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Er liebt mich, er liebt mich nicht

[Secret Love]
von

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»Du bist in die A-Klasse gekommen? Glückwunsch! Hab doch gesagt, dass jeder seine Stärken hat. Deine sind eben eher im Köpfchen.«

Yuuki Ishida war bereits lange vor Takeda zurück in Zimmer 102 gewesen. Er hatte die letzte Doppelstunde abgehängt. Kunst sei nicht sein Ding, hatte er gesagt.

»Ich glaube, du hast mir nicht richtig zugehört, Ishida. Die haben einen Fehler gemacht.«

»Na klar. Und wie soll das deiner Meinung nach passiert sein? Hat sich zufällig noch jemand mit dem Namen Aki Takeda an der Seikô beworben und sie haben eure Adressen vertauscht?«

Ishidas Gesichtsausdruck war deutlich anzusehen, dass er das für mehr als unwahrscheinlich hielt.

»Ja, wieso nicht?«, gab Takeda trotzig zurück und verschränkte vor der Brust.

»Hör mal, die haben keinen Fehler gemacht. Wieso versuchst du dir das einzureden? Du bist im Moment ganz schön mies drauf.«

Blitzmerker, fuhr es Takeda durch den Kopf. Laut sagte er: »Kann man so nicht sagen.«

»So genau will ich's auch gar nicht wissen«, räumte Ishida ein, den Blick der Decke zugewandt. »Aber sag mal, musst du nicht zum Training?«

Takeda warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Der große Zeiger wies auf die Fünf, der kleine auf die Vier.

»Ach du Scheiße«, entfuhr es ihm. Hastig sprang er auf und riss seine Kendô-Ausrüstung aus dem Wandschrank neben dem Bett.

»Los, Takeda, ich will dich rennen sehen!«, feixte Ishida.

Sein Lachen hallte Takeda noch in den Ohren nach, als er aus dem Zimmer schoss, die Treppe mehr hinab flog, als dass er rannte und in Richtung der Sporthalle davon setzte.

Endlich, völlig außer Atem, erreichte Takeda die Umkleidekabinen, doch sie waren leer. Die anderen Schüler mussten bereits mit dem Training angefangen haben.

»Scheiße«, murmelte Takeda erneut, während er sich mühte, die ungewohnte Kendô-Uniform anzulegen. Sein erster Tag im Club und er kam gleich mehr als nur ein bisschen zu spät.

Als er endlich in die Sporthalle stürzte, zeigte die große Wanduhr bereits viertel nach Vier an und das Training war längst in vollem Gange. Er konnte Kuroi ausmachen, der in der Mitte der Halle stand, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, seine Schüler beobachtend. Es dauerte keine zwei Herzschläge, bis er Takedas Anwesenheit bemerkte.

»Wo bleibst du denn, Junge?«, dröhnte seine harte Stimme durch die Halle und Takeda nahm die Beine in die Hand, um kurze Zeit später schlitternd vor Kuroi zum Stehen zu kommen.

»Und wie siehst du überhaupt aus?«, fuhr Kuroi im selben Tonfall fort. Sein linker Mundwinkel allerdings zuckte, als müsste er sich ein Lachen verkneifen.

Takeda sah an sich hinab und musste einen Fluch unterdrücken. In seiner Eile hatte er sich den Kendō-Gi, das dunkelblaue Oberteil der Kendô-Uniform, falsch herum gebunden. Nach dem Brauch der buddhistischen Beerdigungen war er also gerade gestorben. Dieser Tag wurde einfach immer besser.

»Ich geh mich umziehen«, murmelte Takeda schließlich und wollte sich gerade der Tür zuwenden, als er Kurois schwere Hand auf seiner Schulter spürte.

»Lass gut sein, sonst verpasst du den Rest des Trainings ja auch noch.«

Einen Moment lang suchte Kurois Blick die Halle ab, vielleicht auf der Suche nach einem Trainingspartner für Takeda. Dabei hätte er bereits wissen müssen, dass niemand übrig geblieben war.

Während Takeda Kurois Blick folgte, musste er überrascht feststellen, dass viele der Clubmitglieder Mittelschüler zu sein schienen. Es lohnte sich wohl nicht, einen eigenen Kendô-Club nur für die Oberschüler der Seikô Gakuen einzurichten.

»Na gut«, sagte Kuroi schließlich und rieb sich mit dem Finger über eine der buschigen Augenbrauen. »Am besten zeige ich dir erstmal ein paar Grundlagen. Außer dir haben wir dieses Jahr keine Neuanfänger bekommen. Sonst gibt es zum Jahresanfang immer ein paar Extrastunden, aber so lohnt sich das nicht. Mach mir einfach alles nach.«

Kuroi erhob sein Bambusschwert und begab sich in Ausgangsposition. Takeda gab sich alle Mühe, es ihm gleich zu tun und es schien ihm auch erstaunlich gut zu gelingen. Jedenfalls nickte Kuroi knapp, korrigierte Takedas Beinstellung nur leicht.

Es fühlte sich gut an, sich wieder voll und ganz auf etwas konzentrieren zu müssen. Takeda konnte sich nicht erklären, wieso ihm während des Trainings so leicht ums Herz war, bis er feststellte, dass er die ganze Zeit über nicht eine Sekunde lang an Hirakawa gedacht hatte. Und das, obwohl er hier irgendwo in diesem Raum sein musste, womöglich ganz in seiner Nähe.

Kuroi zeigte Takeda noch einige weitere Stellungen, ehe er seine Stimme erneut durch die Halle donnern ließ und alle Schüler mit seiner üblichen Floskel verabschiedete: »Das reicht für heute! Ihr ward gut, geht euch fertig machen!«

Die Schüler verbeugten sich voreinander und Takeda tat es ihnen gleich.

Ein leises, beinahe heimliches Lächeln umspielte Kurois Mundwinkel und er klopfte Takeda zum Abschied auf die Schulter: »Aus dir wird noch mal was, Junge.«

Von diesem Lob beflügelt machte sich Takeda auf den Weg in Richtung der Waschräume. Er war beinahe dort angelangt, als eine kühle, schneidende Stimme ihn zurückrief: »Hey, Takeda.«

Plötzlich fühlte er sich wie ein Vogel, der gegen eine Scheibe geflogen war. Er musste sich nicht erst umdrehen, um zu wissen, dass diese Stimme Hirakawa gehörte. Verdammt noch mal, was wollte dieser Kerl jetzt bloß von ihm?

»Wir sollten einige mögliche Aktionen für das Sommerfest durchsprechen«, fuhr Hirakawa fort, als sei es das natürlichste der Welt.

»Wieso wir?«, wollte Takeda mit zusammengebissenen Zähnen wissen und rang sich nun doch dazu durch, sich zu Hirakawa umzudrehen. Wenn das eine Entschuldigung für sein indiskutables Verhalten neulich vor der Bibliothek sein sollte, dann war sie wirklich mehr als erbärmlich.

»Du bist der stellvertretende Klassensprecher, oder nicht?«

Das klang so beiläufig, dass Takeda kaum glauben konnte, dass es Hirakawa gewesen war, der ihn überhaupt erst in diese missliche Lage gebracht hatte. Wut stieg in Takedas Brust auf. Was war das für ein perfides Spiel, auf das er sich eingelassen hatte?

»Schön, reden wir also über das Sommerfest«, brachte Takeda hervor und war selbst überrascht, wie ruhig seine Stimme klang. Ruhig und beinahe ein bisschen bedrohlich.

»Natürlich nicht jetzt«, gab Hirakawa zurück, die linke Augenbraue leicht angehoben. »Komm Freitag nach dem Training im Wohnheim zu mir aufs Zimmer.«

Und damit wandte sich Hirakawa ab, ohne auch nur eine Antwort abzuwarten.

Takeda war so perplex, dass er völlig vergaß, nach der Zimmernummer zu fragen.



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