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Slowmotion Suicide

KyoxDie
von

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Slowmotion Suicide

Ein leises Keuchen entweicht meinen Lippen und ich schließe die Augen, genieße dieses Gefühl, wie warme Flüssigkeit über meine Hand rinnt, meine Finger hinunter und dann mit einem leisen tropfenden Geräusch auf dem weißen Porzellan des Waschbecken landet.

Nach einigen tiefen Atemzügen schlage ich blinzelnd meine Augen auf, blicke hinab in das Waschbecken und betrachte stumm, aber irgendwie zufrieden, wie die roten Tropfen sich ihren Weg zum Abfluss bahnen und darin verschwinden.

Ich drehe den Wasserhahn auf, damit es schneller geht und ich nachher nicht zu viel sauber machen muss. Getrocknetes Blut geht so schwer ab. Umsichtig reinige ich auch die Rasierklinge, die ich benutzt habe, und stecke sie, nachdem ich sie wieder in ihr weißes Papierbriefchen gesteckt habe, in meine Hosentasche.

Erst danach wandert mein Blick zu dem Schnitt an meinem linken Unterarm, knapp über dem Handgelenk. Er ist tief, aber die Kanten sind glatt, wie immer. Meine Rasierklinge ist scharf, dafür sorge ich immer. Stumpfe Klingen bringen mir keine Befriedigung, bringen nicht den Schmerz, den ich brauche.

Genießend schließe ich meine Augen, lehne mich gegen die kühlen Fliesen in meinem Rücken, lasse mich zu Boden sinken und betrachte den Schnitt, beobachte, wie immer wieder rotes Blut aus der Wunde perlt und über meine weiße Haut rinnt.

Ich habe den Arm an meine Lippen, lecke über die Wunde und keuche ob dieses süßen brennenden Schmerzes auf, den dies verursacht. Im Spiegel sehe ich, wie sich meine Pupillen weiten, ganz so, als hätte ich Drogen genommen und in gewisser Weise, habe ich das ja auch getan. Mich selbst zu verletzen und mein eigenes Blut, beides sind meine Drogen. Ich weiß, dass ich süchtig bin und ich kann trotzdem nichts dagegen tun, will es auch gar nicht. Mir geht es nur um diesen süßen Schmerz, der mich immer wieder darauf hinweist, dass mein Körper noch am Leben ist, denn ich fühle mich immer so weit von ihm entfernt, so als würde er nicht zu mir gehören. Nur wenn ich mich schneide, ist eine Verbindung da.
 

Ich habe die Augen geschlossen und hänge meinen Gedanken nach, daher merke ich, erst als es zu spät ist, das jemand das Bad betreten hat. Meine Augen fliegen auf, als mich dieser jemand sanft am Arm berührt und mich anspricht. Mühsam gelingt es mir, mich auf diese Person zu fokussieren. "…Daidai…", murmele ich erschreckt, als ich den roten Schopf vor mir ausmache und dieser mich nur traurig ansieht, meinen Arm langsam hebt und beginnt die Blutung zu stillen. Es tut weh, als er die Wunde desinfiziert und verbindet, aber ich wehre mich nicht. Es bringt ja ohnehin nichts. Ich lasse ihn gewähren, und als er fertig ist, nimmt er mich auf den Arm und bringt mich zurück ins Wohnzimmer, setzt mich auf dem Sofa ab und schaut mir ernst in die Augen, nachdem er sich vor mir hingehockt hat.
 

+++Die+++
 

'Kyo ist schon eine Ewigkeit im Bad…ob er wieder? …ganz sicher…ich weiß zwar nicht WARUM, aber ich weiß, DASS er es schon wieder tut…das ist doch wirklich ein Slowmotion Suicide, den er da begeht…warum zum Teufel…er könnte doch auch mit uns…mit mir über seine Probleme reden', geht es mir durch den Kopf. Ich starre die Badezimmertür jetzt seit bald einer Stunde an und es ist nichts von dort zu hören. Kein Wasser laufen oder irgendwelche Geräusche, die überhaupt andeuten, was Kyo dort tut. Es bleibt wirklich nur die Schlussfolgerung, dass er sich wieder selbst verletzt. Ein Seufzen entwischt meinen Lippen und ich begebe mich langsam zum Bad. Innerlich bereite ich mich schon mal auf diesen altbekannten Anblick von Kyo mit blutüberströmten Armen vor, denn ich bin mir sicher, genau das werde ich gleich vorfinden. Ich öffne leise die Tür und sehe ihn da zusammengesunken an der Wand lehnen, den linken Arm schlaff und blutig in seinem Schoß. Selbst sein Gesicht ist blutverschmiert, also hat er es wohl wieder abgeleckt, so wie er es gerne mal tut. 'Hoffentlich ist er noch am Leben' Ich knie mich neben ihn und schüttele sanft seinen anderen Arm. Er schreckt hoch und ich sehe die Angst in seinen Augen, als er mich sieht. Das stimmt mich traurig und ich gehe davon aus, dass er das auch in meinen Augen sieht. Aber damit gebe ich mich jetzt erst einmal nicht ab.

Ich versorge erst einmal die Wunde an seinem Arm. Es überrascht mich, dass es tatsächlich nur ein Schnitt ist, aber er ist verdammt tief und nah am Handgelenk. Er hat echt Glück gehabt, dass er nicht die Schlagader erwischt hat. Ich lege ihm einen strammen Druckverband an und trage ihn dann aus dem Bad ins Wohnzimmer. Dass er nicht protestiert, überrascht mich ziemlich. Normalerweise würde er mir jetzt an die Kehle springen, aber das er so still ist, lässt nur noch mehr Sorge in mir aufsteigen und daher sehe ich ihn ernst an, während ich mich vor ihn hinhocke. Einige Momente lang sehe ich ihn einfach nur an, bevor ich ihn in meine Arme ziehe. Ich bringe es nicht über mich mit ihm zu schimpfen, wenn er so fertig aussieht.
 

+++Kyo+++
 

Ich erwidere seinen Blick mit großen Augen. Ich bin so müde. Diese Aktion heute war wohl nicht die intelligenteste, denn ich habe anscheinend wirklich viel Blut verloren. Mehr als ich geahnt habe. Jetzt warte ich nur darauf, dass er mir wieder eine Standpauke hält, wie immer, wenn er mich gefunden hat, aber stattdessen finde ich mich in seinen Armen wieder. Dieser Tag verwirrt mich immer mehr und ich kaue auf meiner Unterlippe herum, nutze den leichten Schmerz, um mich aufs hier und jetzt zu fokussieren. "…ich bin müde…und es tut weh…", sage ich dir leise, verstehe im selben Moment noch nicht einmal, warum ich dir das sage. Das es wehtut ist doch der Sinn der Sache.
 

+++Die+++
 

Als ich deine Worte höre, seufze ich leise auf. Ich drücke dich einfach nur an mich, halte dich im Arm und schließe die Augen. "Du willst doch immer, dass es weh tut, Kyo…und dass du so müde bist, liegt am Blutverlust…dagegen kann ich nichts tun.", erwidere ich ruhig, streichle dir über den Rücken, um dich wenigstens zu beruhigen.

Meine eigenen Gedanken schalte ich einfach ab, will jetzt nicht über die ganzen Was-wäre-wenn's nachdenken, die normalerweise durch meinen Kopf geistern, wenn ich dich so gefunden habe.

Gerade zählt für mich einfach nur die Nähe zwischen uns beiden, denn so nah wie jetzt, komme ich dir sonst nie.
 

+++Kyo+++
 

Der Schmerz, der bei jedem Atemzug, durch meinen Körper jagt, hält mich wach und in deinen Armen. Ich weiß, dass du mich liebst und dass ich dir immer wieder wehtue, wenn ich mich selbst verletze, aber ich kann nicht anders. Ich weiß mir einfach nicht zu helfen. Wenn ich mir nicht selbst wehtue, dann verliere ich jeglichen Bezug zur Realität. Ich verliere mich einfach in mir selbst, meinen Gedanken und bekomme gar nichts mehr von dem mit, was um mich herum vorgeht. Aber ich glaube, dass habe ich weder dir noch den anderen je gesagt. Vielleicht sollte ich das tun. Ja…das sollte ich. Zögerlich beginne ich dir zu erzählen, was in mir vorgeht. Du sollst merken, dass ich dir vertraue, mehr als jedem anderen Menschen. Meine Worte perlen langsam über meine Lippen. Es strengt mich unheimlich an, darüber zu sprechen, aber ich möchte, dass du Bescheid weißt.
 

+++Die+++
 

Als er beginnt zu sprechen, werden meine Augen kugelrund. Er erklärt mir langsam und ruhig, wieso er sich selbst so sehr verletzt und ich kann kaum begreifen, dass er sich sonst in seiner eigenen Welt verliert und keinerlei Bezug mehr zur Realität hat. Für ihn scheint es keinen anderen Ausweg zu geben und das muss ich erst einmal verdauen.

Ich drücke ihn noch enger an mich, versuche ihm Halt zu geben. Ich lausche seiner melodiösen Stimme und versuche das Ausmaß des Ganzen zu erfassen, doch das steht gar nicht in meiner Macht. Was ich begreife, ist die Tatsache, dass er mir vertraut, denn sonst würde er mir das hier nicht erzählen, sondern hätte vielleicht Kaoru ausgewählt, weil der als unser Leader viel besser damit umgehen kann, oder Toshiya, seinen besten Freund oder Shinya, weil der immer so verschwiegen ist und nichts verrät, aber stattdessen erzählt er es mir. Das ist ein ungeheurer Vertrauensbeweis.
 

+++Kyo+++
 

Zögerlich blicke ich auf zu dir, versuche an deinem Gesicht zu sehen, wie du diese Sache aufnimmst, aber auf deinem Gesicht spiegeln sich so viele Emotionen, dass ich zum ersten Mal, seitdem wir uns kennen, nicht sagen kann, was in dir vorgeht. Normalerweise bist du für mich am berechenbarsten von unserer Band, aber heute bist du mir ein Rätsel. Ich sehe Sorge, Unverständnis, Verständnis, Angst, die allgegenwärtige Liebe, die du für mich anscheinend empfindest, Reue, Ärger. Du scheinst wirklich sehr durcheinander zu sein, denn drückst mich enger an dich und ich muss gestehen, dieses Mal genieße ich es sehr. Vielleicht war es richtig, diesen Schritt zu gehen, denn er hat mich näher zu dir gebracht.

Ich verstehe zwar nach wie vor nicht, wie du so für mich empfinden kannst, wie du empfindest, aber es ist okay. Vielleicht hilft es mir dabei, diesen langsamen Selbstmord aufzugeben, denn nichts anderes begehe ich. Ich verliere mich Stück für Stück mit jedem Schnitt ein wenig mehr. Aber so, wie du mich gerade hältst, begreife ich endlich, dass ich nicht mehr allein in dieser Situation bin und daher schlafe ich jetzt langsam und mit einem Lächeln auf den Lippen in deinen Armen ein.
 

~Owari~



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2015-06-18T20:39:18+00:00 18.06.2015 22:39
Der letzte Satz ist der schönste. ♡
Du hast die Gedanken und Gefühle anderer, die eine solche Situation durchleben mussten wunderbar erfasst und geschickt verpackt.
Wunderbar!
Von:  NatsUruha
2015-03-05T13:50:03+00:00 05.03.2015 14:50
woooooooow ich finde gerade keine Worte..

lg
Von:  KillaKyo
2014-08-28T16:35:18+00:00 28.08.2014 18:35
Keine Angst, ich schlage niemanden der mich mit so was überrascht <3

Beim Titel lesen hab ich mir dann schon gedacht "oh nein nein nein, wenn sie ihn umbringt..."
aber du hast mir mit dem one-shot hier einen süßen Abend bereitet und ich kann nachher bestimmt ruhig und zufrieden einschlafen xD *knuff*

vielen vielen Dank dafür!

Und beim nächsten Mal wenn du Kyo ins Badezimmer verfrachtest, setz ihn mit viiielen Blubberblasen in die Wanne ;P
Von: abgemeldet
2014-08-27T19:43:40+00:00 27.08.2014 21:43
jetzt in ehren - das ist wirklich gut
mir fehlen einfach die brauchbaren worte
um diese one-shot zu beschreiben


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