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You were something special

von

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5.

Nur ein Blick nach unten, zurück in das Gesicht seiner Frau brachte die Erkenntnis und mit ihm ein heiseres, trockenes Lachen, das in einem schluchzähnlichem Geräusch unterging.

Kakarott machte sich Sorgen.

Um ihn.
 

Er hatte diesen Ausdruck so oft in ihren Augen gesehen, dass er nicht begriff, wie er es hatte übersehen können, dass er einfach nicht verstand, warum es so lange gedauert hatte ihn auch wirklich zu entschlüsseln und doch war es am Ende einfach nur lächerlich. Er war immer noch ein Prinz und er würde ganz sicher nicht zulassen, dass ein Unterklasseidiot ihn so ansehen würde, nicht jetzt und auch in naher Zukunft nicht.

Schließlich blieb ihm nichts anderes übrig als die Tatsachen zu akzeptieren, die grausame Realität in sich aufzunehmen und sie anzunehmen, als das was sie war.

Sie war tot.

Und sie würde nicht wieder kommen, egal wie lange er hier saß und ihre Hand hielt, die sich ebenfalls so real und endgültig anfühlte. Sie würde die Augen geschlossen lassen und ihn nie wieder dieses Licht sehen lassen, so dass er die seinen ebenfalls noch einmal kurz schloss und mit sich beriet, was er machen sollte, bevor sich seine Kiefer zusammenpressten. Es war einfacher die Realität anzuerkennen, aber es war so verdammt schwer auch wirklich loszulassen und sie gehen zu lassen, sie ziehen zu lassen. An diesen einen bestimmten Ort, an dem er doch noch hoffte eines Tages erneut auf sie treffen zu können, wenngleich er die Erkenntnis lange erhalten hatte, dass dem nicht so sein würde.

Am Ende blieb ihm nichts weiter übrig als zuzulassen, dass seine Tränen sich aus seinen geschlossenen Lidern zwängten und seine Wangen nach unten liefen, während er ihre klammen Finger ein letztes Mal fester umschloss. Sie drückte und in einem Ausdruck purer Verzweiflung nach unten lehnte, um ihr einen letzten Kuss auf die Stirn zu hauchen, während er sich aller beobachtenden Blicke nur allzu bewusst war und sich dennoch nicht daran stören konnte.

Sie waren hier und zumindest ein Teil davon war seine Familie.

Er hatte nichts mehr verlieren, nichts mehr außer seinem Verstand, der sowieso lange nicht mehr der war, der er sein sollte. Der sich langsam aber sicher aus dieser Welt verabschiedete und ihn als etwas zurückließ, das er von Anfang an niemals hatte sein wollen und was nur sie aus ihm gemacht hatte.
 

Er liebte sie, nach wie vor, aber es war besser sie ziehen zu lassen.

Alle Trauer dieser Welt, alle Verzweiflung in seinem Herzen und auch das schwarze Loch, an dem einmal ihre Stelle gewesen war, würden sie nicht zu ihm zurückbringen und so entließ er ihre Hand schließlich der seinen in einer langsamen, beinahe ungewollten Bewegung, als würde ihm die Tat alleine unglaubliche Schmerzen bereiten. Und vielleicht war es ja auch so, vielleicht konnte er nicht mehr über diesen einen letzten Schatten springen, weil er ihn bereits viel zu lange festgehalten hatte und nicht fähig war, das gedachte auch in die Tat umzusetzen.

Erst dann sah er wieder auf und spielte nicht einmal mehr mit dem Gedanken die Zeichen seiner Trauer davon zu wischen, während sich seine Kiefer zusammenpressten und seine Muskeln arbeiten ließen. Ein schweres Schlucken vervollständigte seinen inneren Kampf und er wandte sich wortlos wieder von Kakarott ab, dessen Augen ihn die gesamte Zeit nicht verlassen hatten, nur um seinen Kopf ein wenig zu wenden und zu seinem Sohn zu blicken.

Es fiel ihm wirklich schwerer, als er immer angenommen hatte und er kam nicht umhin einen tiefen Atemzug zu nehmen, der zittriger ausfiel, als ihm selbst lieb war, während ihm der Kontakt zu seiner Frau schon jetzt fehlte und er die Entscheidung am liebsten rückgängig gemacht hätte. Sich wieder zurückgelehnt hätte, nur um ihre kalten Finger wieder in die seinen zu nehmen und zu versuchen dieser Wahrheit aus dem Weg zu gehen, weil sie für ihn so wenig Substanz besaß wie alles andere in diesem Moment auch. Alles, was er greifen konnte war negativ und wieder einmal konnte er sich darüber besinnen, dass er eigentlich derjenige gewesen sein sollte, der sie verließ.

Aber hätte er ihr das wirklich zutrauen sollen?

Hätte er diesen Platz so bereitwillig tauschen können, nur um ihr diesen Schmerz zu überlassen, die Trauer sie einnehmen zu lassen, weil sie seinen Verlust nicht verkraften konnte? Wollte er das wirklich oder war es am Ende doch das, was hier geschah und nur einen Ablauf des Lebens darstellte, den er nicht ändern konnte. Das und nichts weiter und seine Lippen öffneten sich, nur damit der nächste zittrige Atemzug seine Worte erstickte, die er versuchte zu formen.
 

"Ist alles bereit?" Selbst für ihn klang seine eigene Stimme belegt und wie die eines Fremden und es war so verdammt schwer seinem Sohn in die Augen zu sehen und dabei dieselbe Gram, denselben Schmerz zu erblicken, den er fühlte und nebenbei bemerken zu müssen, dass er sich weitaus besser zu halten schien, als er.

"Ja. Der... Doc ist unten." Er konnte ihn spüren und nickte lediglich, weil jedes weitere Wort überflüssig gewesen wäre. Das war nur Formalität, ein gewisses Übel, das er eingehen musste, auch wenn er es nicht wollte und als Trunks die Lippen zu einer schmalen Linie zusammenpresste, musste er sich förmlich dazu zwingen den Blick von ihm zu nehmen und seine Tochter anzusehen. Ein schweres Schlucken konnte den Kloß, den alles einnehmenden Felsen in seiner Kehle auch nicht beseitigen und er musste für einen Augenblick die Augen schließen, um sich zu sammeln.

Um die Kraft aufzubringen, sie auch wirklich anzusehen. So alt sie geworden war, sie war und blieb immer seine Prinzessin, aber in diesem Moment sah sie ihrer Mutter so ähnlich wie noch nie, was den Schmerz nicht zwingend leichter zu ertragen machte und doch... doch tat er etwas, das vielleicht keiner der hier Anwesenden von ihm erwartet hatte. Langsam erhob er sich aus der Position, die er die gefühlten letzten Tage nicht verlassen hatte, nur um die zwei Schritte zu machen, die ihn zu ihr bringen würden und sie letzten Endes einfach stumm und wortlos in den Arm zu nehmen.

Eine kurze, wenn auch so intensive Berührung, dass es ein weiteres ersticktes Schluchzen aus ihrer Kehle riss und ihn dazu brachte, die Augen ein weiteres Mal zu schließen, die Kiefer aufeinander zu pressen, so dass seine Muskeln begannen zu schmerzen, nur um sich wieder von ihr lösen. Ein kurzer Blick auf Kakarott folgte, ein winziges, angedeutetes Nicken in seine Richtung und dann wandte er sich ganz ab.

"Wir sehen uns nachher."
 

Sie hatten oft und lange darüber geredet und waren zu dem Schluss gekommen, dass eine normale Beerdigung für Bulma einfach nicht die richtige Lösung war. Es würde ihrem Stand nicht entsprechen, ihrem Willen und ihrem Geist nicht den nötigen Respekt zollen, so dass sie am Ende auf eine ganz andere, simple sowie schwere Lösung gekommen waren, die er ihr einfach nicht verwehren wollte. Ihren letzten Wunsch, diese eine Sache konnte er ihr einfach nicht abschlagen und egal wie schwer dieser Schritt auch zu gehen war, er würde ihn machen, nur um sie zufrieden zu stellen, um sie im Jenseits glücklich zu machen.

Das alles hier war nichts weiter als eine Pflicht.

Eine formelle Angelegenheit, die simultan zu seiner eigenen Handlung lief und ihnen nichts anderes übrig blieb, als sie anzugehen, weil es Pflicht war. Eine Tradition, die nicht darüber hinwegtäuschen konnte, dass sich der fragende Blick Kakarotts in seinen Rücken bohrte, während er sich zur Tür begab und sie öffnete, nur um abermals im Rahmen stehen zu bleiben. Die Hand an eben jenen gelegt, richtete er den Blick zu Boden und versuchte wirklich, wirklich und wahrhaftig sich von diesem Raum zu lösen.

Den Gedanken anzunehmen.

Und doch fiel es ihm so unendlich schwer sie hinter sich zu lassen, sie alleine zu lassen, so wie sie es mit ihm getan hatte. Es waren nur ein paar Schritte und doch bekam er das Gefühl, dass sein Seelenheil davon abhing, wenn er nun gehen würde und in einen Abgrund stürzen würde, aus dem er sich nicht mehr befreien konnte. Aber er musste es tun, weil es ihr Wunsch gewesen war.
 

Das und nichts weiter.

Nur ein einziger Wunsch, an dem doch soviel hing und das er nicht einmal beschreiben konnte. Ihm würden keine Worte der Welt einfallen, die er ihr sagen könnte, sollte er sie eines Tages doch wieder sehen. Ihm würden keine Worte einfallen, um zu beschreiben wie er sich in diesem Moment fühlte, in dem er die Hand vom Rahmen löste und einen Schritt nach draußen machte, nur um die Kälte zu spüren, die sich in die Flure gelegt hatte und eisige Dunkelheit hinterließ. Er würde wirklich niemals beschreiben können, wie sehr sein Inneres sich in diesem Augenblick zusammenzog und er wahrlich dem Drang widerstehen musste, sich umzudrehen und zu ihr zurückzukehren.

Er konnte nichts mehr für sie tun und nur Gedanke, dass er sie aufhalten würde ihren Weg in die Nachwelt zu finden, hielt ihn in diesem Moment am laufen, hielt ihn zusammen und ließ ihn nicht zusammenfallen.

Er hatte sich etwas anderes gewünscht, aber die Zeit war vergangen und ihr Ergebnis so grausam, dass es ihm beinahe den Boden unter den Füßen wegzog, als er einen weiteren Schritt machte und gefährlich schwankte, so dass er die Hand erneut ausstreckte und an die Wand legte. Die Zeit spielte keine Rolle mehr, ihre Taten waren unverkennbar und würden ihn weiterhin verfolgen, so wie seine Vergangenheit ihn niemals wirklich losgelassen hatte, weil sie das war, was ihn zu dem gemacht hatte, der er heute war.

Die Zeit spielte nur ein Spiel und am Ende blieb die Frage übrig, zu was sie überhaupt da waren, was der Sinn hinter einer einzelnen Existenz war oder ob es schlicht und einfach nur eine Laune der Natur war, sie alle gehen zu lassen. Auch er würde irgendwann gehen müssen, das war ihm mehr als nur klar, aber warum erst den gesamten Schmerz eines Lebens in sich aufnehmen, um danach doch wieder alles zu verlieren und zurück zu bleiben in einer Welt, die niemals die seine gewesen war und die in diesem Moment so kalt, unerbittlich grausam und vor allem dunkel erschien, wie er sie lange nicht wahrgenommen hatte.
 

Wo blieb der Sinn hinter diesem Sein, das nicht mehr sein durfte?

Wo war der Sinn hinter dem Schmerz, der ihm das Herz aus der Brust riss und seine Kehle zuschnürte, so dass jeglicher Versuch sich auf den Beinen zu halten beinahe erfolglos erschien und nur der kalte Putz einer Wand etwas hinterließ, das er nicht greifen konnte. Wo war der Sinn dahinter, sich derart selbst leiden zu sehen, nur weil man eine Person gehen lassen musste, die man über sein halbes Leben lang einfach nur geliebt hatte und nun alleine auf weiter Flur zu stehen und nicht zu wissen wie es weitergehen sollte?

Er schüttelte den Kopf und setzte seinen Weg fort, immer im guten Gewissen, dass es ihr Wunsch gewesen war. Dass er ihn ihr erfüllen musste und erst dann, erst dann wenn alles erledigt war, in der Lage sein konnte sich selbst eine Auszeit zu gönnen.

Aber er hatte noch etwas zu erledigen, musste noch Vorbereitungen treffen, zu denen er noch nicht gekommen war. An ihrer Seite zu sein war ihm wichtiger erschienen als dieser ganze Nonsens, der im Nachhinein wirklich keinen Sinn ergeben wollte und nur eine Endgültigkeit in die ganze Sache brachte, die ihm erneut einen Schauer der Verzweiflung den Rücken hinunter trieb.

Er war kein Idiot.

Vegeta war völlig klar, dass das Leben auch ohne sie weitergehen würde und genau aus diesem Grund versuchte er seine Gestalt zu straffen und Tage des Sitzens, Tage absoluten Hungerns und tiefer Verzweiflung hinter sich zu lassen, um etwas entgegen zu blicken, das nur er ihr noch geben konnte. Es war einfacher gedacht als getan und am Ende war es nichts weiter als ein fruchtloser Versuch, weil sowieso niemand hier war, der seine Tränen sehen konnte, weil sowieso niemand mehr hier war und ihn auf seinem Weg begleiten würde, den er alleine antreten würde.

Nur ein Weg der Endgültigkeit - den sie sich gewünscht hatte.
 

~~~***~~~

Ich musste zugeben, dass sie eine bessere Köchin war, als ich ihr anfangs zugetraut hatte. Sie machte nun einmal nicht den Eindruck, dass sie sich für diese Dinge interessieren könnte, für etwas anderes als ihre kleinen Erfindungen, mit denen ich wiederum wenig anfangen konnte. Aber diese Meinung musste ich zumindest mir gegenüber revidieren, auch wenn ich sie niemals offen aussprechen oder sie gar in irgendeiner anderen Weise zeigen, als das was es für mich war. Ein Geheimnis, das nur mir gehörte und niemals das Licht des Tages entdecken würde, so wahr ich hier saß und ihren Blick noch immer auf mir liegen hatte.

Sie machte wahrlich keine Anstalten mich nicht anzustarren.

Ihren Blick auch nur für ein paar Sekunden von mir zu nehmen und unbewusst biss ich die Zähne zusammen, weil ich diese Art der Aufmerksamkeit nun wirklich nicht gewohnt war.

Ich kannte Blicke, so war es nicht, aber meist waren diese Blicke voll Hass und Abscheu, voll niederträchtiger Gerissenheit und niemals auf diese Weise auf mich gerichtet. Und gerade in diesen Momenten begann ich mich zu fragen, was wirklich in ihrem Kopf vorging - wenn sie doch so ein Genie war, wieso begriff sie nicht, dass ich nicht der Richtige für sie war und wieso nahmen ihre Bemühungen nicht endlich wieder ab, sondern wurden stattdessen nur noch mehr, so dass ich selbst kaum mehr hinterher kam.

Konnte sie nicht warten?

Warten, bis diese Zeit vorbei war und dann sehen, ob ich noch am Leben war und wenn ich es war, ob ich auch wirklich hier bleiben würde? Denn noch hatte ich mich nicht endgültig entschieden, der Punkt zu gehen war noch nicht überschritten und ich wusste beim besten Willen noch nicht, was ich danach machen würde, ob mir der Gedanke an ein freies Leben im All wirklich noch genug gab. Denn dort hatte ich eigentlich genug Zeit meines Lebens verbracht.
 

"Schmeckt es dir?" Ich sah auf und schluckte das, was ich im Mund hatte hinunter, nur um ihr doch keine Antwort zu geben. Was erwartete sie eigentlich von mir? Welche Antwort wollte sie hören und welche war vielleicht die, die sie wieder von mir treiben konnte? Aber ich kam auf kein Ergebnis, egal wie lange Sekunden ich darüber nachdachte und senkte den Blick schließlich einfach nur wieder auf meinen Teller und aß weiter, ohne ihr irgendwas gegeben zu haben.

Sie seufzte leise und gedämpft.

Nur ein kleines Geräusch, das trotz allem meine Ohren erreichte und mich eine Braue leicht nach oben ziehen ließ, ohne dass ich etwas anderes getan hätte. Sie brauchte eigentlich keine Antwort, ich war am Essen und schob es immerhin nicht einfach wieder von mir... war das nicht Antwort genug für sie? Aber wahrscheinlich waren Menschen ein Thema für sich und die Frauen dieser Spezies etwas wieder ganz anderes, so dass ich schlicht und einfach nicht wusste, wie ich damit umzugehen hatte.

Sie war eine starke Persönlichkeit, das war mir nicht verborgen geblieben, aber auch sie schien Anerkennung zu brauchen, wie alle anderen auch. Nur dass sie sie nicht von mir bekommen würde, weil ich gar nicht mehr wusste wie es war jemanden anzuerkennen, der einen nicht förmlich dazu zwang ihn zu huldigen. Ich wusste nach all den langen Jahren der Suche und der Aufträge im schwarzen Nichts des Alls gar nicht mehr, wie es wirklich sein musste sich mit jemanden zivilisiert zu unterhalten, ohne dabei einen Wutanfall zu bekommen oder ihn gleich zu pulverisieren, weil er einem auf den Sack ging.

Ich war nicht unkultiviert, ich war nur anders aufgewachsen und sie hatte es einfach nur noch nicht verstanden.
 

Wenn man es mit irdischen Maßstäben messen wollte, war ich mehr als ein Massenmörder und ich konnte wirklich nicht verstehen, wie man mich derart ansehen konnte. Wie man sich die ganze Zeit nehmen konnte und mich einfach nur beobachten wollte, weil es einem vielleicht Spaß machte oder nicht anders konnte als aus der Ferne zu betrachten, weil ich nicht in der Lage war meine Entfernung aufzugeben und mich heimisch, gar zu Hause zu fühlen. Weil ich nicht in der Lage war meine persönliche Schutzzone aufzugeben und zu sagen, dass es okay war, weil es das ganz sicher einfach nicht war.

Ich mochte nicht so aussehen, mich nicht so geben, aber das alles hier machte mich unsicher und ich war froh, als ich das Loch in meinem Magen endlich gestopft hatte und aufstehen konnte.

"Warte." Ich war bereits zwei Schritte gegangen, nur um jetzt doch noch einmal unschlüssig stehen zu bleiben. Für einen Moment beriet ich mit mir selbst, ob ich wirklich hier bleiben sollte, oder doch lieber einfach gehen sollte, ob ich sie ansehen sollte oder nicht, nur um mich letzten Endes dafür zu entscheiden, lediglich wieder eine Braue zu heben.

"Was ist denn noch?" Ich klang so ungeduldig wie ich mich fühlte, wollte ich doch eigentlich nichts anderes als mich für ein paar Stunden aufs Ohr zu hauen und dann weiter zu trainieren.

"Ich hab noch einen Nachtisch für dich." Und beinahe konnte ich ihre Unsicherheit riechen, nur um mich schließlich doch wieder umzudrehen und sie anzusehen. Nach... was? Ich kannte einen Nachschlag, aber das was sie mir jetzt unterbreiten wollte, hatte ich wirklich noch nicht gehört und ich musste die stumme Frage so offen auf meinem Gesicht tragen, dass sie begann zu lächeln und schließlich sogar leise lachte.

"Sag bloß, das kennst du nicht?" Noch ein leises Lachen und ich wandte mich ab, um meine Arme zu verschränken. Ich konnte auch nichts dafür, dass ich in einer nicht besonders hoch entwickelten Kultur aufgewachsen war, in der es ein wahres Privileg zu sein schien vernünftig behandelt zu werden - ein Grund, warum mir all das hier so schleierhaft war.
 

"Schon gut, kein Grund beleidigt zu sein." Ihre Stimme nahm einen Ton an, der mich automatisch aus den Augenwinkeln zu ihr sehen ließ, nur damit sie mich mit genau diesem verständnisvollen Blick ansehen konnte, der mich wünschen ließ, mich in Luft auflösen zu können.

"Setz dich wieder hin, ja?" Wer war sie eigentlich mir Befehle zu geben? Ich hasste es, wenn sie so mit mir sprach und ich gar nicht anders konnte, als dieser freundlichen Aufforderung Folge zu leisten, weil sie eigentlich kein Befehl war, sondern lediglich eine seltsame Bitte. Ich hasste es, wenn ich mich nicht entscheiden konnte, ob ich sie nun anfahren sollte oder nicht und stattdessen lieber meinen Mund hielt, mich wieder setzte und das genervte Schnauben trotz allem nicht unterdrücken konnte.

"Hier, bitte." Sie stellte mir eine Schale vor die Nase, die ich erst einmal anstarrte, bevor ich den Blick hob, weil ich das, was sich in ihr befand, schlicht und einfach nicht identifizieren konnte. Aber wieder lächelte sie nur, während sie sich beinahe beiläufig eine blaue Strähne hinter das Ohr klemmte und sich selbst wieder setzte.

"Eiscreme." Als ob das alles erklären würde. Manche der Worte hier waren mir noch immer fremd, die Gebräuche und Moralen würde ich wahrscheinlich niemals wirklich verstehen und wollte es auch gar nicht... aber das hier war... einfach unbeschreiblich wie sorglos sie mit mir umging und ich zog die Brauen wieder zusammen.

Aber auf eine mir unerklärliche Weise wollte ich sie auch nicht enttäuschen, weshalb ich nach dem Besteck griff und wieder nur ein Lachen erntete, das mich verwirrt aufsehen ließ.

"Den Löffel, Vegeta, nimm den Löffel." Es war allerdings keine Schadenfreude, die in ihren Augen stand, es war schlichte Amüsiertheit darüber, dass ich es nicht kannte und diesen dummen Fehler gemacht hatte, was mir nur ein Knurren entlockte, dass sie keineswegs einschüchterte.

"Nun mach schon, sonst ist es geschmolzen, bevor du überhaupt angefangen hast." Warum machte sie das? Warum verwirrte sie mich mit jedem Tag mehr und ich konnte rein gar nichts dagegen unternehmen? Warum ließ sie mich nicht ziehen, wenn ich es wollte und wieso legte sie solche Mühen in diese Dinge, die ich einfach nicht verstehen konnte?
 

Ich war mir wirklich unsicher, aber versuchte es mir nicht anmerken zu lassen.

Legte das eine zur Seite und nahm das andere zur Hand, nur um unter ihrem aufmerksamen Blick in die Masse zu tauchen und schließlich zu probieren, was sie mir vor die Nase gesetzt hatte. Meine Braue rutschte wieder nach oben und auch wenn ich eigentlich keine Person für süße Dinge war, so konnte ich nicht abstreiten, dass es schmeckte. Anders, aber gut. Nichts im Vergleich zu den Tonnen an herzhaftem Essen, dass ich bis jetzt hier bekommen hatte und wieder musste ich mich fragen, warum ich das überhaupt tat.

Warum ich hier saß und mich dabei beobachten ließ, wie ich die erste Eiscreme in meinem Leben aß.

Aber sie schien sich wirklich nichts aus meiner Unwissenheit zu machen und der einzige, der sich daran störte, war ich selbst. Manchmal war es ein wahrer Fluch so zu sein und manchmal verfluchte ich es mehr denn je, dass ich unter den Umständen aufgewachsen war, die mich letzten Endes sogar hergeführt hatten. Ich hätte soviel mehr haben können und vielleicht wäre ich jetzt sogar ein König, der über ein ganzes Volk regieren konnte - ohne diese lästigen Dinge, die sich Zwischenmenschlichkeit schimpfte und die ich einfach nicht verstand, nicht verstehen wollte.

Ich könnte zu Hause in einem Palast sitzen, aber stattdessen war ich hier auf diesem einsamen Planeten, der es eigentlich gar nicht wert war sich dafür in einen Kampf auf Leben und Tod zu ziehen und doch war ich hier. War hier und versuchte das Beste draus zu machen und mich nicht unterkriegen zu lassen, selbst wenn ich viele der Geflogenheiten nicht kannte und wahrscheinlich auch niemals kennen lernen wollte.

So saß ich hier ihr gegenüber und aß diese verfluchte Eiscreme, die es sogar schaffte sie in ehrliches Gelächter ausbrechen zu lassen, nachdem ich ein wenig zuviel davon in meinen Mund gesteckt hatte.

Sie hatte gelacht, offen und herzhaft, bis sie sich den Bauch hielt und mich mit Tränen in den Augen ansah, die ich in diesem Moment genauso wenig verstand, wie die ganze Frau an sich.

~~~***~~~
 

Unweigerlich und ohne, dass er es eigentlich wollte, legte sich ein Lächeln auf seine Lippen, als ihn die Erinnerung übermannte und er gar nicht anders konnte, als sie in sich aufzunehmen, so schmerzhaft sie auch sein möge. Sie brachte eine gewisse innere Ruhe mit sich, so dass er erst jetzt merkte, dass er mit der Hand noch immer an der Wand stehen geblieben war und den Boden zu seinen Füßen anstarrte, während er schwer schluckte und den Schmerz, gemeinsam mit der verwirrten Freude seines Geistes wieder versuchte nach unten zu drängen.

Er hatte keinen Grund zu lächeln und es war bereits wieder verschwunden, bevor er diesen Gedanken auch nur Ende gebracht hatte, nur um sich in dem verwirrenden Netz seiner eigenen Gedanken zu verlieren und einen Atemzug zu nehmen, der zittriger ausfiel, als ihm vielleicht lieb war.

Es machte jetzt keinen Unterschied mehr.

Es war schlicht und einfach egal, ob er diese kleinen Bilder, diese Fetzen eines verlorenen Lebens mit sich herumtrug oder nicht, wenn sie es einzig schafften ihm einen bittersüßen Schmerz aufzuzwingen, den er nicht verhindern und auch nicht bezwingen wollte. Sie gehörten zu ihm wie der Rest dieses vergangenen Lebens, das einst das seine war und nun in Scherben vor ihm zusammenfiel, vor seinen Füßen liegen blieb und ihn nie wieder denselben werden ließ.

Das Wissen zerstörte ihn.

Von Anfang an, als er gewusst hatte, dass es dem Ende zugehen würde, hatte es begonnen ihn zu zerstören - erst ganz langsam, weil dort noch immer die kleine und vage Hoffnung war, dass sich doch noch alles zum Guten wenden würde, selbst wenn er wusste, dass es unausweichlich war. Ganz zu Anfang, als er ahnte und spürte, dass ihr Licht immer schwächer wurde und jeden Tag ein wenig mehr verschwand, starb auch jedes Mal ein kleiner Teil von ihm selbst und übrig blieb er wie er jetzt war.

Nichts weiter als eine trostlose Hülle, die die Sonne nicht mehr sehen konnte.
 

Er sah auf und setzte seinen Weg auf zittrigen Knien weiter fort, nur um die Zähne zusammen zu beißen und sich zu fragen, was aus ihm geworden war. Wie sehr er sich verändert hatte und wie stark dieser eine Verlust sein Innerstes in Stücke riss, es zerfetzte und ein blutendes Herz zurückließ. Wie sehr er sich an diese eine Person gewöhnt hatte, Gefühle entwickelt hatte, die sich seiner Beschreibung entzogen und von denen er früher immer angenommen hatte, dass sie auf dem langen Weg des erwachsen Werdens verloren gegangen waren, er sie nie wieder finden würde.

Wer hätte gedacht, dass er sie ausgerechnet hier wieder fand?

Wer hätte gedacht, dass er am Ende derjenige war, der einen letzten Wunsch ausführen würde, als wäre es das Normalste auf der Welt und doch zur gleichen Zeit der schwerste Weg, den er jemals gegangen war.

Dabei wusste er wirklich noch nicht, was er machen würde, wenn dieser Wunsch erfüllt, der Weg zu Ende gegangen war...



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