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Zwei im Wunderland

von

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Kapitel 1

Gut, ich hätte es eigentlich besser wissen müssen: Ich hätte diesem blöden weißem Karnickel nie folgen dürfen. Und schon gar nicht neugierig wie ich damals war, in das Loch schauen sollen. Na, kommt das irgendeinem hier bekannt vor? Sicherlich, zumindest Jedem der schon einmal „Alice im Wunderland“ gelesen hat… Nur mit dem Unterschied das ich nicht Alice heiße und auch kein Mädchen bin… Na ja, immer noch besser als die McGee Version. Wie die wohl aussehen würde?
 

Was allerdings keinen Abbruch daran tat, das ich trotzdem in einem gottverdammten Kleid aufwachte… „Verdammt?! Das kann doch nicht wahr sein…“ murmelte ich verwirrt und sah mich um. Ich brauchte allerdings einige Sekunden um den zweiten Unterschied an mir zu bemerken. „Meine Haare…“ jammerte ich und zog leicht meinen Haaren, die mir nun bis über den Rücken hingen. Natürlich tat es nur weh und ich seufzte. „Ich bin im Wunderland… Ein Scherz kann das ja wohl kaum sein…“ sagte ich zu mir selbst. Ich zögerte. Sollte ich wirklich zu dieser Stadt gehen, die ich da in einigen Metern Entfernung sehen konnte? Lieber nicht, mir war ein Schild aufgefallen auf dem in blutroter Farbe stand: „Hauptstadt der Herzkönigin. Einwohner: 890 Geköpfte: 500“
 

Nein, da ging ich doch lieber weiter in den lichten Wald und folgte dem schmalen Pfad in die Bäume. „Hallo.“ hörte ich plötzlich über mir und ich zuckte zusammen. Aber da das hier immerhin das Wunderland war, konnte ich es hier ja nur mit einem zutun haben… „Hi, lass mich raten: du bist Cheshire Cat?“ fragte ich und hob den Kopf, sodass ich dem Fremden ins Gesicht blicken konnte. Im Vergleich zu den ganzen Bildern die immer irgendetwas Gestreiftes enthielten, sah er recht normal aus. Abgesehen von den Katzenohren und dem buschigen Schweif, der sacht hin und her pendelte. Seine Augen waren allerdings zweifarbig, eins gelb und das andere war hellblau, und seine Haare waren auch zweifarbig: silber-blond und schwarz, seine Klamotten waren ebenfalls schwarz. Hieß das nicht Heterochrom, oder so? Er grinste und nickte. „Und schon wieder ein Junge… Du bist nicht der Erste… In letzter Zeit kommen immer mehr Jungen.“ Er lachte. „Allerdings hat das Wunderland das noch nicht verinnerlicht und ihr kriegt immer noch das Kleid.“ „Aha, danke für die Info.“ sagte ich und sah missmutig auf das Kleid.
 

Er kicherte und stand plötzlich vor mir. „Die Anderen bis jetzt haben immer rumgebrüllt, oder geheult, oder sogar gebetet. Wieso bist du so gelassen?“ fragte er neugierig. „Ich hab das Buch gelesen. Und… was ist mit den Anderen passiert?“ Zum ersten Mal hatte ich ein ungutes Gefühl im Wunderland. Cheshire winkte ab. „Willst du nicht lieber erstmal andere Klamotten?“ er lächelte. Ich verschränkte die Arme vor der Brust. „Lieber erstmal eine Erklärung wäre nett… Was ist mit Denjenigen die vor mir hier waren?“ Er seufzte genervt. „Naja… Sagen wir es mal so: Was denkst du wenn die Herzkönigin da alles köpft?“ Ich schluckte. „Und wieso?“ fragte ich weiter. Cheshire verschränkte die Arme hinter dem Kopf, und ging weiter. Notgedrungen folgte ich ihm. „Erstmal, würde ich dir gerne noch die Anderen vorstellen.“ sagte er lächelnd. „Hutmacher, Märzhase, Haselmaus?“ riet ich müde und er lachte schallend.
 

„Du hast echt das Buch gelesen.“ „Woher kennst du eigentlich das Buch?“ fragte ich ihn neugierig. „Lewis Carroll, war der Erste der hier wieder raus gekommen ist. Wir haben ihm die Geschichte der ersten Alice erzählt, und er sagte er werde in seiner Welt gerne ein Buch darüber schreiben.“ Ich nickte langsam, das war doch mal wirklich interessant. „Aber sag mal, wieso kommen überhaupt Menschen ins Wunderland? Was ist der Sinn des Ganzen?“ Cheshire zuckte mit den Schultern und sah mich an. „Da gibt es etwas was dich viel mehr interessieren wird: Du bist nicht der einzige „Alice“ im Wunderland momentan.“ „Äh… ist das schlimm?“ fragte ich verwirrt, nun noch mehr beunruhigt. „Naja, das ist das erste Mal das so etwas passiert. Und dann noch ein Junge, also du, und ein Mädchen.“ Er lachte leise. „Ich bin sicher irgendetwas wird dieses Mal anders sein…“ Und mit diesen sehr beruhigenden Informationen betraten wir die Lichtung auf der die Teerunde stattfand.
 

Es entsprach in etwa meinen Vorstellungen, und immerhin sah der Verrückte Hutmacher weder aus wie die Jonny Depp Version noch wie die uralte Disney-Version. Apropos alte Disney-Version… Ich sah zu Cheshire. „Wie kommts eigentlich das du keine rosa-lila gestreifte Katze bist?“ Er grinste. „Irgendwie scheint es den Alices nicht so Recht behagt zu haben, mit einer Katze zu reden.“ Ich nickte, wieso sollten Leute etwas dagegen haben mit einer Katze zu reden? Wenn man sich schon in einer verrückten Welt befand, sollte man sich von so etwas eigentlich nicht überraschen lassen, fand ich. Und vor allem überraschte es mich dass ausgerechnet die Grinsekatze auf andere Leute hörte. Ich schüttelte den Kopf und sah wieder zu der Teerunde. Der Hutmacher… Er trug einen wirklich riesigen Zylinder, eine grüne Weste und eine grün karierte Hose. Und er war nicht alt, er sah aus wie Anfang oder Mitte Zwanzig, aber ich vermutete das die Bewohner des Wunderlandes frei über ihr Aussehen entscheiden konnten. Mein Blick ging weiter zum Märzhasen, auch er war einfach ein Mensch mit Hasenohren in einem roten Jackett und einer schwarzen Hose. Kurz fragte ich mich, was wohl so schlimm daran war mit einer gestreiften Katze oder eine Hasen zu reden. Mir hatte gerade das als Kind besonders gut gefallen, das es eben keine Menschen gewesen waren sondern Tiere. Aber damals hätte ich nie gedacht dass ich tatsächlich in dieser Welt landen würde. Ob es dafür irgendeinen Grund gab? Vielleicht war ich ja tot, oder ich lag im Koma… Was Beides nicht passte, meine letzte Erinnerung war nämlich wie ich eine Schulaufgabe geschrieben hatte. Ob man wohl die Entschuldigung „Sorry, ich war im Wunderland.“ gelten lassen würde? Wohl kaum… Ich war inzwischen fast am Tisch angekommen und blieb unschlüssig stehen. Niemand schien mich zu bemerken, sie tranken weiterhin ihren Tee. Alle außer der Haselmaus, eine Frau mit Mausohren die selig schlief, und der anderen Alice. Die mich so finster anschaute, als hätte ich ihre gesamte Familie auf dem Gewissen. Dann brach sie in schallendes Gelächter aus. „Ein Kleid?! Ernsthaft? Bist du schwul, oder was?“ Gut, das kam unerwartet… „Nein, nicht das ich wüsste.“ Das ließ sie noch mehr lachen und sie stieß dem Hutmacher den Ellbogen in die Seite. „Komm schon, Jonny, schaff dem Kerl nen Stuhl her.“
 

Wie aus dem Nichts erschien ein Stuhl, genau neben Alice, außerdem gleich ein weiteres Gedeck. Reizender Service hier, wirklich. Sobald ich mich gesetzt hatte, ich verfluchte das verflixte Kleid innerlich genauso wie die langen, nervigen Haare. „Wieso nennst du den Hutmacher Jonny?“ fragte ich Alice und schenkte mir Tee ein. Sie zuckte mit den Schultern. „Ich hab nur den Film gesehen und ich will ihn nicht die ganze Zeit Hutmacher nennen. Wo warst du eigentlich als du plötzlich hier gelandet bist? Und wie heißt du eigentlich?“ „Ich hab eine Schulaufgabe geschrieben. Heiße Tom.“ Sie nickte und fuhr sich durch die langen blonden Haare. „Tja, ich war grad dabei nen hübschen Typen abzuschleppen. Und ich heiße Michelle, kannst Michi sagen.“ Ich lachte leise und trank einen Schluck Tee, irgendwie überraschte es mich nicht dass es Earl Grey war. „Guter Tee, nicht wahr?“ sagte der Hutmacher, oder Jonny, plötzlich lächelnd und ich nickte. Wir saßen noch einige Minuten so da, schwiegen uns an. Michelle unterbrach es schließlich genervt. „Können wir vielleicht mal erfahren was wir hier eigentlich sollen? Wieso sind wir hier, bitte?!“ „Das würde ich aber auch gerne wissen.“ stimmte ich ihr zu und stellte meine Tasse wieder auf den Tisch. „Aber könnte ich vielleicht erst einmal passendere Klamotten kriegen? Und eine Schere?“ „Oh, ne Schere brauch ich dann auch! Ich hasse lange Haare!“ Der Märzhase der bis dahin still seinen Tee getrunken hatte lachte lauthals los, ehe er grinsend aufstand und uns bedeutete ihm zu folgen. In ein Gebäude, das davor noch nicht da gewesen war… Na ja, typisch Wunderland sage ich da.
 

Ungefähr zehn Minuten später, obwohl die Zeit hier ja sowieso nicht soviel bedeutete wie in der… realen Welt, trug ich ein schlichtes dunkelblaues Hemd und eine kurze schwarze Hose. Auch meine Haare waren wieder kurz. Michelle hatte sich ebenfalls die Haare geschnitten, ihre reichten ihr jetzt bis zur Schulter und auch sie hatte das Kleid gegen eine Bluse und eine Hose eingetauscht. Auf den weinerlichen Einwand des Märzhasen, das Alice aber immer das Kleid tragen solle, beschimpfte sie ihn das das Kleid potthässlich sei. Im Endeffekt saßen wir dann wieder bei der Teerunde, nur in anderen Klamotten. „Also?“ fragte Michelle und sah den Hutmacher an. Der trank seelenruhig einen Schluck Tee. „Das weiß ich nicht.“, sagte er gelassen, „Aber ich kenne Jemanden der es weiß.“ „Die Raupe?“ Er nickte mir grinsend zu. „Genau. Wollt ihr vielleicht etwas Tee mitnehmen? Der Weg wird etwas länger.“ fragte er liebenswürdig und hielt uns eine kaputte Teekanne hin.



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