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Von der Bedeutung Glorfindels für Mittelerde

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Von dem Rat Glorfindels

„So kommt also der Tag.“

Leise klangen die Worte in der kühlen Abendluft, neben den nächtlichen Geräuschen der See und dem Rauschen der großen Bäume, die ihre Zweige der mit Lampen beleuchteten Bucht entgegen streckten.

Tausendfach glitzerten die Lichter auf dem dunklen Wasser und schön wie immerwar Mithlond in der beginnenden Nacht.

Es waren die ersten Worte, die Círdan sprach, seit er sich zu Glofrindel gesellt hatte und mit ihm gemeinsam dem Schiff entgegen sah, das im Anbruch der Nacht, in den Hafen einfuhr.

Kristallenen Laternen, wie sie die Teleri in Alqualonde herstellten, erhellten es, und Segel und Bug glänzten in einem matten weißen Schimmer gegen das dunkle Wasser.
 

„Ich kenne dich nicht als jemanden, dem die Worte unüberlegt von den Lippen gehen, Círdan. Starrst du nicht in die Dunkelheit hinaus? Siehst du nicht die aufgehenden Sterne und all die hüpfenden Lichter auf den Wellen?“, fragte Glorfindel, ohne seinen Blick von dem einlaufenden Schiff abzuwenden. Ein sanfter Ton gutmütigen Spottes färbte seine Stimme fröhlich und Círdan sah zu ihm hinüber. Lächelnd, die Arme hinter dem Rücken verschränkt, das blonde Haar wie ein Schleier aus geschmolzenem Gold auf den Schultern stand er da.

„Ich nehme an, das ist deine Art mich zu rügen dafür dass kein Tag, sondern die Nacht heran bricht, Meister der Rede. Mir war nicht klar, dass auch die Kunst des Ausdrucks zu deinen Talenten gehört“, entgegnete Círdan mit der ihm so eigenen kraftvollen Stimme.

„Oder wäre dein Talent eher das des Zuhörens?“, fragte er fortfahrend.

Glorfindel lachte leise und klangvoll.
 

„Woher wusstest du, dass es heute sein würde?“, richtete er die nächste Frage an ihn.

Glorfindel antwortete nicht gleich.

„Die Luft ist klar und würzig heute. Ein weiter Weg liegt hinter ihr.“

Círdan sah zu ihm hinüber. Mit geschlossenen Augen, die Nüstern weit geöffnet, als könne er so mehr von der gepriesenen Luft atmen, stand er nun an der mit großen weißen Steinen gepflasterten Mauer, unter der, nur einen Schritt entfernt, das ausgewaschene Ufer steil nach unten ging.

Círdan seufzte.

„Gut, behalte deine Geheimnisse“, sagte er nachgebend.
 

Eine Hand legte sich auf seine rechte Schulter.

„Mehr als jedem anderen war mir erlaubt dir zu erzählen. Sei mir nicht gram. Es liegt nicht in meiner Hand.“

Círdan erwiderte die Geste.

„Und oft genug verfluchte ich mehr zu wissen als alle anderen. Es gibt nichts zu grämen, mein Freund.“
 

Sie tauschten einen Blick des Verständnisses, wie es nur ohne Worte auszudrücken ist und für jeden der sie so dort hätte stehen sehen, mussten sie aussehen wie zu der Zeit, als die Elben noch jung waren und in den segenreichen Landen unter den Lichtern der zwei Bäume wandelten.

Innerliches Strahlen umgab sich und ließ die Luft um sie geräuschlos flimmern, sodass sie wie in einen undeutlichen Schleier gehüllt dazustehen schienen. Und selbst das Meer unter ihnen vergaß für einen Augenblick seine Wellen übermütig an der Mauer zu brechen.

Círdan war der erste der sich rührte. „Und nun wollen wir den Weg beschreiten, der für uns vorgesehen ist.“ Er löste seine Berührung und wandte sich ab, um dem Landungssteg hin zulaufen, an dem das Schiff anlegte.

Glorfindel folgte ihm.
 

Als sie den breiten, steinernen Steg hinab kamen, war der Ankömmling bereits in Empfang genommen worden. Galdor neigte den Kopf vor einer grau gekleideten Gestalt, die ruhig, aber von geschäftiger Energie durchflutet dastand.

Grau waren Haar und Bart und in der Hand hielt er einen hölzernen hohen Stab.

Klare Augen blitzten hell und verstehend unter buschigen Augenbrauen hervor und in seinen Zügen sah man Güte und Scharfsinn, und von Kraft und Ungeduld sprach der Schwung von Kinn und Nase.

„Olórin“, rief Glorfindel aus und breitete die Arme aus.

„Du klingst überrascht, Zurückgekehrter“, antwortete dieser, wandte sich ihm und Círdan zu und lächelte. „Gen gellon nin ceni“, sagte er mit tiefer ruhiger Stimme und einem gütigen Blick in den Augen.

Glorfindel trat auf ihn zu und legte ihm beide Hände auf die Schultern.

„Nur die Länge deines Bartes überrascht mich“, sagte er und erwiderte das Lächeln. „Gen suilon. Lange scheint es, dass wir gemeinsam Niennas Liedern lauschten und aus Estes Brunnen tranken. Dein Kommen ist hier lange erwartet.“ Glorfindel nahm die Hände von Olórins Schultern und deutete ihm den Weg hinauf zu den Häusern.
 

Und Olórin sah Círdan an und begrüßte ihn höflich und freundlich und Círdan hieß ihn nach der Art dieses Ortes willkommen in Mittelerde.
 

Gemeinsam speisten sie in der hell erleuchteten Halle von Círdans Haus und bei ihnen saßen die meisten Edlen und Unedlen, die in den Anfurten lebten, oder dort zu Gast waren. Die Versammlung kam nicht heran an die derselben Art, wie sie in Bruchtal stattfanden, wo in diesen Jahren das einzige große Elbenhaus jenseits der See lag. Aber näher war man hier an Aman und die Nachtluft, die durch die Fenster herein ging und die langen Bahnen aus weißem Tuch sanft wiegen ließ, sprach von dem entrückten Segensreich.
 

Glorfindel sprach mit Olórin und neben ihm saß Círdan, der auch mit ihm sprach. Viel erzählten sie ihm über Mittelerde und seine Landstriche. Viel wusste Olórin und Unsicherheit schien ihn zu erfüllen, in diesem fremden Land zu reisen. Wieso jedoch sagte er nicht und sie fragten ihn nicht. Fröhlich und leicht blieb ihr Gespräch, denn für ernstere Worte würden sie später noch Zeit finden. Für diese Halle und die Ohren in ihr, waren sie nicht bestimmt.
 

Olórin blieb eine Weile in Mithlond und er ging nach Norden und Süden jenseits des Lhûn, um Forlindon und Harlindon und deren Wälder am Fuße der Ered Luin zu besuchen. Er sprach mit den Elben dort, auch wenn es nicht mehr viele waren die dort lebten. Auf die Berge stieg er jedoch nicht und immer kam er nach einigen Tagen zurück. Er schien zögerlich, weiter nach Osten zu gehen und selbst zu den Turmbergen war er noch nicht gewandert.
 

Oft sprach er mit Círdan und besah sich seine Karten und Bücher. Noch öfter aber sprach er mit Glorfindel, doch niemals führten ihre Worte sie über das Land hinaus, aus dem sie beide gekommen waren um in Mittelerde zu leben.
 

Irgendwann jedoch war es an der Zeit für Olórin Mithlond zu verlassen und dem Auftrag entgegen zuziehen, der ihm aufgegeben worden war. Nur Círdan wusste von seinem Auftrag, denn auch nur dieser kannte seine wahre Herkunft. Vor niemand anderem war es Olórin erlaubt seine Macht zu offenbaren. Und nach den Worten, die Círdan einst von Glorfindel bei dessen Ankunft als Botschaft des Einen selbst erhalten hatte, gab er ihm den Ring, den er von Gil-galad empfangen hatte.

„Nimm nun diesen Ring“, sagte er, als er ihm den goldenen Ring mit dem roten Stein übergab, denn tiefer als die meisten in Mittelerde vermochte Círdan zu sehen. „Denn schwer werden deine Mühen und Sorgen sein, er aber wird dir in allem helfen und dich vor dem Verzagen behüten. Denn dies ist der Ring des Feuers, und vielleicht wirst du mit ihm die Herzen wieder zur alten Kühnheit entflammen, in einer Welt, die kalt wird. Was aber mich angeht, so ist mein Herz bei der See, und ich will am grauen Gestade bleiben und die Anfurten bewachen, bis das letzte Schiff fährt. Dann werde ich hier auf dich warten."
 

Und der graue Bote nahm ihn und verbarg den Ring und nur die Träger der anderen zwei großen Ringe wussten davon. Nur der weiße Bote, der vor ihm, aber nach den zwei Blauen gekommen war, erfuhr noch davon. Denn groß war dessen Macht und fähig war er, schnell große Geheimnisse zu enthüllen und er nahm es übel, den Ring nicht selbst erhalten zu haben.
 

Lange stand Olórin auf dem säulenumringten Hof, der über die hohe Landzunge gezogen, nur vom Sternenlicht beschienen da lag.

So fand in Glorfindel, dem es verlangte mit ihm zu sprechen.

Doch als er zu ihm kam und ihm Gesellschaft leistete, gab es eine Zeit lang keine Worte zwischen ihnen.

Schließlich jedoch sprach er.

„Du fürchtest dich, Olórin. Das betrübt mich, denn nicht genau weiß ich wieso, auch wenn ich eine Vermutung habe.“

Da seufzte Olórin und neigte den Kopf und schwer lag eine Last auf seinen Schultern.

„Ja, ich fürchte mich“, bejahte er Glorfindels Worte. „Nicht vor Mittelerde fürchte ich mich, sondern vor dem was in ihm wohnt und das zu vertreiben mir aufgetragen wurde. Doch das weißt du, denn du weißt wer ich bin und kanntest mich, als ich noch in Lórien weilte und von dort aus durch Aman wanderte.“
 

Nicht sofort fand Glorfindel die richtigen Worte für eine Antwort und so fuhr Olórin fort zu sprechen, denn immer schon hatte er einen schnellen Geist und meist eine noch schnellere Zunge gehabt, wenn auch das Schweigen ihm nicht schwer fiel und auch das Zögern und Hadern in seinem Blute lag.

„Wieso bist du hier, Glorfindel?“
 

Das überraschte Glorfindel, denn in Aman war nicht unbekannt wieso er ausgeschickt worden war und gerade ihm hatte er sich oft anvertraut, bevor er mit den blauen Boten ins zweite Zeitalter Mittelerdes gefahren war.
 

„So wenig wie du das ganze Ausmaß deiner Wichtigkeit kennen kannst, kenne ich das der meinen“, antwortete er deswegen zögerlich, denn er dachte dass nur darauf seine Frage zielen konnte.

Doch Olórin schüttelte den Kopf. „Ich sprach davon, wieso du hier bist, Glorfindel. Hier, im Hafen, dem Ort meiner Ankunft. Denn ich kenne dich ein wenig, auch wenn ich mir nicht einbilde alle Tiefen deines Geistes, oder gar deiner Seele zu kennen.“ Mit diesen Worten wandte er sich Glorfindel direkt zu und das Funkeln des Verstandes in seinen Augen war hell und stechend. „Und da ich dich kenne, weiß ich, dass dieser Ort keiner ist, der dich lange halten kann. Auch wenn er schön ist und so nahe an dem Ort des großen Sehnens, wie es hier nur möglich ist.“
 

Da lächelte Glorfindel, denn er verstand nun.

Und er wusste, dass es an der Zeit war.

„Klar ist dein Verstand, Freund. Denn ein Freund bist du für mich geworden.“ Er schwieg kurz und las in dem Gesicht seines Gegenübers. „Also gut“, sprach er schließlich und begann:

„Nur für dich sind diese Worte bestimmt, Olórin, grauer Bote Manwes. Denn du bist seine erste Wahl gewesen, auch wenn Curunír sich zu aller erst zur Verfügung stellte und auch wenn Alatar,der nach ihm vortrat und der seinen Freund Pallando mitnahm, um in die Ferne zu ziehen, die ersten von euch waren, die Mittelerde betraten. Auch wenn du der letzte bist, nach Aiwendil, der mit Curunír kam, weil es Yavannas Wunsch war. So bist du doch Manwes erste Wahl.“
 

Kurz hielt Glorfindel inne, denn viele Worte hatte er in wenig Zeit gesagt, doch sah er, dass sie Olórin nicht überraschten. Vielmehr ließen sie einen Schatten über sein Gesicht ziehen und ihn die Augen schließen, als seien ihm die Lider zu schwer geworden.
 

„Wieso sprichst du davon?“, fragte er, bevor Glorfindel weitersprechen konnte und seine Stimme klang müde und erfüllt von Sorge.

Mitleid regte sich da in Glorfindels Herz und er sprach mit leiser Stimme weiter.

„Nicht viel darf ich dir sagen. Doch heißt es von Varda, dass du unbesorgt sein sollst, sondern achtsam und vorsichtig. Du sollst dein Herz öffnen für diese Welt und auch die Kleinsten und Unbedeutendsten in ihr. Und gedenke deines Schicksals. Hab keine Angst vor dem Fall, Olórin. Denn so wie ich einst mit dem Schatten stürzte und gezeichnet, aber gestärkt zurückkehrte, so ist nur das der eine Weg dunkles Feuer mit heller Flamme zu besiegen.“
 

Laut dröhnten Glorfindels Worte in der Nacht, auch wenn sie leise und zögerlich, wenngleich auch nicht ohne Kraft und Sicherheit gesprochen waren. Und viele waren es für Olórin, denn lange sagte er nichts und er wandte den Blick ab und blickte hinaus in die Dunkelheit.
 

Und Glorfindel schwieg mit ihm, blieb jedoch, denn ihr Gespräch war noch nicht vorüber.
 

Irgendwann rührte sich Olórin, der lange in seinen eigenen Gedanken geweilt hatte, so still, dass es schien, als hätte er seinen Körper ganz verlassen. Nicht unmöglich war das, denn mächtig war er, auch wenn die Gestalt, die er gewählt hatte um Mittelerde zu betreten dies nicht offen zeigte. Und viele waren die Kräfte, die ihm innewohnten.
 

„Wenig verraten mir deine Worte und nicht getröstet haben sie mich. Annehmen werde ich sich jedoch und über sie sinnen, während ich wandere. Und am Ende wird sich zeigen, ob meine Ahnungen mich in die Irre geführt haben.“

Er wandte sich Glorfindel zu und ein Schimmern lag nun in seinem Blick. Nicht fortgezogen war die Angst, sondern war zu einer glimmenden Glut in seinem Herzen eingefasst worden, die schnell und plötzlich zu einem Feuer emporlodern würde, das schrecklich, aber auch führungsstark war.
 

„Nicht viel Rat erhoffe ich mir weiterhin von dir, doch wo soll ich nur beginnen, frage ich mich. Groß ist dieses Land und weit werde ich wandern müssen. Noch weiter, wenn mich meine Wege wieder zurückführen werden.“

Da lächelte Glorfindel, denn er spürte, dass er die richtigen Worte hatte für diesen Maia, denn nichts Wenigeres war er.
 

„Nicht schwer ist die Antwort, mein Freund. Gehe deiner Nase nach, so weit, bis sie dich von deinem Weg abbringt. Genug Karten hast du studiert und nicht mehr viel kannst du von ihnen lernen. Alles andere muss dir die Welt zeigen. Höre auf den Rat, der dir gegeben worden ist. Sei voller Vorsicht und höre auf dein Herz, doch lass es nicht erkalten in deiner Sorge. Richte ein Ohr immer gen West und schließe des Nachts nicht die Augen, damit du in deinen Träumen sehen kannst. Und wie es deine Art ist, biete dort, wo dein Weg dich hinbringt, deinen Rat an. Nicht immer wird er willkommen sein und nicht immer wird dich dieselbe Liebe empfangen, die dich dorthin trägt. Aber immer wird er weise und gut geraten sein. Und immer wird er nötig sein.

Mögest du also in dieser Welt wandeln, wie es dir zum besten steht, Mithrandir, grauer Pilgerer. Und nun ein Wort des Trostes von mir: Gedeihe in deiner Angst, denn sie ist wertvoll. Und lausche deinen Sinnen. Und liebe diese Welt, so wird sie auch dich lieben.“
 

Dankbar nahm Olórin diesen Rat und er nickte, nachdem Glorfindel geendet hatte. Und

nicht viel mehr sprachen sie in dieser Nacht.
 

So begann Gandalfs Reise, so wie er nicht viel später genannt wurde und wichtiger als jeder hätte wissen können, wurde er für das Schicksal der Welt, die er lieben lernte.
 

Und wichtig waren Glorfindel Worte gewesen, über die Olórin zu niemandem sonst sprach, die nur den Trägern der zwei anderen Elbenringen nicht verborgen blieben. Denn als die Zeit kam, konnte er den Weg wählen, den Illúvatar ihn bestimmt hatte und in noch größerer Macht zurück geschickt werden.

Denn so verhält es sich mit der Dunkelheit. Schwer ist sie und hoffnungslos. Doch wenn man sie durchgeht und nicht aus Angst vor ihr zurückscheut, wird auf der anderen Seite des Tals noch helleres Licht warten.



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