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Shadow Games

Thiefshipping
von

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Kapitel 8

Kapitel 8
 

Als Malik seine Wohnungstüre hinter sich schloss, wurden seine Knie weich und er rutschte an ihr herab. Sein Gesicht vergrub sich für den Augenblick in seinen Händen, weil er gerade von seinen Gefühlen überwältigt wurde.

Es war nicht so, dass er weinen wollte, vielmehr würde er am liebsten Schreien, weil er nicht wusste, wie er ihnen Luft machen sollte.
 

Was zum Teufel hatte er sich überhaupt dabei gedacht, dass er sich auf so ein gefährliches Spiel eingelassen hatte?

Alle seine Kollegen hatten ihn von Anfang an davor gewarnt, sich auch nur in die Nähe von diesem unberechenbaren Kerl zu begeben. Fast automatisch strich er sich über seine Narbe, die ihn nun für immer daran erinnern sollte, in was für eine Lage er sich gebracht hatte.

Er musste dem ein Ende setzen, bevor es wirklich zu spät war! Undzwar sofort! Er durfte nichtmehr länger warten, weil ihm jetzt die Zeit ausging. Er wollte auch nicht länger in dieser Wohnung verharren und musste hier verschwinden. Noch heute!

Wohin, das war egal, Hauptsache weg!

Niemals von Gefühlen beeinflussen lassen, das war das oberste Gebot in seinem Beruf.
 

Nach einigen Minuten der Besinnung setzte er sich dann an seinen Computer und starrte erstmal auf sein leeres Dokument. Er hatte alles, was er brauchte, damit er seinen Artikel schreiben konnte und trotzdem zitterten seine Finger, als er ansetzte und damit begann.

Allerdings war er selbst darüber überrascht, wie fließend und einfach er die Worte niederschrieb. Er war schneller damit fertig, als er erwartet hatte und druckte den Artikel schließlich aus.
 

Während er ihn nochmal durchlas, hatte er das Gefühl, dass er sich mit diesem Text einfach nur alles von der Seele geschrieben hatte, was ihn in den letzten Tagen so sehr beschäftigt hatte. Dass es trotzdem professionell und sachlich klang, lag einfach nur an seiner Routine.

Aber er konnte es nicht vermeiden, dass ihm jedesmal ein Stich durchs Herz fuhr, wenn er Bakuras Namen las. Ihm war bewusst, was er damit anstellen würde und dass er dadurch das Leben des Weißhaarigen zerstörte. Aber auf der anderen Seite würde er sein eigenes Leben zerstören, wenn er jetzt noch weiter zögerte.

Er musste sich nunmal für eine Sache entscheiden, auch wenn er beides haben wollte. Aber das war einfach nicht möglich. Er war ohnehin schon viel zu weit gegangen. Gefühle verblassten mit der Zeit und nach einpaar Jahren würde er die Sache vergessen und nicht mehr daran zurückdenken.
 

Seufzend schüttelte er den Kopf und löschte dann die Datei aus seinem Computer wieder. Er hatte diesen Artikel jetzt nur noch als ausgedrucktes Dokument vor seiner Nase und würde ihn kein zweites Mal schreiben können. Langsam, als wäre es sein Testament, schob er es in einen braunen Umschlag hinein und betrachtete es ausgiebig.

Es war seine letzte Chance, die er jetzt noch hatte, bevor alles aus dem Ruder geriet. Also nahm er seinen Redaktionsausweis und machte sich dann auf den Weg zur Arbeit.
 

Dass er dabei von jemandem verfolgt wurde, bekam er überhaupt nicht mit, weil er einfach zu sehr in seine Gedanken vertieft war. Hätte er nur einbisschen darüber nachgedacht, dann hätte ihm klar sein müssen, dass Bakura ihn immernoch beschatten ließ, aber daran war Malik schlicht und einfach nicht gewohnt, darum dachte er auch nicht darüber nach. Er handelte eben oft intuitiv, das lag in seiner Natur.
 

„Redaktion?“, schrie Bakura fast in sein Handy. „Was für eine Redaktion?!“

Schon allein, wenn er das Wort hörte, könnte er ausflippen. Was zum Teufel sollte Malik bei einem Verlag zu suchen haben?
 

Sofort machte er sich auf den Weg zu besagter Wochenzeitung, blieb aber im Wagen hinter den verdunkelten Scheiben sitzen, als sie dort ankamen. Immerhin wollte er dort bestimmt nicht gesehen werden. Und hineinspazieren, auch wenn er den Drang danach hatte, konnte er erst recht vergessen.

Nein, es kam ihm ein anderer Plan in den Sinn und er forderte seinen Chauffeur dazu auf, zu Maliks Wohnung zu fahren.
 

Dort einzubrechen war nicht schwer, denn immerhin war Bakura im Schlösserknacken sehr geübt und Maliks Wohnungstüre war nun wirklich keine Herausforderung für ihn.

Im Grunde hätte er schon viel früher auf die Idee kommen können, aber er war auch noch ein Mann mit Ehre und würde nie ohne triftigen Grund bei jemandem hausieren gehen.
 

Er sah sich in dem Loch um. Viel gab es nicht zu erkunden, lediglich sein Schreibtisch mit dem Computer könnte interessant sein.

Mal sehen, was er so zu programmieren hatte.

Das Passwort konnte er auch recht einfach umgehen. Ziemlich schlecht gesichert für einen Informatiker, dachte er bei sich.
 

Maliks PC war genauso spartanisch ausgestattet wie seine Wohnung es war.

Nur ein Dateienordner hatte Bakuras Interesse geweckt. Er klickte das Dokument mit dem Namen „Bewerbungsunterlagen“ an und legte sogleich seine Stirn in Falten, als er sah, dass sie alle an sämtliche Verlage in Tokyo adressiert waren.

Und dann traf ihn der Schlag, als er die Dateien öffnete. Denn seine Unterlagen bestanden aus Probeartikeln, sowie einem Empfehlungsschreiben einer Universität, die seinen Abschluss mit dem Studiengang Journalismus betitelten.
 

„Das darf nicht wahr sein…“, flüsterte Bakura geschockt zu sich selbst. Wütend darüber sprang er hoch und warf den Bildschirm einfach um, sodass dieser auf dem Boden zerberste. Dann riss er die Schubladen auf und durchwühlte Maliks Papiere so lange, bis er auf das Bild stieß, das Malik von ihm ausgedruckt hatte.

Er schüttelte den Kopf und legte es fast schon behutsam auf den Schreibtisch, obwohl er es am liebsten zerrissen hätte.
 

Stattdessen trat er zurück und setzte sich aufs Bett, immernoch das Blatt Papier auf dem Tisch betrachtend. Nein, das konnte nicht wahr sein.
 

Er musste sich erst einmal wieder fassen, ehe er den Tatsachen ins Auge sehen konnte.

Hatte Malik ihm etwa die ganze Zeit nur etwas vorgemacht, um an Informationen zu gelangen? Das konnte und wollte er einfach nicht glauben.

Er war schon so oft hintergangen worden, aber dass es ihn diesesmal so schmerzhaft treffen würde, das hätte er nicht erwartet.

Er würde sich hier nicht vom Fleck rühren, bis der Ägypter wieder kam.
 

In der Redaktion angekommen – mit den Umschlag in der Hand - trottete Malik direkt auf das Büro von seinem Chef zu. Er achtete nicht auf die verwunderten Blicke seiner Kollegen und setzte seinen Gang fort.
 

Der Ägypter wartete auch nicht auf eine Antwort, nachdem er geklopft hatte, sondern trat einfach ein. Sein Chef, der gerade telefonierte, weitete die Augen und legte dann ohne weitere Worte auf.

„Ishtar!“ Sein Kopf glühte fast vor Wut. „Verdammt, wo waren Sie? Ich habe Sie in den letzten Tagen mindestens zehnmal angerufen und keine Antwort von Ihnen erhalten! Hatten Sie mir nicht einen Artikel von diesem Bakura versprochen? Die Presse sitzt mir schon seit geraumer Zeit im Nacken, weil der Termin überzogen ist! Also, was ist?!“
 

Gerade wollte Malik die Hand anheben, um den Artikel bei ihm abzuliefern, aber er senkte sie wieder. „Was meinen Sie denn damit, die Presse sitzt Ihnen im Nacken? Sind nicht wir die Presse?“ Er war erstaunlich ruhig und störte sich auch nicht daran, dass sein Chef ihn gerade bis zur Decke anschrie.

Aber wenn er eins von Bakura gelernt hatte, dann das, dass er sich von keinem mehr so ohne Weiteres einschüchtern ließ. Was konnte sein Chef ihm schon großartiges anhaben?

„Jetzt spielen Sie nicht den Ahnungslosen, Ishtar! Denken Sie wirklich, dass unsere kleine Redaktion so eine wichtige Story abdrucken würde?“

„Ich bin aber ahnungslos, Sir. Klären sie mich auf.“

Der Chef knurre wütend und wühlte auf seinem überladenen Tisch herum, ehe er ihm dann eine weit verbreitete Zeitung vor die Nase hielt.

„Hier, DAS ist eine Zeitung, die das abdruckt, was gut ist, aber nicht unser Wochenblatt. Die wichtigen Storys verkaufen wir an Großverlage, damit wir überhaupt noch Informationen von irgendwem erhalten. Haben Sie das jetzt kapiert? Aber damit wir hier überleben, brauchen wir keine leeren Versprechen.“
 

„Soll das etwa heißen, dass Sie nur so erpicht auf gute Storys sind, damit Sie sie weiterverkaufen können? Warum drucken wir sie denn nicht selbst ab, wenn sie so wertvoll sind?“

Malik konnte sich keinen Reim darauf machen. Sein Chef moserte doch ständig damit herum, dass ihr Verlag den Bach hinunter ging, wenn sie keine guten Artikel ablieferten, aber trotzdem ließ er sich dann auf solche Geschäfte ein?

„Hören Sie mal, Mister Neunmalklug. Es ist nicht alles so einfach, wie Sie sich das vielleicht vorstellen. Wir können hier keine derartigen Artikel abdrucken, weil wir dann schneller von der Bildfläche verschwinden, als wir überhaupt Artikel sagen können. Schon allein deswegen, weil wir keinen polizeilichen Schutz erhalten, wenn wir gefährliche Informationen preisgeben. Sie können also noch froh sein, wenn es nicht ihr Name ist, der darunter auftaucht. Wir hier werden nur dafür bezahlt, diese Informationen zu liefern, damit wir neue Informationen erhalten, mehr nicht. Unsere eigenen Artikel dienen dazu, die Leute zu unterhalten und uns nicht um Kopf und Kragen zu bringen. Heutzutage haben nunmal die großen Fische das Sagen, aber scheinbar geht das nicht in Ihren Grünschädel hinein. Sie sind hier in der normalen Welt und nicht bei ‚Wünsch dir was‘, also geben Sie sich mit dem zufrieden, was sie kriegen können, haben Sie das jetzt verstanden?“

Malik blinzelte und konnte nicht fassen, was er da eben zu hören bekam. „Ja, ich habe sehr gut verstanden.“

„Das will ich auch hoffen! Also, was ist jetzt mit dem Artikel? Können Sie liefern oder muss ich mir eine neue Ausrede für ihre Unzuverlässigkeit einfallen lassen?!“
 

Maliks Hand krallte sich um den Umschlag, von dem er noch die feste Absicht hatte, ihn hier abzuliefern, bevor er in dieses Büro eingetreten war. Aber dieses Vorhaben löste sich jetzt in Luft auf. Er musste anfangen zu lachen und sah seinen Chef nur noch verächtlich an.

Dieses verdammte Arschloch interessierte sich doch keinen Dreck um Maliks Arbeit. Und dass er hier sein Leben für ihn riskierte, schon dreimal nicht! Von wegen, seine Karriere wäre damit gesichert. Einen Scheissdreck hatte Malik davon!

„Lassen Sie sich was einfallen, Chef. Von mir bekommen Sie nur eine Kündigung!“

„Was soll das heißen, eine Kündigung. Ist Ihnen überhaupt klar, was Sie damit erreichen? Denken Sie wirklich, Sie können in dieser Stadt noch Fuß fassen, wenn Sie jetzt einfach gehen? Ishtar, Sie…“
 

Malik hörte nicht weiter auf ihn, sondern verließ das Büro. Auch jetzt achtete er nicht auf seine Kollegen, die anfingen, sich um ihn zu Scharren, weil das Geschrei kaum zu überhören war. Sie machten ihrem Ruf als Presse alle Ehre, indem sie den Ägypter gerade ziemlich bedrängten, aber er legte nur seinen Ausweis auf den Tisch und würdigte ihnen keinen Blick. Malik hatte also nichts Interessantes zu berichten und damit war das Thema für sie erledigt.

Der Ägypter stieß nur einen verächtlichen Seufzer aus. Wie töricht sie doch alle waren. Noch vor einpaar Wochen war er so stolz darauf gewesen, einer von ihnen zu sein, aber jetzt widerte ihn dieser Gedanke einfach nur an.
 

Er ging zu einem nahegelegenen Park und setzte sich auf eine Bank, um sich erstmal wieder fassen zu können. Dann zündete er sich eine Zigarette an und betrachtete seinen Umschlag.

Entweder war er wirklich so blauäugig gewesen, oder er hatte es einfach nur gekonnt ignoriert. Zum ersten Mal nahm er sich Zeit, um einmal gründlich über die Sache nachzudenken.
 

In den letzten Wochen in Tokyo hatte er mehr über das Leben gelernt, als in seinen ganzen Jahren davor. Und durch die Begegnung mit Bakura hatte er auch gelernt, seine Augen für die Realität zu öffnen.
 

Er suchte den Unterschied zwischen sich und dem Weißhaarigen und stellte fest, dass er eigentlich überhaupt nichts von Bakura wusste. Warum er so war, wie er war.

Malik hatte sich für ehrlich gehalten, der sich seinen Traum hart erarbeitet hatte. Und mit dieser Story wollte er seine Karriereleiter ein großes Stück vorantreiben, was sich jetzt als einziger Witz entpuppte.
 

Dieser Artikel diente einzig und allein nur dafür, die Drecksarbeit für jemanden zu erledigen, der sein eigenes Leben nicht riskieren wollte. Wenn Malik dabei draufgegangen wäre, dann würde sich keiner darum scheren. Und wenn er ihnen das lieferte, was sie haben wollten, dann würden sie sich darum kümmern, Bakura in den Knast zu befördern und darüber schreiben, was für gute Arbeit sie alle doch geleistet hatten, obwohl nur Malik seinen Arsch dafür riskiert hatte. So sah das aus und nicht anders.
 

Nein, Malik war bestimmt kein ehrlicher Mensch mehr gewesen. Er hatte Bakura nach Strich und Faden belogen, damit er an seine Informationen kommen konnte. Er war genauso nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht und ihm war fast jedes Mittel recht, um das zu erreichen. Sogar sein Leben hatte er dafür riskiert. Und jetzt würde er den Weißhaarigen ruinieren und hatte am Ende überhaupt nichts davon.

Früher hatte er nach der Devise gelebt, dass es ihm ein gutes Gefühl gab, wenn er seinen Teil dazu beitragen konnte, Verbrechen aufzudecken. Aber jetzt war ihm das einen Haufen Müll wert.

Es war genauso ein Verbrechen, wenn große Konzerne auf Kosten von kleinen lebten, die sie für ihre Drecksarbeit ausnutzen konnten. Da konnte er sich genauso gut auf die andere Seite stellen und hatte am Ende mehr davon. Erst jetzt konnte er Bakuras Zorn gegen die Gesellschaft wirklich verstehen.
 

Er nahm den Umschlag und zündete ihn mit seinem Feuerzeug an, noch ehe er seine Zigarette aufgeraucht hatte. Vorbei mit der großen Story, sollte sich nun ein anderer Idiot darum kümmern. Wenn er nur seine Erinnerungen an Bakura auch so leicht verbrennen konnte. Er hatte keine Ahnung, mit welchem Gefühl er ihm jetzt unter die Augen treten sollte. Er fühlte sich wie der größte Verräter der Welt.

Aber eines war ihm im Moment klargeworden. Bakura war jemand, für den er bereit war, alles aufzugeben, wenn er es denn nicht schon getan hatte. Vorbei waren seine Jahre der Jugend, die er dafür geopfert hatte. Und wenn Bakura seine Schattenseite hatte, dann musste er das so hinnehmen, wie es war. Im Gegensatz zu Malik hatte er kein falsches Spiel mit ihm gespielt. Es machte ihn immerhin genau zu dem Menschen, in den der Ägypter sich letztendlich verliebt hatte.
 

Als es langsam zu dämmern begann, machte Malik sich wieder auf den Weg zu seiner Wohnung. Er wollte seine letzten Informationen vernichten, ehe er sich wieder ins Kasino begab. Am besten wäre es, wenn er das alles mit keinem Sterbenswort erwähnte und es einfach vergessen würde. Und jetzt gab es ja auch nichts mehr, was er noch vor dem Weißhaarigen geheim halten musste.
 

In seiner Wohnung angekommen, stieß er gedankenverloren gegen den Bildschirm auf dem Boden und sah etwas überrascht auf den Schreibtisch, auf dem er als erstes das Bild von Bakura entdeckte.

„Aber was…?“

„Guten Abend, Malik!“
 

Erschrocken fuhr er herum und sah erst jetzt, dass Bakura hier auf seinem Bett saß und ihn dunkel anstarrte, während er sein Messer in der Hand hielt und damit herumspielte.

„Bakura, was..?“

„Na, wie war die Arbeit? Ne schöne Story über mich geschrieben?“
 

Malik schluckte und konnte nicht verhindern, dass jetzt eine gewisse Panik in ihm aufstieg. Er war so dumm gewesen und hatte nicht daran gedacht, dass Bakura ihm nachspionierte. Immerhin hatte er kein Geheimnis daraus gemacht, dass er ihm nachstellte, also konnte Malik es ihm nichtmal verübeln.

Aber es war keine Zeit, um darüber nachzudenken, weil ihm ein eiskalter Schauer das Gefühl gab, dass er jetzt einfach nur abhauen musste, wenn ihm sein Leben lieb war. Keine Ahnung wohin, es war eine reine Instinktreaktion, gegen die er überhaupt nichts machen konnte. Seine Beine traten automatisch in Richtung Wohnungstür.
 

Doch als er sich auch nur einen Schritt bewegte, hatte Bakura ihn schon eingeholt und presste ihn gegen die Tür. Malik riss seinen Kopf zur Seite, als der Weißhaarige das Messer anhob und es in das Holz rammte. Nur wenige Millimeter neben seinem Gesicht entfernt.

„Von wegen, Informatikstudium! Journalismus triffts wohl besser, Malik!“

„Bakura, ich…“

Seine Stimme versiegte, als sein Gegenüber ihm die Hand um den Hals legte und zudrückte. Er schüttelte den Kopf und krallte seine Hände in das Hemd von Bakura. Mit dem kläglichen Versuch, ihn von sich wegzustoßen.
 

„Scheisse Malik, ich wünschte, ich könnte dich einfach so umbringen!“ Mit diesen Worten ließ Bakuras Griff locker und Malik atmete erstmal auf. Er musste kurz husten und sah ihm dann in dessen Augen, die vor Zorn nur so glühten.

„Bakura, lass mich doch erstmal erklären!“

„Was willst du mir erklären?“ Der Weißhaarige ließ nun ganz von Malik ab und trat gegen den Schreibtisch. Dann nahm der das Bild und warf es dem Ägypter vor die Füße.

„Dass du mich die ganze Zeit nur verarscht hast, um an Informationen zu kommen? Und dass ich auch noch so blöd war und bei deinem Spiel mitgespielt habe? Ist es das, was du mir erklären willst? Sag schon, Malik?!“
 

Der Ägypter rieb sich seinen Hals. Zweifelnd daran, ob er jetzt vernünftig mit dem Weißhaarigen reden konnte, wollte er zur Türklinke greifen, wurde aber wieder davon abgehalten, als Bakura sich in seine Hand krallte.

„Ich muss schon sagen, Malik. Ich bewundere deinen Mut, ehrlich!“ Ein schiefes, diabolisches Grinsen legte sich nun auf Bakuras Gesicht. Im Moment war Malik aber alles andere als mutig, weil er am liebsten so weit wie möglich vor ihm flüchten wollte. Erst recht, als Bakura das Messer wieder aus der Tür zog und es ihm an die Kehle hielt.

„Ich weiß ja nicht, was du alles über mich gehört hast. Aber sicher genug, um zu wissen, dass man mir als verkackter Pressefutzi besser nicht vor die Nase treten sollte!“
 

Malik schloss die Augen und spannte seinen Körper an, als er die Angst in sich zu unterdrücken versuchte.

„Bakura, ich war heute in der Redaktion, weil ich gekündigt habe“, nahm er dann doch noch etwas Mut zusammen, um zumindest noch einen letzten Versuch zu starten, mit ihm zu reden.

„Ach, und das soll ich dir noch glauben?“

Er fuhr mit dem Messer langsam über Maliks Wange und hinterließ dort einen leichten Schnitt. Aber weiter kam er nicht, als Maliks freie Hand dann direkt die Klinge umklammerte und Bakura in seinen Augen einen Anflug von wilder Entschlossenheit erkennen konnte.
 

Da der Weißhaarige jetzt die Wahrheit kannte und Malik seine Karriere wegen ihm sowieso schon vertan hatte, hatte er ohnehin nichts mehr zu verlieren. Selbst wenn Bakura ihn am Ende wirklich noch umbrachte, so wollte er sich mit seinem letzten Funken Verstand, den er noch besaß, dagegen wehren. Auch wenn er nicht leugnen konnte, dass es ihn gewaltige Überwindung kostete, sich gegen ihn zu stellen.
 

„Hör mir zu, verdammt!“, zischte Malik ihn an und packte die Klinge fester. Nicht darauf achtend, dass er sich damit ins eigene Fleisch schnitt. Die Schmerzen konnten ihn zumindest von seiner Angst ablenken. „Ich hätte den Artikel schon längst schreiben können, wenn ich gewollt hätte!“ Dass er ihn tatsächlich schon geschrieben hatte, erwähnte er jetzt lieber nicht. Auf eine Lüge mehr oder weniger, kam es jetzt auch nicht mehr an.

Dann grinste Malik spöttisch. „Und du warst so dumm und hättest es nicht mal mitbekommen. Vorher wäre ich noch mit einem fetten Bonus aus der Stadt verschwunden und du wärst ruiniert gewesen, Bakura!“

Vielleicht war er ja wirklich lebensmüde geworden, dass er es jetzt auch noch wagte, Bakura dermaßen zu provozieren. Aber lieber würde er sich auf die Zunge beißen, als irgendwie um sein Leben zu winseln, soviel stand fest.
 

Der Weißhaarige wunderte sich über die plötzliche Angriffslustigkeit, die Malik ihm da gerade entgegenbrachte.

„Und warum hast du‘s dann nicht gemacht, Malik?“

„Überleg doch mal, Bakura! Ich hab stattdessen meine ganze Karriere für dich an den Nagel gehängt und war dafür bereit, für immer an deiner Seite zu bleiben, weil mir alles andere sowieso nichts mehr bedeutet. Ich habe mein Leben wegen dir aufs Spiel gesetzt, obwohl ich das hätte garnicht tun müssen! Aber das scheint dir ja alles egal zu sein, weil ich für dich nur ein weiterer Pressefutzi bin, den du jetzt umlegen kannst, mehr nicht!“ Der Ägypter schloss die Augen wieder und konnte nicht verhindern, dass man seine Enttäuschung aus den Worten heraushörte. Er ließ das Messer wieder los und senkte seine Hand.

„Also los, stich endlich zu! Dann haben wir‘s beide hinter uns.“
 

Malik hörte, wie die Klinge zu Boden fiel und noch ehe er reagieren konnte, hatte Bakura ihn schon in einen leidenschaftlichen Kuss gezogen und presste ihn jetzt mit seinem Körper gegen die Tür.

Reflexartig krallte der Ägypter sich mit beiden Händen in den Haarschopf des Weißhaarigen und drängte sich gegen Bakura. Und zwar so stark, dass er ihn bis zum Bett zurückschieben konnte, auf dem sich der Weißhaarige dann auf dem Rücken liegend wiederfand.

Heftig atmend löste Malik erst jetzt den Kuss und sah Bakura dann in dessen Augen. Angemacht davon, wie bereitwillig Bakura ihn gerade ansah und wie schnell er doch seine Meinung geändert hatte, als er ihm noch vor wenigen Minuten die Hölle heiß machen wollte.

„Dir ist schon bewusst, worauf du dich mit mir einlässt, Malik?“

Der Ägypter nickte.

„Und dass ich…“ Malik legte ihm einen Finger auf seinen Mund.

„Dass du ein skrupelloses Arschloch bist und etliche Menschen auf dem Gewissen hast, ja, das weiß ich auch.“

Seine lavendelfarbenen Augen wurden dann doch wieder ernst. Teilweise selbst erstaunt über die ausgesprochenen Worte, weil Malik diese Gerüchte bisher gekonnt ignoriert hatte. Er ließ wieder von Bakura ab und stand dann auf. Seine eigenen Worte trafen ihn stärker, als er erwartet hatte, zumal er im ersten Augenblick überhaupt nicht darüber nachgedacht hatte, was er da eigentlich gesagt hatte.

Aber er wusste, dass jedes Wort davon ernst gemeint war und dass es ihn nicht so schockierte, wie es ihn schockieren sollte. Machte ihn das nicht mindestens genauso verrückt wie den Weißhaarigen selber?
 

Bakura sah, wie Maliks Gehirn arbeitete. Offenbar erstmal selbst damit beschäftigt, der Wahrheit direkt ins Auge zu sehen. Er sah kurz zum Messer auf dem Boden und dann wieder zu Malik.

Sollte er seinen Worten wirklich glauben schenken? Ungeachtet davon, dass der Ägypter ihn dabei beobachtete, hob er sein Messer langsam auf und besah es sich ausgiebig.

Maliks Blick folgte dem Weißhaarigen, aber er selbst rührte sich nicht. Der Moment, als Bakura das Messer aufhob und ihn dann in dessen Augen sah, kam ihm wie eine Ewigkeit vor.
 

Sie standen sich nun gegenüber und starrten sich beide an.
 

Eingefroren durch die Erkenntnis, dass sie ihre Gefühle zueinander nicht mehr länger verbergen konnten.

Es wäre Bakura ein Leichtes gewesen, den Ägypter jetzt auf der Stelle kalt zu machen, sowie es Malik davor ein Leichtes gewesen wäre, den Weißhaarigen durch die Presse auffliegen zu lassen. Sie hätten sich gegenseitig zerstört, wenn es nur dazu gekommen wäre.
 

Es war ein Unentschieden, obwohl Malik das Gefühl hatte, dass er derjenige war, der das Spiel letztendlich verloren hatte. Und zwar aus dem Grund, weil er sich dazu bereit erklärte, sich auf die Seite von Bakura zu stellen.

Sicher, es war nicht die Karriere, die er sich hier in Tokyo erhofft hatte. Wer dachte auch schon daran, sich in einen Verbrecher zu verlieben und deswegen sein bisheriges Leben aufzugeben? Aber vielleicht war es der Mann an seiner Seite, den er sich hier erhofft hatte.
 

„Ich will wirklich bei dir bleiben, Bakura.“

Entrüstet senkte Malik den Kopf und schloss seine Augen. Es war ihm egal, ob er damit einen Fehler machte oder nicht. Oder ob er dadurch am Ende sein Leben verlieren würde oder nicht. Ja, er musste sich eingestehen, dass Bakura ihn von Anfang an in seinen Bann gezogen hatte, dem er jetzt nicht mehr entfliehen konnte. Also hatte es auch keinen Zweck mehr, noch weiter dagegen anzukämpfen.

Er hörte, wie sich Schritte näherten und spürte dann eine warme Hand unter seinem Kinn. Und sah die nun fast warmherzigen, rotbraunen Augen, als er in das Gesicht des Weißhaarigen blickte.

Selbst ein kranker Kerl wie Bakura konnte seine Gefühle nicht unterdrücken, wenn sie ohnehin schon so offensichtlich waren. Allerdings war der Ägypter die einzige Person, dem er sie jemals so schutzlos zeigen würde, wie in diesem Augenblick.

Er näherte sich den Lippen von Malik. „Dann brauchst du dieses Loch hier nichtmehr.“
 

Nach einem dezenten Kuss lösten sie sich voneinander und Bakura zog Malik wieder zurück aufs Bett.

Vorbei war der romantische Augenblick, als sie sich wieder in derselben Position befanden, wie noch wenige Momente davor. Stattdessen grinste Bakura und legte seinen Kopf etwas schief.

„Aber vorher sollten wir noch klären, wer hier das Sagen hat. Und dass du Strafe verdienst, ist auch klar!“
 

Malik musste grinsen, als der Weißhaarige sich zurücklehnte und damit begann, seine Sachen auszuziehen.

„Ich habe schon verstanden, Bakura.“

Er beugte sich zu ihm vor und küsste seinen Hals entlang. „Wir spielen ein neues Spiel. Aber erwarte nicht, dass ich es dir immer so leicht machen werde.“
 

Der Weißhaarige knurrte, krallte sich kurz in die Haare von Malik und sah ihm dann in die Augen. „Nur eine Sache muss ich noch loswerden, bevor du weiter machen darfst.“

„Die da wäre?“

„Ich hasse Verräter, nur damit du‘s weißt!“

Malik lachte. „Und ich liebe es, dein Verräter zu sein.“
 

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Ende



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  jyorie
2017-05-16T06:21:35+00:00 16.05.2017 08:21
⊂( ◜◒◝ )⊃ Hi,

Mir hat Malik in dem Kapitel echt leid getan, das seine Wünsche so jäh zerplatzt sind. Das was er sich als schillernder, gefeierter Reporter vorgestellt hat und dann zu sehen, das die Presse auch irgendwie nur so etwas wie eine Mafia ist mit großen und kleinen Fischen die sich gegenseitig fressen und da nichts nett abläuft oder fair.

Von der Warte aus, kann man es gut nachvollziehen, das er den Artikel nicht abgibt. Und ich fand es auch gut, das Bakura ihm geglaubt hat am Ende. Weil wenn jemand wartet, hat er Zeit zum grübeln und so geladen wie Bakura war, kommt beim grübeln nichts Gutes bei rum und wie bei Legenden wird Bakura sich da auch einiges dazu gedichtet haben, über Malik, damit er sauer bleiben kann.

Liebe Grüße, Jyorie



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