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Verhängnisvolle Nacht

von

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Verhängnisvolle Nacht

Als Porthos am nächsten Morgen eintraf, konnte Aramis endlich genügend Betriebsamkeit zeigen, um sich abzulenken.

"Tee, denke ich, du auch? Mit Rum? Ja, auf jeden Fall mit Rum." Aus der Küche war übertriebenes Rumoren zu hören. Porthos betrachtete stumm das geschäftige Treiben seines Freundes. Er hatte sich in die hinterste Ecke des Schlafzimmers zurückgezogen und hoffte, dass der Sturm ohne Schäden an ihm vorüber zog.

Am Nachmittag war Athos Haut heißer als in der Nacht zuvor. Er bewegte sich ruhelos im Schlaf. Beide Freunde arbeiteten unablässlich daran, Athos Fieber zu senken.

Im ersten Licht des nächsten Morgens bemerkten sie, dass Athos das Schlimmste überstanden hatte. Er schlief jetzt ruhig. Auch Aramis musste auf ihrem Stuhl eingenickt sein. Sie schreckte auf und sah, wie Athos die Augen öffnete und versuchte den Raum zu erfassen. Sein Blick glitt umher und blieb bei ihr hängen. Sogleich begann Aramis Herz zu klopften und ihr Gesicht überzog sich mit Röte. Wie würde Athos auf die vorgestrige Nacht reagieren? Nach Sekunden schon wendete er den Blick ab. Seine Augen sagten ihr nichts.

"Wie lange war ich krank?"

"Zwei Tage," erwiderte sie mit zugeschnürter Kehle.

"Gestern Nacht war eine Frau hier!"

"ICH war gestern Nacht hier!"
 

Niemand sprach! Aramis Herz schlug laut in ihrer Brust, während die Zeit sich in endlosen Sekunden verschob. Staubflocken tanzten langsam in den Lichtstreifen der Mittagssonne. "Ich bin SEIT gestern Morgen hier," unterbrach Porthos die drückende Stille. Die Zeit fing wieder an, sich in gewohnter Schnelle zu drehen.

"Ich bleib auch noch länger hier." Porthos entdeckte seine mütterliche Seite. Aramis versuchte ihre angespannten Gesichtszüge zu einem Lächeln zu bewegen. Noch immer dröhnte jeder Herzschlag schmerzhaft im Brustkorb.

"Athos, ich gehe jetzt, aber ich lasse dir unsere Amme Porthos hier", sagte sie mit schiefem Lächeln. "Ich werde zu Kapitän Treville gehen, um mich für den ausgefallenen Dienst zu entschuldigen. Ich werde meine Strafpredigt heldenhaft entgegennehmen." Mit einer gespielten Verbeugung, galant ausgeführt, federte sie aus Athos Schlafzimmer hinaus. In der kalten Winterluft, eingetaucht in die Masse der geschäftigen Pariser, konnte sie wieder frei atmen.
 

Konnte es sein, dass Athos sich an nichts erinnerte? Sollte sie es ihm sagen?

Einen Scheißdreck würde sie tun. Wenn er von nichts wusste, würde sie alles vergessen und alles würde gut werden. Alles konnte sein wie früher.

Über Nacht waren die Temperaturen auf Minusgrade gesunken und Schnee hatte sich auf die Straßen gelegt. Ihre bevorstehende Strafpredigt fiel ihr ein. Warum sie nicht beim Dienst war? Oh Jungfrau Maria, sie schlief mit einem ihrer besten Freunde, während dieser im Fieber lag. Das war verachtenswert! Der hässliche Ausdruck kam auf Zehenspitzen die Straße entlang und kroch über ihre Haut. Sie verstand sich selbst nicht mehr. Sie riskierte die Enthüllung ihres Geheimnisses und ihre Freundschaft mit Athos. Ja, das ist verachtenswert. Grimmig lächelnd stapfte sie durch die Zentimeter hohe Schneedecke. Sie überhörte die Handglocke, die das Ende des Schultages verkündete, bis das Geschrei fröhlich schriller Stimmen in ihren Ohren gellte und der erste Schneeball in ihr Haar klatschte.
 

Athos erholte sich ebenso rasch, wie er die Krankheit bekommen hatte. Vorerst hütete er noch das Bett und empfing den täglichen Besuch seiner Freunde. Athos Erinnerung an die erste Nacht seiner Krankheit bestand nur aus einzelnen Bruchstücken. Er brachte sie nie mit Aramis in Verbindung. Für ihn blieb Aramis ein Kollege und Freund. Vor allem ein Mann.

"Athos, wer ist eigentlich deine Traumgestalt aus der ersten Nacht?" Neugierig lehnte sich Porthos in Richtung Bett. Aramis senkte ihren Blick und wartete mit angehaltenem Atem. Bevor es zu einer Antwort kam, flog unvermittelt die Tür auf. Das kleinste und zauberhafteste Paar Füße erschien in dem Winkel, in dem sich ihr Kopf gegenwärtig befand. Ihre Augen glitten an Samt und Seide hoch. Athos zog Frauen magisch an. Manche blieben länger als andere. Diese hier war jung und von zierlicher Gestalt, ein Traum in einem grünen Kleid. Dunkle Locken umrahmten ihr Gesicht und die Sonne beschien große Augen und eine Haut wie Perlmut.

"Marie?" rief Athos erstaunt und freudig.

"Marie?" krächzte Aramis ungläubig. Versonnen starrte Porthos.

Marie sagte gar nichts. Ihr Blick war auf Athos gerichtet. Beide sahen sich an und kommunizierten scheinbar stumm.

Porthos fühlte, dass Aramis und er hier fehl am Platz waren. Er hieb der erstarrten Aramis freundschaftlich seine Pranken auf den Rücken. Aramis fühlte alle Luft aus ihren Lungen weichen und flog zur Tür hinaus.

"Was für eine Frau! Hast du gesehen wie schön sie ist?" begeisterte sich Porthos.

"Hübsche Schuhe", murrte Aramis missmutig und starrte auf ihre eigenen Füße, welche mit Absicht in viel zu großen Stiefeln steckten. Erstaunt blickte Porthos seinen Freund an. Lachend folgte eine weitere Attacke gegen Aramis steife Schulter, dann zog Porthos nach Hause.
 

In Aramis Magen breitete sich ein ungutes Gefühl aus. War das Eifersucht? War sie eifersüchtig auf diese Frau? Weil sie sich im Vergleich mit ihr zu groß, zu burschikos und zu unscheinbar vorkam? So unweiblich? Oder eifersüchtig auf die Art, wie Athos Marie angesehen hatte? Mit diesen leuchtenden Augen und dem erwartungsvollem Ausdruck auf seinem Gesicht?

Sie war nicht eifersüchtig, beschloss sie für sich und schritt entschlossen nach Hause.

In den folgenden Wochen nahm das Leben wieder seinen gewohnten Verlauf. Athos wunderschöne Bekannte Marie sahen Porthos und Aramis nicht wieder und Athos brachte seine Beziehung zu ihr nie zur Sprache. An Aramis nagte weiter die Eifersucht, auch wenn sie ihre Gefühle noch immer nicht in Worte fasste. Gern wäre sie zu Athos gegangen und hätte ihm die Wahrheit über sich erzählt.

Alles würde besser werden, wenn sie sich unauffällig von Athos zurückzog. Doch je mehr sie versuchte Abstand zu gewinnen, desto mehr Zeit verbrachte sie mit Athos. Unaufhaltsam kamen die Einladungen nach gemeinsam verbrachten Abenden über ihre Lippen.

War sie allein, lag sie auf ihrem Bett und kaute unglücklich an ihren Fingernägeln, denn mit jeder verstrichenen Woche nahm die Gewissheit zu.

Sie war schwanger!



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Kitty
2004-02-04T10:07:34+00:00 04.02.2004 11:07
Ach du scheiße, jetzt ist sie auch noch schwanger!! Ojoi jetzt bin ich aber mal gespannt, ob sie es ihm sagen wird. *gleich weiterlesen wird*


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