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Schicksalswege

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Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich hoffe, ihr verzeiht mir dieses Kapitel... Komplett anzeigen

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Sterben um zu leben

André wachte am nächsten Morgen auf und stellte sofort fest, dass etwas nicht stimmte: Seine Oscar war fort! Er wollte das nicht glauben, aber der leere Platz neben ihm war bereits erkaltet. Aber wie kam es dazu, dass er ihren Weggang nicht bemerkt hatte? Und warum hatte sie ihn nicht geweckt? War sie etwa mitten in der Nacht, als er noch tief und fest schlief, wie eine Katze, still und geräuschlos davongeschlichen? Wenn sie es vor kurzem, oder wenigstens beim Morgengrauen, getan hätte, dann hätte er doch alles mitbekommen und wäre zeitiger wach geworden!

 

André hatte keine Erklärung dafür, aber ihn beschlich ein dumpfes Gefühl, eine Vorahnung. Er stand auf, zog hastig seine Hose an und schaute sich noch einmal in der Wohnung um, als wolle er sich noch einmal vergewissern und auf Nummer sicher gehen - aber Oscar war nirgendwo zu sehen.

 

Laute, grollende und auffordernde Stimmen von draußen, bewogen ihn ans Fenster zu gehen. „Wir stürmen die Bastille! Auf zu Bastille!“, riefen die Menschen auf die Straßen und marschierten zu tausenden nur in eine Richtung: Die Bastille! Auch Frauen und halbwüchsige Kinder waren mit dabei. André gefror das Blut in den Adern, er war besorgt und alarmiert zu gleich. Er dachte an Oscar und mit einem Mal begriff er, warum sie ihn hier allein gelassen hatte: Sie wollte nicht, dass er im Kampf ums Leben kam! Sie selbst jedoch würde in den vordersten Reihen stehen und kämpfen - wie es sich für einen Kommandanten gehörte!

 

Nein! Wie konnte sie nur ihm das nur antun?! Das durfte er auf keinen Fall zulassen! André zog schnell seine restlichen Sachen an und eilte hinaus zu seinem Pferd. Er musste die Bastille erreichen und an Oscars Seite sein! Er würde sie beschützen und nicht zulassen, dass ihr etwas zustößt, wenn er schon nicht verhindern konnte, dass sie ohne ihn in den Kampf zog!

 

 

 

Auf seinem Pferd erreichte er die Festung schneller, trotz den strömenden Menschenmassen auf der Straßen. Er hörte den ersten Kanonendonner und trieb seinen Braunen noch heftiger an. Beißender Geruch nach Schießpulver, Blut und Schweiß vermischte sich mit lauten Stimmen und entsetzlichen Schreien, während André immer tiefer bis zur Festung vordrang. Er erreichte die hohen Mauer im Galopp und sah schon die ersten Kanonen vor sich. „Wo ist Oscar?!“, verlangte er von einem seiner Kameraden zu wissen. Dieser zeigte auf die Haupttore der Festung. Oscar stand zwischen den zentralen Kanonen und gab ihren Männern Befehle, auf die Bastille zu feuern. Alain und Léon standen ein paar Schritte von ihr entfernt und leiteten ihre Befehle weiter - von Jean war weit und breit nichts zu sehen.

 

André´s Blick schweifte zufällig auf eine der Türme und er erstarrte. Die gegnerische Besatzung sah danach aus, als wollten sie auf den Kommandanten schießen, aber durch den ununterbrochenes Feuer und das Donnern konnten sie es nicht. „Feuert die Kanonen auf die Besatzung!“, befahl André seinen Kameraden aufgebracht und wurde immer lauter: „Lasst nicht zu, dass sie Oscar töten!“ Er selbst gab seinem Pferd wieder die Sporen, aber der Braune scheute. Der ganze Donner und der Krach war dem Tier zu viel. Und die bis aufs Äußerste entschlossene Massen von Menschen, strömten nur so auf die Festung zu. André überlegte nicht lange, stieg aus dem Sattel und rannte zu Fuß. Er zwängte sich zwischen den Stürmer und Leiber so schnell er konnte hindurch. Wieder donnerten die Kanonen, wieder krachte es an den hohen Mauern der Festung und massive Steinblöcke purzelten nach unten.

 

André versuchte das Ganze nicht wahrzunehmen, obwohl ihm die Ohren dröhnten, als würde jemand darauf mit aller Macht trommeln, immer stärker wippte. Der Weg zu Oscar war nicht weit, aber ihm kam es wie eine Ewigkeit vor. Er wurde unbeabsichtigt gestoßen, stolperte, aber rappelte sich gleich wieder auf und setzte seinen Weg fort. „Oscar!“, rief er dabei lauthals, bis seine Kehle schmerzte.

 

Diese fuhr herum. „André?“ Sie war überrascht und in dem Moment traf sie eine Kugel! Sie fasste sich an der Wunde, ihr weißer Handschuh wurde vom Blut durchtränkt und sie selbst erstarrte vor Schmerz mit weit aufgerissenen Augen.

 

„Oscar!“ André rannte schneller, versuchte sie zu erreichen, sich schützend vor ihr zu werfen, aber da prasselten die nächsten Schüsse und Oscars Beine gaben nach. Sie krümmte sich und in dem Moment erreichte André sie. Er warf sich über sie, verdeckte sie schützend mit seinem Körper und ging mit ihr zu Boden.

 

„Feuert auf die Besatzung, Männer!“, bellte Alain nicht weit von ihnen entfernt und seine Kameraden befolgten das auf der Stelle. Er übernahm für sie wie selbstverständlich das Kommando und verschaffte ihnen somit Zeit, sodass keine weiteren Gewehrschüsse der gegnerischen Besatzung kamen...

 

 

 

 

 

- - -

 

 

 

 

 

 

Lange Zeit saß André neben dem Bett, auf dem seiner Oscar ruhte. Er hatte sie aus den Schusslinien fortgetragen und in Bernards Wohnung gebracht. Bernard hatte sogar einen Arzt finden können, der ihr die Kugeln gezogen, ihre Wunden versorgt und einen Verband angelegt hatte. Rosalie war auch dabei und half ihm die Wunden von Oscar zu versorgen. „Wird sie es überleben?“, fragte sie vorsichtig und mit glasigen Augen. Oscar war zu dem Zeitpunkt bewusstlos und André war noch wie benommen.

 

„Wenn sie einen starken Willen hat, dann ja“, antwortete ihr der Arzt und packte seine Utensilien ein.

 

„Oscar hat den starken Willen, sie wird leben!“, hörte André mehr zu sich selbst sagen und nahm Oscars Hand in die seine. „Ich lasse es nicht zu, dass sie stirbt!“ Als würde er darüber bestimmen können! Es lag alles ganz alleine in Gottes Hand, aber dennoch klammerte sich André an das kleine bisschen Hoffnung und an ein Wunder...

 

Die Wohnungstür ging auf und Alain trat mit überlebenden Kameraden herein - darunter auch Jean. „Die Bastille ist gefallen!“ teilte Alain den Anwesenden klar mit, aber sein Gesichtsausdruck blieb düster. „...und Léon auch“, fügte er rau hinzu: „Nachdem du unseren Oberst weg brachtest, André, wurde noch eine Salve von der Mauer der Bastille abgefeuert und Léon warf sich mitten in die Schusslinien... Ich wollte das verhindern, aber er war bereits tot, als ich ihn erreicht hatte...“

 

„Und ich war nicht dabei, obwohl ich deinem schönen Kommandanten versprochen habe auf ihn achtzugeben...“, erklärte Jean mit Gewissensbissen und einem entsetzten Gesichtsausdruck. „Ich half den Mitbürgern die Bastille zu stürmen... Aber was danach geschah, habe ich nie gewollt... Die Menschen drehen durch! Nach dem Fall der Bastille, haben sie die Köpfe der Besatzung auf Picken gesteckt und tragen sie jetzt durch die ganze Stadt! Es ist die reinste Hölle, die da draußen vor sich geht! Ich rannte weg und traf dann auf Alain... Er saß bei Léon...“ Jean verstummte mit trüben Blick auf Andrés bewusstlose Geliebte, die mehr einer Toten als einem Lebenden glich... „Wie geht es ihr?“ Die Frage blieb ihm einfach im Halse stecken. Eine schwere und bedrückende Stille umfasste augenblicklich den Raum - niemand wagte etwas zu sagen.

 

André sah Oscar an und drückte sachte ihre Hand. „Bernard...“, brach er dann belegt die Stille ab. Ein Kloß drückte in seiner Kehle, den er nicht runter schlucken konnte. Ihm kam aber ein Einfall, den er unbedingt loswerden wollte und dafür brauchte er Bernard. „Könntest du uns einen Gefallen tun?“ Er sah seinen Freund mit glasigen Augen an. Dieser nickte zustimmend und André setzte seinen Anliegen fort: „Du bist doch ein Journalist, ein Gerichtsschreiber. Könntest du überall in der Stadt und bis nach Versailles verbreiten lassen, dass Oscar bei dem Sturm auf Bastille gestorben ist? Würdest du verbreiten können, dass ihre sterbliche Überreste mit anderen Gefallenen in einem namenlosen Gemeinschaftsgrab beigesetzt sind?“

 

„Was hast du vor?“, fragte sein Freund, aber nickte wieder zustimmend. Natürlich würde er das tun!

 

„Ich werde Oscar von Paris und Versailles fortbringen...“ Ob tot oder lebendig, niemand durfte sie bekommen! André warf einen Blick Alain und Jean. „Ihr beabsichtigt doch auch zu gehen, oder?“

 

„Ja...“, bestätigte Jean. „...zu mir in den Süden. Ich will nicht mehr hier bleiben, aber ich werde aus der Ferne weiter die Revolution fortführen.“

 

„André...“, ertönte es schwach vom Bett und André sah erschrocken hin. Er zwang sich zu einem Lächeln. „Du bist also schon zu dir gekommen, Oscar...“

 

„Triffst du schon Vorkehrungen?“ Oscar ließ sich nicht beirren.

 

„Wovon redest du, Oscar?“ André rückte näher an sie heran, damit sie ihn besser sehen konnte und versuchte ihr Fröhlichkeit an Stelle von Tränen vorzutäuschen.

 

„Du planst schon meine Beisetzung vor...“ Oscar runzelte die Stirn, versuchte vor Schmerzen keine tiefen Atemzüge zu machen und sah nur ihren Geliebten fragend an. „...verschweige mir nichts, ich hab alles mitangehört.“

 

„Nein, Oscar, du hast es falsch verstanden...“ Mit einer Hand strich André ihr über die Wange, in der anderen hielt er ihre Hand und drückte etwas fester ihre Finger. „Du wirst nicht sterben, Oscar, nicht für mich... Du wirst bei mir sein... als meine Frau...“ Seine Stimme wurde immer belegter: „Natürlich, wenn du nichts dagegen hast...“

 

„Wenn es so ist, dann ist es gut...“ Oscar lächelte matt und musste husten. Als Rosalie ihr sofort das Wasser reichen wollte, lehnte sie ab. „Es geht schon...“, röchelte sie, als der Husten aufhörte. „Ich will deine Frau werden, André...“, sprach sie weiter, als wären sie beide unter sich und erwiderte den Druck seiner Hand mit all ihren letzten Kräften. „Mit dir zu leben und barfuß durch die sanfte Wiesen Wettrennen... An der Küste zum Meer und dem Wind der Freiheit entgegen...“

 

„Das werden wir, Oscar, das verspreche ich dir...“ André mühte sich krampfhaft, seine Tränen zu unterdrücken und so ruhig wie möglich mit ihr zu sprechen. Seine Geliebte sollte glauben, dass alles in Ordnung sein würde und nichts davon merken, wie sein Herz und seine Seele in tausende Stücke zerbrachen.

 

Oscars Stimme wurde immer schwächer, aber ihr kaum merkliches Lächeln und glänzende Augen blieben dennoch weiter bestehen. „Wenn ich sterbe, dann werde ich Wind sein und für dich unter deinem Dach singen...“

 

„Wovon sprichst du?“ André drückte ihren Handrücken an seiner Wange und küsste sie. Wie konnte sie nur so etwas sagen?! „Sag nicht so etwas...“ Er hielt inne, gab es auf seine Träne zu unterdrücken und ließ ihnen freien Lauf. „Du kannst doch gar nicht singen!“, startete er den letzten Versuch, die schwindende Hoffnung bei sich zu behalten...

 

„Du hast Recht, ich kann nicht singen...“ Oscars Hand wurde immer feuchter von seinen Tränen und auch ihr selbst lief die verräterische Nässe die Wangen herab. „Ich möchte sterben, um nur für dich weiter zu leben...“ Sie schloss ihre Augen und nahm einen tiefen Atemzug. Ihr Brustkorb hob sich und sie atmete aus. Dann lag sie still und brachte keinen Ton mehr von sich raus.

 

„Oscar...“

 

Es schien als wäre sie eingeschlafen.

 

„Oscar?“

 

Es gab keine Reaktion von ihr.

 

„Oscar!!!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  haruko1
2016-04-01T05:25:00+00:00 01.04.2016 07:25
Ich hoffe, Oscar ist nicht tot, nur Schwrrzenschlafen. Es ware trauring, wenn Andre under Oscar zusammen nicht win neues Lieben!!.
Antwort von:  Saph_ira
01.04.2016 16:14
Dankeschön für dein Kommentar. :-) Ich hoffe auch, dass Oscar überleben wird, aber im nächsten Kapitel wird sich alles aufklären und ich bin gespannt, ob und wie das Ende gefallen wird. :-)
Von:  YngvartheViking86
2016-03-30T19:42:47+00:00 30.03.2016 21:42
:O :O
Oha :(
Antwort von:  Saph_ira
31.03.2016 19:59
Das tut mir leid...
Von:  Soraya83
2016-03-30T18:52:13+00:00 30.03.2016 20:52
T.T ich hoffe sie ist nur bewusstlos und nicht wirklich tot.... *snief*
Antwort von:  Saph_ira
31.03.2016 19:58
Das wäre schön... *schnief*
Antwort von:  Soraya83
31.03.2016 20:20
NEIN NEIN NEIN NEIN..... deine Ffs haben doch immer ein Happyend... das kannst du nicht mache X'O
Antwort von:  Saph_ira
31.03.2016 20:28
Doch das kann ich, auch wenn es mir leidtut... Es gibt immer ein erstes Mal... Aber eins darf man dabei auch nicht vergessen: Es gibt immer Hoffnung und die stirbt bekanntlich immer zu letzt. ;-)
Antwort von:  Soraya83
31.03.2016 20:48
André begibt Selbstmord.. Boom ende.... T____T *snief*
Antwort von:  Saph_ira
31.03.2016 20:55
Selbstmord war eigentlich eine Todsünde, aber mal sehen was wird...
Antwort von:  Soraya83
31.03.2016 21:29
Ach das ist ihm doch dann egal... ohne seine Oscar will er auch nicht mehr leben... hat doch alles keinen Sinn mehr ohne sie an seiner Seite... :C
Antwort von:  Saph_ira
31.03.2016 21:37
Das stimmt allerdings, ihn ohne seiner Oscar vorzustellen ist ziemlich schwierig bis zu gar unmöglich... Morgen lade ich das letzte Kapitel hoch und dann wird sich zeigen, was aus ihm geworden ist. :-)


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