Alles beginnt nach dem Schritt über die Türschwelle
Kid stand vor einem Club, las zum mittlerweile fünften Mal die Inschrift von diesem und glich sie mit der von der Stellenanzeige ab.
Gut, er benahm sich dabei vielleicht etwas lächerlich, doch ging er bei solchen Angelegenheiten lieber auf Nummer Sicher, anstatt sich zum Deppen zu machen.
Es gab nämlich kaum mehr, dass der Rothaarige verabscheute.
Zischend stieß der Großgewachsene die Luft aus seinen Lungen und schob die Tür auf, um in das leicht stickige Gebäude zu treten.
Zielstrebig und mit festen Schritten trat er auf die Theke zu und lehnte sich über das Holz zum Barkeeper, der gerade ein paar Gläser wusch.
"Ich bin wegen dem Job hier.", machte Kid auf sich aufmerksam.
Da der Laden offiziell noch nicht geöffnet hatte und somit auch keine laute Musik lief, musste er nicht brüllen.
Der Blonde sah von seiner Tätigkeit auf, wodurch es Kid ermöglicht wurde, das vernarbte Gesicht des Mannes zu begutachten.
Die Augen allerdings waren durch den Pony verdeckt.
"Hey Law! Hör auf, mit deiner Stange zu ficken und schwing deinen Arsch her!", rief er durch den weitläufigen Raum.
Kid drehte sich herum und fing jetzt erst an, seine Umgebung wahrzunehmen.
An der Theke und links von ihm standen Tische und Stühle, in einem dunklen, aber nicht allzu aufdringlichem Rot.
Weiter rechts im Club standen drei Tribünen, je mit einer Metallstange ausgeschmückt.
Der Rest bot freie Fläche, um genügend Platz zum Stehen oder Tanzen zu lassen.
Von einer der Tribünen stieg nun ein Schwarzhaariger, der nur eine blaue, enganliegende Jeans, die ihm lediglich bis halb über das Schienbein reichten, und schwarze Absatzschuhe trug.
Tattoos zogen sich über seinen Oberkörper und seine Arme.
Graue Augen scannten ihn regelrecht, als der etwas Kleinere dicht vor ihm stand.
"Wer ist das, Killer?", fragte der Mann, der auf den Namen Law hörte, ohne, dass er den Barkeeper ansah.
"Eustass Kid.", stellte sich der Rothaarige selbst vor, dem Vernarbten hatte er seinen Namen eh noch nicht verraten.
"Was will der von mir?", drehte sich Law nun doch zu Killer um und nickte ihm zu.
Der Blonde wandte sich kurz ab und stellte ihm dann ein Glas Whisky hin.
Der Schwarzhaarige hob das Glas an und prostete ihm stumm zu, ehe er einen tiefen Schluck nahm.
Kid zog seine Stirn in Falten.
Diese Ignoranz kotzte ihn jetzt schon an.
"Ich bin wegen der Stelle hier. Als Tänzer.", knurrte er daher leicht.
Der Grauäugige verschluckte sich an dem alkoholischen Getränk und sah zu ihm.
Endlich!
Endlich wurde er richtig beachtet!
"Du?", stieß Law leicht verächtlich aus, zog die Braue hoch.
"Ja, ich!"
Der Schwarzhaarige verschränkte die Arme vor der Brust und musterte ihn von Kopf bis Fuß.
"Zieh dich aus."
Kid blinzelte.
"Was?!"
"Du sollst dich ausziehen, Eustass. Oder meinst du, du kannst in Alltagskleidung tanzen?", fragte er belustigt und genehmigte sich einen weiteren Schluck Whisky.
Der Rothaarige grummelte leise, streifte sich aber den Mantel von den Schultern und hing ihn über einen der Stühle.
Nach einem auffordernden Nicken entledigte er sich auch seiner Schuhe und der Hose.
Dann wurde er erneut von Law gemustert.
"Schon mal getanzt?"
"Nein."
"Wie alt bist'e?"
"Zwanzig."
Law grinste unheilvoll, was dem Bernsteinäugigen einen Schauer über den Rücken jagte.
Doch das ließ er sich nicht anmerken.
"Schon mal gefickt?"
"Was spielt das für eine Rolle?", fragte er leicht überrumpelt.
Der Schwarzhaarige leierte mit den Augen.
"Weil es dir helfen würde, wenn du das, was du bisher im Bett getrieben hast, auch an der Stange machst. Aber ich denke eh nicht, dass dir diese Aufgabe liegt. ... Ich werde Doffy Bescheid geben, er muss wissen, was er tut."
Der Schwarzhaarige wandte sich von ihm ab, trat hinter die Theke und verschwand hinter einer Tür.
Der blonde Barkeeper, Killer, lehnte sich leicht zu Kid vor.
"Du wirst es hier nicht leicht haben."
"Wieso nicht?"
"Deine Stelle ist nur frei geworden, weil die Vorbesetzung gestorben ist. Ich rate dir, dieses Thema nicht anzuschneiden. Sonst wird deine Zeit hier zur Hölle."
Mit diesen Worten wandte sich Killer wieder seinen Gläsern zu.
Kid fühlte sich in diesem Moment komplett fehl am Platz und zugleich im Regen stehen gelassen.
