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Elevator

von

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One Shot

„Oh verdammt… Ich hab mein Handy oben vergessen!“, schimpfte ich und blickte zerknirscht in den Kreis meiner Freundinnen. „Würdet ihr warten, wenn ich das jetzt schnell hole?“

Eine meiner Freundinnen, Cora, eine hitzige Brünette, die das Haus nie ohne roten Lippenstift verließ, stöhnte deutlich hörbar genervt auf. „Man Emily, wieso kannst du nicht einmal mit uns weg gehen ohne dabei noch mal nach Hause zurück rennen zu müssen, um etwas zu holen?!“

Entschuldigend blickte ich sie an. „Bitte, Cora, wartet! Ich mach auch ganz schnell!“, flehte ich.

Normalerweise wäre es nicht schlimm gewesen, wenn meine Freundinnen schon vorgegangen wären. In unserem kleinen Kaff in Südengland konnte man sich gar nicht nicht ständig über den Weg laufen, denn bei uns gab es… Nichts. Zumindest nichts Wichtiges, oder Spannendes oder so.

Deshalb war es nicht so schlimm, wenn meine Freundinnen, wenn wir mal gemeinsam weggingen, schon vorgingen. Ich musste keine Angst haben sie nicht wieder zu finden. Denn was wollten sie länger als zehn Minuten in einem Boots oder einem Sainsbury?

Aber jetzt war das was Anderes: schließlich befanden wir uns nicht mehr in Far-far-away-from-everything, sondern in Barcelona. Eine riesige Stadt, mit gefühlt tausend mehr Einwohnern, als bei uns, die alle eine Sprache sprechen, von der ich nicht mehr von mir geben konnte, als: Mi amo Emily. Naja, und Te quiero, was soviel wie Ich liebe dich heißt, was man, meines Erachtens nach, in jeder Sprache wissen sollte! Momentan ist mein Stand bei Französisch, Japanisch, Chinesisch, Deutsch und Spanisch. Immerhin.

„Ich finde euch doch niemals wieder“, setzte ich meine Fleh-Tirade fort.

Betty, eine blondgelockte Schönheit, die von allen bewundert (und vor allem beneidet) wurde, setzte meinem Gebettle ein Ende: „Aber dann mach jetzt schnell! Und wenn du in zehn Minuten nicht wieder da bist, dann gehen wir ohne dich los, verstanden?“

Schnell nickte ich. „Aye, Ma’am!“, rief ich, während ich schon wieder auf dem Weg ins Hotel war.

Nicht wirklich luxuriös, aber für eine Klassenfahrt reichte es. In den Augen der Lehrer zumindest. Als man uns sagte, dass wir für eine Woche nach Barcelona fahren würden, hätten wir nicht erwartet, uns das Zimmer nicht nur mit widerlichen, aufgehübschten Kakerlaken, den Zicken unserer Klasse, zu teilen, sondern auch noch mit echten, noch widerlicheren und definitiv nicht aufgehübschten Kakerlaken. Ekelfaktor auf Level 9,5!

Ich drückte den Fahrtwunschknopf für den Aufzug und mit einer kurzen Verzögerung erklang das ratternde Geräusch des Fahrstuhls.

Die Türen öffneten sich und ich betrat den kleinen und, wegen den über dreißig Grad, die draußen herrschten, total überhitzten Raum. Zum Glück musste ich nur die vier Etagen zu meinem Zimmer hochfahren und dann war ich aus diesem Backofen befreit. Ein leichter Ruck ging durch die metalerne Box und der Fahrstuhl setzte seine Reise nach oben an.

Im dritten Stock öffneten sich die Türen und vor mir sah ich den Mann stehen, den ich mir unter anderen klimatischen Bedingungen mehr als jeden anderen mit mir in einen so kleinen Raum gewünscht hätte: Mister Rode.

Ja, ich gebe es zu: ich hatte mich irgendwie in meinen Englischlehrer verguckt. Aber es ist doch verständlich, wenn man seinen wunderbaren Humor kennenlernt und bei längeren Unterhaltungen merkt, wie intelligent er eigentlich ist. Der Fakt, dass er aus dem selben Kaff in Wales kommt wie ich (ich bin von Kaff zu Kaff gewandert und habe endlich mein Traum-Kaff gefunden… oder so ähnlich…) hat seine Chancen, mal so ganz nebenbei, bei mir natürlich auch nicht gerade geschmälert. Allerdings hatte es einen plausiblen Grund, warum ich niemanden von meinem geheimen Schwarm erzählt hatte: Zu erst ist er nun mal mein Lehrer und denen ist es verboten mit Schülern oder Schülerinnen ein romantisches Verhältnis zu haben. Irgendwie auch verständlich, alleine wenn man sich schon die absolut unfaire Behandlung von nur bevorzugten Schülern ansah, wie sollte das dann erst bei einem geliebten Menschen werden?

Der zweite und vielleicht noch wichtigere Punkt ist… dass er einfach mal schon über vierzig ist und somit mein Vater sein könnte (Was toll wäre, da mein echter Vater ein Idiot ist, der während er mit meiner Mutter zusammen war und mich hatte, mit seiner Affäre ein Kind bekam. Mistkerl.).

Etwas seltsam ist es natürlich schon, wenn man als Mädchen, in der Blüte seines Alters, sich nicht in Jungs in seinem Alter verliebt, sondern, dass das Herz für einen mehr als dreißig Jahre älteren Mann schlägt.

Aber zu seiner Verteidigung: Er sieht noch richtig gut aus! Und mit gut meine ich nicht nur gut sondern ein Gut von der Sorte: Ich schmelze wie Eis in der Sonne, wenn ich ihn sehe. Und so geht es nicht nur mir, unter seinen Schützlingen (vor allem den Weiblichen) hat er mit der Zeit eine beträchtliche Menge Fans angesammelt.

„Hi Mister R!“, begrüßte ich ihn grinsend und dankte zum Himmel, dass durch die Hitze mein Gesicht eh schon Tomaten-Ähnlichkeit bekommen hatte, sonst wäre ich wahrscheinlich binnen Sekunden zum wandelnden Gemüse geworden.

„Hi Emily!“, lächelte er zurück und zeigte dabei seinen zwar nicht ganz geraden, aber dafür strahlenden Zähne. „Was machst du hier? Ich dachte, die Mädchen würden heute die Einkaufszentren stürmen und bis zum geht nicht mehr bei Gucci, Prada und Yves Saint Laurent shoppen!“

Anerkennend zog ich meine Augenbrauen hoch: „Respekt, Mister R! Höre ich da eine versteckte Leidenschaft raus? Vielleicht sollte ich Sie mal als Shopping-Berater mitnehmen! Oh! Und Sie könnten mir gleich was bezahlen!“

Er lachte auf. „Klar! Ich kaufe dir noch eine Gucci-Tasche, ich frage dann gleich beim Araber meines Vertrauens, ob eine gerade gefälscht worden ist, die dir gefällt!“

„Ich werde Sie erinnern!“, lachte ich und zwinkerte ihm zu.

So waren die Unterhaltungen zwischen uns immer. Locker, witzig, mit einer Spur Sarkasmus, den meine Freundinnen leider nur selten verstanden.

Plötzlich fiel mir etwas Seltsames auf. „Mister Rode? Sie haben doch auf Ihre gewünschte Etage gedrückt, oder?“ Langsam nickte er. Mir sackte der Magen in die Kniekehlen. „Und warum genau fahren wir nicht?“ Ich spürte, wie mein Puls sich erhöhte und mir sämtliches Blut aus dem Gesicht wich.

Mister Rode schien meinen Gedanken erraten zu haben. „Es ist sicher alles gut, Emily! Wir sind gleich hier wieder raus und dann nehmen wir eben die Treppe, ist eh gesünder und mein Bauch hätte es nötig!“, verkrampft grinste er mich an, doch ich merkte, dass er auch nicht mehr so entspannt war, wie ich ihn sonst kannte. Er ging zur Schalterleiste und drückt auf den Türöffner.  Immer und immer wieder.

Die Tür blieb geschlossen.

„Das gibt’s doch nicht“, zischte er aus zusammen gekniffenen Zähnen heraus. „Hier gibt es nicht einmal einen Notrufknopf!“

Entgeistert starrte ich ihn an. „Bitte was?“, meine Stimme war nur noch ein leises Quietschen. „Das heißt, wir haben keine Möglichkeit mit den anderen Verbindung aufzunehmen?“

Gestresst verzog er das Gesicht. „Hast du dein Handy nicht dabei, ruf deine Freundinnen doch an!“, schimpfte er leise.

Wütend biss ich mir auf die Lippe, um meinen Ton in einem halbwegs angemessenem Weg zu halten –seiner Stellung und der Situation angemessen, meine ich. „Was glauben Sie, warum ich in dieser Affenhitze mich ins ungekühlte Hotel begebe, während meine Freundinnen in gekühlten Shopping-Mals Eis essen? Ich hab mein Handy oben vergessen, verdammt! Was ist denn mit Ihrem?“, keifte ich zurück.

Wütend starrte ich ihm in die Augen, bis er sich abwand und murmelte: „Mein Guthaben ist alle und im Ausland kann ich kein neues kaufen?“

„Ist das Ihr Ernst? Sie sind ein erwachsener Mann und Ihr Handy ist noch ein prepaid?“, ungläubig musterte ich ihn. So hatte ich ihn nicht eingeschätzt.

Genervt rollte er mit den Augen. „Natürlich habe ich einen Vertrag, aber nicht für den Knochen hier! Mein iPhone liegt schön sicher bei mir zuhause. Wäre ja noch schöner, wenn mir das bei einer Klassenfahrt abhandenkommen würde!“, antwortete er seufzend. „Und wir können nicht ein Mal das Personal rufen…“

Verwirrt zog ich die Stirn kraus. „Aber das wäre doch die Idee! Ich dachte, sie sprächen Spanisch!“, rief ich aufgeregt. „Versuchen Sie es doch mal!“

 „Glaubst du, ich hätte das nicht schon längst gemacht, wenn es was gebracht hätte? Die halten doch in dem Hotel von elf bis eins Siesta…“, rief er aufbrausend.

Betroffen schwieg ich. Verdammte Spanier. Also, nicht dass ich was gegen Spanier hätte, aber das war doch verdammt mistig… „Und was machen wir jetzt?“, fragte ich leise, ich war es nicht gewöhnt, dass er dermaßen heftig reagierte.

Langsam atmete er aus. „Entschuldige, Emily, ich wollte nicht so schreien, es ist nur…“, beschämt blickte er zu Boden. „Warum erzähle ich dir das eigentlich?“, fragte er lachend.

Seufzend rutschte ich an der Wand hinab und blieb auf dem Boden sitzen. „Vielleicht, weil Sie in einem gottverdammten Aufzug sitzen und das bei dreißig Grad und Sie versuchen, Ihre Laune und die Ihrer reizenden Mitgefangenen zu erhöhen!“, grinsend blickte ich zu ihm hoch. „Haut das in etwa hin?“

Spöttisch zog eine Augenbraue hoch, doch er erwiderte mein Grinsen. „Na, einen Versuch war‘s wert, oder? Auch wenn es nicht so recht funktioniert hat, wie ich das wollte“, stöhnend ließ er sich neben mich fallen. „Ich würde mal sagen, du kannst das wesentlich besser als ich!“, lachte er und knuffte mich in die Seite.

Mein Herz schlug schneller bei dieser eigentlich freundschaftlichen Berührung. Ich war ihm noch nie so nahe gewesen, ich hatte noch nie sein Aftershave riechen können, weil zwischen uns immer die Barriere der „Schülerin-Lehrer-Beziehung“ war. Eine Barriere, die jetzt vollkommen in sich zusammen gefallen schien. „Ich tue mein Bestes, das versichere ich Ihnen!“, antwortete ich und salutierte übertrieben dazu, meine typische Reaktion, wenn ich einem Lehrer einen Auftrag versicherte. Dann fiel mir plötzlich etwas auf. „Sie haben Ihren Satz eben nicht beendet, Sie wollten mir irgendwas sagen, was mit Ihnen ist, dass Sie so mies drauf sind!“, erinnerte ich ihn.

Nachdenklich kratzte er sich am Kopf. „Also weißt du, Emily, hier mit dir in diesem engen Raum zu sein…“ Überrascht starrte ich ihn an. Wollte er mir etwa hier… war das sein Ernst? Das durfte doch… Mein Kopf fühlte sich an, als ob er kurz vorm Platzen wäre.

„Ja?“, fragte ich mit zittriger Stimme und hoffte innig, dass er meinen lauten Herzschlag nicht hören konnte.

„Es ist mir ein wenig unangenehm…“, murmelte er. Jetzt sagen Sie es doch endlich!, drängte ich innerlich. „Ich habe furchtbare Platzangst!“, nuschelte er und blickte beschämt zu Boden.

Hä?

Enttäuscht sackte ich ihn mich zusammen und vergrub mein Gesicht zwischen meinen Knien. Hätte ich mir ja denken können, dass er mir nicht… seit wann war ich eigentlich so unrealistisch, wenn es um meine Chance bei irgendwelchen Männern ging?

„Emily? Alles okay bei dir?“, fragte er und rüttelte leicht an meiner Schulter. „Mir ist das echt etwas unangenehm…“

Jetzt blickte ich doch auf. „Warum ist Ihnen das so unangenehm?“, fragte ich grummelnd.

Schief grinste er mich an. „Na, ich bin doch der perfekte Lehrer, ich darf doch keine Platzangst haben!“, lachte er.

„Was?“, fragte ich. „Ist das Ihr Ernst?“

Einen Moment starrte er mich ernsthaft an.

Und dann brach der Damm. „Oh man“, lachte er unter Tränen. „Das ist mir so egal, was ihr denkt über meine Phobie, echt!“

Er grinste mich an. „Aber eigentlich wollte ich dich damit einfach ein bisschen aufheitern!“

Müde legte ich das Kinn auf meine Knie und schlang meine Arme um meine verschwitzten Beine. „Warum machen Sie das?“, fragte ich nach einer kurzen Pause.

Fragend zog er eine Augenbraue hoch „Warum mache ich was?“, fragte er verwirrt.

„Na“, ich blickte zum ihm hoch. „Warum sind Sie so nett zu mir, warum wollen Sie mich aufheitern, warum... kümmern Sie sich so um mich?“ Ich schnappte nach Luft. Die Fragen hatten mir auf dem Herzen gelegen und deswegen hatte ich sie in so einem Tempo

 runtergerattert, dass ich befürchtete, er hätte kein Wort verstanden.

Einen Moment lang musterte er mich nachdenklich, dann antwortete er grinsend: „Na ja, du bist eben die einzige Person hier im... Raum, wen sollte ich denn sonst aufheitern?“

„Sie wissen, dass ich das nicht so gemeint habe“, erwiderte ich trotzig.

„Und du weißt, dass ich weiß, dass du weißt, dass ich das weiß“, lachte er.

Mit offenem Mund starrte ich ihn an. Ich weiß, dass er weiß, dass er... nein... Er weiß, dass ich... Nachdenklich zog ich die Stirn kraus. Was genau hatte er da noch mal gesagt?

Nach einem Blick in sein Gesicht dämmerte mir, was er vorhatte. Und ich wollte definitiv nicht mitspielen. „Hey! Sie wollten mich nur von meiner Frage ablenken!“, rief ich empört und funkelte ihn böse an.

Lachend hob er die Hände. „Okay, du hast mich ertappt!“, rief er. „Ich ergebe mich!“ Eindringlich starrte ich ihn an. „Was ist?“, fragte er verwirrt.

„Ich. Warte“, sagte ich nachdrücklich.

Er seufzte und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Oh man, du bist echt hartnäckig!“, murmelte er. „Ich weiß ehrlich gesagt auch nicht so ganz, warum... Ihr seid einfach meine Schüler und ich will, dass es euch gut geht, schließlich habe ich doch eine Verantwortung für euch!“ Euch? Er sprach von Verantwortung für uns, dass wir seine Schüler sind, aber warum sagte er nicht, warum er zu mir so war, wie er eben war: witzig, führsorglich und verständnisvoll? Ich spürte einen leichten Stich in meinem Herzen. Oder will er mir damit sagen, dass ich wirklich nicht mehr für ihn bin, als eine Schülerin und auch nie mehr sein werde? Dieser Gedanke ließ mich hart schlucken. Sicher, so war es das Beste, schließlich war er so viel älter als ich und noch dazu mein Lehrer, aber ich hatte trotzdem immer noch ein bisschen, nur ein kleines bisschen Hoffnung gehabt, dass aus uns mal was wird...

Sein leises Flüstern unterbrach meine düsteren Gedanken. „Emily, egal was ich jetzt sage und ich will, dass du mir das versprichst, springe nicht schreiend auf oder mache überhaupt irgendwelche unruhigen Bewegungen!“, murmelte er.

Wie war das mit dem dahinscheidenden letzten Hoffnungsschimmer? Ich biss mir auf die Lippe, um nicht breit zu Grinsen. „Gut, ich verspreche es!“, lächelte ich.

„So wie jetzt wirst du gleich nicht mehr lächeln“, antwortete mein Lehrer. Verwirrt zog ich die Stirn kraus. Doch kein überraschendes Geständnis –nicht dass ich das ernsthaft erwartet hätte, aber möglich ist schließlich alles.

„Gleich neben deiner linken Hand“, seine Stimme war nur noch ein kaum hörbares Raunen. „Sitzt eine ... Bitte, bleib jetzt ganz ruhig! Eine... Tarantel“

Ich wollte schreien und zwar laut und verzweifelt, ich wollte aufspringen und mich in die Ecke flüchten, die am weitesten von dem Wesen entfernt war, dass mir so nahe war, doch ich konnte nicht. Mit einem leichten Druck verschloss Mister Rode meinen Mund mit seiner einen Hand, während die andere sich in meinen Arm bohrte und mich an die Wand presste. In jedem anderen Moment wäre ich vor Scham rot angelaufen, doch die Situation gab das nicht her.

Da meinem Körper jegliche Fluchtmöglichkeit versperrt war, begann er zu zittern. Mein ganzer Körper bebte aus Angst vor dem Tier, das, wie ich hörte, immer näher auf mich zu kam.

Bitte nicht, bitte nicht, betete ich innerlich. Mach, dass es aufhört, mach, dass es verschwindet. Meine Augen füllten sich und ich weinte stille Tränen. Flehend blickte ich zu Mister Rode hoch, wieso konnte er jetzt nicht, wie sonst immer, die Situation retten und mit einem kleinen Witz abschließen?

Als unsere Blicke sich kreuzten, sah ich die Sorge in seinen Augen. Viele Männer konnten mit weinenden Frauen nicht umgehen, das wusste ich und ich hatte mir das auch schon einige Male zu nutze gemacht, doch Mister Rode schien ein Mann zu sein, der erkannte, wann eine Frau richtig weinte. Und das machte ihm solche Sorgen.

„Wenn ich bis drei gezählt habe“, zischte er leise. „Springst du so schnell du kannst auf und rennst in die andere Ecke des Aufzuges, verstanden?“

Ich nickte. Was hätte ich schon erwidern sollen? Ich wollte ihn fragen, was er vorhatte, doch seine Hand verhinderte alle meine Antworten.

„Eins... zwei...“, hörte ich ihn flüstern. „Und DREI!“

Wie von der Tarantel gestochen – im wahrsten Sinne des Wortes – sprang ich auf und hetzte auf die andere Seite der kleinen Blechbox.

Plötzlich wackelte alles. Erschrocken beobachtete ich, wie Mister Rode auf das ekelerregende Tier eintrat, so schnell und kräftig es ging. Ich wollte schreien, dass er aufhören sollte, nachher würde er selber noch gebissen, doch ich konnte es nicht, denn ich brachte keinen Ton heraus, abgesehen von dem leisen Quietschen, was meiner Kehle entkam.

 Mein Herz klopfte, als wäre ich eben einen Marathon bei vierzig Grad gerannt und ich hatte das Gefühl, dass ich jeden Moment zusammenbrechen würde, säße ich nicht schon längst am Boden. Und, auch wenn das absolut der falscheste Moment war, um so etwas zu denken, meine Wangen glühten – er beschützte mich gerade. Mich. Verdammt noch Mal. Wie konnten meine Gedanken in so einem verdammten Augenblick nur darum kreisen, dass er unglaublich attraktiv aussah, wie er in seinem verschwitzten Hemd auf das Tier eintrat?

Und dann war Ruhe.

Gerade in dem Moment, in dem mein Blick begann, von seinem Gesicht in weit tiefere Gefilde zu wandern, wurde alles ruhig. Er hatte aufgehört, zu treten und den kleinen klapprigen Aufzug so in Bewegung zu halten.

Meine Kehle war staubtrocken und auch nach mehrmals schlucken, brachte ich statt eines ordentlichen Dankeschöns nur leise pieps-Töne heraus.

Als er mich da am Boden sah, wie ich versuchte, überhaupt irgendetwas zu sagen, stolperte er zu mir. „Ist alles in Ordnung bei dir?“, fragte er keuchend. „Die... das... das Tier ist tot, du brauchst jetzt keine Angst mehr zu haben, ja?“

Ich blickte hinter hin und sah im schwachen Licht die letzten Überreste der Riesenspinne.

Mit einem Mal begann mein Körper wieder unkontrolliert zu zittern und ein leises Schluchzen drang aus meiner Kehle.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  -Moonshine-
2015-01-31T16:32:35+00:00 31.01.2015 17:32
Hey,

Ich bin irgendwie auf Umwegen zu der FF hier gekommen, und ich dachte ich les mir die Story mal durch. :)
Ich finde du hast einen angenehmen Schreibstil, es liest sich sehr flüssig. Ein paar Flüchtigkeitsfehler in der Satzstellung hab ich zwar ein oder zweimal gefunden, aber das ist vollkommen ok und das Zähl ich jetzt nicht auf, wenn es dir recht ist. :)
Ich hab die Geschichte sehr genossen, aber sie ist ja noch nicht zu Ende, oder? Würde wirklich gerne wissen, wie es weitergeht.
Emily ist einem auf Anhieb sympathisch. Über die Freundinnen musste ich amüsiert den Kopf schütteln - wie ungeduldig sind die denn bitte? Tzz!
Am Ende musste ich auch schmunzeln, als der Lehrer so verschämt war und Emily so aufgeregt geworden ist. Und dann hat er Platzangst! Lol, damit hab ich gar nicht gerechnet. Ich mag deinen Humor. :)
Insgesamt fand ich die Story klasse und freue mich, wenn du weiterschreibst. Erstmal auf die Favo Liste damit... ;)

Alles Gute
Eli
Antwort von:  Susuri
02.02.2015 16:22
Hey ya~

Vielen lieben Dank für diesen wunderbaren Kommentar! <3
Es bedeutet mir immer viel, so lange, ausführliche und ehrliche Kommentare zu erhalten, wirklich, vielen Dank!!
Mir passiert es häufig mal, dass meine Satzstellungen etwas wirr sind, und da ich relativ schnell tippe, schreibe ich auch manchmal ganz schönen Mist! ;)
Die beiden gehören zu den Figuren, bei denen es echt viel Spaß macht, so ein bisschen kitschige und niedliche Dinge zu schreiben und so ist Elevator entstanden~ (btw: eingefallen ist mir die Geschichte bei einem langen Spaziergang an den britischen Küsten... da wird man schnell mal kreativ! ;3)
Na dann, muss ich wohl bald mal wieder weiter schreiben! ;)

Liebe Grüße,
Emmi


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