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Das Leben ist Hart

Eijis Leben, um genau zu sein ^^
von

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Das Schlimmste auf der Welt

Mir war langweilig. Das ist das Resultat. (Wird wohl schätzungsweise so einige mehrere Teile umfassen und früher oder später auf Yaoi hinauslaufen... Und irgendwie ist es ja auch ganz schön, zur Abwechslung mal wieder was lockeres zu schreiben. Hach ja! *seufz*)
 

DAS LEBEN IST HART
 

By Kia
 

Part 1: Das Schlimmste auf der Welt
 

Im Grunde genommen hatte ich eigentlich immer Spaß, wenn ich mit Kayin zusammen war. So auch an diesem Tag, das blöde Grinsen, das mein Gesicht so gut kannte, verstand sich mit selbigen mal wieder prächtig und wollte gar nicht wieder gehen. Na ja, ich hatte an sich nichts dagegen, besser, als mit so einer miesgelaunten Visage herumzulaufen wie die anderen Leute, denen wir begegneten, aber auf Dauer wurde das doch etwas anstrengend.
 

An sich war der ganze Tag anstrengend. Denn wenn es etwas gibt, das Männer ja sowieso schon hassen, dann sind es langwierige Einkäufe. Und eines hatte ich an diesem speziellen Tag gelernt: Es gab kaum etwas schlimmeres als eine schottische Einkaufspassage in den letzten Tagen vor Weinachten, soviel wusste ich von meinem letzten Besuch bei Kayin, der leichtsinnigerweise zu dieser Zeit stattgefunden hatte. Genaugenommen war das einzige, was in dieser Hinsicht schlimmer war eine japanische Einkaufspassage in den letzten Tagen vor Weinachten. Und genau da befand ich mich gerade.
 

Natürlich war ich dort nicht alleine... kein männliches Wesen ist mutig genug sich freiwillig allein in ein solches Höllenloch zu stürzen, Held hin oder her. Doch zum Glück hatte dieses Mal mein lieber Kumpel Kayin das Wagnis auf sich genommen, mich zu besuchen, und so schlenderte ich zusammen mit ihm gemütlich durch das Gedränge vor den Geschäften.
 

Um genau zu sein schlenderte ich zusammen mit ihm und noch ein paar tausend anderen Kaufwütigen, die nichts besseres zu tun hatten als ausgerechnet heute ihre Geschenke kaufen zu müssen und die uns durch ihr ewiges Gerammel und Geschubse das schöne Gefühl vermittelten, Mitglieder einer großen, glücklichen Familie zu sein - mit vielen Kindern.... nein, so viele Kinder schaffte die Familie nicht einmal, wenn unter dem Dach der gebärfreudigen Mutter noch fünf ebenso gebärfreudigen Tanten leben! War ein bescheuertes Beispiel. Aber es brachte mich wieder zum Grinsen.
 

Kayin grinste erwartungsgemäß nicht. Opfer einer ordentlichen Klaustrophobie hatte er an solchen Unternehmen natürlich besonders viel Freude...
 

Dazu kam das schlechte Wetter, das er als Schotte aber natürlich gewohnt war und die Tatsache, dass wir uns schon den ganzen Tag in den Haaren lagen... was aber eher lustig war. Unsere ewigen Streitereien konnte nun wirklich niemand erst nehmen, auch nicht, wenn mein werter Herr bester Freund mir den ganzen Tag in den Ohren lag und mich nun wirklich bei jeder sich bietenden Gelegenheit darüber aufklärte, dass dies natürlich alles nur meine Schuld sei - weil in seinen Augen nämlich grundsätzlich alles immer nur meine Schuld ist - und dass er seine Notwenigen Einkäufe schon vor dem großen Ansturm erledigt hätte, weil ja nur Idioten bis zu den Feiertagen warteten und so weiter. Das mag ja sein, aber warum muss es so viele Idioten geben? Klar, wenn es nicht so voll wäre, wären wir schon seit Stunden zu Hause und Platzangst ist sicher auch nicht lustig - obwohl ich dazu tendiere, mich über ihn lustig zu machen - und außerdem frohren wir und gerade beide gewisse Körperteile ab und er meckerte die ganze Zeit nur rum, aber um genau zu sein hätte ich das ohne ihn nie durchgestanden. Ich war tatsächlich froh, dass er dabei war.
 

Natürlich hatte ich ihm das nicht gesagt. Wir wollten hier ja nicht zu persönlich werden... Außerdem musste der nicht alles wissen.
 

Aber niemand war eine bessere Begleitung zum Mitschleppen als Kayin, und so hatte er wenigstens noch die Gelegenheit, seiner kleinen Adoptivtochter ein paar Weihnachtsgeschenke aus good ol' Japan mitzubringen. Was er auch reichlich tat, und es war immer wieder schön anzusehen, wie er sich mit den diversen Verkäufern anlegte, die erst einmal ganz automatisch davon ausgingen, er würde unsere schöne Sprache nicht beherrschen.
 

Die Armen. Wenn Kayin schlecht gelaunt war, war er wirklich schwer zu ertragen...
 

Ein schlechtes Gewissen hatte ich allerdings kein Stück. Immerhin war es auch seine Schuld, dass wir hier so lange rumhingen. Wenn der Herr nicht unbedingt ausgerechnet an Heiligabend Geburtstang hätte haben müssen... Aber nö!
 

Klar, ich hätte ihm nicht unbedingt etwas schenken müssen, aber soviel Benehmen hatte sogar ich. Und außerdem war es frustrierend, wenn man zu Weinachten feststellen musste, das es auf der ganzen Welt nur eine einzige Person gibt, der man etwas schenken kann... in diesem Fall meine langjährige Freundin Emi, von der ich immer noch nicht wusste ob ich sie jetzt als ,Freundin' oder eher als Schwesterchen ansehen sollte... Arg, mein Leben war anstrengend!
 

"Eiji, wenn du da noch lange so stehen bleibst, frierst du fest." Kayin klang reichlich ungeduldig, als er das sagte, oder besser: als er es gegen den Lärm der umstehenden Leute gegenanrief. Ich schreckte auf und musste zu meiner Überraschung feststellen, dass ich tatsächlich schon seit geraumer Zeit auf der selben Stelle stand und meine Füße in der Tat langsam begannen taub zu werden. Aber das Grinsen war noch da. Wenigstens ein treuer Freund...
 

Alternativ hätte es allerdings auch einfach nur festgefroren sein können.

Ich lockerte probehalber meine Gesichtsmuskeln. Nein, das Grinsen ging noch weg, wenn auch nur wiederwillig. Als ich in Gedanken meine Einkaufsliste durchging und ich bei dem einzigen Geschenk hängen blieb, das ich noch nicht besorgt hatte, trennte sich mein Gesicht allerdings dann doch recht

bereitwillig von seinem Kumpel.
 

Und da kam sie auch schon, die lange befürchtete Frage aller Fragen:
 

"Hast du schon was für Emi besorgt?"
 

Ich zuckte zusammen. Diese Frage war nicht, was ich jetzt hören wollte.
 

"Natürlich nicht!" gab ich zurück. "Oder hast du mich irgendwo was für sie kaufen sehen?" Kayin verzog das Gesicht, offensichtlich war auch seine Muskulatur soweit noch intakt.
 

"Woher soll ich das wissen? Ich achte schon seit Stunden nicht mehr darauf, was du tust."
 

Das war mir aufgefallen. Um für meine Freundin etwas passendes zu finden brachte ich nämlich normalerweise tatsächlich Stunden und das hätte er bestimmt gemerkt.
 

Ich sagte ihm das und er erwiderte - erwartungsgemäß - dass er einfach nur, tief in seiner kleinen, eingefrorenen Seele - was hier durchaus wörtlich zu verstehen war - gehofft hatte, ich hätte endlich auf den Fehlern der letzten sehr vielen Jahre gelernt und mir ausnahmsweise mal schon im Voraus überlegt, was ich meiner durchlauchtesten Angebeten oder vielleicht doch eher Schwester als Geschenk darbieten könnte. Ja ja, verzeiht, dass ich nicht mir eurem überragenden Verstand ausgestattet bin, Eure Genialität.
 

Wobei mir einfiel, dass Emi die Situation wohl eher aus der Sicht einer Angebeteten als einer Schwester betrachtete und mir ziemlich das Leben zur Hölle machen würde, wenn ich sie nicht auch mit einem entsprechenden Geschenk beglückte. Frauen haben da ja so ein Talent für... Ich meine, wenn Sofia dir in einer Arena gegenüber steht und mit einer Peitsche auf dich einprügelt ist das eine Sache, aber wenn deine sogenannte oder auch ,Freundin' in freudiger Erwartung zuhause sitzt und darauf wartet, ein angemessenes Geschenk von dir zu bekommen, weil zufällig mal wieder Weinachten vor der Tür steht... das ist etwas völlig anderes. Und das schlimmste ist: Es gibt nichts, was man dagegen tun kann. Man kann nicht blocken, man kann nicht ausweichen... Man kann nicht einmal von der Plattform springen und sich somit ins vorzeitige Aus befördern. Keine Rettung... Die ultimative Geheimwaffe!
 

Diese Gedanken sah mein Grinsen offensichtlich als Einladung an, wieder an sein angestammten Platz zurückzukehren, aber ich schickte es wieder von dannen. Das Problem hatte sich nämlich noch nicht geklärt, und das wirkte noch immer ziemlich abtötend für alle wie auch immer gearteten Anzeichen von guter Laune. Kayins Gesichtsausdruck übrigens auch... oha! Bevor er mir jedoch an die Kehle springen konnte, schaltete ich in den Verteidigungsmodus und versuchte mein Leben ein wenig zu verlängern, indem ich ihn darauf aufmerksam machte, dass wir umso schneller nach Hause zurück konnten, wenn der große Meister sein überlegenes Gehirn zur Abwechselung mal benutzen würde, um mich bei meinen Überlegungen zu unterstützen.
 

Des Großmeisters Gehirn arbeitete nicht lange.
 

"Schmuck," sagte er überraschend schnell. "Das kommt bei Frauen doch immer an." Okay, das wusste ja nun jeder. "Oder eine Reise," fügte er hinzu.
 

Gut, das kam unerwartet.
 

"Eine Reise?" fragte ich ziemlich verständnislos. "Was für eine Reise?"
 

"Na ja, eine Reise irgendwo hin wo's warm ist... Wärmer als hier, jedenfalls..." erklärte er ungeduldig. Mein Blick muss so in etwa meine Gedanken wiedergespiegelt haben - welche im Großen und Ganzen nicht vorhanden waren - denn er füge noch ein wenig ungeduldiger hinzu: "Für euch beide, natürlich. Das freut sie bestimmt... wo du sie doch immer so alleine lässt."
 

Der letzte Zusatz hatte jetzt aber eindeutig gehässig geklungen. Obwohl er ja

recht hatte... ich war wirklich nicht so wirklich oft greifbar für sie. Bisher hatte ich das allerdings nie als Problem angesehen. Ob sie das wohl anders sah...? Lieber nicht darüber nachdenken. Der Gedanke, ein oder zwei Wochen alleine mit ihr auf einer romantischen Insel oder so zu verbringen machte mir nämlich Angst... verdammt Angst sogar. Und Kayin hatte das natürlich gerochen, was man unschwer an seinem Gesichtsausdruck erkennen konnte. Ah, da war mein Grinsen also hingewandert. Soviel dann zu seiner treuen Freundschaft... Alter Verräter!
 

"Schmuck!" sagte ich spontan und ohne viel nachdenken zu müssen. Ich meine; ich hänge an meinem Leben!
 

Kayin nickte nur zufrieden, er schein sich etwas ähnliches bereits gedacht zu haben. Seine Hand wanderte nach oben und deute an mir vorbei auf ein Geschäft, das sich offenbar direkt hinter mir befand.
 

"Juwelier," sagte er nur. "Du hast fünf Minuten!"
 

Ich drehte mich um. Seltsam, da war ja tatsächlich ein Juwelierladen... war mir noch gar nicht aufgefallen. Ob der sich angeschlichen hatte? Ich beäugte den Laden argwöhnisch, dafür kam aber mein Grinsen wieder zu mir zurück. Es hatte wohl eingesehen, dass es bei Kayin nicht glücklich werden würde.
 

Dann trat ich durch die Tür und beugte weiter argwöhnisch die Massen der anderen Menschen, die sich zwischen den Wänden tummelten. Kayin stand hinter mir und tat es mir gleich. Aus seinen fünf Minuten wurde dann letztendlich fast eine Stunde, was nicht nur an meiner Unfähigkeit lag, mich für etwas aus dem Sortiment zu entscheiden, sondern auch an all den anderen Männern, die sich offensichtlich dazu entschieden hatten, ihren Liebsten lieber mit teurem Glitzerkram zu beglücken anstatt mit ihnen zu verreisen. Nicht, dass ich ihnen da einen Vorwurf machen konnte...
 

Am Ende entschied ich mich für eine hübsche Goldkette mit Anhänger, die ihr hoffentlich gefallen würde. Von einem Ring hatte ich mit Absicht Abstand genommen, ich wollte ja nicht, dass sie irgendwie auf falsche Gedanken kam.
 

Kayin hielt gnädigerweise die meiste Zeit die Klappe, er ersparte mir sogar einen entsprechenden Kommentar, als wir wieder vor die Tür traten und uns klar wurde, dass unsere fahrbaren Untersätze etwa einen Kilometer von unserem augenblicklichen Standort entfernt lagen - und zwar entgegen der Laufrichtung der Massen. Also kämpften wir schweigend und erbittert gegen den Strom, bis wir ihn hinter uns gelassen hatten und wir uns endlich auf unsere Motorräder schwingen konnten, um uns auf den langen Weg nach hause zu machen.
 

Natürlich war es mittlerweile dunkel geworden, und, wie hätte es anders sein können, kaum schmissen wir die Motoren an, da rieselten auch schon die ersten Schneeflocken vom Himmel auf uns herab. Und so ein Motorrad ist nun wirklich nicht das gemütlichste Gefährt bei solchen Temperaturen...
 

Eines hatte sich mir an diesem Tage wieder einmal bestätigt: Wenn irgendwo dort, in diesem grauen, kalten Himmel ein Gott wohnt, dann hasst er mich, soviel ist klar. Aber im Eigentlichen war mir das zu diesem Zeitpunkt schon ziemlich egal. Die Hauptsache war, dass wir nun endlich wieder nach hause konnten, ins Warme und Trockene, und Kayin ging es wohl nicht anders, denn er seufzte nur einmal vielsagend, warf einen Blick in den Himmel, der aussagte, dass er meine Ansichten über Gott und dessen Zuneigung zu uns vermutlich teilte und dann fuhren wir los, dem Heimatlichen Kaminfeuer entgegen. Und irgendwann kamen wir sogar an.
 

-tbc-
 

14.10.2002

Von Göttern und Poltergeistern

Part 2: Von Göttern und Poltergeistern
 

By Kia
 

Dies war wieder einer dieser Tage, an denen ich froh war, das unser Haus mehr als ein Badezimmer hatte, denn ansonsten wäre dieser Abend wohl doch noch auf einen Kampf auf Leben und Tod hinausgelaufen, nämlich darum, wer als erster die Dusche benutzen durfte. In diesem Fall stand mein Heimrecht gegen Kayins Gastrecht, was im Endeffekt nur bedeute, das derjenige zuerst die Chance erhielt, die Kälte aus seinen Gliedern zu waschen, dessen Glieder von dieser Kälte noch am wenigsten bewegungsunfähig gemacht worden waren.

Meine eigenen Gliedmaßen waren jedenfalls so steif, dass ich insgeheim befürchtete, sie würden bei der ersten härteren Berührung einfach abbrechen. Okay, mit dem Motorrad zu fahren war vielleicht nicht unbedingt die beste Idee gewesen, aber wenn die Alternative U-Bahn heißt, dann überlegt man sich das zweimal, von allem, wenn man sich in Japan befindet. Denn eine japanische U-Bahn ist schlimm. Eine japanische U-Bahn zur Weihnachtszeit ist der Horror! Deshalb bereute ich es auch nicht wirklich, auf dieses - zugegebenermaßen wärmende - Gedränge verzichtet zu haben. Lieber kalt als tot!

Als wir nach hause gekommen waren, war das Haus dunkel und kalt gewesen. Als ich nach erfolgreicher Dusche mit noch immer feuchten Haaren aus dem Bad trat und mir ein Schwall kalter Luft entgegenschlug musste ich zu meiner Überraschung feststellen, dass sich an diesem Zustand während der letzten zehn Minuten nicht viel geändert hatte. So'n Pech aber auch. Und ich hatte gehofft, dass diese dämliche Heizung einmal mitdenken würde!

Mit einem tiefen Seufzer und einem zutiefst leidenden Gesichtsausdruck machte ich mich auf den Weg in dem Keller, um die Heizung anzuschmeißen. Natürlich ist der Keller grundsätzlich immer der kälteste Ort im ganzen Haus. Eigentlich ja eine sinnvolle Einrichtung, wenn man bedenkt, dass die Bewohner gute Chancen haben, auf dem Weg dorthin zu erfrieren - so spart man Heizkosten... Was für ein schwachsinniger Gedanke! Meine Mundwinkel zuckten ein wenig, während ich im Dunkeln nach dem Lichtschalter taste, doch auch meinem Grinsen war es hier unten wohl zu kalt, und ich kam nicht umhin, mich zu fragen, wer zum Teufel die verdammte Heizung überhaupt ausgeschaltet hatte, denn ich war es bestimmt nicht gewesen. Kayin auch nicht, soviel war klar, und mehr Leute bewohnten dieses Haus im Augenblick nicht. Emi hatte allerdings noch einen Schlüssel für die Tür und natürlich Sho, aber dass mein lieber Bruder jahrelang verschollen blieb und dann nur nach hause zurückkehrte um heimlich die Heizung auszuschalten, nur um seine Mitmenschen zu ärgern erschien mir doch ziemlich unwahrscheinlich.

Blieb Emi, aber die hätte wenig Grund gehabt, herzukommen und das leere Haus zu besuchen, und außerdem war sie heute meines Wissens nach zu Besuch bei einer Freundin in... na ja, irgendwo anders halt. Schied also auch aus. Jetzt hatte ich nur noch die Möglichkeit, das Rätsel der abgestellten Heizung als unlösbaren Fall zu den Akten zu legen oder die Schuld irgendwelchen Poltergeistern oder ähnlichen Dingern in die Schuhe zu schieben. Ich wischte diese ebenfalls nicht gerade sehr sinnige Verdächtigung beiseite und war doch recht froh, als meine suchenden Finger endlich mit dem Lichtschalter kollidierten - und ich dabei wieder Erwarten keinen elektrischen Schlag bekam. Das passiert zwar normalerweise auch nie, aber es hätte diesem Tag noch mal die Krone aufgesetzt. Das Licht ging sogar brav an, anstatt mich alleine mit den untoten Heizungssaboteuren im Dunklen stehen zu lassen. Klar, Geister gibt es nicht, das wusste sogar ich, aber deswegen musste ich sie ja nicht unbedingt mögen.

Irgendwo rechts neben der Tür zum Heizungsraum fand ich dann auch jene Gerätschaft, die diesem Zimmer den Namen gab und schmiss sie an. Die Heizung bestätigte ihre Inbetriebnahme durch ein verhaltenes Rumpeln, gefolgt von einem beständigen Surren. Das Haus, welches ich bewohnte, größtenteils allein und auch nur dann, wenn ich zufällig mal da war, war schon ziemlich alt, da es nun schon mehrere Generationen von Shinjios und ähnlichen Familien beherbergt hatte, und es war dementsprechend auch schon recht lange her, dass diese Heizung mal modern gewesen war. Ehrlich gesagt befürchtete ich jedes Mal, wenn ich sie anstellte, das sie mir nun endlich mal mit einem lauten Knall um die Ohren fliegen und mich in ein knuspriges Eiji-Toast umwandeln würde. Na ja, wenigstens war es kein Kohleofen mehr... Die Vorstellung ließ mich erschaudern, aber da ich sowieso am ganzen Körper zitterte fiel das nicht weiter auf.

Irgendwann kam ich wieder oben an und ließ mir von meinen kalten Füßen erzählten, dass ich wohl besser Hausschuhe angezogen hätte, bevor ich da runtergelatscht war. Als ob das jetzt noch so eine große Rolle gespielt hätte...

Da ich aus Erfahrung wusste, dass es noch mindestens eine Stunde dauern würde, bis das Anstellen des Heizkörpers messbare Auswirkungen auf die Zimmertemperatur zeigen würde, begab ich mich sogleich ins Wohnzimmer, um dort den Kamin anzumachen. Ich kniete mich also vor selbigem auf den Fußboden und begann mit der mir eigenen Professionellität die sich schon darin befindlichen Holzscheite und ausgemusterten Zeitschriften in Brand zu steckten. Eine lose Seite aus einer alten Fernsehzeitschrift erinnerte mich daran, dass vor etwa zwei Wochen dieser Film im Fernsehen gelaufen war, den ich schon verpasst hatte, als er im Kino lief. Mist, den hatte ich mir eigentlich ansehen wollen. Na ja, egal, dachte ich, während ich zusah, wie der Artikel langsam von den Flammen verschlungen wurde, der würde sowieso bald wiederholt werden. Dann konnte ich ihn wieder verpassen.

Irgendjemand - ich vermute, dass es Kayin war - hat mal das Gerücht in die Welt gesetzt, ich hätte es als Kind einmal beinahe geschafft, beim Rumspielen mit dem Kaminfeuer mit so einem alten Rest Zeitung das Haus abzufackeln, was natürlich kein Bisschen den Tatsachen entsprach. Es war ein trockener Tannenzweig gewesen...

Nachdem das Feuer erst einmal loderte - und zwar nur im Kamin! - stellte ich fest, dass es hier direkt davor nun doch langsam recht kuschelig wurde und beschloss, vorerst einfach hier sitzen zu bleiben. Nach einigen Minuten tauchte dann auch Kayin wieder auf und der Schein des Feuers schimmerte auf seinen feuchten Haaren und seiner hellen Haut. Ich starrte ihm solange halbwegs fasziniert an, bis ich merkte das ich ihn fasziniert anstarrte und ging dann dazu über mich zu fragen, wo zum Teufel der solange gesteckt hatte. Dann fiel mir auf, dass er sich bereits trockene und warme Kleidung angezogen hatte. Das musste mir bei all dem Gestarre irgendwie entgangen sein...

Ich blickte an mir hinab und stellte fest, dass ich noch immer meinen flauschigen blauen Bademantel trug... na ja, auch recht. Ich würde mich hier jetzt jedenfalls nicht wegbewegen, um mich umzuziehen.

Kayin warf einen bewundernden Blick auf das Kaminfeuer, als hätte er mir so viel Eigeninitiative gar nicht zugetraut, und kuschelte sich dann mit der in diesem Raum allgegenwärtigen Wolldecke auf die Couch.

Ich wandte mich um, um auch meinem Rücken etwas Wärme zu gönnen und grinste ihn an.

"Du darfst Gott zu mir sagen!" erlaubte ich ihm gönnerhaft.
 

Kayin sagte auch weiterhin Idiot zu mir, was mich ehrlich gesagt nicht überraschte. Trotzdem kam ich nicht umhin, darüber nachzudenken, ob ,Idiotengott' jetzt eine Verbesserung darstellen würde, oder nicht. Ich äußerte diesen Gedanken meinem lieben Kumpel gegenüber und er nannte mich beim besagten Namen und fragte, ob ich mich jetzt besser fühlen würde. Eigentlich nicht. Na ja, den Versuch war's wert gewesen.

Das Knacken und Knistern aus dem Kamin lullte mich langsam aber sicher von der realen Welt in jene Welt, in die nur schläfrige kleine Eijis jemals Einblick erhielten und deren Geheimnisse wohl auch besser für immer welche bleiben. Auch Kayin war auf der Couch schon ziemlich weggetreten, als uns ein verdächtiges Klacken aus dem Dämmerzustand riss. Nun ja, zumindest hätte es das tun sollen, aber irgendwie ähnelte unser ,Dämmerzustand' dann wohl doch schon zu sehr einem ausgewachsenen Koma, als dass das Geräusch der sich öffnenden und schließenden Tür noch irgendwie in unser Bewusstsein vorgedrungen wäre. So bemerkte ich Emi erst, als sie schon direkt neben mir stand und mich mit einem Schwall kalter Luft begrüßte. Diese heimtückische Attacke drang fast unbehindert durch meine mühsam aufgebauten Schutzschilde aus warmer Luft und ließen mich frösteln. Trotzdem spielte ich eine Sekunde lang mit dem Gedanken, mich einfach tot zu stellen, in der Hoffung, dass sie dann wieder gehen und ihre kalte Luft mitnehmen würde.

"Ich weiß, dass du wach bist, Eiji!" drang nun aber ihre liebliche Stimme durch meine Gedanken. Mist. Sie hatte mich durchschaut!

"Hallo, Emi!" rief ich also und versuchte meine Stimme einen freudig-überraschten Klang zu geben, gewürzt mit einer winzigen Prise Schlaftrunkenheit. Dem Blick nach zu urteilen, den sie mir zuwarf, war dieser Versuch ganz jämmerlich gescheitert. "Ich dachte du wärst noch in... irgendwo," fuhr ich fort und versuchte, meine Stimme möglichst normal klingen zu lassen, was jedoch daran scheiterte, dass ich dabei anfing, mir Gedanken darüber zu mach, was ,Normal' bei mir eigentlich bedeutete. Dies schien Emi allerdings nicht aufzufallen, denn sie winkte mit einer großzügigen Geste ab.

"Ist was dazwischengekommen," meinte sie nur. "Ich fahre morgen."

"Na fein!" stellte ich fest. "Und was treibt dich zu so später Stunde noch hierher?"

"Erstens ist es noch nicht so späht und zweitens wollte ich nur meine Tasche holen, die ich vorhin hier vergessen habe."

"Vorhin?" echote ich ziemlich verständnislos. Wann vorhin? Es gab kein Vorhin!

Oder doch? Ich warf hilfesuchend einen Blick zu Kayin hinüber, aber der tat so als wäre er eine Wolldecke und ignorierte mich.

"Ich war vorhin schon mal hier, um zu sehen , ob ihr da wärt," lüftete die einzige Weibliche Komponente neben Kayins Haaren in diesem Raum das Geheimnis. Und gleich noch eines dazu! "Da dem nicht so war, bin ich wieder gegangen. Ach ja, ich hab übrigens die Heizung etwas runtergestellt, das Haus war völlig überheizt."

Ich glaube, jeder Mensch kennt das Gefühl, dass ich in diesem Augenblick verspürte. Es ist das Gefühl, dass einem sagt, man würde sich vermutlich gleich viel besser fühlen, wenn man nur eine bestimmte Person vom Diesseits ins Jenseits befördern würde. Dummerweise ist das aber gesetzlich verboten und unserer Beziehung hätte das auch nicht gut getan. Ich ließ es also bleiben.

"Danke, das war sehr vorausdenkend von dir!" stöhnte ich statt dessen nur und hoffte, dass in meinem Tonfall nicht allzu stark meine Gedanken mitschwangen.

Offensichtlich nicht. Emi setzte sich auf die Couch, offensichtlich ohne allzu viel Angst um ihr Leben. Was wollte die eigentlich noch hier?

"Seid ihr Heiligabend zu hause?" fragte sie, offensichtlich nicht gewillt, sich wieder zu erheben, ihre Kalte Luft zurückzupfeifen und mit selbiger in Friedern von dannen zu ziehen. Plötzlich sehnte ich mich nach meinem Bett und ein Paar warmen Socken.

"Sag mal, wo steckt eigentlich Kayin?" fragte Emi weiter und sah sich suchend um. Ich machte eine unbestimmte Geste in ihre Richtung.

"Ich glaube, du sitzt drauf..."

Das Geräusch, dass Mädchen in solcherlei Situationen von sich zu gegen pflegen ist... seltsam, aber interessant. Wieder einmal bereute ich, kein Tonbandgerät bei mit zu haben, als meine Freundin mit einem niedlichen kleinen Hopser aufsprang und die Wolldecke beiseite zog.

"Hallo," sagte Kayin.

"Achherrjeh!" sagte Emi.

"Bradeldu," sagte ich. Das hatte keine besondere Bedeutung, ich hatte nur das Bedürfnis, irgendetwas zu sagen.

Naja, ich wurde sowieso ignoriert.

Aber dennoch, die Taktik ging auf. Emi war der Vorfall offensichtlich so peinlich, dass sie sich doch recht schnell zurückzog. Schön und gut, aber verstehen tat ich es nicht so recht. Ich meine, von so was geht die Welt nicht unter, und - auch wenn bösartige Gerüchte etwas anderes behaupten - ich glaube nicht, dass Kayin sie deswegen gleich in Steifen schneiden und dem nächsten Supermarkt als Rind anbieten würde. Andererseits...

Naja, wenn ich so daran dachte, auf wen ich mich im Laufe meines Lebens schon so alles versehentlich draufgesetzt hatte... Und auf wen so allem mit Absicht...

Besser nicht darüber nachdenken, sonnst redete ich noch im Schlaf davon. Die Fleischabteilung beim Supermarkt wäre einfach ein zu banales Ende für jemanden wie mich.



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Kveldulf
2010-04-25T15:09:59+00:00 25.04.2010 17:09
Das Kapitel ist genauso gelungen wie das erste!^^
Der Humor gefällt mir sehr >.<
Schreibst du daran weiter? Das were toll!

Von:  Kveldulf
2010-04-25T14:52:25+00:00 25.04.2010 16:52
Hey~<3
Ich hab mir das Kapitel durchgelesen und muss sagen ich bin begeistert!
Es is voll lustig zu lesen, und bessonders der Teil wo Eiji sagt er kann nicht mal von der Blattform spriengen um sich vorzeitig ins aus zu befördern gefällt mir >.<
Ich werd auf jedenfall das zweite Kapitel lesen~

P.S.:Kennst du den Anime zum Spiel? Ich würd den so gern sehen und find aber keinen vernümpftigen Link zum downloden!

Gute Arbeit >.<d
Von: abgemeldet
2003-09-27T11:03:31+00:00 27.09.2003 13:03
Mein Kommentar bleibt das gleiche wie scho bei Prelude to Tragecy-Sofia!Cu,SylverXD


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