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Ein kleiner Unfall

NaxSa
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Heylo ihr lieben Leser ^^
In Viellerlei Hinsicht ist dieser OS eine Prämiere für mich.
Und ich würde mich über eure Meinung daher sehr freuen.
Mehr wollte ich auch eigentlich schon gar nicht sagen.
Viel Spaß ^^ Komplett anzeigen

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Oneshot

Wie viel mochte wohl so ein Käfig aus Seestein kosten?

Nami schloss die Augen.

Eigentlich war es ja egal. Die Investition wäre es auf jeden Fall wert!

Leise bröselten kleine Felssplitter hinab. Sie musste niesen.

Aber vielleicht könnte sie ja auch etwas sparen, wenn sie nur das Material besorgte und Franky die Arbeit übernahm.

Genervt stemmte sie die Fäuste in die Hüften und blickte hinauf. Der Staub hatte sich größtenteils gelegt, so dass sie nun auch den Rand des Loches ausmachen konnte, der schätzungsweise zwanzig Meter über ihr lag.

Leider herrschten auf dieser Insel besondere geologische Verhältnisse, die den Fels so glatt abbrechen ließen, dass sie sich in der Bruchfläche sogar spiegeln konnte. Die Kanten jedoch waren spitz und rasiermesserscharf. Ihre lange Hose hatte beim Fall lauter Risse bekommen und ihr Bikinioberteil war etwas unvorteilhaft aufgeschlitzt worden, wie sie pikiert feststellen musste. Erstaunlicherweise hatte ihre Haut kaum etwas abbekommen.

Immerhin etwas Positives in diesem Katastrophenchaos. Sie seufzte und zwang sich selbst dazu wieder einen kühlen Kopf zu bekommen.

Eigentlich war doch alles wie immer. Sie kamen an einer Insel an, Ruffy rannte kopflos in den Dschungel und fand auch gleich sein Mittagessen in Form eines Monsters, was er mal wieder direkt in ihre Richtung trieb oder lockte, so genau konnte sie es selbst nicht sagen.

Mit ausgelassenem Lachen und seiner aufgepumpten Faust donnert er dem Vieh eine und dummerweise traf sein Schlag auch die Felswand vor der sie gerade mit ihrem Theodoliten stand um die Insel zu vermessen.

Dass daraufhin gleich der Untergrund einbrechen würde und sie einige Meter in die Tiefe riss, war nur logisch.

„RUFFY!“, schrie sie aus voller Lunge.

Doch es kam keine Antwort. Offenbar war ihr Unheilbringer tatsächlich diesem dämlichen Monster gefolgt und hatte gar nicht bemerkt, dass seine Navigatorin hier unten gelandet war.

Ein leichter Wind kam auf, ließ die Palmwedel rascheln und über den Rand blinzeln.

Sie konnte das Prickeln auf ihrer Haut spüren als der Luftzug über den Rand des Loches trieb und ein leicht pfeifendes Geräusch dabei machte.

Wie konnte sie sich nur dieser Chaotengruppe anschließen?

Sie war eine erfolgreiche Diebin und womöglich die weltbeste Navigatorin! Jeder hätte sie mit Handkuss genommen. Seufzend sah sie sich um.

Die Wände waren unmöglich zu erklimmen. Mal davon abgesehen, dass sie an der glatten Fläche keinen Halt fand, waren die Kanten eh zu scharf um sich an ihnen fest zu halten geschweige denn hoch zu ziehen.

Vielleicht konnte sie ja mit ihrem Klimataktstock den anderen Zeichen geben?

Ihre Hände wanderten an ihre Seiten und griffen ins Leere. Die Segmente des Taktstockes waren weg. Ihr lief ein kalter Schauer über den Rücken. Sie konnte keine Hilfe rufen.

Zudem konnte sie sich auch nicht wehren, wenn sie hier unten angegriffen werden sollte.

Ruffy würde in den nächsten Wochen eindeutig keinen Nachtisch bekommen!

Missmutig betrachtete sie das Geröll unter ihren Füßen. Die anderen würden früher oder später bemerken, dass sie nicht zurückkam und sie suchen gehen. Schließlich konnten sie ja schlecht ohne ihre Navigatorin weitersegeln. Außerdem hatte ihr schiffseigener ‚Obercharmeur zur See’ ja so etwas wie einen siebten Sinn, was das Aufspüren von Frauen in Not anging. Bestimmt hatte er ihren Schrei gehört und war längst auf dem Weg sie zu retten. Mit seinem Skywalk wäre es dann auch ein leichtes hier wieder hoch zu kommen.

Wenn er schnell genug war, konnten sie ja auch noch ein wenig weiter vermessen bevor es dunkel wurde. Doch plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Sanji war ja gar nicht auf dem Schiff. Er war doch bei ihr und hatte ihr beim Vermessen geholfen. Wie hatte sie ihn nur vergessen können?

Sofort schnellte ihr Blick wieder nach oben. Er musste dort noch irgendwo sein.

„SANJI?“, rief sie hoch.

Der Name hallte an den glatten Wänden wieder.

Angestrengt lauschte sie.

Ein Rauschen, keine Antwort.

„SANJI?“

Ein Stöhnen.

Doch es kam nicht von oben, sondern irgendwo vom Geröll an einer Wand hinter ihr.

„Na-mi?“, hörte sie die brüchige Stimme des Kochs husten.

Schnell hüpfte sie über die losen Felsbrocken auf die Stelle zu wo sie den Ursprung der Stimme vermutete.

Sie fand ihn halb an der steilen Felswand lehnend. Sein schwarzer Anzug war über und über mit Staub und kleinen Felsstücken bedeckt. Ihr Herz machte einen Sprung.

„Sanji, los komm steh auf wir müssen hier wieder raus.“

Mit diesen Worten griff sie nach seinem Arm und versuchte ihn hoch zu ziehen.

„Warte Nami arghhh…“

Erschrocken ließ sie seinen Arm wieder los.

Sein Gesicht war schmerzverzerrt.

Einen Moment lang stockte ihr Atem. Sanji?

„Mein… mein Knie“, stöhnte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Ihr Blick wanderte zu seinem rechten Knie welches krampfhaft zitterte.

Sie konnte nichts Ungewöhnliches erkennen. Doch seine Hände krallten sich in seinen Oberschenkel als wenn sein Leben davon abhinge.

Sie konnte sich nur an ein einziges Mal erinnern, wo sie ihn so schmerzerfüllt gesehen hatte. Damals hatte er auf der Thriller Bark bereits völlig erschöpft gegen Bartholomäus Bär gekämpft und dabei die Wucht seiner eigenen Kraft zu spüren bekommen. Als sie damals sah wie er sich vor Schmerzen über den Boden rollte, hatte sie das erste Mal gespürt was Angst wirklich ist. Auf Ruffy, Zoro und ihn konnten sie sich alle verlassen. Wenn auch nur einer von ihnen da war hatte sie immer das Gefühl absolut sicher zu sein. Doch damals hatte sie das erste Mal gesehen wie Sanji tatsächlich zu Boden ging. Kalt war die Erkenntnis bis hinab in die Knochen gegangen.

Mit einem Mal waren ihre Gedanken wie sie hier wieder wegkommen würden wie weggeblasen.

Sie ging neben ihm in die Hocke.

Bei einem ihrer allabendlichen Gespräche mit Robin hatte sie der Archäologin damals berichtet wie einfach sie doch diesen Absalom besiegt hatte, der ja angeblich der stärkste Handlanger von Gecko Moria war. Robin hatte sie lächelnd berichten lassen. Erst als sie ausgestreckt auf ihr Bett gefallen war und voller Genugtuung gegrinst hatte, erzählte sie ihr ruhig, was sie von den Zombies ausspioniert hatte. Im flackernden Licht der Öllampe hatte sie im Tanz der Schatten an der Wand alles gesehen, was Robin ihr schilderte. Offenbar hatte sie Absalom nur den letzten Schlag versetzt. Es war ihr Koch, der sie verteidigt hatte. Er hatte seinen eigenen Körper dafür hergehalten, nur damit ihr nichts passierte. Sogar seine kostbaren Arme und Hände, die er sonst mehr hütete als seinen Augapfel. Erst Tage nach diesem Gespräch sah sie zufällig wie Chopper den Verband an Sanjis Schulter wechselte. Die Wunde, die dabei zu Tage kam hatte ihr kurz einen Kloß im Hals beschert. Schnell war sie weiter gelaufen.

Vorsichtig streckte sie eine Hand nach seinem zitternden Knie aus. Doch kaum berührten ihre Fingerspitzen den Stoff der Hose, da keuchte Sanji gequält auf. Sie zog erschrocken ihre Hand wieder zurück.

Manchmal bekam sie den Eindruck, dass Robin so viel mehr wusste als sie alle zusammen. Womöglich mehr als ihr lieb war. Und womöglich verdankte sie Sanji auch häufiger ihr Leben als ihr tatsächlich bewusst war. Immer wieder hatte sie das Gefühl ihm näher zu stehen als den anderen.

Das fing meistens bereits morgens an, wenn er ihr galant ihren geliebten Orangensaft reichte und der Ärmel seines Hemdes ihren Arm streifte. Sofort legte sich ein warmer Schauer über ihre Haut. Einen Schauer vor dem sie lange Zeit so etwas wie Angst hatte, so dass sie ihn immer schnell abgeschüttelt hatte.

Besorgt sah sie ihm nun ins gequälte Gesicht. Seine blonden Strähnen hingen stumpf vor Staub und strähnig wild ins Gesicht. Fest kniff er die Augen zusammen und knirschte mit den Zähnen. Sie beugte sich vor und strich ihm sacht die Strähnen zurück. Erst jetzt sah sie wie ihm staubiger Schweiß von der Stirn perlte. In seinen Augenwinkeln meinte sie es verdächtig feucht glitzern zu sehen.

„Sanji“, flüsterte sie. Erst jetzt wo ihre eigene Stimme in ihre Ohren drang bemerkte sie wie groß ihre Sorge doch war.

Sanji öffnete seine Augen nur einen Spalt breit und sah sie an.

Ihr stockte das Herz. Seine Augen waren azurblau, wie das Meer an schönen Tagen.

Warum fiel ihr das gerade jetzt auf?

„Es brennt und sticht pulsierend“, presste er hervor und zog ihre Aufmerksamkeit zurück auf sein Knie.

Zweifeld sah sie hinab. Das hier war eindeutig ein Job für Chopper. Sie hatte doch nicht die geringste Ahnung von Medizin.

Vorsichtig versuchte sie das Hosenbein hoch zu schieben. Doch kaum hatte sich der Stoff einen Millimeter bewegt, warf Sanji auch schon den Kopf in den Nacken und stieß einen Schmerzenslaut aus.

Erschrocken hielt sie inne. So ging es nicht. Sie musste etwas finden, womit sie den Stoff durchschneiden konnte um das Knie frei zu legen.

„Hast du ein Taschenmesser dabei?“, fragte sie, doch er schüttelte nur den Kopf. Ja das hatte sie schon befürchtet. Doch in diesem Moment fielen ihr auch schon die Felsensplitter wieder ein. Schnell suchte sie den Boden nach einem geeigneten Stück ab und fand auch eines.

Es war etwa handgroß und mit einer langen glatten Kante. Hoffentlich funktionierte es. „Sanji, beiß jetzt bitte die Zähne zusammen. Ich werde vorsichtig sein. Versprochen!“

Sanji nickte nur kurz und senkte den Blick.

Nami atmete tief durch bevor sie den Stoff langsam anhob und versuchte, das Zucken in Sanjis Knie zu ignorieren. Sie atmete noch einmal tief durch. Dieses Versprechen sollte nicht nur zu seiner Beruhigung dienen. Sie hatte es ernst gemeint. Langsam ließ die die scharfe Kante durch de Stoff gleiten, der sich widerstandslos schneiden ließ. Ein leises Ratschen ertönte und nur Sekunden später glitt das abgeschnittene Stück Stoff zu Boden.

Jetzt wurde ihr klar, was ihm solche Schmerzen bereitete. Seitlich in seinem Knie steckte eine kleine, flache Felsscherbe. Sie schien sich direkt unter seine Kniescheibe geschoben zu haben und blockierte vermutlich das Gelenk.

Nami biss sich auf die Unterlippe. Wenn sie es schaffen würde, diese Scherbe zu entfernen, dann sollten auch diese Schmerzen gelindert werden. Zumindest hoffte sie das. Nami sah ihn aus dem Augenwinkel heraus an. Das dürfte jetzt mehr schmerzen als beim Stoff entfernen.

„Sanji, ich-“

„Schon okay“, unterbrach er sie „erklär mir bitte nicht was du machen willst.“

Als sie den Kopf zu ihm wandte, sah er sie mit festem Blick an.

So häufig sprach er nicht mit ihr ohne nicht gleich in einen Liebestaumel zu verfallen.

„Ich vertraue dir.“

Drei Worte, doch sie spürte die Macht die dahinter stand.

In der Mannschaft wurde Vertrauen groß geschrieben. Jeder konnte sich auf den anderen verlassen. Komme was wolle. Das machte sie so stark.

Sie holte tief Luft und nickte dann.

Er nickte auch und drehte seinen Kopf weg.

Ihr war mulmig zumute.

Vorsichtig legte sie eine Hand auf den Oberschenkel und eine auf den Unterschenkel, nah beim Knie.

Seine Beine waren hart, auch wenn Sanji nicht täglich so trainierte wie Zoro es tat. Sanji behauptete immer seine Hände seien sein Kapital. Für einen Koch waren die Hände auch mit Sicherheit die wichtigsten Werkzeuge. Doch auch seine Beine waren nicht zu unterschätzen. Sie waren seine Waffen und zur Erfüllung seines Traumes benötigte er sie ebenfalls. Jeff, Sanjis Ziehvater, teilte seinen Traum mit ihm. Auch er war auf der Suche nach dem All Blue gewesen. Das berühmte, geheimnisvolle Meer in welchem alle Fische der Welt umher schwimmen sollten. Letztendlich hatte Jeff jedoch die Suche danach aufgegeben, weil er eines seiner Beine verloren hatte und es auf der Grand Line zu gefährlich war mit nur einem Bein. Sie hatte sich selbst gerade in letzter Zeit häufiger dabei erwischt wie sie ihm beim Kämpfen beobachtete. Seine Drehungen und geschmeidigen Bewegungen sahen unglaublich elegant aus. Manchmal sah es eher wie ein Tanz aus, als wie ein Kampf. Die niedergestreckten Gegner waren der einzige Anhaltspunkt dafür, dass dem nicht so war. Sicherlich war er auch ein guter Tänzer. Wenn sie jetzt diese Scherbe nicht richtig entfernte oder womöglich sogar noch tiefer ins Knie trieb, könnte es womöglich sein, dass seine Verletzung dauerhaft sein würde. Dann würde sie ihn auch nie wieder so kämpfen sehen wie bisher. Sie biss sich auf ihre Unterlippe und zog ihre Stirn besorgt in Falten.

Der Schmerz ging tief und ließ sein Bein heftig zittern. Merkwürdigerweise nahm sie das Zittern in sich auf und machte sie etwas ruhiger.

Sie musste es einfach schaffen.

Vorsichtig zog sie die Haut zwischen ihren Daumen und Zeigefingern etwas auseinander. Die Scherbe blieb wo sie war nur die angerissene Haut an dieser Stelle zog sich etwas von der Wunde weg.

Noch einmal atmete sie tief durch.

Mit Daumen und Zeigefinger der rechten Hand packte sie die Scherbe.

Er holte scharf Luft, als sie das winzige Teil schließlich gepackt hielt, so dass ihre Fingerspitzen fast weiß waren. Sie wollte es schnell machen. Wie beim Pflasterabziehen.

Jetzt oder nie. Mit einem Ruck zog sie an der kleinen Fläche.

Sanji krampfte augenblicklich. Ein dumpfer Schmerzensschrei entkam seiner Kehle. Aus dem Augenwinkel konnte Nami sehen wie er den Kopf in den Nacken warf.

Es tat ihr weh ihm diesen Schmerz zugefügt zu haben, doch viel schlimmer war, dass die Scherbe noch genauso da steckte wie vorher auch. Lediglich ein paar Blutstropfen hatten sich gelöst und schlängelten sich nun sein Bein herunter. Sie war abgerutscht. Der Steinsplitter war glatt wie Glas und die herausragende Oberfläche war winzig. Sie könnte es noch einmal versuchen, doch so tief und fest wie dieses dumme Ding im Fleisch saß, würde sie ihm damit nur weitere Schmerzen bereiten. Sie konnte ihm nicht ohne Werkzeug helfen.

Diese Erkenntnis trieb ihr einen Kloß in den Hals und ließ ihr einen kalten Schauer durch die Glieder fahren. Die Verletzung war nicht lebensgefährlich. Das wusste Nami. Sie konnten ohne Weiteres einfach auf die anderen warten, sich retten lassen und dann konnte sich Chopper darum kümmern. Aber Sanji hatte ihr sein Vertrauen geschenkt.

Wenn sie ihm erklärte, dass es besser für ihn war, wenn sie auf Chopper warten sollten, dann würde er es mit Sicherheit verstehen. Sie schielte wieder zu ihm rüber. Er hatte sich wieder beruhigt. Die Augen fest geschlossen und die Zähne zusammengebissen.

Er wartete nicht auf Chopper.

Er wartete auf ihre Hilfe.

Sie sollte ihm diese Scherbe entfernen.

Nami schaute wieder hinab auf die Scherbe. Der Blonde hatte bereits so viel für sie getan. Ihr Wünsche von den Augen abgelesen, unangenehme Aufgaben für sie übernommen und ihr das Leben gerettet. Verbittert presste sie die Lippen aufeinander. Und sie schaffte es nicht einmal mehr jetzt diese dumme Scherbe herauszuziehen um ihn von diesem Schmerz zu befreien.

Es war noch gar nicht lange her, da hatte er ihr sogar exakt denselben Gefallen getan.

Sie hatte ihre geliebten Orangenbäume beschnitten und sich dabei einen Holzsplitter zugezogen. Es hatte erbärmlich weh getan und dass obwohl der Splitter so fein war wie ein Haar. Nur die gerötete Stelle hatte darauf hingewiesen wo er steckte. Fluchend hatte sie selbst versucht ihn mit einer Pinzette zu entfernen und es nicht geschafft. Die Verzweiflung und der stechende Schmerz hatten ihr Tränen in die Augen getrieben.

Schließlich hatte Sanji ihr die Pinzette wortlos nur mit einem Lächeln auf den Lippen aus der Hand genommen und sich die Stelle von Nahem angesehen. Sein Atem war über ihre Haut geglitten. Es hatte sie beruhigt.

Schließlich konnte er beim ersten Versuch gleich den Splitter entfernen.

Er hatte gelächelt, als er ihr die Pinzette wiedergab. ‚Weißt du, wenn du es mit der Pinzette nicht schaffst, dann benutze einfach deine Lippen’, hatte er gesagt ‚deine Lippen sind unglaublich empfindlich und können noch die winzigsten Dinge ertasten und mit den Zähnen kannst du schließlich den Splitter einfach rausziehen.’

Sie lächelte matt. Ja das hatte sie damals auch schon so gewusst. Warum sie es nicht angewandt hatte wusste sie jedoch nicht zu sagen.

Aber hier nützten ihr die Lippen nichts. Die Scherbe konnte sie ja ohne weiteres sehen nur Ziehen konnte sie nicht. Doch dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Die Zähne!

Sie konnte versuchen die schmale Fläche mit den Schneidezähnen zu packen und dann noch einmal ziehen. Einen Versuch war es schließlich wert.

Doch als sie auf sein Knie hinab sah wurde ihr wieder mulmig. Die kleine Wunde blutete leicht und Sanji hatte wie für Männer üblich Haare auf den Beinen. Zwei Faktoren, die in ihr den Ekel anfachten. Sie hasste es Blut zu schmecken und Haare im Mund zu haben.

Wieder schweifte ihr Blick zu ihm hoch. Er hatte sich nicht bewegt.

Er wartete.

Er wartete auf ihre Hilfe.

Und sie hatte nichts anderes zu tun als sich zu ekeln.

Eine wirklich tolle Freundin war sie, verhöhnte sie sich selbst in Gedanken.

‚Du würdest dich besser fühlen, wenn du es einfach tun würdest’, rief ihr eine kleine Stimme in ihrem Inneren zu.

Nami atmete tief durch. Es war nur Ekel. Den musste sie nur einmal überwinden. Für Sanji!

In der Hoffnung sich selbst zu überrumpeln um ja nicht im letzten Moment wieder zurück zu weichen, ging sie mit ihrem Kopf tiefer. Nase und Lippen wurden von den kleinen Härchen gekitzelt. Sie konnte Blut und Schweiß riechen und schmecken. Ihre Zungenspitze ertastete sofort die scharfkantige Scherbe. Mit der Zunge fühlte sich die Fläche wesentlich größer an als mit den Fingerspitzen. Schließlich biss sie mit den Schneidezähnen zu.

Wieder fühlte sie wie der Schmerz durch sein Bein schoss, doch dieses Mal bewegte sich die Scherbe nicht mit dem Bein, sondern mit ihrem Kiefer. Wenn sie jetzt zog würde die Scherbe mit rauskommen.

Sanji krallte währenddessen seine Finger tiefer in sein Bein. Seine Knöchel traten weiß hervor. Er zog scharf die Luft ein.

Nami konnte ihren Kopf nicht mit einem Ruck wegziehen ohne dabei den Kopf und damit auch die Scherbe zu drehen. Sie musste langsam ziehen.

‚Es tut mir Leid, Sanji’, rief sie ihm in Gedanken zu und schloss ihre Augen.

Mit beiden Händen hielt sie sein Bein gepackt und zog langsam den Kopf zurück.

Sanji entließ einen gedehnten Schmerzenslaut.

Die Navigatorin konnte fühlen, wie die Scherbe aus dem Fleisch glitt und das letzte Stückchen schließlich schnell hinausflutschte. Der Blonde schrie kurz auf. Erschrocken riss Nami die Augen wieder auf.

Der Splitter hatte nur von außen so winzig gewirkt. Zwischen ihren Zähnen steckte jetzt jedoch ein fast zwei Zentimeter langes Stückchen. Sie spuckte es achtlos aus. Ihr Unterkiefer und die Schneidezähne taten weh.

Mit dem Handrücken wischte sie sich schnell das Blut und das kribbelnde Gefühl vom Gesicht. Dann sah sie gespannt zu Sanji rüber.

Der Smutje hatte den Kopf in den Nacken gelegt. Seine Gesichtszüge waren vollkommen entspannt. Staubgrauer Schweiß perlte ihm von der Stirn. Seine Hände hingen entkrampft neben ihm. Die kleine Wunde am Bein hatte nur ein paar Tropfen der roten Flüssigkeit verloren und war unschuldig klein. Nami wechselte die Position und schob ihre Hände unter Sanjis Wade.

Erschrocken blickte er auf. Sofort spürte sie wie er wieder verkrampfte. Sie lächelte ihm zaghaft zu. Verwundert und skeptisch lächelte er zurück, doch seine Muskeln entspannten sich wieder. Vorsichtig hob sie sein Bein an und streckte es ganz allmählich. Sanji ließ es geschehen. Es tat nicht mehr weh. Der Schmerz war mit der Scherbe verschwunden.

Glücklich und erschöpft seufzte er auf.

„Jetzt müssen wir nur noch warten, bis uns die anderen finden“, lächelte sie befreit und setzte sich schließlich an seine Seite.

„Mhm“, stimmte ihr Sanji zu und schloss wieder die Augen.

Sie beobachtete ihn eine Weile schweigend von der Seite.

Sein Brustkorb hob und senkte sich. Leise hörte sie wie er atmete. Er sah so friedlich aus. So ruhig sah man ihn normalerweise nie. Er hatte immer irgendetwas zu tun.

Langsam ließ sie eine Hand nach vorne gleiten auf den Oberschenkel des verletzten Beines.

Die stählerne Härte, die sie vorhin noch gefühlt hatte, war nicht mehr so präsent. Sogar durch den Stoff konnte sie immer noch fühlen, wie durchtrainiert der Muskel war. Sanft glitten ihre Finger vor und zurück. Doch jetzt im entspannten Zustand konnte sie auch die weiche Haut fühlen.

„Danke“, flüsterte Sanji plötzlich in die Stille hinein.

Langsam lehnte sie sich an ihn und legte ihren Kopf an seine Schulter.

Ihr Blick schweifte über die glatte Felswand vor ihnen hinauf zum Rand des Lochs.

Es rauschte. Der Wind zerzauste die Palmwedel und ließ sie ins Loch hinab schauen.

Sie musste lächeln und schloss dann müde die Augen.

Irgendwie war es gerade doch merkwürdig schön.

Die anderen durften sich jetzt ruhig noch etwas Zeit lassen.

„Sanji?“, flüsterte sie.

„Mh?“

„Ich würde dich gerne einmal tanzen sehen.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  ItachiUchih4
2017-06-05T01:56:54+00:00 05.06.2017 03:56
Ach nach dem entfernen des Splitters hätte Sanji locker mim Sky-Walk da hoch fliegen können xD
Der wollte nur noch mit Nami Zeit da unten verbringen :P

Sehr tolle Geschichte, ich hätte gern noch gesehen, wie Sanji mit ihr getanzt hätte und dann...
...ja wo bleibt der Kuss??? :D

Hat mir jedenfalls sehr gefallen. Einfach das Pair was am nähesten in One Piece zusammen kommen könnte (meine Meinung)^^

Grüße
Von:  _Supernaturalist_
2015-07-27T15:06:55+00:00 27.07.2015 17:06
Hallöchen^^
Ich muss sagen, dass ich diese Nami/Sanji-Story wirklich unheimlich schön, detailiert und wirklich gut geschrieben finde.
Das mit der Scherbe stelle ich mir unheimlich schmerzhaft vor T.T Aber ich finde es schön, wie Nami ihre Sorgen, Zweifel und Ekel beiseite legt und Sanji hilft.
Wirklich toll*.*

Antwort von:  Duchess
27.07.2015 22:40
Vielen lieben Dank für deinen Kommentar ^^
ich freue mich sehr, dass dir die Geschichte gefällt! Es ist auch nach so langer Zeti schön noch Menschen dafür begeistern zu können ^^
Antwort von:  _Supernaturalist_
27.07.2015 23:52
Ich freue mich eher, nach dieser langen Zeit diese schöne Geschichte gefunden zu haben:D
Von: irish_shamrock
2014-07-23T11:39:36+00:00 23.07.2014 13:39
Liebe Duchess,

soeben durfte ich bemerken, dass du dich an einer Nami/Sanji-Story versucht hast (ja, das geschulte Auge ;)) und ich zolle deinem Werk große Anerkennung. (gott, klingt das geschwollen ._.)
Deine Beschreibungen sind schön detailliert und wortreich. Das Geschehen an sich ist ordentlich durchdacht und nachvollziehbar. Ich freue mich, deine Geschichte entdeckt zu haben und hoffe auf weitere Schreibe aus deiner Feder :D

Alles Liebe,
irish C:


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