hat, was sie tat und das obwohl ihn bisher jedes Mädchen ziemlich schnell gelangweilt hatte.
 

Und eben im See war einer dieser Momente. Wäre er nicht der Hirsch, sondern er selbst gewesen, hätte er sie vermutlich geküsst. Einfach so, weil ihm vorhin danach war. Vermutlich hatte er ihr deshalb über das Gesicht geleckt. Aber vielleicht war es auch besser so, denn vermutlich hätte sie ihm eine geknallt, wenn er es als Mensch versucht hätte.
 

»Mensch Krone, das war verdammt knapp«, ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihm.
 

Die Büsche raschelten und heraus trat eine Gestalt mit Kinnlangem, zerzausten schwarzen Haar. Sirius.
 

»Wo ist Moony?«, fragte James.

»Frisst ein Eichhörnchen«, kommentierte Sirius knapp und versuchte dabei einen angewiderten Blick zu unterdrücken.

»Was wollte sie nur hier draußen?«

»Keine Ahnung«, murmelte James nur und hing noch eine Weile seinen Gedanken nach.

Löwe und Schlange

29. Akt: Löwe & Schlange
 


 

„You're not a bad person.

You're a very good person, who bad things have happend to.

Besides, the world isn't split into good people and Death Eaters.

We've all got both light and dark inside us.

What matters is the part we choose to act on.

That's who we really are.

- Sirius Black
 


 

Als sich eine Hand an seinen Oberarm legte, kribbelte sein ganzer Körper. Sein Herz begann schneller zu schlagen und er spürte wie das Blut durch seine Adern rauschte und die Venen an seinen Handgelenken pulsierten.

Er konnte nicht sehen wer hinter ihm stand, doch er konnte es fühlen. Er wusste es einfach von der Art und Weise ihrer Berührung her. Außerdem konnte er es riechen, ihren Geruch nach grünem Gras, den er wohl niemals vergessen würde.
 

Und als er sich umwandte, stand sie vor ihm und lächelte ihn scheu an, so wie es eigentlich gar nicht ihre Art gewesen wäre.

Einen Moment lang sahen sich die beiden einfach nur in die Augen. Sie hatte so wunderschöne braune Augen mit grünen Sprenkeln darin.

Ihr Blick war unsicher. Sie wusste nicht wie sie es angehen sollte. Daher suchte sie in seinen Augen nach der Antwort, die sie unbedingt benötigte.
 

Es überkam ihn einfach, ganz plötzlich. Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und legte seine Lippen auf ihre. Sie schloss ihre Augen und erwiderte den anfangs unsicheren Kuss unverzüglich. Und es wurde stürmischer, wie der Wind bei einem Sturm in die Segel eines Schiffes blies. Sie legte ihre Hände in seine schwarzen Haare, kämmte sie damit zurück und zerzauste es wieder.

Sie klammerte sich an ihn, wie eine Ertrinkende an ein Stück Holz. Und dieses Holz war sehr wertvoll für sie und sie hatte Angst, dass es davon treiben könnte, wenn sie losließ. So wie sie die letzten Monate immer wieder Angst hatte es zu verlieren.

Als sie sich nach einer Weile voneinander lösten, brachte er es dennoch nicht fertig sie vollkommen loszulassen. Also hielt er sie noch eine Weile in seinen Armen und legte dabei seine Stirn an ihre. Er strich mit der Nase über ihre Wange und strich ihr eine ihrer braunen Locken hinter das Ohr, bevor er ihr einen Kuss auf die Wange gab.
 

Sie hatte mittlerweile alles vergessen, was sie ihm eigentlich hatte sagen wollen. Die Unsicherheit und die Angst der letzten Monate war wie vom Erdboden verschwunden. Es kratzte nicht mehr an ihrer Seele und sie hatte endlich das Gefühl dieser inneren Last nicht mehr. Doch das alles war in diesem Moment auch nicht mehr wichtig.
 

Es fühlte sich so gut an wieder in seiner Nähe zu sein und vor allem kam es ihr richtig vor und dieses Gefühl wollte sie sich bewahren, solange sie noch daran glauben konnte, dass alles in Ordnung war. Bevor sie die Augen öffnete und sich herausstellen würde, dass es das ganz und gar nicht war.
 


 

***
 

Es waren ein paar dichte schwarze Wimpern, welche wenige Minuten zuvor noch friedlich ruhten. Doch da war etwas, ein Geräusch, welches seine Augenlider zum zucken brachte. Die Wimpern begannen sich zu bewegen, doch deren Besitzer wollte einfach nicht seine Augen öffnen.

Es war einer dieser Momente, der den Übergang zwischen Traum und Wirklichkeit bildete, in dem man sich am liebsten noch eine Weile dem Traum hingegeben hätte. Einfach weil es dort schöner war und man noch etwas darin verweilen wollte.

Doch wieder dröhnte eine Stimme durch seine langsam immer mehr verschwimmenden Gedanken und ein bellendes Lachen ließ ihn schließlich den Boden unter den Füßen verlieren und er wurde wie durch einen Sog aus Nebel wieder in die reale Welt zurückgezogen.
 

James Potter öffnete die Augen und starrte an den Baldachin seines Himmelbettes. Vor seinen Augen verschwamm gerade das Bild des rothaarigen Mädchens am See, welches ihn warm anlächelte.

Ein Traum.

Doch diesmal war er nicht der Hirsch gewesen, sondern er selbst.

Und was dann passiert war, als er im Licht des runden Vollmondes im See auf sie zu getreten war und sie ihre Hand nach ihm ausgestreckt hatte, sollte er nie erfahren.
 

»Prongs, bist du endlich wach?«

James gab ein grummeliges Geräusch von sich und wandte sein Gesicht zu seinem Freund um, welcher am Ende seines Bettes stand.

Sirius hatte einen roten Pyjama an, auf dem viele Zuckerstangen abgebildet waren. Er grinste James breit an, während er auf einer echten Zuckerstange herumkaute.
 

»Es ist Weihnachten und es gibt Geschenke!«, fuhr er fort als James sich immer noch nicht bewegt hatte.

»Ich hätte trotzdem gern gewusst, wie mein Traum weiter gegangen wäre«, murmelte er nur leise vor sich hin, während er sich langsam aufrecht in sein Bett setzte.
 

Sirius hingegen grinste ihn breit an und warf ihm einen in rotem Geschenkpapier eingepackten Karton zu.
 

»Das ist von unseren Eltern«, erwiderte Sirius nur, während er sich auch sofort wieder von James abwandte, um ein weiteres Geschenk zu untersuchen, das vor seinem Bett lag.

James rieb sich die Augen und musterte das rote Geschenk mit der goldenen Schleife etwas genauer, legte es dann aber doch beiseite, um sich erst mal das Gesicht waschen zu gehen.
 

Es war nicht neu für ihn, dass Sirius immer von „ihren Eltern“ sprach. Es waren zwar nicht seine richtigen Eltern im biologischen Sinne, doch waren sie es um ein vielfaches mehr auf emotionaler Ebene, als die Blacks es jemals waren.

Die Potters hatten Sirius einfach so aufgenommen und ihn wie ihren eigenen Sohn behandelt. Sirius würde es vermutlich niemals zugegeben, doch er liebte die beiden sehr. Und genau das zauberte James in diesem Moment ein Lächeln ins Gesicht.

Sein bester Freund, der irgendwie sein Bruder war und es immer sein würde.
 


 

***
 

Lily Evans lag auf ihrem Himmelbett und las gerade die Weihnachtskarte ihrer Eltern zum mindestens fünften Mal. Ihre grünen Augen glänzten und ihr Blick war melancholisch, als sie die Unterschrift ihrer Mutter begutachtete. Doch sie würde nicht traurig sein. Das hatte sie sich geschworen. Immerhin war es ihre eigene Entscheidung gewesen in Hogwarts zu bleiben.
 

Schließlich legte sie die Karte beiseite und zog sich ihren Pullunder über den Kopf, um sich auf den Weg in die große Halle zu machen.
 

Beim Frühstück saßen diesmal ein paar mehr Schüler am Tisch und alle wünschten sich gegenseitig frohe Weihnachten. Ansonsten wurde wie am vorherigen Tag auch nicht viel geredet.

Lily setzte sich wieder in die Nähe des blonden Mädchens aus Hufflepuff und lud sich direkt eine Ladung Rührei auf ihren Teller. Als sie nach dem Brot greifen wollte, stellte sie fest, dass die Hauselfen bereits einen kleinen Teller mit Weihnachtskeksen auf den Tisch gestellt hatten.

Und plötzlich fiel es ihr wieder ein. Sie hatte es beinahe vergessen oder nur für einen Traum gehalten. Die Kekse, der verbotene Wald, die gruseligen gelben Augen, der See im Mondschein und vor allem der Hirsch.

War das alles ein Traum gewesen oder hatte sie das wirklich erlebt?
 

Lily beschloss nach dem Frühstück in die Küche zu gehen und die Hauselfen um noch eine Portion Kekse zu bitten. Denn diese waren einfach so gut gewesen, dass sie unbedingt ihrer Mom welche schicken musste.

Doch als Lily in die Schüssel mit den Keksen starrte, welche sie gerade von der Küche in den Gryffindor Gemeinschaftsraum tragen wollte und der Vanilleduft in ihre Nase stieg, konnte sie, wie so oft in letzter Zeit, nicht widerstehen und musste einfach noch einen Keks probieren.
 

»Kannst du dich ein wenig beeilen, bevor uns jemand sieht?«, hörte sie plötzlich eine Stimme sagen.
 

Lily blieb stehen und drückte die Schale mit den Keksen dichter an ihren Körper. Die tiefe Stimme hatte zwar relativ leise gesprochen, doch in dem, mit dunkelgrauen Steinen gepflasterten Korridor schalten die Worte dennoch, wie ein verblassendes Echo an ihre Ohren. Sie konnte die Stimme niemanden zu ordnen, aber auch nicht ausschließen, dass sie diese schon mal gehört hatte.
 

»Ist ja gut!«, zischte eine weitere Stimme.

Wütender, deutlich lauter und außerordentlich bekannter für Lilys Ohren.
 

Möglichst leise ging sie ein paar Schritte weiter und lugte vorsichtig um eine Ritterrüstung herum. Sie konnte in dem spärlich beleuchteten Gang zwei Hinterköpfe erkennen. Der größere von beiden hatte schwarzes kinnlanges Haar und der andere etwas kleinere Kopf hatte braunes.

Dieser Hinterkopf mit den braunen Korkenzieherlocken kam ihr so unheimlich bekannt vor, dass sie es nicht glauben konnte. Es bestand kein Zweifel, dennoch fragte sie sich wie das möglich war.
 


 

***
 


 

James Potter wandelte durch die Gänge des beinah verlassenen Schlosses.

Es war außerordentlich ungewöhnlich, dass Sirius einfach verschwand ohne Bescheid zu sagen. Und noch ungewöhnlicher war es, dass er ihn eine ganze Stunde nicht auf der Karte des Rumtreibers finden konnte. Die Karte irrte sich nie. Sie zeigte ausschließlich jeden mit seinem wahren Namen an, auch wenn sich dieser unter dem Tarnumhang befand.

Wo also war er nur hin verschwunden, dass die Karte ihn nicht mehr fassen konnte?

Und dann tauchte ganz plötzlich wie aus dem Nichts, dieser kleine schwarze Punkt in den unterirdischen Gängen von Hogwarts auf der Karte auf.
 

James beschleunigte seine Schritte. Er musste Sirius unbedingt vor Remus finden, welcher ihn ebenfalls, jedoch in den oberen Stockwerken suchte. James hatte sich spontan eine Ausrede einfallen lassen über die Ereignisse der letzten Nacht und Sirius musste ihm unbedingt genau dasselbe erzählen.

Remus wurde so unglaublich schnell misstrauisch und wusste meist sofort Bescheid, wenn man versuchte ihn anzulügen. Doch bisher wollte er wohl noch Sirius' Version hören, bevor er ein Urteil fällte.
 

Dass ein Schüler auf dem Schlossgelände in einer Vollmondnacht herum lief, kam äußerst selten vor. Genau genommen ist dies nur zweimal passiert, seit die Rumtreiber in den Vollmondnächten durch den verbotenen Wald streiften.

In der fünften Klasse war es Snape gewesen, der ihnen nach draußen gefolgt war, um ihnen nach zu spionieren. Und das war irgendwie auf Sirius' Mist gewachsen. Damals konnten sie Remus noch irgendwie beruhigen, trotz dessen, dass die Situation heikel war. Denn irgendwie war es letztendlich nur eine Verkettung von unglücklichen Umständen gewesen.
 

Doch Lily Evans in der gestrigen Nacht draußen am See, Remus' dunklem Geheimnis so unglaublich nah. Er hätte es ihnen und sich selbst nie verziehen, wenn ihr etwas passiert wäre. James war froh, dass Sirius Remus in dieser Nacht so gut in Schach halten konnte. Denn auch wenn er sie nicht gesehen hatte, so hatte er doch Witterung aufgenommen.

Vielleicht war es der Geruch von menschlichem Blut oder die Tatsache, dass man durch einen Werwolf-biss sein Rudel vergrößern konnte, welcher Remus' immer wieder menschliche Opfer bevorzugen ließ. Er hatte bereits nach wenigen Minuten ihre Witterung aufgenommen.

Da Remus in diesem Zustand jedoch nie ganz bei sich ist, konnte James ihm noch auftischen, dass nichts passiert war und niemand auf dem Gelände herum geschlichen ist. Doch Sirius musste ihm unbedingt dasselbe erzählen.
 

James war so in Gedanken gewesen, dass er gar nicht bemerkt hatte, wie nah er bereits seinem Ziel war. Sirius musste in diesem oder dem nächsten Korridor sein.

Doch die Gestalt, welche sich in einiger Entfernung von ihm, an eine Ritterrüstung klammerte, war nicht Sirius.
 


 

***
 


 

»Hallo Miss Evans!«, flüsterte James, welcher nun gut einem Meter hinter ihr stand.
 

Lily hörte ihn nicht kommen. Sie war zu sehr damit beschäftigt den braunen Lockenkopf anzustarren. Doch als ihr Name, leise flüsternd an ihre Ohren drang, fuhr sie so perplex zusammen, dass sie die Schüssel mit den Keksen fallen ließ.

James' Reflexe schienen wirklich so gut zu sein, wie alle es immer behauptet hatten. Es verging nicht mal eine Millisekunde, in der sie sich zu ihm umwandte, doch James Hände hatten schon noch der Schüssel geschnellt. Ein einziger Keks war lediglich herausgesprungen und landete leise auf dem Boden.

James' Blick wanderte von der Keksschüssel in seiner Hand zu Lily, deren Herz immer noch wie wild raste. Langsam reichten ihr die Adrenalinkicks.
 

James musste schmunzeln, als er einen Kekskrümel in ihrem Mundwinkel entdeckte.

»Was wird das Evans, ein heimliches Fressgelage in abgelegenen Gängen?«, fragte James charmant wie sonst auch immer.

»Halt die Klappe!«, fuhr sie ihn an und riss ihm die Keksschüssel aus der Hand. Dann schlug sie ihm gegen den Arm.

»Und erschreck mich nicht ständig!«, fügte sie dem noch hinzu, als sie sich scheinbar wieder beruhigt hatte.
 

Die beiden Personen hatten aufgehört miteinander zu reden und der braune Lockenkopf hatte sich zu ihnen umgewandt. Lily konnte es aus den Augenwinkeln erkennen. Sie wandte ihren Kopf um, wobei ihr die roten Locken um den Kopf flogen.
 

»Nicky«, flüsterte Lily, so leise, dass gerade mal James es verstehen konnte.
 

Nicky's Blick wechselte von erschrocken, zu verwundert. Doch dann lächelte sie, während sie Lily ansah.

»Frohe Weihnachten beste Freundin!«, rief Nicky ihr entgegen und hopste fröhlich auf sie zu.
 

Auch als Nicky ihre Arme um Lilys Körper geschlungen hatte, um sie an sich zu drücken, kam es ihr irgendwie immer noch merkwürdig irreal vor.
 

»Was hast du mit den Keksen vor, ein Fressgelage?«, fragte sie dann gerade heraus, während sie sich von Lily löste. James Potter musste grinsen.

Lily schaute Nicky unsicher an und blinzelte dabei ein paar Mal.
 

»Hirsche am See,...«

James schluckte hart.

»...beste Freundinnen, die eigentlich in Frankreich sind und plötzlich mitten am Tag in Hogwarts auftauchen... ich glaube ich sollte mich wieder hinlegen«, brabbelte Lily vor sich hin.

»Was erzählst du da von Hirschen?«, fragte Nicky halb lachend.

»Auuaa!«, schrie sie plötzlich auf, als Lily ihr in den Arm gekniffen hatte.

»Nein, das ist kein Traum. Du bist wirklich hier«, stellte Lily ernüchternd fest, während Nicky über ihren Arm strich und ihre Freundin böse anfunkelte, bevor sie ausholte und Lily fest in die Wange kniff.

»Auuuuaaa!«

»Man kneift nicht andere, sondern sich selbst, wenn man sich davon überzeugen will, ob etwas real ist oder nicht!«
 

Beide starrten sich einen Moment lang böse an, bevor beide lauthals in Gelächter ausbrachen. James Potter zog eine Augenbraue nach oben und verdrehte letztendlich die Augen. Versteh einer die Frauen.
 

»Was tust du hier James?«, fragte Nicky ihn dann, die sich gar nicht darüber zu wundern schien, warum er mit Lily unterwegs gewesen war.

»Ach ich suche nur-«

»-eine Schreibfeder für dein zerknittertes Pergament?«, fragte Nicky mit einem Grinsen, nachdem sie die zusammengefaltete Karte des Rumtreibers in seiner Hand entdeckt hatte. James' war froh, dass er die Karte noch gelöscht hatte, bevor er Evans erschreckt hat.
 

»Sirius!«, rief James plötzlich über Nickys Schulter hinweg, als er seinen Freund erkannte, welcher gerade vom nächsten in diesen Korridor eingebogen war.
 

»Ich habe dich gesucht!«, fuhr er fort und ging ein paar Schritte auf seinem Freund zu.

»Beruhige dich Prongs, ich war nur eine rauchen«, raunte dieser ihm zu.

»Du meinst wohl eher ne ganze Schachtel, so lang wie du weg warst.«
 

Lily zog eine Augenbraue hoch. Sie hatte doch eben den schwarzen Haarschopf von Sirius Black gesehen? Hatte er nicht eben noch bei Nicky gestanden und mit ihr geredet? Wie kam er den bloß hinter sie?
 

»Er hat doch eben mit dir geredet«, flüsterte Lily Nicky zu, als James Sirius' gerade leise etwas zuraunte.

»Ich habe mit niemanden geredet«, sagte Nicky etwas schroffer, als sie es eigentlich beabsichtigt hatte.
 

Lily zog eine Augenbraue hoch. Sie hatte doch eben gesehen, wie Nicky sich mit einem Jungen mit kinnlangem schwarzen Haar unterhalten hat. Wieso tat sie nun so, als wäre das nicht passiert?
 

»McDougal, was tust du hier?«, fragte Sirius perplex, als er die beiden Mädchen genauer in Augenschein genommen hatte.

»Genau, haben die dich rausgeworfen aus Beauxbatons?«, neckte James sie.

»Ich wollte nur mal schauen wie schlecht die Quidditchmannschaft ohne mich geworden ist, Kapitän«, lachte Nicky und boxte James gegen seinen Arm.
 

Sie hatte sich scheinbar nicht verändert in den letzten Monaten, dachte James. Sie hatte immer noch dasselbe freche Mundwerk wie sonst auch.
 

»Das schreit nach einem Spiel«, schlug James vor. »Ich will sehen was du in Beauxbatons so gelernt hast.«

»Heute Nachmittag auf dem Quidditchfeld?«, schlug Nicky vor und fixierte James mit ihren zu Schlitzen zusammengezogenen Augen.

»Immer gern«, erwiderte Sirius.

»Dann werde ich euch zeigen, wie man anständig passt«, erwiderte Nicky hochnäsig.

»Wir werden ja sehen«, grinste Sirius.

»Gut, dann sehen wir uns gegen drei auf dem Quidditchfeld«, sagte James und zog an Sirius Arm.

»Wenn ihr uns nun entschuldigen würdet meine Damen«, sagte James gespielt galant und deutete eine Verbeugung an.

Sein Blick blieb für einen Moment länger als beabsichtigt an Lily hängen, doch niemand schien dies zu bemerken.
 

»Ach Jungs, ähm, könntet ihr bitte nicht herumerzählen, dass ich hier bin? Ich bleibe sowieso nur einen Tag und naja, ich möchte ihn nicht damit verschwenden mit den Lehrern und so über Beauxbatons zu sprechen.«

»Klar«, erwiderte Sirius und nickte James zu.
 

»Ähm und du bitte auch nicht Lily«, bat Nicky ihre Freundin.
 

Lily verschränkte die Arme vor der Brust. Sie kannten sich nun schon über 5 Jahre und sie wusste mittlerweile ganz genau wie sich ihre Lippen kräuselten, wenn sie sich spontan etwas ausdachte. Und das mit den Lehrern war definitiv eine Ausrede gewesen.

Wussten Dumbledore und die anderen Lehrer etwa nicht, dass sie hier war?
 

Nicky legte einen Arm um Lilys Schulter.

»Komm wir gehen auf unser Zimmer und quatschen dort ein wenig. Es ist doch noch auch mein Zimmer oder?«

»Klar. Die Austauschstudenten wurden auf Ravenclaw und Slytherin verteilt.«

»Sind eigentlich viele Gryffindors über die Ferien dageblieben?«, fragte Nicky.

»Es ist kaum jemand da, mal abgesehen von den beiden gerade.«

»Oh gut«, murmelte Nicky leise, doch Lily konnte jedes Wort verstehen.
 


 

***
 

»Wie bist du hergekommen? Und wieso bleibst du nur einen Tag? Ist etwas passiert? Und wieso hast du nicht gesagt, dass du kommst?«, löcherte Lily ihre Freundin, als die beiden gerade den Schlafsaal der Sechstklässlerinnen betreten hatten.
 

»Beruhige dich. Es ist nichts passiert. Ich bin vor einer Stunde etwa nach Hogsmeade apparriert.«

»Du bist gerade Mal seit einer Woche 17 und darfst schon alleine apparrieren?«

»Ich habe die Prüfung bestanden, der Rest ist dem Ministerium egal.«

»Haben die Lehrer das erlaubt? Ich meine, es ist so viel passiert. Ich hatte es dir ja geschrieben. Ich darf noch nicht mal nach Hogsmeade. Wieso durftest du einfach so her apparrieren? Ist das kein Sicherheitsrisiko oder so?«
 

Nicky verdrehte die Augen.

»Als ob ich jemals etwas verbotenes tun würde, natürlich durfte ich.«

»Und was machst du hier?«

»Na, ich konnte meine beste Freundin doch nicht an Weihnachten alleine in Hogwarts lassen!«

»Ich habe dir nicht geschrieben, dass ich hier bleiben würde.«

»Du hast mein Weihnachtsgeschenk mit einer der Schuleulen abgeschickt. Ergo war klar, dass du in Hogwarts sein musstest.«

»Als ob du die Schuleulenkartei auswendig gelernt hättest.«

»Ich habe diese Eule eben zufällig auch schon mal benutzt um meinen Eltern zu schreiben. Ich habe sie wiedererkannt.«
 

Lily verschränkte die Arme vor der Brust und hatte eine misstrauische Miene aufgelegt. Es war doch sonst nicht Nicky's Art solche Überraschungsbesuche unangekündigt zu unternehmen. Die ganze Geschichte kam ihr äußerst suspekt vor.
 

»Warum bist du so misstrauisch Lily? Freust du dich nicht, dass ich hier bin?«

»Doch, natürlich!«
 

Dann überkam Lily das schlechte Gewissen. Seit sie Nicky vor einer Stunde in dem Flur gesehen hatte, war sie nicht besonders nett gewesen und hatte sie einem regelrechten Verhör ausgesetzt. So etwas taten beste Freundinnen eigentlich nicht.

Es war Nicky, ihre beste Freundin und sie war hier, ob erlaubt oder unerlaubt war doch egal, solange sie sich nicht erwischen ließ. Was sollte schon passieren? Vermutlich würde man sie in Beauxbatons nicht einmal vermissen. Sie würde schon ihre Gründe haben, redete Lily sich ein.
 

»Entschuldige, aber das kam alles so überraschend.«

»Naja, ich muss morgen früh wieder zurück sein. Also sollten wir lieber über andere Dinge reden, wenn wir uns schon mal sehen.«

»Da hast du Recht«, erwiderte Lily mit einem Lächeln.

»So, was hast du vorhin von Hirschen gefaselt? Und vor allem wirst du deine Kekse teilen oder allein futtern?«

Lily verdrehte die Augen.

»Die waren eigentlich für Mom, aber ich mache eine Ausnahme!«

»Na klar, gib zu, dass du sie alleine essen wolltest, das machst du immer heimlich.«

»Tu ich nicht!«, empörte sich Lily.
 

Die beiden Mädchen setzten sich auf die Betten, unterhielten sich und lachten wie in alten Zeiten. Es waren nur wenige Monate vergangen, seit Nicky nicht mehr da war, aber Lily war vor allem am Anfang immer sehr einsam gewesen. Sie spürte erst jetzt, wie sehr sie ihre Freundin doch vermisst hatte und wie schön es war, sie wieder um sich zu haben, wenn auch nur für einen Tag. Es war ein wunderbares Weihnachtsgeschenk.
 


 

***
 


 

Als die Rumtreiber am Nachmittag das Quidditchfeld betraten war James' Gefühl immer noch nicht verschwunden. Es war ungewöhnlich für ihn so misstrauisch zu sein, gerade seinem besten Freund gegenüber. Doch die Tatsache, dass die Karte Sirius nicht angezeigt hatte, kam ihm merkwürdig vor. Die Karte hatte sich bisher nie geirrt.
 

»Ladies bereit für ein Spiel?«, rief Sirius Nicky entgegen.

»Worauf du wetten kannst«, rief Nicky zurück und fuchtelte dabei wild mit ihrem Besen herum.
 

James beobachtete Lily, welche immer wieder vor Nicky zurückschreckte, immer wenn der Besenstiel beinahe ihr Auge getroffen hätte.

»Bist du auch dabei Evans?«, fragte Sirius mit einem Grinsen im Gesicht. »Jungs gegen Mädchen würde ich sagen.«
 

Lily hob abwehrend ihre Hände.

»Bei Merlin, ich passe«, sagte sie schlicht und ging weiter zu den Tribünen.

Sirius verdrehte die Augen, erwiderte jedoch nichts und ließ den ersten Klatscher frei.
 

Auf der Tribüne saß Remus auf einer der Bänke und hatte einen rot-goldenen Gryffindor Schal um seinen Hals geschlungen, während er seine Hände um eine Tafel Schokolade geschlungen hatte. Er sah immer noch sehr blass und müde aus, doch die dunkeln Ringe unter seinen Augen waren verschwunden.
 

»Wie geht es dir Remus?«, fragte Lily, als sie sich zu ihm setzte.

»Geht schon wieder. Ich habe wohl nur eine Erkältung gehabt die letzten Tage, aber Madam Pomfrey hat das wieder hinbekommen.«
 

Nicky's Jubelrufe drangen an Lilys Ohren, als sie das erste Tor geworfen hatte. James rief Sirius zu, dass er besser aufpassen solle, wo er mit dem Klatscher hinzielte und Nicky lachte über die Jungs.
 

»Wie ein altes Ehepaar ihr zwei«, hörten die beiden sie kichern.
 

»Wenn du mich fragst, ähnelt sie den beiden in Punkto Temperament aber auch sehr«, lachte Lily und Remus stimmte ihr zu.
 

»Wie sieht es bei dir aus Lily?«

»Was meinst du?«, fragte sie irritiert.

»Naja, am Anfang des Schuljahres warst du ziemlich traurig. Das hatte doch auch etwas mit Nicky zu tun?«
 

Lily seufzte und wandte den Blick von Remus ab und sah wieder hinauf zu Nicky, die gerade temperamentvoll wie immer James zusammenstauchte, dass er schlechter geworden sei, seit dem letzten Schuljahr.
 

»Ich vermisse sie jetzt schon wieder, wenn sie morgen gehen muss.«

Remus hob eine Augenbraue.

»Sie bleibt nur einen Tag?«

Lily nickte.

»Ungewöhnlich«, murmelte Remus leise vor sich her.

»Was?«

»Ach nichts, möchtest du ein Stück Schokolade?«

Remus hielt ihr die Tafel hin, wo schon einige Stücke von abgebrochen waren.

Dankend brach Lily sich ein Stück ab. Die drei da oben, waren nicht die einzigen, die etwas gemeinsam hatten, dachte Lily sich noch als sie in die Schokolade biss.
 


 

***
 


 

Es war weit nach ein Uhr morgens als Lily aus ihrem Schlaf hochschreckte.

Sie atmete schwer und spürte wie ihr einige Schweißperlen über die Stirn rannen.

Nur langsam realisierte sie, dass sie sich in ihrem Schlafsaal befand und nicht mehr von dem Hirsch über das Quidditchfeld gejagt wurde, welcher statt Augen riesige Vanillekekse hatte.

Ein Traum.

Das letzte woran sie sich erinnern konnte, war, dass sie in einen großen See aus Schokolade gesprungen war, um sich vor dem Hirsch mit den Keksaugen in Sicherheit zu bringen. Doch dieser kam durch das Wasser aus Schokolade besser voran als sie selbst. Sie wusste nicht wie lange sie ihm noch entkommen konnte.

Und dann war sie aufgewacht.
 

Lily schlug die Bettdecke zurück und suchte auf dem Boden nach ihren Pantoffeln. Dann ging sie ins Badezimmer, um sich das Gesicht zu waschen.
 

»Nie wieder esse ich so viele Kekse und Schokolade«, murmelte sie leise ihrem Spiegelbild entgegen, bevor sie wieder in ihren Schlafsaal zurückging.
 

Sie wollte sich davon überzeugen, dass Nicky nicht aufgewacht war. Doch diese lag nicht mehr in ihrem Bett.

Lily kratzte sich am Kopf und überlegte einen Moment, ob sie es nur geträumt hatte, dass Nicky für einen Tag nach Hogwarts zurück gekommen war. Doch das neben ihrem Bett waren eindeutig Nickys rosa Sneakers.

Kein Traum.
 

Nicky war verschwunden und eben das bestätigte Lilys Theorie, dass hier irgendetwas nicht stimmte.

Sie machte sich auf die Suche nach ihr, konnte sie jedoch weder im Schlafsaal, noch im Bad oder im Gemeinschaftsraum finden.

Lily fragte sich, wo sie bloß hin verschwunden war mitten in der Nacht. Und dann kam ihr ein Gedanke. Sie erinnerte sich an den Vormittag zurück. Nicky hatte mit Sirius Black gesprochen und es dann abgestritten.

Konnte es sein, dass sie möglicherweise bei ihm war?

Aber wieso erzählte Nicky ihr es dann nicht? Sie hielt zwar nicht viel von diesem Casanova, aber es war doch letztendlich ihre Entscheidung. Und Lily war ihre beste Freundin. Warum vertraute sie ihr bloß nicht?
 

Die Stille im Gemeinschaftsraum, welche nur hin und wieder vom knistern des immer kleiner werdenden Feuers im Kamin unterbrochen wurde, wurde je beendet, als Lily das knarchen der Holzdiele vernahm und hörte wie jemand die Treppe herunter kam.

Als sie sich umwandte, erkannte sie James Potter, welcher die Stufen zum Gemeinschaftsraum herab stieg. In der einen Hand hielt er seinen Zauberstab und in der anderen ein Stück verknittertes Pergament. Eben jenes, welches er auch am Vormittag schon mit sich herum getragen hatte.
 

»Kannst du ohne das Pergament nicht leben?«, fragte sie ihn sichtlich verwundert über diese Tatsache.

»Das ist interessant«, erwiderte er jedoch. »Man könnte meinen, dass unser Bedarf an ungewöhnlichen Begegnungen für heute gestillt sein sollte, Miss Evans.«
 

Lily verdrehte die Augen und fragte sich insgeheim, ob er immer so geschwollen redete.
 

»Was tust du um diese Uhrzeit noch hier?«, fragte er sie dann.

»Mir die Beine vertreten«, log sie.

»Sie sind eine äußerst schlechte Lügnerin Miss Evans«, stellte James belustigt fest, während er sein charmantestes Lächeln aufgesetzt hatte und sich an die Steinmauer lehnte.
 

»Na schön. Ich suche Nicky«, seufzte Lily schließlich.

»Und ich Sirius.«

»Sie ist nicht bei ihm?«

»Sollte sie das?«
 

James Potter zog eine Augenbraue hoch und stieß sich von der Wand ab. Sein Blick war nun nicht mehr belustigt, sondern verwundert.
 

Lily hätte sich Ohrfeigen können, dass ihr die Sache mit Black einfach so herausgerutscht war. Sie wusste ja nicht einmal, ob ihre Theorie überhaupt stimmte. Sie traute James Potter jedoch zu, irgendwelche Gerüchte in die Welt zu tratschen.

Doch was äußert merkwürdig war, war die Tatsache, dass wenn Nicky sich mit Sirius traf, sein bester Freund davon auch nichts wusste. So viel zum Thema beste Freunde erzählen sich alles, dachte Lily frustriert.
 

»Es ist nur-«

»Ja?«
 

James war am Vormittag doch dabei gewesen, als sie hinter der Ritterrüstung gestanden hat und Nicky und Sirius gesehen hatte.
 

»Heute Vormittag habe ich Nicky mit einem Jungen mit kinnlangem schwarzem Haar sprechen sehen. Ich bin mir sicher, dass es Sirius Black gewesen ist. Doch dann war er plötzlich verschwunden, weil du kamst übrigens.«
 

James Potter zog eine Augenbraue nach oben und versuchte zu verstehen, was in ihrem Kopf vorging. Er war zwar auch in dem Gang gewesen, aber er hatte außer Nicky niemanden gesehen.
 

»Sirius ist doch zu uns gestoßen?«

»Nachdem er kurz verschwunden war. Ich bin mir sicher, dass die beiden miteinander geredet haben.«

»Warum hast du sie nicht nach ihm gefragt?«

»Das habe ich. Sie hat behauptet, dass da niemand war.«

»So was glaubst du doch sonst nicht so schnell«, stellte er verwundert fest.

»Ach was weißt du schon«
 

»Naja, wie es der Zufall will, weiß ich wo Sirius sich herumtreibt. Lassen Sie uns ihre Theorie überprüfen Miss Evans.«
 

Lily verschränkte die Arme vor der Brust.
 

»Du hast eben noch behauptet, du würdest Sirius suchen und jetzt weißt du auf einmal, wo er ist?«

»Das eine schließt das andere nicht aus.«

»Kannst du aufhören in Rätseln zu sprechen?«

»Nein, dass würde das ganze langweiliger machen, weißt du.«
 

Dann ging er an Lily vorbei, einfach so, ohne sie noch einmal anzusehen und öffnete das Portraitloch.

In dem Durchgang wandte er sich noch einmal zu ihr um.
 

»Was ist los Miss Evans? Angst?«
 

Lily zog die Augen zu Schlitzen zusammen und starrte ihn böse an.
 

»Dann eben nicht«, sagte James und stieg durch das Portraitloch.
 

Als das Portrait der fetten Dame wieder zu klappte, presste Lily die Lippen aufeinander und wippte nervös auf ihren Füßen hin und her. Sie hatte keine große Lust nach Ausgangssperre und vor allem mitten in der Nacht alleine im Schloss herumzulaufen. Das gestern hatte ihr gereicht.

Doch schließlich siegte ihre Neugierde und sie hastete zum Portraitloch.
 

»Es ist mitten in der Nacht ihr Taugenichtse!«, rief eine äußerst empörte fette Dame ihr noch hinterher, als Lily aus dem Portraitloch in den nächsten Gang stürzte.
 

»Ich wusste, dass du kommst!«
 

Lily sog scharf Luft ein. Eigentlich hätte sie sich mittlerweile an seine Art gewöhnen müssen, doch er schaffte es immer wieder. Empört schlug sie ihm gegen den Arm.
 

»Irgendwann sterbe ich noch an einem Herzinfarkt wegen dir«, flüsterte sie ihm leise zu.
 

»Sie brauchen nicht zu flüstern Miss Evans, hier ist niemand außer uns.«

»Woher willst du das wissen?«, fragte sie ihn.

»Ich weiß es eben«, erwiderte er betont lässig, aber mit einer solchen Selbstsicherheit in der Stimme, dass Lily es ihm für den Moment zumindest glaubte. Immerhin war es sehr ruhig in dem Gang.

»Komm!«, forderte James sie dann auf und ging voran.
 

Lily folgte ihm durch die Gänge. Dann ging es nach links und zu den Treppen. Sie hatten Glück und mussten nicht warten bis sich eine der Treppen bewegte, da alle bereits so positioniert waren, dass sie nach unten laufen konnten. Dort angekommen führte James sie durch zwei weitere Gänge und Lily wunderte sich darüber, wie gezielt er voranging, als ob er genau wüsste, wo sie hin mussten.
 

Niemand sagte etwas und Lily wurde nervös und fragte sich, ob es eine gute Idee war mit ihm allein nachts durch die Schule zu streifen. Misstrauisch beobachtete sie, wie er hin und wieder auf sein verknittertes Pergament starrte, als ob er sich davon überzeugen wollte, dass es immer noch so aussah wie vorher.
 

»Stopp!«, forderte er sie plötzlich auf und Lily blieb kerzengerade stehen und ließ sich von James Potter mit einem Arm an die Wand drücken, während er das Licht am Ende seines Zauberstabes erlöschen ließ.

Er ging in die Hocke und schaute vorsichtig um die Ecke. Lily kaute nervös an ihrem Fingernagel herum.

War da etwa ein Lehrer oder viel schlimmer Filch?
 

James deutete mit einer Handbewegung an, dass sie auch runter kommen sollte und Lily schaute an ihm vorbei ebenfalls in den spärlich beleuchteten Gang.
 

Da waren zwei Personen, welche scheinbar gerade aus dem einzigen Lily bekannten Geheimgang gekommen waren. Die beiden unterhielten sich leise flüsternd und hin und wieder beleuchtete einer ihrer Zauberstäbe für einen kurzen Moment ihre Gesichter.
 

Nicky.
 

Lily erkannte ebenso wie am Vormittag ihren braunen Lockenkopf und vor allem ihren knallroten Pyjama.

Sie schien eindringlich mit dem Jungen mit dem kinnlangen schwarzen Haaren zu diskutieren, doch leider war sie zu weit weg, um es hören zu können.

Sie hatte also doch Recht gehabt. Nicky traf sich mit Sirius Black.
 

»Wieso sagt sie mir nicht, dass sie sich heimlich mit Black trifft?«

»Das ist nicht Sirius«, murmelte James Potter so nah an ihrem Ohr, dass sie seinen warmen Atem auf ihrer Wange spüren konnte.
 

Lily warf ihm kurz einen unsicheren Blick zu, lugte dann jedoch weiter um die Ecke.

Tatsächlich, als das Licht von Nickys Zauberstab für einen winzigen Moment das Gesichtihres Gegenübers beleuchtet hatte, erkannte auch sie, dass das nicht Sirius Black war mit dem sie sprach.
 

Und plötzlich ergab alles einen Sinn; warum sie sich heimlich trafen und vermutlich auch, warum sie es ihr nicht sagte.

Geheimnisse

30. Akt: Geheimnisse
 


 

„A secret makes a woman, woman.“

- Vermouth (Detektive Conan)
 


 

Als das Licht von Nickys Zauberstab für einen kurzen Moment das Gesicht seines Gegenübers streifte, erkannte Lily, dass es nicht Sirius Black war mit dem Nicky sich traf.

Dennoch war er ihm sehr ähnlich. Sie hatten die gleiche Statur, das gleiche kinnlange schwarze Haar und die feinen, aber edlen Gesichtszüge der Blacks.

Das alles hatte Lily zu der Annahme verleitet, es wäre Sirius gewesen, doch nun wurde sie eines besseren belehrt.
 

James beobachte Lily dabei, wie sie ihre Hand an die kalte Steinmauer gelegt und ihr Gesicht ganz nah an die Wand gepresst hatte, sodass sie immer noch mit einem Auge um die Ecke schauen konnte.

Er versuchte in der Dunkelheit ihre Gesichtszüge ausfindig zu machen.

Jedes Mädchen wäre wütend geworden, vielleicht sogar jähzornig. Doch er erkannte nur die Traurigkeit in ihren Augen, in denen das Licht, was in ihnen immer ein Funkeln von grünen Smaragden widerspiegelte langsam zu erlöschen schien.
 

Vielleicht war es doch nicht richtig gewesen sie hierher zu bringen.

Er wusste nicht einmal, warum er ihr überhaupt geholfen hatte. Eigentlich hätte es ihm egal sein können. Denn das ganze ging ihn doch schließlich gar nichts an.
 

Er hatte Langeweile gehabt, redete er sich ein. Er wollte ihre Reaktion sehen, er wollte Unruhe stiften, er wollte möglicherweise für Sirius wissen, ob er sich geändert hatte, doch das hier hatte er nicht gewollt.
 

Es war vielmehr ein Zufall gewesen, dass er in dieser Nacht wach geworden war. Es dauerte nicht lang bis er bemerkte, dass Sirius mal wieder verschwunden war. Doch diesmal konnte er ihn auf der Karte ausfindig machen. Er beobachte ihn dabei, wie der kleine schwarze Punkt, welcher mit dem Namen Sirius Black beschriftet war im Innenhof auf und ab ging und überlegte, ob er diesmal wirklich nur rauchen gegangen war.
 

Doch dann bemerkte er einen weiteren Punkt auf der Karte, welcher mit Nicky McDougal beschriftet war. Auch sie schlich in dieser Nacht durch das Schloss.

Es dauerte nicht lang bis ein weitere Punkt erschien und kurz darauf beide in einem Geheimgang verschwunden waren. James fand ihr Verhalten äußerst merkwürdig und fragte sich, was sie mit ihm zu schaffen hatte.

Und dann bemerkte er, wie Lily Evans ihren Schlafsaal verließ und im Gemeinschaftsraum auf und ab ging. Möglicherweise hatte auch sie bemerkt, dass ihr Zimmergenosse nicht mehr da war.
 

Seine Entscheidung viel innerhalb weniger Sekunden. Er hatte nicht einmal wirklich darüber nachgedacht, sondern war direkt mit der Karte in der Hand in den Gemeinschaftsraum gegangen.

Möglicherweise wäre es sinnvoll gewesen, sich eine plausible Ausrede einfallen zu lassen, doch sie hatte es ihm direkt geglaubt, als er behauptet hatte, dass er Sirius suchen würde.

Irritiert war er jedoch über die Tatsache, dass sie geglaubt hatte, dass McDougal etwas mit Sirius hatte. Sie gehörte nun wahrlich nicht in sein Beuteschema.

Doch musste er zugeben, dass sich die Black Brüder von der Seite wirklich sehr ähnelten. Die Gene der Blacks waren sehr dominant, was das äußere Erscheinungsbild betraf.
 

Er wusste nicht ob es richtig war, doch er führte sie zum Ort des Geschehens, denn irgendwie hatte sie ihm Leid getan und doch war es auch Neugierde, welche ihn antrieb. Er wollte wissen wie sie reagieren würde, wenn sie die beiden sah.

Es war egoistisch gewesen, dass bemerkte er jedoch erst, als er den enttäuschten Blick in ihrem Gesicht gesehen hatte.
 

»Bitte Reg' versprich es mir«, bettelte Nicky.
 

Wieder echoten Nickys Worte durch den Hall der dicken Steinmauern von Hogwarts an ihre Ohren.
 

»Ich- «,setzte er an, wandte jedoch seinen Kopf von ihr ab und starrte einen Moment lang mit zusammen gekniffenen Augen auf die Steinmauer.

»Du hast es versprochen!«, fuhr sie ihn etwas lauter an. »War das alles gelogen?«

»Nein!«, erwiderte er sofort.

»Warum tust du es dann?«
 

Wieder antwortete er nicht. Und die Stille in dem dunklen Gang wurde so kalt, dass Lily eine Gänsehaut bekam und sich über ihre nackten Arme rieb.
 

»Es war ein Fehler nach Beauxbatons zu gehen und dich hier allein zu lassen.«

»Ich kann sehr gut auf mich aufpassen«, erwiderte er trotzig wie ein Kleinkind.

»Das sehe ich«, spottete Nicky. »Wieso hast du das getan? Wieso machst du da mit?«

»Ich hatte keine Wahl!«, zischte er.

»Man hat immer eine Wahl. Man muss nur den Mut haben sie zu ergreifen.«

»Du verstehst das nicht!«, fuhr er sie an. »Meine Familie hat andere Anschauungen und Werte. Es gibt Erwartungen an mich.«

»Was ist mit deinen eigenen Werten und Erwartungen? Sind die nichts wert?«
 

Wieder herrschte einen Moment Stille.
 

»Es ist schwierig!«, murmelte er ausweichend.

»Meine beste Freundin ist auf diesen Plakaten abgebildet. Wenn ihr irgendetwas passiert, ich schwöre bei Merlin, ich werde dich-«

»Ich hatte mit den Vorfällen in Hogsmeade und im Schloss nichts zu tun!«, fuhr er sie an.

»Lüg mich nicht an!«, zischte Nicky.

»Das tue ich nicht. Ich würde nie-«

»Sprich nicht weiter!«, fuhr sie dazwischen. »Du hast mich bereits zwei Mal angelogen, also behaupte nun nicht das Gegenteil!«
 

Nicky schluchzte leise und Tränen sammelten sich in ihren Augenwinkeln, welche sie jedoch sogleich mit dem Handrücken wegwischte. Sie würde jetzt nicht weinen. Niemals würde sie sich diese Blöße geben.
 

»Bitte mach keine Dummheiten«, bat sie ihn.
 

Regulus trat auf sie zu und legte seine Hand an ihre Wange und zwang sie so ihn anzusehen. Sie konnte nicht anders als in seine grauen Augen zu sehen. Es fiel ihr schwer standhaft zu bleiben wenn er sie so ansah. Vermutlich wusste er das auch und tat es aus eben diesem Grund. Er wollte sie besänftigen, doch diesmal würde er das nicht schaffen.
 

»Ich muss morgen Früh zurück nach Beauxbatons apparieren. Wenn die mich nicht beim Frühstück sehen, werden sie misstrauisch«, sagte sie leise.
 

»Es tut mir Leid, dass du meinetwegen vielleicht Schwierigkeiten bekommst«, erwiderte er sanft und legte seinen Kopf an ihren.
 

»Ich weiß nicht, was ich tun soll«, flüsterte sie leise. »Vermutlich wäre es besser gewesen, mich niemals in dich zu verlieben!«
 

Lilys grüne Augen weiteten sich und plötzlich ergab alles einen Sinn. Ihr flogen Hunderte kleiner Momente durch ihre Gedanken, die sie vorher nie so wahr genommen hatte.

Die Situation am Vormittag ergab Sinn und dass Nicky nicht gesehen werden wollte. Ihr trauriger Blick damals in den Kerkern, als sie Mulciber und Avery zusammen mit Severus und Regulus Black gesehen hatten...
 

»Sag das nicht!« Seine Stimme klang beinahe flehend.
 

Regulus legte seine Hand unter ihr Kinn und zwang sie so ihn anzusehen.
 

»Ich will nicht, dass du es bereust. Ich tue es auch nicht!«
 

Der Schmerz in seiner Stimme war deutlich spürbar. Er spiele es ihr nicht vor.

Nicky schluchzte laut auf.
 

»Ich habe jede Minute Angst, dass du etwas dummes anstellst, was du später bereuen wirst.«

»Das werde ich nicht. Vertrau mir bitte«, flüsterte er atemlos.
 

Regulus wusste nicht was er tun und sagen konnte, um sie zu beruhigen. Es fiel ihm schwer sie anzulügen, doch schwerer war es für ihn sie so zu sehen.

Schließlich legte er die Arme um sie und drückte sie fest an seinen Körper.

Er saß in der Zwickmühle und wurde immer mehr von allen Seiten in die Ecke gedrängt. Egal was er tat, er würde die Erwartungen aller Menschen, um ihn herum nicht erfüllen können. Egal wie er sich entschied, es würde immer jemanden geben, der enttäuscht von ihm wäre und eine Seite würde ihn vielleicht sogar tot sehen wollen.

Es kamen dunkle Zeiten auf sie zu, doch keiner wollte den anderen loslassen in diesem Moment.
 

Lily hatte sich schon vor einer Weile von den beiden abgewandt und ihren Rücken an die kalte Steinmauer gepresst. Es war kalt in dem dunklen Gang und sie hatte die Arme um ihren Körper geschlungen.
 

»Muffliato«, murmelte James und Lily sah ihn verwundert an.

»So können uns die beiden nicht hören«, erklärte er.

»Was werden Sie jetzt tun Miss Evans?«, fragte er dann, während er sich noch einmal vergewisserte, dass die beiden sie auch nicht entdeckt hatten.
 

Sie antwortete ihm nicht.
 

Ihre beste Freundin hatte ihr verschwiegen, dass sie ein Verhältnis mit Regulus Black, einem mutmaßlichen Todesser hatte, der höchstwahrscheinlich für das aufhängen rassistischer und Muggelverachtender Slogan verantwortlich war.
 

»Lass uns hier verschwinden«, sagte sie dann und er folgte ihr leise durch den Gang zurück zu den Treppen.
 

Sie hatte immer noch die Arme um ihren Körper geschlungen und dachte darüber nach, was sie tun sollte. Die Chance Nicky zu stellen hatte sie verpasst.

Aber was hätte sie auch sagen sollen? Dass sie ihr hinterher spionierte, weil sie ihr nicht vertraut hatte? Dass sie ihre Beziehung zu Regulus nicht gut hieß? Ob sie sich im klaren darüber war, auf wen sie sich einließ?

Lily brannte der Kopf. Es war unmöglich Nicky darauf anzusprechen.
 

»Es interessiert mich sehr, wie Sie nun weiter vor gehen Miss Evans«, drang James Potters Stimme durch ihre Gedanken.

»Werden Sie Lestrade sagen, dass Regulus Black etwas mit dem Plakaten zu tun hatte? Das eben war immerhin ein indirektes Geständnis.«

»Nein!«, erwiderte sie nur.

»Das überrascht mich!«, gestand James und musterte sie neugierig von der Seite.

»Wir hätten das nicht tun dürfen«, fuhr sie fort. »Es war nicht richtig.«

»Manchmal ist es besser auf der Seite derer zu stehen, die die Regeln brechen«, erwiderte er nur und Lily musterte ihn argwöhnisch aus den Augenwinkeln.
 

Was hatte das nun schon wieder zu bedeuten?

Es war typisch für ihn so etwas zu sagen. Regeln interessierten ihn nicht und die Gefühle anderer anscheinend auch nicht.
 

»Wirst du es Lestrade sagen?«, fragte sie ihn dann.

»Nein«, antwortete er prompt und Lilys Augenbrauen schossen in die Höhe.
 

Sie hätte erwartet, dass er es tun würde, einfach nur um zu sehen, welche Unruhe er damit stiften konnte.
 

»Ist nicht mein Stil. Außerdem wäre das langweilig«, erwiderte er augenzwinkernd und starrte dann wieder auf sein zerknittertes Papier.

»Wir sollten besser ein Treppenhaus weiter abseits benutzen«, sagte er dann.

»Warum?«

»Filch könnte an der Haupttreppe herumschleichen oder McDougal wieder nach oben gehen«, erklärte er beiläufig, während Lily wieder in ihren Gedanken bei Nicky war.
 

Lily kam vor Nicky wieder in ihrem Schlafsaal an und legte sich direkt wieder ins Bett. Es dauerte eine ganze Weile bis ihr Kopf so frei war, dass sie einschlafen konnte. Doch Nicky sollte sie erst am nächsten Morgen wieder sehen.

Diese hatte sie sogar ziemlich früh geweckt und ein breites Grinsen aufgelegt, als sie ihr die Bettdecke weggezogen hatte. Die Tränen und der Kummer der vergangen Nacht waren aus Nickys Gesicht verschwunden. Sie war wirklich eine hervorragende Schauspielerin und das erschreckte Lily irgendwie.
 

Noch vor dem Frühstück hatte Nicky sich von ihrer Freundin verabschiedet und war direkt nach Hogsmeade gegangen, um zurück nach Beauxbatons zu apparieren. Sie musste sich wohl beeilen, wenn sie dort niemand beim Frühstück vermissen sollte.
 


 

***
 

Beim Frühstück hatte Lily immer noch dunkle Schatten unter den Augen, welche ihre tiefen Augenringe, welche von zu wenig Schlaf zeugten, noch betonten.

Weder James Potter, noch die Black Brüder waren beim Frühstück anwesend, dennoch war sie über Remus' Gesellschaft außerordentlich dankbar. Vermutlich war er im Moment auch ihr einziger Freund, welcher kein Geheimnis aus sich machte.
 

Die tägliche Stille beim Frühstück wurde durch das ächzen mehrerer Eulen unterbrochen, welche durch die offenen Fenster der großen Halle schwebten und die tägliche Post verteilten.

Ein brauner Waldkauz landete vor Lily und legte den Tagespropheten vor ihrer Müslischüssel ab. Sie steckte einen Knut in den brauen Lederbeutel am Bein der Eule und öffnete sogleich die Zeitung. Ihre Augen fielen sofort auf die Schlagzeile in der Mitte und jegliche Farbe wich aus ihrem ohnehin schon blassem Gesicht.
 

»Was ist los?«, fragte Remus besorgt.

»Der dunkle Lord.«
 

Es war kaum mehr als ein Flüstern. Remus rutschte ein Stück näher an Lily heran, um ebenfalls einen Blick in die Zeitung werfen zu können.

“Der, dessen Name nicht genannt werden darf, hat wieder zugeschlagen!“, hieß es in der Schlagzeile.
 

»In der gestrigen Nacht gegen 1Uhr wurde in London das Muggelwaisenhaus Wool von Todessern überfallen, über dem wenige Stunden danach das dunkle Mal erschienen war. Noch ist unbekannt, was die Todesser an diesem Ort gesucht haben. Jedoch wurde eines der Nebengebäude des Dreiertraktes bis auf den Grundstein niedergebrannt. Dabei kamen einige Muggel-Kinder und die Leiterin des Waisenhauses ums Leben. Die Auroren haben die Untersuchungen aufgenommen, doch bisher konnte nicht nachgewiesen werden, wer an diesem Überfall beteiligt gewesen war«, lass Lily den Artikel vor.
 

»Die armen Kinder«, flüsterte Remus.
 

»... die Absichten des dunklen Lords sind noch unklar. Doch was tut der Zaubereiminister gegen sein weiteres Vorgehen? Diese Frage steht noch offen. Und zu einem Interview konnte man keinen der Angestellten Mitarbeiter der Aurorenabteilung des Zaubereiministeriums überreden. ...«
 

Remus schnaubte.

»Natürlich nicht. Wenn sie ihr Vorgehen dem Tagespropheten preisgeben würden, könnten sich die Todesser auch darauf einstellen.«

»Keine Dummheiten«, murmelte Lily etwas abwesend zu sich selbst.
 

Sie fragte sie sich, ob genau das die Dummheit war von der Nicky Regulus abhalten wollte gestern Nacht. Es passte zur Uhrzeit und zu ihren Worten.
 

Lily schüttelte den Kopf und rügte sich selbst für diese Vorurteile. Regulus Black war noch ein Schüler in Hogwarts. Er ging erst in die fünfte Klasse und war minderjährig. Er hätte nicht mal die Möglichkeit gehabt dorthin zu apparrieren.

Er war 16 und mit 16 wusste man nicht was man wollte. Aber vielleicht ließ man sich auch einfach wahnsinnig gut beeinflussen, wenn einem tagtäglich zwei Seiten einer Medaille präsentiert wurden, zwei Optionen zu handeln.

Jedoch stand noch nicht einmal fest, ob er überhaupt ein Todesser war. Immerhin war er scheinbar mit Nicky zusammen und das bedeutete doch irgendwie, dass er irgendwo einen guten Kern haben musste? Zumindest wollte sie für den Moment daran glauben.
 


 

***
 


 

James Potter lehnte an der Steinmauer im Innenhof und ließ die wenigen Sonnenstrahlen, welche hin und wieder durch die unterbrochene Wolkendecke hindurch brachen auf sein Gesicht scheinen. Sein Benzinfeuerzeug zischte ein paar Mal, bevor es endlich eine kleine Flamme offenbarte mit der er sich seine Zigarette anzündete. Der Qualm seiner Zigarettenspitze vermischte sich mit seinem warmen Atem, welcher in der kalten Morgenluft zerschellte.
 

»Wo warst du gestern Nacht? Mal wieder.«
 

Sirius seufzte. Er hätte wissen sollen, dass James es irgendwann herausfinden würde. Er war sehr wachsam und ihm fielen die kleinsten Dinge an den Menschen auf, die er selbst niemals bemerken würde.
 

»Ich wusste, dass du irgendwann misstrauisch werden würdest. Doch ich hatte gehofft, dass es nicht so schnell passieren würde«, setzte er an.
 

James schnaubte. Wenn Sirius wirklich gewollt hätte, dass man ihn nicht bemerkte, hätte er vielleicht die Karte mitnehmen sollen. So unbesonnen war sein bester Freund sonst nie und das machte ihn stutzig.
 

»Ich war in Hogsmeade in der vergangenen Nacht und auch gestern Vormittag.«

»Das würde zumindest erklären, warum ich dich auf der Karte nicht finden konnte«, überlegte James. »Dennoch war das sehr unvorsichtig, wenn es dir so wichtig war, ungesehen zu bleiben.«

»Vielleicht wollte ich das auch gar nicht«, murmelte Sirius. »Ich habe versprochen mit niemanden darüber zu sprechen, aber ich wollte es dir auch nicht vorenthalten. Vielleicht hatte ich irgendwie gehofft, dass du es herausfinden würdest.«

»Es ist deine Entscheidung«, erwiderte James nur und drückte seinen Zigarettenstummel an der grauen Steinmauer aus.

»Ich habe mich in Hogsmeade mit meinem Onkel getroffen, Alphard Black.«
 

James Augenbrauen schossen in die Höhe. Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Er wusste nicht einmal, dass Sirius zu irgendeinem von seinen Verwandten überhaupt noch Kontakt hatte.
 

»Er ist nicht so wie der Rest meiner Familie«, fuhr Sirius fort, als er James Minenspiel beobachtet hatte. »Er wurde ebenso wie ich aus dem Familienstammbaum in unserem Haus gebrannt, noch bevor ich zu euch geflohen bin.«
 

Sirius machte eine kurze Pause und überlegte wie er die ganze Geschichte in wenigen Worten zusammenfassen konnte. Eigentlich hatte er seinem Onkel versprochen mit niemanden darüber zu sprechen, doch James war sein Bruder. Man konnte ihm vertrauen, davon war er fest überzeugt.
 

»Nun mein Onkel ist sehr krank und er wollte mich noch einmal sehen, um ein paar Dinge zu klären. Ich habe ihn schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen, da er in unserem Haus nicht mehr geduldet wurde, seit ich in die dritte Klasse kam. Doch im Gegensatz zu meiner eigentlichen ach so liebevollen Familie, war er immer gut zu mir gewesen.«
 

James lehnte mit vor der Brust verschränkten Armen an der Steinmauer und lauschte mit geschlossenen Augen Sirius' Erzählungen. Er hatte in all den Jahren, wo sie schon gute Freunde waren nie seinen Onkel erwähnt.
 

»Ich habe Alphard an diesem Tag beinahe nicht erkannt. Er hatte sich verändert. Er war sehr dürr geworden und hatte sich bestimmt seit einem halben Jahr nicht mehr rasiert. Er wirkte beinahe gar nicht mehr wie er selbst. Er war so blass und hatte ständig Angst, dass ihn jemand entdecken könnte. Ich fürchte, ein geächteter Black zu sein fordert unter den Todessern sehr schnell seinen Tribut ein.«
 

James blickte auf. Sirius' Gesicht war gequält, als er dies sagte und James fragte sich, ob es Sirius genauso erging und ergehen würde, sobald sie ihren Abschluss im nächsten Jahr gemacht hatten.
 

»Alphard glaubt, dass er nicht mehr lange leben wird. Ob ihn nun seine Krankheit dahinrafft oder die Todesser es tun werden, sei dahingestellt, aber er wollte mich unbedingt sehen, um sein Anliegen zu klären. Das ist die ganze Geschichte. Ich habe ihm versprochen, es niemanden zu sagen, ich hoffe du verstehst das.
 

James nickte.

»Eine Sache wäre da allerdings noch. Alphard wollte auch Regulus sehen, aber er kam nicht. Er war-«
 

»Mit jemanden, den wir sehr gut kennen, anderweitig beschäftigt?«, schlug James vor.
 

Sirius blickte auf und wirkte überrascht, dass James darüber Bescheid wusste.
 

»Du weißt also, dass er sich mit ihr getroffen hat?«, fragte Sirius verwundert.

»Ja, ich war auch überrascht«, gestand James.

»Es war mehr ein Zufall, dass ich den beiden fast über den Weg gelaufen wäre und ein paar Gesprächsfetzen aufgeschnappt habe«, erklärte er ausweichend.
 

Es war sein bester Freund, welcher vor ihm stand und dennoch wollte er ihm nicht alles erzählen. Dass er Sirius' Bruder und McDougal auf der Karte gesehen hatte und zusammen mit Evans zum Ort des Geschehens gegangen war. Es kam ihm nicht richtig vor.
 

»Glaubst du-«, setzte Sirius an doch James unterbrach seine aufkommende Frage.

»Ich weiß es nicht. Aber McDougal möchte daran glauben, dass er ein guter Mensch ist.«
 

Es war eine vage Interpretation dessen, was er ungewollt von dem Gespräch der beiden in der gestrigen Nacht aufgeschnappt hatte. Doch er glaubte nicht, dass McDougal so dumm war, sich auf einen mutmaßlichen Todesser einzulassen. Sie war zwar ein Reinblüter, aber sie teilte die rassistischen Ansichten des dunklen Lords nicht. Das bewies allein die Tatsache, dass sie mit Evans und McDonald befreundet war. Doch was Regulus Black betraf, so war er sich nicht sicher, zu was er im Stande war, wenn man ihn unter Druck setzte.
 


 

***
 


 

Es dauerte eine Weile bis James endlich das leise Schnarchen seiner Mitbewohner wahrnahm. Er wartete noch einen Moment bevor er es wagte seine Bettdecke zurück zuschlagen und nach seinen Pantoffeln auf dem Boden zu suchen.

Leise öffnete er die Tür und hoffte inständig, dass sie beim schließen nicht knarchen würde.

Er war froh, dass die meisten Schüler über die Ferien nach Hause gefahren waren, denn so standen seine Chancen einen leeren Gemeinschaftsraum vorzufinden sehr gut.

Er kniete sich vor den Kamin, in dem das bescheidene Feuer langsam einer einzigen Glut wich. Misstrauisch starrte er in die Flammen und stach hin und wieder mit dem Schüreisen den letzten noch brennenden Holzscheit an.
 

»James?«, flüsterte eine rauchige Stimme.

»Ja ich bins«, antwortete er der Stimme. »Ich bin allein«, fügte er dem noch hinzu.
 

Daraufhin begann die Asche sich zu bewegen und das Holzscheit fiel etwas noch hinten, als die orange roten Flammen sich mehr und mehr in grün-silberne verwandelten und ein beinahe durchsichtiger Kopf in der winzigen Glut erschien.
 

»Dad«, murmelte James, als er das Gesicht seines Vaters erkannte.

»Du bist spät dran«, rügte Fleamont seinen Sohn.

»Ich musste sicher gern, dass die anderen auch wirklich schlafen«, verteidigte er sich.

»Na gut, wir haben nicht viel Zeit«, sprach Fleamont weiter. »Hast du das Medaillon noch, was ich dir vor Schulbeginn gegeben habe?«

James nickte.

»Gut, du darfst es nicht verlieren!«
 

James verdrehte die Augen, da sein Vater ihm dies wirklich bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit sagte.
 

»So du glaubst, dass Regulus Black etwas mit den Vorfällen in Hogwarts oder denen um Wools Waisenhaus zu tun hat? Naja er ist noch etwas jung für einen Todesser meinst du nicht?«

James verdrehte die Augen.

»Was ist mit den Listen? Trifft er auf irgendeine Beschreibung zu?«

»Ich fürchte nein. Obwohl wir davon ausgehen können, dass seine Cousine Bellatrix Black darin verwickelt gewesen war. Oh pardon mittlerweile Lestrange.«

»Vielleicht brauchen sie ihn für etwas anderes hier in Hogwarts«, überlegte James.

»Du musst ruhig bleiben mein Junge. Es bringt nichts jemanden zu beschuldigen ohne handfeste Beweise zu haben.«

»Ich weiß«, seufzte James und presste die Lippen aufeinander.
 

Er konnte seinem Dad unmöglich die ganze Geschichte mit Regulus Black und McDougal erzählen und was er teilweise indirekt gestanden hatte. Mal abgesehen davon, dass er als einziger Ohrenzeuge wohl nicht ausreichen würde.
 

»Wisst ihr schon, was die Todesser in dem Waisenhaus gesucht haben?«, fragte James dann.

»Offiziell nicht«

»Ich verstehe«, murmelte James.

»Ich muss abbrechen, bevor jemand bemerkt, dass ich das Flohnetzwerk nach Hogwarts geknackt habe«, erwiderte Fleamont nervös.

»Tu nichts dummes mein Sohn und pass gut darauf auf«, waren Fleamonts letzte Worte, bevor sein Kopf aus dem Flammen verschwand.
 

Seufzend lehnte James sich an die Sofalehne zurück.

Eigentlich hatte er von Anfang an gewusst, dass Regulus Black niemals in den Listen der Verdächtigen auf den Überfall auf das Waisenhaus als auch bei den Vorfällen in Hogwarts auftauchen würde. Doch er hatte geglaubt, dass zumindest eine Zeugenbeschreibung oder ähnliches vielleicht passen würde. Doch da war nichts.

Und vielleicht war das auch besser so. Es war doch eigentlich gut, wenn er nichts mit alldem zu tun hatte.

James lehnte seinen Kopf in den Nacken und starrte einen Moment lang die Decke des Gemeinschaftsraumes an. Mit seiner Hand griff er in seine Hosentasche und holte das Medaillon heraus, welches sein Vater ihm vor Schuljahresbeginn gegeben hatte.

Es gefiel ihm nicht, dass sein Vater ihm nicht alles über das Medaillon erzählte, was er vielleicht wissen sollte. Außerdem fragte er sich, ob das mangelnde Vertrauen seines Vaters ihm galt oder seiner eigenen Entscheidung es ihm anzuvertrauen.

Alte Versprechen

Kapitel 31: Alte Versprechen
 


 

„Even though I love him deeply,

I bitterly regret

I can't really make him feel complete.“
 


 

Als der Januar hereinbrach und das Ende der Ferien näher rückte, wurde es eisiger im Schloss. Der Winter wurde immer spürbarer und die ersten Wolken verhießen baldigen Schneefall.
 

Schlagzeilen über Voldemort hatte es nicht mehr gegeben. Es wurde anscheinend auch nicht mehr aufgeklärt, was die Todesser in dem Muggelwaisenhaus gewollt haben oder vielleicht wurden diese Informationen auch einfach nicht publik gemacht.

Lily und Remus fiel auf, dass Dumbledore seit der Schlagzeile im Tagespropheten fast jeden Tag außer Haus war. Sie fragten sich, ob Dumbledore sich für den Fall interessierte, doch McGonagall und die anderen Lehrer gaben ihnen keine Auskunft darüber.

So blieb den beiden nichts anderes übrig, als auf Neuigkeiten in den Zeitungen zu warten. Lily hoffte jedoch, dass die ganze Sache schnellstmöglich aufgeklärt werden konnte.
 

Als Lily an diesem Nachmittag in ihrer dicksten Winterjacke einen Sparziergang über die Ländereien von Hogwarts machte, bemerkte sie, wie eine Schneeflocke auf ihrer Nasenspitze landete und als sie die Hände zum Himmel ausstreckte, wurden es immer mehr.

Endlich schneite es.

Sie verweilte einen Moment an diesem Ort und ließ die winzigen Flocken aus Eis und Schnee ihr Gesicht benetzten. Ein paar Schneeflocken blieben in ihrem roten Haar hängen und sie lächelte mit geschlossenen Augen dem Himmel entgegen.

Vielleicht würde es ja noch mehr schneien, sodass in den nächsten Tagen genug Schnee da war, um einen Schneemann zu bauen. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte mal so etwas getan hatte. Vielleicht war es in ihrem ersten Schuljahr in den Ferien gewesen oder noch vor Hogwarts, bevor sie wusste, dass sie eine Hexe war. Sie konnte sich jedoch daran erinnern, dass sie einen Winter mal zusammen mit Severus auf der Wiese hinter dem Spielplatz in der Nähre ihres Elternhauses einen Schneeengel gebaut hatte.
 

Als Lily ihren Sparziergang fortsetzte und das Ufer des Sees streifte, ertappte sie sich dabei, wie sie sich hin und wieder suchend umblickte. Sie ging am Rand des verbotenen Waldes entlang, konnte jedoch im Dickicht des Waldes nichts erkennen, als sie plötzlich von der Seite angesprungen wurde und zur Seite taumelte.
 

»Lass das!«, lachte Lily, während sie versuchte das Maul des braunen Hundes von ihrem Gesicht fernzuhalten, welcher versuchte über ihr Gesicht zu lecken.
 

»Aus Fang!«, tadelte ihn eine bekannte raue Stimme.
 

Hagrid, der Wildhüter von Hogwarts. Ein Mann, welcher fast drei Meter groß war und so lange Lily denken konnte immer einen langen schwarzen Bart gehabt hatte.
 

»Das ist Fang?«, fragte Lily verwundert, als Hagrid mit seinen braunen Maulwurfsfellhandschuhen nach dem Hund griff.

»'nabend Lily«, grüßte Hagrid sie. »'sicha is er das. 'muss ihm nur noch n' paar Manieren beibringn'.«

»Er war Anfang des Schuljahres doch noch ein kleiner Welpe.«

»'wachsen schnell die Kleinen.«
 

Lily stützte sich mit einer Hand vom Boden ab und stellte sich wieder auf die Füße. Sie klopfte den Dreck von ihrer Hose und überlegte, ob sie nicht einfach Hagrid fragen sollte. Immerhin kannte er sich als Wildhüter ziemlich gut auf dem Gelände aus. Wenn er es nicht wusste, wer sonst.
 

»Sag mal Hagrid, gibt es im verbotenen Wald eigentlich auch normale, nicht magische Tiere, wie Hirsche oder so?«
 

»'eigentlich nich«, nuschelte Hagrid.

»Nirgends hier in der Gegend?«, fragte Lily verwundert.

»Vielleicht n' paar Meilen hinter Hogsmeade«, überlegte Hagrid. »'das wär schon nen Ding, wenn sich einer hierher verlaufen würd'. Könnt' gefährlich werden, bei all den anderen Kreaturen, die da rumlaufen.«
 

Vermutlich war es nur ein Zufall gewesen, dass sie damals den Hirsch getroffen hatte. Vielleicht war er ausgehungert und verunsichert gewesen und wusste nicht wo er hin sollte. Lily hoffte nur, dass ihm das Wesen mit den gelben Augen nichts getan hatte und er wieder sicher in sein Gebiet zurückgekehrt war.
 


 

***
 


 

Am Abend dieses Tages, des achten Januar, setzte sich Lily mit einem Buch in den Gemeinschaftsraum und begann zu lesen.

Die Stunden vergingen rasch und nach und nach verschwanden auch die wenigen Gryffindors in ihren Schlafsälen.
 

Gegen halb zwölf war es ruhig im Gemeinschaftsraum der Gryffindors. Nicht einmal die Rumtreiber waren noch wach. Lily saß in dem großen roten Ohrensessel vor dem Kamin und beobachtete, dass Feuer dabei, wie es vor sich hin knisterte. Dabei tippte sie nervös mit ihren Fingernägeln auf der Armlehne herum.
 

In all den Jahren hatte sie nie (mit Absicht) auch nur eine Schulregel gebrochen und in den vergangen zwei Wochen war sie immer wieder in Situationen geraten oder hatte Dinge erfahren, die definitiv regelwidrig waren. Und nun saß sie um 23:45Uhr in einem der gemütlichen Sessel im Gemeinschaftsraum der Gryffindors und würde in wenigen Minuten wieder eine Schulregel brechen.
 

Nach weiteren fünf Minuten stand sie schließlich auf und ging zum Portraitloch. Wenn sie jetzt nicht gehen würde, würde sie es vermutlich gar nicht mehr und dann wäre sie umsonst die Ferien über allein in Hogwarts geblieben.
 

Lily kannte den Weg in und auswendig. Es war auch nicht weit vom Gryffindor Gemeinschaftsraum entfernt. Sie lief zwei Korridore entlang und stieg dann eine lange Wendeltreppe hinauf, bis sie auf der Plattform landete, wo sie bis zum vergangenen Schuljahr noch Astronomieunterricht gehabt hatte.

Sie war froh, dass das Büro von Professor Renze unten beim Lehrerzimmer und nicht hier oben im Turm war, denn sonst hätte sie sich vermutlich nicht getraut mal wieder nach Ausgangssperre im Schloss herumzuschleichen.
 

Es war dunkel in dem Raum und sie tastete sich vorsichtig zur Plattform entlang, wo man noch eine Ebene höher steigen konnte.
 

Der Himmel war zwar wolkenfrei, doch der Sichelmond sendete nur spärliches Licht zur Erde, sodass sie nur die Umrisse der vor ihr liegenden Gegenstände erkennen konnte.
 

Auf der Plattform stand jemand in zerschlissenen Jeans, in einen alten abgetragenen schwarzen Zauberumhang gekleidet. Er hatte kinnlanges schwarzes Haar, was jedoch vom Wind hier oben zerzaust wurde. Er starrte mit seinen dunkelbraunen, ja fast schwarzen Augen über das Gelände hinweg.
 

Der Junge am Geländer war ziemlich genau 17 Jahre alt, als Lily langsam auf ihn zu trat. Als sie jedoch fast bei ihm war, hielt sie einen Moment inne und stellte fest, dass sie überhaupt nicht wusste, was sie sagen sollte. Denn was sagte man zu einem verlassenen Freund mit dem man seit Monaten nicht gesprochen hatte?
 

Lily zwang sich zu einem schwachen Lächeln, denn die Ähnlichkeit zwischen ihrer und Nickys Geschichte war unbestreitbar. Es kam ihr närrisch vor, dass sie sich für die schwierigen Männer entschieden hatten und diese immer wieder, unausführbar wohl bemerkt, auf die Probe gestellt wurden, ihre Loyalität ihnen gegenüber zu beweisen. Doch dies schien für beide tagtäglich ein weitaus schwierigeres Unterfangen zu sein, als sie es sich hätte vorstellen können. So war sie Nicky doch viel zu ähnlich in dieser Hinsicht, stellte sie fest. Der Unterschied lag jedoch darin, dass Nicky Regulus nicht aufgegeben hatte.
 

Lily räusperte sich verlegen und der Junge wandte sich zu ihr um. Sein Blick wirkte überrascht, dennoch stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen.
 

»Du hast es also nicht vergessen«, sagte er melancholisch.

»Natürlich nicht Sev'«, erwiderte Lily und stellte dabei fest, dass ihre Stimme fast schon ein wenig beleidigt klang.
 

Als Severus sich vollständig zu ihr umwandte, erkannte sie wie blass und rau sein Gesicht im spärlichen Licht der Sterne und des Sichelmondes wirkte. Lily erschrak, als ihr bewusst wurde, wie lange sie ihn schon nicht mehr so angesehen hatte.

Er hatte sich verändert in den letzten Monaten. Er wirkte tatsächlich älter und Lily könnte schwören, dass er sogar noch ein Stück gewachsen war.
 

Für den Bruchteil einer Sekunde war es so, als wäre nichts passiert. Als Stünde nichts zwischen ihnen. Als hätten sie sich gerade gestern noch unter den Bäumen am schwarzen See getroffen, um das schöne Wetter zu genießen und um ihre Aufsätze für Zaubertränke miteinander zu vergleichen. Doch als sie das silbern-grüne Wappen, auf dem sich eine giftgrüne Schlange wand, auf seiner Brust entdeckte, wurde ihr bewusst, dass das eine Illusion war.
 

»Ich hätte nicht gedacht, dass du kommst«, sagte er leise.

Seine Stimme klang traurig und brüchig wie die eines alten Mannes, der zu viel Leid auf der Welt gesehen hatte.
 

»Es ist schließlich dein Geburtstag!«, erwiderte sie. »Ich habe es dir damals versprochen, dass wir jedes Jahr zusammen feiern bis du endlich volljährig bist und nicht mehr gezwungen bist nach Hause zurückzukehren.«
 

Severus sah sie einfach nur an. Es war so lange her, dass er mit ihr gesprochen hatte und sie sich in seiner Nähe aufhielt. Er genoss einfach diesen Moment und wollte ihn nicht durch Worte kaputt machen.
 

Lily zog ihren Zauberstab aus ihrer Jackentasche und tastete sich an der äußeren dunklen Wand entlang. Irgendwo musste er doch sein, der Ziegelstein, der etwas lockerer saß als all die anderen. Na gut, ursprünglich war er ein ebenso fester Bestandteil des uralten Turmes gewesen wie der Rest von ihnen. Sie hatten damals einen Zauber anwenden müssen, um ihn zu lockern.

Und dann fand sie ihn schließlich, ganz außen am Geländer und rüttelte ein wenig daran, bis er schließlich nachgab und sich aus der Wand ziehen lies. Lily griff in die Lücke hinein und holte zwei fein säuberlich zusammen gefaltete Pergamentblätter hervor und reichte eines davon Severus.
 

Lily war froh, dass die beiden Pergamente scheinbar unberührt gewesen und immer noch lesbar waren. Immerhin haben sie ganze fünf Jahre hierin verbracht. Sie entfaltete ihren Zettel und las darauf, was sie sich vor fünf Jahren gewünscht hatte.

Ihre Miene verfinsterte sich und sie wusste nicht ob sie darüber weinen oder lachen sollte.
 

„Freunde für immer!“
 

Damals war sie elf Jahre alt gewesen.

Sie hätte es niemals geglaubt, wenn ihr jemand erzählt hätte, dass sich ihre und Severus' Wege irgendwann trennen würden.

Damals hatte sie noch nicht gewusst, wie schlimm es draußen in der Welt war. Dass es Zauberer gab, die andere wegen ihres Blutsstatus diskriminierten.

Severus hatte ihr gesagt, dass es keinen Unterschied machen würde, ob man ein Reinblüter oder muggelgeboren war. Er hatte gelogen, wie so oft in dieser Zeit.
 

»Was hast du dir damals für die Zukunft gewünscht?«, fragte sie ihn, konnte jedoch einen sarkastischen Unterton nicht vermeiden.
 

Severus antwortete ihr einen Moment lang nicht. Er schien in seinen Gedanken versunken zu sein, als er auf sein Pergament starrte. Es hatte sich so viel verändert seit damals. Dabei hatte er doch nie gewollt, dass es so wurde wie es nun mal war.
 

»17 werden und nicht mehr nach Hause zurückkehren«, sagte er schließlich.
 

Eine Lüge. Sie merkte es an der Art und Weise wie er es sagte.
 

»Und du?«, fragte Severus dann. Seine schwarzen Augen musterten sie dabei äußerst genau.

»Super Noten«, log sie sofort.
 

Eine Lüge, genau wie seine. Sie konnte noch nie gut lügen.
 

»Ich würde gerne wissen«, setzte er an. »-,ob du mir irgendwann verzeihen kannst, dass ich damals-« Er machte eine Pause und versuchte dabei die richtigen Worte zu finden. »-einen Fehler gemacht habe.«
 

»Nein!«
 

Lily überraschte es, wie kalt ihre Stimme dabei klang. Sie wollte ihm nicht weh tun, doch er sollte sich auch keine Hoffnungen über etwas machen, was nie mehr so sein würde wie früher.
 

»Bitte!«

Seine Stimme war flüsternd, so leise, dass sie es beinahe nicht verstanden hätte.

»Ich habe einen Fehler gemacht und ich bereue es noch heute zutiefst. Ich habe dir hunderte Male gesagt, dass es mir Leid tut. Ich wollte nur nicht, dass du mir hilfst. Ich musste mit Potter alleine fertig werden.«

»Du bist aber nicht mit ihm alleine fertig geworden! Ich war deine Freundin und Vertrauensschülerin. Ich wollte bloß helfen«, sagte sie leise.
 

»Verzeih mir bitte. Es wird nicht noch einmal passieren, dass schwöre ich!«
 

Reue und Verzweiflung standen ihm ins Gesicht geschrieben. Seine Augen, mit Trauer überschüttet und um Vergebung bittend, waren ihren so nah.
 

Wer hätte einem Sünder, der aufrichtig um Vergebung bat und um Einlass ins Himmelreich bettelte, keine Vergebung gewehrt? Nicht einmal Gott hätte diesen armen Jungen zurückgewiesen, der all das aus scheinbar tiefsten Herzen bereute.

Doch sie konnte es einfach nicht. Vielleicht war es ihr verletzter Stolz, der ihr im Weg stand.
 

»Es war nicht das erste Mal, dass das passiert ist Sev' und wir beide wissen, dass es wieder passieren wird«, sagte sie ihm schließlich und all die Hoffnung schien aus seinen Augen zu schwinden.

»Oder hast du vor, Mulciber und den anderen zu erzählen, dass es dir egal ist, was für einen Blutsstatus ich habe und wirst du mich in Zukunft vor allen Anfeindungen der Slytherins in der Öffentlichkeit verteidigen?«
 

Severus antwortete nicht und für Lily war das Antwort genug.
 

»Du hast dich verändert Sev'«, flüsterte sie in die Dunkelheit. »Und das weißt du auch. Früher warst du mal ein netter Junge.«
 

»Wir waren Kinder damals am Fluss. Früher hatte ich noch keine Ahnung von der Realität, wie schwer es sein würde in ihr zu bestehen.«
 

Seine Stimme klang wütend, mutlos, verzweifelt...

Er meinte es nicht so, dennoch redete er sich um Kopf und Kragen.
 

»Du hast deinen Weg gewählt und ich den meinen. Ab heute trennen sich wohl unsere Wege endgültig«, sagte Lily.
 

Severus fasste sich an die Stirn und wandte den Kopf ab. Er lehnte sich an das Geländer und versuchte dadurch den nötigen Halt zu gewinnen, den er in diesem Moment brauchte. Doch ihm fiel nichts mehr ein. Keine Worte, die sie hätten umstimmen können. Dies wurde ihm soeben schmerzlichst bewusst.
 

»Alles Gute zu deinem Geburtstag und vor allem zur Volljährigkeit Sev'. Ich hoffe, dass für dich jetzt ein besseres Leben anfängt und du endlich entscheiden kannst, wie du es führen möchtest und nicht aufgrund von Erwartungen anderer lebst.«
 

Ihre Stimme klang ernst, aber aufrichtig. Lily versuchte die Trauer, die sie in diesem Moment fühlte zu verbergen, denn wenn er es bemerkte, würde in ihm doch nur wieder eine alte Hoffnung aufkeimen, die längst verloren war.
 

Severus antwortete nicht und Lily wandte sich von ihm ab. Sie stieg die Treppen hinunter und das leise aufschluchzen von ihrem ehemals besten Freund drang nicht mehr an ihre Ohren.
 

Lily hatte nun alle Versprechen und Verpflichtungen ihm gegenüber erfüllt und hoffte ihn nun endgültig loslassen zu können. Es war besser für sie beide, wenn sich ihre Wege jetzt trennen würden. Doch insgeheim fragte sie sich, ob es die richtige Entscheidung war.
 

Verzweifelt griff Severus sich ins Haar und zog so energisch daran, dass seine Kopfhaut brannte. Er stützte sich am schwarzen Geländer der Plattform ab. Die Hand, in der sich das Stück Pergament mit seinem Zukunftswunsch befand war zu einer Faust geballt und das Pergament vermutlich bereits vollkommen zerknüllt.

Es dauerte einen Moment bevor er sich wieder fassen konnte.

Er öffnete seine Handfläche und sah zu wie das Pergament vom Wind davon getragen wurde.
 

„Irgendwann werde ich ihr sagen, dass ich in sie verliebt bin.“
 


 


 

***
 


 

Die Winde waren standhaft geblieben. Es schneite die ganze Nacht durch, sodass sich eine immer dicker werdende Schicht aus Schnee und Eis wie eine Decke über das Schloss und die Ländereien legte.
 

Als am nächsten Tag die restlichen Hogwartsschüler, welche über die Ferien nach Hause gefahren waren, wieder in das Schloss zurückkehrten, herrschte innerhalb weniger Tage wieder ein heiteres Treiben in Hogwarts. Der Unterricht hatte wieder angefangen und auch das Quidditchtraining ging wieder los, denn in wenigen Wochen würde bereits das nächste Spiel stattfinden.
 

Lily hatte Rosalie und Mary nicht erzählt, dass Nicky für einen Tag nach Hogwarts zurückgekehrt war, ebenso wenig hatte sie ihnen von dem Treffen mit Severus und dem Grund erzählt, warum sie in Hogwarts geblieben war und die Begegnung mit dem Hirsch, hatte sie auch ausgelassen.

Lily kam sich vor wie eine Heuchlerin. Sie seufzte über die Tatsache, dass sie vor wenigen Tagen noch sauer auf Nicky gewesen war, weil sie scheinbar so viele Geheimnisse hatte, die sie nicht preisgab. Und jetzt war sie selber zu so einem Menschen mit Geheimnissen geworden, die sie niemanden erzählen wollte.
 

»Tante Sullivan war am zweiten Weihnachtsfeiertag so betrunken gewesen von diesem Punsch, dass sie vor den Tresen gelaufen und mit dem Ellenbogen in der Erdbeertorte gelandet ist«, kicherte Mary, als sie gerade ihrem frisch geformten Schneemann den Kopf aufgesetzt hatte.
 

»Ich finde er sieht schon super aus«, kommentierte Rosalie, während Lily dem Schneemann zwei kleine Steine vom See in seinen Kopf drückte, welche ihm als Augen dienen sollten.
 

Mary betrachtete ihr Werk mit stolz, doch Rosalie zog bereits ihren Zauberstab aus ihrer Jackentasche.
 

»Es fehlt nur noch eine Kleinigkeit.«
 

Sie schwang ihren Zauberstab und ein schwarzer Zylinder erschien aus dem Nichts und vollendete ihr Kunstwerk.

Er sah wirklich gut aus, für den ersten Schneemann, den die drei jemals zusammen gebaut hatten. Lily war froh gewesen, dass es in den letzten Tagen so viel geschneit hatte und vor allem das der Schnee auch liegen geblieben war.
 

»Ob muggelgeboren oder Reinblüter, anscheinend haben alle Kinder in ihrer Kindheit im Winter einen Schneemann gebaut und im Schnee gespielt«, sagte Lily und Rosalie verdrehte die Augen.

Diese Tatsache ließ in Lily die Hoffnung aufkeimen, dass irgendwann in ferner Zukunft dieser Hass zwischen Muggeln und Zauberern vergehen würde.
 

»Musst du immer so melancholisch sein Lily?«, seufzte Rosalie.
 

»AUS DEM WEEEG!«
 

Als Lily sich umwandte, erkannte sie nur wie etwas großes auf sie zu raste. Ihr Glück war es, dass Rosalie so geistesgegenwärtig war sie rechtzeitig beiseite zu zerren, als der braune Holzschlitten an ihnen vorbei sauste und mitten in ihren Schneemann landete.

Die Mädchen wandten gleichzeitig ihre Köpfe um und konnten gerade doch dabei zusehen, wie der Schlitten durch den Aufprall mit dem Schneemann ins schleudern kam und sich ein paar Mal um sich selbst drehte bevor er zum stehen kam, indem er zur Seite kippte.
 

»Ich habe ihnen gesagt, sie sollen das lassen!«, keuchte Remus, welcher zu ihnen herüber geeilt war.
 

Peter lag mit ausgestreckten Armen auf dem Rücken, James war vom Schlitten gerollt und auf dem Bauch gelandet, während Sirius auf seinem Hinterteil gelandet war und den Kopf des Schneemanns um seinen eigenen trug.
 

Rosalie lachte, als Sirius verwirrt um sich blickte und richtete geistesgegenwärtig wie sonst auch ihren Zauberstab auf ihn, um den Schnee daran zu hindern wieder zu zerfallen.
 

»Was soll das? Warum ist es so dunkel?«, fragte Sirius noch halb benommen von den vielen Umdrehungen des Schlittens.
 

Sirius spürte die Kälte um sich herum und konnte den Schnee mit seinen Händen ertasten, doch er wollte einfach nicht von ihm abfallen.

James, welcher mittlerweile wieder zur Besinnung gekommen war von den vielen Umdrehungen, stimmte in das Lachen der Mädchen mit ein, als er Sirius neuen Kopf entdeckt hatte.
 

»Steht dir gut, Pad«, hörte Sirius James sagen, während er selbst weiter an seinem Kopf herum tastete.

Es dauerte eine Weile bis er es geschafft hatte sich von dem Schnee zu befreien.

Verstimmt warf er den Kopf des Schneemanns auf den Boden.
 

»Wer war das?«, fragte er und wollte dabei möglichst bedrohlich wirken.

»Ihr seit selber schuld, wenn ihr nicht aufpasst wo ihr lang fahrt«, erwiderte Remus halb lachend.

»Ich meine vielmehr, wer dafür gesorgt hat, dass ich dieses Ding nicht mehr von meinem Kopf bekommen habe?«, zischte er und funkelte jeden einzelnen seiner Freunde und die Mädchen der Reihe nach böse an.

Schließlich blieb sein Blick an Rosalie hängen, welche immer noch lachte und dabei ihren Zauberstab in der Hand hielt.
 

»Das gibt Rache Pond!«, zischte er und bückte sich auch sogleich, um eine Ladung Schnee vom Boden aufzuheben.
 

»Hey immerhin bist du in unseren Schneemann gefahren!«, erwiderte diese nur selbstgefällig und hob ihre Hände in Unschuld.

Doch Sirius hatte den Schnee bereits zu einer Kugel geformt. Er holte aus, doch Rosalies Quidditchreflexe kamen zum Vorschein, als sie sich im letzten Moment weg duckte und der Schneeball in Marys Gesicht landete.
 

»BLACK!«, fuhr sie ihn hysterisch an und stürzte sich sogleich auf den Boden, um ihm ebenfalls eine Ladung Schnee zu verpassen.

Doch als sie wieder aufblickte war Sirius schon längst losgelaufen. Mary stieß einen schrillen Kampfschrei aus und rannte ihm hinterher.

Sirius hatte sich mittlerweile mit ein paar weiteren Schneebällen bewaffnet, doch er zielte jedes Mal daneben. Der eine traf Peter an seinem Hintern und der andere Lilys Schulter.
 

»Schämst du dich nicht, für deine schlechte Wurftechnik?«, rief Rosalie ihm zu, während sie nebenher ein paar Schneebälle am Boden formte.

»Da muss ich Pond ausnahmsweise zustimmen«, lachte James und bekam direkt einen weiteren Schneeball entgegen geworfen, welchem er jedoch geschickt ausweichen konnte.
 

Es dauerte nicht lange bis alle sich mit genügend Schneebällen eingedeckt hatten und eine wilde Schneeballschlacht begann. Zunächst kämpfte jeder gegen jeden, doch schon bald hatten sich Teams gebildet.

Mary und Peter stürzten sich auf Sirius. Rosalie seifte Remus ein und James' nutzte einen unachtsamen Moment von Lily, um sie mit sich in den Schnee zu reißen. Diese kam auf dem Rücken im Schnee auf und James setzte sich auf ihre Beine, damit sie ihn nicht mehr treten konnte. Er griff nach dem Schnee, um ihn herum und wollte ihn ihr ins Gesicht drücken, doch Lily fuchtelte wild mit den Armen herum und schaffte es sogar ihm eine Ladung Schnee ans Ohr zu drücken. James ließ seine Schneekugel fallen, griff nach ihren Handgelenken und drückte diese in den Schnee.
 

»Lass los!«, schrie sie hysterisch kichernd.

»Erst wenn du aufhörst nach mir zu schlagen«, erwiderte er nur und verlagerte sein Gewicht weiter auf ihr, sodass sie nun vollkommen Bewegungsunfähig war.
 

Er hatte sein bestes Maraudergrinsen aufgesetzt, als er feststellte, dass sie nun vollkommen festgenagelt war. Doch Lily wollte sich nicht geschlagen geben und versuchte mit allen Mitteln sich von ihm loszureißen.
 

»Geben Sie auf Miss Evans, ich bin sehr viel stärker«, sagte er so charmant wie man es eben sagen konnte in dieser Position.
 

Nach einer Weile gab Lily es scheinbar tatsächlich auf und rührte sich nicht mehr.

In diesem Moment der inneren Befriedigung, in dem James Grinsen am überheblichsten wirkte, bekam er eine riesige Ladung Schnee in den Rücken geworfen und landete schließlich halb auf ihr. Sein Kopf schlug kurzweilig neben ihrem im Schnee auf und er musste sich schütteln, um den Schnee aus seinem Gesicht loszuwerden. Dabei konnte er ihr Parfum riechen oder war es ihr Haarshampoo? Auf jeden Fall roch es nach Kirschen.
 

Mary war mittlerweile so in Rage gewesen, dass sie ihren Zauberstab benutzte um Schneebälle in der Größe von Quaffeln zu formen und diese Sirius per Levikorpus Zauber entgegen zu schleudern. Doch leider traf sie nicht immer sehr gut.

Lily lachte lauthals auf, als es James zum zweiten Mal voll erwischt hatte und sein schwarzes Haar vollkommen mit Schnee durchnässt war. Einige Schneeflocken klebten sogar noch an seinen dichten schwarzen Wimpern, die ihren mittlerweile so nah waren.
 

Er hätte eigentlich wütend sein müssen, dennoch stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen, als er das Mädchen mit den roten Haaren aus vollem Herzen Lachen sah.
 

Er hatte sie in den letzten Wochen viel zu oft beobachtet, stellte er fest.

Es war nicht so, als hätte er das noch nie getan. Doch diesmal war es nicht aus Neugierde geschehen, sondern aus Interesse. Er fand, dass sie viel zu selten lachte im Vergleich zu anderen Mädchen in ihrem Alter. Vor allem in den letzten Tagen und seit der Sache mit McDougal und Sirius' Bruder war sie immer sehr traurig gewesen.

Er ertappte sich dabei, dass es ihn erfreute, dass Lily in diesem Moment aus vollem Herzen lachte.

Ihre grünen Augen strahlten richtig und Tränenflüssigkeit sammelte sich in ihren Augenwinkeln. Er mochte ihre Augen, das hatte er damals am See schon festgestellt, als diese wie Smaragde im Mondlicht funkelten.

Und in der Vergangenheit hatte er bemerkt, wie die kleinen Sprenkel in ihren Augen aufblitzten wenn sie wütend war. Und das hatte er wahrlich schon oft erlebt.
 

Es waren viele kleine Momente in den vergangenen Jahren gewesen, die er an ihr bemerkt, aber nie in seinem Kopf abgespeichert hatte. James erinnerte sich an die unzähligen Male, bei denen sie sich für Snape oder einen anderen Slytherin eingesetzt hatte, auch wenn diese sie Hinterrücks für ihre Abstammung verachteten.

Sie war immer viel zu selbstlos gewesen, wenn es um Recht und Unrecht ging.
 

In der Vergangenheit hatte es ihn gestört, da sie ihm und Sirius bei ihren Streichen oft in die Quere gekommen war. Dennoch hatte er insgeheim ihre Ausdauer bewundert. Niemand sonst hatte es gewagt sich ihnen in den Weg zu stellen. Doch dieses Mädchen tat es immer wieder und das unterschied sie von all den anderen.
 

Lily hatte ihre Beine bewegt und eines von ihnen frei bekommen. Es war ein Moment der Unachtsamkeit, in der sie es beinahe geschafft hätte ihn zu treten, um von ihm los zu kommen.

Eigentlich wollte er sich dafür rächen, doch sein Körper reagierte vollkommen anders auf diese Geste. Er reagierte viel zu sehr auf sie.

Mit einem Ruck ging er von ihr herunter.

Es wäre äußerst peinlich gewesen, wenn sie es bemerkt hätte. Er wusste ja selbst nicht einmal wie das passieren konnte.
 

Lily wunderte sich darüber, wie plötzlich er es aufgegeben und ihr den Rücken zu gekehrt hatte. Doch sie hatte keine Gelegenheit mehr weiter darüber nachzudenken. Als er zu den anderen herüber gegangen war, traf sie bereits ein weiterer Schneeball am Hinterkopf.
 


 


 

***
 


 

Beim Abendessen trippelte James nervös mit den Fingern auf der Tischplatte herum. Er blickte sich suchend in der großen Halle um, doch er konnte die Person, die er eigentlich zu finden versuchte nicht ausfindig machen.
 

Sein Blick schweifte am Ravenclawtisch entlang, von dem gerade ein hübsches blondes Mädchen auf sie zu kam. Sie fuhr sich nervös durch die Haare und biss sich auf die Lippe, während sie immer wieder verstohlene Blicke zu seinem Banknachbarn herüberwarf. Sirius.
 

Dann blieb sein Blick an jemand anderem hängen. Chad Oldren hatte sich zu ihnen herumgedreht und James erkannte eine rote Schnittwunde, welche sich über seine rechte Wange zog. Hatte er sich diese in den Ferien zugezogen?

Lily Evans ging auf Chad Oldren zu und setzte sich neben ihn auf die Bank. Sie reichte ihm irgendwelche Unterlagen und Chad wandte sich wieder mit dem Rücken zu ihm um.
 

James schluckte als er sie sah und ließ seinen Blick weiter durch die große Halle wandern, bis er schließlich entdeckt hatte, wonach er suchte.
 

»Wartet nicht auf mich«, sagte er etwas abwesend und klopfte Sirius zum Abschied auf die Schulter, welcher sich gerade mit dem blondem Mädchen aus Ravenclaw für das nächste Hogsmeadewochenende verabredete.

Sirius hörte seinem Freund gar nicht richtig zu und bemerkte erst ein paar Minuten später, dass James verschwunden war.
 


 

***
 


 

Seine warmen Lippen fuhren an ihrem Hals entlang und sie seufzte auf als er ihre Wange streifte und ihr etwas ins Ohr flüsterte. Sie kicherte und er wusste, dass sie jetzt nicht mehr nein sagen würde. Emmeline zog an seinem bereits halb aufgeknöpften Hemd und schob es ihm über die Schultern, sodass sie seine nackte Brust entlang fahren konnte, während James drängend seine Lippen auf ihre legte und sich bereits an ihrem Rock zu schaffen machte. Er öffnete den Verschluss und der Rock fiel über ihre schlanken Beine auf den Boden. In einem Ruck packte er sie unter Oberschenkeln und setzte sie auf die Glasvitrine der Plaketten um die besten Sucher der letzten hundert Jahre.
 

James' Ungestümheit hatte Emmeline überrascht, als er sie direkt nach dem Abendessen abgefangen und sie in das Pokalzimmer geschleift hatte.

Sie spürte, dass es diesmal anders war, als sie miteinander schliefen. Sein Vorgehen schien gefühlsbetonter zu sein und sie spürte einfach wie sehr er sie wollte, wie sehr er das hier brauchte.
 

Doch als sie sich nach einer Weile von einander lösten, schien er etwas abwesend zu sein. Er hatte seine Hände an ihre Schultern gekrallt und seine Schläfe an ihre gelegt. Er starrte an ihr vorbei und schien in Gedanken versunken zu sein.
 

Emmeline fragte sich, wo er mit seinen Gedanken hin verschwunden war. Doch sie hoffte inständig, dass sie bei ihr waren.

Damals in der fünften Klasse schon, war sie in ihn verliebt gewesen. Es war einer der besten Tage überhaupt, als er sie gefragt hatte, ob sie zusammen nach Hogsmeade gehen würden.

Ein Date.

Sie war damals sehr nervös gewesen und hatte nicht viel gesagt. Sie hatte Angst, dass er das Interesse an ihr verlieren könnte und hatte versuchst möglich immer seiner Meinung zu sein. Doch das war nicht genug. Er hatte sich ziemlich schnell von ihr abgewandt.

Sie hatte ziemlich lange darüber nachgedacht wie sie ihn von sich überzeugen konnte, doch nichts schien sein Interesse auf sie zu ziehen.
 

Doch als sie in den Ferien trainiert hatte, war sie am Anfang ihres sechsten Schuljahres tatsächlich so gut gewesen, dass er sie in seine Mannschaft aufgenommen hatte.

Sie hoffte ihm dadurch näher zu kommen. Er fand sie witzig und mit Quidditch hatten sie ein Thema gefunden, was sie beide interessiert hatte.

Doch sie hatte ihn unterschätzt. Er gehörte zu der Sorte, die gerne viele Eisen im Feuer hatten. Er flirtete gern, doch wollte er nie eine feste Beziehung haben.
 

Also musste sie es tun. Es war ihre einzige Chance, ihr letzter Ausweg. Es hatte sie damals einfach so überkommen, als sie ihn in der Quidditchumkleidekabine geküsst hatte.

Sie wusste wohin das ganze führen würde und dennoch hatte sie es getan. Eine rein körperliche Beziehung mit ihm war immerhin besser als keine, trichterte sie sich ein. Dennoch kam sie sich nicht vor wie eine Schlampe. Er würde schon irgendwann nachgeben, redete sie sich ein. Doch er tat es nicht.
 

James atmete ruhig ein und aus. Er hatte seinen Kopf an Emmelines Schläfe gelehnt und die Augen geschlossen.
 

Es hatte ihn einfach überkommen, als er sie gesehen hatte und er wusste nicht einmal warum.

Er hatte unbedingt Sex gewollt und ihn sich verschafft. Und für einen Moment hatte er auch geglaubt, dass es genau das gewesen war, was er gebraucht hatte. Dennoch fühlte es sich nun nicht so an, wie er es sich erhofft hatte.

Es hatte ihm Spaß gemacht, wie jedes Mal ohne Frage. Doch irgendetwas war anders als sonst. Er war nicht richtig bei der Sache gewesen. Er war abgelenkt von ihr und das störte ihn.

Es fehlte etwas und dieses Mädchen, an dessen Schultern er sich gerade krallte, war nicht in der Lage diese Leere in ihm zu füllen.

Ein total verrückter Valentinstag

32 Akt: Ein total verrückter Valentinstag
 


 

"What a shame that the girl who once believed in fairytales and magic,

had to be struck by reality with demons in her mind

and the fear of never being loved."

- k.f.
 

Das dunkelgrüne Sofa gab ein ächzendes Geräusch von sich, als sie sich darauf bewegte. James Potter lag mit dem Rücken auf dem Sofa und Lily Evans hatte sich über ihn gebeugt.

Er hatte nicht rechtzeitig kommen sehen, dass sie über die Rücklehne geklettert war.

Ihr Gesicht war seinem viel zu Nahe. Ihre roten Haare berührten seine Wangen und eine einzelne ihrer Strähnen verfing sich sogar in seinen Wimpern.

Ihr Haarshampoo roch nach Kirschen, genau wie damals. Er glaubte sogar, dass er ihr Parfum riechen konnte aber vielleicht war es auch nur ihr eigener Geruch.
 

Er wusste, dass er ihr Einhalt gebieten sollte, denn sonst würde sie es wirklich tun. Jedoch war er sich nicht sicher, ob er überhaupt wollte, dass sie es nicht tat.

Und das verwirrte ihn vielmehr als die Tatsache, dass es eigentlich seine Pflicht als Gentleman, der er eigentlich gar nicht sein wollte, war, sie davon abzuhalten.
 

»Würden Sie bitte von mir herunter gehen Miss Evans?«, fragte er charmant.
 

Lächerlich. Nichtmal er selbst, hätte das als Aufforderung betrachtet.
 

Lily sah das wohl ganz genau so, denn sie machte keinerlei Anstalten sich von ihm runter zu bewegen. Stattdessen lächelte sie ihn an und strich ihm mit der rechten Hand die Haarsträhne aus seinen Wimpern, welche sich in eben diesen verfangen hatte.

Dabei berührte sie seine Wange und James spürte wie sein Herz einen Satz machte. Es war wie ein kleiner elektrischer Stoß und dann durchzuckte ihn erneut einer dieser Stromstöße, als er ihren warmen Atem an seinen Lippen fühlen konnte.
 


 

***
 

28 Stunden zuvor...
 

»Da bist du ja endlich Rosalie!«, fuhr Mary ihre Freundin an, als diese gerade den Schlafsaal der Sechstklässlerinnen betreten hatte. »Ich warte schon seit Ewigkeiten. Was hast du denn so lange in Hogsmeade getrieben?«
 

»Beruhige dich mal, okay? Es war ziemlich voll im Honigtopf. Du bist nicht die einzige, die auf die Idee gekommen ist, am Valentinstag Schokolade zu verschenken.«
 

Rosalie verdrehte die Augen, als Mary ihr hastig die Tüte aus der Hand riss und setzte sich auf ihr Himmelbett.
 

Lilys Kopf, welcher zuvor noch hinter ihrem Zeichenblock verschwunden gewesen war, lugte vorsichtig zu Mary herüber, welche mindestens sieben Schachteln mit Pralinen auf ihrem Bett ausbreitete.
 

»Findest du nicht, du übertreibst ein bisschen?«, fragte Lily mit einer hochgezogenen Augenbraue. »Für wen soll das denn alles sein?«
 

»Das erfährst du schon noch früh genug«, winkte Mary ab und machte sich daran, kleine bunte Karten, welche sie bis vor wenigen Minuten noch gebastelt hatte, an den Pralinenschachteln zu befestigen.
 

Es war wirklich jedes Jahr dasselbe mit ihr, dachte Lily. Sie machte ein riesiges Trara aus diesem selbsternannten Feiertag, der doch eigentlich wie jeder andere Tag war.

Wenn wenigstens Schulfrei gewesen wäre oder sie eine Verabredung mit einem Jungen gehabt hätte, hätte sie es ja noch verstanden. Jedoch war morgen ein ganz normaler Schultag und ein Montag noch dazu wohl bemerkt.
 

Lily tauschte noch einen verwirrten Blick mit Rosalie aus, bevor sie sich wieder ihrem Zeichenblock zu wandte. Sie selbst hatte jedenfalls nicht vor gehabt, irgendjemanden etwas zu schenken.
 


 


 

***
 


 

James Potter strich mit seiner Nase an ihrer Wange entlang und berührte mit seinen Lippen ihre Mundwinkel, woraufhin die Blondine leise zu kichern begann.

»Oh nein, diesmal wird das nicht in einer Knutscherei oder anderweitigem enden«, tadelte sie ihn.

»Warum nicht?«, fragte er mit einem Lachen in der Stimme.
 

Emmeline zögerte, während sie an einem Flusen an seiner Krawatte spielte.
 

»Hast du eigentlich eine Verabredung morgen für den Valentinstag?«, fragte sie ihn schließlich.

»Nein«, erwiderte er direkt und ihr Herz schien für ein oder zwei Schläge in einer doppelten Frequenz zu schlagen.

»Und ich werde mich auch nicht verabreden.«
 

Emmeline runzelte die Stirn. Sie hatte schon in der fünften Klasse versucht, James Potter zu einer Verabredung am Valentinstag zu überreden.

Doch er hatte abgelehnt und das Thema sogar regelrecht abgeblockt.

Damals hatte sie geglaubt, dass er mit einem anderen Mädchen ausgehen würde, doch das war nicht der Fall gewesen.

Er hatte sich nie verabredet an diesem Tag und sie fragte sich warum.
 

Selbst wenn er von diesem Tag nicht viel hielt, was man daran erkennen konnte, dass er niemals etwas verschenkte, so war er doch dafür bekannt nichts anbrennen zu lassen.

Er hätte es ja um des Mädchens willen tun können, die gerne mit ihm ausgegangen wäre. Doch kein Mädchen hatte es bisher geschafft mit ihm dem Valentinstag zu verbringen.
 

Emmeline griff James Hemdkragen und zog ihn so näher an sich heran, sodass ihre Lippen nur wenige Zentimeter auseinander waren und jeder den warmen Atem des anderen auf seiner Haut fühlen konnte.
 

»Und ich frage mich warum. Junge, der du den Valentinstag hasst«, flüsterte sie gegen seine Lippen.
 

Doch James antwortete ihr nicht und küsste sie stattdessen auf den Mund. Und nach einer Weile hatte sie ihre Frage, auf die sie unbedingt eine Antwort haben wollte, völlig vergessen.
 


 


 

***
 


 

Gähnend betrat Lily mit Rosalie und Mary, welche außerordentlich guter Laune war, die große Halle. Montags in der ersten Stunde bereits Unterricht zu haben, war wirklich eine Strafe, auch wenn es eine Doppelstunde Zaubertränke war. Vor allem wenn seine Mitbewohner die halbe Nacht an irgendwelchen Valentinstagskarten gebastelt haben.
 

Trotz der Frühe waren die meisten Schüler aller Häuser anwesend und es herrschte eine ungewöhnlich heitere Stimmung, wie es an einem Montag morgen sonst nie der Fall war.
 

Die Mädchen setzten sich auf die beinahe letzten freien Plätze am äußeren Rand des Gryffindortisches. Lily schüttete sich eine Tasse heißen Kakao ein, während Mary fröhlich vor sich hin summte. Wieder wechselte sie einen irritierten Blick mit Rosalie.
 

»Ich freue mich schon auf die Post heute Mittag!«, sagte Mary aufgeregt und grinste dabei wie ein Honigkuchenpferd.
 

Dieses Grinsen hatte sie wenig später im Unterricht immer noch aufgesetzt, als sie summend die Zutaten für ihren Aufpäppeltrank zerschnibbelte.
 

»Das machen sie heute außerordentlich gut«, lobte Slughorn sie und Mary kicherte sofort los.

»Außerdem sehen Sie heute ausgesprochen glücklich aus Miss McDonald«, bemerkte Slughorn weiter.

»Es ist ja auch ein wunderschöner Tag«, erwiderte Mary und Slughorns Blick wandte sich zum einzigen Fenster in den Kerkern, durch das er allerdings nur eine dichte Wolkendecke erkennen konnte und stirnrunzelnd seinen Rundgang fortsetzte.
 

Lily verdrehte die Augen. Der Valentinstag war wirklich ein ätzender Tag.
 


 

***
 


 

Beim Mittagessen war der Auflauf von Menschen und der Heiterkeitspegel in der großen Halle sogar noch auffälliger und nervtötender als am Morgen. Die meisten Mädchen hatten die Köpfe zusammengesteckt und kicherten jedes Mal vor sich hin, wenn ein Junge an ihnen vorbei ging.

Lily fasste sich an die Stirn und fragte sich, warum sich plötzlich alle wieder so benahmen als würden sie noch in den Kindergarten gehen.
 

Als wenig später das Heulen der stolzen Tiere zu hören war, wusste Lily, dass es nun zum schlimmsten Teil dieses Tages kommen würde.

Die Eulen strömten durch die Fenster in die große Halle und verteilten wie jeden Tag die Post. Doch diesmal waren es viel mehr Eulen als im gesamten restlichen Jahr und diese trugen viel mehr Dinge mit sich, als einfache Briefe. Lily erkannte Schokoladentafeln, herzförmige Kartons, Blumen und andere kleine Geschenke. Es war beinahe so wie Weihnachten, als plötzlich die riesigen Flügeltüren zur großen Halle mit einem Ruck aufschwangen und eine dichte Masse an skurrilen Wesen in die Halle strömte
 

Sowohl Schüler, als auch Lehrer hatten ihren Blick zur Eingangstür gewandt und sahen mit erstaunen und Verwunderung dabei zu, wie bestimmt hundert Kleinkindgroße Wesen, in Windeln gekleidet mit weißen Flügeln, welche aus ihren Rücken ragten und mit Pfeil und Bogen bewaffnet in die Halle strömten und sich in das Wirrwarr der Eulen mischte.

Lily duckte sich auf Rosalies Schoss, als eines von ihnen beinahe ihren Kopf getroffen hatte.
 

»Sind das Hauselfen?«, fragte Rosalie verwundert und riss ebenfalls ihren Kopf nach unten.
 

Lily, welche mittlerweile halb unter dem Tisch saß, stützte sich an der Bank ab, auf welcher sie eben noch gesessen hatte und schaute an die Decke.

Rosalie hatte Recht. Es waren unzählige Hauselfen mit weißen Flügeln, in Windeln gekleidet, welche mit ihren Pfeilen, an dessen Ende sich ein Herz statt einer Pfeilspitze befand auf diverse Schüler zielten, welche sich noch nicht unter den Tischen und Bänken in Sicherheit gebracht hatten. Es erinnerte Lily an Amor, den römischen Gott der Liebe. Doch hatte sie sich unter ihm immer einen Knaben mit goldenen Locken und keine Hauselfen mit riesigen Ohren vorgestellt.
 

Es schien als wüssten die Hauselfen mit ihren neu gewonnen Flügeln nicht umzugehen, denn sie flogen wirr durcheinander und verwirrten sogar die Eulen, welche so nicht immer dem Empfänger ihrer Post ausfindig machen konnten und durch die Fenster wieder verschwanden.
 

Die Hauselfen jedoch zielten mit ihren Pfeilen auf die Schüler und einige von ihnen hatten sogar Hagrid und Professor Sinclair getroffen, deren Hautfarbe nach der Berührung sofort rosa wurde.
 

»Arresto Momentum!«
 

Dumbledores Stimme erschallte in der großen Halle und dann wurde alles still. Die Hauselfen schwebten an Ort und Stelle in der Luft und einen Moment darauf krochen die Schüler vorsichtig wieder unter den Tischen hervor.

Dumbledore murmelte ein paar Zauber und die Hauselfen flogen auf dem gleichen Weg wieder aus der großen Halle hinaus, wie sie auch her gekommen waren.

Er schien Professor Flitwick und Madam Pomfrey ein paar Worte zu sagen, welche sich darauf auch sogleich auf den Weg machten und die große Halle verließen.
 

»Fahren Sie ruhig mit dem Essen fort«, sagte Dumbledore schmunzelnd und setzte sich wieder auf seinen Platz, als wäre nichts gewesen.
 

Lily erkannte wie sich McGonagalls Nasenflügel aufgebläht hatten und sie wütend zum Gryffindortisch herüber starrte, an welchen wenige Plätze von Lily entfernt, James Potter gerade Sirius Black ein HighFive gab, während die beiden immer noch lachten.
 

Lily kroch wie all die anderen wieder unter dem Tisch hervor und setzte sich auf die Bank.
 

»Ich wusste, dass dieser Tag nicht gut enden würde«, murmelte sie, als sie Rosalies rosa Hautfarbe bemerkte. Einer der Amor Hauselfen musste sie getroffen haben.
 

»Na toll«, seufzte Rosalie und begutachtete ihre Hände.

Verstohlen warf sie den Rumtreibern einen Blick zu.

»Und wie kriege ich die Farbe bitteschön wieder ab?«, rief sie Sirius und James zu.
 

Doch beide zuckten nur mit den Schultern, als hätten sie überhaupt keine Ahnung wovon sie überhaupt sprach.
 

»Diese beiden!«, fluchte sie, während Lily ihr den Arm tätschelte.

»Madam Pomfrey wird sicher ein Gegenmittel für dich haben«, redete Lily ihr gut zu, als sie die herzchenförmige Pralinenschachtel vor ihrem Teller bemerkte.
 

»Die muss eine der Eulen wohl ausversehen hier abgeworfen haben«, murmelte sie, doch Rosalie hielt ihr eine identische Schachtel unter die Nase, an der eines der selbst gebastelten Kärtchen von Mary hing.
 

Beide blickten zeitgleich ihre Freundin an, welche ihnen nur eben jenes Grinsen schenkte, welches sie schon den ganzen Tag über aufgesetzt hatte.
 

»Schönen Valentinstag Freundinnen«, kicherte sie und freute sich über die rote Rose, welche auf ihrem Teller abgeworfen wurde. Sowohl Rosalie als auch Lily fragten sich, von wem sie diese bekommen hatte, doch Mary zuckte nur mit den Schultern und sagte, dass kein Absender dabei stehen würde.
 

Nach dem Artihmantikunterricht wartete Lily auf Rosalie, welche gerade aus dem Krankenflügel kam, jedoch immer noch die rosa Hautfarbe trug.
 

»Was ist los?«, fragte Lily verwundert.

»Madam Pomfrey sagt, da könne sie bisher nichts machen. Sie könne sich jedoch gut vorstellen, dass die Farbe irgendwann von selbst verschwindet«, erwiderte sie wütend und griff nach Lilys Handgelenk.
 

Rosalie stapfte durch das halbe Schloss und zog Lily an ihrem Arm hinter sich her, doch es dauerte eine ganze Weile bis sie die Rumtreiber endlich gefunden hatte.
 

»Ihr!«, schrie sie beinahe durch den halben Flur.

»Ihr werdet jetzt sofort etwas tun, damit ich meine normale Hautfarbe zurück bekomme«, zischte Rosalie.

»Weißt du wovon sie spricht?«, fragte Sirius seinen besten Freund, doch dieser zuckte nur mit den Schultern und wandte sich nicht einmal zu ihr um.
 

»Versucht es erst gar nicht! Es ist offensichtlich, dass diese Aktion auf euren Mist gewachsen ist!«, fluchte sie.

»Wo sind die Beweise Pond?«, fragte Sirius süffisant.
 

Rosalie starrte die beiden böse an und beschloss, dass es am sinnvollsten war zunächst das schwächste Glied in die Mangel zu nehmen. Sie stemmte ihre Arme an die Hüfte und starrte Peter böse an, welcher sich sogleich einen Schritt hinter Sirius stellte, immerhin war Rosalie einen halben Kopf größer als er.
 

»Es gibt kein Gegenmittel, fürchte ich«, piepste der kleine Marauder. »Aber es geht nach ein paar Stunden von alleine weg«, versuchte Peter sie zu beruhigen.

»Das ist nicht euer ernst?«, seufzte Rosalie lauthals.

»Ich fürchte schon«

»Verräter!«, zischte Sirius ihm zu und verdrehte die Augen.
 

Als ob Pond ihm wirklich etwas getan hätte. Und selbst wenn, wären die drei doch immerhin noch da gewesen, um ihm zu helfen.
 

»Remus?«, fragte Lily und hatte ihren unschuldigsten Blick aufgesetzt.

»Er sagt die Wahrheit«, gab Remus schließlich zu.

»Da kann man wohl nichts machen«, sagte Lily und Rosalie sah die vier entnervt an.
 

James jedoch war damit beschäftigt eine Ladung Pralinen zu untersuchen und einen Karton nach den anderen in die Mülltonne zu werfen.
 

»Was tust du da?«, fragte sie verwirrt.

»Ich entsorge das ganze Zeug, dass ich heute bekommen habe«, erwiderte James, als wäre es die normalste Sache der Welt.

»Ist das nicht ein bisschen gemein? Willst du nicht wenigstens etwas davon probieren?«

»Nein«, lachte James. »Ich bin doch nicht lebensmüde. Vermutlich ist in der Hälfte davon ein Liebestrank enthalten.«

»Ganz schön eingebildet von dir so etwas zu glauben«, erwiderte Rosalie mit hochgezogener Braue.

»Glaub mir Pond, denselben Fehler wirst du nicht ein zweites Mal machen wollen«, erwiderte James nur und zwinkerte ihr zu, während er den letzten herzförmigen Karton in die Mülltonne warf.
 

Lily erkannte eine kleine Karte an dem Karton, um welche ein lila Band gebunden war. Es sah genauso aus, wie die selbstgebastelten Karten von Mary. Ebenso wie die herzförmige Schachtel wie ihre eigene aussah. Einer der sieben Pralinenkartons, die Rosalie für Mary im Honigtopf gekauft hatte. Doch warum schickte sie ausgerechnet James Potter so etwas?
 

»Lily, gehen wir dann eben zum Vertrauensschülertreffen?«, durchbrach Remus ihre Gedanken. »Ich glaube Chad wollte es heute kurz halten wegen den Vorkommnissen heute Morgen.«

»Klar«, erwiderte Lily und verabschiedete sich von Rosalie, welche immer noch versuchte aus Peter herauszubekommen, ob es nicht doch ein sofortiges Gegenmittel gab.
 

»Ich fürchte Peter wird ihr da nicht helfen können«, gluckste Remus, als die beiden den Gang zu den Treppen entlang gingen.

»Rosalie kann sehr penetrant sein, wenn sie etwas von jemanden möchte«, murmelte Lily. »Ebenso wie Mary, du glaubst nicht wie viel Schokolade sie heute verschenkt hat«
 

»Hast du denn etwas zum Valentinstag bekommen?«, fragte Remus.

»Pralinen von Mary«, erwiderte Lily und griff in ihre Tasche. »Aber das ist auch gut so. Ich finde diesen Tag mehr als überflüssig!«

»Sehe ich genauso«, schmunzelte Remus.

»Hast du etwa nichts verschenkt?«, fragte Lily gespielt schockiert und Remus schüttelte den Kopf.

»Hast du denn etwas bekommen von jemanden?«

Wieder schüttelte Remus den Kopf.
 

Lily presste die Lippen zusammen. Es war eine Sache, wenn sie nichts zum Valentinstag bekam. Immerhin mochte sie diesen Tag noch nicht einmal. Doch scheinbar vergötterten alle anderen Mädchen im Schloss diesen Tag und Remus war ein sehr netter, wenn auch sehr zurückhaltender Mensch. Er hätte es verdient gehabt, etwas zu bekommen.
 

Lily holte ihre herzförmige Pralinenschachtel hervor und öffnete den Deckel. Die Pralinen darin sahen wirklich unglaublich lecker aus. Einige von ihnen hatten sogar eine rote Zuckerschrift und bildeten den Schriftzug „Be my valentine!“
 

Lily griff nach einer Praline und reichte dann Remus die Schachtel.
 

»Auf einen hoffentlich erfolgreichen Nicht-Valentinstag!«, sagte Lily und lächelte, als Remus wählerisch überlegte, welche Praline er nehmen sollte.
 

Lily hatte sich währenddessen ihr Stück in den Mund geschoben und stellte fest, dass ihre Praline eine Vanillecreamefüllung hatte. Die mochte sie am liebsten. Außerdem schmeckte das ganze etwas grünem Gras und-
 

»Ich muss sofort zu ihm«, rief Lily plötzlich und fuchtelte wild mit dem Armen umher, sodass einige Pralinen aus der Verpackung durch die Gegend flogen.
 

Remus drückte den restlichen Karton an sich, welchen sie losgelassen hatte und blinzelte ein paar Mal verwirrt, als Lily begonnen hatte dämlich vor sich hin zu grinsen.
 

»Du musst wo hin?«, fragte er irritiert.

»Na zu ihm«, erwiderte Lily genervt, als wäre absolut klar, wen sie damit meinen würde.

»Und wer ist er?«, fragte Remus und bemerkte, wie Lily ihn langsam wütend an funkelte.

»Na James Potter natürlich, wer sonst?«, kicherte sie und begann fröhlich vor sich hin zu summen.
 

Remus Augenbrauen schossen nach oben.
 

»Wir sehen uns dann, ich muss jetzt zu ihm«, säuselte Lily, während sie sich eine weitere Praline in den Mund schob und fröhlich den Gang zurück hüpfte, aus dem die beiden gerade gekommen waren.
 

Remus versuchte die Informationen in seinen Kopf zu verarbeiten, doch die Zahnräder in seinem Denkapparat schienen eingerostet zu sein, da nach wie vor für ihn alles keinen Sinn ergab.

Dann bemerkte er, dass er immer noch den herzförmigen Karton in seiner Hand hielt, in dem noch einige Pralinen drin enthalten waren. Es dauerte einen Moment bis er einen Zusammenhang bilden konnte. Argwöhnisch griff er nach einer Praline und roch daran.
 

Und so schnell wie er konnte hechtete er auf den Boden, sammelte die heruntergefallenen Pralinen ein und stürzte Lily hinterher in den nächsten Gang.
 


 

***
 


 

»Ich warne dich Pettigrew, wenn ich herausfinde, dass du mich angelogen hast, kannst du was erleben«, drohte Rosalie gerade dem kleinen Marauder, welcher bereits mit dem Rücken zur Wand stand und nicht mehr wusste, wie er ihr entkommen sollte.
 

Sirius Black hatte die Arme vor seiner Brust verschränkt und warf James einen genervten Blick zu.
 

»Da bist du ja!«, hörte er plötzlich eine Stimme rufen und bevor er wusste wie ihm geschah, hatten sie zwei Arme um seinen Nacken geschlungen.
 

»Nicht so stürmisch Miss Evans«, sagte er charmant, als er Lily an ihrem roten Haar erkannt hatte. Doch diese wollte ihn gar nicht mehr loslassen.
 

»Was ist denn mit dir los?«, fragte Rosalie verwirrt, welche gerade ihren Zeigefinger in Peters Schulter gebohrt hatte.
 

Doch Lily kicherte nur hysterisch und drückte sich fester an seinen Körper. James legte automatisch seine Hände an ihre Hüfte, schien jedoch genauso verwirrt zu sein wie Rosalie.
 

Lily löste sich etwas aus ihrer festen Umarmung, um James besser ansehen zu können. Sie legte eine Hand an seine Wange und sah ihn völlig abwesend in die Augen.
 

»So ein schöner Mann«, murmelte sie abwesend und James gluckste hart.
 

»Verdammt, ich habe es geahnt!«, keuchte Remus, welcher gerade um die Ecke gebogen war und immer noch die Pralinenschachtel an seinen Körper gedrückt hatte.

»Die sind mit einem sehr starkem Liebestrank gefüllt«, erklärte Remus.
 

»Wie kannst du nur!«, fuhr Rosalie James an. »Lass sie sofort los«, schrie sie weiter und zerrte an Lilys Arm, doch diese wollte James einfach nicht loslassen.

»Das du es so nötig hast Prongs«, lachte Sirius, doch dieser sah ihn nur böse an.
 

»Ich habe niemanden einen Liebestrank untergeschoben!«, beschwerte sich James und versuchte Lily von sich weg zu drücken.

»Ach hör auf!«, erwiderte Rosalie.

»Ich habe so etwas ganz und gar nicht nötig!«, zischte James ihr zu.
 

»Lily sagte, sie hätte die Pralinen von Mary bekommen«, mischte sich Remus ein und Rosalies Augenbrauen schossen in die Höhe.

»So ein Unsinn! Warum sollte Mary Lily einen Liebestrank unterjubeln!«

»Sind das hier die Pralinen von Mary oder nicht?«, fragte Remus und hielt ihr die Schachtel entgegen.
 

Rosalie griff in ihre Schultasche und holte ihren eigenen Karton hervor, welchen sie heute morgen bekommen hatte.
 

»Sieht genauso aus!«, murmelte Rosalie und öffnete ihre Schachtel, in der eine Reihe dunkelbrauner Schokoherzen lagen.

»Bei dir fehlt die „Be my Valentine“ Zuckerschrift«, stellte Remus fest.
 

»Warum sollte Mary ihr so etwas darauf schreiben?«, fragte Rosalie ihn mit hochgezogener Augenbraue.
 

»Am besten du fragst sie das selbst«, erwiderte James, welchem langsam unbehaglich wurde, als Lily ihm erneut über seine Wange strich.
 

»Ich hab gesagt, du sollst sie nicht anfassen«, fuhr sie James an.

»Wie wäre es, wenn du ihr das sagst!«, schlug James mit einem sarkastischen Unterton vor und drückte Lily noch ein Stück von sich weg.
 

»Wie auch immer das passiert ist, so kommen wir nicht weiter«, versuchte Remus die anderen zu beruhigen.
 

»Wir werden wie folgt vorgehen«, ordnete Remus an. »Sirius, Peter ihr geht in die Bibliothek und sucht nach dem Gegentrank. Rosalie, du suchst Mary, vielleicht kann sie uns etwas dazu sagen. James, am besten du bringst Lily irgendwohin, wo ihr keinem der Lehrer über den Weg lauft.«
 

»Und wohin bitte schön?«, seufzte James.

»Ins Quidditchstadion?«, schlug Rosalie vor.

»Hufflepuff trainiert dort heute.«

»Einen leeren Klassenraum, das Pokalzimmer?«, schlug Remus vor.

»Bitte nicht!«, stöhnte James, als er daran dachte, dass eben jener Raum einer der Treffpunkte von ihm und Emmeline war. »Ich meine, heute ist Valentinstag, ihr wisst schon, das wird alles, nun ja besetzt sein.«
 

Rosalie funkelte ihn böse an. James verdrehte die Augen. Was konnte er bitte dafür, dass sich am Valentinstag immer viel mehr Leute dateten als den Rest des Jahres.
 

»Wie wäre es mit einer Besenkammer«, schlug Sirius grinsend vor, woraufhin Rosalie ihn gegen seinen Arm schlug.

»Was ist mit dem Raum der Wünsche?«, schlug Peter vor.
 

Rosalie sah ihn fragend an und Sirius warf Peter einen bösen Blick zu.

»Was für ein Raum?«
 

»Gute Idee«, unterbrach Remus sie. »James ihr geht dort hin. Wir treffen uns dann später wieder. Ich muss jetzt erst mal zu diesem Vertrauensschülertreffen.«
 


 

***
 


 

Den Raum der Wünsche, welcher auch unter dem Namen da-und-fort-Raum bekannt war, kannten nur die wenigsten Schüler in Hogwarts. Und noch weniger wussten wie man ihn finden konnte.
 

Es war eines der vielen Geheimnisse der Rumtreiber und eine viel zu lange Geschichte, wie diese ihn damals in der fünften Klasse zufällig gefunden hatten.
 

Der Raum passte sich immer den individuellen Bedürfnissen des Suchenden an, so war er für James an diesem Tag ein einziges Zimmer, ähnlich dem Gryffindor Gemeinschaftsraum mit roten Tapeten an den Wänden, zwei gemütlichen grünen Sofas und einem großen Ohrensessel, welche um einen Kamin gestellt waren, in dem bereits ein Feuer vor sich hin prasselte.
 

James hatte sich in den grünen Ohrensessel gesetzt und gehofft, dass Lily sich auf eines der Sofas setzen würde, doch diese hatte sich auf den Boden neben ihm gesetzt, sich an sein Bein gelehnt und damit begonnen, verträumt in der Gegend herum zu starren.
 

Wenig später tauchten Sirius und Peter zusammen mit Remus, Rosalie und Mary in dem Raum auf. Man merkte sofort, dass sich die Mädchen verwundert im Zimmer umsahen, da sie bisweilen noch nichts von diesem Raum gehört hatten.
 

»Und?«, fragte James sofort und sprang aus seinem Sessel auf.

»Ich habe damit nichts zu tun!«, verteidigte sich Mary, woraufhin ihr James sogleich den Karton mit den Pralinen unter die Nase hielt.
 

»Der ist nicht von mir«, empörte sich Mary. »Der Karton sieht zwar so aus, aber ich habe keine „Be my Valentine“ Zuckerschrift verwendet.«
 

»Möglicherweise wurden die Kartons in dem Chaos heute morgen verwechselt«, überlegte Remus.

»Das sehe ich auch so«, stimmte Mary ihm zu und hatte die Arme vor der Brust verschränkt.

»Und wer sollte bitte einen Karton mit Pralinen verschenken, in dem sich ein Liebestrank für James befindet, außer er selbst?«, zischte Rosalie.

»Woher soll ich das wissen?«, empörte sich James erneut.
 

»Habt ihr in der Bibliothek ein Buch über das Brauen von Liebestränken und eventuelle Gegenmittel gefunden?«, unterbrach Remus den aufkommenden Streit.

»Alle Bücher waren komplett ausgeliehen und Madam Pince wollte uns nicht sagen an wen. Bibliotheksgeheimnis und so«, seufzte Sirius.
 

»Und was machen wir jetzt?«, fragte Mary.

»Die verbotene Abteilung«, schlug James vor. »Da gibt es bestimmt irgendetwas. Immerhin dürfen wie Schüler da nicht rein und uns das ausleihen.«

»Was genau der Punkt ist«, sagte Mary stirnrunzelnd. »Wie sollen wir daran kommen, wenn wir da nicht rein dürfen?«

James verdrehte die Augen.

»Indem wir uns nachts da rein schleichen!«, erklärte er ungeduldig.

»Du mit deiner Klette an deinem Bein schon mal nicht«, erwiderte Sirius belustigt, als er Lily dabei beobachtete wie sie ihre Arme um sein Bein geschlungen hatte, damit er nicht weggehen konnte.
 

»Wieso gehen wir nicht einfach zu Slughorn?«, schlug Rosalie vor. »Er wird wissen, was zu tun ist.«

»Als ob James irgendjemand glauben würde, dass er ihr den Liebestrank nicht selber untergejubelt hätte«, schnaubte Sirius.

»Was ihm vermutlich zurecht geschehen würde«, murmelte Rosalie, was ihr einen bösen Blick von James einbrachte.
 

»Warum erzählt ihr alle so einen Unsinn?«, mischte Lily sich ein. »Es ist einfach Liebe«, sagte sie verträumt und starrte James abermals mit diesem Blick von Besessenheit an, der ihm einen kalten Schauer über den Rücken jagte.
 

»Ookaay, wir sollten uns definitiv beeilen mit dem Gegenmittel«, erwiderte Mary mit hochgezogenen Augenbrauen und warf James einen mitleidigen Blick zu.
 

»Die Bibliothek schließt um 22Uhr. Dann können wir in die verbotene Abteilung.«

»Und wie willst du das nach Ausgangssperre ungesehen bewerkstelligen?«, fragte Rosalie interessiert.

»Lasst das mal meine Sorge sein, Ladies«, grinste Sirius nur charmant.
 

Rosalie zweifelte nicht daran, dass er es schaffen würde. Es waren die Rumtreiber und diese hatten es erst heute morgen geschafft, sämtliche Hauselfen dazu zu überreden in einem schlechten Kostüm in der großen Halle Amor zu spielen.
 

»Ich fürchte ich muss jetzt auch gehen«, druckste Rosalie herum. »Ich muss gleich nach dem Abendessen zu Madam Pomfrey. Sie glaubt, dass sie nun eine Salbe entwickelt hat, die dafür sorgt, dass meine Hautfarbe schneller wieder normal wird.«
 

»Du hättest ohnehin nur für Aufsehen gesorgt«, erwiderte Sirius. »Ich werde das mit Peter erledigen, überhaupt kein Problem.«
 

»Ich habe heute eigentlich mit Lily Streife. Mary würdest du das mit mir übernehmen?«

»Klar«, erwiderte diese nur.
 

»Und was ist mit mir?«, empörte sich James, als seine Freunde gerade den Abend ohne ihn verplanten.
 

»Na, da du ohnehin mit ihr an deinem Bein nirgendwohin kannst, bleibst du hier und passt darauf auf, dass sie nichts-« Er machte eine kurze Pause und schien nach dem richtigen Wort zu suchen. » -blödes mit dir anstellt«, grinste Sirius.
 

Rosalie funkelte James noch einmal böse an und warf ihr ihren »Untersteh- dich« Blick zu, bevor alle den Raum verließen und die beiden allein zurück blieben.
 

»Endlich sind die alle weg Jamie«, kicherte Lily und klammerte sich fester an sein Bein. Dieser schlug sich mit der Hand vor die Stirn.

»Bitte nenn mich nicht so. Das tut sonst nur meine Mom«, bat er sie.
 

Und so war James gezwungen einige Stunden auszuharren und ausnahmsweise mal seinen Freunden die Führung zu überlassen.
 


 

***
 


 

»Ich hoffe für dich, dass die uns wirklich nicht erwischen«, zischte Rosalie Sirius zu.

Dieser verdrehte daraufhin nur die Augen und warf Peter einen vielsagenden Blick zu.

»Warum bist du überhaupt mitgekommen?«, stöhnte Sirius genervt. »Willst du nicht lieber aufpassen, dass Evans seine Finger von James lässt?«

»Es wäre besser für ihn und seine Gesundheit, wenn er selbst dafür sorgt, dass sie seine Finger von ihm lässt. Denn sonst wird sie ihn ganz sicher selbst umbringen.«

»Weiber!«, nuschelte Sirius vor sich her.
 

Rosalie, deren Hautfarbe in der Dunkelheit immer noch rosa schimmerte, warf Sirius einen bösen Blick zu. Es war mehr ein Zufall gewesen, dass sie Sirius und Peter über den Weg gelaufen war. Zudem trugen die beiden sonderbare Sachen mit sich herum und sie hatte sich gefragt, ob die beiden wirklich in der Bibliothek nach einem Gegenmittel suchen würden. Also war sie zu Sirius Ungunst mitgekommen und betrachtete immer noch mit neugierigem Interesse, das leere Pergament und den alten mit Flicken besetzten Umhang, den Peter in der Hand hielt.
 

»Was habt ihr damit vor? Ihn euch spontan umwerfen und darauf hoffen, dass euch niemand erkennt in dieser Geschmacksverirrung, wenn ein Lehrer vorbei kommt?«, fragte sie Peter mit hochgezogener Augenbraue. Dieser gluckste sofort nervös herum.
 

»Kannst du vielleicht mal die Klappe halten, Pond?«, fuhr Sirius sie an, als sie gerade an der Abbiegung zur Bibliothek ankamen.
 

Es war bereits kurz nach 22Uhr und Madam Pince war damit beschäftigt die letzten Schüler aus der Bibliothek zu werfen. Sirius verdrehte die Augen.

»Was ein Haufen Streber. Wer hockt denn um diese Zeit noch in der Bibliothek?«, nuschelte er leise vor sich her, fuhr jedoch sogleich herum, als ihm zwei Schüler entgegen kamen.

»Hinter den Vorhang«, zischte er leise und drängt Peter und Rosalie zum Fenster.
 

Sie verweilten ein paar Minuten hinter dem Vorhang bis es ganz ruhig wurde in dem Gang. Sirius konnte das rascheln von Schlüsseln hören, welche sich in dem alten Schloss der Bibliothekstür herum drehten und schließlich vernahm er auch das leise summen der Bibliothekarin, welche scheinbar einen anderen Weg eingeschlagen hatte, als jenen, welcher an ihnen vorbei führte.
 

Es war sicherer noch ein oder zwei Minuten zu warten, damit Madam Pince auch wirklich außer Sicht- und Hörweite war.

Sirius warf einen sehnsüchtigen Blick auf den Umhang und die stumme Karte in Peters Hand. Es wäre so einfach gewesen mittels dieser Gegenstände hierher zu kommen, aber Rosalie Pond hatte ja zwingend darauf bestanden mitzukommen.
 

Nach einer Weile zog Sirius den Vorhang beiseite und schwang sich vom Fenstersims wieder in den Gang. Leise gingen die drei zur Bibliothek herüber und Peter versicherte sich nach jedem Schritt, ob auch niemand zu sehen war.

Sirius rüttelte kurz an der Tür und zog dann seinen Zauberstab aus seiner Hosentasche.

»Aloho Mora«, flüsterte er und das Schloss rastete kurzerhand ein.
 

Die drei beeilten sich und betraten die dunkle Bibliothek. Sirius lehnte die Tür in die Angel und wartete einen Moment, um sich zu versichern, dass niemand den Schall des auf-knackenden Schlosses gehört hatte.
 

»Lumos«, flüsterte er schließlich und die Spitze seines Zauberstabes begann zu leuchten.
 

Die Bibliothek war für ihn schon ein unheimlicher Ort am Tage gewesen; immerhin kamen hier alle Streber immer zum lernen her. Doch in der Dunkelheit so ganz Verlassen, konnte er sich gut vorstellen, dass hier nachts die Geister von Schülern, die sich zu Tode gelernt hatten, umher schwebten. Sirius musste grinsen bei dieser Vorstellung.
 

»Was ist bitte so lustig«, zischte Rosalie ihm zu, doch Sirius antwortete ihr nicht.

Peter zuckte mit den Schultern.

»So sieht er immer aus, wenn er sich abstruse Szenarien vorstellt«, erwiderte er beiläufig, als wäre das die normalste Sache der Welt.
 

»Wir haben keine Zeit für so einen Unsinn«, empörte sie sich und wollte schon auf die verbotene Abteilung zugehen, als Sirius nach ihrem Arm griff.
 

»Pond du bleibst hier und hältst Wache«, versuchte Sirius sein Glück, doch diese sah ihn, wie so oft schon an diesem Tag nur böse von der Seite an.

»Stell dich nicht so an. Es hilft Evans nicht wenn wir erwischt werden«, versuchte Sirius sich eine Erklärung an den Haaren herbei zu ziehen.

»Und wie genau soll ich euch informieren, wenn ein Lehrer vorbei kommt?«

»Versuchs mit einem kleinen Funkenzauber oder so. Peter bleibt hier am Rand der verbotenen Abteilung stehen und wird die Warnung an mich weiter leiten.«
 

Sirius war froh darüber, dass Rosalie eingewilligt hatte und sich an die Bibliothekstür stellte, welche sie einen Spalt offen gelassen hatte.

Endlich lief heute mal etwas so, wie er es sich vorgestellt hatte. Er nickte Peter zu, welcher sogleich die Karte des Rumtreibers aktivierte.
 

»Peter, wenn du irgendjemanden kommen siehst, gibst du mir ein Zeichen, verstanden?«
 

Dieser nickte nur. Und Sirius begann die Regale eines nach dem anderen durchzugehen.

Es dauerte eine Weile bis er endlich ein passendes Buch gefunden hatte und es vorsichtig aus dem Regal zog.
 

»Amortentia«, nuschelte Sirius vor sich her und überflog das Inhaltsverzeichnis, um zum entsprechenden Kapitel vor zu blättern.

»Oh Oh!«
 

Rosalie sah gerade durch den Spalt an der Tür, als sie bemerkte dass Sirius sich mit einem dicken Wälzer näherte.
 

»Ich fürchte wir müssen heute Nacht noch etwas von Slughorns Vorräten klauen, um ein Gegenmittel herzustellen«, flüsterte er ihr zu, als er ihr das Buch reichte.
 

»Der Zaubertrank Amortentia gilt als der mächtigste aller Liebestränke. Dieser kann natürlich keine echte Liebe hervorrufen, sondern nur ein starkes Verlangen nach einer bestimmten Person. Ob die Attraktion zu kontrollieren ist, oder unabweisbar alle anderen Gefühle und Interessen verdrängt, hängt von der Qualität des Zaubertranks ab. Ein sehr mächtiger Liebestrank kann zu gefährlichen Sinnesverwirrungen führen.«
 


 

***
 


 

Der große schwarze Zeiger auf der Uhr über dem Kamin ging nur langsam voran. Es war gerade Mal 22Uhr durch, als James es sich auf dem grünen Sofa gemütlich gemacht hatte, während Lily glücklich darüber zu sein schien, dass sie sein Kissen hatte aufschütteln dürfen.

James seufzte über die Tatsache, dass er es fünf Jahre geschafft hatte, sich nicht am Valentinstag zu verabreden und er nun gezwungen war diesen Tag doch mit einem Mädchen zu verbringen.
 

Das dunkelgrüne Sofa gab ein ächzendes Geräusch von sich, als sie sich darauf bewegte. James Potter lag mit dem Rücken auf dem Sofa und Lily Evans hatte sich über ihn gebeugt. Er hatte nicht rechtzeitig kommen sehen, dass sie über die Rücklehne geklettert war.

Ihr Gesicht war seinem viel zu Nahe. Ihre roten Haare berührten seine Wangen und eine einzelne ihrer Strähnen verfing sich sogar in seinen Wimpern.

Ihr Haarshampoo roch nach Kirschen, genau wie damals. Er glaubte sogar, dass er ihr Parfum riechen konnte aber vielleicht war es auch nur ihr eigener Geruch.
 

Er wusste, dass er ihr Einhalt gebieten sollte, denn sonst würde sie es wirklich tun. Jedoch war er sich nicht sicher, ob er überhaupt wollte, dass sie es nicht tat.

Und das verwirrte ihn vielmehr als die Tatsache, dass es eigentlich seine Pflicht als Gentleman, der er eigentlich gar nicht sein wollte, war, sie davon abzuhalten.
 

»Würden Sie bitte von mir herunter gehen Miss Evans?«, fragte er charmant.
 

Lächerlich. Nichtmal er selbst, hätte das als Aufforderung betrachtet.
 

Lily sah das wohl ganz genau so, denn sie machte keinerlei Anstalten sich von ihm runter zu bewegen. Stattdessen lächelte sie ihn an und strich ihm mit der rechten Hand die Haarsträhne aus seinen Wimpern, welche sich in eben diesen verfangen hatte.

Dabei berührte sie seine Wange und James spürte wie sein Herz einen Satz machte. Es war wie ein kleiner elektrischer Stoß und dann durchzuckte ihn erneut einer dieser Stromstöße, als er ihren warmen Atem an seinen Lippen fühlen konnte.
 

Lily spürte zwei seiner Finger an ihren Lippen und öffnete die Augen.
 

»So gern ich das auch tun würde Miss Evans, so fürchte ich doch es wäre nicht richtig«, flüsterte er gegen ihre Lippen. »Das wäre wie eine Betrunkene zu küssen«, fügte er dem noch hinzu.
 

Vorsichtig richtete er sich auf und schob sie sanft von sich weg. Doch Lily sah ihn nur verwundert an. Ihre grünen Augen funkelten nicht, sie waren voll und ganz in einen Schleier aus Regenbogenfarben gehüllt.

Lily strich ihm verträumt über die Schulter, als hätte sie längst vergessen, was er soeben gesagt hatte.
 

»Und ich glaube außerdem, dass Sie mich in mein bestes Stück treten werden, wenn ich es zu lasse.«
 

»Warum sollte ich das tun?«, fragte sie charmant und zog Kreise auf seiner Brust.

Sie war ihm schon wieder viel zu Nahe.

»Weil du nicht so ein Mädchen bist«, sagte er leise und strich ihr eine Haarsträhne, welche sich in ihren Wimpern verfangen hatte aus dem Gesicht.
 

»Für dich bin ich wer du willst«, erwiderte sie kichernd und klammerte sich an seinem Arm.

»Normalerweise verabrede ich mich nicht am Valentinstag, Miss Evans.«

»Warum tun Sie das nicht Mr Potter?«, versuchte sie sein Spiel mit zu spielen.

»Das ist ein Geheimnis«, sagte er schließlich.

»Ein dunkles Geheimnis?«, fragte sie sogleich

»Ein kitschiges Geheimnis, so fürchte ich«, erwiderte er schmunzelnd, da er in jeder ihrer Bemerkungen einen anzüglichen Unterton feststellen konnte, den er bei ihr nie für möglich gehalten hatte.
 

»Ich frage mich, wer nur in der Lage sein könnte, einen so mächtigen Zaubertrank zu brauen«, überlegte James, während sich Lily mit einem Fuzzel an seinem Pullover spielte.
 


 


 

***
 


 

»Bist du sicher, dass es so gebraut wird?«, fragte Peter mit hochgezogener Augenbraue, was ihm sogleich einen stichelnden Blick von Rosalie einbrachte.

»Lily wäre zwar die bessere Wahl gewesen für diesen Job, aber bisher scheint noch alles genauso zu laufen, wie es sein sollte.«

»Immerhin hat der Trank die richtige Farbe«, bemerkte Sirius, während er stirnrunzelnd in das Buch starrte.

»Wir haben Glück, dass der Gegentrank relativ simpel ist im Vergleich zum Amortentia. Das hätte nicht mal Evans hinbekommen.«
 

Sirius kratzte sich desorientiert am Kopf, als er die merkwürdige, kleinschrittige Liste für den Amortentiatrank begutachtete. Die meisten Zutaten sagten ihm überhaupt nichts. Es schien ziemlich schwierig zu sein so einen Trank zu brauen und er fragte sich, wer dazu in der Lage sein könnte, als Peters Magenknurren die Stille durchbrach. Sirius verdrehte die Augen, das Abendessen war doch noch gar nicht so lange her.
 

»Ich hab in meiner Tasche noch-«, setzte er an, als ihm plötzlich etwas einfiel.

Er wandte sich um und griff nach seiner Schultasche, die er seit dem Essen nicht mehr angerührt hatte. Er öffnete die Schnalle und holte Unmengen an Schokolade und eine herzförmige Pralinenschachtel heraus. Diese hatte er, ebenso wie James beim Mittagessen per anonyme Eule bekommen. Sie sah genauso wie die aus, aus der Lily gegessen hatte.

Vorsichtig öffnete er den Karton und zum Vorschein kamen viele kleine herzförmige Pralinen mit einer rosa Zuckerschrift darauf.

Sirius nahm eine Praline heraus, brach sie in der Mitte durch und roch daran.
 

»Glaubst du, da ist auch Amortentia drin?«, fragte Rosalie skeptisch.

»Ganz eindeutig«, sagte Sirius und reichte ihr die Praline, damit auch sie daran riechen konnte.

»Du hast also auch so eine Schachtel bekommen«, stellte Rosalie nochmals fest. »Glaubst du, du wirst dich auch in James verlieben, wenn du davon isst.«

»Das lässt sich leicht herausfinden«, erwiderte Sirius und hielt Peter die Pralinenschachtel hin.

»Du hattest doch Hunger«, sagte er mit einem Grinsen im Gesicht.
 

Doch Peter schüttelte nur argwöhnisch den Kopf. Diese Erfahrung wollte er dann doch lieber auslassen.
 

»Stell dich nicht so an. Das Gegenmittel ist doch so gut wie fertig!«

»Warum nimmst du sie nicht?«

»Pond braucht mich hier noch beim brauen«, erwiderte er selbstverständlich, woraufhin Rosalie ihm einen sarkastischen »aber sicher doch« Blick zu warf.
 

Schließlich gab sich Peter geschlagen und griff nach einer Praline. Vorsichtig bis er ein Stück davon ab.
 

»Und?«, fragte Sirius gespannt, doch Peter grinste ihn nur dämlich an.

»Du hast so schöne Haare, Pad«, säuselte er und Sirius fuhr sich nachdenklich durchs Haar, als Peter auch schon zu ihm herüber kam und sich bei ihm einharkte.
 

»Oh nein«, seufzte Sirius und schlug sich die Hand vor den Kopf.
 

»Ahahahahaha. Na das geschieht dir Recht«, lachte Rosalie, während Peter seine Wange an Sirius Schulter lehnte und dieser angewidert versuchte ihn von sich weg zu schieben.
 

Rosalie lachte immer noch und war den Tränen Nahe, sodass sie beinahe vergessen hätte die letzte Zutat in den Trank zu mischen.

Sirius funkelte sie nur böse an, während er mit der anderen Hand versuchte Peter von sich weg zu drücken.
 

»Hör auf zu lachen und beeil dich mit dem verdammten Trank, Pond!«, zischte Sirius ihr zu. »Bei Merlins Unterhose, er soll mich loslassen«, fluchte er weiter und Rosalie brach daraufhin wieder in schallendes Gelächter aus.
 


 


 

***
 


 

Es war bereits weit nach drei Uhr morgens als das Feuer im Kamin beinahe erloschen war.

James' Kopf lehnte an der Sofalehne und als das letzte Stück Holz laut zu knistern begann, schreckte er plötzlich hoch.

Er war tatsächlich eingeschlafen.
 

Lilys Kopf lag auf seiner Brust, während sie ihn immer noch fest umklammert hielt. Ihre Augen waren geschlossen; sie musste also noch schlafen.
 

James schwang seinen Zauberstab und ein Holzscheit wurde nachgelegt.
 

»Ich glaube ich habe das erste Mal mit einem Mädchen geschlafen, ohne mit ihr zu schlafen«, murmelte James vor sich hin und ließ dabei mit seinem Zauberstab, das Schüreisen in der Glut herumstochern. Unsicher darüber, ob ihm diese Tatsache nun gefiel oder nicht.
 

Als das Holzscheit genug Feuer gefangen hatte und die Flamme im Kamin wieder größer wurde, wandte James sich wieder Lily zu. Diese hatte sich an seiner Brust vollkommen auf dem Sofa zusammengerollt und James hatte vorsichtig seinen Cardigan ausgezogen und ihn ihr über die Schultern gelegt. Lily lächelte im Schlaf und zog seine Jacke dichter an ihren Körper.
 

James seufzte und strich ihr unbewusst hin und wieder durch das Haar.
 

»Wissen Sie Miss Evans, der Grund warum ich mich nie am Valentinstag verabrede, besteht einzig und allein darin, dass mein Dad meiner Mom an diesem Tag seine Liebe gestanden und ihr einen Heiratsantrag gemacht hat. Dieser Tag war für mich daher von jeher von großer romantischer Bedeutung, die ich jedoch in meinem bisherigen Leben, vergleichbar nie selbst erleben durfte«, flüsterte er leise, als er ihr wieder durch ihr rotes Haar strich.
 

»Und nun sitze ich doch unfreiwillig hier und du bist die erste Frau in meinem Leben, mit der ich diesen Tag verbringe. Was sagst uns das Miss Evans?«, flüsterte er so leise, dass sie es vermutlich nicht einmal verstanden hätte, wenn sie wach gewesen wäre.
 


 

***
 


 

»Habe ich nicht gesagt Finger weg?«, schimpfte Rosalie, als seine Freunde den Raum der Wünsche betraten.
 

James erkannte die dunklen Augenringe unter Rosalies rot unterlaufenen Augen. Sie mussten die halbe Nacht damit verbracht haben ein Gegenmittel herzustellen. Scheinbar waren sie erfolgreich gewesen, da Rosalie in ihrer Hand eine Flasche mit einer silbernen Flüssigkeit hielt.
 

Als Rosalie Lily an der Schulter packte, um sie zu wecken, schreckte Lily sofort hoch und schaute wirr in der Gegend umher, als hätte sie etwa verloren.
 

»Ich bin hier«, flüsterte James, welcher hinter ihr am Sofa lehnte und Lilys Gesicht strahlte wieder, als sie ihn ansah.
 

James fragte sich, wie jemand so etwas wollen konnte. Amortentia.

Es war keine echte Liebe, sondern nur ein erzwungenes Verlangen einer nunmehr willenlosen Puppe, die nur noch ein verblassendes Spiegelbild ihres alten Selbst war.
 

Man konnte so zwar die Person, die man unbedingt wollte in seiner Nähe haben und eben diese Person wäre auch zu allem bereit gewesen, jedoch würde das ganze auf Kosten des anderen geschehen.
 

Zurück blieb kein Hauch von Charakter oder gar ein winziger Teil der Seele des Menschen, den man doch angeblich zu lieben glaubte. Denn dieser Mensch, den man mit dem Amortentia unter Drogen setzte, wäre nur noch dazu da für den anderen zu leben.

James konnte sich nicht vorstellen, dass jemand, der einen Menschen aufrichtig liebte, so etwas für diese Person wollen würde. Es war egoistisch und feige und irgendwie auch pervers.
 

Er selbst war, was seine bisherigen Erfahrungen mit Mädchen betraf, oft sehr egoistisch gewesen, doch er hatte nie gelogen oder jemanden etwas vorgemacht, was er später nicht einhalten wollte. So arrogant und egoistisch er sich auch benahm, er war immer ehrlich gewesen und jedes Mädchen hatte von vornherein gewusst auf was und wen sie sich einließen.
 

Doch was für ein Mensch würde soweit gehen, die Seele des Menschen, den man für sich gewinnen wollte zu zerstören. Wer wollte schon eine bloße Hülle haben?

Berufsberatung

33. Akt: Berufsberatung
 


 

"It's not true that people stop pursuing dreams because they grow old,

they grow old because they stop pursuing dreams."

(Gabriel Garcia Márquez)
 

Alles war dunkel, während sie zusammengesunken auf dem kalten Steinboden saß und mit dem Rücken an der hölzernen Tür lehnte. Es war ruhig dort, wo sie saß und dennoch hörte sie, wie ihr Atem in der Finsternis stetig leise ein und aus ging.

Lily hatte die Hände vor die Augen gepresst und versuchte das Geschehene zu verarbeiten. Sie konnte sich noch daran erinnern, dass sie mit Remus zum Vertrauensschülertreffen gehen wollte und ab dann gab es einige Dunkel-Episoden in ihrem Kopf.

Doch an eines konnte sie sich sehr gut erinnern. Nämlich, dass sie im Raum der Wünsche versucht hatte sich an James Potter heran zu machen und ihn zu küssen.

Immer wieder murmelte sie leise vor sich hin, dass das nicht wirklich passiert ist und das alles nur ein böser Traum gewesen war, doch sie irrte sich.
 

Als Lily beim nächsten Wimpernschlag die Hände aus ihrem Gesicht nahm und die Augen öffnete, hörte sie abermals wie es leise an der Tür klopfte.

Wieder rührte sie sich nicht und zog auf dem kalten Boden ihren Cardigan dichter an ihren Körper. Doch als sie diesen genauer betrachtete, stellte sie fest, dass er ihr einige Nummern zu groß war. Er roch nach ihm, nach grünem Gras, ein wenig nach Holz und ganz leicht nach seinem Aftershave. Der Geruch war nicht penetrant, sondern er schlich sich eher sanft und langsam in ihre Nase, sodass sie ihn eine Weile gar nicht bemerkt hatte.

Lily konnte sich nicht daran erinnern, wann sie seinen Cardigan angezogen hatte, doch als sie auf dem Sofa aufgewacht war, als Rosalie an ihren Arm gerüttelt hatte, trug sie ihn bereits.
 

»Lily, mach bitte die Tür auf«, hörte sie Marys Stimme leise gegen die Tür flüstern.
 

Sie hatte es mitbekommen, ebenso wie Rosalie und Remus und schlimmer noch Peter Pettigrew und Sirius Black. Vermutlich würde es morgen die ganze Schule wissen.

Lily Evans hatte sich James Potter an den Hals geworfen, sie war ihm verfallen, doch er wollte sie, wie alle anderen nicht haben und hatte sie an nur einem Abend abserviert. Absolut jeder würde es wissen, da war sie sich sicher.
 

Lily fragte sich immer wieder wie das passieren konnte, doch in ihrem Kopf formte sich keine allgemeingültige Antwort auf diese Frage.

Vielleicht war es ein böser Streich von irgendjemanden gewesen, vielleicht war sie sogar nicht die Einzige, der das passiert war, doch sie fragte sich warum es ausgerechnet James Potter sein musste.
 

Wieder kniff Lily ihre Augen zusammen und versuchte ihre Erinnerungen an diesen Tag zu verdrängen. Dies war sogar einfacher als gedacht, da es nicht viele Erinnerungen waren, die sie durch den Schleier aus Regenbogenfarbenden Nebel überhaupt bewusst erlebt hatte. Es war wie ein Rausch gewesen, als hätte sie eine ganze Flasche Feuerwhiskey getrunken.

Es blitzen immer wieder kleine Momente in ihren Kopf auf. Vieles lag auch noch im Dunkeln und vielleicht war das sogar besser so.

Doch all diese kleinen Momente, die immer wieder in ihrem Kopf aufflackerten und mit der voranschreitenden Zeit deutlicher zu werden schienen, ließen sie dennoch genug verstehen, um zu wissen was grob passiert war.
 

»Lily, du warst die ganze Nacht da drin. Der Unterricht geht gleich los!«, drängelte Mary hinter der Tür.

»Ich komme nicht mit«, erwiderte Lily trotzig.

»Das sagst du doch nur so. Du hast noch nie den Unterricht geschwänzt.«

»Dann wird es Zeit mal damit anzufangen, findet ihr nicht?«

»Bald fangen die Prüfungen an Lily, ich glaube kaum, dass du etwas verpassen wollen würdest.«
 

Lily gab ein trotziges Schnauben von sich. Die Prüfungen waren ihr gerade herzlich egal.
 

»Lily Evans, du wirst jetzt sofort da raus kommen und erhobenen Hauptes in den Unterricht gehen!«, rief Rosalie wütend gegen die Tür.
 

Einen Moment war es ganz still.

Lily wusste, dass Rosalie Recht hatte. Sie konnte sich nicht ewig hier drin verstecken und das war eigentlich auch nicht ihre Art. Sie ging Problemen nicht aus dem Weg, sondern versuchte sie zu lösen.

Vielleicht hatte sie ja Glück und wenigstens Remus würde ihr beistehen und seinen Freunden einreden, dass sie sich nicht über sie lustig machen sollten. Aber vermutlich würde ihn das überhaupt nicht interessieren. Sie wusste wie egoistisch James Potter sein konnte.
 

Lily runzelte die Stirn.

James Potter war egoistisch, aber dennoch hatte er sie davon abgehalten ihn zu küssen und Lily fragte sich warum. War es ihm so zu wider gewesen? Oder hatte er sich tatsächlich wie ein Gentleman benommen?
 

Es dauerte einen Moment bis das Türschloss sich bewegte und Lily endlich aus dem Badezimmer kam. Die dunkeln Ringe unter ihren Augen zeugten von der vergangenen schlaflosen Nacht.

Rosalie seufzte als sie ihre Freundin näher betrachtete. Mary hingegen sah erleichtert aus.
 

»Na endlich, ich muss so dringend da rein«, rief sie sogleich und schob sich an Lily vorbei ins Badezimmer.
 

Rosalie hingegen nahm sich ein Taschentuch von ihrem Nachttisch und versuchte vorsichtig den verschmierten Maskara von Lilys Augenwinkeln zu entfernen.
 

»Keine Angst, ich habe den Vieren nahe gelegt, die Sache vertraulich zu behandeln und damit gedroht, dass ich beim nächsten Quidditchspiel absichtlich schlecht spielen werde und die Klatscher auf James abfeuere, sollten sie sich über dich lustig machen.«
 

Lily zwang sich zu einem schmalen Lächeln. Genau das hätte Nicky auch für sie getan.
 

»Das war das peinlichste, was mir je in meinem Leben passiert ist«, murmelte Lily.

»Aber es ist doch nichts passiert, oder?«
 

Lily schwieg einen Moment, während Mary sichtlich erleichtert aus dem Bad kam.

Rosalie packte sie an der Schulter und sah sie eindringlich an.

Lily konnte in ihren Augen erkennen, dass sie befürchtete, dass doch etwas passiert sei. Doch selbst wenn, konnte Lily sich nicht daran erinnern. Vor allem die erste Zeit war noch ziemlich verworren in ihrem Kopf und nichts schien Sinn zu ergeben.
 

»Ich glaube nicht«, antworte sie schließlich. »Es ist nicht alles klar in meinem Kopf, aber von dem, woran ich mich erinnern kann, weiß ich nur, dass er sich ausnahmsweise mal anständig benommen hat. Aber trotzdem möchte ich ihm diese Genugtuung nicht gönnen.«

»Es war doch nicht deine Schuld, Lily. Wir werden schon noch herausfinden, wie das alles passiert ist und den verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen«, erwiderte Mary sichtlich motiviert auf Hexenjagd zu gehen.
 

Lily seufzte und ließ sich auf ihr Himmelbett fallen. Rosalie wühlte währenddessen in ihrem Schrank und suchte nach einem frischen Pullover.
 

»Du solltest dir was sauberes anziehen und dann gehen wir zum Unterricht«, redete Rosalie weiter während sie eine Bluse aus dem Schrank zog.
 

»Ist dir der Cardigan nicht etwas zu groß?«, fragte Rosalie stirnrunzelnd, als sie Lily die frischen Sachen reichte.
 

Diese zog sich die halb zugeknöpfte Bluse über den Kopf und tat so, als hätte sie Rosalies Frage nicht gehört. Lily blickte an sich herunter, auf den übergroßen Cardigan, den sie trug.

Sein Cardigan.

Sie würde ihn ihm zurückgeben müssen und eigentlich müsste sie ihn auch nach dem gestrigen Tag fragen. Er war der einzige, der ihr all diese Fragen in ihrem Kopf beantworten konnte.
 

»Das ist so erniedrigend«, murmelte Lily, während sie ihr Gesicht abermals in ihren Händen vergrub.

»Erniedrigend hin oder her, wenn du jetzt nicht gehst, kommst du zu spät und du weißt, wie sehr es McGonagall hasst wenn jemand zu spät zu kommt!«
 


 

Die drei Mädchen kamen gerade noch rechtzeitig am Klassenraum für Verwandlung an. Die meisten Schüler saßen schon auf ihren Plätzen und Rosalie konnte den letzten Umhang eines Schülers durch die Tür gehen sehen, als die drei sich hinter diesem in das Klassenzimmer zwangen.
 

Lilys Blick war starr auf das Lehrerpult gerichtet. Sie ging als letzte in das Klassenzimmer und hielt sich dicht hinter Mary. Ohne sich umzublicken nahm sie Platz und begann damit ihre Bücher aus der Tasche zu kramen.

Es dauerte nicht einmal eine Minute bis es ruhig wurde und McGonagall den Unterricht begann.
 

Ihre Hauslehrerin schien irgendetwas organisatorisches anzusprechen, worauf sich ein reges Gemurmel im Raum ausbreitete, doch sie hörte gar nicht zu.

Als das Gemurmel verstummte und McGonagall ihnen eine kleine Vorführung in Verwandlung gab, versuchte sie aus den Augenwinkeln die Rumtreiber ausfindig zu machen, doch sie konnte sie nicht sehen. Sie mussten also an einem der zwei Tische hinter ihnen sitzen.
 

Lilys Nackenhaare sträubten sich auf und sie bekam eine Gänsehaut, als sie plötzlich James Potters Stimme hinter sich vernahm.

Er schien sich gemeldet zu haben, denn er antwortete auf McGonagalls Frage, die Lily gar nicht richtig mitbekommen hatte.
 

Sie versuchte sich auf den Unterricht zu konzentrieren und kritzelte hin und wieder etwas auf ihr Pergament, was sie beiläufig aufschnappte. Doch sie wurde von jedem noch so kleinen Gemurmel abgelenkt und zuckte jedes Mal zusammen, wenn sie seine Stimme vernahm.

Dabei war das noch nicht einmal so ungewöhnlich. Er meldete sich immer in Verwandlung, genauso wie in Verteidigung gegen die dunklen Künste. Er war gut in diesen Fächern, sogar viel besser noch als alle anderen.
 

Dennoch fühlte sie ein leises Unbehagen in sich aufsteigen, jedes Mal wenn sie seine Stimme hörte.

Aber sie hatte nicht den Mut sich umzublicken. Es kam ihr so vor, als würde er sie anstarren; als würden seine Augen sie regelrecht durchbohren. Sie fühlte sich beobachtet und als es zum Stundenende läutete, war sie die Erste, die aus dem Klassenraum stürzte.
 


 

***
 


 

James wandte sich immer wieder um, doch er konnte den Rotschopf nirgendwo entdecken. Es war nicht einmal mehr eine Minute bis der Unterricht begann, doch er konnte weder sie, noch Rosalie oder Mary entdecken.

Er konnte sich nicht daran erinnern, jemals vor ihr einen Klassenraum betreten zu haben. Sie war immer pünktlich gewesen. Zu spät kommen schien für sie keine Option zu sein.
 

Der schwarze Sekundenzeiger auf der Uhr bewegte sich nur mühselig, doch McGonagall hatte sich bereits in Position vor das Pult gestellt. Sie würde wie immer den Unterricht auf die Sekunde genau beginnen.
 

Es waren noch zwanzig Sekunden, noch achtzehn, noch fünfzehn und dann bemerkte er wie Rosalie Pond ins Klassenzimmer stürzte. Dicht hinter ihr war Mary McDonald, an deren Umhang sich Lily Evans klammerte.

Die drei beeilten sich zu den letzten freien Plätzen in der Reihe vor ihm zu kommen.
 

Lily blickte sich nicht um, doch sie schien nervös zu sein. Er konnte ihr Unbehagen fühlen, als sie hektisch in ihrer Schultasche wühlte und McGonagall anfing von der anstehenden Berufsberatung zu sprechen, welche in einigen Tagen stattfinden sollte.
 

James beobachte Lily eine Weile, doch als der Unterricht richtig los ging und er ihre Feder auf dem Pergament kratzten hörte, wandte auch er sich dem Unterrichtsgeschehen zu.
 

McGonagall fragte gerade nach den Schwierigkeiten bei der Verwandlung von lebenden Wesen in Gegenstände.

James schmunzelte. Er hatte eine Augenbraue hochgezogen und sah wie sich niemand sonst im Klassenraum meldete, als seine Hand nach oben schoss. Es war einfach für ihn. Verwandlung war sein Fach.
 

Aus den Augenwinkeln konnte er sehen wie Lily Evans zusammenzuckte, als sich seine Stimme erhob. Er dachte es wäre ein Zufall gewesen. Doch er bemerkte, dass sie es jedes Mal tat, wenn er sich meldete und das brachte ihn abermals zum schmunzeln.
 

Als es zum Unterrichtsende läutete, hatte sie den Klassenraum schneller verlassen, als James sein Buch überhaupt in die Tasche packen konnte. Er nahm gerade noch wahr, wie ihre roten Locken durch den Türrahmen verschwanden und Rosalie aufseufzte, als sie ihr hinterher blickte.
 

Sie wollte ihm scheinbar aus dem Weg gehen, doch das würde sie sicher nicht ewig schaffen. Sie waren in einem Haus, hatten fast alle Fächer zusammen und saßen beim Essen an einem Tisch. Es gab kein entkommen, dachte James. Doch er irrte sich.
 

In den nächsten zehn Tagen, konnte er sie nirgends ausfindig machen, weder in der Bibliothek noch im Gemeinschaftsraum. Beim essen saß sie immer so weit wie möglich von ihm weg und im Unterricht war sie immer die letzte die den Klassenraum betrat und die erste, die ihn wieder verließ.
 

Dies alles war ziemlich untypisch für sie und James fragte sich, warum sie so einen Aufstand um die ganze Sache machte. Sie musste doch mittlerweile bemerkt haben, dass er nichts herumerzählt hatte.
 

Es war merkwürdig, wie er sich automatisch nach ihr umblickte, jedes Mal wenn er einen Raum betrat, doch sie sah ihn partout nicht an und das störte ihn.

Er fragte sich, wie so oft in letzter Zeit warum das so war. Warum störte es ihn, dass sie ihn nicht beachtete? Sie hatte ihn nie interessiert, doch das Schicksal schien sie immer wieder zueinander zu führen und sie fanden sich in den verworrensten Situationen wieder.
 

Zudem interessierte ihn, von wem die Pralinenschachteln waren.

Warum sollte jemand wollen, dass Evans sich ihm zu Füßen warf? Und vor allem, dass Sirius sich in sich selbst verliebte?

Das Amortentia darin war nahezu perfekt gebraut gewesen und James wusste nicht, wer dazu in der Lage gewesen sein konnte.

Doch vor allem fragte er sich, wie die Person an Haare oder etwas ähnliches von ihm und Sirius gekommen war. Er konnte sich an keine Situation erinnern, an der jemand die Gelegenheit gehabt hätte, ihm so etwas zu entwenden.

Möglicherweise waren wegen ihres grandiosen Streiches am Valentinstag, auch alle Pakete durcheinander geraten?

Vielleicht waren diese Pralinen nie für Sirius oder Evans bestimmt gewesen.
 

Doch für den Moment, sah er keine Möglichkeit dem ganzen auf die Spur zu kommen.
 


 

***
 


 

»Du hast gesagt, dass der Trank auf jeden Fall wirken würde«, beschwerte sich ein Mädchen, welche im Halbdunkel an der Steinmauer in den Kerkern lehnte.

Sie hatte die Arme vor ihrer Brust verschränkt und ihrem Gegenüber einen bösen Blick zugeworfen.
 

»Der Trank war einwandfrei und korrekt gebraut worden«, erwiderte er.

»Der Valentinstag ist nun schon zehn Tage her.«

»Möglicherweise hat er die Pralinen nicht gegessen?«, überlegte er.

»In der großen Halle hat er einigen Mädchen gegenüber behauptet, er habe von allen Pralinen gegessen und sich wie immer natürlich sehr über die Geschenke gefreut!«
 

»Ist dir in den Sinn gekommen, dass er möglicherweise gelogen hat?«, fragte ihr Gegenüber augenverdrehend.

»Das würde er nicht tun!«, erwiderte sie, woraufhin ihr gegenüber entnervt aufseufzte.

»Dann hast du vielleicht nicht genug von deinen Haaren in den Trank gegeben, bevor du sie in die Pralinen gegeben hast.«
 

Sie blinzelte und ging in Gedanken seine Aussage nochmal durch.
 

»Von meinen Haaren? Du hast gesagt es kommen seine darein?«

»Nein, da musst du mich missverstanden verstanden haben«, erwiderte er und in der Dunkelheit kräuselten sich seine Mundwinkel zu einem Lächeln, welches er sonst nie in seinem Gesicht trug.
 

Er konnte nicht bestreiten, dass es ihm gefiel wie sich die Tatsachen entwickelt hatten.
 


 

***
 


 

Lilys Nervosität der letzten Woche war wie weggeflogen. Sie war erleichtert, dass sie James Potter erfolgreich aus dem Weg gegangen war und es scheinbar keine Gerüchte in der Schule gab, die sie kompromittierten.
 

So war sie guter Dinge, als sie in der ersten Märzwoche durch die Gänge des Schlosses spazierte und sich auf den Weg zu Professor McGonagalls Büro machte.
 

Es war der wohl einzige Tag in ihrer gesamten Schullaufbahn, in der man für eine Stunde vom Unterricht befreit wurde, um sich bei seinen Hauslehrern einzufinden.

Lily wusste noch nicht, ob sie dem bevorstehenden Gespräch mit Wohlwollen oder Nervosität entgegen treten sollte.
 

Als Lily vor McGonagalls Büro ankam, stellte sie fest, dass die Tür vor ihr noch verschlossen war. Es hing jedoch ein Schild daran, auf welchem in großen Lettern „Berufsberatung. Bitte nicht stören!« stand.
 

Lily setzte sich auf einen der beiden freien Stühle neben der Bürotür und wartete darauf, dass sie dran kam.
 

Sie war in den letzten zwei Wochen so sehr damit beschäftigt gewesen, James Potter aus dem Weg zu gehen, dass sie vollkommen vergessen hatte, sich auf dieses Gespräch vorzubereiten, geschweige denn darüber nachzudenken, was sie überhaupt nach der Schule machen wollte und konnte.
 

Sie musste McGonagall gleich etwas über ihre Berufsvorstelllungen erzählen, um daraus dann die entsprechenden Fächer für ihr Abschlussjahr zu wählen.

Damals in der vierten Klasse war es ihr ebenfalls schwer gefallen eine Entscheidung zu treffen, daher hatte sie für ihre ZAG's fast alle Fächer gewählt, die in ihren Stundenplan gepasst hatten. Doch diesmal konnte sie das nicht wiederholen. Sie musste sich für das entscheiden, was sie wollte, doch was wollte man schon mit 17Jahren?
 

Nervös knetete Lily die Hände in ihrem Schoß, während die Minuten verstrichen und wartete darauf, dass sie endlich hereingebeten wurde.

Wer auch immer gerade im Büro saß, ließ sich ziemlich viel Zeit.
 


 

***
 


 

»Ich denke nicht, dass es nötig ist mit mir ein solches Gespräch zu führen, wenn man die Umstände bedenkt.«
 

»Ich verstehe nicht was Sie meinen Mr. Lupin«, erwiderte McGonagall, während sie ihn durch ihre halbrunden Brillengläser fixierte.
 

Remus seufzte. Er hatte gewusst, dass dieses Gespräch nicht leicht werden würde. Er hätte sich natürlich etwas ausdenken können und in seinen Gedanken fröhlich seine Zukunft planen können, doch das wollte er nicht. Er wollte weder sich, noch McGonagall oder sonst jemanden, der um sein Geheimnis wusste in dieser Hinsicht belügen.
 

»Besteht für mich nach Hogwarts eine Möglichkeit einen Job zu bekommen?«
 

Es war eine rhetorische Frage. Er kannte die Antwort bereits und McGonagalls mitleidiger Blick bestätigte nur das, was er schon immer gewusst hatte.

Die Welt da draußen war nicht bereit jemanden einzustellen, der ein Werwolf war. Es war zu gefährlich. Er wusste ja nicht einmal, ob er sich selbst einstellen würde, wenn er auf der anderen Seite stehen würde.

Werwölfe gehörten wie Riesen und andere magische Wesen immer noch zu den geächtetsten Wesen der magischen Gesellschaft. Er würde im Ministerium oder in anderen höher gestellten Unternehmen keine Chance haben und das wussten beide, auch wenn es niemand aussprach.
 

»Ihre ZAG's sind auf jeden Fall überdurchschnittlich gut. Es wird sich bestimmt eine Möglichkeit auftun«, versuchte McGonagall ihm gut zu zureden.
 

Doch tief in ihr drin, wusste sie, dass er es sehr schwer haben würde.
 


 

***
 

Lily trippelte nervös mit dem Fuß auf dem Boden herum, als sich plötzlich die Bürotür öffnete.
 

»Remus«, sagte Lily überrascht. »Seit wann kommt L denn vor E?«

»Ähm, ich wurde vorgezogen, weil ich noch was erledigen muss später«, nuschelte er verlegen.

»Oh okay.«
 

Remus sah müde aus. Die dunklen Schatten unter seinen Augen waren Lily nicht entgangen. Doch es war für ihn auch nicht ungewöhnlich. Er war oft krank und hatte in dieser Hinsicht schlechte Gene, wie er immer behauptete, doch Lily konnte in diesem Moment eine Traurigkeit in seinen Augen erkennen, die sie niemals jemanden wünschen würde.
 

»Ist bei dir denn alles in Ordnung?«, fragte sie ihn schließlich und presste dabei die Lippen zusammen.
 

Sie war in den letzten zwei Wochen, nicht nur James Potter, sondern allen Rumtreibern und damit auch Remus aus dem Weg gegangen. Lily bekam ein schlechtes Gewissen, da es ihm offenkundig nicht gut zu gehen schien.

Remus war ihr Freund mittlerweile und Freunde sollten doch füreinander da sein in diesen Situationen. Doch sie war nicht für ihn da gewesen in den letzten Wochen. Sie hatte nur an sich selbst gedacht und ihre eigenen Probleme und das erschreckte sie irgendwie.
 

Remus hingegen schenkte ihr ein schwaches Lächeln.
 

»Mach dir mal um mich keine Sorgen«, erwiderte er schließlich. »Sag mir lieber wie es dir geht, du hast dich ziemlich rar gemacht in letzter Zeit.«
 

Lily presste die Lippen zusammen und wandte ihren Blick ab. Sie wippte nervös mit ihren Füßen vor und zurück und überlegte was sie ihm antworten sollte. Doch Remus lächelte wieder nur, als ob er bereits wüsste, was sie bedrückte.
 

»Rede mit ihm. Das hilft dir möglicherweise«, sagte er schließlich und Lily blickte sofort fragend auf.

»Du solltest reingehen«, sagte er dann schnell, bevor Lily noch etwas sagen konnte.
 

Remus zog seine Schultasche dichter um seine Schulter und ging in den Unterricht, während Lily ihm noch einen Moment blinzelnd hinterher starrte.
 

Reden. Sie wusste selbst, dass das vermutlich am sinnvollsten war, da nur er ihr sagen konnte, was alles passiert und nicht passiert war, doch irgendwie fühlte sie sich noch nicht dazu in der Lage.
 

Schließlich klopfte sie seufzend an die Bürotür ihrer Verwandlungslehrerin, welche sie auch sogleich hereinbat.
 

»Miss Evans, setzen sie sich doch«, sagte McGonagall und deutete mit der Hand auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch.

»Ingwerplätzchen?«

»Nein, danke«, lehnte Lily höflich ab und setzte sich auf dem ihr angebotenen Stuhl.
 

Sie ertappte sich dabei, wie sie wieder damit begann ihre Hände in ihrem Schoss zu kneten. Sie fragte sich, warum sie nur so nervös war. Es war doch nur eine Berufsberatung.
 

McGonagall suchte derweil nach einer Kopie ihres letzten Zeugnisses und legte das Dokument vor sich auf den Schreibtisch und überflog kurz die ZAG's, welche Lily im letzten Schuljahr geschafft hatte.
 

»Sie haben im letzten Schuljahr wirklich viele Fächer belegt Miss Evans und ihre Noten sind meistens hervorragend gewesen.«
 

Lily versuchte ein Lächeln aufzusetzen. Sie hatte im letzten Schuljahr auch so viel gelernt, dass sie kaum Zeit für etwas anderes hatte.
 

»Damit steht ihnen ein breites Maß an Berufsmöglichkeiten zu Verfügung. Haben Sie denn schon selbst eine Vorstellung?«
 

»Nein, ich habe noch keine Vorstellung, was ich machen kann.«
 

McGonagall runzelte die Stirn.

»Sie sind doch sonst so ein kluges Mädchen. Welche Fächer interessieren Sie denn am meisten.«
 

Lily zuckte nur entschuldigend mit den Schultern.
 

»Vor allem Zaubertränke liegt Ihnen, wie Professor Slughorn des öfteren im Lehrerzimmer erwähnt.«
 

Lily presste die Lippen aufeinander und versuchte McGonagall möglichst nicht direkt anzuschauen, doch um eine Antwort würde sie nicht herum kommen.
 

»Ich stelle mir viel Berufe spannend vor. Heiler dürfte interessant sein. Oder vielleicht was bei Gringotts oder etwas im Ministerium, aber...«
 

»Aber?«
 

»Die Frage lautet nicht, was ich tun möchte, sondern was ich überhaupt tun kann nach meinem Abschluss.«
 

»Sie haben zahlreiche Fächer gewählt und wie bereits erwähnt in den meisten hervorragende Noten. Damit könnten Sie sich in all diesen Gebieten bewerben.«
 

»Würden die mich denn annehmen oder meine Bewerbung direkt zerreißen und in den Müll werfen?«

»Ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen Miss Ev-.«

»Sie sehen es doch auch«, fiel Lily ihrer Professorin ins Wort. »Nach allem was in der Welt passiert, nach allem was in Hogwarts passiert ist in letzter Zeit, wer würde jemanden wie mich schon haben wollen?«
 

McGonagalls blau-graue Augen weiteten sich. In ihr blitzte Überraschung, entsetzen und Traurigkeit zugleich auf.
 


 

***
 


 

»Ich möchte professionell Quidditch spielen, wenn das für mich möglich sein sollte«, sagte James Potter, welcher gerade ein Ingwerplätzchen genauer betrachtete.
 

McGonagall schenkte ihm ein Lächeln und legte seine ZAG's beiseite.

Sie selbst war ein großer Quidditchfan und hatte in ihrer Schulzeit als Sucherin in der Hausmannschaft gespielt. Sie liebte diesen Sport über alles und war jedes Mal unheimlich stolz, wenn jemand aus ihrem Haus eine Karriere ihres geliebten Sports in Betracht zog. Jedoch hatte es bisher nur einer wirklich geschafft in diesem Milieu Karriere zu machen.
 

»Ich hege keinen Zweifel daran, dass sie gut spielen Potter, jedoch müssen Sie die Talentscouts von sich überzeugen. Einer war beim letzten Spiel sehr angetan von ihnen bis Sie... nun ja bis zu dem Unfall. Aber ich bin mir sicher, dass im nächsten Schuljahr weitere Talentscouts kommen werden.«
 

»Das hoffe ich doch.«
 

»Dennoch sollten Sie sich einen Alternativplan überlegen, falls es nichts wird oder sie unzufrieden mit ihrer Karrierewahl sein sollten.«
 

»Das wird nicht passieren.«
 

Wieder hatte er dieses charmante Lächeln aufgesetzt, wodurch er sich bei Schülern und Lehrern gleichermaßen an Beliebtheit erfreuen konnte. Selbst McGonagall musste schmunzeln, als sie die Selbstsicherheit in seinem Blick erkannt hatte.
 


 

***
 


 

»Sie sind zu spät Mr. Black. Ihre Sitzung war bereits heute Morgen«, sagte McGonagall im strengen Tonfall.

»Ich für meinen Teil ordne mich unter dem Nachnamen 'Potter' ein, wenn Sie nichts dagegen haben«, erwiderte Sirius und schenkte McGonagall ein unschuldiges Lächeln.
 

Diese seufzte nur theatralisch und ließ Sirius schließlich in ihr Büro eintreten.

Als sie an ihrem Schreibtisch Platz nahm, bot sie Sirius ein Ingwerplätzchen an, der daraufhin jedoch den halben Teller verspeiste.
 

»Also Mr. Black, was genau möchten Sie nach Hogwarts tun?«, fragte McGonagall ihn, nachdem sie eine Weile auf seine ZAG's geschaut hatte.
 

»Ich würde gerne Motorräder reparieren«, überlegte er schließlich.

»Ich denke nicht, dass Sie dafür eine Hogwartsausbildung benötigt hätten, Mr. Black.«
 

McGonagall schenkte ihm einen strengen Blick, doch Sirius hatte sein Gesicht abgewandt. Es war nicht sein ernst gewesen, dass konnte sie sehen.
 

»Also, was würden sie denn gerne tun, was eine Hogwartsausbildung benötigt?«, fragte sie ihn schließlich.

»Ich weiß nicht«, erwiderte Sirius nur schulterzuckend und biss in einen weiteren Keks.
 

» Sie sind ein kluger junger Mann. Wären Sie nicht so faul würden ihre UTZ im nächsten Jahr sicher hervorragend ausfallen, womit Ihnen ein breites Maß an Möglichkeiten zur Verfügung stehen könnte. Welche Fächer interessieren Sie am meisten?«
 

»Ähm Verwandlung und Verteidigung gegen die dunklen Künste«, überlegte Sirius.
 

Zumindest waren das die beiden Fächer in denen er am besten war.

Eigentlich wusste Sirius genau was er werden wollte, doch er war sich nicht sicher, ob er mit McGonagall darüber reden sollte.
 

»Eigentlich, nun ja ich würde gerne versuchen Auror zu werden«, erwiderte Sirius schließlich und McGonagall schien sichtlich überrascht zu sein.
 

»Das ist nicht einfach Mr. Black. Sie brauchen dazu erstklassige Noten in ihren UTZ Prüfungen im nächsten Jahr und das in mindestens fünf Fächern«, erwiderte McGonagall, während sie in einem Stapel Papieren im Regal hinter ihrem Schreibtisch herumwühlte und schließlich ein dunkles Merkblatt aus dem Stapel zog, welches sie vor Sirius auf dem Schreibtisch legte.
 

»Verteidigung gegen die dunklen Künste und Verwandlung sind im letzten Jahr großartig bei Ihnen gelaufen. Aber Sie benötigen noch weitere Kenntnisse. Ich würde vorschlagen, dass Sie zudem noch Zauberkunst und Zaubertränke belegen sollten, aber Professor Slughorn nimmt nur Schüler mit einem E in seinen UTZ Kurs auf. Sie liegen gerade mal bei einem A. Es wird harte Arbeit, wenn sie bis zum Schuljahresende noch ein E schaffen wollen«, fuhr McGonagall fort, doch Sirius verzog keine Miene.
 

»Aber warum denn Zaubertränke?«, nuschelte Sirius niedergeschlagen.

»In der Arbeit als Auror ist es außerordentlich wichtig, dass Sie sich im Gebiet der Gifte und Gegengifte auskennen, dass kann Ihnen in diesem Beruf das Leben retten.«
 

Sirius verdrehte die Augen, nickte jedoch im dem Sinne, dass die Botschaft bei ihm angekommen war. Er musste in Zaubertränke unbedingt besser werden.
 

»Zudem Mr. Black, werden sie sich im Ministerium einigen Eignungs- und Fähigkeitentests unterziehen müssen. Beispielsweise, ob Sie unter Druck arbeiten können. Selbstverständlich werden auch Ihre Fähigkeiten in praktischer Verteidigung auf die Probe gestellt werden, aber diese sind, wie ich bereits gehört habe immer sehr hervorragend ausgefallen«, sagte McGonagall mit einem Lächeln im Gesicht.
 

»Gut, es wird also nicht einfach werden, aber es ist nicht unmöglich.«

»Das nicht, aber Sie werden merken, dass selbst wenn sie die Voraussetzungen erfüllen, Sie auch nach Hogwarts viel arbeiten und lernen müssen in der drei Jährigen Aurorenausbildung. Es werden nur die absolut besten genommen. Ich glaube mich daran zu erinnern, dass der letzte der die Aufnahmeprüfung zum Auroren geschafft hat, Frank Longbottom vor drei Jahren gewesen war«, schwelgte McGonagall in Gedanken.
 

Es war unüberhörbar, dass es sie mit Stolz erfüllte, dass ein ehemaliger Schüler von ihr, es in die Aurorenabteilung geschafft hatte.

Nach ihrer Schilderung, schien das ganze kein einfaches Unterfangen zu sein und Sirius zweifelte zum ersten Mal in seinem Leben daran, ob er das auch wirklich alles schaffen würde.
 


 

***
 


 

An diesem Abend lehnte sich Professor Minerva McGonagall in ihrem Bürostuhl zurück und starrte an die Holzdecke in ihrem Büro, während sie abwesend in ihrer Tasse Tee herumrührte.

Sie konnte sich nicht daran erinnern, jemals so eine schwierige Berufsberatung durchlebt zu haben in all den Jahren, in denen sie nun schon Lehrerin in Hogwarts war.
 

Die Schüler dieses Jahrgangs waren verunsichert. Sie hatten Angst und andere wiederum waren viel zu selbstsicher. Jeder einzelne hatte Probleme damit, seinen Platz in der Welt zu finden und einige zweifelten an sich und an der Zauberergesellschaft, in der sie momentan lebten. Diese Kinder hatten Angst vor Ausgrenzung und Diskriminierung, davor abgelehnt und ausgegrenzt zu werden und das machte die Welt für sie noch ein klein wenig dunkler, als sie es ohnehin schon geworden war.

In einem anderen Licht

34. Akt: In einem anderen Licht
 

„You meet thousands of people

and none of them really touch you.

Then you meet one person

and your life is changed forever.“

~ Jamie Randall


 

»Überraschung!«, schrien mehrere Stimmen wirr durcheinander, bevor ihm das Konfetti um die Ohren flog.
 

Sirius klopfte seinem besten Freund aufmunternd auf die Schulter und erhob sein Glas, woraufhin alle anderen anwesenden Gryffindors im Gemeinschaftsraum ebenfalls die Gläser hoben und breit lächelten.
 

James versuchte das Lächeln zu erwidern, als Peter ihm einen Krug Butterbier in die Hand drückte. Sirius hingegen war damit beschäftigt auf den nächstgelegenen Tisch zu klettern.
 

»Danke, dass ihr alle zu James' Geburtstags-Überraschungs-Party so zahlreich erschienen seit! Selbstverständlich haben die Rumtreiber keine Mühen und Kosten gescheut um Butterbier und Feuerwhiskey für euch zu organisieren.«
 

Zunächst mäßiger und dann immer lauter werdender Applaus drang an Sirius Ohren, welcher zufrieden vor sich hin grinste und einen großen Schluck aus seinem Bierkrug nahm, als die Musik lauthals aufgedreht wurde.
 

»Dann kann die Party steigen!«, rief Sirius in die Menge und sprang mit einem Satz vom Tisch, sodass einige Mädchen kreischend zur Seite hechteten, da er sonst auf ihnen gelandet wäre.
 

Remus, welcher eine volle Ladung Bier über sein Shirt bekommen hatte bei Sirius waghalsigen Sprung mit seinem Bierkrug, funkelte seinem Freund nur böse an, welcher ihm ein unschuldiges Lächeln schenkte, bevor er ihm ein paar Mal entschuldigend auf den Rücken klopfte. Sein bellendes Lachen konnte er jedoch nicht unterdrücken.
 

Es dauerte nicht einmal zehn Minuten bis die Party im vollen Gange war.

Butterbier und Feuerwhiskey wurden herum gereicht und Sirius, welcher anscheinend schon bei den Vorbereitungen angefangen hatte zu trinken, legte ein paar gekonnte Elvis' Moves zu 'Jailhouse Rock' hin, welches gerade aus der Anlage dröhnte.
 

James musste grinsen, als er seinen Freund dabei beobachtete, wandte sich jedoch nach einer Weile von ihm ab, um sich etwas stärkeres zu trinken zu holen.
 

Ein Glas Feuerwhiskey war jetzt genau das richtige, um in den Abend zu starten, denn irgendwie war ihm heute nicht nach feiern zu Mute.
 

»Hallo James«, sagte plötzlich eine Stimme neben ihm, als er sich gerade eingeschenkt hatte.
 

Emmeline strich ihre blonden Haare kokett zurück und entblößte ein paar akkurat sitzende strahlend weiße Zähne, als sie auf ihn zu trat.
 

»Alles Gute zu deinem Geburtstag!«, hauchte sie gegen seine Wange
 

James spürte, dass auch sie sich schon ein Glas Whiskey genehmigt hatte.
 

»Herzlichen Dank«, erwiderte er charmant und strich mit seiner Nase unbewusst an ihrem Haar entlang.
 

Sie roch heute anders als sonst. Es schien als hätte sie ein neues Parfum benutzt, was in seiner Nase viel zu aufdringlich war.
 

»Sehen wir uns später?«, fragte sie ihn dann und konnte dabei ein kichern nicht unterdrücken. »Dann kriegst du dein Geburtstagsgeschenk«, erklärte sie sogleich und schenkte ihm dabei einen Blick, welcher wohl verrucht aussehen sollte, während sie mit ihren Fingerspitzen ein paar Mal seinen Arm rauf und runter fuhr.
 

»Aber ich habe doch schon ein Geschenk von dir bekommen«, erwiderte er scheinheilig.

»Wenn du den Rest nicht willst, bitte«, sagte sie dann schnippisch und wandte sich von ihm ab, jedoch nicht ohne ihm noch Mal einen Blick über die Schulter zu zu werfen.
 

James musste Grinsen, da er sich durchaus vorstellen konnte, was sie vor hatte, als sie in ihrem schwarzen kurzen Rock, welcher gerade einmal ihren Hintern knapp bedeckte davon ging.
 


 

***
 


 

»Lils nun komm schon. Die Party ist bereits im vollem Gange«, drängelte Mary.
 

Doch Lily bewegte sich kein Stück. Sie saß samt Zeichenblock auf ihrem Himmelbett und hatte die Beine angewinkelt. Sie hatte eigentlich vor gehabt einen ruhigen Abend zu verbringen, doch leider hatte sie vergessen, dass heute einer der Rumtreiber Geburtstag hatte und das bedeutete einen lauten Partyabend.
 

»Falls du es vergessen hast Mary, versuche ich Potter aus dem Weg zu gehen. Warum also sollte ich auf seine Geburtstagsfeier gehen?«
 

Mary verdrehte die Augen.
 

»Das ist mittlerweile sechs ganze Wochen her und es ist nichts passiert. Er hat es nicht herum erzählt und vermutlich schon längst vergessen.«
 

Mary hatte sich mal wieder in Rage geredet und sie konnte sehr penetrant sein, wenn sie etwas wollte. Lily war sich im Klaren, dass sie die ganze Nacht weiter diskutieren würden, wenn sie jetzt nicht einlenken würde.
 

»Geht ihr beiden doch schon mal vor und ich komme später nach. Okay?«
 

Rosalie verdrehte die Augen. Sie wusste genau, dass das Lilys Art war, nein zu sagen.
 

»Na schön, aber wehe ich sehe dich später nicht auf der Party«, feixte Mary mit zusammengekniffenen Augen.
 

Kurz darauf verließen die beiden den Schlafsaal der Mädchen und Lily konnte erleichtert ausatmen.
 

Sie war nie ein Fan von lauten Partys gewesen auf denen der Alkohol so gut floss, dass sich alle wie Idioten benahmen.

Jedoch musste sie zugeben, dass Sirius Black, welcher die Party den ganzen Tag lauthals organisiert hatte, einen guten Musikgeschmack hatte. Vor allem überraschte es sie, dass er auch Muggelbands kannte und vor allem musikalische Größen des vergangenen Jahrzehnts wie die Beatles oder Elvis Presley.
 

Als Lily sich nach einer Weile sicher war, dass Rosalie und Mary nicht noch einmal zurück kommen würden, um sie zu überreden mit auf die Party zu gehen, blätterte sie in ihrem Zeichenblock einige leer gelassene Seiten weiter bis zu ein paar Zeichnungen, die sie vor einigen Wochen angefertigt hatte.
 

Die Skizze eines rothaarigen Mädchens, welches auf einem grünen Ledersofa lag. Über ihr hatte sich ein dunkelhaariger Junge gelehnt, welcher einen Arm nach ihr ausgestreckt hatte, um ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen.
 

Dann eben wieder diese beiden, wie sie nebeneinander vor dem Kamin sitzen. Sie hatte ihren Kopf an seine Schulter gelegt und spielte mit einer Falte an seinem Hemd.
 

Und dann das letzte Bild, eine Nahaufnahme, die nur die beiden Gesichter des Jungen und des Mädchens zeigte, welche viel zu nah beieinander waren.
 

Bruchstücke.

Erinnerungsfetzen.

Möglicherweise auch Halluzinationen.
 

Lily schloss die Augen und klappte mit einem Ruck den Block wieder zu.
 

Sie wusste nicht was davon wirklich passiert war, da es noch einige Dunkel Episoden in ihrem Kopf gab, an die sie sich nicht erinnern konnte.
 

Doch eines wusste sie, dass es nur eine Person gab, die ihr all diese Fragen beantworten konnte. Derjenige, vor dem sie schon seit Wochen davon lief.
 

Leise drang die Musik aus dem Gemeinschaftsraum in ihren Schlafsaal, als sie spontan nach ihrer Tasche griff, seinen grauen Cardigan hineinstopfte und auf die Tür zu hechtete.
 

I got a woman

A head like a rock

If she ever went away

I'd cry around the clock

Oh yeah, ever since the world began

A hard headed woman,been a thorn in the side of man
 

Lily blickte sich im Gemeinschaftsraum um, doch sie konnte ihn nicht sehen.
 

Mary und Rosalie standen gerade an der Bar und ließen sich ein Butterbier einschenken.

Hatte Black wirklich ein paar Drittklässler überredet die Barkeeper zu spielen?
 

Und da war er oder vielmehr sein Hinterkopf der gerade auf das Portraitloch zu ging.
 

Ein lautes Grölen drang von der Tanzfläche. Lily bekam einen Ellenbogen in die Seite und jemand trat ihr auf den Fuß, als sich ein kleiner Kreis um die “Tanzfläche“ bildete.

Sirius Black schien gerade zum wiederholten Male eine Tanzeinlage der Schicksalsschwestern hinzulegen, woraufhin einige wild applaudierten und andere hingegen lauthals lachten, ihn aber dennoch anfeuerten.

Auch Lily konnte ein Lachen nicht unterdrücken, da es einfach nur urkomisch aussah wie Sirius Black mit seiner um den Kopf gebundenen Gryffindor Krawatte eine wilde, nicht rhythmisch ausgearbeitete Tanzeinlage hinlegte.
 

Dann wandte sie sich wieder zum Portraitloch um. Wenn er jetzt allein war, war es die Gelegenheit für sie.

Eilig ging auch sie hindurch und bemerkte wie die Musik hinter hier verstummte, als sich das Portrait der fetten Dame wieder schloss.
 

Es war dunkel in dem Gang und James Potter war verschwunden, irgendwo in den Gängen von Hogwarts.
 


 

***
 


 

Es dämmerte bereits als eine Gestalt den Weg entlang des verbotenen Waldes von Hogsmeade nach Hogwarts einschlug. Die glühende Spitze einer Zigarette war gerade noch zu sehen, als der Pfad am Waldrand endete und einige Steinplatten auf die Nähe zum Schloss hindeuteten.
 

Der Mann hatte die Augenbrauen zusammen gezogen und schien in Gedanken versunken zu sein, als er die Steinplatten betrat und geradewegs auf das Eichenportal zu ging.
 

»Inspektor Lestrade, was verschafft uns die Ehre?«
 

Lestrade schaute auf und suchte nach der Stimme, welche ihn soeben angesprochen hatte. Es hing ein leichter Nebel um das Schloss herum und so konnte er nicht alles erkennen.

Es roch noch nach dem Regen, welcher am Nachmittag bereits unnachgiebig auf das Schloss nieder prasselte und auch nach feuchter Erde und dem Tabak welcher in der Zigarette bereits verglühte.
 

Und dann erkannte er plötzlich die Umrisse einer Gestalt, welche auf der steinernen Treppe saß und ebenfalls an einer Zigarette zog.
 

»Mr. Potter, nicht wahr?«
 

James nickte Lestrade kurz zu.
 

»Gibt es Neuigkeiten, wegen den Vorfällen in Hogsmeade und hier in Hogwarts?«
 

»Nicht viel, so fürchte ich. Aber seien Sie versichert, dass wir alles unter Kontrolle haben.«
 

James runzelte die Stirn und warf dem Inspektor einen ungläubigen Blick zu.
 

»Wenn Sie mich entschuldigen. Ich habe einen Termin mit dem Schulleiter.«
 

»Zu so später Stunde?«
 

»Es ließ sich nicht anders einrichten«, erwiderte Lestrade, nickte James kurz zu und ging an ihm vorbei durch das große Eichenportal.
 


 

***
 


 

Professor Albus Dumbledore saß an seinem Schreibtisch und unterhielt sich gerade mit den Portraits der ehemaligen Schulleiter, als es an der Tür klopfte.
 

Er wirkte keineswegs überrascht, dass Lestrade ihm zu so später Stunde noch einen Besuch abstattete.
 

»Ich habe Sie schon erwartet«, erwiderte Dumbledore mit einem schmalen Lächeln und bot Lestrade den Stuhl vor seinem Schreibtisch an.
 

»Haben Sie das, Dumbledore?«, fragte Lestrade galant und nahm in dem grünen Ohrensessel Platz, welchen Dumbledore ihm soeben angeboten hatte.
 

»Wie läuft es mit den Ermittlungen?«
 

Lestrade seufzte und nahm liebend gern die Tasse Tee entgegen, welche Dumbledore bereits in weiser Voraussicht auf dem Tisch platziert hatte.
 

»Der junge Pierot, welcher damals in Hogsmeade angegriffen wurde, ist vor zwei Wochen aus dem Koma erwacht. Es scheint ihm geht es den Umständen entsprechend gut.

Es hat lange gedauert, bis die Heiler und vor allem die Eltern des Jungen einem Verhör zugestimmt haben«, seufzte Lestrade und nippte dabei vorsichtig an seinem Tee.
 

»Wie zu erwarten war, kann sich auch dieses Opfer an nichts erinnern, weder an den Angreifer noch an die Tat selbst, geschweige denn an die Tatsache, wie er überhaupt nach Großbritannien gekommen ist.«
 

» Es scheint, als wären mehrere Monate aus seinem Gedächtnis gelöscht worden«, überlegte Dumbledore und Lestrade runzelte abermals die Stirn.
 

»Die Heiler haben kurzzeitig auch an einen missglückten Amnesia Zauber gedacht, doch eine Sache war doch sehr merkwürdig.«
 

Lestrade machte eine Pause in der Dumbledore die Hände zusammen faltete und sie vor sich auf dem Schreibtisch ablegte.

Er hatte einen ernsten Blick aufgesetzt, als er Lestrade durch die Halbmondgläser seine Brille musterte. Immerhin handelte es sich um einen Schüler, welcher eigentlich unter seiner Obhut stand.
 

»Die Angst in seinen Augen«, erwiderte Lestrade. »Möglicherweise möchte er sich nicht an den Vorfall erinnern und sein Gedächtnis versucht ihn dadurch vor psychischen Schaden zu bewahren.«
 

»Durchaus vorstellbar Inspektor. Sie haben den Zustand des Jungen selber gesehen.«
 

»Nun ja, ich kenne mich mit dieser Art von psychischen Defekten leider nicht aus, um es genauer beurteilen zu können, jedoch steht fest, dass wir keine weitere Gelegenheit dazu bekommen werden den Jungen zu verhören. Er wurde auf Wunsch seiner Eltern aus dem Mungos entlassen und zurück nach Lión überführt.«
 

Lestrade nahm ein Pergament aus seiner Tasche und legte es vor Dumbledore auf den Schreibtisch. Das Dokument bestätigte mit den Unterschriften der Eltern, dass der Junge nicht weiter am Schüleraustausch teilnehmen würde.
 

»Ich verstehe«, murmelte Dumbledore.
 

Er war ruhig und gelassen, wie man es von ihm kannte, dachte Lestrade. Doch ihm war nicht die Sorgenfalte an seiner Stirn entgangen.
 

»Nun ja, wir haben zumindest bis dato, dass ganze Dorf gesichert, die Personalien der dort wohnenden Zauberer überprüft, sowie mehrere Hausdurchsuchungen vorgenommen. Leider konnten wir nichts finden, was irgendwem mit der Tat in Verbindung bringen würde.«
 

Lestrade kratzte sich verlegen am Kopf. Anscheinend waren all seine Bemühungen umsonst gewesen. Die Fährte war nicht in Hogsmeade selbst zu suchen.
 

»Ich fürchte ich habe auch keine besseren Neuigkeiten«, seufzte Dumbledore. »Es konnte nicht herausgefunden werden, wer für das aufhängen der Plakate und den Angriff auf die beiden Schüler verantwortlich ist.«
 

Lestrade winkte ab, als wären das keine Neuigkeiten für ihn.
 

»Ich habe Ihnen gleich gesagt, dass es sich dabei nur um einen makaberen Streich handeln kann.«
 

Dumbledore sah Lestrade durch seine hellblauen Augen an und versuchte in seinem Gesicht abzulesen, ob wenigstens ein wenig Ironie in seiner Stimme mitschwang. Doch da war nichts. Er schien fester Überzeugung zu sein, dass es so geschehen ist.
 

»Nun ja, immerhin ist nun der Erlass durchgerungen, dass an den Hogsmeadewochenenden mehr Auroren in Hogsmeade stationiert sein werden. Das ist eine gute Nachricht, da die Muggelgeborenen Schüler nun wieder ins Dorf können.«
 

Dumbledore schenkte Lestrade ein schmales Lächeln. Er war sich nicht sicher, wie zuverlässig die Ermittlungen des Auroren wirklich waren, doch er hoffte, dass er wirklich wieder sicher im Dorf war. Es durfte nicht noch einmal so etwas passieren.
 


 

***
 


 

Vorsichtig schlich das Mädchen in den Gängen von Hogwarts umher bis es durch Zufall genau das fand, was es finden wollte oder vielmehr die Person, die sie finden musste.
 

Es war nahezu finster. Die einzige Lichtquelle war eine beinahe erloschene Fackel an der Wand, welche in einiger Entfernung langsam zu verglühen schien.

Zudem zog ein feiner Geruch nach Whiskey umher und aus ihrem Versteck konnte sie die kleinen weißen Ringe aus Rauch erkennen, welche er mittels seiner Zigarette formte.
 

James Potter saß auf der steinernen Treppe. Er hatte sich zurückgelehnt und stützte sich mit seinen Händen am Boden ab, um besser in den Himmel schauen zu können.

Sein Blick war in die Ferne gerichtet. Es schien als wäre er in einer anderen Welt, nur physisch anwesend, aber nicht mental.

Sie hatte es schon oft an ihm bemerkt, seine melancholische Seite, der er scheinbar nur selten nach ging, immer wenn er allein war.

Denn mit seinen Freunden lachte er immer viel, anderen gegenüber gab er sich arrogant und selbstsicher.

All das stand im Kontrast zu dieser Seite, die er immer tunlichst vor anderen zu verstecken suchte.
 

Sie war nervös und sich nicht sicher, ob sie zu ihm gehen sollte. Sie wusste, dass sie es so gerne tun würde, sich einfach zu ihm setzen und die Stille genießen. Sich an seine Schulter lehnen und ihm einfach nahe sein. Das war das einzige, was sie wollte. Nicht nur in diesem Moment, sondern für immer. Dennoch zögerte sie und strich sich nervös eine ihrer blonden Haarsträhnen hinter das Ohr.

Tief in ihrem Innern wusste sie, dass er es nicht zu lassen würde. James Potter ließ keine Nähe zu, das hatte er noch nie getan und das obwohl sein Herz nie gebrochen wurde.
 

Als sie ein Geräusch vernahm, presste sie sich dichter an die Wand und versuchte sich nahezu ganz hinter der Ritterrüstung zu verstecken. Sie spürte die Anwesenheit einer weiteren Person und hörte die leisen Schritte langsam näher kommen, als sie in der Dunkelheit dann endlich einen Rotschopf ausmachen konnte. Lily Evans.
 


 

***
 

Lily biss sich auf die Lippe und knetete nervös ihre Hände vor ihrer Brust. Eine Sache, welche in letzter Zeit eine schlechte Angewohnheit von ihr geworden war.
 

Sie war so lange vor ihm weggelaufen, ihm aus den Weg gegangen und nun bot sich eine Gelegenheit mit ihm zu reden. Er war allein. Sie musste einfach zu ihm gehen und ihn danach fragen, denn er war der einzige, der ihr sagen konnte, was am Valentinstag wirklich passiert oder nicht passiert war.
 

Vorsichtig ging sie ein paar Schritte auf ihn zu. Sie räusperte sich leise, doch er reagierte nicht. Erst als sie ihm auf einen halben Meter nahe war, bemerkte sie, wie er abwesend in die Ferne blickte. Er schien in Gedanken versunken zu sein und unbewusst, fragte sie sich woran ein James Potter wohl dachte. Es schien nicht seine Art der philosophische Typ zu sein, denn so hatte sie ihn nie kennen gelernt.
 

Schließlich nahm Lily ihren Mut zusammen, trat neben ihn und setzte sich schließlich in einem Meter Abstand neben ihn auf die Stufen.
 

Sein Blick wandte sich zu ihr um, da er sie endlich bemerkte.

Lily hatte die Beine angewinkelt und die Arme um ihre Knie geschlungen, da es immer noch sehr kalt war.
 

»Sonderbar. Mit dir habe ich hier nicht gerechnet«, sagte er schließlich in die Stille.
 

James runzelte die Stirn und zog die Augenbrauen zusammen. Einen Moment musterte er sie argwöhnisch.
 

»Was willst du?«, fragte er dann barscher, als er es eigentlich beabsichtigt hatte.
 

Lily zuckte zusammen, als sie die Kälte in seiner Stimme wahr nahm. Sie war sich nicht mehr sicher, ob es eine gute Idee war ihn aufzusuchen.
 

»Ich- ich wollte mit dir reden«, sagte sie schließlich.
 

James gab ein schnauben von sich. Sie hatte seit über einem Monat nicht mehr mit ihm geredet, war ihm wochenlang aus dem Weg gegangen und dann setzte sie sich, an seinem Geburtstag plötzlich neben ihn und wollte reden. Sie hatte wirklich eine komische Art, dass zu zeigen, dachte er sich.
 

»Das ist interessant«, sagte er schließlich und Lily verstand nicht ganz was er damit aussagen wollte.
 

»Na los!«, forderte er sie dann direkt auf, sodass Lily nicht weiter über seine Aussage nachdenken konnte.
 

»Kein Grund unfreundlich zu sein«, murmelte Lily vor sich hin, worauf James ihr einen fragenden Blick zu warf. Er schien seinen barschen Ton selbst nicht bemerkt zu haben.
 

»Dein Ton«, erwiderte sie schlicht. »Er ist kalt und berechnend.«
 

James blinzelte ein paar Mal und wandte den Blick schließlich wieder von ihr ab. Er schien darüber nachzudenken, da er die Augenbrauen zusammengezogen hatte.

Lily beobachte ihn von der Seite.
 

»Ich schätze, dass ist eine schlechte Angewohnheit«, antwortete er ihr schließlich und Lily seufzte.
 

Es war schwierig mit ihm zu sprechen, da er eben er war. Zugleich offen und verschlossen, extrovertiert und introvertiert. Er hatte diese merkwürdige Art, die sie immer wieder aufs Neue zu verwirren schien. In einem Moment zuvorkommend und ein Gentleman, im nächsten ein Idiot, der gerne andere verhexte, dann war er wieder arrogant und man spürte wie die Kälte in seiner Stimme die Temperatur um einige Grad ins Minus lenkte und dann saß er da und starrte in die Sterne, philosophierte womöglich in seinen Gedanken vor sich hin.

Er war so viel auf einmal und gleichzeitig war keiner dieser Charakterzüge eindeutig. Er zeigte sie, wann immer es ihm am besten in den Kram passte. Er schien fürchterlich egoistisch zu sein in dieser Angelegenheit.
 

»Du starrst mich an«, durchbrach er plötzlich die Stille.
 

Lily blinzelte ein paar Mal und realisierte dann, dass sie ihn die ganze Zeit angesehen hatte. Ihre Wangen verfärbten sich leicht rosa und sie war froh, dass er es in der Dunkelheit sehr wahrscheinlich nicht sehen konnte. Doch sie war sich nicht mehr so sicher, als sie bemerkte, dass er vor sich hin schmunzelte.
 

»Also, was wolltest du mich fragen?«

»Ähm-«
 

Lily war einen Moment verwirrt und brauchte einen weiteren, um sich wieder zu sammeln. Sie hatte für kurze Zeit vergessen, warum sie überhaupt her gekommen war.
 

»Ich- nun ja ich kann mich nicht vollständig erinnern, was am Valentinstag passiert ist«, setzte sie an. »An ein paar Sachen schon, doch da gibt es einige Dunkel Episoden in meinem Kopf. Ich wüsste einfach gern ob naja ob-«
 

Ihre Stimme wurde bei jedem Wort immer leiser und verstummte schließlich ganz.

James musterte sie von der Seite, doch als sie verstummte, fing er an zu lachen und brauchte einen Moment, um sich wieder zu sammeln.
 

»Sie sind wirklich verklemmt Miss Evans«, lachte er und Lilys Wangen röteten sich noch mehr.
 

»Du willst wissen, ob wir herumgeknutscht oder miteinander geschlafen haben.«

»Wir haben nicht-«, fuhr sie ihn direkt an, brach jedoch direkt wieder ab.

»Woher willst du das wissen, wenn du dich nicht erinnern kannst?«, fragte er mit einem Grinsen im Gesicht, welches Lily für einen Moment aus der Fassung brachte.

»Ich- Du würdest nicht-«, stotterte sie vor sich hin und wieder begann James zu lachen.
 

» So nötig hab ich es nicht. Was denken Sie von mir, Miss Evans?«, schnaubte er und Lily verzog angesichts seiner Arroganz wieder mal das Gesicht.
 

»Nur das schlechteste«, murmelte sie leise, doch James schien es verstanden zu haben, da sein Lachen verstummte und er sie sogleich wieder mit den Augen fixierte.
 

»Wenn wir schon bei diesem Thema sind Miss Evans, darf ich sie davon unterrichten, dass Sie diejenige an diesem Abend waren, die ihre Hände nicht von meinem Gürtel lassen konnte.«
 

Die leichte Röte auf ihren Wangen breitete sich augenblicklich auf ihrem ganzen Gesicht aus.
 

»Du bist ein Idiot und wirst immer einer bleiben«, fuhr sie ihn an, wandte sich von ihm ab und wollte schließlich aufstehen und gehen, da es für sie unter diesen Umständen keinen Sinn mehr hatte hier zu bleiben.
 

Doch im nächsten Moment spürte sie wie seine kühlen Finger sich um ihr Handgelenk schlossen. In einem Ruck zog er daran und Lily landete wieder mit ihren Hintern auf der Treppe, doch diesmal viel näher bei ihm.
 

»Nun frag schon, was du zu fragen her gekommen bist«, durchbrach er ihren aufkommenden Wutanfall.
 

Lily konnte einen leichten Geruch von Feuerwhiskey ausmachen, jetzt wo sie ihm so nahe war und erkannte auch sogleich, das halb leergetrunkene Glas, welches neben ihm auf der Treppe stand. Sie wand sich aus seinem Griff und lehnte sich an die kühle Wand, im rechten Winkel zu ihm.
 

»Langsam langweilt mich das Ganze. Also werde ich dir ein einmaliges Angebot machen«, überlegte er.
 

Lily seufzte, da sie ahnte, dass dabei nichts gutes bei rum kommen würde.
 

»Ich beantworte eine von deinen Fragen, wenn du eine von meinen beantwortest«, sagte er schließlich.
 

Es war ein merkwürdiger Deal, indem Lily sich nun mehr und mehr in der Rolle der gefragten wiederfinden sollte. Lily fragte sich, was er wohl von ihr wissen wollen würde. Was hatte sie schon großartig interessantes zu bieten?

Andererseits war es James Potter, es konnte demnach also unmöglich ein gewöhnlicher Deal sein. Doch wusste sie auch, dass er sehr stur sein konnte. Sie hatte vermutlich keine andere Wahl, als sein Spiel mitzuspielen.
 

»Gut, dann spielen wir eine Weile nach deinen Regeln«, antwortete sie ihm dann.

»Aber, aber Miss Evans. Sie müssen zu geben, dass meine Regeln viel mehr Spaß machen.«
 

Lily seufzte und ihr Blick schweifte abermals zu dem Whiskey Glas in seiner Hand, aus welchem er gerade einen weiteren Schluck der orange-braunen Flüssigkeit trank.
 

»Trinkst du öfter mal einen?«
 

James lächelte, während er den Blick von seinem Glas wieder zu ihr schwenken ließ.
 

»Es ist mein Geburtstag, da darf man sich ja wohl ein Glas genehmigen«, erwiderte er und trank einen weiteren Schluck.
 

Lily runzelte die Stirn und schenkte ihm einen Blick, der sehr wohl ausdrückte, dass sie es ihm nicht glaubte, dass er sonst nicht trinken würde. Vor allem wenn sie an die vielen Quidditch Siegesfeiern dachte.
 

»Gut, also ich möchte wissen, was genau passiert ist am Valentinstag.«
 

»Oh nein«, erwiderte James und schwenkte bedeutend seinen Zeigefinger in der Luft. Du warst eben an der Reihe eine Frage zu stellen, jetzt bin ich dran.«
 

»Ach komm schon!«, drängelte sie, doch tief in ihrem Innern wusste sie, dass es vergeblich war.
 

»Warum wolltest du jetzt mit mir reden und nicht schon in den letzten Wochen? Immerhin ist das ganze schon eine Weile her.«
 

Aus den Augenwinkeln konnte er sehen, wie Lily ihre Arme vor der Brust verschränkt hatte und genervt die Augen verdrehte.
 

»Kannst du dir das nicht denken?«

»Nein.«

»Die ganze Sache war ziemlich unangenehm für mich. Ich hatte keine Kontrolle über meinen Körper und meine Sinne. Ich kann mich ja kaum an irgendetwas erinnern. Ich hatte gedacht, dass du über mich lustig machen würdest, was du vermutlich auch hast, aber dennoch bin ich froh, dass es nicht die ganze Schule weiß und naja ich wollte eine Gelegenheit abpassen, in dem deine bessere Hälfte nicht zu allen seinen Senf dazugeben kann, schätze ich.«
 

James schmunzelte, als er sich Sirius' Gesicht vorstellte und alles was er sagen würde, wenn er hier bei ihnen wäre. Dennoch überraschte es ihn, dass Lily Evans sich auf seine Regeln eingelassen hatte.
 

»Daher muss ich unbedingt wissen, ob wir naja- du weißt schon«, druckste Lily ein wenig herum und sah dabei starr auf den Boden.
 

»Nein, wir haben nicht “du weißt schon“«, erwiderte er, kam aber nicht umher arrogant zu grinsen, während er sie dabei beobachtete wie sie mit ihrem Zeigefinger Kreise auf der Treppenstufe malte.

James spürte wie sie erleichtert ausatmete und konnte aus den Augenwinkeln erkennen, wie sich ein kleines, erleichtertes Lächeln auf ihren Lippen formte.
 

»Warum bist du immer so verklemmt?«, fragte er dann.

»Ich bin nicht verklemmt!«, erwiderte sie trotzig.

»Welche Farbe hat deine Unterwäsche?«

»Potter!«, fuhr sie ihn an, worauf James wieder zu lachen begann.

»Rot«, erwiderte er dann und trank ohne sie anzusehen einen weiteren Schluck aus seinem Whiskey Glas.
 

Lily blinzelte ein paar Mal verwirrt, da er tatsächlich Recht hatte. Dennoch fragte sie sich, woher er das wusste.
 

»Der Knopf an deiner Bluse ist offen, weißt du«, beantwortete er ihre ungefragte Frage und trank gelangweilt einen weiteren Schluck aus seinem Glas, während Lily hastig ihren Knopf zu machte.

»Du bist so ein-«

»Idiot, ich weiß.«
 

»Miss Evans, Sie sind selbst dabei verklemmt, während sie behaupten, dass Sie nicht verklemmt sind«, lachte er und Lily murmelte etwas unverständliches vor sich hin.
 

»Ist ja gut«, zischte sie ihm dann zu, während sie in ihrer Tasche wühlte und schließlich einen dunkelgrauen Gryffindor Cardigan aus Lammwolle herauszog.
 

»Warum habe ich deinen Cardigan getragen?«, fragte sie ihn dann und reichte ihm seine Strickjacke.
 

»Dir war kalt«, antwortete er schlicht. »Da habe ich dich damit zugedeckt.«

»Oh«, erwiderte Lily leise.
 

Es war offensichtlich, dass sie wohl mit einer anderen weitaus nervenaufreibenderen Antwort gerechnet hatte.
 

»Welch perverse Erwartung hatten Sie denn dazu Miss Evans?«, lachte er und die Röte in Lilys Gesicht erreichte mittlerweile auch ihre Ohren, während sie mit zusammengepressten Lippen versuchte, ihn möglichst nicht anzusehen.
 

»Nicht das was du wieder denkst«, zischte sie ihm zu.
 

»War das ein Scherz oder dein ernst, als du vorhin meintest, ich konnte meine Hände nicht von deinem Gürtel lassen?«
 

»Vielleicht habe ich es ein wenig ausgeschmückt, doch im Grunde stimmt diese Aussage.«
 

»Geht das vielleicht ein bisschen genauer?«, erwiderte sie spitz und fragte sich dabei insgeheim, ob man eigentlich noch dunkelroter werden konnte, als sie es ohne hin schon war?
 

Möglichst unauffällig versuchte sie James Potter aus den Augenwinkeln musterten. Dieses Gespräch, welches Lily so unglaublich schwer gefallen war und immer noch peinlich und unangenehm ist und auch in Zukunft sein würde, war für ihn scheinbar ein nettes Plauderstündchen in seiner Abendunterhaltung. Jedenfalls hatte er viel zu lachen an seinem Geburtstag.
 

»Du konntest deine Finger eben nicht von mir lassen und hast die ganze Zeit deine Arme um mich geschlungen oder um mein Bein, wenn ich mich auch nur einen Meter von dir entfernen wollte. Tja und wie du dir denken kannst, wie das halt so ist, wenn man unter den Bann eines Liebestrankes steht, hast du versucht mich flachzulegen. Da hast du Glück gehabt, dass ich so ein Gentleman bin, manch einer hätte so eine Situation schamlos ausgenutzt.«
 

Seine Stimme trotzte nur so vor Arroganz und Selbstverherrlichung. Er schien unverbesserlich zu sein, in dieser Hinsicht. James überlegte ob er möglicherweise ein wenig zu dick aufgetragen hatte, doch immerhin hatte sie ihn doch nach der Wahrheit gefragt?
 

»Danke«, hörte er plötzlich Lilys Stimme sagen und sah sie überrascht an.

Denn damit hatte er absolut nicht gerechnet.
 

Lily selbst, erkannte den Inhalt ihrer Worte erst, als sie sie bereits ausgesprochen hatte, schien es aber im Nachhinein nicht zu bereuen.
 

»Du hast Recht, man hätte meine Situation ausnutzen können, aber du hast es nicht getan. Weder damals noch im nach hinein und dafür danke ich dir.«
 

James Potter war einen Moment lang sprachlos, was man überhaupt nicht von ihm kannte. Er hatte immer auf alles eine Antwort oder freche Widerworte zu geben, doch diesmal nicht. Er war einfach still, ließ ihre Worte auf sich wirken und als er darüber nachdachte, stellte er fest, dass sie recht hatte. Man hätte ihre Situation und deren Auswirkungen ausnutzen können, doch er hatte es nicht getan, wo es doch sonst immer seine Art war, Leute mit allen Möglichen aufzuziehen.
 

»Eigentlich wärst du ja jetzt dran, eine Frage zu stellen, aber bevor ich gehe, wollte ich dich fragen, naja, warum du an deinem Geburtstag hier draußen allein herumhockst? Ist es nicht eher euer Stil eine laute, geschmacklose Party zu veranstalten, wie eben diese, die gerade läuft?«
 

»Hab mich gelangweilt«, sagte er schlicht. »Die Party, die gerade läuft, ist eher Sirius' Stil.«
 

»Das stimmt wohl«, murmelte Lily als sie an Sirius Blacks letzte Tanzeinlage dachte.
 

»Na ja, dann danke für deine Hilfe und so«, murmelte sie schließlich, als sie sich mit der rechten Hand auf der steinernen Stufe abstützte, um wieder auf die Beine zu kommen.
 


 

***
 


 

Der Rotschopf verschwand wieder in der Dunkelheit und ließ James allein zurück.
 

Dieser leerte sein Glas in einem Zug, griff in seine Jackentasche und holte schließlich eine Schachtel Zigaretten hervor.

Er betätigte sein Benzinfeuerzeug und in der Dunkelheit erkannte sie wie die Spitze seiner Zigarette zu glühen begann, bevor das Feuerzeug wieder in seiner Tasche verschwand.
 

Diesmal blickte er nicht in die Sterne sondern schaute auf den Boden, während er in schnellen Zügen seine Zigarette auf rauchte. Er schien über etwas nachzudenken und irgendwie traute sie sich nun nicht mehr zu ihm herüber zu gehen.

Bilder an der Wand

35. Akt: Bilder an der Wand
 

„To all the girls who no longer believe

in fairy tales or happy endings:

You are the writer of this story.

Chin up and straighten your crown,

you're the queen of this kingdom

and only you know how to rule it.

~B. Devine


 

»Wo bist du gestern hin verschwunden, Prongs?«, fragte Sirius entrüstet und zog dabei gekonnt einen Schmollmund, so wie es Betty Miller immer tat, wenn sie Sirius davon überzeugen wollte mit ihm auszugehen.

»Ich war nur rauchen«, antwortete James knapp, während er seine Bettdecke ein wenig länger als üblich ausschüttelte, bevor er sie wieder auf sein Bett legte.
 

»Du warst über eine Stunde verschwunden«, erwiderte Peter.

»Hast du die Zeit gestoppt?«, zischte James ihm zu.

»Nein natürlich nicht«, erwiderte Peter, als hätte man tatsächlich eine Antwort von ihm erwartet.
 

»Dabei habe ich mir so viel Mühe mit der Party gegeben«, seufzte Sirius.

»Könnt ihr das später klären?«, unterbrach Remus, Sirius aufkommendes theatralisches Herum-Gestöhne.
 

Remus stand bereits an der Tür und hatte seine Schultasche über die Schulter gehangen. Hin und wieder hatte er nervös auf seine Armbanduhr geblickt, doch seine Freunde folgten wie üblich ihrer äußerst langsamen und Zeit schindenden Morgeroutine.

»Wir kommen zu spät zum Unterricht«, fügte er an Sirius gewandt hinzu.
 

Sirius murmelte Peter etwas zu, was Remus nicht ganz verstanden hatte, jedoch musste Peter sofort kichern, als sein Blick auf ihn fiel.
 

»Los jetzt«, drängelte Remus weiter und bugsierte seine Freunde durch die Tür und zum Portrait hinaus auf den Flur.
 

»Wir sparen 5 Minuten, wenn wir den Geheimgang benutzen«, erwähnte Sirius beiläufig und schenkte Remus dabei ein besserwisserisches Grinsen.
 

»Na schön, aber Beeilung«, drängelte Remus, als er seinen Freunden zum nächsten Geheimgang folgte.
 

Peter knabberte derweil nervös an seinen Fingernägeln und beobachtete James dabei, wie er den Wandvorhang beiseite schob und als erstes in den dunklen Gang kletterte.
 

»Lumos«, murmelte James und an der Spitze seines Zauberstabes glühte es hell auf.
 

»Wo warst du nun gestern so lange?«, harkte Peter erneut nach, obwohl er sich sicher sein konnte, dass er James damit auf die Nerven ging.

»Sei nicht immer so neugierig Wurmschwanz, was soll schon spannendes passiert sein«, erwiderte Sirius gähnend.
 

»Ich bin draußen Lestrade begegnet«, sagte James plötzlich und seine drei Freunde wandten sich zu ihm um.

»Und weiter?«, fragte Peter nervös.

» Er war auf dem Weg zu Dumbledore. Ich nehme an um die Lage um Hogsmeade und den Angriff auf diesen Jungen zu besprechen.«

»Vermutlich«, stimmte Remus ihm zu.
 

Es wunderte ihn, dass er Evans mit keinem Wort erwähnt hatte, wo er seinen Freunden und vor allem Sirius doch sonst immer alles erzählte. Doch irgendwie war er nicht in der Stimmung darüber zu reden. Warum sollte er auch? Es gab nichts besonderes, was sie unbedingt wissen mussten.
 

»Glaubst du sie haben die Todesser gefasst?«, fragte Peter nachdenklich.
 

James und Sirius stießen gleichzeitig ein Geräusch der Empörung aus und mussten sich direkt angrinsen als sie feststellten, dass sie es zeitgleich getan haben.
 

»Ich denke bei so großen Neuigkeiten, hätte es direkt einen großen Artikel im Tagespropheten gegeben Wormy.«

»Eben, die wären doch froh zur Abwechselung mal gute Nachrichten bringen zu können«, meinte Sirius.

»Es fragt sich nur wie vertrauenswürdig der Tagesprophet noch ist«, murmelte Remus, als die vier gerade den Klassenraum erreicht hatten.
 

Wie üblich an einem Montag Morgen war Professor Slughorn bereits bester Laune, als die vier zur Tür herein kamen. James blickte sich im Raum um und erkannte, dass die Tische zu Gruppentischen umgestellt wurden.

»Sieht so aus, als würden wir heute wieder praktisch arbeiten«, meinte Remus, als er ebenfalls die neue Sitzordnung begutachtete.

»Wie kann man um diese Uhrzeit nur so gute Laune haben?«, seufzte Peter nach einem Blick auf Slughorn, als sich die vier an einem der Gruppentische weiter hinten platzierten.
 

Es geschah nur einen Moment später, als James den Blick von seinen Freunden abwandte und zur Tür schweifen lies. Dort kamen gerade drei Mädchen, außer Atem zur Tür herein. James erkannte den Rotschopf, welcher als letztes durch die Tür kam sofort.

Sie schloss hastig die Tür hinter sich, bevor sie sich wieder umwandte. Ihr Blick war auf den Boden gerichtet, als sie sich eine ihrer roten Locken hinter das Ohr strich.

Dann schweifte ihr Blick durch den Klassenraum. Auch sie schien die neue Sitzordnung bemerkt zu haben. Und dann streiften sich ihre Blicke
 

James bemerkte es nicht wirklich, doch er musste lächeln und sie erwiderte sein Lächeln sogar bis Rosalie Pond an ihrem Arm zerrte und sie zum nächstgelegenen Gruppentisch bugsierte.
 

James fuhr sich durch die Haare, während er ihr noch einen letzten Blick zu warf, bevor Peters Stimme ihn aus seinen Gedanken riss.
 

Remus beobachtete seinen Freund dabei wie er dem rothaarigen Mädchen hinterher sah und fragte sich insgeheim wie scheinbar über Nacht aus Ignoranz, dass hier geworden ist; was immer es auch war, was die beiden nun waren.

Jedoch wurde Remus schnell von der Tatsache abgelenkt, dass Sirius gerade ordentlich sein Zaubertränkebuch, sowie einige Pergamentrollen und seine Schreibfeder auf dem Tisch sortierte.
 

»Hast du etwa deine Hausaufgaben gemacht?«, fragte Peter sichtlich schockiert darüber.

»Natürlich«, erwiderte Sirius gespielt entrüstet. »Das ist schließlich ein wichtiges UTZ Fach im Abschlussjahr.«

»Woher der plötzliche Sinneswandel?«, fragte Remus misstrauisch.

»Und diese Frage vom Oberprediger der gemachten Hausarbeiten?«, sinnierte Sirius, als Professor Slughorn, um Ruhe bat, um den Unterricht beginnen zu können.
 

Wenige Minuten später, schossen nicht nur Remus Augenbrauen, sondern die der ganzen Klasse nach oben, als Sirius sich meldete, um einige sinnvolle Beiträge für das Unterrichtsgeschehen zu leisten.
 

»Das ist echt gruselig«, murmelte Remus zu James gewandt, welcher ihm nur nickend zustimmen konnte.
 

Es war äußerst ungewöhnlich für Sirius so gut vorbereitet in einem seiner Hassfächer zu erscheinen. Professor Slughorn schien der einzige zu sein, dem diese plötzliche Umstellung nicht auffiel. Er behandelte Sirius so, als wäre er schon immer am Hauptgeschehen im Klassenraum beteiligt gewesen.
 

Sirius' Sinneswandel fiel den anderen Rumtreibern auch in Zauberkunst und am Nachmittag in Verwandlung auf und das obwohl Sirius sich auch ohne seine streberhafte Vorbereitung in diesem Fach immer gut beteiligte.
 

Als Professor McGonagall den Verwandlungsunterricht beendete, beschloss Remus das ganze im Auge zu behalten. Sirius Verhalten war wirklich mysteriös
 

»Gehen wir zusammen zum Vertauensschülertreffen?«, durchbrach plötzlich jemand seine Gedanken.
 

Als Remus sich umwandte erkannte er Lily, welche bereits ihre Tasche über die Schulter geschlungen hatte und auf ihn wartete.
 

»Na klar«, erwiderte Remus sofort.

Das Treffen hatte er beinahe vergessen.
 

»Jungs wir sehen uns später«, sagte Remus kurz zu seinen Freunden, bevor er sich wieder zu Lily umwandte.
 

Jedoch war ihm nicht entgangen, wie James ihr einen Moment lang hinterher blickte. Remus zog die Augenbrauen zusammen und dachte über James ungewohntes Verhalten nach. Doch ein Seitenblick zu Lily zeigte deutlich, dass sie nicht mehr so steif und nervös war wie in den letzten Woche. Sie wirkte sogar irgendwie fröhlicher. Es musste also irgendetwas passiert sein. Er wusste nur noch nicht was.
 

»Was ist mit Black los, ist er jetzt zum Superstreber mutiert? «, unterbrach Lily dann seinen Gedankengang.

»Ich habe nicht die geringste Ahnung«, erwiderte Remus mit erhobenen Händen. »Es war ein Schock für uns alle, aber ich bin gespannt wie lange es anhalten wird.«

»Vermutlich nicht sonderlich lange«, lachte Lily. »Aber es scheint beinahe so, als hätte er endlich erkannt, dass man seine UTZ's nicht geschenkt bekommt.«

»Möglich«, erwiderte Remus knapp, überlegte jedoch, ob das ganze etwas mit der Berufsberatung vor ein paar Tagen zu tun hatte.
 

Wenig später hatten sich die Vertrauensschüler aller Häuser sowie die Schulsprecher in ihrem üblichen Raum versammelt. Remus und Lily saßen wie immer in der letzten Reihe.
 

»Danke, dass ihr alle so kurzfristig erschienen seit«, begrüßte Anne sie. »Wir haben heute Morgen eine wichtige Neuigkeit von der Schulleitung erhalten, die wir umgehend mit euch besprechen wollten, bevor sie an das schwarze Brett gehangen wird.«
 

Anne hatte nunmehr die Aufmerksamkeit von allen Vertrauensschülern. Eine Anordnung der Schulleitung konnte doch nichts gutes Verheißen. Vermutlich noch mehr Sicherheitsmaßnahmen, überlegte Remus. Immerhin war Lestrade bei Dumbledore und wenn sie die Täter noch nicht gefasst haben, hieße das vielleicht Hogsmeadeverbot für alle oder schlimmeres.
 

»Ihr braucht nicht solche Gesichter zu ziehen«, sagte Anne dann belustigt, als sie ihren Blick durch die Menge schweifen ließ.

»Es handelt sich diesmal um eine halbwegs gute Nachricht. Es gibt zwar noch keine Neuigkeiten wegen dem Vorfall in Hogsmeade, jedoch gab es eine Unterredung des Schulleiters mit den dort stationierten Auroren. Das Dorf wurde wieder als so sicher erachtet, dass beim nächsten Termin in einigen Wochen wieder alle Schüler nach Hogsmeade dürfen.«
 

Leises Gemurmel brach im Klassenraum aus. Mit diesen Nachrichten hatte wohl niemand gerechnet.Es war nicht zu übersehen wie sehr Lily sich freute, da sie einen Freudenschrei unterdrückte und stattdessen lieber ihre Fingernägel in Remus Handgelenk schlang.
 

»Wir dürfen wieder ins Dorf«, fiepte sie ihm nervös zu.

Remus hingegen lächelte nur matt, da er damit beschäftigt war Lily Finger von seinem Handgelenk zu lösen, bevor sie ihm damit die Haut abschrabbte.
 

»Uns wurde zugetragen, dass an den Hogsmeadewochenenden mehr Auroren im Dorf stationiert sein würden, um für mehr Sicherheit zu sorgen. Allerdings sei das alles nur eine reine Vorsichtsmaßnahme. Das Zaubereriministerium erachtet die Stadt als vollkommen sicher für alle Muggelgeborenen«, erwiderte Chad und hatte sein Siegerlächeln aufgesetzt.
 

Lily hatte im Vorfeld mitbekommen, dass die Schulsprecher sich sehr dafür eingesetzt hatten, dass wieder alle Schüler nach Hogsmeade durften.

Es hat zwar seine Zeit gedauert, aber Lily bezweifelte, dass sie in diesem Schuljahr hätte ins Dorf gehen dürfen, wenn die beiden nicht gewesen wären.
 

Chad und Anne sinnierten noch über ein paar Sicherheitsmaßnahmen des Ministeriums, bevor alle eine halbe Stunde später entlassen wurden. Lily war die erste, die hastig nach ihrer Tasche griff und nach vorne rannte, um sich bei den Schulsprechern für ihren Einsatz zu bedanken.
 


 

***
 


 

Währenddessen hatten James, Sirius und Peter ihre Sachen an einem der Tische im Gemeinschaftsraum ausgebreitet. Besonders Sirius schien konzentriert zu sein, als seine Feder den nächsten Satz auf das Pergament schrieb.
 

»Ich kann immer noch nicht glauben, dass du gerade ernsthaft deine Hausaufgaben machst«, erwiderte Peter nur kopfschüttelnd.
 

Sirius musste grinsen. Mit so einer Reaktion seitens seiner Freunde hatte er bereits gerechnet. Jedoch wollte er nicht zugeben, dass McGonagall ihm eingebläut hatte, dass er bis zum Schuljahresende seine Noten verbessern musste, um in die entsprechenden UTZ Kurse zu kommen.
 

James hingegen hatte sich in seinem Stuhl zurückgelehnt und blickte gedankenverloren aus dem Fenster, während er mit dem kleinen goldenen Schnatz spielte, welchen er im letzten Schuljahr nach dem großen Sieg geklaut hatte.
 

»Den hast du immer noch?«, fragte Remus mit hochgezogener Augenbraue, als er zu seinen Freunden an den Tisch trat. »Ich habe dich seit Monaten nicht mehr damit rumspielen sehen. Greift da jemand wieder zu alten Gewohnheiten?«
 

»Wir bleiben schließlich immer wir selbst, egal wie sehr wir uns verändern.«

Sirius blickte von seinem Pergament auf und sah James mit hochgezogenen Augenbrauen an.

»Haben wir eine Depressionsphase oder warum lässt du den Melancholiker raus hängen?«, fragte Sirius verwundert.
 

»Wenn du neuerdings den Streber raus hängen lässt, darf ich mal den Melancholiker spielen«, erwiderte James nur und schob Sirius grinsend sein Zaubertränkebuch zu. »Ich glaub das musst du noch fertig machen.«
 

»Du bist heute schlimmer als Moony es je wahr«, murmelte Sirius genervt, widmete sich jedoch wieder seinem Aufsatz.
 

Remus fragte sich, ob James wirklich nur den Melancholiker raushängen lassen wollte, oder ob ihn wirklich etwas beschäftigte.
 


 

***
 


 

Tempus fugit. Die Zeit schien wirklich wie im Flug zu vergehen. Die Tage strichen dahin wie Momentaufnahmen und zu Lilys Überraschung waren diese Tage weitaus angenehmer als jene im gesamten restlichen Schuljahr. Es gab keine Missverständnisse, keine Peinlichkeiten, keine Auseinandersetzungen.

Es schien sehr friedlich in Hogwarts zu sein und nicht einmal der ganze Lernstress schien den Oberschülern die Stimmung zu verderben. Vor allem nicht wenn jetzt alle wieder nach Hogsmeade gehen durften.
 

Sogar um die Rumtreiber wurde es ruhiger. Es gab seit einigen Wochen keine Unruhe und keine Streiche mehr. Sirius Blacks mysteriöses streberhafte Verhalten hielt immer noch an und so langsam glaubten sogar die Lehrer, dass er schon immer diese Art von Schüler war.
 

Auch die Slytherins verhielten sich ungewöhnlich ruhig und fingen selbst nach dem letzten Quidditchspiel keinen Streit an.
 

Vielleicht waren alle einsichtig geworden und erwachsen oder zumindest tolerant.

Doch das konnte sich niemand so recht vorstellen. Die meisten betrachteten diese Stille eher als Waffenruhe oder auch als Ruhe vor dem Sturm.
 

Es hatte bisher kein Schuljahr gegeben, was nicht mit etwas unvorhergesehenen geendet hatte und so sollte es auch wieder sein.

Es wusste nur noch niemand wann es passieren würde.
 

Vielleicht würden die Rumtreiber auf die Idee kommen doch noch einen Abschlussstreich zu planen oder Mulciber und seine Leute würden mal wieder irgend eine Gemeinheit oder Intrige aushecken. Doch bisher geschah einfach gar nichts. Es lag noch alles im Dunkeln, bis heute.
 

Es waren nur wenige Sekunden der Unachtsamkeit. Sie hatte es nicht kommen sehen. Sie hatte ihn nicht kommen sehen. Aber vermutlich hatte er es sowieso aus purer Absicht getan. Es war einer dieser Momente, der so langsam zu vergehen schien, als würde die Zeit rückwärts laufen.

Die Bücher und anderweitigen Utensilien, welche sie zuvor, in einer zugegeben etwas wackeligen Konstruktion, in ihren Armen gestapelt hatte, fielen zu Boden und während Lily gegen die Tischkante zu donnern drohte, fiel ihr Blick auf Mulciber, welcher sich im Vorbeigehen zu ihr umwandte. Sie konnte das hämische Grinsen in seinem Gesicht sehen. Es war Absicht, pure Absicht gewesen!
 

Und dann fiel sie gegen die Tischkante, kam mit dem Fuß falsch auf und landete auf dem Boden, während man in der sonst so ruhigen Bibliothek jeden einzelnen dumpfen Aufprall eines jeden Buches hören konnte, welches sie wenige Sekunden zuvor noch in den Händen gehalten hatte.
 

Einen Moment später spürte sie, wie sich ihr jemand näherte, sich zu ihr herunter beugte und ihrem Arm berührte. Sirius Black.
 

»Ist alles in Ordnung, Evans?«, fragte er. Besorgnis klang in seiner Stimme mit.
 

Einen kurzen Moment später hörte man ein wütendes Zischen der Empörung und daraufhin brach leises Gelächter in der Bibliothek aus.

Lily und Sirius blickten gleichzeitig auf und mussten selber anfangen zu lachen, als sie Mulcibers rot gepunktete Unterhose sehen konnten.
 

James Potter hatte seinen Zauberstab gezückt. In seinem Gesicht war sein Siegerlächeln zu sehen, welches er nach nahezu jedem Quidditchspiel trug.

Einen Meter entfernt stand ein erzürnter Mulciber, dessen Hosennähte vollkommen aufgerissen waren und dementsprechend halb entblößt mitten in der Bibliothek stand. Wütend zückte Mulciber seinen Zauberstab, doch statt zu reagieren, lies James Potter den seinen unauffällig in der Tasche verschwinden.
 

Das Gelächter verstummte urplötzlich und alle wandten sich schnell wieder ihren Arbeiten zu, als die Bibliothekarin dem Geschehen beitrat.

Madam Pince' Gesichtsausdruck konnte sich nicht so recht zwischen Entsetzen und Empörung entscheiden. Man konnte förmlich spüren wie sie innerlich schnaubte und versuchte sich zusammenzureißen und nicht wild drauf los zu brüllen, angesichts dessen, was gerade mal wieder für ein Chaos in ihrer geliebten Bibliothek herrschte.
 

»Ich dulde keine Unruhe in meiner Bibliothek!«, zischte sie mit einem Blick auf das Chaos am Boden. »Und auch keine Duelle«, fügte sie mit einem schnauben hinzu, als sie Mulcibers Zauberstab in seiner Hand wahr nahm.

Madam Pince begutachtete seine Erscheinung einen Moment, als sie die aufgerissenen Hosennähte entdeckte.

»Vielleicht finden sie das ja modern. In meiner Bibliothek dulde ich jedoch keine unangemessene Kleidung.«
 

Es war ein eindeutiges Signal, dass er die Bibliothek umgehend verlassen musste.

Man konnte förmlich hören, wie er mit knirschenden Zähnen an James vorbei ging und dabei versuchte ihn 'aus versehen' mit der Schulter an zu rempeln.
 

»Und Sie werden sofort dieses Chaos beseitigen und zwar leise«, zischte sie James zu.
 

Sie betonte jedes Wort und James musste sich zusammenreißen nicht lauthals los zu lachen, als er ihr zuckendes Augenlid begutachtete. Es würde sicher nicht mehr viel fehlen, bis sie einen kompletten Tobsuchtsanfall erleiden würde.
 

Trotzdem schüttelte James nur grinsend den Kopf und begann die Utensilien auf dem Boden einzusammeln und die Bücher wieder zu stapeln.

In Gedanken überflog er einige Titel auf den Einbänden: Aufstände der Kobolde im 18Jhrd., Historie der Zaubereiminister des 19. und 20. Jhrds. …

James verdrehte die Augen bei nicht gerade wenigen Titeln.
 

Hatte Evans etwa vor einen UTZ in Geschichte der Zauberei zu absolvieren?

Damit wäre sie vermutlich die einzige in den letzten 5000 Jahren, die tatsächlich eine Prüfung in diesem Fach ablegte.
 

Und da lag es, nur wenige Zentimeter entfernt, offen auf dem Boden; ein in Leder eingebundenes Buch, welches sich als Zeichenblock entpuppte.

James erkannte die Skizze eines grünen Sofas auf dem ein Mädchen mit roten Haaren lag, während ein Junge mit schwarzem Haar ihr einige Strähnen aus dem Gesicht strich.
 

Mit einem Seitenblick zu Lily, welche Sirius gerade versicherte, dass alles in Ordnung sei und sie sich nicht verletzt habe, streckte er seinen Arm aus und schob mit zwei Fingern den Block etwas näher zu sich und blätterte eine Seite weiter.

Diesmal war eine weitaus genauere Zeichnung zu sehen. Eine Nahaufnahme zweier Gesichter die sich sehr nahe waren, sodass ihre roten Haare seine Wangen berührten.
 

Es war offensichtlich, dass er der schwarzhaarige Junge war.

Die Momente am Valentinstag im Raum der Wünsche. Sie musste sie gezeichnet haben aus den Erinnerungsfetzen heraus, welche wohl unbewusst in ihrem Kopf herum geschwirrt haben.
 

»Au!«, zischte Lily, als Sirius sie gerade wieder auf die Beine stellte.
 

In einer Bewegung schnellte James' Kopf zu ihr und schlug währenddessen den Block zu, da er befürchtete, sie könnte es gesehen haben.
 

»Also hat er dir doch weh getan«, sagte Sirius, während er nach ihrem Arm griff, um sie festzuhalten, damit sie nicht wieder hin fiel.

»Nein, ich bin nur mit dem Fuß falsch aufgekommen, das wird schon wieder.«

»Sollten wir dich nicht doch besser in den Krankenflügel bringen?«, überlegte James. Seine Stirn offenbarte eine Sorgenfalte.

»Nein, es geht schon. Außerdem habe ich dafür keine Zeit. Morgen ist der Aufsatz fällig.«
 

»Hey!«, fuhr sie James an und riss ihm den Block unter der Nase weg. Nun war er doch froh, dass sie nicht bemerkt hatte, dass er doch kurz rein gesehen hatte.
 

»Ich wollte nur helfen«, erwiderte James mit einem unschuldigen Lächeln und reichte ihr die Bücher, welche er bereits eingesammelt hatte.
 

»Danke«, murmelte sie leise, als sie ihm die Bücher aus der Hand nahm.
 

Einen kurzen Moment berührten sich ihre Fingerspitzen und James spürte eine gewisse Wärme, welche ihre Hände ausstrahlten.

Doch dann war dieses Gefühl plötzlich verschwunden. Ihr rotes lockiges Haar schwang um ihre Schultern, als sie ihren Kopf umwandte. James nahm ihren Geruch wahr, als sie gerade dabei war aus der Bibliothek zu verschwinden.
 

Ein weiterer Moment zwischen ihnen, welchen James bisher noch nicht einordnen konnte.
 

In Gedanken schob er diesem Moment, wie in einem Denkarium, in einen See aus vielen kurzen Sequenzen zwischen ihnen, die alle noch im Nebel lagen. Irgendwie waren sie da, doch der rauchige Nebel verbarg noch den Kern dessen, was es bedeuten sollte.
 

»Gehen wir Prongs?«, riss Sirius ihn aus seinen Gedanken und James folgte seinem Freund aus der Bibliothek.
 


 

***
 

17 Stunden später...
 

Es war wie in einem Alptraum. Das Gelächter um sie herum wurde immer größer. Ständig zeigte jemand mit dem Finger auf sie. Ständig hatte sie eines der Bilder vor Augen. Sie waren überall an jeder Wand, an jeder Tür, an jedem Fenster.

Es war nahezu unmöglich, dass irgendjemand es nicht gesehen hatte und wenn doch würden die bereits kursierenden Gerüchte sicher dafür sorgen, dass es alle anderen auch wussten.
 

“Lily Evans war besessen von James Potter und nicht nur das, es ging sogar so weit, dass sie sich Sachen ausdachte. Sie zeichnete Dinge, die sie von ihm wollte und stellte sich insgeheim eben diese Szenarien vor. Wirklich erbärmlich!“
 

Das war wohl das am häufigsten kursierende Gerücht, was momentan herum ging und sie war der ganzen Situation noch nicht einmal zwanzig Minuten ausgesetzt.
 

Und da stand er plötzlich, nur wenige Meter entfernt.

Er kam wohl gerade aus seinem Schlafsaal. Verstohlen warf sie ihm einen Blick zu, während die Erinnerungen aus der Vergangenheit wie Momentaufnahmen durch ihren Kopf fuhren.
 


 

***
 

»Er hat euch nichts getan. Hört sofort auf Severeus zu quälen«, feixte Lily, als Sirius Black gerade erneut seinen Zauberstab auf ihn gerichtet hatte.
 

»Nun ich könnte dafür sorgen, dass mein Freund hier ihn sofort herunter lässt, wenn....«

James machte eine Kunstpause. Lilys Augen verengten sich zu Schlitzen.

»Wenn was?«, fragte sie wütend.

»Ein Kuss Evans, dann sage ich Sirius, dass er ihn runter lassen soll.«

»Du arroganter Mistkerl«, fuhr sie James an.
 

(10.Akt)
 


 

***
 

»Es sollte verboten werden, das jemand wie du so schön ist«, sagte Mulciber mit einem überheblichen Grinsen im Gesicht, während er mit ihrer Haarsträhne spielte.

Wütend schlug Lily seinen Arm weg.
 

(10.Akt)
 


 


 

***
 

»Was willst du denn von der? Sie hat ja noch nicht mal richtige Brüste«, keifte Sirius, als er seinen Freund dabei beobachtete wie er mit Lily Evans flirtete.
 

(14.Akt)
 


 

***
 


 

Mit zusammen gepressten Lippen fixierte Lily den Mistelzweig über ihr. Es war niemand zu sehen in dem spärlich beleuchteten Korridor und es gab scheinbar nur eine Option um aus dieser Situation hinaus zu gelangen. Doch diesen Weg wollte sie nicht wählen.
 

»Es ist nur ein Kuss Evans, was bedeutet das schon?«, drang plötzlich James Potters Stimme an ihre Ohren.
 

(15. Akt)
 


 

***
 

»Sev, wollen wir später nochmal Verwandlung zusammen durchgehen?«, fragte Lily ihn freundlich, während sie ihre Schultasche fest umklammert hielt.
 

»Ähm, weisst du ich- ich-«, stotterte Severus, während er in seinem Nacken die eisigen Blicke seiner Freunde spüren konnte.
 

»Das du dich traust uns Reinblüter anzusprechen«, höhnte Avery.

»Wenn ich mir den Tagespropheten so anschaue, würde ich sagen du solltest aufpassen Evans, dass dein hübscher Schlammblüterkopf nicht der Nächste auf der Liste ist«, erwiderte Mulciber mit einem abartigem Grinsen im Gesicht.
 

(19.Akt)
 


 

***
 

Severus hing mit dem Kopf nach unten in der Luft, während die Zauberstäbe von Sirius Black und James Potter ihn in Schach hielten.
 

»Lasst ihn runter, sofort!«, forderte sie die beiden auf.

»Wenn du mit mir ausgehst, Evans«, sagte James mit einem arroganten Grinsen im Gesicht. »Geh mit mir aus und ich richte nie wieder den Zauberstab auf den ollen Schniefelus.«
 

»Mit dir würde ich nicht mal ausgehen, wenn ich die Wahl zwischen dir und dem Riesenkraken im See hätte«, erwiderte Lily kühl.
 

(19Akt)
 


 

***
 


 

»Ich brauche keine Hilfe von dreckigen kleinen Schlammblüterinnen wie der!«, schrie Snape.
 

Lily blinzelte, verzog jedoch keine Miene.
 

(19Akt)
 


 

***
 


 

»Lass mich endlich runter du Mistkerl!«, fuhr Lily James Potter erneut an, welcher sie über seine Schulter geworfen hatte.
 

Doch diesmal ignorierte er ihr Gezeter nicht und blieb am Ende des Holzstegs am See stehen.
 

»Mit dem größten Vergnügen Miss Evans«, antwortete er dann und warf sie mit voller Wucht in den See.
 

Lily schrie auf, als sie mit dem Rücken in das kalte Wasser des Sees abtauchte. Ihr Körper war nicht mehr zu sehen und Blubberbläschen tauchten an der Oberfläche des Sees auf. Es dauerte einen Moment, doch dann schnellte ihr Kopf nach Atem ringend aus dem Wasser.

Ihre roten Haare klebten ihr im Gesicht. Wütend funkelte sie James Potter an, welcher immer noch auf dem Holzsteg stand und ihr ein kühles und zugleich arrogantes Lächeln schenkte.
 

»Du wolltest doch lieber mit dem Kraken im See ausgehen als mit mir Evans. Ich dachte, ich bin so frei und helfe dir ihn näher kennen zu lernen«, spottete er.
 

Doch er bemerkte nicht, wie sich Tränen in ihren Augenwinkeln sammelten.
 

(19.Akt)
 


 

***
 

Und dann stoppten ihre Gedanken und sie landete wieder im hier und jetzt.

Sie würde nicht mehr weinen, nicht wegen ihm, nie wieder!
 


 

***
 

James Potter wunderte sich über den Menschenauflauf am frühen Morgen, doch als er sich im Gemeinschaftsraum umblickte, sah er die Bilder an der Wand. Zeichnungen von einem schwarzhaarigen Jungen und einem rothaarigen Mädchen, wie sie nebeneinander vor dem Kamin saßen, wie er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich, wie sie sich beinahe küssten. Er kannte diese Bilder. Es waren eben diese Zeichnungen, welche er gestern in Lily Evans Skizzenbuch gesehen hatte.

Sein Blick schweifte durch den Raum und da stand sie inmitten des Gelächters.
 


 

***
 

Er wusste es! Er wusste das er darauf zu sehen war und zwar mit ihr. Er wusste, dass sie die Bilder gezeichnet hatte. Er musste sie doch gesehen haben in ihren Skizzenbuch.

Und nun hingen sie überall im ganzen Schloss.
 

Er hatte sich einen Spaß daraus gemacht sie so bloß zu stellen und allen weiss zu machen, dass sie in ihn verliebt war, nur weil er sie nicht haben konnte.
 

Lily war wütend. Sie hatte angenommen, er wäre nicht mehr so ein Arsch wie damals in der fünften Klasse. Sie glaubte immer an das Gute im Menschen, auch wenn diese Person, dass in sich selbst nicht sehen konnte. Doch diesmal hatte sie sich getäuscht.
 

Er hatte sich nicht geändert. James Potter war immer noch der alte und er würde es wohl immer bleiben.
 

Das was sie glaubte in ihm gesehen zu haben in den letzten Wochen, verschwand aus ihren Gedanken.
 

Fünf Schritte.

Es waren nur fünf Schritte bis sie bei ihm war.
 

Sie spürte die Blicke der anderen auf sich, die sie beobachteten, da die beiden offenkundig das Highlight an diesem Tag waren.
 

Mit Tränen in den Augenwinkeln stand sie vor ihm, wie damals am See. Doch diesmal würde sie ihn nicht gewinnen lassen.
 

Sie hatte in diesem Schuljahr genug geweint, sich genug versteckt und sich von anderen in die Ecke treiben lassen. Und genau das wollte sie nicht mehr.

Genug ist genug und diese Art der Demütigung konnte sie nicht ertragen. Sie wollte nicht mehr weinen, nicht wegen ihm.
 

Es geschah innerhalb von einer Sekunde, als sie zum Schlag ausholte und James Potter eine schallende Ohrfeige verpasste.
 

»Ich hasse dich.<<

Hogsmeade - Teil 1

36. Akt: Hogsmeade - Teil 1
 


 

"Sometimes people think they know you.

They know a few facts about you, and they piece you together in a way that makes sense to them.

And if you don't know yourself very well, you might even believe that they are right.

But the truth is, that isn't you. That isn't you at all."

~ Leila Sales


 

»Ich hasse dich«, hallten immer wieder Lily Evans' Worte durch seinen Kopf.
 

Es entstanden Bilder vor seinem inneren Auge. Bilder, die ihn jedes Detail dieser Szene nicht vergessen ließen. Er sah die Sommersprossen auf ihrer Nasenspitze, die dunklen Ringe unter ihren Augen, ihre zerzausten Locken, die wirr von ihrem Kopf ab standen.

Er konnte sich an ihren Geruch erinnern, die Tränen in ihren Augenwinkeln und vor allem an die Enttäuschung in ihrem Gesicht.

Denn das war es, was sie wirklich empfand. Sie war nicht wütend gewesen oder hatte es zumindest unterdrückt, um ihrer Enttäuschung freien Lauf zu lassen. Und dann verpasste sie ihm eine schallende Ohrfeige.

Gut, in dem Moment ist sie vermutlich wirklich sehr wütend gewesen. Denn James konnte immer noch den Abdruck ihrer Hand auf seiner Wange spüren.
 

Er kannte Lily Evans seit seinem ersten Schuljahr. Immerhin waren sie nicht nur in einem Jahrgang, sondern auch noch im selben Haus.

Damals war er ein sehr unreifer und streitlustiger Junge gewesen. Er hatte in allem eine Herausforderung gesehen und wollte seine eigenen Grenzen austesten.

Es gefiel ihm zusammen mit seinen Freunden seinen Mitschülern Streiche zu spielen, sie in Verlegenheit zu bringen, sie an ihre Grenzen zu treiben und dabei noch gefeiert zu werden.
 

Und dann kam Snape, welcher immer mehr in den Fokus der Rumtreiber Streiche gerückt war. Er war ein merkwürdiger Kauz, der seine Nase schon immer in der schwarzen Magie stecken hatte. James verzog schon nur bei dem Gedanken an ihn das Gesicht.

Snape war ein Einzelgänger ohne besondere Freunde gewesen. Ein leichtes Ziel in seinen Augen und dennoch schien diese Abneigung auf Gegenseitigkeit zu beruhen.

Von Anfang an hatte Snape versucht ihn auszuspielen, ihn zu übertrumpfen, besser zu sein als er... Er ließ wie James nie eine Gelegenheit aus ihm eins rein zu würgen.
 

Und dann war da sie. Lily Evans.
 

Sie war immer bei Snape gewesen und hatte ihn verteidigt, sich für ihn entschuldigt und versucht ihn in ein besseres Licht zu rücken.

So sehr James Snape auch hasste, trotz all dem hatte diese Geste der Freundschaft ihm immer imponiert, den so und nicht anders wie Lily Evans es getan hatte, würde er auch seine eigenen Freunde verteidigen.
 

Es begann eine Zeit, in der sie immer wieder aneinander gerieten, sich gegenseitig die Stirn boten, sich ignorierten oder sich stritten.

Dennoch gab es auch Momente, in denen Lily über ihn lachen konnte, wie damals im Bootshaus oder erst gestern in der Bibliothek, als er die Nähte von Mulcibers Hosen zum platzen gebracht hatte.
 

Doch noch nie hatte er sie wegen ihm weinen sehen, noch nie hatte ihm jemand so direkt und mit voller Ernsthaftigkeit gesagt, dass er ihn hassen würde.

Unter Umständen hatte er das vielleicht sogar verdient, für all die Dinge, die er bereits getan hatte, bei denen ein anderer verletzt worden war und es ihn nicht interessiert hatte.

Dennoch wollte er sich nicht damit abfinden, dass sie ihm in diesem Fall Unrecht tat. Egal was er schon alles verkorkst hatte, sie sollte ihn nicht hassen, denn er war nicht das, was sie gerade von ihm hielt.
 

»Das war das letzte denke ich«, durchbrach Sirius seine Gedanken, als er gerade eines der Bilder von der Wand riss. »Und das ganze noch vor dem Frühstück«, fügte er mit einem wirschen Blick an James gewandt hinzu.
 

Dieser blinzelte kurz verwirrt, bevor er sich zu seinem Freund umwandte, welcher bereits einen riesigen Stapel der ominösen Bilder in seinem Arm hielt.
 

»Wir sollten sie besser schnell verbrennen, bevor es noch mehr Leute sehen«, warf Peter ein und Sirius stimmte ihm zu.
 

Er legte die Bilder gestapelt auf den steinernen Boden und zückte seinen Zauberstab.
 

»Lacarnum Inflamari«, murmelte Sirius, worauf hin der Stapel sofort zu brennen begann.
 

»Immerhin hingen die Dinger nur zwischen dem Gryffindor- und dem Astronomieturm. Also haben maximal alle Gryffindors und Ravenclawas die Bilder gesehen«, überlegte Peter, worauf ihm Sirius einen “als ob das irgendwas besser macht-Blick“ zu warf.
 

Remus atmete schwer ein und aus, während er sich an die kühle Steinwand lehnte, um einen besseren Halt zu bekommen. Die dunkeln Ringe unter seinen Augen pulsierten und sein Atem ging stockender als sonst. Er fühlte sich ausgelaugt und ermattet, wie jedes Mal am Morgen vor einer Vollmondnacht. Normalerweise würde er spätestens nach dem Frühstück schon in den Krankenflügel gehen, doch diesmal gab es ein paar wichtigere Dinge zu erledigen.

Aus den Augenwinkeln beobachtete er James, welcher in Gedanken versunken zu sein schien. Ferner war James ungewöhnlich still seit dem Vorfall in den Morgenstunden. Beinahe so still, als hätte er ein schlechtes Gewissen. Doch wenn dem so wäre, war es wohl das erste Mal in seinem Leben, dass er etwas zu bereuen schien.
 

»Und du bist dir sicher, dass du wirklich nichts damit zu tun hattest?«, fragte Remus ihn plötzlich und riss James damit aus seinen Gedanken.
 

James hatte die Augenbrauen zusammengezogen, als er Remus' Blick erwiderte und überlegte tatsächlich einen Moment lang, ob er ihn schlagen sollte. Denn dazu hatte er gerade ein wirklich nicht allzu kleines Verlangen.

Es war bereits das zweite Mal an diesem Morgen, dass Remus ihn darauf ansprach und es störte ihn, dass sein Freund ihm nicht bereits beim ersten Mal geglaubt hatte, als er sagte, dass er nichts damit zu tun habe.
 

»Dein Blick heute Morgen«, setzte Remus wieder an. »Die Zeichnungen schienen nicht neu für deine Augen zu sein.«
 

Remus hatte direkt hinter James den Gemeinschaftsraum betreten. Er hatte seinen Blick gesehen, als er die Skizzen musterte. James hatte scheinbar umgehend gewusst, dass er darauf zu sehen war und sein Blick fand Lilys in nur wenigen Sekunden.
 

James seufzte, während er seine Stirn gegen die kühle Steinwand lehnte.
 

»Ich gebe zu, dass ich diese Bilder nicht zum ersten Mal gesehen habe, aber das bedeutet nicht, dass ich sie aus ihrem Skizzenbuch gestohlen und im halben Schloss verteilt habe.«
 

Ein Magen knurren durchbrach den Moment.
 

»'tschuldigung«, murmelte Peter verlegen. »Aber warum mussten wir den ganzen Mist einsammeln, wenn Prongs nicht einmal etwas damit zu tun hat?«
 

»Und das ganze vor dem Frühstück«, fügte Sirius mit ernster Miene zum wiederholten Male hinzu.
 

»Wie wäre es damit, dass Lily das nicht verdient hat?«, fragte Remus in die Runde und appellierte damit an die Vernunft seiner Freunde.

»Es schadet Prongs' Ruf aber nicht, wenn die Schule weiß, dass Evans auf ihn steht«, erwiderte Sirius grinsend.

»Du behauptest doch immer, du seist ein Gentleman, Sirius. Dann benimm dich zur Abwechselung doch auch mal wie einer«, erwiderte Remus wütend.
 

Sirius wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als James seine Faust gegen die Wand schlug.
 

»Ich will diesen Ruf aber nicht, okay?«
 

Ein Rinnsal hellroten Blutes floss über seine Fingerknochen. Der Schmerz in seiner Hand, brachte das Blut in seinen Adern zum pulsieren. Ruhig versuchte James ein und aus zu atmen, während seine Freunde ihn nur bestürzt ansahen. Sie waren überrascht von dieser Aktion. James war kein Choleriker und so einen Wutausbruch waren seine Freunde definitiv nicht von ihm gewohnt.
 

»Sie hat gesagt, dass sie mich hasst und das mit so einer Intensität an Ernsthaftigkeit, dass mir jetzt noch ein kalter Schauer über den Rücken läuft, wenn ich nur daran denke«, erwiderte James auf die fragenden Gesichter seiner Freunde hin.

»Die halbe Schule denkt bereits, dass ich das war. Ich weiß selber, dass ich keine reine Weste habe, aber ich will nicht, dass sie mich für etwas verantwortlich machen, was ich nicht getan habe. Ich will das richtig stellen, die Person finden, die dafür verantwortlich ist und sie zur Rechenschaft ziehen.«
 

Stille.
 

Seine Worte schienen Eindruck auf seine Freunde gemacht zu haben und er selbst musste auch erst mal verarbeiten, was er soeben gesagt hatte.
 

Das was heute Morgen passiert ist, war niemanden gegenüber fair. Lily hielt man für eine kleine Stalkerin, die eine viel zu große Affinität James gegenüber verspürte und James selbst wohl für ein Riesenarschloch, dass auf den Gefühlen eines armen Mädchen herumtrampelte und dies aller Welt zur Schau stellte, in dem er sie denunzierte.
 

James war sein Ruf wichtig und der von Lily Evans. Dennoch wollte er Gerechtigkeit und vor allem Vergeltung.
 

»Okay«, durchbrach Sirius die Stille und gluckste dabei einen Moment unsicher vor sich her. »Es tut mir Leid, wenn es so rüber kam, als ob ich nicht hinter dir stehen würde Prongs, aber wenn dir das wichtig ist, dann werde ich dich selbstverständlich unterstützen, alle von uns werden das, so wie wir immer zusammen halten.«
 

James schenkte seinem Freund ein schmales Lächeln. Eben das beste was er in dieser Situation aufbringen konnte. Für Sirius' Verhältnisse war das eine der bewegendsten Rumtreiber Reden, die er je gehalten hatte.
 

»Danke«
 


 

***
 


 

Lily saß zusammengesunken auf dem Boden vor ihrem Bett. Sie hatte die Beine angewinkelt, ihre Arme darauf verschränkt und den Kopf darauf sinken lassen.
 

Es war so eine Demütigung gewesen ihre Zeichnungen an den Wänden zu sehen. Dort wo alle sie sehen konnten. Es war ein Teil ihrer tiefsten Gefühlswelt gewesen, die er einfach aller Welt zur Schau gestellt hatte, als wäre ihre Seele ein Quidditchpokal, den man herum reichte, damit alle den Namen des Siegers darauf lesen konnten.
 

Als die Tür zu ihrem Schlafsaal aufgerissen wurde, schreckte Lilys Kopf sofort nach oben.
 

»Alles in Ordnung?«, fragte Mary in die Stille hinein, worauf Lily nur unvermittelt nicken konnte.
 

Hastig blinzelte sie die Tränen aus ihren Augenwinkeln weg. Sie wollte nie wieder weinen deswegen, nicht wegen ihm. Nie wieder.
 

»Alle Bilder sind eingesammelt und verbrannt worden«, sagte Rosalie. »Du brauchst dir also keine Gedanken mehr darüber zu machen, dass es noch jemand sehen könnte.«
 

Rosalie schenkte ihr ein schmales Lächeln. Sie hoffte inständig, dass es ihr Mut machen würde, wieder vor die Tür zu treten.
 

»Die gute Nachricht ist, die Bilder hingen nur etwa zwischen dem Gryffindor- und dem Astronomieturm, was demzufolge bedeutet, dass maximal die Ravenclaws sie noch gesehen haben. Die schlechte Nachricht hingegen ist, dass die Gerüchte bereits durch das halbe Schloss gedrungen sind.«
 

»Mary!«, zischte Rosalie ihr zu und stieß sie mit dem Ellenbogen in die Seite.

»Was? Ich hab eben am Hufflepufftisch gehört, wie sich Betty Miller darüber unterhalten hat.«

»Das ist nicht sehr taktvoll«, zischte Rosalie ihr zu.

»Lily muss doch wissen was da draußen los ist«, erwiderte Mary nur entrüstet.

»Ja, aber wir wollen Lily Mut machen und sie nicht dazu bringen sich für den Rest des Schuljahres hier oben zu verstecken.«

»Und wieso soll ich das jetzt vergeigt haben?«, fragte Mary mit einer Unschuldsmiene.
 

Lily musste schmunzeln. Das erste Mal an diesem Tag, wohlgemerkt.

Es war auch immer dasselbe mit den beiden, egal in welcher Situation sie sich befanden. Aber vielleicht waren das auch genau die Eigenschaften, die Lily an ihren beiden Freundinnen so schätzte. Nicky hätte sicher auch lachen müssen.
 

»Wie auch immer«, schloss Rosalie die Diskussion. »Die Bilder wurden vernichtet, jetzt heißt es nur noch den Gerüchteansturm überstehen und wieder zur Normalität zurück kehren.«
 

»Und Rache, ich will das Potter leidet«, erwiderte Lily frustriert.
 

Rosalie presste die Lippen aufeinander und setzte sich zu Lily auf den Boden. Sie strich ihre blonden Haare über die Schulter und rückte noch ein Stück näher an ihre Freundin heran, während sie ihre Hand vorsichtig aus Lilys Knie ablegte.
 

»Weißt du, ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass James dafür verantwortlich ist«, setzte Rosalie vorsichtig an, worauf ihr Lily einen wütenden Blick zu warf.

»Naja, James und die Rumtreiber haben dabei geholfen die Bilder schnellstmöglich einzusammeln und zu verbrennen. Ohne sie hätten wir das niemals so schnell geschafft.«

»Vermutlich hatte er nur ein schlechtes Gewissen«, nuschelte Mary, worauf hin ihr Rosalie abermals einen wütenden Blick zu warf.

»Mein Skizzenbuch ist sowieso verschwunden. Er kann sich jederzeit etwas neues zum vervielfältigen heraus suchen.«
 

Rosalie musterte ihre Freundin einen Moment lang. So etwas wie Rache oder Vergeltung war nicht ihre Art und sie war sich sicher, dass Lily nur ihren Frust los werden wollte.

Dennoch glaubte sie nicht, dass James etwas damit zu tun hatte. Er hatte etwas an sich gehabt, was sie dazu bewegt hatte ihm zu glauben. Sie wusste nur nicht mehr genau was es war.
 

»Remus glaubt ihm«, fügte Rosalie eilig hinzu. »Und du vertraust Remus, oder nicht? Das muss doch etwas wert sein.«
 

Lily sah auf, in Rosalies hellblaue Augen. Sie meinte es ernst, vollkommen ernst, was sie soeben gesagt hatte. Sie glaubte Potter und seinen Freunden, die sicherlich dazu bereit wären für ihn zu lügen.
 

»Warum glaubst du ihm?«, fragte sie sie dann unvermittelt.

»Ich weiss nicht«, erwiderte Rosalie, woraufhin Lily ihr einen verwunderten Blick zu warf.
 

Sie hatte eine ausgefeilte Argumentation erwartet, aber nichts so uneindeutiges wie das.
 

»Es waren seine Augen, denke ich«, fügte Rosalie nachdenklich hinzu. »Irgendetwas an ihm und damit meine ich keinen Zauber, hat mich dazu bewegt ihm zu glauben und zwar aufrichtig.«
 

Lily seufzte. Musste James Potter wirklich nur einen einzigen Augenaufschlag machen und alle lagen ihm zu Füßen? Was bewegte alle nur dazu, ihm zu glauben?
 

»Er möchte mir dir reden.«
 

Lily stieß einen Laut der Empörung aus.
 

»Und du glaubst ich möchte das?«, schnaubte Lily und wandte ihren Blick wieder auf den Boden.
 

»Naja, in unserem Schlafsaal auf dem Boden zu sitzen und über Merlin und die Welt nachzugrübeln, bringt dich nicht weiter. Wenn du allerdings mit ihm redest, kannst du vielleicht herausfinden was passiert ist. Vielleicht überrascht er dich ja mit seiner Unschuld.«
 

»Oder er gibt es zu. Dann kannst du ihm eine rein hauen und dein Buch zurück verlangen«, erwiderte Mary grinsend.

»So oder so. Es klärt sich mehr auf als wenn du hier herum lungerst.«
 


 

***
 


 

Nervös trippelte James mit dem Fuß auf dem Boden herum. Seine Hände hatte er in die Jackentaschen gesteckt. Mit der rechten Hand umschloss er das Medaillon, was er ziemlich häufig mit sich herum trug, seit sein Vater es ihm vor dem Beginn des sechsten Schuljahres gegeben hat. Er hatte sich seitdem unentwegt gefragt, was es damit auf sich hatte, doch es war so viel passiert in diesem Schuljahr, dass er es in letzter Zeit irgendwie vergessen hatte.
 

Wieder blickte James auf die Karte des Rumtreibers, welche Sirius ausgebreitet in den Händen hielt. Lily war noch nicht zu sehen, in der Nähe des verlassenen Korridors in dem er stand.
 

»Ruhig Prongs, sie wird sicher auftauchen,« versuchte Sirius seinen Freund zu beruhigen.

»Da wäre ich mir nicht so sicher«, murmelte James leise vor sich hin.

»Du wartest erst seit fünf Minuten«, erwiderte Sirius Augen verdrehend.

» Naja, sie kann unglaublich stur sein und dickköpfig und nachtragend, sie ist eben...«

»So wie du?«, fügte Sirius grinsend hinzu, woraufhin sein Freund ihm einen erzürnten Blick zu warf.

»Ich bin nicht-«, wollte er gerade ansetzten.

»Evans in Anmarsch«, unterbrach Sirius seinen Freund und brachte die Karte zum verstummen.

»Ich verschwinde dann mal. Ich hoffe du überlebst die Schlacht Prongs«, sagte Sirius noch theatralisch, bevor er eilig im nächsten Flur verschwand.
 


 

***
 


 

Gedankenverloren strich Sirius sich durch die Haare. Er war wirklich froh nicht in der Haut seines Freundes zu stecken. Vermutlich würde Evans ihn auseinander nehmen oder schlimmer noch so durch hexen, dass nichts mehr von seinem besten Freund übrig blieb.
 

Langsam bekam Sirius ein schlechtes Gewissen seinen Freund mit ihr allein gelassen zu haben, aber vermutlich hätte er es noch schlimmer gemacht, wenn er geblieben wäre. Es war ja auch ein mehr oder minder privates Thema.
 

»Hey Sirius«, durchbrach plötzlich jemand die Stille um ihn herum.
 

Sirius blinzelte kurz verwirrt. Er war so in Gedanken gewesen, dass er gar nicht bemerkt hatte, wo er lang gelaufen war. Doch nur wenige Schritte entfernt konnte er das Bild eines einarmigen Ritters ausfindig machen. Er musste also ganz in der Nähe der Schulsprecher Räume sein.
 

Als er sich umwandte, erkannte er die kurzen braunen Locken von Betty Miller. Mit zusammengepressten Lippen musterte sie stumm und konnte sich letztendlich doch noch zu einem »Hi« durchringen. Ihm blieb heute auch nichts erspart.
 

»Wie geht’s dir Sirius?«, fragte Betty und zog dabei einen Schmollmund, bei dem Sirius am liebsten schreiend davon gelaufen wäre.
 

Es war nicht so, dass Betty nicht hübsch war, auf gar keinen Fall. Doch sie war einfach so fanatisch und besitzergreifend, dass es ihn gruselte in ihrer Nähe zu sein.
 

»Ich erfreue mich bester Gesundheit«, erwiderte Sirius halb lächelnd. »Und du scheinbar auch«, fügte er hinzu, als sie ein paar strahlend weiße Zähne entblößte.
 

Er wollte sich gerade umdrehen und sagen, dass er es eilig hatte, doch Betty war schneller und hatte schon nach seinem rechten Arm gegriffen, den sie nun mitleidsvoll zu tätscheln begann.
 

»Es ist in Ordnung Sirius. Du kannst ruhig zugeben, dass du vollkommen fertig bist. Manche Menschen sind einfach so krank, dass sie von anderen so besessen sind, dass es einen Angst macht.«
 

»In der Tat!«, stimmte Sirius ihr mit zusammengezogen Augenbrauen zu und fragte sich dabei, ob sie gerade von sich selbst sprach.
 

»Vermutlich ist es am besten, wenn du Abstand von dieser Verrückten hältst.«

»Das würde ich liebend gerne«, nuschelte Sirius, während er versuchte ihre Finger von seinem Arm zu lösen, doch ihr Griff verstärkte sich nur.
 

»All diese Bilder, dass muss wirklich peinlich für dich sein«, seufzte Betty nur weiter.

»Was redest du da?«, fragte Sirius nun sichtlich irritiert.
 

Er ist ja schon eine Weile nicht mehr hinter den Sinn ihrer Aussagen durch gestiegen, aber nun wurde es doch merkwürdig.
 

»Na die Bilder von dir und Evans. Sie hingen überall in der Schule. Ich habe nach dem Frühstück erst ein paar davon gesehen.«

»Du glaubst, dass sind Evans und ich auf den Bildern?«

»Aber natürlich. Es steht ohne Frage fest, dass sie auf dich steht. Versucht erst in der Bibliothek Aufmerksamkeit zu erhaschen und jetzt diese kranke Aktion. Armes Mädchen«, fügte Betty theatralisch hinzu.
 

Sirius blinzelte verwirrt.
 

»Was redest du da nur? Evans steht nicht auf mich und das bin auch nicht ich auf den Bildern.«

»Aber der Junge mit den schwarzen Haaren und am Valentinstag«, murmelte Betty vor sich hin, worauf sich ihr Griff so lockerte, dass Sirius seinen Arm heraus winden konnte.
 

»Ist dir nie in den Sinn gekommen, dass es noch mehr schwarzhaarige Jungen in unserem Jahrgang gibt? Und überhaupt, woher weißt du davon? Wie genau die Bilder aussahen und was in der Bibliothek passiert ist?«
 

»Ich war zufällig in der Bibliothek gestern und habe wie gesagt die Bilder nach dem Frühstück heute gesehen.«
 

»Ach ja? Und wo genau?«, fragte Sirius mit verschränkten Armen vor der Brust.

»Hier irgendwo bei den Schulsprecherräumen«, nuschelte Betty nervös.

»Interessant, wenn man bedenkt, dass wir alle Bilder beseitigt haben, bevor das Frühstück in der großen Halle überhaupt los ging.«

»Dann habe ich sie eben auf dem Weg zum Frühstück gesehen.«

»Der Hufflepuff Gemeinschaftsraum ist im Erdgeschoss auf der anderen Seite vom Schloss. Läufst du auf dem Weg zum Frühstück immer diesen Umweg in den siebten Stock und dann wieder hinunter zur großen Halle?«, fragte Sirius, nun sichtlich darauf bedacht jedes Details wahrzunehmen. Denn so langsam ergab das alles hier einen Sinn.
 

»Naja ich-, ich wollte nur-«, setzte Betty an und wollte gerade auf dem Absatz kehrt machen und verschwinden, als Sirius ihr den Weg versperrte.
 

»So schnell entkommst du mir nicht«, erwiderte Sirius, sichtlich erzürnt und wartete darauf, dass Betty Miller redete. Denn scheinbar gab es eine Menge zu erzählen.
 


 

***
 


 

»Lass los«, feixte Lily, als James Potter nach ihrem Handgelenk gegriffen hatte.

»Nun bleib doch mal eine Minute stehen und hör mir zu«, zischte er abermals.
 

Doch Lily konnte sich seinen Griff entziehen und schubste James so hart gegen seine Brust, dass er einen Meter zurück taumelte, über seine Schultasche stolperte und auf den Boden fiel.
 

Und dann fiel es aus seiner Tasche, das Medaillon. Es kam genau zwei Mal auf dem Boden auf, bevor es vor Lilys Füßen landete.
 

Verwundert betrachtete Lily es einen Moment lang, bevor sie ihren Arm ausstreckte und das Medaillon vom Boden aufhob. Es war achteckig und bernsteinfarben. Außen herum wurde es von einigen alten Runen geziert und in der Mitte, ganz fein in schwarzen Linien war eine Schlange eingeschlagen worden. Lily fragte sich, was das für ein Medaillon war. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass James Potter, der so stolz auf sein Haus war, das Wappentier der Slytherins in seinen Schmuck eingravieren ließ.
 

»Das brauche ich wieder«, durchbrach James die Stille.
 

Seine Stimme klang ernst mit einem gewissen Druck dahinter. Es schien ihn nervös zu machen, dass sie sein Medaillon angesehen hatte.

James war vom Boden aufgestanden und hatte seine Hand ausgestreckt, damit sie ihm das Medaillon geben konnte, doch das tat sie nicht. Sie sah ihn weiterhin nur entrüstet an, worauf James seufzend seinen Arm sinken ließ.
 

»Ich verstehe das du wütend bist. Aber du musst mir glauben, dass ich nichts mit dem aufhängen und der Verbreitung deiner Skizzen zu tun hatte.«
 

»Warum sollte ich dir irgendetwas glauben?«, erwiderte Lily und sah ihn dabei in seine Augen.
 

Sie waren haselnussbraun und hin und wieder erschien ein goldener Sprenkel in ihnen, welcher seine Augen zum leuchten brachte.
 

»Weil ich dich darum bitte«, sagte er schließlich. »Hör zu Evans, ich weiß, dass ich schon viele Dinge getan habe, die anderen geschadet haben und darauf bin ich nicht gerade stolz. Aber ich habe noch nie jemanden verletzt oder so bloß gestellt.«
 

Ihr Blick blieb standhaft. Doch das war seiner auch.
 

»Ich bin genau so betroffen wie du. Die Leute reden nicht nur über dich, sondern auch über mich. Diese Aktion, wer auch immer das war, hat uns beiden geschadet. Es kann also nur in unser beider Interesse sein, die Sache aufzuklären und den wahren Schuldigen zu finden.«
 

Lily schluckte hart. Sie konnte verstehen, warum Rosalie ihm direkt geglaubt hatte. Er hatte etwas in seinen Augen, was so ernst war, wie sie es noch nie bei jemanden gesehen hatte. Eine Intensität, die ihr eine Gänsehaut über den Rücken jagte.
 

Und plötzlich war es wie ein eiskalter Schauer, der über ihren Rücken lief.

Ruckartig wandte sie sich um. Sie hatte den Eindruck, dass jemand hinter ihr stand; dass jemand sie beobachtete. Die Temperatur schien schlagartig um ein paar Grad kühler geworden zu sein, da sich eine Gänsehaut auf ihren Armen ausbreitete. Doch als sie sich umwandte, war da niemand in dem Gang. Konnte sie sich dieses Gefühl nur eingebildet haben?
 

»Bitte glaub mir!«
 

Es war kaum mehr als ein flüstern, dass Lily vernahm, als sich ihre Nackenhaare aufstellten. Sie spürte James' Hand auf ihrer Schulter. Er musste also genau hinter ihr stehen und sie hatte es nicht bemerkt.
 

Seine Worte erschienen ihr plötzlich so aufrichtig und unglaublich ehrlich. Seine Stimme war angenehm warm, sodass sie das Gefühl hatte ihr den ganzen Tag lauschen zu können.
 

Als sie sich zu ihm umwandte, erkannte sie langsam, dass er recht verzweifelt wirkte.

Sie hielt ihm die Hand hin und reichte ihm das Medaillon. Als er es aus ihrer Hand nahm, berührten sich kurz ihre Finger und James war einen Moment dazu geneigt, nach ihrer Hand zu greifen, konnte sich jedoch beherrschen.
 

Lily konnte sehen, dass er nicht mehr wusste, was er noch sagen konnte, um sie von seiner Unschuld zu überzeugen. In seinen Augen konnte sie keine Lüge erkennen, dennoch wusste sie sich nicht was sie jetzt tun sollte.
 

»James!«, erhallte plötzlich eine Stimme aus dem Nebengang.
 

Die beiden wandten sich zeitgleich um, als Sirius mit einem in Leder gebundenem Buch und einem alten Pergament in der Hand um die Ecke bog.
 

»Ich habe es James«, wiederholte Sirius außer Atem, als er vor den beiden zum stehen kam.
 

Lily erkannte sofort, dass Sirius Black ihren Zeichenblock in der Hand hielt und noch bevor er wusste wie ihm geschah, hatte sie ihn ihm aus der Hand gerissen.
 

Sie warf James einen letzten Blick zu und musste nur schnauben, als sie sein verwirrtes Gesicht sah.
 

»Du bist so ein elender Lügner! Und ich hätte dir fast geglaubt!«
 

Mit diesen Worten machte sie auf dem Absatz kehrt und verließ schnellen Schrittes den Gang. Es dauerte einen Moment bis James eine Relation zwischen Sirius' Erscheinen und ihrem plötzlichen Sinneswandel erkennen konnte. Und dabei war er so nah dran gewesen, dass sie ihm glaubte.
 

»Evans warte«, rief James ihr hinterher.
 

Doch da war sie schon im nächsten Gang verschwunden und Sirius zerrte außer Atem an seinem Arm. James warf seinem besten Freund einen zornigen Blick zu.
 

»Dein timing ist scheiße Pad!«, fuhr er seinen Freund an.

»Was habe ich getan?«

»Ich weiß auch nicht. Möglicherweise bist du nur mit dem Hauptbeweisstück in deinen Händen in unsere Unterhaltung geplatzt, sodass, selbst wenn die kleinste Chance bestand, dass sie mir glaubt, sie nun denkt, dass ich es tatsächlich war«, fuhr er seinen Freund an.
 

»Da wird sie drüber hinweg sehen, wenn wir ihr die Lösung des Falls präsentieren.«
 

James sah seinen Freund mit hochgezogener Augenbraue an.
 

»Welche Lösung? Du hast alles schlimmer gemacht«, seufzte James.

»Eben nicht. Ich habe nicht nur das Skizzenbuch wiederbeschafft, sondern auch die verantwortliche Person ausfindig gemacht. Es ist Betty Miller.«

»Was hat deine Stalkerin damit zu tun?«, fragte James verwundert.

»Lange Geschichte. Sie hat mal wieder eins und eins falsch zusammengezählt, ihre skurrilen und leicht gestörten Schlüsse daraus gezogen und dieses Paralleluniversum geschaffen.«

»Ich sehe, dass sich deine Lippen bewegen Pad, aber ich verstehe nur blablabla.«
 

»Hör doch zu Prongs! Betty Miller hat Evans' Zeichenblock gestohlen und die Bilder an die Schlosswände gebracht. Naja sie dachte, dass ich das wäre auf den Zeichnungen, hat ein paar andere Zeichen falsch interpretiert und diese “Sirius gehört mir, du Verrückte“ Aktion daraus gemacht.«

»Gruselige Geschichte, ich weiß«, winkte er auf den irritierten Blick seines Freundes hin ab. »Was jetzt zählt, ist sie davon zu überzeugen, es auch Evans zu beichten.«

»Und wird sie das tun?«

»Das ist der Harken an der Sache, ich fürchte nein.<<

Hogsmeade - Teil 2

37. Akt: Hogsmeade – Teil II
 

" Mit all ihren faszinierenden und seltsamen Eigenschaften ist die Natur doch nichts anderes als Bühnenbild und Theaterraum für die Tragödie der Menschen"
 

~ John Morley
 

Mit zügigen Schritten eilte Lily den Korridor entlang, ihr Skizzenbuch fest an sich gepresst. Sie konnte immer noch nicht glauben, dass sie beinahe so dumm gewesen wäre einen riesigen Fehler zu machen. Man konnte eben doch niemanden vertrauen, dachte sie sich, als sie eine scharfe Kurve nahm, um in den Gang mit dem Portrait der fetten Dame zu gelangen. Ihre Wangen waren vor Wut immer noch gerötet, als sie durch das Portraitloch kletterte. Zum Glück war der Gemeinschaftsraum bis auf ein paar wenige Erstklässler vollkommen leer. Vermutlich waren die meisten Schüler unten im Dorf.
 

Hektisch öffnete Lily die Tür zu ihrem Schlafsaal und schlug diese anschließend mit so einer Heftigkeit zu, dass Mary beinahe vom Rand ihres Himmelbettes gefallen hätte, wenn sie nicht in letzter Sekunde noch nach dem Bettpfosten gegriffen hätte.
 

Mit voller Wucht warf Lily ihr Skizzenbuch auf ihr Bett und setzte sich dann auf den Fenstersims, um mit vor der Brust verschränkten Armen trotzig aus dem Fenster zu starren.
 

Menschen änderten sich nicht. Jeder blieb der, der er schon immer war.

Severus hatte sich nicht geändert. Wie konnte sie also jemals daran glauben, dass jemand, der schon sein ganzes Leben ein arroganter Narzisst war, seine Grundwerte überdenken konnte. James Potter ist einfach nur dreister geworden. Ihm schien jede Lüge recht gewesen zu sein, um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen.

Und dabei hatte sie letztendlich wirklich den Eindruck gehabt, dass er es ehrlich meinte. Rosalie hatte Recht gehabt. Es war etwas in seinen Augen, dass sie einen winzigen Moment lang dazu gebracht hatte ihm zu glauben. Doch er wusste scheinbar ganz genau welche Hebel er in Bewegung setzen musste, um zu bekommen was er wollte.
 

Rosalie war Lily mit den Augen gefolgt seit sie den Raum betreten hatte und war sich unsicher, ob man sie bereits ansprechen konnte, denn so wütend hatte sie ihre Freundin noch nie gesehen.

Sie hatte nicht damit gerechnet, dass das Gespräch mit James so sehr nach hingen losgehen konnte. Er musste es wirklich ziemlich vergeigt haben, wenn sie ihn in diesem Zustand verlassen hatte.
 

Rosalie wartete einen Moment, indem niemand etwas sagte und warf schließlich Mary einen fragenden Blick zu. Diese schüttelte jedoch nur den Kopf und zuckte mit den Achseln. Sie war, wie so häufig an diesem Tag, mal wieder keine große Hilfe.
 

Mary kletterte vorsichtig von ihrem Bett, um das schwarze Buch zu begutachten, welches Lily wenige Sekunden zuvor noch wütend auf ihr Bett geworfen hatte.
 

Rosalie räusperte sich währenddessen unauffällig. Nervös strich sie sich mit ihren Händen durch ihre blonden Locken, um dann vorsichtig auf Lily zu zu gehen.
 

»Was ist passiert?«, fragte sie etwas atemlos, als sie ihrer Freundin auf gut einem Meter nahe war. Denn näher traute sie sich noch nicht heran.
 

»Sie hat sich wohl für meine Methode entschieden«, antwortete Mary, die gerade Lilys Skizzenbuch von ihrem Bett fischte. »Sie hat ihm eine rein gehauen und sich ihr Buch zurückgeholt. Scheinbar war Potter doch nicht so unschuldig wie du gedacht hast«, fügte sie mit einem leicht hämischen Grinsen hinzu.
 

Rosalie verschränkte die Arme vor der Brust und warf Mary einen wütenden Blick zu. Doch Lilys leises schnauben bestätigte Marys Aussage nur.
 

»Das verstehe ich nicht«, seufzte Rosalie. »Warum sollte er das tun? Das ist unsinnig.«
 

»Das männliche Gehirn eben«, gab Mary wichtigtuerisch bekannt, woraufhin Rosalie nur die Augen verdrehen konnte.
 

Während Mary in einem Monolog über James' schlechte Eigenschaften vertieft war, fragte Rosalie sich was wirklich passiert war. Doch Lily schien nicht darüber reden zu wollen.

Der offenkundigste Fall schien jedoch zumindest für ihre beiden Freundinnen klar zu sein. Dennoch ergab das alles einfach keinen Sinn. Die ganze Aktion hatte niemanden etwas gebracht, mal abgesehen von der Klatschpresse, die nun mindestens die nächsten zwei Wochen mit diesem Thema beschäftigt sein würde.
 

Rosalie setzte sich zu Lily auf den Fenstersims und sah ihr einen Moment lang dabei zu wie sie trotzig aus dem Fenster blickte. Lily konnte nicht lange wütend sein, das war einfach nicht ihre Art. Sie schien eher irgendwie enttäuscht zu sein.
 

»Lily, du weißt-«,setzte Rosalie an, wurde jedoch von ihr unterbrochen.

»Ich weiß. Danke.«
 

Lily versuchte sich an einem schmalen Lächeln, was jedoch so ziemlich in jeder Hinsicht scheiterte.
 

»Gut, da wir das nun geklärt haben, lasst uns endlich nach Hogsmeade gehen«, schlug Mary plötzlich vor, woraufhin ihr Rosalie und Lily einen irritierten Blick zu warfen.
 

»Kommt schon«, bettelte Mary. »Wir durften ganze sechs Monate nicht ins Dorf! Willst du dir das verderben lassen, wegen so einem Idioten?«
 

Lily verdrehte die Augen und sah wieder aus dem Fenster. Es war bewölkt draußen, doch trotz der vielen grauen Wolken, die das meiste blau des Himmels verdeckten, schien auch hin und wieder mal die Sonne hindurch. Es war ein wirklich schöner Tag, um ins Dorf hinunter zu gehen. Lily konnte sich lebhaft vorstellen, wie alle anderen bereits auf dem Weg waren. Immerhin war der Gemeinschaftsraum vorhin beinahe leer gewesen.
 

»Mary hat Recht!«, sagte Rosalie plötzlich und nun waren es Lily und Mary, die ihre Freundin beide überrascht ansahen.

»Es kommt ja selten genug vor«, setzte Rosalie an und überging dabei Marys Ausruf der Empörung. »Ich finde, wir sollten nach Hogsmeade gehen, den Honigtopf plündern und heute Abend einen Mädelsabend machen. Das wird uns alle auf andere Gedanken bringen. Und wenn die Leute sehen, dass du wieder lachen kannst, Lils, wird auch jeder wissen, dass dir der Gerüchteansturm nichts anhaben kann.«
 

»Da sind ein paar gute Argumente bei«, erwiderte Mary zustimmend.
 

»Ihr seid wirklich unmöglich«, seufzte Lily.
 

***
 

Im verbotenen Wald war es ungewöhnlich still an diesem warmen Frühlingstag. Einzig das rascheln einiger Blätter und knirschender Äste am Boden war zu hören, als die vier Rumtreiber sich ihren Weg durch den Dickicht bahnten. Es war beinahe windstill und die wenigen Sonnenstrahlen, welche hin und wieder ihren Weg durch die Baumkronen fanden, waren schon ganz warm. Man konnte förmlich spüren, dass der Frühling in all seiner Pracht da war und es nicht mehr lange bis zum Sommer dauern sollte.
 

Der Weg, den die vier Freunde gewählt haben, war relativ verborgen und nur wenigen Leuten bekannt, da er sich abseits des üblichen Pfades befand.

Man konnte sich in den Wäldern zwar ziemlich gut verlaufen, wenn man sich dort nicht auskannte, doch die Rumtreiber wären ihres Titels nicht würdig gewesen, wenn nicht auch dieser geheimere Pfad ins Dorf bereits auf der Karte abgezeichnet worden wäre. Und das verdankten James und Sirius einzig und allein Hagrid, welcher sie bei einer ihrer vielen Strafarbeiten mal in den Wald mitgenommen hatte, da sie einen verloren gegangen Murtlap suchen mussten.
 

James war froh darüber nicht mit seinen Mitschülern ins Dorf gehen zu müssen. Er hatte keine große Lust den falschen Leuten über den Weg zu laufen.

Außerdem war Sirius der Meinung gewesen, dass für so eine “Geheimoperation“ auch ein geheimer Weg vonnöten war. Doch James hatte seinem Freund gar nicht weiter zugehört.

Nachdem Peter herausgefunden hatte, dass sowohl Betty Miller als auch Lily Evans und ihre Freundinnen auf der Hogsmeade Liste standen, hatten seine Freunde beschlossen, dass die beste Möglichkeit Betty zu stellen ebenfalls im Dorf sein würde.
 

James wollte dieses Missverständnis unter allen Umständen aufklären. Doch bisher wurde alles nur schlimmer und er hatte das Gefühl, dass sich ein wirres Netz aus Lügen, Eifersucht und Misstrauen, um ihn spannte, welches er nicht so leicht durchbrechen können würde.
 

Nervös spielte er mit dem Medaillon in seiner Jackentasche herum. Ein nervöser Tick, den er sich im laufe des Schuljahres angewöhnt zu haben schien.

In wenigen Minuten würden sie im Dorf sein und er hoffte inständig, dass alles so klappen würde, wie sie es geplant hatten.
 

James bemerkte, dass es ungewöhnlich still zwischen den vier Freunden war. Jeder schien in seinen eigenen Gedanken versunken zu sein.
 

Vor allem Sirius verhielt sich ungewöhnlich ruhig. Ständig blickte er sich um wenn irgendetwas im Wald zu rascheln begann. Und dann war da plötzlich ein Schatten zwischen den Bäumen oder zumindest glaubte er einen gesehen zu haben. Sirius ging ein paar Schritte abseits des Pfades nur um festzustellen, dass der Schatten wieder verschwunden war.
 

»Bist du sicher, dass sie nach Hogsmeade gegangen ist?«, fragte Remus und wirkte dabei müder denn je.
 

»Sie steht definitiv auf Filchs Liste«, erwiderte Sirius abwesend, da er sich immer noch im Wald umsah.
 

Remus' Zustand hatte sich seit den Morgenstunden sichtlich verschlimmert. Seine Gesichtsfarbe wirkte ungesünder den je und die dunklen Schatten unter seinen Augen ließen ihn beinahe wie einen blutdurstigen Vampir aussehen. Er hätte nach dem Mittagessen direkt in den Krankenflügel gehen sollen. Sicher erwartete Madam Pomfrey ihn schon ungeduldig. Es war immerhin schon später Nachmittag.
 

Sirius wandte seinen Blick vom Wald ab und musterte seinen Freund mitleidig. Sie hätten ihn nicht überreden sollen mit ins Dorf zu kommen. Er hatte in diesem Moment nur an Prongs und seinen Plan gedacht und nicht an seinen anderen Freund. Spätestens in ein bis zwei Stunden mussten sie ihn unbedingt zurück nach Hogwarts gebracht haben.
 

Doch da war noch eine andere Sache, die Sirius unbedingt überprüfen wollte. Er glaubte nicht, dass er sich den Schatten eingebildet hatte. Denn eben diesen hatte er schon bei ihrem letzten Streifzug als Animagi durch den Wald bemerkt. Jedoch waren sie damals zu sehr mit Remus beschäftigt gewesen, als das er dem ganzen hätte auf den Grund gehen können.
 

Und plötzlich war er da wieder, der unheimliche Schatten oder die Silhouette von jemanden.
 

»Ich muss etwas überprüfen!«, durchbrach Sirius plötzlich die Stille.

»Jetzt?«. Fragte Remus verwirrt.

»Ja jetzt. Jetzt ist die beste Gelegenheit dazu.«

»Wieso?«, fragte Peter verwirrt, doch Sirius antwortete nicht. Es würde zu lange dauern, seinen Freunden zu erklären was er vor hatte.

»Geht schonmal vor, ich werde so schnell es geht nachkommen«, versprach er seinen Freunden und James nickte ihm zu.
 

Und dann verschwand Sirius und machte Platz für einen mittelgroßen schwarzen Hund mit zotteligem Fell, welcher aufgeregt einmal im Kreis, um James herum lief, bis dieser entnervt aufseufzte, Sirius einmal durchs Fell strich und ihm dann hinterherblickte, wie er auf schnellen Pfoten seinen Weg durch den Wald bahnte.
 

»Und was machen wir jetzt?«, fragte Peter nervös, während er an seinen Fingernägeln knabberte.

»Wir gehen weiter«, erwiderte James. »Sirius weiss was er tut.«
 

Remus runzelte die Stirn und fragte sich, ob James wirklich der Überzeugung war, dass Sirius wirklich wusste was er tat.
 

Währenddessen bahnte sich Sirius seinen Weg durch das Gestrüpp. Er war sich sicher, dass er sich diesen Schatten nicht eingebildet hatte. Vielleicht war es sein Instinkt als Hund, aber er hatte ein ungutes Gefühl bei der Sache.
 

***
 

Lily zog ihre Mütze dichter über den Kopf. Da sie die letzten waren, die scheinbar hinunter ins Dorf gegangen sind, waren die drei Freundinnen die meiste Zeit allein gewesen. Doch nun da sie im Dorf angekommen waren, umgeben von so vielen ihrer Mitschüler, stieg Lilys Nervosität. Sie wusste nicht wie sie reagieren würde wenn sie jemand mit den Vorkommnissen in den Morgenstunden konfrontieren würde.

Aus den Augenwinkeln blickte sie verstohlen zum Waldrand hinüber. Es waren nur ein paar Schritte bis sie dort sein konnte. Wenn sie nur ein paar Meter hineinging, abseits des Weges würde sie bestimmt niemand sehen auf dem Rückweg.
 

Und plötzlich war da noch etwas außer den Bäumen, grünen Sträuchern und dem Wind, der durch die Äste der blühenden Zweige wehte. Ein Schatten?

Abrupt wandte Lily sich zum Wald um, doch da war niemand.
 

Sie hatte das gleiche Gefühl wie wenige Stunden zuvor bei dem Gespräch mit James. Sie fühlte sich beobachtet. Doch als sie einen Schritt näher auf den Wald zu ging, war das Gefühl plötzlich verschwunden.
 

Als hätten ihre Freundinnen geahnt, was sie in Gedanken bereits vor hatte, harkten sich die beiden bei ihr ein, um Lily so auf direktem Wege zum Honigtopf zu bugsieren.
 

»Denk nicht mal daran Lily!«, ermahnte Rosalie sie. »Schon vergessen, du hast einen Orientierungssinn wie eine Salatgurke.«

Lily schnaubte und warf Rosalie einen empörten Blick zu.

»Du würdest dich im Wald nur verlaufen und vermutlich von einem Irrwicht in ein Moor gelockt werden und dort jämmerlich versinken und dir dabei die ganze Zeit zu murmeln 'hätte ich doch nur auf Rosalie, meine äußerst weise und kluge Freundin gehört'«, äffte Rosalie ihre Freundin theatralisch nach, während Lily sich zusammenreißen musste, um nicht lauthals los zu lachen.
 

Und dann gingen die Mädchen auf direktem Wege zum Honigtopf.
 

***
 

Sirius lief nun schon fast eine halbe Stunde lang durch den Wald. Zuerst hatte er noch gewusst wolang, doch irgendwann hatte er die Spur verloren.

Bald würde er an der Lichtung ankommen, an der er und seine Freunde die meiste Zeit in der letzten Vollmondnacht verbracht hatten. Denn da hatte er damals zum ersten Mal dieses Gefühl gehabt, dass dort etwas war.
 

Und dann sah er sie, nahe der Lichtung des inneren Kreises. Eine Frau mit lockigem braunem Haar, welches ihr fast bis zum Hintern reichte. Doch sie war nicht allein.
 

Hastig verschwand Sirius hinter einem der dicken Baumstämme, welche die Lichtung umgaben.

Die Frau stand auf der anderen Seite mit dem Rücken zu ihm und sprach mit einem Zentauren, der sich am Rand des Waldes im Schatten der Bäume versteckte.

Sirius war zu weit weg, um zu verstehen, was sie sagten und so versuchte er sich näher heran zu schleichen.

Vorsichtig bog er ein paar Sträucher beiseite und suchte sich einen Platz, von dem aus er besser sehen konnte, mit wem sie sprach. Er erkannte, dass es nicht nur ein Zentauer war, sondern gleich drei. Alle drei hielten sie selbst gebaute Speere aus Holz und spitzen Steinen in der Hand. Der eine holte sogar mit seinen Vorderhufen aus und richtete bedrohlich seinen Speer auf die Frau in der roten Lederjacke. Doch diese schien sich dadurch nicht im geringsten beeindrucken zu lassen. Sie hatte nicht mal ihren Zauberstab gezogen, welcher halb aus der hinteren Tasche ihrer schwarzen Jeans heraushing.

Sie schien etwas zu sagen. Dann machte sie eine Handbewegung und der Zentauer ging einige Schritte zurück.

Sirius konnte nicht verstehen, worüber sie sich unterhielten, da er immer noch viel zu weit weg war. Und näher konnte er nicht heran treten, da er sonst sicher bemerkt werden würde.
 

Es verging nicht Mal eine Minute bis die Zentauren sich plötzlich von der Frau abwandten und in den Tiefen des Waldes verschwanden. Sirius blickte aus seinem Versteck auf und plötzlich, wandte sich die Frau so schnell zu ihm um, dass er vergaß sich wieder hinter dem Baumstamm zu verstecken. Sie schien zu seufzen und schritt langsam, beinahe gelangweilt auf ihn zu, bis sie beinahe vor ihm stand.
 

Sirius blinzelte ein paar Mal. Er hatte gedacht, dass sie viel älter wäre, doch von nahem erkannte er, dass sie kaum älter als er selbst sein konnte.
 

Sie verschränkte die Arme vor ihrer Brust und einen Augenblick lang musterten sich beide gegenseitig. Jetzt wo sie kaum einen Meter vor ihm stand, fand Sirius ihre Kleidung äußerst ungewöhnlich für eine Hexe.
 

»Ich hätte nicht gedacht, hier jemanden zu begegnen.«

Ihre Augen musterten seinen Umhang und das Wappen auf seiner Brust.

»Ich dachte es sei euch Schülern verboten hier herumzulaufen. Passt Dumbledore nicht auf euch auf?«, fragte sie süffisant.
 

Sirius musste grinsen.
 

»Und wer bist du?«
 

»Das tut nichts zur Sache«, erwiderte sie mit hoch gezogenen Augenbrauen. »Du hast mich bei der Arbeit gestört Kleiner.«
 

Sirius schnaubte.

»Und was genau ist dein Job? Tierschützerin oder nein warte Friedensstifterin zwischen Zauberern und magischen Kreaturen?«
 

Ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem schmalen Lächeln.
 

»Sehr amüsant.«
 

***
 

Lily betrat die Toilette der drei Besen und verschloss die Tür hinter sich. Einen Moment lang hielt sie den Atem an, doch sie konnte nichts hören. Scheinbar war sie allein. Innerhalb eines Atemzuges sank sie auf dem Boden zusammen und hielt sich die Hände vor das Gesicht bevor sie lauthals los schluchzte.

Sie hatte gedacht sie wäre stärker, doch sie hatte es nicht einmal zwei Minuten lang geschafft, Sirius' Fanclub stand zu halten. Es war so erniedrigend.

Dabei wollte sie mit ihren Freundinnen doch nur ein Butterbier trinken, bevor sie zurück ins Schloss gingen.
 

»Lily Evans«
 

Lily zuckte zusammen, als sie die Stimme eines Mädchens vernahm, das gerade aus einer der Toiletten heraus kam. Vorsichtig schielte sie nach oben und erkannte ein Mädchen mit braunen kurzen Locken, welches geradewegs auf sie zu kam. Einen kurzen Augenblick verharrte sie vor ihr und blickte mitleidig auf sie herab, bevor sie sich umwandte und den Wasserhahn am Waschbecken aufdrehte.
 

»Weißt du-«, setzte das Mädchen an, während sie den Wasserhahn abdrehte.
 

»Es tut mir Leid«, sagte sie plötzlich so leise, dass Lily sich fragte, ob sie überhaupt etwas gesagt hatte.
 

Ruckartig wandte sie sich zu ihr um. Lily erkannte den Dachs auf dem Wappen der Hufflepuffs an ihrer Tasche.
 

»Ich habe einen Fehler gemacht. Weißt du, ich dachte es geht um Sirius und nicht um jemand anderen. Aber wäre es um Sirius gegangen, würde ich es nicht bereuen«, stammelte sie vor sich hin.
 

Lily blinzelte ein paar Mal und fragte sich, was genau sie ihr sagen wollte. Doch dann wandte sich das Mädchen schon von ihr ab und stürmte aus der Toilette der drei Besen hinaus.
 

Lily blieb einen Moment lang auf den Boden sitzen und fragte sich was gerade passiert war. Sie wusste, dass das Mädchen in ihrem Jahrgang war. Doch da sie kaum Unterricht mit den Hufflepuffs hatte, konnte sie sich nicht an ihren Namen erinnern. Doch warum hatte sie sich bei ihr entschuldigt? Sie musste einfach noch einmal nachfragen.
 

Lily stand vom Boden auf und wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln. Dann verließ sie die Toilette und ging wieder nach oben in den Sitzbereich. Sie blickte sich in der Kneipe um, doch sie konnte das Mädchen nicht sehen.

Sie blickte zur Tür, als die Glocke leise bimmelte und erkannte nur noch einen Hufflepuff Umhang, welcher aus dem Laden verschwand. Lily bahnte sich ihren Weg nach draußen und versuchte den Umhang ausfindig zu machen. Wieder verschwand der Umhang in eine der Seitengassen und Lily beilte sich mit ihm Schritt halten zu können.

Sie verließ den Weg der Haupteinkaufsstraße und verschwand in eine der Seitengassen. Sie hatte gar nicht gewusst, dass es in Hogsmeade so viele davon gab.
 

Und dann hatte sie den Umhang aus den Augen verloren. Es war als wäre er plötzlich disappariert. Doch das war unmöglich, da das apparieren in Hogsmeade nicht mehr möglich war, seit die Auroren das Dorf gesichert hatten.
 

»Evans«, ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihr, die sie zusammen zucken ließ.

Lily sog scharf Luft ein. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass hier noch jemand war und scheinbar so nah hinter ihr stand. Als sie sich umwandte, erkannte sie den blonden Haarschopf von Chad Oldren, dem Schulsprecher. Sie blinzelte ein paar Mal und fragte sich, wie er es geschafft hatte, sich so lautlos an sie heran zu schleichen.
 

»Du hast mich zu Tode erschreckt.«

Erleichtert atmete sie aus. Doch als sie vom Boden aufblickte und in seine eisblauen Augen sah, bekam sie plötzlich eine Gänsehaut, als wäre die Umgebung um eine Grad abgekühlt.
 

»Ich brauche etwas von dir«, sagte er dann.

Lily blinzelte ein paar Mal. Sie konnte sich nicht vorstellen, was er haben wollen könnte.

»Du hast etwas in deinem Besitz, was dir nicht gehört«, sagte er leise.

»Ich weiss nicht wovon du redest«, erwiderte Lily nur.

»Stell dich nicht dumm. Ich weiss, dass er es dir heute Mittag gegeben hat.«

»Wer soll mir was gegeben haben?«

Lily verstand nicht.

»Potter hat dir das Medaillon gegeben, was ich schon so lange suche.«
 

Lily hielt einen Moment lang inne. Sie erinnerte sich an ihre Auseinandersetzung mit Potter. Er hatte an ihrem Arm gezogen, sie hatte ihn weg geschubst und ein Medaillon war aus seiner Tasche gefallen, welches sie aufgehoben hatte. Doch sie hatte es nicht behalten, sie hatte es ihm wiedergegeben. Lily runzelte die Stirn und sah ihn misstrauisch an.
 

»Woher weisst du davon?«, fragte sie ihn plötzlich.

Doch noch während sie die Frage stellte, wurde ihr klar warum er davon wusste. Er war da gewesen. Er war das unangenehme Gefühl gewesen, dass sie gespürt hatte. Er war der Beobachter gewesen, der es ihr eiskalt den Nacken herunter laufen ließ, genau wie jetzt in diesem Moment.
 

»Nur weil Potter das Medaillon mit sich herumträgt, bedeutet es noch lange nicht, dass es ihm auch gehört«, erwiderte er dann. »Und jetzt möchte ich, dass du es mir gibst.«
 

»Ich habe das Medaillon nicht«, erwiderte Lily und verschränkte dabei die Arme vor der Brust. Sie kannte diesen Tonfall von ihm nicht, doch es gefiel ihr ganz und gar nicht, dass sich die beiden alleine abseits der Einkaufsstraße befanden.
 

»Ich habe genau gesehen, wie Potter es dir gegeben hat«, zischte er, während seine Hand zu seinem Zauberstab in seinem Umhang wanderte.
 

Lily folgte seiner Handbewegung mit den Augen und schluckte. Er schien nicht der zu sein für den er sich die ganze Zeit ausgegeben hatte.
 

Lilys Hand fuhr hektisch zu ihrem Zauberstab. Doch sie griff ins Leere.
 

»Suchst du den hier?«, fragte Chad mit einem Lächeln. In seiner linken Hand hielt er ihren Zauberstab. »Ich bin nicht umsonst der beste Sucher Eurasiens.«
 

Lily verdrehte innerlich die Augen. Diese Arroganz kam ihr äußerst bekannt vor, doch nie hatte sie ihr solche Angst gemacht. Chad ließ Lilys Zauberstab in seinem Umhang verschwinden und streckte den Arm nach ihr aus.
 

»Nun gib es mir schon und ich werde dir nicht weh tun.«
 

Lily schnaubte, während sie vorsichtig einen Schritt zurück ging. Sie glaubte nicht, dass er sie gehen lassen würde, selbst wenn sie das Medaillon gehabt hätte.
 

»Expelliarmus!«, ertönte plötzlich eine Stimme, worauf hin Chads Zauberstab aus seiner Hand flog und gegen die Steinwand in der Gasse prallte.
 

Wütend wandte er sich um, um zu sehen wer ihn entwaffnet hatte. Doch als er ihn sah, kräuselten sich seine Mundwinkel zu einem Lächeln.
 

»Na ist das Medaillon bei der Freundin doch nicht so sicher wie du gedacht hast, Potter?«
 

»Weg von ihr«, sagte er ausdruckslos. »Sie hat nicht das wonach du suchst.«
 

»Lüg mich nicht an!«, schrie er plötzlich so heftig, dass Lily zusammen zuckte. »Ich habe gesehen, wie du ihr das Medaillon heute Mittag gegeben hast.«
 

Vorsichtig versuchte Lily einige Schritte zurück zu gehen. Doch plötzlich wandte Chad sich mit so einer Heftigkeit um, riss an ihrem Arm sodass sie beinahe auf den Steinboden gefallen wäre. Doch er zerrte sie im letzten Moment wieder hoch, während er nach Lilys Zauberstab mit seinem Umhang griff.
 

Lily sah wie sich James' Augen weiteten bevor er en Kiefer zusammen schob und sich in eine bessere Ausgnagsposition brachte.
 

»Lass sie los!«, knurrte er und richtete seinen Zauberstab bedrohlich auf ihn.
 

Vorsichtig griff James in seine linke Jackentasche und holte das Medaillon hervor. Er hielt es einen Moment lang in Chads Richtung, sodass er es begutachten konnte.
 

Als Chad erkannte, dass das es das echte Objekt seiner Begierde war, blizte einen Moment lang das Verlangen in seinen Augen auf.
 

»Slytherins Medaillons, endlich«, murmelte Chad so leise, dass nur Lily, welche immer noch in seiner Gewalt war, es hören könnte. Es war kaum mehr als ein Flüstern.
 

James nutzte die wenigen Sekunden, in denen Chad sich vom Anblick des Medaillons ablenken ließ, um Lily ein Zeichen zu geben.
 

»Stupor!«, schrie James und Chad Oldren flog einige Meter zurück und krachte mit den Rücken gegen die Steinmauer, wie zuvor sein Zauberstab. Das Geräusch, welches die Knochen in seiner Wirbelsäule von sich gaben, hörte sich nicht sehr gesund an, doch James hatte keine Zeit darüber nachzudenken. Hastig stopfte er das Medaillon in seine Jackentasche und griff nach Lilys Arm, zerrte sie vom Boden hoch und riss sie mit.
 

»Lass uns verschwinden«, wies er sie an und beide rannten los.
 

»Wie hast du mich gefunden?«, fragte sie außer Atem.

»Später Evans«, erwiderte James nur und rannte noch ein wenig schneller, sodass Lily kaum hinterherkam. Es waren nur noch wenige Meter, bis sie die Einkaufsstraße wieder erreichen müssten.
 

Lily schrie auf als ein roter Lichtblitz ganz knapp ihr Ohr verfehlte. James Arm wirbelte herum und feuerte einen Gegenfluch auf Chad ab, welcher diesem doch galant ausweichen konnte.
 

Sie rannten weiter bis sie schließlich die Einkaufsstraße erreichten. Erleichtert blieb Lily stehen, um kurz durchatmen zu können, nach ihrem hektischen Sprint. Doch nicht mal eine Sekunde später spürte sie James' Arm an ihrer Taille, der sie gegen die Steinmauer warf, an der ihr Rücken hart aufprallte und sie einen spitzen Schrei ausrufen lies.

Gerade als sie ihn wütend anfunkeln wollte, wurde ihr bewusst, dass er gerade verhindert hatte, dass sie von einem weiteren roten Lichtblitz getroffen wurde, doch diesmal kam dieser nicht aus Chads Richtung. Die Stimmung im Dorf hatte sich verändert. Es war eine Panik ausgebrochen, die Dorfbewohner und Schüler schreiend umher rennen ließen.
 

Im Dorf herrschte ein wahres Wirrwarr, indem Flüche von Auroren und Todessern hin und her geschleudert wurden.

Lily schluckte hart, als sie sich an den Tag erinnerte, an den die Winkelgasse auf ähnliche Weise ebenso angegriffen wurde. Würde sich das alles genauso wiederholen?
 

»Oldren muss Verstärkung gerufen haben«, schnaubte James. »Die Auroren sind an allen Eingängen und Ausgängen des Dorfes positioniert, doch niemand hat anscheinend damit gerechnet, dass die Gefahr bereits Hogwarts infiltriert hat.«
 

Während Lily unsicher durch die Massen blickte, schien James das ganze bereits durchschaut zu haben, da er sie abermals am Arm packte und mit sich riss.
 

»Bleib dicht hinter mir, Evans«, wies er sie an und Lily nickte nur, da sie ohnehin ohne ihren Zauberstab, der vermutlich noch in der Gasse lag, nichts tun konnte.
 

James führte sie dicht an der Häuserwand entlang durch die Massen und musste nur ab und an einen Fluch abfeuern, als sie endlich eine von den Auroren erstellte Barriere erreichten.
 

»Das Dorf wird evakuiert. Begebt euch zu den entsprechenden Portschlüsseln«, riefen einige Auroren und versuchten die flüchteten Massen der Schüler und Dorfbewohner in Schach zu halten.
 

Aprubt blieb Lily stehen und wurde einige Meter hinter James' hergeschliffen, da dieser immer noch mit festen Griff ihr Handgelenk umklammert hielt. Verwirrt drehte er sich um und sah in ihre grünen Augen.
 

»Was ist los?«, fragte er laut, um den schreienden Massen standhalten zu können.

»Rosalie, Mary, ich kann sie nicht zurücklassen«, sagte Lily atemlos.

»Dafür ist keine Zeit«, mahnte James sie.

Lily atmete einmal tief durch, bevor sie ihm fest in die haselnussbraunen Augen sah.

»Ich werde nicht ohne sie gehen. Sie sind meine Freundinnen!«
 

James druckste auf den Füßen herum. Sie waren nur wenige Meter von der sicheren Barriere entfernt. Währenddessen befreite sich Lily von seinem Griff, wandte sich um und rannte den Weg ein Stück zurück in Richtung des tropfendes Kessels, den dort hatte sie die beiden zurück gelassen. Sie hatte die Tür fast erreicht als ein Lichtblitz ihre Wange traf. Sie spürte ein Brennen und sog scharf Luft ein, als sie spürte wie feines Blut zu ihrem Kinn lief und daran herunter tropfte und dann immer mehr wurde, was schließlich ihre Bluse rot färbte. Lily drückte sich an die Häuserwand, um so ein wenig geschützt zu sein, doch alles was sie wiederum sah waren die eisblauen Augen von Chad Oldren, der mit hoch erhobenen Zauberstab auf sie zu rannte.
 

»Protego!«, schrie James, um damit einen weiteren Fluch abzuhalten, der Lily frontal getroffen hätte. Eine Sekunde später war er bei ihr und schnaubte verächtlich.
 

»Du machst mir nur Ärger Evans«, sagte er rau und konnte dabei ein schiefes Lächeln nicht unterdrücken. Neben ihm tauchten Peter und Remus auf, beide mit erhobenen Zauberstäben.
 

»Stupor!«, schrie Remus, der versuchte Chad in Schach zu halten. Es war kaum zu übersehen, dass seine Hand zitterte.
 

Schnell wandte er sich zu Lily und James um.

»Der tropfende Kessel ist leer«
 

Er wirkte schwach und seine Augen waren blutunterlaufen. Die Situation überforderte ihn und seinen Zustand.
 

»Lily!«, schrie jemand, woraufhin sie sich umblickte und versuchte durch die Menge zu sehen.
 

»Mary!« schrie Lily, als sie ihre Freundin erkannte, die gerade versuchte, durch die Menge zu ihr durch zu dringen.

»Komm nicht hierher, lauf zur Barriere!«, schrie James gegen die Aufruhr in den Massen. Mary blieb aprubt stehen, doch es war zu spät.
 

Und dann ging alles sehr schnell.

Chad Oldren hatte sich zu Mary umgewandt, er richtete den Zauberstab auf sie und feuerte einen Fluch ab, der sie frontal in den Magen traf und blutspuckend nach vorn umfallen lies. Doch Lily war bereits auf Chad zugerannt und warf sich auf seinen Zauberstabarm und umklammerte ihn so fest, dass er nicht mehr in Marys Richtung zeigen konnte. Wütend griff er ihr ins Haar und riss so stark ihren Kopf zurück, dass sie einen Aufschrei nicht unterdrücken konnte. Einen Moment später traf das goldene Medaillon seinen Kopf, prallte daran ab und fiel einen Meter vor ihm zu Boden.

Chad stieß Lily weg von sich zu Boden und stürze sich auf das Medaillon. Doch kurz bevor er es erreichen konnte kickte James es mit dem Fuß weiter in die Menge.
 

»Nehmt euch bei den Händen«, rief plötzlich eine Stimme und Lily spürte wie jemand nach ihrer Hand griff und seine Finger darin verschlung
 

Als sie aufblickte, sah sie gerade noch, wie James eine Taschenuhr mit der Eleganz eine Suchers, der er eig. Nicht wahr auffing. Daraufin wurde ihr der Boden unter den Füßen weggezogen und alles hüllte sich in weißen Nebel, bevor sie sich dem Schwindelgefühl hingab und die vier Freunde verschwanden.

Potter Manor

38. Akt: Potter Manor
 

„Frag dich nicht was richtig ist,

sondern frag dich, was du fühlst.

Hör auf zu fragen, ob du kannst,

sondern frag dich ob du willst.“
 

Eine Weile betrachtete sie ihn eingehender, wie er aufrecht vor ihr stand, mit geradem Rücken und erhobenem Kinn. Er hatte beinahe edle Gesichtszüge mit seinen markannten Wangenknochen und dem kinnlangen schwarzen Haar. Sie war sich beinahe sicher, wenn da nicht der goldene Löwe des Hauses Gryffindor an seiner Brust prangen würde.
 

»So wie du da stehst, könnte man fast meinen du seist ein Black«, sagte sie schließlich.

Sirius runzelte die Stirn und überlegte einen Moment lang, ob er wirkllich antworten sollte. Immerhin wusste er nicht wer sie war. Möglicherweise wäre es besser seinen Namen nicht preis zu geben.

»Ich bin ein Black«, sagte er dann. Sie schnaubte.

In seiner Stimme schwang nicht der übliche Stolz der Blacks mit. Es klang beinahe gequält, als könne er selbst kaum glauben, was er soeben gesagt hat. Und das erinnerte sie an jemanden. Für einen Moment schweiften ihre Gedanken zu ihm, zu dem, dessen Blick sie mit eben dieser Traurigkeit angesehen hatte, wie ihr Gegenüber es gerade tat.

»Ein abtrünniger Black«, fügte Sirius dem hinzu und lachte dabei tonlos. »Scheinbar habe ich ein paar alte Gewohnheiten in meiner Haltung beibehalten.«
 

Die junge Frau atmete aus und sammelte sich wieder. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und nahm eine lässige Haltung ein.

»Ein Black, der nicht in Slytherin ist.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. »Ah, ich verstehe, Walburgas erster Sohn.«

Die junge Frau schien einen Moment lang darüber nachzudenken, warum sie nicht früher darauf gekommen war. Seine Geschichte war immerhin fast berühmt und doch versuchte alle Welt diese Tatsache unter den Teppich zu kehren.

»Du kennst sie?«, fragte Sirus dann und versuchte den kalten Schauer, welcher ihm bei der Nennung ihres Namens über den Rücken lief, möglichst zu verbergen.

Doch die Frau schenkte ihm nur ein selbstgefälliges Grinsen, woraufhin Sirius die Augen verdrehte.

»Bloß nicht zu viele Informationen preis geben«, stichelte er, woraufhin sich ihr Grinsen in ein arrogantes Lächeln verwandelte.

»Ich kenne sie nicht persönlich, aber ich habe sie einmal gesehen. Deine Geschichte ist beinahe legendär. Der Sohn, der sich gegen seine Familie und dessen Werte aufllehnte, wie es nie zuvor ein Black getan hatte. Wie konnte ich nur deinen Namen vergessen, Sirius Orion Black.«
 

Sirius räusperte ich verlegen.

»Nur Sirius. Da du meine Geschichte kennst, weist du, dass ich dem Rest meiner Familie den Rücken gekehrt habe.«

»Oh ja, dass weiss ich. Armer Reg.«

»Du kennst meinen Bruder? Was hast du mit ihm zu schaffen?«

Für einen Moment blitzte etwas in seinen Augen auf. Sie konnte nicht genau deuten was es war, doch sie hörte den verzweifelten Unterton in seiner Stimme. Vielleicht bildete sie es sich ein, doch sie hatte den Eindruck, dass er sich wirklich Sorgen um seinen Bruder machte.

»Antworte schon«, fuhr er sie beinahe an.

Sie runzelte die Stirn und starrte ihn einen Moment lang an. Sie schien zu überlegen, was sie sagen sollte oder vielleicht auch, ob sie etwas sagen sollte.

»Ich denke nicht, dass du das Recht hast, diese Frage zu stellen«, sagte sie nach einer Weile. »Immerhin hast du ihn zurückgelassen, als du, wie du es sagtest, deiner Familie den Rücken gekehrt hast.«
 

Das hatte definitiv gesessen. Es waren beinahe dieselben Worte, die auch Regulus damals verwendet hatte, als sie bei McGonagals Strafarbeit gemeinsam an einem Projekt arbeiten mussten.
 

Hatte sie recht? Hatte Regulus recht?

War das wirklich so gewesen?

Hatte er ihn zurückgelassen?
 

Nein! Das stimmte nicht. Er hatte immer versucht für seinen Bruder da zu sein. Er hatte immer versucht ihn vor seinen Eltern zu beschützen. Er hatte sogar einige seiner Bestrafungen auf sich genommen, damit er in Sicherheit war.

Doch als er damals nach Gryffindor kam und im Jahr darauf Regulus nach Slytherin, hatte sich alles verändert. Sirius' Familie nahm seinen Bruder nun anders wahr. Es war eine große Bürde für ihn, da es nun an Regulus war den Namen Black wieder reinzuwaschen und auf eine verquere Art und Weise schien Regulus das zu gefallen. Denn nun lag das Augenmerk seiner Eltern auf ihm. Sirius konnte es nicht verhindern, egal was er sagte und für ihn tat. Seine Mutter war schon immer sehr manipulativ gewesen. Er hatte schon früh bemerkt, dass sie versuchte die beiden Brüder gegeneinander auszuspielen und letztendlich hatte sie es geschafft. Regulus hatte sich von ihm abgewandt. Er wollte seine Hilfe nicht mehr, er wollte alleine klar kommen und Sirius hatte das akzeptieren müssen. Ob er wollte oder nicht.
 

»Ich liebe meinen Bruder, vermutlich ist er der einzige in meiner Familie zu dem ich je eine richtige Beziehung hatte, bevor diese Frau alles zerstört hat. Also ja, ich habe das Recht, dass zu fragen!«

Seine Stimme war fest und sein Wille eisern. Das war das Auftreten der Blacks. Er stand da voller Überzeugung und sein Blick starrte sie beinahe nieder. Für einen Moment wirkte sie beinahe beeindruckt und schenkte ihm ein schiefes Lächeln, während sie mit ihren blutroten Nägeln einmal durch ihr dunkles Haar fuhr.

Erst jetzt bemerkte er, wie schön sie war mit ihrer blassen Haut und den dunkeln Augen. Er fragte sich wie alt sie wohl war. Sie sah kaum älter aus als er selbst, dennoch wirkte ihr Auftreten zugleich sehr viel erwachsener als sie zugab.
 

»Wenn er dir wirklich das bedeutet, was du soeben gesagt hast, dann solltest du jetzt gehen und aufpassen, dass er keine Dummheiten anstellt.«

»Was meinst du damit?«, fragte er verwirrt, doch es schwang auch ein wenig Panik in seiner Stimme mit.

Die junge Frau wandte sich um und ließ dabei ihr lockiges braunes Haar um ihre Hüften wehen.

»Es hat schon angefangen. Ich kann es hören«, sagte sie dann und blickte tiefer in den Wald hinein.
 

Sirius blieb einen Moment lang ganz still stehen, doch er konnte nichts außergewöhnliches hören. Er folgte ihrem Blick, welcher tiefer in den Dickicht gerichtet war. Es war nicht mehr weit bis Hogsmeade. Doch so sehr er sich auch konzentrierte, er konnte nur den Wind hören, welcher durch die Baumkronen des verbotenen Waldes wehte.
 

Aprubt wandte sie sich wieder zu ihm um.

»Beeil dich!«, wies sie ihn an. »Geh nach Hogsmeade. Jetzt. Rette ihn, wenigstens ihn.« Die letzten Worte waren kaum mehr als ein Flüstern.

»Retten wovor?«, fragte Sirius nun sichtlich nervös. Doch die junge Frau warf ihm nur einen traurigen Blick zu.

»Vor seinem Schicksal«, sagte sie so leise, dass er es beinahe nicht verstanden hätte. »Vielleicht bist du ja in der Lage es zu ändern! Ich muss los«, sagte sie dann und sammelte sich scheinbar wieder, da sie sofort ihren arroganten Blick aufgesetzt hatte. Dann wandte sie sich von ihm ab und ging in die entgegengesetzte Richtung auf den Dickicht zu.
 

»Wie heißt du?«, rief er ihr noch nach.

»Ich habe keinen Namen«, antworte sie ihm nur und verschwand zwischen den Bäumen.
 

Einen Moment lang blickte Sirius ihr noch nach, doch dann verwandelte er sich wieder in den zotteligen schwarzen Hund und rannte los. Er wusste nicht genau, was sie damit gemeint hatte, dass er Regulus retten sollte. Doch er hatte ein ungutes Gefühl.
 

Als er sich Hogsmeade näherte, nahm er plötzlich Lärm wahr. Es war lauter im Dorf als sonst und das konnte nur heißen, dass diese Frau recht gehabt hatte. Es war etwas im Gange. Menschen liefen wild durcheinander. Es wurden Flüche hin und hergeschossen und Schreie übertönten das Zischen der Lichtblitze aus den Zauberstäben.

Es war wie damals vor Schuljahresbeginn in der Winkelgasse.
 

Sirius blieb stehen und versuchte sich einen Überblick in dem Wirrwarr zu verschaffen. Im Dorf war eine Panik ausgebrochen. Er sah die Auroren, welche an den Enden des Dorfes Schutzbarrieren errichtet hatten, um die Leute in Sicherheit zu bringen.

Er erkannte eine Gruppe von Schülern, vermutlich Drittklässlern, welche von Auroren hinter eine der Barrieren gebracht wurden. Die Gruppe verschwand kurz darauf. Es wurden wohl Portschlüssel für die Evakuierung eingesetzt.
 

Und dann sah er ihn plötzlich. Sein bester Freund, James Potter rannte mit erhobenem Zauberstab auf eine der Barrieren zu. Er hatte Lily Evans am Handgelenk gepackt und schleifte sie hinter sich her. Doch dieser gelang es, sich aus seinem Griff zu befreien. Worte wurden ausgetauscht und dann wandte sie sich um und rannte zurück in das Wirrwarr aus herumlaufenden Menschen. Sirius konnte von weitem erkennen, wie James vor sich her fluchte. Doch dann wandte er sich um, und folgte Lily Evans zurück ins Geschehen.
 

Sirius wollte den beiden gerade folgen, als er den schwarzen Haarschopf entdeckte, welcher seinem so ähnlich war. Regulus schien die beiden ebenfalls beobachtet zu haben, da er versuchte ihnen mit etwas Abstand durch die Massen zu folgen.

Sirius erinnerte sich an die Worte der jungen Frau im Wald.

Ohne zu zögern folgte er mit etwas Abstand seinem Bruder durch die Massen. Er schien einen etwas anderen Weg zu nehmen als James, doch die Richtung war dieselbe.

Es war nicht leicht gegen die Leute anzukommen, die ihm alle entgegenrannten, doch irgendwie hangelte er sich durch und dann geschah alles sehr schnell.
 

Der Schulsprecher Chad Oldren stand dort mitten in den Massen, nahe der drei Besen und fuchtelte mit seinem Zauberstab herum, während Lily Evans sich an seinen Arm klammerte, um ihn von irgendetwas abzuhalten. Wütend griff er ihr ins Haar und riss so stark ihren Kopf zurück, dass sie einen Aufschrei nicht unterdrücken konnte.

Sirius wollte einschreiten und lief auf die beiden zu, doch einen Moment später knallte etwas kleines goldenes an Chad Oldrens Kopf. Dieses etwas landete auf dem Boden und beanspruchte plötzlich seine ganze Aufmerksamkeit. Chad stieß Lily von sich weg und stürzte sich auf den Boden. Doch kurz bevor er es erreichen konnte, betrat James die Szene und kickte es mit dem Fuß weiter in die Menge, genau in Sirius' Richtung. Es landete fast vor seinen Füßen, das goldene Medaillon, doch dann tauchte sein Bruder aus der Masse auf und griff nach dem goldenen etwas. Er schien beinahhe zu Lächeln, als er es in seiner Hand betrachtete.
 

»Nehmt euch bei den Händen!«, rief plötzlich eine Stimme und Sirius wandte sich einen Moment lang von seinem Bruder ab, nur um zu sehen, wie seine Freunde vor seinen Augen verschwanden. Sirius blinzelte ein paar Mal. Es musste ein Portschlüssel gewesen sein. Als er sch umwandte, sah er gerade noch wie Regulus' schwarzer Haarschopf in der Menge verschwand.
 

***
 

Lily spürte wie jemand nach ihrer Hand griff und seine Finger darin verschlung. Als sie aufblickte sah sie gerade noch wie James Potter eine Taschenuhr mit der Eleganz eines Suchers, der er eigentlich nicht war, auffing.

Daraufhin wurde ihr der Boden unter den Füßen weggezogen und alles hüllte sich in weißen Nebel, bevor sie sich dem Schwindelgefühl hingab und die vier Freunde verschwanden.
 

Schlimmer als bei jeder Achterbahnfahrt drehte sich ihr der Magen um. Sie wusste nicht wie lange sie sich in diesem Sog befand, der ihre Eingeweide einmal gründlich durch den Fleischwolf zog. Doch dann löste sich dieses unangenehme Gefühl plötzlich auf und sie landete auf harten Asphaltboden. Einen Moment lang traute sie sich nicht die Augen zu öffnen. Der Boden war feucht und als sie aufblickte benetzte feiner Nieselregen ihre Haut.
 

»Alles in Ordnung?«, fragte sie eine vertraute Stimme.

Lily wandte sich um und sah in Remus aschfahles Gesicht, welches schon seit gestern von dunklen Ringen gezeichnet war. Er wirkte erschöpft und müder den je.

»Ich... Chrm. Ich denke schon«, stotterte sie.

Remus schenkte ihr ein Lächeln.

»Dann kannst du sie jetzt loslassen, bevor du ihr den Arm brichst«, sagte er sanft.

»Oder mir«, fügte James hinzu.

Lily blinzelte ein paar Mal und sah dann, dass sie immer noch ihre Finger in Marys Umhang gekrallt hatte. Und ihre linke Hand war fest mit der von James Potter verschlossen.

»Oh«, sagte sie dann leicht benommen und lies sofort James' Hand los, ohne ihn auch nur anzusehen und wandte sich direkt der fast bewusstlosen Mary zu.

»Wir sollten sie ins Haus bringen und uns ihre Verletztungen ansehen«, sagte Remus und stand als erster vom nassen Boden auf.

»Außerdem ist es hier nicht sicher«, fügte James hinzu, der sich mit erhobenen Zauberstab argwöhnisch in der Gegend umsah.

James ging auf die Knie und legte seine Arme unter Marys Rücken und Kniekehlen und hob sie in einem Ruck hoch.

»Gehen wir.«

Lily blinzelte ein paar Mal. Sie schien darüber verwirrt zu sein mit welcher Leichtigkeit er ihre Freundin einfach so hochgehoben hatte.

»Sie ist nicht leicht, Miss Evans, also würden Sie jetzt bitte vom feuchten Boden aufstehen«, sagte James charmant.
 

Remus seufzte und half Lily auf die Beine. Dann folgte sie den Jungs ein Stück die Straße entlang. Es war nicht weit bis sie den Vorgarten eines großen Hauses erreichten. Man konnte dieses Haus schon fast als Vorstadtvilla bezeichnen. Remus öffnete solide das Tor am Eingang des Vorgartens und James trug Mary durch den Garten zur Haustür.

Lily folgte den beiden und fragte sich insgeheim, warum die Jungs sich hier so gut auskannten. Remus bemerkte ihre verwunderten Blicke und musste schmunzeln. Er konnte sich genau daran erinnern, dass er eben so fasziniert war wie sie jetzt, als er das erste Mal dieses Haus betrat.
 

»Willkommen auf Potter Manor«, raunte Remus ihr zu als Lily an ihm vorbei durch die Tür des riesigen Hauses trat.
 

Das Haus schien von innen viel größer zu sein als von außen. Zumindest kam es ihr so vor, als sie den großen Flur mit der breiten Wendeltreppe betrat.

Eine recht kleine Frau mit braunem Haar, welches sie zu einem unordentlichen Dutt zusammen gesteckt hatte eilte die Treppen herunter und den Flur entlang auf sie zu.
 

»James! Was ist passiert?«

»Es gab einen Angriff auf Hogsmeade. Das Dorf wurde evakuiert«, antwortete er schnell.

Euphemia Potters Blick wanderte von ihrem Sohn zu dem Mädchen in seinen Armen, welches kaum noch bei Bewusstsein war.

»Sie braucht Hilfe. Bring sie nach oben«, ordnete sie an und schob James zur Treppe.

»Ein Fluch hat sie getroffen«, sagte Lily aufgeregt, welche den beiden die Treppen nach oben folgte.

»Weisst du was für einer?«

»Nein. Es war ein stummer Zauber. Ich sah nur einen roten Lichtblitz.«

Tränen sammelten sich in Lilys Augenwinkeln, doch sie versuchte sie wegzublinzeln.

»Okay, wir werden sehen«, sagte Euphemia und legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter.
 

Dann öffnete sie eine Tür und die vier betraten ein Schlafzimmer, welches vermutlich als Gästezimmer genutzt wurde. James legte Mary auf dem Bett ab und trat einen Schritt zurück, während Euphemia ihren Zauberstab aus ihrer Jackentasche hervorholte.
 

»Dad ist noch dort, Mom. Er gab uns seinen Notfallportschlüssel.«

Euphemia nickte ihm kurz zu. Lily erkannte, dass sie die Lippen zusammengepresst hatte.

»Ich kümmere mich um sie. Geht jetzt.«

»Aber- «, setzte Lily gerade an, doch James hatte bereits seine Hände auf ihre Schultern gelegt und drehte sie zur Tür um.

»Keine Angst«, raunte James ihr ins Ohr und schob sie aus dem Türrahmen hinaus. Lily spürte immer noch seinen warmen Atem an ihrem Nacken, als er die Tür hinter ihnen schloss.

»Hab Vertrauen. Sie ist gut darin, dass zu tun, was nötig ist.«

Lily nickte leicht benommen. Vertrauen war scheinbar etwas, was dieser Tage ziemlich kostbar war.

James musterte sie unsicher. Sie sah ziemlich fertig aus, wie sie da vor ihm stand mit zwei blutenden Kratzern im Gesicht, einer blutdurchtränkten Bluse, aufgeschrabbten Knien und zerzaustem Haar. Dennoch musste er schmunzeln.

»Was ist?«, fuhr sie ihn an. James räusperte sich.

»Wenn ich das so direkt sagen darf, Sie sehen ziemlich scheiße aus Miss Evans«, sagte er dann. Lily schenkte ihm ein gespielt aufgesetztes Grinsen.

»Charmant wie immer Mr. Potter«, erwiderte sie und verdrehte dabei die Augen.

»Warte hier kurz«, sagte er dann und verschwand hinter einer der anderen sechs Türen, die sich auf dieser Etage befanden. Kurz darauf kam er mit einem rotem Pullover in seiner Hand zurück.

»Hier«, sagte er dann und reichte ihr den Pullover. »Du solltest das Blut auswaschen«, sagte er nur und deutete auf die Tür ihm gegenüber.
 

Lily nickte nur und betrat das Badezimmer. Als sie die Tür hinter sich schloss, hatte sie das Bedürfnis zusammen zusacken, doch sie zwang sich dazu durchzuhalten. Das konnte sie sich jetzt nicht leisten. Also trat sie einen Schritt vor und warf einen Blick auf ihr Äußeres in dem großen mit goldenen Ranken verzierten Badezimmerspiegel.

Sie schnaubte und konnte ein hysterisches Lachen nicht unterdrücken. James Potter hatte nicht untertrieben, als er eben gesagt hatte, dass sie ziemlich scheiße aussehen würde. Es hätte sogar beinahe als Kompliment gelten können.

Dann knöpfte sie ihren Carigan auf, nahm die Gryffindor Kravatte ab und zog ihre blutdurchtränkte weiße Bluse über den Kopf. Als sie den Wasserhahn aufdrehte und das kühle Wasser ihre Hände benetzte, fühlte sich das unglaublich gut an. Als hätte sie es ewig nicht gespürt. Nachdem sie sich gewaschen hatte und sich mit einem der Handtücher trocken tupfte, bemerkte sie wie es etwas blau um ihre Rippen wurde. Sie musste sich die Rippe geprellt haben, als Chad Oldren sie von sich weg gestoßen hatte. Vorsichtig zog sie sich den roten Pullover über, streifte sich noch einmal die Haare hinter das Ohr und öffnete die Badezimmertür wieder.

James, welcher neben der Tür an der Wand gelehnt hatte, stieß sich von der Wand ab und trat sofort auf sie zu.

»Schon besser«, sagte er dann und führte sie zurück ins Badezimmer, aber diesmal folgte er ihr und schloss die Tür hinter ihnen. Lily lies sich auf dem Badewannenrand nieder und beobachtete ihn dabei wie er eine Flasche Desinfektionsmittel aus dem Badezimmerschrank holte und etwas davon auf ein frisches kleines Handtuch schüttete.

»Möglicherweise brennt das jetzt etwas«, sagte er dann und tupfte damit über Lilys Stirn und danach über ihre Wange. Sie hatte sich zwar das Blut abgewaschen, aber aus den Wunden flosss bereits ein wenig neues Blut. Das gleiche tat er mit ihren aufgeschürften Knien. Dann griff James in seine Hosentasche, den Umhang hatte er scheinbar zwischenzeitlich abgelegt und richtete seinen Zauberstab auf ihre Stirn und anschließend auf ihre Wange.

»Episkey«, sagte er dann und die blutigen Kratzer schlossen sich, sodass nur noch ein feiner Hauch der Wunden zurück blieb und diese würden wahrscheinlich in den nächsten Tagen verblassen.

»Ich denke Sie sehen wieder vorzeigbar aus Miss Evans«, sagte er dann und versuchte sich an einem schmalen Lächeln, welches sie ihm nicht abkaufte. Auch er tat heute nur so, als wäre alles in Ordnung, denn diese Hoffnung war immer noch besser, als sich das vor Auge zu führen, was heute beinahe alles passiert wäre.

»Was ist los?«, fragte er, als er ihren grüblerischen Gesichtsausdruck bemerkte. Dann zog er besorgt die Augenbrauen zusammen.

»Mein Dad ist Auror. Es kommt nicht selten vor, dass er... nun ja.. etwas zugerichtet nach Hause kommt. Meine Mom kennt sich also sehr gut damit aus, was in einem solchen Fall zu tun ist, also habe etwas vertrauen bitte.«

Dann war es still für einige Sekunden. Lily blickte auf den Boden, sie konnte ihm nichts ins Gesicht sehen.

»Wem kann man schon noch vertrauen.«

Es war kaum mehr als ein Flüstern. Einen Moment lang sah er sie ausdruckslos an, bevor er seine Hand auf ihre legte und ihren Blick suchte.

»Mir kannst du vertrauen«, sagte er dann und als Lily ihn ansah, erkannte sie die Ernsthaftigkeit in seinen Augen. Es war als wären das erste Mal für sie, seine Gedanken völlig klar.

»Komm, wir warten im Wohnzimmer«, sagte er dann und zog sie auf die Beine, bevor er sie die Wendeltreppe zurück nach unten führte.
 

Das Wohnzimmer der Potters war der vermutlich größte Raum in der unteren Etage. Die Tapeten waren in einem viktorianischen Muster gehalten, ebenso wie die goldumrankten Bilder und Spiegel in diesem Raum. An der Wand prasselte ein Feuer im Kamin.
 

Remus saß auf einem der hinteren grünem Ohrensessel und hatte seine Fingernägel in ein Kissen gekrallt. Langsam versuchte er ein- und auszuatmen. Es fiel ihm schwer sich darauf zu konzentrieren, doch ihm blieb nichts anderes übrig, als es zu versuchen.

James plazierte Lily auf einem der großen grünen Zweier Sofas und ging langsam zu seinem Freund herüber. Die beiden schienen eine Art stummes Gespräch zu führen, da sie sich einfach nur ansahen und Remus ihm schließlich zu nickte.
 

Dann wurde es ruhig im Wohnzimmer der Potters. Remus blieb in dem Sessel in der Ecke sitzen und sagte kein Wort. James hatte sich an das Fenster gelehnt und beobachtete nervös die dunklen Wolken am Himmel. Es war nicht mehr viel Zeit bis der Mond vollends aufgehen würde.

Lily knetete nervös ihre Hände auf ihrem Schoß und sah alle paar Sekunden zur Tür, doch James' Mutter kam nicht nach unten. Sie machte sich Sorgen um Mary, denn auf eine verquere Art war das alles ihre Schuld gewesen. Wenn sie nur nicht ihren Namen gerufen hätte, dann hätte Chad niemals diesen Fluch auf sie abgefeuert. Bei dem Gedanken wurden ihre Augen wieder wässrig. Sie schnaubte innerlich, als sie daran dachte, wie sehr sie Chad Oldren vertraut hatte. Er war Schulsprecher gewesen und sie hatte sich oft mit ihm unterhalten, sogar allein. Sie bekam eine Gänsehaut bei dem Gedanken, was er in diesen Momenten alles hätte tun können.
 

Dann betrat Euphemia Potter den Raum und Lily sprang sofort vom Sofa auf.

»Das war kein einfacher Fluch«, sagte sie dann. »Ich konnte die Wunde zwar schließen und einen weiteren Bruch an ihrem Arm heilen, aber für den Rest fehlen mir leider die Zutaten. Ich werde ins St. Mungos Hospital apparieren und dort den Trank brauen lassen.«

Sie lächelte Lily zu als sie ihren besorgten Blick sah.

»Ich habe ihr einen Schlaftrank verabreicht. Sie wird bisweilen keine Schmerzen verspüren, bis ich zurückm bin. Du kannst zu ihr«, ermutigte sie sie dann.

»James, schließ die Verteidigung wieder, sobald ich weg bin.«

James nickte ihr zu und Lily hangelte sich an den beiden vorbei in den Flur und ging die Treppen zurück hoch in das Zimmer, indem Mary lag.
 

Lily strich ihrer Freundin eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Marys Atem schien ruhig und gleichmäßig zu sein. Der Schlaftrank musste wirklich gut und vor allem aus hochwertigen Utensilien gebraut worden sein, sonst hätte er nie so gut seine Wirkung gezeigt.

Lily lehnte sich erleichtert in ihrem Stuhl zurück. Sie rieb sich mit den Händen durch das Gesicht und versuchte mit geschlossenen Augen ruhig ein und auszuatmen. Sie war froh, dass die Sonne beinahe unter gegangen war und sich dieser verdammte Tag damit seinem Ende neigte. Denn noch mehr, als alles was heute Geschehen ist, hätte sie beim besten Willen nicht ertragen können.

Ihre Bilder an den Wänden von Hogwarts, ihre Wut und Enttäuschung gegenüber James, der Gerüchhteanturm und die Anfeindungen ihrer Mitschüler ihr gegenüber, schienen noch der beste Teil des Tages gewesen zu sein, wenn sie an den Angriff auf Hogsmeade dachte, die Todesser, Chad Oldren, der sie angegriffen hatte, Chad Oldren, der Mary beinahe tödlich verletzt hatte... und schließlich die Reise per Portschlüssel nach Potter Manor.
 

James Potter. Lily seufzte als sie an ihn dachte.

Er hatte mindestens zwei Gesichter. Eines welches er sich selbst und seinen Freunden gegenüber zeigte und eines, was er dem Rest der Welt entgegenbrachte. Und eben dieses Gesicht hatte viele Masken. Womöglich eine für jede Situation. Er war so anders, in seiner Art so unberechenbar. Sie wusste nie was er als nächstes tun würde, ob er die Wahrheit sagte oder log. Er war einfach so irritierend für sie, dass sie nicht wusste, wie sie die Situation mit ihm lösen sollte.

Sie hatte ihm wohlmöglich Unrecht getan, was ihre Skizzen anbelangte. Sie hatte ihn als Lügner bezeichnet und sich nicht einmal dafür bedankt, dass er ihr und Mary quasi das Leben gerettet hatte in Hogsmeade. Einfach nur weil er zur rechten Zeit, am rechten Ort war.
 

Eine Weile verweilte Lily in ihren Gedanken und starrte auf einen Punkt in der Holzmaserung des Nachttisches. Dann erhob sie sich aus dem Sessel und ging zur Tür. Es war vermutlich am besten, wenn sie es sofort hinter sich brachte.

Vorsichtig blickte sie sich auf dem Flur um. Sie hatte noch nicht viel vom riesigen Anwesen der Potters gesehen. Lily fragte sich, was sich alles hinter den vielen Türen verbarg, den sie zählte insgesamt sieben davon. Dennoch erinnerte sie sich daran, dass es vermutlich besser war ihre Neugierde im Zaum zu halten. Immerhin wusste sie nicht, ob sich jemand hinter einer der vielen Türen verbarg. Immerhin war das hier immer noch das Haus eines Zauberers.

Sie erinnerte sich daran, dass Wohnzimmer und Küche im Erdgeschoss waren und schlich vorsichtig die Treppe herunter. Lily erkannte, dass in der Küche Licht brannte und ging leise dorthin, wo eben jenes Licht und die leisen Stimmen der Jungs zu hören waren.
 

***
 

»Das hätte alles nicht passieren dürfen. Wir müssen zurück nach Hogwarts und zwar sofort«, sagte Remus, während er nervös vor dem sich selbst abtrocknendem Geschirr auf und ab ging.
 

»Und wie stellst du dir das vor? Wir können nicht apparieren und der Portschlüssel funktioniert nur einmal und dass auch nur in eine Richtung.«
 

James betrachtete seinen Freund einen Moment lang. Es ging ihm wirklich nicht gut und es wurde von Minute zu Minute schlimmer. Das Weiß im Remus' Augen war von vielen roten Adern durchzogen und die Ringe unter seinen Augen waren dunkler den je. Er versuchte sich dagegen zu wehren, doch es war zwecklos. Es würde nicht mehr lange dauern, bis er sich verwandelte.
 

»Mach dir keine Sorgen. Das wird funktionieren. Ich werde bei dir bleiben und aufpassen, dass du nichts blödes anstellst«, versuchte James seinen Freund zu ermutigen, doch Remus war sich nicht so sicher, ob alles so funktionieren würde, wie James es sich erhoffte.

»Ich halte die Spannung nicht mehr aus, ich gehe jetzt darein. Denk dran den Schutzzauber zu sprechen«, ermahnte Remus ihn noch, bevor er durch die Hintertür verschwand.
 

Auch James hoffte, dass die Notlösung für heute Nacht ausreichte.

Ein Werwolf in Godrics Hollow würde wohl für ziemliches Aussehen sorgen und wenn das Zaubereiministerium davon Wind bekäme, wären die Konsequenzen vermutlich fatal.

Eine Weile starrte James aus dem Fenster und beobachtete die Sonne dabei, wie sie langsam am Horizont verschwand. Der Mond stand schon fast sichtbar am Himmel. Es würde nicht mehr lange dauern. Vielleicht hatten sie noch eine Stunde, vielleicht nur noch ein paar Minuten.
 

Ein leises räuspern drang an seine Ohren, als James sich sogleich umwandte und Lily Evans im Türrahmen erkannte.
 

»Stehst du da schon lange?«, fragte er direkt.

»Nein, ich bin gerade herunter gekommen. Ich habe das Licht hier gesehen und wollte nur... naja... sehen wie es euch geht.«
 

Erleichtert atmete James aus, fixierte jedoch ihr Gesicht um heraus zu finden, ob sie möglicherweise doch etwas von seinem Gespräch mitbekommen hatte.
 

»Mary schläft. Es scheint alles in Ordnung zu sein«, sagte Lily, um die Stille zwischen den beiden zu durchbrechen.

»Geht es ihr besser?«, fragte James, dankbar für den Themenwechsel.

»Ja, die Schwellung ist zurück gegangen und der Schlaftrank hat wirklich gut und vor allem schnell gewirkt.«
 

Lily sah ihn nicht an, als sie das sagte. Sie schien mehr an dem Geschirr interessiert zu sein, welches sich von selbst abspülte. James folgte ihrem Blick und musste schmunzeln.

»Sie waren wohl noch nicht oft in einem Zaubererhaushalt, Miss Evans«, sagte er charmant und nahm seine übliche Haltung ein.

»Ist das so offensichtlich?«, fragte sie ertappt und zupfte dabei etwas verlegen an ihrem Pullover.

»So ziemlich. Es sei den Sie haben schon immer eine Leidenschaft für altes Porzellan gehabt.«

Lily verdrehte die Augen und sah nun wieder zu ihm herüber. Sie räusperte sich noch einmal, bevor sie einen Schritt auf ihn zuging.

»Weist du ich... ich wollte mich bei dir bedanken.«

James runzelte die Stirn. Dann sah er sie einen Moment lang fassungslos an, als er verstand wofür sie sich gerade bedankte. Dann trat er einen Schritt auf sie zu.

»Du bist so dumm. Wieso bedankst du dich bei mir?«, fuhr er sie an. Er hatte die Hände an ihre Schultern gelegt, bis sie schließlich wieder verwirrt zu ihm auf blickte.

»ICH bin derjenige, der sich bei dir entschuldigen sollte!«

»So ein Unsinn!«, fuhr sie ihn an.

»Er hat dich nur belästigt, weil er geglaubt hat, dass du das Medaillon hast. ICH habe dich in MEINE Probleme mit reingezogen. Nur meinetwegen hat er dich und McDonald verletzt. Also hör verdammt nochmal auf dich zu bedanken.«

»Zu spät. Ich habe mich soeben bei dir bedankt«, sagte sie gereizt und befreite sich aus seinem Griff, nur um ihm ihren Zeigefinger in die Brust zu bohren. »Und ich werde es nicht zurücknehmen, denn es ist nun einmal ein Fakt, dass ich es ohne dich nicht geschafft hätte und glaub mir es fällt mir nicht leicht, das gerade DIR zu sagen.«

James schnaubte.

»Bei Merlin, Evans du bist so verkorkst, dass es schon nicht mehr witzig ist.«
 

Wie leicht es doch war wieder in alte Verhaltensmuster zu fallen. Doch irgendwo musste er auch zugeben, dass er es vermisst hatte mit ihr zu streiten. Denn all die Jahre waren sie selten einer Meinung gewesen. Und dennoch hatte ihn ihr Verhalten heute und vor allem ihre Loyalität ihren Freunden gegenüber imponiert.

»Du warst heute sehr mutig«, sagte er nachdenklich.

Lily schenkte ihm ein Lächeln. Die Anerkennung in seiner Stimme war kaum zu überhören. Und James Potter war jemand, der nur sehr selten ein Lob aussprach.

»Und dumm!«, fügte er dem noch hinzu, was Lilys Lächeln sofort wieder verschwinden lies. Wütend verschränkte Lily die Arme vor der Brust.

»Immer noch der Alte was?«

»Wenn ich es mir recht überlege, war es doch ganz gut, dass ich da war, um dich zu beschützen. Wer weiss was du sonst noch getan hättest, außer ein paar Todessern in die Arme zu laufen.«

Da war es wieder, sein arrogantes Grinsen.

»Hätte ich meinen Zauberstab nicht verloren, hätte ich deinen Schutz nicht gebraucht«, fuhr sie ihn an.

»Da fällt mir ein, dass ich ihren Zauberstab noch in meinem Umhang habe«, merkte James an. Lily hob überrascht die Augenbrauen.

»Wie das? Chad hatte ihn doch.«

»Accio«, sagte er schlicht und zuckte nur mit den Schultern.

»Moment, du hattest ihn die ganze Zeit und hast ihn mir nicht gegeben?«

» Sagen wir ich habe ihn seit einer Weile, hielt es aber für sicherer ihn zu verwahren. Ich bezweifle, dass ihre Duellierfähigkeiten ausgereicht hätten«, erwiderte James, was ihre Augen wieder wütend aufblitzen lies.

Grinsend stieß er sich von der Küchentheke ab.

»Ich gehe ihn holen, warte einen Moment«, sagte er dann und verschwand aus der Küche.

»Überheblicher, arroganter Mistkerl!«, schnaubte Lily.
 

Sie brauchte definitiv eine Abkühlung und trat auf die Hintertür in der Küche zu. Sie ging ein paar Schritte in den Garten des Potter Anwesens hinaus und atmete die frische Abendluft ein. Hier und da erblickte sie ein paar schöne rund geschnitte Rosenbüsche in den verschiedensten Farben. Die Potters mussten Rosen wohl besonders mögen.

Als sie an einem alten Holzschuppen vorbei kam, nahm sie Geräusche war und trat näher an den Schuppen heran. Sie versuchte durch das kleine Fenster zu sehen, doch dieses war vom Wetter scheinbar so verdreckt worden, dass sie nichts außer einem unheimlichen Schatten erkennen konnte. Plötzlich flog die Tür des Schuppens auf und jemand mit gekrümmten Rücken, taumelte hinaus.

»James, na endlich! Versiegel den Schuppen«, schrie die Gestalt nun fast, bevor sie knieend auf dem Boden zusammen sank.

»Remus?«, fragte Lily mit zitternder Stimme.

Seine Stimme verstummte und als sich Lily zu ihm herunterbeugte und ihre Hand nach ihm ausstreckte, schlug er sie weg.

»Lauf!«, schrie er beinahe und Lily wich erschrocken zurück, als er sich plötzlich aufbäumte und den Rücken nach hinten durchdrückte. Sie konnte das knacken seiner Rippen hören, als würde ihm in diesen Moment jeder einzelne Knochen gebrochen werden. Remus wand sich auf dem Boden und schrie auf bis sein Blick plötzlich starr wurde, als er dem runden Vollmond entgegenblickte, welcher gerade über dem Dach von Potter Manor aufgegangen war.

Lilys Herz raste, ihr Puls schlug ins unermessliche. Zitternd stand sie da und konnte sich nicht rühren. Ihr Blick war auf Remus fixiert, welcher sich gerade vor ihren Augen in eine Bestie verwandelte.

Ihr Herz setzte für einen Moment aus, als der Wolf plötzlich zähnefletschend in ihre Richtung sah. Seine Augen waren blutunterlaufen und frischer Speichel tropfte an seinem Maul herunter.

Langsam versuchte Lily einen Schritt zurück zu gehen. Vorsichtig, bloß nicht zu schnell. Doch ihre Beine zitterten bei jedem Schritt.

Und dann geschahen drei Dinge gleichzeitig. Der Wolf setzte gerade zum Sprung auf sie an, Lily stolperte beim zurückgehen und fiel zu Boden und just in diesem Moment erschien ein großer brauner Hirsch vor ihr und stellte sich dem Wolf entgegen. Hektisch kroch Lily ein paar Schritte über den Boden zurück.

»Remus«, murmelte Lily nur immer wieder. Sie war wie erstarrt bei dem Geschehen was sich ihr hier bot.

Der Hirsch trat mit den Hufen aus und richtete sein Geweih bedrohlich auf den Wolf. Es war kein richtiger Kampf, eher ein Kräfte messen. Lily fragte sich wo der Hirsch nur her kam. Der Garten der Potters war umzäumt und laut Mrs. Potter schützen einige Schutzzauber das Anwesen.

Der Wolf schlug seine Krallen nach dem Hirsch aus, doch dieser wich gekonnt aus und drängte den Wolf mit seinemm Geweih zurück in den Schuppen.

Und dann geschah etwas, womit Lily definitiv nicht gerechnet hatte.

In dem Moment als der Wolf in den Schuppen gedrängt worden war, bäumte sich der Hirsch auf und schrumpfte zusammen. Das Geweih verschwand und die Hufe verwandelten sich in Hände und Füße. Es dauerte beinahe nur einen Wimpernschlag bis sich der majestätische braune Hirsch in einen Menschen verwandelte, in James Potter.

»Stupor«, rief James und der Wolf, welcher gerade wieder aus dem Schuppen hechten wollte, wurde an die hintere Wand zurückgeschleudert. James schlug die Tür hinter ihm zu und versiegelte das äußere Schloss mit einem Zauber.

Dann wandte er sich zu Lily um, welche immer noch starr auf dem Boden kauerte. Er griff nach ihrem Arm und zerrte sie auf die Beine.

»Steh auf, ich weiss nicht wie lange ihn das aufhalten wird«, sagte James nur und zerrte sie hinter sich her. Lily wandte sich noch einmal zu dem alten Holzschuppen um, und erschrak, als die Holztür plötzlich zu knarren begann, als hätte das Holz einige Risse bekommen. Der Wolf musste seinen Kopf dagegen gerammt haben.

Wieder zerrte James an ihrem Arm und diesmal rannte sie wirklich. Lily konnte kaum mithalten. Er hatte viel längere Beine als sie. Kurz bevor sie die Tür erreichten, zog James seinen Zauberstab und rief »Alohomora«, damit sich die Hintertür von selbst öffnete.

Lily hörte das Geräusch von zerbarstendem Holz, als James sie mit Schwung durch die Tür schubste und prompt die Tür hinter ihnen zu knallen lies.
 

Wieso gab es in Hogwarts, mal abgesehen von Quidditch, was sowieso nicht alle spielten, eigentlich keinen Sportunterricht? Lilys Kondition war wirklich im Eimer seit sie nach Hogwarts ging.

Ihr Herz raste immer noch auf Hochtouren, ihr Puls pochte ins scheinbar unermessliche und ihr Atem war hektisch und stockend zugleich. Sie stemmte ihren Arm an die Hüfte, um die Seitenstiche zu unterdrücken und lehnte sich an die Küchentheke, um wieder zu Atem zu kommen. Doch der Sprint vom hinteren Ende des riesigen Gartens im Potteranwesen bis zur Haustür war doch ein wenig zu viel gewesen. Langsam sank sie auf dem Boden zusammen und versuchte ihren Atem wieder in den Griff zu bekommen.
 

Und dann traf es sie wie ein Schockmoment.

Remus, der liebe, freundliche Remus, der Vertrauensschüler war, anderen Schülern einfach so Nachhilfe gab, in den letzten Monaten immer für Lily da war, wo andere es nicht waren, eben dieser Remus, welcher nicht mal einer Fliege etwas zu Leide tun würde, war ein Werwolf. Er hatte sich nicht unter Kontrolle und streift in diesem Moment vermutlich im Garten der Potters umher.

Lily stemmte ihre Hände gegen ihren Kopf und war völlig auf dem Boden zusammengesunken. Sie konnte die Ereignisse des Tages noch nicht so recht verarbeiten.
 

James, welcher vor etwa einer Minute die Tür verriegelt hatte, schien eine bessere Kondition zu haben, da er bereits wieder bei Atem war und sich vorsichtig vor sie kniete.

»Hat er dich verletzt oder sogar gebissen?«, fragte er dann mit ruhiger, aber dennoch eindringlicher Stimme.

Lily zuckte zusammen, bevor sie kurz den Kopf schüttele. James kam nicht umher vor Erleichterung auszuatmen. Denn das hätte sich Remus niemals verziehen und er selbst auch nicht.

Nachdenklich betrachtete er ihren Hinterkopf und überlegte was er tun sollte. Ihre Hände zitterten und sie zuckte erschrocken zusammen, als er sie berührte.
 

»Ruhig, ich bin es nur«, sagte er so sanft, wie sie ihn noch nie gehört hatte.
 

Vorsichtig strich James über ihre Hände und zog sie mit sanfter Gewalt von ihrem Kopf weg, bevor er ihren Körper an seine Brust drückte und sie in den Arm nahm. Er legte seinen Kopf auf ihren und strich ihr mit der linken Hand sanft durchs Haar.

Lilys Kopf lehnte an seiner Schulter und er spürte ihren hektischen Atem an seinem Kehlkopf. Sie musste völlig durcheinander sein, da sie sich nicht gegen diese Umarmung wehrte. Es war wohl einfach zu viel für sie gewesen. Erst der Todesserangriff auf Hogsmeade, Marys Verletzungen, das Wissen um Remus und James' Geheimnis und der Sprint durch den Garten. Remus, mit dem Lily auch seit einigen Monaten befreundet war. Nun kannte sie sein Geheimnis, obwohl er wollte, dass es niemals jemand erfahren sollte. Und nun hatte sie es live miterlebt und beinahe hätte er sie gebissen, wenn James sie nicht gerettet hätte. Und nun wusste sie auch noch, dass er ein Animagus war. Lily musste nur eins und eins zusammen zählen, um noch herauszufinden, dass er obendrein ein illegaler Animagus war.

James spürte, wie sich Lilys Fingernägel in sein Hemd krallten und sie hektisch zu schluchzen begann. Sie schien die Informationen gerade erst zu verarbeiten.

»Wie oft muss ich Sie heute noch retten, damit sie mir endlich Vertrauen Miss Evans?«, fragte er charmant und drückte sie fester an sich, um ihr zu zeigen, dass er für sie da sein würde.
 

Und so saßen sie da, zusammengesunken auf dem Küchenflur von Potter Manor. Es dauerte ganze acht Minuten bis Lily sich wieder beruhigt hatte und ihr Atem wieder regelmäßiger wurde. Vorsichtig löste sie sich aus der Umarmung.

James ging in die Hocke und hielt Lily an den Armen, um ihr beim aufstehen zu helfen.

Vorsichtig griff er ihr unter das Kinn und zwang sie so ihn anzusehen. Der blutige Kratzer an ihrer Stirn war kaum noch zu sehen.

Lily sah ihm in die Augen. Sie wirkten beinahe schwarz in der Dunkelheit. Einzig das Licht des runden Vollmondes schien durch das Fenster hinein.

Mit dem Daumen wischte er ihr die letzten Tränen und den wenigen verwischten Mascara weg, bevor er ihr mit seinen Fingern über die Wange strich. Er war ihr noch nie so nah gewesen.
 

»Ich vertraue dir«, flüsterte sie in die Dunkelheit.
 

Wäre es nicht so still im Haus gewesen, hätte er sie vermutlich überhaupt nicht gehört. Und James hoffe inständig, dass sie sein Herz nicht gehört hatte, denn er hätte schwören können, dass es für einige Sekunden schneller schlug als zuvor.
 

Lily konnte seinen Blick nicht deuten. Doch als sein Daumen sanft ihre Lippe berührte und sein Blick von ihren Augen zu ihren Lippen wanderte, bekam sie eine Gänsehaut, bevor er auch nur den Kopf senken und sie seinen warmen Atem an ihren Lippen spüren konnte. Und dann berührten sich ihre Lippen.

Benommen taumelten sie ein paar Schritte zurück bis Lily mit dem Rücken an der Tür lehnte. James hatte ihr Gesicht in ihren Händen und küsste sie erst zögerlich und dann gieriger.

Lily wollte ihn aus purem Reflex von sich wegstoßen, doch James hatte bereits nach ihren Handgelenken gegriffen und diese gegen die Tür gedrückt. Ihr Herz begann zu rasen, ihr Atem wurde schneller und das Blut schoss ihr in die Wangen.

Es war nicht so, dass sein Griff so fest war, dass sie ihn nicht hätte wegstoßen können. Sie hätte es bestimmt geschafft, doch sie tat es nicht. Für eine Sekunde oder zwei ließ sie es einfach über sich ergehen, doch dann tat sie etwas, was sie bei ihm nie für möglich gehalten hätte. Sie erwiderte den Kuss und öffnete ihre Lippen ein wenig für ihn.

Sofort löste sich James Griff von ihren Handgelenken. Seine Hände wanderten an ihrem Körper herunter zu ihrer Taille und zogen sie enger an sich. Lily Hände lagen auf seiner Brust, als sie sich etwas auf die Zehenspitzen stellte, um ihn entgegenzukommen. Als der Kuss intensiver wurde, wanderten ihre Hände in seinen Nacken. James grinste in den Kuss hinein, als seine rechte Hand an ihrem Oberschenkel entlang wanderte, in ihre Kniekehle griff und sie in einem Ruck hochhob. Lily stöhnte kurz auf, als er sie gegen die Tür drückte. Ihre Rippen taten immer noch weh.

Eine Weile gaben sie sich einander hin und der Kuss wurde immer leidenschaftlicher, bis sie sich schließlich völlig außer Atem voneinander lösten.

Lilys Lippen waren etwas geschwollen, als ihre Hände auf seinen Schultern zum liegen kamen. James hatte seinen linken Arm an die Tür über ihren Kopf gestemmt und lehnte seine Stirn dagegen. Beide mussten erst mal Luft holen, bevor James sie wieder ansah.

»Ich hätte das schon viel früher tun sollen«, sagte er etwas atemlos und strich ihr dabei mit seinem Handrücken über die Wange. Lilys Wangen waren gerötet während sie ihn beinahe schüchtern ansah.

Sie konnte beim besten Willen seinen Gesichtsausdruck nicht deuten. Er wirkte irgendwie zufrieden und ruhig, doch in seinen Augen schien auch Verlangen nach mehr aufzublitzen.

Und dann lächelte James, ein liebevolles Lächeln, welches sie noch nie in seinem Gesicht gesehen hatte. Dann seufzte er.

»Es tut mir so Leid«, sagte er dann. »Aber ich muss mein Versprechen gegenüber Remus halten.«

Und dann spürte Lily die Spitze seines Zauberstabes an ihrer Schläfe.

»Was hast du vor?«, fragte sie verwirrt, während sich ihre Finger in seinen Nacken krallten, doch James verzog keine Miene und lehnte einen Moment lang seine Stirn gegen ihre.

»Ich verspreche dir, Lily Evans, dass ich es noch einmal schaffen werde dein Vertrauen zu gewinnen und an diesen Punkt zu gelangen.«

Lily suchte seinen Blick, doch er konnte ihr nicht mehr in die Augen sehen.

»Obliviate«, murmelte er dann an ihrem Ohr.

Und plötzlich löste sich alles in weißen Nebel auf und die Zeit schien rückwärts zu laufen. Bilder lösten sich vor ihrem Inneren Auge auf und setzten sich wieder neu zusammen. Sie versuchte sich dagegen zu wehren, doch die Bilder der letzten Stunden verschwanden einfach aus ihrem Kopf und im nächsten Moment wusste sie schon nicht mehr, woran sie sich überhaupt zu erinnern versuchte.

»Morpheus«, hörte sie dann eine Stimme sagen und plötzlich wurde alles schwarz und sie fiel in einen tiefen Schlaf.
 

Lily fiel in sich zusammen und direkt in James Arme. Er sah sie mit den gleichen traurigen Augen an wie vorhin. Dann nahm er sie auf den Arm, drückte sie fest an sich und ging langsam die Treppenstufen hinauf zu seinem Zimmer. Er legte sie in seinem Bett ab zog die Decke bis zu ihre Schultern hoch.

Einen Moment lang setzte er sich zu ihr an den Bettrand und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

»Es tut mir Leid, aber ich habe Remus versprochen sein Geheimnis mit allen Mitteln zu bewahren«, flüsterte er dann. Dann küsste er sie auf die Stirn und verließ das Zimmer.
 

Morgen würde sie sich an nichts erinnern können. Er wusste nicht wie viele Stunden er aus ihrem Gedächtnis gelöscht hatte, aber diese Nacht würde sie auf jeden Fall vergessen, vielleicht auch das meiste vom Angriff auf Hogsmeade. Wahrscheinlich war das auch besser so. Es war schrecklich was dort passiert ist.

Doch diese Nacht, ihr erstes ernsthaftes Gespräch, die Begegnung mit Remus als Werwolf, das Wissen, dass er ein Animagus ist und natürlich den Kuss, auch wenn man das ganze schon als wilde Knutscherei bezeichnen könnte, würde sie vergessen sobald sie aufwacht. Sie würde ihn morgen wieder so behandeln wie sie es immer tat und er würde sie so behandeln wie er es sonst tat und vielleicht war das auch besser so, dachte James.

Denn immerhin hatte Chad Oldren, welcher mal sein Idol gewesen war, Lily angegriffen, weil er dachte, dass sie ihm etwas bedeutete und das nur, um an das verfluchte Medaillon zu kommen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich habe Charaktere angelegt und würde mich freuen, wenn ihr eure Meinung dazu abgebt, ob ihr die Schauspieler bei einem echten Prequel als passend empfindet oder ob ihr euch ganz andere vorstellt?

Wie fandet ihr das Kapitel? War es zu langwierig und langweilig oder ging es von der Länge?
Wie habt ihr euch Sirius Bruch mit den Blacks vorgestellt? Lasst es mich wissen! :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Bitte vergesst den REVIEW Button nicht. Es kostet eine Minute, um ein Feedback abzugeben aber viele Stunden, um ein Kapitel zu schreiben! DANKE AN ALLE DIE IMMER FLEIßIG MITLESEN! <3 Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Frohes Neues Jahr ihr Lieben! :) Tut mir Leid, dass es diesmal so lange gedauert hat und dann ist das Kapitel qualitativ sogar noch etwas schlechter als seine Vorgänger, doch ich gelobe Besserung! Und hoffe in diesem Jahr mehr und schneller posten zu können! :) Wie immer sind Reviews erwünscht. Eure Meinung und Kritik ist mir wichtig! <3 Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Diesmal ist es leider kürzer geraten als die vorherigen, aber irgendwie sollte in diesem Kapitel auch nicht mehr passieren, als das was eben drin steht. xD
Vielen Dank für die Favs und Reviews! Freue mich auch weiterhin über eure Kommentare! <3 Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Wie versprochen diesmal ein längeres Kapitel!
Das nächste wird wohl etwas dauern, da es momentan in der Uni etwas stressig ist, wegen Klausuren etc.
Wie immer ist Kritik erwünscht! Also den Reviewbutton nicht vergessen! :)
Lg Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Tja wenn man eigentlich lernen soll, entsteht stattdessen das vermutlich längste Kapitel, was ich je geschrieben habe. xD
Ich hoffe ihr seid gut mitgekommen und die häufigen Szenenwechsel waren nicht zu langweilig oder anstrengend für euch?

Die Idee des Kapitels ist an Staffel 4 Folge 13 "Bilder von dir" der Serie "One Tree Hill" angelehnt. Ich wollte dieses Kapitel schon sehr lange schreiben, hatte es aber immer erst am Ende des siebten Jahres geplant gehabt, fand aber irgendwie, dass es an dieser Stelle gut gepasst hat. Was meint ihr?

Allgemein bin ich relativ unzufrieden mit dem Kapitel, da die ganze Idee von Dumbledore etc ja ein wenig "out of character" ist und ich mich ja eigentlich sehr genau an Rowlings Fakten halte... zudem sollten vor allem die Szenen zwischen Regulus und Sirius irgendwie tiefgründiger werden <.< aber irgendwie war es dann doch nicht der passende Moment @.@

Irgendwie hätte ich im Endeffekt gern mehr über Rosalie und Mary schreiben sollen, aber irgendwie fand ich Lily, James, Sirius und Regulus wichtiger. Was meint ihr? Hättet ihr gern auch etwas von den anderen Pairings mitbekommen oder mehr/weniger von den vorhandenen? Wie immer sind Reviews und Kritik erwünscht. :)

P.S.: Der Pate II kam 1974 ins Kino passt also xD und Oreo Kekse gibt es auch seit 1912. o.o fand ich schon krass xD Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich bin dann auch mal wieder mit einem Kapitel zurück! Tut mir echt Leid, dass es diesmal so lange gedauert hat! Aber Uni und Klausurenphase waren sehr stressig diesmal!
Mal abgesehen vom Anfang, ist der Mittelteil diesmal sehr "beschreibend" geworden. Ich hoffe, dass hat euch nicht gelangweilt oder verstört. Es wirkt auf mich etwas sehr "Tagesablaufplanmäßig" <.< Ich hoffe, dass passiert mir in den nächsten Kapiteln nicht mehr! Freue mich wie immer über Reviews und Kritik! Liebe Grüße :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Oh je dieses Kapitel war ein wahrer Höhenflug. @.@ Ich wusste, worum es grob gehen sollte, dennoch fiel es mir unheimlich schwer das alles aufzuschreiben... vor allem die erste Hälfte finde ich stilistisch gelungen und im letzten Drittel wird alles qualitativ schlechter... Zu viele Dialoge und ich wusste nicht wie ich den letzten Teil gestalten sollte und finde irgendwie ist es nicht so geworden wie ich es haben wollte, zumindest von der äußeren Form her nicht...
Und irgendwie ist Lily viel zu viel mit James zusammen in dem Kapitel, findet ihr nicht?`:D

P.S.: Wer hat in diesem und vor ein paar Kapiteln gut aufgepasst und kann erraten, wer Mr. X ist? :D Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Wuhuuu diesmal habe ich es etwas schneller geschafft ein Kapitel zu schreiben, da es quasi ja direkt an das alte anknüpft.
Da morgen die Uni wieder losgeht, werden die nächsten Kapitel aber leider wieder etwas dauern, je nachdem wie viel ich zu tun haben werde.
Ich bin gespannt zu erfahren, wen ihr alle für Mr.X gehalten habt und ob ihr von der Auflösung überrascht wart oder es bereits wusstet? :D Fandet ihr das Kapitel zu unspektakulär und das ganze nach der Auflösung zu langweilig?
Freue mich wie immer über eure Meinung und vor allem eure Gedanken zu den Kapiteln. :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Wie immer bin ich wahnsinnig gespannt wie ihr das Kapitel fandet und freue mich über jeden Kommentar! :)
Vor allem interessiert mich, was ihr zum letzten Teil sagt. Es gibt ja viele Leute, die solche Szenen bzw. diese Auslegung von James Charakter überhaupt nicht mögen und wiederum welche, die es total hypen. Ich selbst finde, dass ich einen Mittelweg gewählt habe. (Fand den letzten Abschnitt, also James' Gedanken, eigentlich jemand nicht verwirrend und wusste sofort, für wen das kursiv geschriebene sie und ihr steht? :D

Ich stelle jedoch immer wieder fest, dass meine Absicht alles möglichst realistisch darzustellen und mich nicht an allzu vielen Klischees zu bedienen, wirklich ein schwieriges Unterfangen ist. :D Ist für euch der Übergang von James' Desinteresse über reine Neugierde bis hin zu vagem Interesse spürbar geworden oder habe ich es komplett verfehlt? :D

P.S.: Da ich mich mit Severus Geburtstag beim planen vertan habe xD musste ich die Weihnachtsferien mal eben um ein paar Tage verlängern, damit es passt! :D Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Whooop Whooop Kitschalarm ausnahmsweise mal!?


Ähm so verrückt war dieser Tag dann doch nicht oder was meint ihr? xD

Witzig ist, dass das ganze hier eigentlich mal als ein Art "Gag" für einen Streich geplant war oder eine "Filler Episode", damit die Zeitsprünge in diesem Schuljahr nicht zu groß werden. Und nun ist tatsächlich ein ganzes Kapitel daraus geworden und dazu noch das längste der gesamten bisherigen Story! :'D

Ich hoffe ihr verzeiht mir, dass diesmal die wörtliche Rede im Übermaß vor kam und sehr viel weniger beschrieben wurde, als wie ihr es sonst von mir gewohnt seit. Das wird sich demnächst wieder ändern, denke ich. Aber dazu müsste ich erstmal weiter schreiben, denn mehr hatte ich nicht mehr in Reserve. <.<
Na hauptsache Kapitel 35 & 36 sind fast fertig, aber mir fehlt noch so viel Story dazwischen. :D

(Wo wir beim Thema Länge sind. Im Vergleich zu meinen aller ersten Kapiteln, die ja auch viel kürzer waren als die letzten 10 Kapitel etwa muss ich selbst sagen, dass sich meine Qualität verbessert hat, auch was das schreiben von Situationen angeht... oder wie seht ihr das? Ist euch eine Veränderung aufgefallen ab einem gewissen Kapitel?)

Wie immer würde ich mich über Reviews und Kritik freuen! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich bin froh heute ein neues Kapitel posten zu können, auch wenn es inhaltlich und qualitativ keinesfalls mit den vorherigen Kapiteln mithalten kann.
Der erste Teil beschäftigt sich noch mit den Geschehnissen im letzten Kapitel mit vielen Gedanken seitens Lily und James über alles was passiert ist; wohingegen der zweite Teil ein komplett neues Thema eröffnet.

Ich denke ihr könnt dieses Kapitel als Übergangskapitel betrachten, dass auch ein wenig zu einem Filler geworden ist...

(Ja ich weiß, die Berufsberatung und die Wahl der UTZ Kurse hätte eigentlich in der 5ten sein müssen, aber irgendwie habe ich das ähnlich wie Severus Geburtstag mal wieder etwas verschwitzt. xDD)

Die Berufsberatung sollte in meiner Planung eigentlich mal ein eigenständiges Kapitel werden, aber ich hielt den Inhalt dann doch für zu kurz und ggf. auch zu eintönig um es alleine stehen zu lassen. Viel passiert ja nach dem letzten durchlesen einfach nicht... aber ich hoffe, dass ihr trotzdem Spaß am lesen hattet und das Kapitel für euch in Ordnung war?

Ich gelobe jedenfalls Besserung! xD Wenn alles klappt, werden die nächsten Kapitel auch wieder etwas “spannender“. Ich hoffe dass ich zeitig zum schreiben komme, momentan ist es nämlich mal wieder alles etwas stressig in der Uni. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Oh je, nun ist es doch wieder so lange her, dass ich zuletzt etwas gepostet habe und das tut mir wirklich sehr Leid! :(

Ich hoffe euch gefällt, dass neue Kapitel!
Ich finde es von der Stimmung her wie ne Achterbahnfahrt. xD Von Partystimmung zu Melancholie, Ernsthaftigkeit, Witz, Traurigkeit etc. es ist von allem etwas dabei... und irgendwie habe ich zu Anfang auch den Eindruck, dass die Geschichte sehr hetzt? Wie ist euer Eindruck dazu?

Was sind eure Lieblingsstellen?
Würde mich wie immer über Reviews und Kritik freuen! :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Reviews und Kritik sind wie immer erwünscht! <3
Ich hoffe die vielen Abtrennungen diesmal durch die *** haben euch nicht zu sehr verwirrt?
Lg Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben!

Ich melde mich aus dem Exil zurück!

Zunächst einmal möchte ich mich (mal wieder) für die lange Wartezeit entschuldigen! Das reale Leben kam einfach dazwischen...

Dann eine kleine Info zum weiteren Verlauf der Handlung. Es folgen noch etwa 2-3Kapitel bis das sechste Schuljahr abgeschlossen ist und das siebte Jahr beginnen kann. Ich hoffe die beiden Kapitel werden zügig fertig werden, die grobe Handlung steht zumindest schonmal! :)

Dieses Kapitel ist eigentlich noch nicht abgeschlossen, aber ich konnte euch einfach nicht länger warten lassen und habe daher beschlossen den ersten Teil schonmal hochzuladen. Der zweite Teil folgt hoffentlich bald, aber auf jeden Fall noch in diesem Jahr! Ich fürchte ohnehin, dass Kapitel wäre sonst viel zu lang geworden!
Ich hoffe ihr hattet trotz der vielen Gedanken und Dialoge trotzdem viel Spaß beim lesen!
Wie immer würde ich mich über euer Feedback freuen!

Lg Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Dieses Kapitel war irgendwie eines der schwierigsten überhaupt in dieser Geschichte!
Allein die Kuss Szene gab es in vier Versionen! In einer Version gab es keinen Kuss, in einer anderen nur einen kurzen Kuss, doch das war mir irgendwo zu wenig. :'D Was haltet ihr von der Szene? Zu viel, zu wenig, zu gemein von James? Zu schnell von Lily aus?

Jetzt geht es an die Planung von Schuljahr 7! Gibt es Wünsche eurerseits fürs nächste Schuljahr?
lg Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (77)
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Von:  Sanguisdeci
2019-03-04T21:50:34+00:00 04.03.2019 22:50
Ich finde die Szene genau richtig. Einfach nur wow. Weiter so <3
Von:  EL-CK
2019-03-04T20:10:48+00:00 04.03.2019 21:10
Also ich finde die Szene richtig so wie sie jetzt ist... Die gesamte Situation im Manor war genau richtig!
Die "namenlose" Hexe ist mir immer noch ein Rätsel - aber das muss wohl auch so sein....
Von:  Sanguisdeci
2019-01-27T09:34:02+00:00 27.01.2019 10:34
Ein sehr tolles Kapitel! Ich bin gespannt, wie es weitergeht!
Antwort von:  Teela-chan
03.03.2019 23:44
Danke fürs reviewen! Freue mich, dass dir das Kapitel gefallen hat und vor allem dass du noch beim lesen drin bist nach der ganzen Zeit. xD
Lg
Von:  EL-CK
2019-01-25T16:07:24+00:00 25.01.2019 17:07
Wieder mal ein interessantes Kapitel....
Bin gespannt wer die Hexe bei den Zentauren war....
Antwort von:  Teela-chan
03.03.2019 23:44
Na ich bin gespannt wie ihr die Hexe bei den Zentauren finden werdet. :)
Freue mich, dass dir das Kapitel gefallen hat!
Von:  Nirusha
2016-11-26T14:54:03+00:00 26.11.2016 15:54
O_O neues Kapitel....super!
Habs mit freude gelesen :3
Ich hoffe Lily und James vertragen sich bald *-*
Und diese Betty Miller....die hat ne Schraube locker.
Antwort von:  Teela-chan
03.03.2019 23:43
haha ja Betty ist schon etwas seeeehr besessen gewesen! :D Gut, dass Sirius es rechtzeitig gemerkt hat. xD
Von:  EL-CK
2016-11-21T15:47:23+00:00 21.11.2016 16:47
>>Und wird sie das tun?[...] ich fürchte nein.<< ich auch, iwie..
Von:  Sanguisdeci
2016-11-21T05:34:51+00:00 21.11.2016 06:34
Ein tolles Kapitel! Ich bin begeistert, denn trotz der hier schwierigen Thematik wirken die Charaktere und ihre Handlungen jederzeit absolut glaubhaft und authentisch. Weiter so *-*
Von:  Mo_Inkheart
2016-08-12T08:14:22+00:00 12.08.2016 10:14
Ich muss zugeben, ich hab eine Weile gebraucht, bis ich kapiert hab, dass da Rückblenden eingebaut sind. ^^''
Kommt aber vllt auch daher, dass es schon länger her ist, dass ich die genannten Kapitel gelesen hatte.

Ansonsten gefällt mir das Kapitel sehr gut. Vor allem das Ende ist unerwartet, aber das macht es sehr spannend! XD
Bin gespannt, wer die Bilder aufgehangen hat. James war es sicherlich nicht...
Antwort von:  Teela-chan
13.08.2016 17:00
Ich bin positiv überrascht, dass ihr alle fleißig an James Unschuld glaubt! :D

Ich war mir ja nicht sicher, ob es übersichtlich genug ist mit den *** aber ich hoffe, du hast dich dennoch wieder gut einlesen können, als du gemerkt hast, dass es Rückblenden sind. :)

Danke auf jeden Fall für dein Review! Ich habe mich wie immer sehr gefreut! :)
lg
Von:  Sanguisdeci
2016-08-11T08:09:27+00:00 11.08.2016 10:09
Oh, was für ein unerwartetes Ende. Sehr spannend *-* Ich hoffe, James kann diese Aktion aufklären und den wahren Verursacher finden. Ich glaube nicht, dass er es war o.o
Antwort von:  Teela-chan
13.08.2016 16:57
Es freut mich, wie ihr alle an James Unschuld glaubt! Danke fürs reviewen! :)
Von:  EL-CK
2016-08-10T11:44:45+00:00 10.08.2016 13:44
Also ich persönlich fand's nicht verwirrend....

ein tolles Kapitel.... und ein nicht sehr tolles Ende für James... den ich für unschuldig halte - was die Skizzen anbelangt....
Antwort von:  Teela-chan
13.08.2016 16:57
Dann bin ich beruhigt, wenn es nicht verwirrend war mit den *** Abgrenzungen! :)
Danke für deinen Kommi. Lg :)


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