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Deep down the rabbit hole...

...noch tiefer kannst du nicht fallen
von

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Kaum war Vivi zur Tür raus, schloss ich diese und ließ mich mit dem Rücken daran hinab gleiten. So sehr ich mich auch gefreut hatte sie wieder zu sehen, so sehr hatte mich dieser Besuch auch beansprucht. Mein kleiner Ausbruch vorhin sprach wohl für sich. Aber es hatte gut getan mal wieder mit jemandem zu reden. Und das es gerade jemand war mit dem ich schon so ewig befreundet war, hatte die ganze Sache viel entspannter werden lassen. Vielleicht lag das aber auch einfach an Vivi. Sie war schon immer besonders gut im Umgang mit Menschen. Ich hatte vor ein paar Stunden erst gemerkt, wie sehr ich meine Freunde vermisste. Wie sehr ich alles vermisste, was ich früher so mit meinen Freunden getan hatte. Es war zwar schmerzlich das zuzugeben, aber sie waren mittlerweile meine einzige Familie. Und auch, wenn ich sie immer wieder abblockte, sie bemühten sich um mich. Sie wollten mich zurück ins Leben holen. Ich war ihnen unbeschreiblich dankbar dafür. Sie taten das, was ich schon vor langer Zeit aufgegeben hatte. Sie versuchten mich aus meinem Loch zu holen. Ein kleines Lächeln schlich sich auf meine Lippen als ich das erkannte und zum ersten Mal, seit Nojiko's Tod war es ein ehrliches lächeln. Wem sollte ich es auch vorspielen, immerhin war ich alleine. Ich stand vom Boden auf und ging ins Bad. Auch wenn Vivi vorhin sichtlich enttäuscht gewesen ist, meine Neugier hatte die Sache geweckt. „33 Richmond Road“, murmelte ich leise vor mich hin, während ich mein Spiegelbild betrachtete. Ich war blass und abgemagert, aber sonst sah ich ganz passabel aus. Auf jeden Fall gut genug, um das Haus zu verlassen. Ich griff noch einmal nach meiner Haarbürste und kämmte mir durch die orangene Mähne. Dann ging ich zurück in den Flur, zog mir meine Winterkleidung an und verließ zum zweiten Mal innerhalb zweier Tage meine Wohnung. Schon verrückt, wenn man bedachte, dass ich monatelang nur einmal in der Woche meine Wohnung verlassen hatte. Und dann auch nur um Einkaufen zu gehen. Jetzt verließ ich sie tatsächlich freiwillig. Meine Freunde würden mich bestimmt für verrückt erklären. Oder sie würde erleichtert denken, ich sei über den Berg. Ich tendierte mehr zu verrückt. Aber was sagte Luffy immer? No risk, no fun. Oder so ähnlich. Ich hatte es zwar bisher immer nur belächelt, aber gerade war ich dabei nach eben diesem Motto zu handeln. Ob das nun clever oder dumm war … wahrscheinlich eher dumm. Aber verdammt noch eins. Ich hatte die letzten Monate gelebt wie in einer Höhle. Ich hatte mich von allem und jedem zurückgezogen und absolut nichts mehr unternommen. Ich hatte den ganzen gottverdammten Sommer in meiner Wohnung gehockt und mich selbst bemitleidet. Und wenn ich etwas dummes, sinnfreies und vielleicht auch noch gefährliches tun musste, um wieder ich selbst zu werden, dann würde ich das tun. Nicht unbedingt das klügste, was ich bisher in meinem Leben gesagt hatte, aber ich stand dahinter. Ob ich es später noch bereuen würde? Wahrscheinlich. Ob meine Freunde das gutheißen würden? Eher nicht. Ob ich es trotzdem machen würde? Scheiße noch eins, ja. Ich hatte in den letzten zwanzig Minuten auf dem Weg zur U-Bahn mehr dumme Gedanken gehabt, als meine gesamte Highschool-Zeit über. Und in diesem Moment war mir das so egal, als würde in China ein Sack Reis umfallen. Woher diese plötzliche Spontanität kam, wusste ich nicht. Wahrscheinlich war es der angestaute Tatendrang den ich die letzten Monate schlichtweg unterdrückt hatte. Ich beschwerte mich nicht, vielmehr war ich froh darüber. Ich hatte in den letzten Monaten einen Punkte erreicht, an dem ich mich selber einfach nur so ankotzte. Wenn ich diesen Punkt irgendwie überwinden konnte, war ich froh. Das wäre dann der entscheidende Schritt zurück zu meinem alten Ich.
 

Ich lief die Straße, die von kahlen Bäumen gesäumt war entlang und bereute es die Entscheidung – hier her zu kommen – getroffen zu haben. Das Adrenalin wurde noch in der Straßenbahn weniger. An der Haltestelle hatte es sich schließlich ganz verabschiedet und mir zum Austausch Zweifel und Skepsis angeboten. Ich hatte beide genommen. Die Straße in der ich mich gerade befand lag komplett außerhalb der Stadt, jedes Kaff das sich Vorort schimpfte wäre auf diese Außenlage neidisch gewesen. In einem Film war das immer der Schauplatz an dem der mysteriöse Mord geschah. Ich war versucht gewesen, sofort wieder in die Straßenbahn zu steigen und zurück nach Hause zu fahren, meinen kleinen Ausflug in diese Gegend einfach zu vergessen. Aus einem mir unbekannten Impuls heraus hatte ich es nicht getan. Eben dieser Impuls hatte mich auch vorangetrieben und sorgte nun dafür, das ich die Hausnummer 33 suchte. Innerlich verfluchte ich mich mit jedem Schritt etwas mehr dafür, ihm nachgegeben zu haben. Ich war schon immer ein sehr ängstlicher Mensch gewesen und die Szene, in der ich mich gerade befand ließ mein Hirn sofort auf Fluchtmodus schalten. Das ich nicht schon laut kreischend weggerannt war, grenzte an ein Wunder, Kein kleines Wunder, eher so etwas wie das achte Weltwunder.

Ich drehte meinen Kopf immer wieder ruckartig von links nach rechts, um auch ja nichts zu verpassen. Nebenbei schaute ich immer wieder auf meine Füße in der Hoffnung keinen Schatten hinter mir auszumachen. Merkwürdig, dass sich hier am helllichten nicht eine einzige Menschenseele auf der Straße befand. Wobei es mir gerade ziemlich Recht war, immerhin war ich auch so schon paranoid genug. Am Ende der Straße kam ich schließlich langsam zum Stehen. Das Haus vor mir war marode, die Fassade bröckelte bereits und ein paar der Dachziegel fehlten. Und täuschte ich mich oder war da ein Brandfleck an der Tür? Innerlich redete ich mir ein, dass es bloß eine kunstvolle Verzierung war, die mit Absicht dort prangte. Leider musste ich tatsächlich feststellen, dass – wenn auch leicht verblasst – die Zahl 33 neben der Tür hing. Unschlüssig stand ich vor dem kleinen Tor, welches das Grundstück einzäunte und überlegte. Ich traute mich gar nicht mich weiter umzusehen, weshalb ich nun wie hypnotisiert auf die Tür sah. Etwas in mir drängt mich auf die Tür zuzugehen und zu klingeln. Ich hielt es für eine dumme Idee. Ich wusste nicht welche Leute in diesem Haus lebten. Gut natürlich könnte man jetzt sagen Law, allerdings passte dieses Etablissement nicht unbedingt dem Eindruck den er bei mir hinterlassen hatte. Ich bezweifelte demnach stark, dass ich ihn antreffen würde, wenn ich jetzt an der Tür klingelte. Wer wusste schon was mich dahinter erwartete. Allerdings hatte ich auch nichts mehr groß zu verlieren. Was konnte es schon schaden das zu tun? Irgendwie beunruhigend, wie oft ich das in den letzten Stunden bereits gedachte hatte. Ich sollte eventuell damit aufhören.

Vorsichtig stieß ich mit meiner Hand gegen das Gartentor. Mich verwunderte nicht wirklich , dass es sich laut quietschend öffnete. Immerhin hing es es auch nur noch in einem Scharnier fest und war bereits sehr verbeult. Es passte sich wunderbar an die Umgebung an. Zögerlich ging ich ein paar Schritte bis zur Haustür, blieb vor dieser unschlüssig stehen. Ich betrachtete die unscheinbare, braune Holztür eingehend, führte meine Hand schließlich quälend langsam zur Klinge und drückte den Knopf. Gedämpft vernahm ich das Surren der Klingel durch die Tür und schließlich erklangen gedämpfte Schritte. „Ja“, hörte ich eine verzerrte Stimme aus der Gegensprechanlage. Stark schluckte ich und versuchte den Kloß in meinem Hals wieder hinunterzuschlucken. Die Stimme war leider zu verzerrt um irgendetwas daran zu erkennen. Ich kannte Law auch schlichtweg nicht gut genug, um seine Stimme unter solchen Umständen zu erkennen. Aber sie war tief, also eindeutig männlich. Das beruhigte mich leider weniger, als ich gehofft hatte. „Hallo“, gab ich schließlich piepsig von mir. Die Stärke und Sicherheit war nicht nur aus meinem Auftreten, sondern leider auch aus meiner Stimme komplett gewichen. Die Gegensprechanlage machte einen komischen Ton, ich vermutete das am anderen Ende gerade jemand laut aufgestöhnt hatte. Vielleicht war es auch ein genervtes Seufzen gewesen, so genau konnte ich das nicht ausmachen. „Wir kaufen nichts“, ertönte die Stimme wieder dieses Mal jedoch deutlich lauter. Wenn ich jetzt nichts sagen würde, wäre dieses Gespräch beendet, bevor es überhaupt angefangen hatte. Dann hätte ich meine Neugierde nicht befriedigt und musste ohne Antwort nach Hause zurück kehren. Aber was konnte ich einem völlig Fremden sagen, damit er mir weiter zuhörte und vielleicht sogar die Tür öffnete? Obwohl ich mir bei letzterem gar nicht sicher war, ob ich das überhaupt wollte. Fieberhaft suchte ich in meinem Kopf nach irgendetwas, dass ich ihm sagen konnte. „Law schickt mich“ Ich war selbst erstaunt darüber wie fest meine Stimme klang. Im Gegensatz dazu zitterten meine Beine als wären sie aus Wackelpudding, der Schweiß stand mir auf der Stirn und ich war mir sicher, dass ich jeden Moment Schnappatmung bekommen würde. Ich hörte ein klackendes Geräusch aus der Gegensprechanlage und schließlich verstummte das Rauschen ganz. Das letzte, kleine bisschen meiner Hoffnung wollte sie gerade verflüchtigen, als vor meiner Nase plötzlich die Tür aufgerissen wurde. Vollkommen verdutzt starrte ich erst einmal eine ganze Weile auf die nackte Brust vor meiner Nase, ehe ich mich traute meinen Kopf zu heben. Ich blickte in ein rigoros grinsendes Gesicht. Der Mann vor mir hatte bernsteinbraune Augen und seine roten Haare standen nach oben von seinem Gesicht ab. Fixiert hatte er sie mit etwas, dass wie eine Fliegerbrille aussah. Sein komisches Grinsen - welches irgendwie freundlich und respekteinflößend zugleich wirkte – veranlasste mich dazu einen Schritt zurück zu treten. Hinter mir war allerdings die Treppe zu Ende, weshalb ich mich nun auf dem Boden sitzend wiederfand. Ich blickte erneut zu dem Typen, der nur amüsiert eine Augenbraue hochgezogen hatte. Mit einem leichten Anflug von Panik rappelte ich mich ungeschickt wieder auf und hielt dem Abstand, den ich nun zu ihm hatte, aufrecht. Das war zumindest der Plan gewesen, allerdings schien mein Gegenüber diesen nicht einhalten zu wollen. Dieser schlenderte gerade lässig die Treppe herunter, oberkörperfrei, ohne Socken oder Schuhe und nur mit einer dünnen Jogginghose. Wir hatten wohlgemerkt Winter und gefühlte -50°C. Ich fror schon, wenn ich ihn einfach nur ansah, aber er verzog keine Miene. Sein Lächeln blieb auf seinem Gesicht wie festgefroren. Es beruhigte mich keineswegs, stattdessen machte es mir noch mehr Angst. Dabei hatte er bis jetzt noch nichts getan, weshalb ich Angst haben müsste. Leicht bebten seine Schultern und er lachte einmal tonlos auf, ehe er schließlich vor mir zum Stehen kam. „Du passt gar nicht in Law's Beuteschema“. Wenn es möglich gewesen wäre, hätte meine Kinnlade jetzt den Boden getroffen. Was war das denn bitte für eine Aussage? Mit allem, mit wirklich ausnahmslos allem – sogar das ich diesen Ort nicht lebend verlassen würde – hatte ich gerechnet, aber nicht damit. Was genau wollte mir dieser Typ eigentlich damit sagen? „Mich nennt man übrigens Kid“, stellte er sich schließlich auch noch vor. „Nami“, gab ich kurz angebunden zurück und wunderte mich insgeheim darüber, dass ich mutig genug war um meiner Stimme einen patzigen Unterton zu verleihen. Lachend stellte was-auch-immer-er-für-Law-war fest, dass ich ziemlich frech war, ehe er mich weiter ungeniert musterte. Dabei lief er mehrmals im Kreis um mich herum und machte hin und wieder Laute, die ich nicht genau zuordnen konnte. Jetzt wusste ich wie sich die Tiere im Zoo fühlten. Oder das Reh im Scheinwerferlicht, bevor es überfahren wurde. „Ich glaube nicht, dass du irgendjemandes Beuteschema wärst“, stellte er schließlich fest. Er klang dabei so enttäuscht wie ein Kind, das gerade herausgefunden hatte, dass es gar keinen Weihnachtsmann gab. Okay, ich hatte mich in den letzten Wochen etwas gehen lassen, aber so enttäuschend war ich nun wirklich nicht. Beleidigt verschränkte ich die Arme vor der Brust. Was erlaubte sich dieser Kerl eigentlich? Er kannte mich gerade einmal drei Minuten und bildete sich ein über mich urteilen zu können. Wenn solche Leute zu Law's Freunden gehörten, dann war ich wahnsinnig froh nichts mit ihm zu tun zu haben. Als hätte er meine Gedanken gehört blitzte auf einmal der Schalk in seinen Augen auf. Ein deutlich amüsiertes Grinsen zog sich über sein Gesicht und er hatte sichtlich Mühe ein weiteres lautes Auflachen zu unterdrücken. Genau das nahm ich zum Anlass meine Beine in die Hand zu nehmen und zurück zur Straßenbahnhaltestelle zu sprinten. Eine Verabschiedung sparte ich mir stattdessen betete ich einfach zu Gott, Buddha, Jaschin oder was-weiß-ich-denn-wem, dass mich dieser Kid nicht verfolgte. Ansonsten würde er mich nämlich definitiv einholen. Allerdings nahm ich mehr oder weniger erleichtert ein schallendes Lachen zur Kenntnis, das definitiv von dem Garten kam, in dem ich bis vor wenigen Sekunden noch stand.

An der Straßenbahnhaltestelle wollte gerade – oh welch Wunder – eine Straßenbahn abfahren. Laut schreiend, dass sie doch auf mich warten sollte, beschleunigte ich meine Schritte nochmals. Der Fahrer hatte mich wohl gesehen oder gehört, er wartete tatsächlich. Sichtlich genervt ließ er mich einsteigen und setzte dann seine Runde fort. Ich schmiss mich auf einen der Sitze, die während der Arbeitszeit fast immer frei waren und atmete mehrmals tief ein und aus. Ich versuchte meinen Puls, der mittlerweile jenseits des menschlichen sein musste, wieder normal zu kriegen und gleichzeitig die letzten Geschehnisse nochmals in meinem Kopf abzuspielen. Leise seufzend stellte ich fest, dass ich die Verrückte in diesem Szenario gewesen war. Kid hatte sich eigentlich mehr oder weniger normal verhalten, ich war diejenige, die immer überreagiert und alles falsch verstanden hatte. Ich massierte mir die Nasenwurzel mit Daumen und Zeigefinger und versuchte mich wieder ein wenig zu beruhigen. Kurze Zeit später kam meine Gegend wieder in Sicht. Erleichtert stellte ich fest, dass mein kleiner Ausflug nun endgültig beendet sein musste.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  sama-chan
2018-12-17T21:04:07+00:00 17.12.2018 22:04
😂😂😂 Ich verstehe Nami. In so einer Gegend einem so irren Typen zu begegnen... ok direkt Lossprinten ist etwas überreagiert. Aber der Grundgedanke war schon nicht schlecht. 😅
Von:  Jinja2
2015-04-19T20:57:21+00:00 19.04.2015 22:57
Das Kapitel war richtig gut👍 mir gefallen deine Details in der Geschichte💖
Von:  Namisa
2015-04-19T11:29:43+00:00 19.04.2015 13:29
Da Kapitel war einfach geil ^^


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