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Aus dem Leben eines Meisters der Dunkelheit

Oder: Piedmons Alltagsprobleme [Trailer online]
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Mir ist gestern Abend spontan eine Idee für ein weiteres Kapitel eingefallen, das heute dann Form angenommen hat. Es würde ja auch zum Valentinstag passen, aber bis dahin dauert es mir zu lange^^ Viel Spaß mit einem eeeetwas Out-of-Character-Piedmon! Komplett anzeigen

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Der Tag, an dem Piedmon sich entgegen aller Widrigkeiten und Wahrscheinlichkeiten zum ersten Mal verliebte

Wie ja allseits bekannt ist, wirken sich diverse Ereignisse und Erscheinungen der DigiWelt auch auf die Menschenwelt aus. Es ist also wenig verwunderlich, wenn ab und zu einmal das Umgekehrte passiert. So ergab es sich, dass es in der Menschenwelt einmal einen gewaltigen Sonnensturm gab, der auf der Erde fröhlich die Polarlichter flackern ließ und etliche technische Geräte kurzzeitig außer Gefecht setzte. Diese Störung – wenn man es nun überhaupt so nennen will – wirkte sich auch auf die DigiWelt aus und sorgte für allerlei merkwürdige Empfindungen. Genauer gesagt, die DigiWelt fiel in einen DigiWelt-weiten Liebestaumel.

Auch Piedmon, seines Zeichens noch nicht ganz der gefürchtete Tyrann, der es einst sein würde, blieb davon nicht verschont. Man darf sich das nicht so vorstellen, dass das tätowierte Herz auf seiner Stirn plötzlich zu glühen und zu pulsieren begann oder dass Piedmon anfing, mit Rosen um sich zu werfen und anderen Digimon reihenweise die Hand – oder etwas anderes – zu küssen. Die Veränderung offenbarte sich bei ihm viel subtiler, man könnte sagen, schleichend. Zu jener Zeit waren die Meister der Dunkelheit in den Vorbereitungen ihres Eroberungsfeldzugs – was übrigens eine viel anstrengendere Sache als der Feldzug selbst war – und mussten im Vorfeld einige Digimon aus verschiedensten Gründen töten, sei es, weil sie ihren Plänen im Weg standen, weil sie sich gut für eine Demonstration ihrer Stärke eigneten, weil die Meister der Dunkelheit damit die Moral andere Digimon zu brechen hofften oder weil ihnen schlicht und ergreifend langweilig war, weil sie schon länger niemanden mehr abgemurkst hatten (Letzteres traf vor allem auf Puppetmon zu, das gern genau diese Wortwahl verwendete).

Piedmon hatte an diesem Tag also schon mehr als genug Digimon mit weiblichen Merkmalen getroffen, einige davon zweifellos selbst für die Maßstäbe der Menschen ganz hübsch, und hatte sie genauso plattgemacht, wie es ein Sukamon plattmachen würde (und später, wie wir uns erinnern, auch tat). Aber dann, gerade als es am wenigsten damit rechnete, geschah es, und zwar als es unverhofft nach getaner Arbeit in einem Fastfood-Lokal der DigiWelt (ja, auch Meister der Dunkelheit müssen etwas essen, und in einer hektischen Zeit hat man eben oft keine Zeit, sich in Restaurants bedienen zu lassen oder gar selbst zu kochen. Selbstredend wurde auch erwähntes Fastfood-Lokal von einem Digitamamon geleitet) ein Rosemon traf.

Für Piedmon war es eine himmlische Begegnung – oder was auch immer das dunkelheitische Äquivalent für diesen Ausdruck war. Rosemon war genau die Mischung aus reifer Frau und Haudraufmaschine, gepaart mit einem betörenden Rosenduft – den Piedmon wohlgemerkt nur an jenem sonnensturmgeplagten Tag ausstehen konnte – und verführerischen weiblichen Rundungen, um in Piedmon dieses Gefühl zu wecken, das der Mensch als Liebe bezeichnen würde, von dem Piedmon im ersten Moment allerdings glaubte, irgendetwas oder jemand hätte eine gefährliche Attacke auf es geworfen. Außerdem sah Rosemon in seinen roten Klamotten – die übrigens aus verwobenen Rosenblütenblattfasern bestanden, aber das nur nebenbei – gerade so nuttig aus, dass es jemanden wie Piedmon damit beeindrucken konnte.

Um ganz sicherzugehen, dass es sich nicht doch um einen perfiden Angriff handelte, verwandelte Piedmon die Hälfte aller Kunden in Datenreste, während die andere Hälfte schreiend davonlief. Das Gefühl blieb. Und nun beschloss Piedmon, es näher kennenzulernen.

Rosemon war im Lokal geblieben und lächelte Piedmon an. „Darf es noch eine Gratis-Apfeltasche dazu sein?“, war das Erste, das es zu seinem neuen Verehrer sagte. Ja, ihr habt richtig gelesen: Rosemon arbeitete für das Digitamamon hinter dem Tresen seines Fastfood-Lokals und war heute mit der Essenausgabe betraut.

Um diesen für ein Megalevel-Digimon etwas zweifelhaften Job etwas näher zu erklären: Rosemon stammte aus einer überaus armen Pflanzendigimon-Familie. Das Dorf, aus dem es kam, lebte quasi nur von Wasser und Sonnenlicht. Rosemon selbst war in dieser Hinsicht viel ambitionierter und wollte es unbedingt zu etwas Großem bringen. Darum – und weil es so herzensgut war, nicht einfach die neunzig Prozent der Digimon in der DigiWelt, die schwächer waren als es selbst, zu verprügeln –, nahm es jeden Gelegenheitsjob wahr, den es kriegen konnte, um sich seinen großen Traum zu erfüllen: eine eigene Gärtnerei aufzumachen, mit exotischen Pflanzen, vielen, vielen Rosen und einem wunderbaren, fröhlich plätschernden Springbrunnen in der Mitte, in dem verspielte Baby-Digimon nach Lust und Laune planschen konnten. Digitamamon ließ Rosemon natürlich trotz dieses schönen Traumes für einen Hungerlohn schuften. Das Geschäftsleben ist schließlich kein Honigschlecken, wie die eiförmigen Digimon stets sagen.

Und um zu erklären, warum Rosemon überhaupt nicht misstrauisch oder verärgert war, weil Piedmon eben seine halbe Kundschaft abgeschlachtet hatte: Man rufe sich ein Bild von Rosemon vor Augen und erkenne, dass diese Digimon offenbar keine Augen haben – oder sie unter der Blütenkrone verstecken. Tatsächlich ist Letzteres der Fall, und alles, was Rosemon sehen, erscheint ihnen quasi durch die Blume, durch ihre ureigene rosa Brille. Und irgendwie scheinen die Blütenblätter einen Stoff zu beinhalten, der visuelle Signale (in der DigiWelt auch nur Daten, wie alles andere) filtert, die ihren Besitzer verstören oder verärgern oder sonstwie negativ beeinflussen könnten. Wie das genau funktioniert, darüber streiten sich die Wissenschaftler noch; fest steht, dass Rosemon im Allgemeinen ihr ganzes Leben hindurch gut drauf sind, aber auch keinen Blick für jegliches Elend in der DigiWelt haben.

Piedmon wiederum war von den Worten seiner Flamme betört. Noch nie hatte ihm ein anders Digimon etwas schenken wollen – zumindest nicht unter Drohungen. Es nahm überglücklich die Apfeltasche und berührte dabei die blütenzarten Finger von Rosemon … In Piedmons Kopf, wo üblicherweise nur wenig Platz für sensibles Getue war, entfaltete sich eine traumhafte Szene. Es fühlte sich, als stünden sie beide, Piedmon und Rosemon, auf einer Blumenwiese, Blütenblätter wehten wie ein Sturm aus Rosa und Rot um sie herum, Glockenklang hallte sanft aus dem Nichts und um sie herum tanzte im Kreis ein Chor aus Lucemon und sang mit klaren Kinderstimmen von der Schönheit des Lebens (selbstverständlich stellte sich Piedmon hier die Kinderform von Lucemon vor. Immerhin war das das einzige Digimon, das einem Unschuldsengel – ironischerweise – am nächsten kam).

Auch Rosemon war von Piedmon angetan – wenn nicht sogar fasziniert. Die Blütenblätter vor seinen Augen zensierten das bösartige Digimon nämlich zur Gänze, wodurch es für Rosemon praktisch unsichtbar war – der Sonnensturm ließ aber auch Rosemons Sinne schwirren und sagten ihm eindeutig, dass an dieser Stelle ein Digimon stand, zu dem es sich nur hingezogen fühlen konnte.

Piedmon hielt sanft die Rosenhand fest und setzte einen Kuss aus seinen blutroten, vollen Lippen darauf. „Würdest du mir nach dem Essen erlauben, dich auszuführen? Wir könnten unschuldige Digimon vernichten und ein bisschen was zerstören. Ich stelle mir das in deiner Gegenwart unvorstellbar romantisch vor.“ Man kann unschwer erkennen, dass Piedmon, wenn es wollte, sehr galant sein konnte, auf der anderen Seite wenig Erfahrung damit hatte, sich romantische Ideen für ein Date einfallen zu lassen.

Nichtsdestotrotz antwortete Rosemon, geradezu aphrodisiert von dem Digimon, für das sein Herz entbrannt war, mit „Ich will!“, und die beiden liefen Hand in Hand – tatsächlich, und das während Rosemons Schicht! – aus dem Lokal und über die nächstbeste Blumenwiese.

Den Rest des Tages verbrachten sie in trauter Zweisamkeit. Es wurde gar nicht so viel gemordet und zerstört, wie Piedmon vorgehabt hatte, stattdessen pflückten sie Blumen, erzählten sich Witze und lachten gemeinsam, legten einander ihre großen Ziele dar – wobei Piedmons nachvollziehbarerweise sogar ein Stück größer waren als Rosemons – und schworen sich zu heiraten, sobald sie sie erreicht hatten. Sie würden gemeinsam durchbrennen, die anderen Meister der Dunkelheit vom Spiralberg werfen (der zu jener Zeit schon geplant war) und dort alleine wie die Könige hausen. Piedmon fühlte sich an diesem Nachmittag jünger, als Puppetmon sich an gewöhnlichen Tagen gab. In fester Überzeugung, dieses Gefühl würde ewig anhalten, ließ es in der DigiWelt das Valentinsjahr ausrufen und beauftragte ein paar Gotsumon – natürlich unter Morddrohung –, mit ihren steinernen Körpern ein Kunstwerk zu schaffen, das Rosemon und Piedmon in inniger Umarmung zeigte (das war übrigens das erste Mal, dass Rosemon sah, wie Piedmon aussah).

Als die Sonne den Rand der Welt küsste und sie mit einer Flut aus Ocker und Gold überschwemmte, saßen die beiden auf einem Hügel und Rosemon begann plötzlich zu weinen (was übrigens sehr seltsam aussieht, wenn man bedenkt, dass Rosemons Augen quasi innen sind). Es meinte, dass es alle Verbindungen zu seiner Vergangenheit trennen müsste, um mit Piedmon zusammen sein zu können, und das wäre schwieriger als gedacht. Erstens würde sein Chef Digitamamon sauer sein und es feuern. Zweitens wäre es außerdem schon jemand anderem versprochen. Rosemons Vater – hier bezog es sich eher auf eine Art Vormund; wie bekannt ist, schlüpfen Digimon ja elternlos aus Eiern – hatte es mit einem reichen Monzaemon verkuppelt. Da Rosemons Heimatdorf wie erwähnt sehr arm war und Monzaemon reich, war es eine passende Partie für eine arrangierte Hochzeit, die sich die Pflanzendigimon aus der Menschenwelt abgeguckt hatten.

Piedmon, seines Zeichens Mann der Tat, zauderte nicht lange und löste das Problem, wie ein Meister der Dunkelheit eben Probleme löst. Mit einem Aufgebot seiner Vilemon-Handlanger stürmte es das Fastfood-Lokal und danach die Villa von Monzaemon, und fortan hatte nie wieder jemand etwas von Digitamamon, Monzaemon oder dessen ganzer Dienerschaft gehört.

Aus Piedmon und Rosemon wurde übrigens trotzdem nichts. Die Auswirkungen des Sonnensturms verebbten und das Leben ging wieder seinen gewohnten Gang. Piedmon stand gerade in den Überresten von Monzaemons Villa, als ihm der Gedanke kam, dass es irgendetwas vergessen haben könnte. Es schob den Gedanken mit einem Achselzucken von sich – immerhin stand es hier in auf einem verwüsteten Schlachtfeld, also war dies ein Tag wie jeder andere in der Zeit der Weltherrschaftsvorbereitung. Um ganz sicherzugehen, zerstörte es noch den ganzen angrenzenden Landstrich und kehrte dann zu seinen Mitmeistern der Dunkelheit zurück.

Was Rosemon anging, so erlitt es keine Verdrängung wie sein Geliebter-Für-Einen-Tag, sondern saß lange Zeit hinter dem Tresen eines zerstörten Fastfood-Lokals und träumte von dem Moment, in dem sein Liebster zurückkehren würde, nachdem er versprochen hatte, sich um all die Probleme zu kümmern, die ihnen im Weg standen. Irgendwann wurde es Rosemon aber trotzdem zu blöd und es zog in einen anderen Teil der DigiWelt. Was aus ihm wurde, ist jedoch unbekannt.

An diese kurze Episode erinnert heute nichts mehr – allerdings gibt es ein Gerücht, dass irgendwo, in den Tiefen der DigiWelt, eine immer noch ängstliche Skulptur aus Gotsumon, die zwei gewisse sich liebende Megalevel-Digimon bilden, vor sich hin zittert; selbst heute noch.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  EL-CK
2015-11-19T15:23:50+00:00 19.11.2015 16:23
Geniales Kapitel.....ich stell' mir gerade die armen Gotsumon vor - vermutlichen sind das die letzten Digimon die sich an dieses Ereigniss erinnern können... omg wir müssen sie unter Schutz stellen XD
Antwort von:  UrrSharrador
19.11.2015 17:06
Unter Denkmalschutz, ja XD
danke für deinen Kommi mal wieder :)
Von:  fahnm
2015-11-19T00:54:27+00:00 19.11.2015 01:54
Hammer Kapitel
Mach weiter so
Antwort von:  UrrSharrador
19.11.2015 17:06
danke für deinen Kommi^^


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