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The GRIMM and the BIEST

[GRIMM - Nick x Renard]
von

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‚Bumm, bumm, bumm‘.

Das hämmern an seiner Tür konnte von Sean Renard, seines Zeichens Captains beim Portland Police Department, kaum überhört werden. Es klang mehr, als wolle jemand seine Tür einfach einschlagen, statt darum zu bitten herein gelassen zu werden.

‚Bumm, bumm, bumm‘.

„Wer ist da?“, rief er ungehalten. Er war gerade erst von einer langen Sitzung mit dem Bürgermeister zurückgekommen und wollte eigentlich nur noch ein Glas Scotch und seine Ruhe.

„Machen Sie auf, wir müssen reden!“

Diese Stimme gehörte zweifelsfrei zu Detective Nicholas ‚Nick‘ Burkhardt, einem seiner Männer. Und zwar im doppelten Sinne. Renard war nicht nur Captain, er war auch königlicher Abstammung. Und der Sohn seiner Mutter. Und damit eine ziemliche Kuriosität in der Wesenwelt. Und gefährlich. Und Nick teilte diese Gefahr mit ihm. Er war ein Grimm. Im Gegensatz zu ihm selber war er jedoch ein Mensch, aber ihn als ‚normal‘ zu bezeichnen wäre weit gefehlt.

Ein Grimm war jemand, der in das Herz der Dunkelheit sehen konnte. Und wie das Sprichwort sagt, wenn du nur lange genug in sie hineinsiehst, blickt sie auf dich zurück. Sie verändert dich. Und genau das war dem Grimm passiert. Er hatte bei dem Zusammenstoß mit dem Baron einen großen Teil seiner Menschlichkeit eingebüßt. Und Nick war der menschlichste aller Grimm, von denen der Royal je gehört hätte. Doch letztlich waren sie alle nichts anderes als Monster, der Grimm eingeschlossen, nur hatte das bislang noch keiner dem Mann gesagt.

Jetzt aber machte es fast den Eindruck, als hätte ihn diese Erkenntnis eingeholt und übermannt.

„Detective“, öffnete er die Tür und zog fragend eine Braue hoch. „Wissen Sie eigentlich wie spät es ist?“

Doch statt einer Antwort drängte der Grimm einfach seinen Vorgesetzten zur Seite und betrat forschen Schrittes das Haus.

„Ihnen auch einen schönen Abend“, murmelte Renard leise und blickte dem Mann hinterher, während er die Tür schloss. Er wunderte sich überhaupt nicht, wie der Detective es wohl geschafft hatte ihn hier an seinem neuen Domizil ausfindig zu machen. Er war immerhin einer seiner besten Männer, wenn nicht sogar DER beste.

Der jüngere Mann war mittlerweile ins Wohnzimmer getreten und stand mit vor der Brust verschränkten Armen an der Glastür zum Balkon. Von dort aus konnte man die Lichter der Stadt sehen. Und die Menschen waren so klein…

Der Captain betrachtete seinen Untergebenen mehrere Herzschläge lang. Er brauchte gar nichts zu sagen, die Körpersprache sagte ihm mehr als deutlich, was passiert sein musste.

Wortlos griff er nach seiner Kristallkaraffe und verteilte etwas von der bernsteinfarbenen Flüssigkeit in zwei Gläser. Eines bot er dem Grimm an, bevor er selber einen Schluck aus seinem Glas nahm. Der Mann stürzte das Getränk regelrecht hinunter. Ein deutliches Zeichen seiner Gemütsverfassung. Er selber dagegen nippte langsam, genussvoll an dem Glas. Der erste Schluck tat ihm gut. Der zweite brannte noch leicht, als er ihm die Kehle hinunter floss. Als der dritte schließlich in seinem Magen ankam breitete sich ein wohliges Gefühl in seinem Inneren aus und er fühlte sich bereit für worüber auch immer sich der Grimm so aufregte. Renard genoss den Geschmack des alten Scotchs, doch es gab dringendes zu bereden. Und als erstes musste er das Glas in Sicherheit bringen, sonst konnte er es bald in Splittern aus der blutenden Hand seines Gegenübers klauben. Und er hatte eigentlich keine Lust das neue Haus gleich mit Blutspritzen zu besudeln. Besonders, da seine Haushälterin morgen frei hatte und er sich selber darum würde kümmern müssen. Nachdem er Nick ins Krankenhaus zum Nähen gefahren hätte natürlich.

Also griff er vorsichtig nach dem leeren Glas und stellte es zusammen mit seinem eigenen zurück auf den Kaminsims.

„Okay, Nick. Was ist los?“

Langsam drehte ihm der Mann nicht nur seinen Kopf, sondern auch seinen ganzen Körper zu. Das Gesicht war eine versteinerte Maske der Wut. Und aus irgendeinem Grund richtete sich diese Wut nun gegen seinen Vorgesetzten.

„Sie…“, der Grimm starrte ihn finster an. Und Renard war sich sicher, dass er in diesem Augenblick nicht mehr dem Detective gegenüber stand, sondern dem, was unter seiner Oberfläche lauerte – dem echten Grimm. Seine Augen blitzten mörderisch auf und über seine Haut legte sich für einige Sekunden lang ein grauer Schleier.

Unwillkürlich wollte sein eigener innerer ‚Geist‘ hervorbrechen und nur mit Mühe gelang es ihm, den Impuls zu unterdrücken und die Flasche wieder zu verschließen. Was geschah hier mit NIck? Hank und Juliette hatten davon berichtet, dass der Grimm kurz nach dem Zombiezwischenfall gelegentliche Anfälle dieser Art an den Tag gelegt hatte. Einmal nachts, als er geschlafen hatte und ein anderes Mal, als er nach dem Mädchen getaucht hatte. Aber das war bevor er de- und wieder re-grimmt wurde. Renard selber hatte bisher nur einmal miterlebt, wie der Grimm in diesen ‚Zombiemodus‘ gegangen war. Und das war noch gar nicht so lange her. Es passierte während Nick diesen Klaustreich wegen der Entführung von Monroe befragte. Er hatte diesen schwergewichtigen Möchtegern-Rocker tatsächlich mit einer Hand an der Kehle gepackt und ihn hoch an die Wand des Verhörraumes gepresst. Und wenn Hank nicht dazwischen gegangen wäre, wer weiß was noch alles hätte passieren können. Wenn also dieses ‚Grau-werden‘ nun vielleicht seit dem Wiederherstellen seiner Fähigkeiten immer bei extremer Wut auftrat, dann…

Langsam dämmerte es dem Captain. Sollte etwa Juliette…?

Die Erkenntnis in seinen Augen blieb dem Grimm nicht verborgen. Er reckte das Kinn und trat wütend zwei Schritte auf ihn zu. „Sie wussten es?!“ Es klang mehr wie eine Anschuldigung denn eine Frage. „Sie wussten es und haben mir nichts gesagt?“

Entschuldigend hob Renard die Hände. „Sie sollte es Ihnen selber sagen. Ich hatte nicht das Recht…“

„Seit wann interessiert es Sie, welches Recht Sie haben“, schnauzte der Grimm und ballte seine Hände zu Fäusten. Wieder überkam ihn sekundenlang der graue Schleier.

Wenn das so weiterging, dann würde Nick noch völlig von seiner dunklen Seite übermannt werden, dachte Renard. Das musste er verhindern. Selbst wenn das hieße sich der Gefahr von mindestens einem blauen Auge auszusetzen. „Hören Sie zu Nick“, begann er und versuchte beschwichtigend zu wirken. „Sie haben keine Ahnung, was gerade in der Stadt vor sich geht, ich möchte…“

Mit einer barschen Geste zerschnitt der Grimm die Luft zwischen ihnen. „Sparen Sie sich das, Captain. Wir sind hier nicht auf dem Revier.“

Nun wurde auch Renard wütend. Was erlaubte sich dieser Mann? Nick mochte ein Grimm sein, aber er selbst war immerhin ein Royal. Er musste sich das nicht bieten lassen. Nicht nach allem was er selber hatte erdulden müssen. Den Beinahe-Tod, den Verlust seiner Tochter, die neuen Reibereien mit seinem Cousin und die Tatsache, dass er Adalind zurück in die Arme der ‚Familie‘ getrieben und sich damit einen großen Feind gemacht hatte. „Ganz recht“, antwortete er mit kaum unterdrückter Wut in der Stimme. „Wir sind hier nicht auf dem Revier. Sie sind in meinem Haus, Detective. Und ich verbitte mir diesen Ton in meinen eignen vier Wänden. Glauben Sie etwa mir gefällt, was da mit ihrer Freundin passiert ist?“

Die Augen des Grimm wurden wieder eiskalt. „Etwa nicht? Sie müssen doch hocherfreut sein ein weiteres von diesen… diesen Dingern in Ihrem Zugriffsbereich zu haben. Gleich und gleich gesellt sich halt gern, oder?“, fragte er gehässig. „Oder wie war das mit Adalind und ihrer gemeinsamen To…“ Noch bevor er den Satz beenden konnte knallte sein Kopf zur Seite, als ihn die Hand des Captains mit voller Wucht ins Gesicht traf.

„Das will ich überhört haben, Detective“, antwortete er streng. Auch in ihm kochte inzwischen die Wut hoch. „Halten Sie von Adalind meinetwegen was Sie wollen, aber wagen Sie es nicht so über Juliette zu reden. Was aus ihr geworden ist konnte nur passieren, weil sie IHNEN helfen wollte wieder ein Grimm zu sein. Also gucken Sie gefälligst erst mal in den Spiegel, bevor Sie andere beschuldigen, Detective!“

Dann sah Renard genauer hin und erkannte, dass genau DAS das Problem seines Gegenübers war. Nick war sich schmerzlich bewusst, dass es mehr oder weniger seine Schuld war und er konnte damit scheinbar nicht umgehen.

„Ich weiß ganz genau, dass sie es für mich getan hat“, seine Stimme wurde leiser, klang dadurch aber nicht minder gefährlich. „Aber IHRE Mutter hätte uns vorwarnen müssen. Dann hätte ich Juliette nie erlaubt…“

Also daher wehte der Wind. Der Grimm verlagerte seine Wut und seinen Schmerz auf jemand anderes… seine Mutter. Nur zu verständlich, aber dennoch hatte Nick kein Recht dazu Elizabeth die Schuld zu geben. „Erlaubt? Haben Sie sie nicht förmlich angefleht?“

„Nein!“, wütend warf Nick die Arme in die Luft und drehte sich weg. Andernfalls hätte er vermutlich seinem Vorgesetzten einen Kinnhaken verpasst. Er presste seine Fäuste gegen die Stirn und atmete schwer. Dann drehte er sich wieder zu dem Royal um, einen eiskalten Ausdruck in den stahlblauen Augen. „Ich habe gar nichts gesagt. Ich habe die ganze verdammte Zeit alles hinuntergeschluckt, weil ich eben nicht wollte, dass so was passiert. Weil ich Juliette ein normales Leben geben wollte. Ich habe mir fast die Zunge abgebissen vor Wut, aber ich habe sie nicht mit einem einzigen verdammten Wort darum gebeten!“ Er spie die letzten Worte förmlich aus. Sobald es raus war schien ein Teil seiner Energie plötzlich zu verpuffen. Verzweifelt rieb er sich über das Gesicht und stützte sich dann vorgebeugt auf die Rückenlehne der Sitzgarnitur auf.

Langsam, vorsichtig gar, trat Renard an seine Seite und legte ihm sanft eine Hand auf die Schulter.

„Es tut mir Leid, Nick.“

Der Grimm lachte bitter. „Es ist wohl mein Schicksal…“

Renard hob fragend eine Braue. „Was?“

Nick drehte den Kopf zur Seite und sah den Royal an. „Hexenbiester.“

Der Captain zog verwundert seine Hand zurück. „Wie meinen Sie das?“

Der Grimm lachte erneut in diesem trockenen Tonfall, der nichts Gutes verhieß. „Hab ich Ihnen eigentlich je erzählt, dass Adalind das erste Wesen war, das ich je gesehen habe? Ich hatte gerade den Verlobungsring vom Juwelier abgeholt und da stach mir diese Blondine ins Auge. Hank machte noch Witze darüber, dass ich eine Frau heiraten will und einer anderen hinterhersehe, aber mein Gefühl sagte mir, dass irgendetwas Merkwürdiges an dieser Frau war. Und dann sah ich die erste Woge meines Lebens…“ Er schnaubte freudlos. „Ich bin nicht mal sicher, ob sie das eigentlich mitbekommen hat. Das nächste Mal sah ich sie dann im Krankenhaus, als sie meine Tante umzubringen versuchte. Und mir dann stattdessen diese verdammte Nadel in den Arme gerammt hat…“

Renard versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Nein, das Adalind sein erstes Wesen war hatte er nicht gewusst. Das mit der Spritze im Krankenhaus schon. Immerhin hatte das Hexenbiest es auf sein Geheiß hin getan. Hätte er die Möglichkeit die Zeit zurückzudrehen, nochmal würde der Royal ganz sicher nicht diesen Auftrag erteilt haben. Nick hatte sich als wertvoller Verbündeter gezeigt, und er hatte schwer daran arbeiten müssen das zerstörte Vertrauen zwischen ihnen wieder aufzubauen. Wahrscheinlich vertraute der Grimm ihm immer noch nicht wieder hundertprozentig. Und vielleicht würde er das auch nie wieder tun. Nicht, dass Renard ihm das vorwerfen konnte. Nick hatte seine Erfahrungen mit Royals und Hexenbiestern gemacht. Und wenn es um die sieben Schlüssel ging war sich ohnehin jeder selbst der nächste.

„Hören Sie Nick“, begann er schließlich. „Ich habe Juliette zu einer guten Freundin geschickt. Wenn ihr jemand helfen kann, dann sie.“

Der Grimm drehte ihm so schnell den Kopf zu, Renard hatte noch nicht einmal die Bewegung sehen können. „Wenn?“ Seine Stimme wurde wieder gefährlich kalt.

Sean machte eine vage Geste mit der Hand. „Ich hatte selber noch nie mit so etwas wie einem ‚künstlich erschaffenen‘ Hexenbiest zu tun. Wie Sie sich vielleicht erinnern habe ich mit dem ‚magischen‘ Teil des Ganzen ohnehin eher weniger zu tun. Also habe ich einen Experten zu Rate gezogen.“

„Und?“, fragte Nick mit leicht zusammengekniffenen Augen, die ihn aussehen ließen, als überlegte er gerade wo er am besten die Axt ansetzen sollte.

„Das muss Ihnen Juliette sagen, ich habe nur den Kontakt hergestellt. Alles weitere geht mich nichts an.“

Der Grimm riss eine Sekunde lang die Augen auf und holte tief Luft. Dann wurde er grau. Und blieb es diesmal. Er machte einen langsamen Schritt auf seinen Vorgesetzten zu. Und noch einen, und noch einen.

Der machte seinerseits vorsichtige Schritte rückwärts, die Hände beschwichtigend erhoben. „Nick, warten Sie, beruhigen Sie sich.“ Leider hatte er sich verrechnet und stieß mit dem Rücken an den Kamin. Er wohnte einfach noch nicht lange genug in diesem Haus, um die Wege blind zu kennen. Renard warf einen schnellen Blick durch das Zimmer. Er hatte noch nicht alle Möbel aufgestellt und deshalb war es hier noch einigermaßen geräumig. Es täte ihm hauptsächlich um die schönen alten Vasen leid, die konnten jedoch notfalls ersetzt werden. Aber die große Glasfront könnte ein Problem werden, sollte es gleich zu einem Kampf kommen. Und der Ausdruck im Gesicht des Grimms verhieß absolut nichts Gutes.

Er könnte versuchen den ersten Schlag zu landen und ihn dann vielleicht dazu bringen, dass er ihm aus dem Haus folgte. Draußen wäre wesentlich mehr Platz. Er hatte nur auf einer Seite Nachbarn, und die Sicht wäre durch den hohen Lattenzaun auch einigermaßen geschützt. Aber wahrscheinlich würde er mit so einem Schlag erst Recht sein Gegenüber reizen. Der Royal hatte also nur eine Chance, er musste den Grimm so schnell wie möglich aus diesem Zombiemodus wecken. Und je länger Nick so blieb, desto schwieriger würde es vermutlich werden ihn aus diesem Zustand wieder herauszuholen.

Ihm blieb also nur eine Möglichkeit, er ließ sein eigenes Biest frei.

Kaum spürte er wie die Woge über ihn kam veränderten sich auch schon die Augen des Grimms. Aus dem Stahlblau wurde ein tiefes schwarz. Sie waren jetzt mehr wie Krater, Tunnel gefüllt mit einer schwarzen Unendlichkeit, als tatsächliche Augen. „Es tut mir Leid“, murmelte er noch, dann rammte er von unten mit dem Handballen dem Grimm gegen das Kinn, dass dessen Kopf nach hinten knallte.

Doch statt zu Boden zu gehen blieb der Mann einfach stehen, wo er war. Langsam, bedächtig, richtete er den Kopf wieder auf. Selbst durch den schwarzen Schleier wirkten seine Augen, als würden sie aufblitzen vor Vergnügen.

Das Biest starrte ihn verwundert und gleichzeitig fasziniert an. Hier standen sich zwei urtümliche Kräfte gegenüber und selbst in diesem Zustand der ‚Zombiefizierung‘ war der Grimm mehr Herr seiner Selbst, als er täglich im Büro zur Schau stellte. Das graue Wesen, zu dem der Grimm geworden war, legte den Kopf schief und streckte eine Hand in Richtung des Gesichtes des Biestes aus. Renard zuckte nicht zurück, wartete ab. Die Geste wirkte beinahe zärtlich, als sein Daumen die Wange des anderen berührte.

Beide verharrten noch einige Herzschläge in dieser Haltung (die des Biestes, der Puls des Grimms dürfte sich in diesem Zustand im nichtmessbaren Bereich befinden), dann griff der Grimm blitzschnell nach dem Genick seines Gegners und warf ihn mit einer fließenden Geste einige Meter durch das Zimmer in Richtung Couch.

Es gab ein hässliches Geräusch, als Renards Zähne beim Kontakt mit dem Möbelstück aufeinander knallten.

Ok, das reicht‘, dachte er. Nun war auch das Biest wütend. Er richtete sich auf, löste dabei die Krawatte, zog sie von seinem Hals und warf sie achtlos beiseite. Tief in seinem Inneren begann das Biest zu knurren und er ließ es zu. Zum ersten Mal seit langem. Zum ersten Mal, seit er beinahe gestorben wäre. Was hieß hier beinahe, er war eigentlich schon tot gewesen. Hätte nicht seine Mutter einen Teil ihrer Lebenskraft auf ihn übertragen wäre er den Schüssen erlegen. Er hatte sie jedoch überlebt und er würde auch einen wütenden Grimm überleben. Zumindest hoffte er das.

Der Grimm stand reglos da, beobachtete seinen Gegner, wie der nun seine Manschettenknöpfe abmachte und die Ärmel hochkrempelte, bevor er ein „Na los, komm schon“, murmelte.

Und er kam.

Das Biest landete zwei drei gute Treffer, die der Grimm aber kaum zur Kenntnis nahm. Allerdings schaffte Renard es Nick zu Boden zu ringen.

Schwer atmend kniete der Royal auf dem Oberkörper des anderen Mannes, versuchte ihn unter sich festzuhalten. Er hatte die Handgelenke des Detectives rechts und links neben seinem Kopf umklammert und presste sie fest auf den Boden. Dadurch kam er mit seinem Gesicht dem des Grimm gefährlich nahe. Beide knurrten einander an.

In dem Moment… geschah etwas. Die Stimmung kippte schlagartig. Der Grimm wurde wieder rosa und seine Augen blitzten. Aber nicht mehr vor Wut.

Das Biest stutzte und einen Moment lang lockerte sich die Woge. Renard konnte sein Gesicht in den Augen des jüngeren reflektieren sehen. Dann schaffte es der Grimm ihn beiseite zu drücken und rollte sich stattdessen seinerseits auf seinen Gegner. Und er… atmete mit einem Mal schwer.

Das Biest in seinem Inneren fing an zu… Renard konnte es kaum glauben, es begann zu… schnurren war das einzige Wort, was ihm hierzu einfiel. Das Biest hatte Spaß an dem Kampf.

Und der Grimm atmete noch immer heftig ein und aus. In seinen Augen lag ein Ausdruck der Verwirrung, als wäre auch ihm nicht ganz klar, was sich da gerade zwischen ihnen beiden abzuspielen begann, aber er konnte sich nicht mehr zurückhalten.

Zwei Sekunden später kam seine Woge zurück und die Grimm-Augen wurden wieder finster.

Da bemerkte das Biest es plötzlich – dieser Duft…

Es roch nach… Verlangen, nach Sehnsucht, nach… er konnte es kaum glauben, aber sie beide verströmten eindeutig Pheromone, als wenn sie… Sex wollten.

Ähnliches musste auch dem Grimm gerade klar geworden sein, denn sein Klammergriff ließ ein wenig nach, als er sich unsicher zurücklehnte.

Das Biest nutzte diesen Moment der Schwäche und rollte sich wieder über den Grimm. Und es lachte leise vor Vergnügen auf. Wann hatte er sich zuletzt so mit jemand messen können? Ganz klar, mit Adalind in der Nacht, als Diana gezeugt wurde. Auch wenn sie zu der Zeit nur ein normaler Mensch gewesen war, sie hatte das Biest in ihm in Wallung versetzen können.

Und aus irgendeinem Grund schaffte der Grimm das nun auch. Und wenn er den Ausdruck in dessen Gesicht richtig gelesen hatte, dann galt das sogar für beide Seiten.

Er hatte sich nie für Männer interessiert, aber dieser Grimm… er reizte ihn, wie ein Stachel in seinem Fleisch an den er nicht herankam, wie der süße Honig, der vor seiner Nase in einem unscheinbaren Topf nur darauf wartete von ihm vernascht zu werden…

Einen Moment lang wurden die Augen des Grimms größer, dann verschwand der verwirrte Ausdruck aus seinem Gesicht und auch er begann leise und herausfordernd zu lachen. ‚Mach doch, wenn du dich traust…‘, schien er zu sagen.

Und das Biest nahm die Herausforderung an.
 

***
 

Nur ein Wort beschrieb ihr Verhalten angemessen: Brutal.

Es waren beides Alpha-Tiere, beide wollten den anderen dominieren und keiner von beiden wollte nachgeben, auch wenn sie tief im Inneren vermutlich beide doch selber bloß dominiert werden wollten. Aber sie würden niemals klein bei geben. Weder der eine – noch der andere. Man musste sie besiegen, denn sie würden nur einen Sieger in ihrer Nähe dulden.

Abwechselnd presste einer den anderen an die Wand oder Tisch oder was auch immer sich ihnen gerade in den Weg stellte.

Das Biest knurrte und der Grimm antwortete nicht minder wild. Aber ihre Münder sprachen in mehr als einer Weise.

Es gab keine zarten Küsse. Zarte Küsse erfordern eine Vertrautheit, die es zwischen ihnen so nicht gab – noch nicht.

Bisse waren ohnehin besser. Man konnte den anderen zeichnen, zeigen „Ich war hier“. Man hinterließ Male, die kein Kuss der Welt jemals verursachen würde.

Und die Haut an der Halsbeuge war so zart, so verletzlich… Man konnte das Blut des anderen darunter Pochen spüren, wenn die Lippen das Fleisch auf der Suche nach empfindlichen Stellen entlangglitten.

Im Gerangel um die Vorherrschaft hatten sie einander bereits den Großteil ihrer Oberbekleidung vom Leib gerissen. Der Leib des Biestes glänzte vor Schweiß, während der trockene des Grimms seinen Gegner zu verspotten schien.

Kräftige Hände packten den anderen, bohrten sich in weiches Fleisch und harte Muskeln. Keiner der beiden kratzte, aber das mussten sie auch nicht. Ihre Finger hinterließen auch so heiße, rote Spuren auf der Haut des anderen.

Zwischendurch lachte das Biest leise, lachte den Grimm aus, reizte ihn, forderte ihn förmlich auf noch härter zuzupacken. Und mit tiefschwarzen Augen kam sein Gegenüber dieser Aufforderung nach.

Es wäre so leicht gewesen für den Grimm den Widerstand des anderen zu brechen. Er bräuchte sich nur selber auf die Lippe zu beißen und seinem Gegenpart das Blut in den Mund tropfen zu lassen. So leicht…

Doch er wollte sein Gegenüber nicht zerstören. Nicht auf diese Weise. Nicht so endgültig, so unverzeihlich.

Diesen Fehler hatte er einmal gemacht und ihn bitter bezahlt. Er würde ihn kein zweites Mal begehen.

Nein, so leicht würde er dieses Mal seinen Trumpf nicht aus der Hand geben.

Der Grimm und das Monster in seinem Inneren kämpften ebenfalls einen stillen, aber harten Kampf. Über die erhitzte, rote Haut zog sich immer wieder ein grauer Schleier. Aber er wollte dem Monster nicht nachgeben. Dieser Kampf an zwei Fronten zermürbte ihn, doch dem anderen ging es nicht viel anders.

Wahrscheinlich war darum keiner von beiden bereit dem anderen so leicht nachzugeben. Sie kämpften nicht nur miteinander, sondern auch mit sich selber, gegen ihre eigene Natur. Keiner war bereit die Kontrolle abzugeben. Zwei Alphas im Kampf um die Vorherrschaft. Die Zähne an der Kehle des anderen. Wann hatte jeder von ihnen sich zuletzt so richtig gehen lassen können? Sie selbst sein können, ohne Rücksicht auf Verluste?

Wenn nicht bald etwas geschah, würden sich beide tatsächlich noch gegenseitig selbst zerstören. Und es vermutlich auch noch genießen.

Und dann, urplötzlich, war da dieser Moment...

Atemlos, die Gesichter nur einen Hauch voneinander entfernt, hielten beide inne. Sahen einander tief in die Augen – in die menschlichen Augen – und der Kampf war vorbei.

Am Ende hatte keiner von beiden wirklich gewonnen, aber sie lebten noch, um einen weiteren austragen zu können.

Vielleicht morgen, vielleicht erst in einem Monat, aber vielleicht auch schon in einer Stunde. Man konnte nie wissen…

In den Augen des Biestes blitzte es herausfordernd auf und die des Grimms verengten sich daraufhin warnend. ‚Denk nicht mal dran‘, schienen sie sagen zu wollen. Nach Luft ringend lehnte sich das Biest an die Wand hinter sich an und der Grimm richtete sich auf.

„Ich gehe jetzt besser“, murmelte Nick und in seiner belegten Stimme lag ein leises Bedauern. Er griff nach seinem Hemd und der Jacke, die er beide irgendwann im Laufe des ‚Kampfes‘ verloren hatte, zog sie über und verließ das Haus seines Vorgesetzten ohne ein weiteres Wort.
 

***
 

Renard hatte sich währenddessen ein weiteres Glas Scotch eingegossen und sah nun dem Mann hinterher, mit dem er eben gekämpft hatte. Erhitzt und verschwitzt nahm er sein Hemd von der Rückenlehne der Couch und schlüpfte hinein. Der Geruch des Grimm hing noch in den Fasern des Stoffes und er atmete den Duft genüsslich ein.

Der Verlauf, den ihre Begegnung genommen hatte war verdammt unerwartet gewesen, aber nicht völlig unwillkommen, stellte er erstaunt fest. Er fühlte sich gut, ausgeglichen, zufrieden gar. Und dabei war nicht mehr passiert, als dass zwei Männer (nein, nicht bloß Männer, ein Wesen und ein Grimm) miteinander gekämpft hätten. Ohne Blut zu vergießen und ohne allzu große Schäden an seinem neuen Zuhause anzurichten.

Das Biest in ihm ließ durchblicken, dass es nichts gegen eine weitere Runde einzuwenden hätte und der Mann dahinter wunderte sich, ob es je dazu kommen würde. ‚Es wäre eine gute Möglichkeit den Grimm an dich zu binden‘, flüsterte das Biest.

In der Tat, das wäre es. Aber wollte er sich auch selber so an diesen Mann binden?

Renard schenkte sich noch ein wenig von seinem Lieblingsscotch ein und ging dann langsam hinüber zur Balkontür.

Seine Stadt lag vor ihm im Dunkeln, die Straßen und Häuser hell erleuchtet. Hinter vielen dieser Fenster saßen Wesen. Wesen, die seines und Nick‘s Schutz bedurften. Gemeinsam konnten sie der Stadt Frieden und Gerechtigkeit bringen. Vielleicht sogar gegen den Willen des Wesenrates. Mit denen hatte der Royal ohnehin noch ein Hühnchen zu rupfen. Sie hatten den Fehler begangen Nick zu unterschätzen. Und auch ihn. Renard war zugetragen worden, dass sie es gewagt hatten auf seinen Grimm ein Kopfgeld auszusetzen. Er würde das nicht erlauben. Sie würden ihn nicht bekommen.

Nicht seinen Grimm

Er lächelte leise in sich hinein und trank noch einen Schluck.

Es hatte durchaus einen schönen Klang. ‚Sein Grimm…‘

Vielleicht waren Hexen- und Zauberbiester ja wirklich das Schicksal von Nick.

Er würde jedenfalls gespannt darauf warten, was die Zukunft noch alles für sie beide bereithielt.

 

- Ende -



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  hikabella
2015-03-16T09:19:41+00:00 16.03.2015 10:19
Hey, danke ^^ Freut mich wenn's gefällt :)
Kennst du denn die Serie Grimm?
LG Hika
Von: abgemeldet
2015-03-14T16:03:54+00:00 14.03.2015 17:03
Eine wirklich interessante Story. Gefällt mir und die Hexenbiester oder auch Zauberbiester haben einfach was.


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