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Nightcrawl

Das ganz und gar nicht mystische Internat
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Diesmal kommt das Kapitel einen Tag verfrüht, da ich morgen den ganzen lieben langen Sonntag arbeiten muss und es somit Zeitlich nicht hin bekomme es zu posten.
Außerdem möcht ich nochmal drauf aufmerksam machen, dass der Zeichenwettbewerb zu Nightcrawl noch bis zum 26.10. läuft. Alles dazu hier: http://www.facebook.com/sheepinpink

Und rein interessehalber würde mich interessieren, was ihr davon haltet das ihr, wenn ihr möchtet bezüglich einer Weihnachtsaktion einen OS zu Nightcrawl schreiben könntet? :) Komplett anzeigen

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Willkommen in Nightcrawl!

Ich kann mich noch erinnern das wir an die 8 Folgen von 'Bleach' gesehen haben, aber ab da fehlt mir alles, weil ich vermutlich eingeschlafen bin.

Umso unguter ist mein Gefühl als ich morgens die Augen aufschlage und wie erwartet natürlich in Macs Bett liege da dieser niemals den Fehler machen und mich aufwecken würde.

Ich bin ein Morgenmuffel und es ist vollkommen egal zu welcher Uhrzeit ich schlafe, sobald man mich aufweckt bin ich einfach schon aus Prinzip schlecht gelaunt.

Was mein ungutes Gefühl hervor gerufen hat ist diese abartige Wärme an meiner Seite und mit einem vorsichtigen Blick dorthin wird mir klar das meine schlimmste Befürchtung nicht nur wahr geworden ist sondern auch noch übertroffen wurde.

Ich hatte ja schon damit gerechnet das Kai auch dort eingeschlafen ist wo er eben gelegen hatte, nämlich neben mir. Übertroffen wird das Ganze einfach nur durch die Tatsache das sein Arm um meinen Bauch liegt und sein Kopf halb auf meiner Schulter und halb auf meiner Brust parkt und ich zu allem Überfluss auch noch einen Arm um ihn gelegt habe.

Letzteres lässt mich das Gesicht verziehen und beten das er nicht gerade jetzt aufwacht.

Das Öffnen der Badezimmertüre lässt mich in eben jene Richtung sehen und als erstes Macs breites Grinsen registrieren ehe die Frage „Brauchst du Hilfe?“, in einem neckischen Tonfall kommt, die ich aber mit „Ja.“, beantworte.

Und mit Macs Hilfe ist es auch einfacher aus dieser Umklammerung heraus zu kommen ohne Gefahr zu laufen diesen Vollidioten aufzuwecken. Zwar verstärkt er den Griff kurzzeitig, aber nachdem Mac ihm ein Kissen in den Arm gedrückt hat schläft Kai friedlich weiter wie ein Kätzchen was ich nur erleichtert ausatmen lässt.
 

„Ich hab zur Erinnerung Fotos gemacht. Willst du welche?“, fragt mein bester Freund, der diesen Titel hiermit die längste Zeit hatte, mich fröhlich und ich versuche ihn mit Blicken zu töten auch wenn ich aus Erfahrung weiß, dass das nicht klappen wird.

„Fotos. Zur Erinnerung. Woran?“, murre ich nachdem ich mir eine Zigarette angesteckt habe und in meinem Kleiderschrank nach Klamotten suche auf die ich heute Lust habe.

„Na das ihr euch nicht immer bekriegt. Wenn ich dir diese Fotos in 50 Jahren zeige wirst du dich darüber freuen.“

„In 50 Jahren bin ich vermutlich an Lungenkrebs verreckt und selbst wenn nicht, werde ich mich garantiert nicht darüber freuen.“, kommentiere ich trocken und gähne bevor ich die Klamotten meiner Wahl auf das Bett werfe und mich ans Fensterbrett lehne um bei offenem Fenster weiter zu rauchen.

„Soll ich ihn aufwecken?“, fragt mich Mac nach einer Weile und ich murre abwehrend während ich meine Zigarette ausdrücke und ein „Warte gefälligst bis ich im Bad bin.“, von mir gebe.

Ich kann nämlich gut und gerne darauf verzichten das er Kai sofort mit den Fotos konfrontiert und ich mich dabei noch im Raum befinde. Das ist so ziemlich das letzte das ich morgens nach dem Aufstehen brauche, weshalb ich mich auch sofort mit meinen Klamotten ins Bad verdrücke.
 

Dort angekommen schließe ich die Tür hinter mir und wedle mit der Hand vor meinem Gesicht herum um Macs Parfum zu verdrängen was natürlich nichts bringt. So gern ich meinen etwas gestörten Mitbewohner auch mag, seine Parfumwahl müssen wir dringend noch einmal überdenken wenn ich nicht in den nächsten Jahren sterben will. Dieses Patchouli mit Vanille macht mich wahnsinnig, auch wenn es an ihm gar nicht so schlecht riecht. Aber vielleicht kann ich ihm angewöhnen sich auf dem Schulflur damit ein zu sprühen, anstatt in unserem Badezimmer. Denn zu meinem Leidwesen hat dieses kein Fenster und der Geruch bleibt somit hier hängen bevor er seinen Weg in unser Zimmer und erst da durch das Fenster nach draußen findet.

Während ich darüber nachdenke ziehe ich mich aus und werfe die Kleidung in den dafür vorgesehenen Korb, ehe ich das Wasser der Dusche andrehe und probeweise meine Hand darunter halte.

Mac ist ein Kaltduscher und es ist nicht ratsam unter die Dusche zu steigen ohne vorher die Temperatur geprüft zu haben, wenn man keinen Herzinfarkt und/oder das Haus zusammen schreien will.

Nachdem das Wasser die gewünschte Temperatur hat steige ich darunter und ziehe den Vorhang zu, ehe ich eine Augenbraue hebe als ein „Das ist ja wohl ein Witz!“ von unserem Zimmer ertönt und ich die Stimme als die von Kai identifiziere. Vermutlich hat Mac ihm gerade ganz glücklich die gemachten Fotos gezeigt und ihn somit in den Abgrund der Verzweiflung gestoßen.

Irgendwie habe ich gerade Mitleid mit Kai während ich mich einseife und mir die Haare wasche, aber trotzdem muss ich grinsen, weil ich mich einfach gerade darüber freue das ich nicht der einzige Leidtragende bin.

Zur Abwechslung ist es mal ganz nett das ich nicht der einzige bin den Mac mit seinen Taten in die Verzweiflung treibt.

Ich rasiere mir die Achseln und meine Beine während ich das Opening 'Change' von 'Bleach' vor mich hin summe und höre mit halben Ohr das Mac und Kai über irgendetwas diskutieren, was mich vermutlich nicht interessiert.

Gerade als ich mir die Intimzone rasiere wird die Badezimmertüre aufgerissen und ein „Hilf mir!“ ertönt von jemanden den ich hier nicht drin haben will, und natürlich rutsche ich vor Schreck ab und schneide mich genau dahin wo ich es nicht gebrauchen kann, aber wenigstens noch knapp an meinem besten Stück vorbei.

„Verdammte Scheiße!“, fluche ich und höre wie Kai die Badtür wieder schließt und ein „Was ist?“, von sich gibt.

„Zur Hölle gib mir ein Pflaster ich hab mich geschnitten.“, knurre ich bevor ich ein „Was machst du hier?“ hinterher schiebe.

„Mac konfrontiert mich mit Fotos.“, murrt Kai zurück und wühlt im Badezimmerschrank nach einem Pflaster ehe Stille einkehrt.

„Ehm...wo hast du dich geschnitten?“, kommt die Frage und ich rolle mit den Augen ehe ich meinen Kopf aus dem Duschvorhang stecke und ihn finster anstarre.

„Da wo es höllisch weh tut. Also gib mir verdammt nochmal ein Pflaster!“

Ich kann förmlich mit verfolgen wie Kais Gehirn arbeitet während er mit dem Pflaster in der Hand da steht und mich anstarrt, bevor ihm die Farbe aus dem Gesicht weicht und er einen Schritt auf die Dusche zu macht.

„Oh Scheiße! Lass mich sehen!“

„Vergiss es!“, fauche ich und reiße ihm das Pflaster aus der Hand ehe ich den Duschvorhang wieder richtig zu ziehe und mir den Schnitt ansehe. Er ist zwar etwas länger aber scheint nicht sonderlich tief zu sein.

Ich beiße die Zähne aufeinander als keine 5 Sekunden später der Duschvorhang mit einem Ruck auf die Seite gerissen wird und ich Kai resignierend ansehe der mir wiederum ungeniert auf den Schritt starrt oder zumindest so tut.

„Interessant?“, frage ich nach als nach 2 Minuten immer noch keine Reaktion kommt und sein Blick huscht zu meinem Gesicht während er den Mund aufmacht und gleich wieder schließt wobei ihm die Röte ins Gesicht schießt.

„Wie du siehst verblute ich nicht.“, stelle ich dann fest und spüle mir das Blut ab bevor ich das Wasser abdrehe und mir ein Handtuch greife um zuallererst die Stelle abzutrocknen und dann das Pflaster drauf zu kleben, bevor ich aus der Dusche steige und mir das Handtuch um die Hüften binde.

Während ich mir mit einem zweiten Handtuch die Haare trocken rubble sehe ich durch den Spiegel Kai an der mit der Seite zu mir steht und an die Decke starrt was mich mit den Augen rollen lässt.

„Was hältst du davon wenn du einfach wieder raus gehst, damit ich mich anziehen kann.“, kommentiere ich bevor ich mir meine Zahnpasta und Zahnbürste schnappe um mir die Zähne zu putzen.

„Er hat Fotos gemacht.“

„Isch weisch.“, nuschle ich mit der Zahnbürste im Mund und lehne mich mit dem Hintern ans Waschbecken als Kai sich im selben Moment umdreht und ein panisches „Du weißt davon?“, von sich gibt was mich mit den Schultern zucken lässt bevor ich ein „E hasch mi geschascht.“, vor mich hin blubbere, was mein Gegenüber aber anscheinend versteht da er nickt.

Eine Weile herrscht Schweigen in der ich meine Zähne fertig putze und die Zahnpasta ausspucke um meinen Mund danach auszuspülen und Kai durch den Spiegel anzusehen als er „Tut's sehr...weh?“, verlauten lässt.

Ich gebe eine „Nö.“, von mir während ich das Handtuch fallen lasse und nach meinen Shorts angle, was ihn offensichtlich dazu veranlasst mir den Rücken zu zu drehen und ein „Ich geh mal.“, zu murmeln ehe er das Bad verlässt.

Zwar bin ich nicht der Typ der sich schämt vor irgendwem nackt herum zu springen, aber es gibt Leute bei denen mag ich es einfach aus Prinzip nicht was mich aber nicht davon abhält es zu tun wenn sie ungefragt ins Bad kommen. Und zu den Leuten gehört nun mal Kai, weshalb ich echt froh bin das er seinen Arsch endlich nach draußen bewegt hat.
 

Nachdem ich in eine schwarze Röhrenjeans, Socken und ein langärmliges rotes Shirt mit der Aufschrift 'Break the Rules' in Schwarz verziert mit Nieten geschlüpft bin wird die Tür wieder aufgerissen und natürlich steht Kai drin, bepackt mit Klamotten und einem Handtuch was mich ehrlich gesagt nicht so wirklich interessiert, erst als er sich räuspert hebe ich eine Augenbraue.

„Kannst du...also...raus?“

„Du hast mir gerade ungeniert auf den Schritt gestarrt. Dreimal darfst du raten.“, murre ich und angle mir meine Schminktasche in der ich nach dem passenden Zeug wühle und mir meinen Puderpinsel schnappe um das Puder in meinem Gesicht zu verteilen.

Während der ganzen Prozedur des Schminkens bin ich mir wohl bewusst das Kai mich dabei beobachtet und ich mich nicht entscheiden kann ob mir das Ganze egal ist oder auf die Nerven geht.

Als ich auch meine Haare gerichtet habe schmeiße ich das Zeug zurück in den Schrank und drehe mich um um das Badezimmer zu verlassen und die Tür hinter mir zu schließen, damit Kai seinen Seelenfrieden beim Duschen hat und ich keine schweren Traumata bei ihm hervor rufe die ich zum Schluss noch verantworten und ausbaden darf.

Als ich das Zimmer betrete und anfange meine Schultasche zu packen sitzt Mac grinsend auf meinem Schreibtisch und wackelt mit den Augenbrauen was mich zu einem „Egal was du sagen willst, tu es einfach nicht.“ verleitet.

„Du hast dich geschnitten?“, gluckst er und ich rolle mit den Augen ehe ich zustimmend murre.

Macs Grinsen wurde noch größer und ich ahne böses bevor auch schon ein „Kai sagt es sei nicht tief. Wie genau hat er denn hin geschaut?“, kommt und ich mit den Augen rolle bevor meine Mundwinkel zucken.

„Sehr genau. Damit kannst du ihn ja jetzt aufziehen, denn ich muss los.“, grinse ich meinen besten Freund an und ziehe meine Springerstiefel an während ich durch den Raum hüpfe mir meine Jacke schnappe und mir dann die Tasche angle.

„Bis dann!“, rufe ich noch und hebe die Hand bevor ich das Zimmer verlasse.

Es liegt noch nicht mal an Kai das ich das Zimmer so früh verlasse sondern es ist reine Gewohnheit, da ich immerhin noch Marvin abholen muss, da die Wahrscheinlichkeit das dieser ungemobbt und nicht verprügelt in seiner Klasse ankommt gleich bei null liegt.
 

Vor Marvins Zimmertüre angekommen hämmere ich einmal kurz dagegen und keine 3 Sekunden später wird schon die Tür aufgerissen und Marvin lächelt mich schüchtern wie eh und je an.

„Ich muss nur schnell meine Sachen holen.“, gibt er von sich und ich winke nur schief grinsend ab während ich ein „Lass dir Zeit.“, von mir gebe. Bis Schulbeginn ist immerhin noch eine Stunde Zeit aber Marvin hat trotzdem panische Angst zu spät zu kommen, wobei wir eigentlich nur 500 Meter überwinden müssen um zum Schulgebäude zu gelangen.

Da Marvin immer zu früh dran ist, und ich mit ihm, landen wir wie jeden Tag in der Cafeteria wo ich mir erst einmal meinen täglichen Latte Macciatto mit Himbeersirup und Schokostreuseln gönne. Ohne meinen morgendlichen Kaffee bin ich einfach mies gelaunt und in den meisten Fällen auch nicht aufnahmefähig, aber vermutlich bin ich nicht der einzige Schüler auf Nightcrawl dem es so geht, denn morgens ist die Cafeteria immer so voll das es den Eindruck erweckt das Ding wäre nur 5 Quadratmeter groß und nicht in etwa so groß wie unsere Turnhalle.

Wir stellen uns in der Schlange am Tresen an und ich wühle in meiner Handtasche nach meinem Geldbeutel. Ja, ich besitze eine Frauenhandtasche in ziemlich groß und ziemlich schwarz, in die tatsächlich mein ganzes Zeug das ich so über den Tag brauche hinein passt.

Wir rutschen schweigend in der Schlange nach vorne, wobei ich mich immer noch frage warum Marvin sich jeden Tag diesen Stress zumutet und sich mit mir in der Cafeteria anstellt, vor allem weil Marvin keinen Kaffee trinkt sondern ungefähr einen Liter grünen Tee in seinem Zimmer. Selbstverständlich schleppt er während des Tages auch eine riesige Thermoskanne mit Tee mit sich herum was ich niemals verstehen werde, aber auch nicht muss.

Marvin tickt einfach anders als ich.

Marvin mag gediegene Farben wie braun, beige, grau, moosgrün und kackbraun und trägt im Sommer aus Prinzip der Spießigkeit karierte Hemden. Er benutzt silikonfreies Shampoo und benutzt gegen Wehwehchen jeglicher Art Teebaumöl oder Kamillensalbe. Ich habe Marvin außerdem noch nie etwas anderes trinken sehen als Tee und Wasser, was mich zu der Annahme bringt das Irland entweder wirklich am Arsch der Welt liegt, seine Eltern ihn ziemlich kurz gehalten haben oder das er einfach versessen auf Öko und seelisches Gleichgewicht ist. Marvin besucht jeden Montag Abend den Yogakurs in der kleinen Sporthalle auf der Ostseite. Sein Zimmer ist vollgestopft mit Feng Shui und auch so ausgerichtet ist. Er verbringt Sonntagnachmittage damit die Hausaufgaben für die komplette Woche vorzuarbeiten, Gedichtsbände und historische Romane zu lesen und geht eben zweimal im Monat zum Spielenachmittag des Umweltclubs.

Um alles kurz zusammen zu fassen ist Marvin ein 17-jähriger Rentner.
 

Als wir endlich an der Reihe sind ordere ich meine Bestellung und schiebe das Kleingeld über den Tresen bevor ich mir meinen XXL Becher schnappe und den Weg aus der Cafeteria ansteuere.

„Was hast du jetzt?“

„Kopfschmerzen. Und zu allem Überfluss auch noch Geschichte in der Ersten.“, gebe ich seufzend von mir und denke an eine Stunde langweilige Weltgeschichte zusammen mit Kai als Sitznachbarn. Wobei es tatsächlich mehr an der langweiligen Weltgeschichte liegt als an Kai selbst. Denn da Kai in absolut ALLEN Fächern neben mir sitzt, habe ich mich notgedrungen an ihn gewöhnt.

Das er die Nacht auch noch in unserem Zimmer verbracht hat setzt dem ganzen die Krone auf, auch wenn es streng genommen gar nicht so schlimm war.

„Bist du...gestresst?“, kommt die Frage neben wir als wir aus der Tür auf den Campus hinaus treten und ich schiebe mir meine Sonnenbrille auf die Nase, da der Feuerball am Himmel erbarmungslos nach unten knallt und das um 7.30 Uhr morgens.
 

Im Kurzdurchlauf erzähle ich Marvin von meiner Nacht, die für mich alles aber nicht erholsam war. Abgesehen von dem Schlafmangel der mir nicht wirklich viel ausmacht, leide ich unter Rückenverspannungen der übelsten Sorte was ich darauf schiebe das Kai mich als Kopfkissen benutzt hat.

Eine Weile herrscht Stille während wir vor dem Gebäude mit den Klassenräumen stehen und ich eine Zigarette rauche, während sich die anderen Schüler an uns vorbei schieben und uns logischerweise ignorieren.

Das liegt in erster Linie einfach daran das ich ich bin und Marvin auch nicht gerade super beliebt ist. Man könnte uns auch als Außenseiter bezeichnen, aber ich mag den Ausdruck nicht. Ich mag es lieber uns als 'nicht gängig' zu bezeichnen.

„Kai hat...bei dir geschlafen?“

Mein Blick huscht zu Marvin und ich hebe eine Augenbraue, ehe ich dreckig grinse.

„Ich weiß nicht was in deinem Kopf vorgeht, aber er hat bei UNS geschlafen. Nicht bei MIR.“

„Ich...ich denk gar nichts. Wirklich!“

Ich kann mir nur schwer ein Lachen verkneifen und wuschle Marvin durch die roten und wirren Locken, während ich ein „Nur Spaß!“, von mir gebe.

So leid es mir tut, aber ich werde mir niemals vorstellen können das Marvin zweideutig denkt. Vermutlich denkt er in dieser Hinsicht nicht mal eindeutig. Marvin ist einfach ein Schaf, dazu noch naiv und unschuldig und meiner Ansicht nach wird er vermutlich auf ewig Jungfrau bleiben und eine Karriere als Priester einschlagen.

Und diese Gedanken sind noch nicht einmal böse gemeint. Marvin hat jetzt schon den Vorzug das er Geheimnisse stets für sich behalten kann und seltsamerweise immer einen weisen Ratschlag hat der irgendwie an Buddha erinnert.

Als Priester hätte Marvin vermutlich seine Berufung gefunden und wäre glücklich damit. Zumal ich dann jemandem mein gesamtes Leben anvertrauen könnte mit all dem Scheiß den ich gemacht habe und mir sicher sein könnte, dass dieser Jemand einfach die Schnauze darüber hält und anfängt für meine Seele zu beten.
 

Marvin guckt mich an und blinzelt, während er wie immer an dem Gurt seines Rucksacks herum zupft.

„Versteht ihr euch jetzt besser?“

Kurz verstehe ich gar nicht wen genau Marvin meint, bis mir einleuchtet das er von Kai redet und mein Gesichtsausdruck sich verdunkelt.

„Nein, tun wir nicht. Ich kann ihn noch immer nicht wirklich leiden.“, wehre ich ab und ziehe wieder an meiner Zigarette.

Im Prinzip hat sich ja auch nichts geändert. Nur weil ich ihn nicht mit Dingen beworfen habe, er mir ungeniert auf den Schritt gestarrt hat und bei uns geschlafen hat, liebe ich ihn jetzt garantiert nicht abgöttisch. Um genau zu sein gar nicht.

Na gut, er ist vielleicht ganz okay, aber wenn ich etwas auf den Tod nicht ausstehen kann ist es wenn man sich in mein Leben und meine Probleme einmischt.

Es heißt ja 'meine Probleme', weil es nun mal meine sind und nicht die von jemand anderem. Und Marcel ist nun mal mein Problem und wird es auch immer bleiben.

Vermutlich hört sich das absolut verrückt an, aber das ist wenigstens etwas auf das ich mich verlassen kann. Marcel wird immer irgendwo hier auf dem Campus sein und wir werden uns angiften, beschimpfen oder prügeln.

Es ist nämlich nicht so als wäre mein Leben noch nie aus den Gleisen gekippt, und ich war wirklich froh das mit Marcel alles so war wie immer. Eigentlich ist es wirklich ätzend das ich mich in solchen Momenten tatsächlich auf dieses Ekel verlassen muss, aber vielleicht ist es auch einfach nur Gewohnheit.
 

„Touji?“

Ich schrecke auf und sehe Marvin fragend an, der mich wiederum besorgt ansieht was mich dazu veranlasst schief zu lächeln und den Kopf zu schütteln.

Ich werfe meine inzwischen verglühte Zigarette auf den Boden und trete sie aus, bevor ich mich wieder meinem Kaffee widme und mich mental dagegen weigere das Schulgebäude zu betreten.

„Wir müssen langsam rein.“

Allein schon bei dem Gedanken daran die nestelnde Stimme von Mr. Jason zu hören, stellen sich mir die Nackenhaare auf und ich schaudere.

Zu meinem Leidwesen ist der gute Mann nicht nur unser Geschichtslehrer mit einer unglaublichen Obsession zum zweiten Weltkrieg, nein, er ist zu allem Überfluss auch noch mein Klassenlehrer.

Trotzdem setze ich mich in Bewegung und erklimme die Stufen zum Schulgebäude wo ich mich im Flur von Marvin trenne.

Marvin hat jetzt Biologie und muss deshalb in den Keller während ich mich in den zweiten Stock schleppe, um unserem nestelnden Weltkriegsfanatiker zu zu hören, oder zumindest so zu tun. Ich weiß das ich damit meine Noten nicht gerade fördere, aber bitte, wer hört sich schon freiwillig alle Details über den zweiten Weltkrieg noch einmal an, wenn er es die zwei Jahre davor schon getan hat. Mittlerweile bin ich der Überzeugung, das wir nie etwas anderes in Geschichte lernen werden.

Ich biege um die Ecke und beschäftige mich nebenbei mit meinem Handy da Mac mir natürlich haargenau erzählen muss was Kai noch so gemacht und gesagt hat, und genau da passiert es.

Es ist doch immer so, sobald du deine Aufmerksamkeit nicht auf den Weg vor dir hältst läufst du gegen etwas oder gegen jemanden, so wie es auch mir passiert.

Ich knalle gegen irgendwas, mein Kaffeebecher macht einen Abgang und ich lande zusammen mit dem anderen armen Volltrottel auf dem Boden.
 

„Verfluchte Scheiße! Kannst du nicht aufpassen wo du hinrennst du Grufti?“

Meine Augenbraue wandert in die Höhe und ich betrachte mir den Menschen vor mir etwas genauerer nachdem ich meine Tasche aufgehoben und mich auf die Beine gekämpft habe. Neben meiner Augenbraue wandern nun auch noch meine Mundwinkel nach oben.

Durchtrainierter Oberkörper, größer als ich, Tanktop, Piercings, türkiser Irokesenschnitt...i love it.

„Sorry Taylor, war keine Absicht.“, winke ich dann ab und sammle meinen inzwischen leeren Pappbecher noch vom Boden auf, während er mich anstarrt wie einen Außerirdischen.

Ich schenke ihm ein strahlendes Lächeln und wünsche ihm ein „Viel Spaß mit Kai.“, bevor ich meinen Weg weiter zum Geschichtskurs drehe und mich dort, immer noch grinsend, auf meinen Stuhl fallen lasse.

Eric schickt mir einen fragenden Blick und mein Grinsen verschwindet auch nicht als Kai sich neben mich fallen lässt, der mich auch ansieht als wäre er der festen Überzeugung ich hätte zu viel von dem falschen Zeug geraucht.

„Alles okay mit dir?“, flüstert mir Kai irgendwann zu während Mr. Jason sehr ausführlich und blutig Details von sich gibt die so manchen in diesem Raum den Magen umdrehen wenn man sich die blassen Gesichter anschaut.

„Alles bestens.“, gebe ich immer noch amüsiert von mir und kritzle weiter Hasenköpfe im Cutiestyle in mein Geschichtsheft.

Ich weiß nicht, aber ich finde es auf irgendeine Weise wirklich beruhigend das Taylor sich mit Kai ein Zimmer teilt. Denn erstens kommt der arrogante Fatzke dann vielleicht endlich mal klar wenn er das ein oder andere Mal eins auf die Schnauze bekommen hat, oder aber ich weiß irgendwann Dinge die ich jetzt nicht weiß. Fest steht jedoch das ich fest vor habe mich mit Taylor irgendwie anzufreunden. Zumal ich bezweifle das er gern mit Typen zu tun hat die alles in irgendeine Schublade stecken.
 

Nach der Stunde packe ich mein Zeug um rechtzeitig zum Kunstkurs zu kommen, der im Nebengebäude statt findet. Und ja, ich halte das für eine Foltermethode der Lehrer. Niemand schafft es in 5 Minuten vom zweiten Stock dieses Gebäudes in den vierten Stock des Nebengebäudes.

Ich bin schneller aus dem Klassenzimmer draußen als die Anderen aufgestanden sind, aber ich bin auch der Einzige der in Kunst muss und seinen Arsch nicht in diesem Gebäude lassen kann.

Ich schnaufe als hätte ich einen Marathon über 20 Kilometer absolviert als ich im vierten Stock des Nebengebäudes ankomme und hebe eine Augenbraue als ich Kai's neuen Mitbewohner ziemlich dumm, orientierungslos und wenig dekorativ im Flur stehen sehe der angestrengt auf einen Zettel starrt und offenbar nicht weiß wo er hin muss.

Gerade als ich mich entschieden habe das mir sein Schicksal eigentlich sonst wo vorbei gehen kann, auch dann wenn ich mich mit ihm anfreunden will bzw. muss, dreht er sich um und sieht mich natürlich, was mich das Gesicht verziehen lässt.

So zu tun als hätte ich ihn nicht offensichtlich überlegend angestarrt wäre absolut sinnlos, da ich genau weiß das er es bemerkt hat. Somit kann ich also schlecht pfeifend an ihm vorbei gehen.

In Bewegung setze ich mich trotzdem um nicht länger dumm im Flur herum zu stehen und rechne fast damit das er mich anspricht.

„Hey du! Weißt du wo der Kunstkurs ist?“

Ich bleibe abrupt stehen und sehe zu ihm nach oben, da ich ihn immer noch nicht ganz passiert habe und nicke dann einfach anstatt etwas zu sagen.

Um genau zu sein wüsste ich auch gar nicht was ich sagen sollte und das kommt schon selten genug vor.

Während wir also nun zu zweit den Flur entlang laufen streckt er mir die Hand hin mit der Aussage „Ich bin Taylor...aber das weißt du anscheinend schon.“.

Ich nehme seine Hand trotzdem und gebe netterweise auch meinen Namen preis, bevor wir wieder Beide schweigen und um ehrlich zu sein macht mich das wahnsinnig.

Es ist nicht so als würde mich Schweigen im allgemeinen stören, immerhin schweige ich oft selbst genug, aber für gewöhnlich laufe ich dann nicht neben irgendwelchen Kerlen hin die ich 'ganz okay' finde und ansonsten überhaupt nicht kenne.

60% der hier anwesenden Schüler beschimpft und beleidigt mich schon aus Prinzip, 38% ignorieren mich vermutlich ebenfalls aus Prinzip und die anderen 2% sind meine Fickbekanntschaften, mit mir befreundet oder mit mir verfeindet.

Ich schiebe es jetzt netterweise einfach darauf das ich nicht gerade zu den coolen Leuten gehöre, keinen Sinn darin sehe irgendeinem Ball in welcher Form auch immer hinterher zu laufen, HipHop nicht ausstehen kann, bessere Gesprächsthemen wie die Brustvergrößerung von Pamela Andersen und die Schwanzverkleinerung von irgendwem habe oder das ich einfach schon aus Prinzip nicht hier her passe. Um genau zu sein ist Nightcrawl für mich so etwas ähnliches wie ein unerforschtes Land in dem es nur so vor Primaten und anderen seltsamen Zivilisationen wimmelt.

„Woher wusstest du überhaupt wer ich bin?“, kommt nach ein paar Minuten die Frage und ich murre ein wenig erfreutes „Kai!“, vor mich hin.

Okay, gut, Kai hatte gemeint er hätte einen türkisen 'Hahnenkamm', was Taylor ja auch hat. Aber meiner Ansicht nach sieht er weder vorbestraft aus noch als wäre er ein entlaufener, geisteskranker Serienkiller. Also verstehe ich nicht was der Aufriss um Taylor soll. Vielleicht bin ich aber auch schon so verkorkst das ich normale Leute nicht mehr verstehe, wobei ich zugeben muss das ich das sowieso noch nie so wirklich konnte.

„Oh...ist das mein Mitbewohner? Den hab ich nur kurz rein und wieder raus rennen sehen.“

Meine Mundwinkel zucken und ich weiß das ich mir damit vermutlich Ärger einhandeln werde, aber ich kann es mir einfach nicht verkneifen.

„Kai hat offensichtlich Angst vor dir, denn anders kann ich mir nicht erklären warum er es sich in unserem Zimmer breit gemacht hat.“

„Bitte? Ich hab ihm doch überhaupt nichts getan!“, kommt es leicht empört und irgendwie auch überfordert von dem Punk und ich grinse noch mehr während ich mit den Schultern zucke.

„Ich nehme an er leidet unter einer ausgeprägten Form der 'Anders-sein-Phobie', so wie ungefähr 90% der anderen hier anwesenden Schüler auch.“
 

Neben mir kehrt Stille ein und Taylor folgt mir schweigend in den Kunstraum wo schon einige der Schöpfung sitzen und gelangweilt auf ihren Handys herum tippen oder eben aber den Klatsch vom Wochenende verbreiten.

Eigentlich mag ich Klatsch und Tratsch ja nicht so gerne, aber hier in Nightcrawl ist es so etwas wie eine bessere Investition alles zu wissen.

So erfahre ich, während ich mich auf meinen Platz setze, das Eric gestern anscheinend unglaublich schlechte Laune hatte und keiner so genau weiß warum. Man geht einfach davon aus das es mit seiner Freundin zusammen hängt.

Außerdem wird gerätselt warum Kai gestern Abend nicht beim Treffen des Basketballclubs war, wobei 'Treffen' eigentlich nur ein Pseudonym für Saufgelage ist. Außerdem hält man ihn nebenher noch für einen Helden weil er es geschafft hat mit mir an einem Tisch zu sitzen ohne sich zu übergeben. Applaus!

Zudem war Marcel gestern äußerst amüsiert und wurde von Eric geflissentlich ignoriert, was sich ebenfalls keiner erklären kann, aber Marcel ist immerhin der Captain des Basketballteams und hat deswegen eine Art Immunität was Gerüchte und Unterstellungen angeht, weshalb es einfach dabei bleibt das er 'abartig' gut gelaunt war und das sogar noch als ihm Jem aus Versehen ein Bier über den Kopf gekippt hatte.

Und natürlich brodelt die Gerüchteküche wegen Taylor, denn der ist neu, hat eine nicht gängige Frisur und hat die Einladung in den Basketballclub dankend abgelehnt mit den Worten er sehe keinen Sinn darin einem Ball hinterher zu rennen, was mich wiederum grinsen lässt.

Das besagter Neuer sich inzwischen im Raum befindet ist dabei übrigens egal.
 

„Ist das hier immer so?“, wird mir von der Seite zu geflüstert und ich registriere erst jetzt das unser Neuer sich neben mich gesetzt hat, vermutlich in der Hoffnung diesen Irren zu entkommen.

„Willkommen auf Nightcrawl!“, grinse ich ihn nur an und mache eine allumfassende Geste.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2014-12-08T12:17:13+00:00 08.12.2014 13:17
Ich kann ja die Empörung von Kai gut verstehen, wegen den Fotos, aber die Sache im Badezimmer war ja mehr als nur peinlich.
Wenigstens zeigt es sich, dass Taylor wirklich kein schlechter Typ ist. Kai, du bist solch ein Feigling. ^^
Von:  Wernes23
2014-10-27T08:36:58+00:00 27.10.2014 09:36
Bis jetzt finde ich jedes Kapitel super

Habe nur eine Frage.
Wurde die Badezimmertür nicht abgeschlossen oder kann Kai zaubern? ^^
Antwort von: abgemeldet
27.10.2014 10:51
Freut mich das dir die Kapitel bis jetzt alle gefallen haben :)
Zu deiner Frage:
Touji schließt die Tür. Also er macht sie zu, schließt aber nicht ab. ^^
Antwort von:  Wernes23
27.10.2014 11:22
okay, dann habe ich das falsch interpretiert


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