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— eine OneShot-Sammlung
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Everything I Can't Afford


 

These inconvenient fireworks,
 

this ice cream-covered screaming hyperactive flaw
 


 

Stray Italian Greyhound; Vienna Teng
 


 


 


 


 

„Nimm die Hände aus der Hose, Kenma! Das sieht unanständig aus!“

Tante Mikako hatte die Hände in die Hüften gestützt und sah zu einhundert Prozent furchteinflössend aus. Trotzdem erntete sie kaum mehr als ein träges Blinzeln.

Kenma spürte wie ihn jemand sanft an den Unterarmen fasste — er war versucht, zusammenzuzucken, doch dann erinnerte er sich daran, dass er diese Hände kannte; besser als seine eigenen — und seine Hände aus den Seiten seines Hosenbunds zog.
 

Tante Mikako machte Kenma nervös. Sie war der einzige Mensch den er kannte, der sich noch mehr um die Meinung ihres Umfelds sorgte als er selbst. Geduld für einen Jungen wie Kenma, der sich mit Videospielen wohler fühlte als mit Menschen, davon war ziemlich wenig vorhanden. Dass er dann noch am Hemdzipfel seines besten Freundes hängen musste war für sie schon eine ziemliche Zumutung.
 

Wieso lässt du den Jungen einfach treiben, Kana?“, hatte er Mikako vor einigen Jahren seine Mutter fragen hören, direkt vor seiner Nase. Kenmas Mutter hatte in dem Moment nicht auf die Dreistigkeit der Schwester ihres Mannes zu reagieren gewusst.

Als er Tetsurou davon erzählt hatte, war sein bester Freund in eine Aufzählung von unvorteilhaften Bezeichnungen für die Frau ausgebrochen. Es hatte an der Situation nichts geändert, aber es hatte auch Kenma eine gewisse Genugtuung bereitet zu hören, dass Tetsurou sie etwa ähnlich schrecklich wie er selbst fand.
 

„Lass das, Kuroo-kun!“

Kenma zuckte unter der Rüge seiner Tante zusammen und sah betreten zu Boden, als wäre er selbst und nicht Tetsurou eben unter die Räder gekommen. Dieser stand mit geradem Rücken und herausforderndem Blick neben Kenma, die Hände immer noch um die dünnen Arme des Jüngeren geschlungen.

„Ich wollte nur helfen“, erwiderte er ruhig und stellte sicher, dass Kenma seine Tante nicht noch weiter verärgerte bevor er losliess. Dieser betrachtete weiter angestrengt seine Fussspitzen, die in ein bequemes Paar Sneakers gepackt waren, und bedauerte es, den Kontakt zu Tetsurous warmer Haut verloren zu haben.

„Die Leute werden sich sonst noch was denken“, tadelte Mikako unbeirrt weiter, so, als hätte sie ihn gar nicht erst gehört.
 

„Ich habe Kenma schon so oft darum gebeten, dass er etwas gegen diese schreckliche Angewohnheit tut, aber der Junge will ja einfach nicht hören …“ Sie seufzte und sah sich im kleinen Café um, in dem sich die drei fürs Mittagessen niedergelassen hatten. Wieso es eine gute Idee gewesen sein sollte, mit Tante Mikako ein Geburtstagsgeschenk für Kenmas Papa zu suchen, das wussten die beiden Teenager nicht.
 

Kenma wollte ihr sagen, dass er direkt vor ihr saß, dass sie kein Recht hatte, so über ihn zu urteilen, wenn sie nicht wusste, wie schrecklich es sich für ihn anfühlte, mit seinen Händen nichts anzufangen zu wissen – wie nervös ihn die Welt machte.

Dabei sollte doch eigentlich gerade sie, die sich auch so viele Gedanken um ihr Auftreten machte, es besser wissen.
 

Ein Anflug von Bitterkeit schlich sich über Tetsurous Gesicht und Kenma wusste, dass er sich gerade zurückhielt, um nicht etwas zu sagen, das sie beide in eine Bredouille bringen würde.

Kuro“, flüsterte er seinem besten Freund zu und ärgerte sich darüber, dass er nicht mutig genug dazu war, seine Hand in die eigene zu nehmen.
 

Er wollte Tetsurou dafür küssen, dass er ihn verteidigte, wenn er selbst sich nicht traute. Langsam und klar, damit er alle Dinge, die er unmöglich in Worte zu packen wusste, vermitteln konnte. Kenma wusste selten, wie er seine Gefühle ausdrücken könnte, aber das bedeutete nicht, dass er es nicht gerne anders hätte.

Aber dann würde Tante Mikako wahrscheinlich einen Herzinfarkt erleiden.
 

„Kenma!“

Ah, da war es wieder. Die Unsicherheit, die ihn zu ertränken drohte und sein einziger sofortiger Verarbeitungsmechanismus. Kenma schob die Hände zwischen die Haut seiner Hüften und den Bund seiner Jeans und presste die verschwitzten Handflächen gegen seine Oberschenkel. Seine Tante sah aus, als wäre sie kurz davor, Feuer zu speien, keinen Augenblick daran interessiert sich zu überlegen, dass ihr panisches Zischen mehr Aufmerksamkeit auf sich zog als wenn sie es einfach unkommentiert gelassen hätte.
 

„Ah, Anzai-san, es tut mir leid, aber ich habe etwas sehr wichtiges vergessen!“

Tetsurous Stimme unterbrach Mikako, bevor sie noch einen weiteren schneidenden Kommentar von sich geben konnte.

„Komm, Kenma, wir brauchen noch das Geschenk für Yaku!“
 

Kenma blieb keine Zeit, in seiner Verwirrung über den Wechsel in der Taktik, ehrlich zu sein — sie hatten Mai, während Yaku Morisuke, der Libero der schuleigenen Volleyballmannschaft erst im August achtzehn wurde — denn ihm wurde bereits förmlich seine Jacke in die Hände gedrückt.

„Bitte warten sie nicht mit dem Essen auf uns. Wir kommen so schnell wie möglich zurück!“, versprach Tetsurou mit zuckersüsser Stimme und dann wurde Kenma am Handgelenk aus dem Café gezogen.
 


 

Sie liefen zwei Strassenblöcke weit, bevor Tetsurou anhielt und Kenma mit einem müden Seufzer an seine Brust zog. Kenma spürte, wie er zunehmend rot anlief und spätestens jetzt musste er auch seine andere Hand, die immer noch zwischen Jeans und Schenkel gesteckt hatte befreien, um seinen besten Freund halbherzig von sich wegzuschieben. Tetsurou leistete trotzdem beinahe augenblicklich Folge.

„Kuro, wir sind mitten auf der Strasse“, protestierte er schwach. Das Prickeln von Tränen, die vergossen werden wollten, ließ ihn heftig blinzeln und plötzlich fiel Kenma das Atmen schrecklich schwer.
 

„Tut mir leid“, murmelte Tetsurou in Kenmas dunklen Haaransatz, bevor er einen Schritt zurück tat und dem Jüngeren ein aufmunterndes Lächeln schenkte.

„Aber sie macht mich so aggressiv, das glaubst du sicher gar nicht.“
 

Kenma antwortete nicht, aber er fühlte, wie seine Mundwinkel etwas nach oben rutschten.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ursprünglich ist dieser OneShot für ein Schreibturnier des Feder und Stift-Zirkels entstanden, betagelesen wurde er lieberweise von Norrsken — danke, Liebes! ♡
Ich lade ihn jetzt hier neu hoch, weil es mir thematisch sinnvoller erscheint.

'Everything I Can't Afford' bedeutet 'alles, was ich mir nicht leisten kann' und ist ebenfalls ein Zitat aus 'Stray Italian Greyhound', das bereits oben zitiert wird. Unter Kenmas Angewohnheit darf man sich übrigens Folgendes vorstellen. Komplett anzeigen

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