Gebrochene Flügel
Hallo :)
Dies hier mein Beitrag zum Wettbewerb "Erloschene Bitbeast & Zerbrochene Beyblade". Es knüpft an den Kampf gegen Ray in der 1. Staffel im Finale an, den Ray gewonnen hat.
Titel: Gebrochene Flügel
Er hatte verloren.
Im Finale.
Verdammt!
Die Finalrunde der Beyblade-Weltmeisterschaften zwischen den Demolition Boys und den Bladebreakers war in vollem Gange. Kai war im letzten Kampf auf Spencers Attacke nicht vorbereitet gewesen und musste eine herbe Niederlage einstecken - genau wie Bryan jetzt.
Schwer getroffen und reglos lag er am Rand des Tableaus auf dem Boden und starrte ungläubig auf seinen Blade.
Eher die Einzelteile seines Blades.
Wut und Hass auf seinen Gegner stiegen in ihm hoch.
Es stand nach seiner Niederlage 1:1 für die beiden Finalteams. Dabei sah es zu anfangs gut für Bryan aus: den ersten Kampf konnte er klar für sich entscheiden.
Im zweiten Kampf bewies Ray unglaublichen Siegeswillen.
Sein Gegner konnte kaum noch stehen, doch er gewann den zweiten Kampf. Ebenso den dritten.
Er und sein Bitbeast bildeten eine Einheit. Bryan konnte es nicht glauben.
Wie konnte das passieren?
Es kam ihm vor, als hatte es zwischen Ray und Driger eine besondere Verbindung gegeben, als wären sie Eins geworden. Driger hatte den Blader, der hinter ihm stand, beschützt. Für Bryan ergab das alles keinen Sinn. Wie konnte ein Bitbeast denjenigen beschützen, dessen Blade es innewohnte?
Sein Blick ruhte immer noch auf seinem zerbrochenen Falborg. Niemals hätte sein Bitbeast sich für ihn geopfert, so wie es Driger für Ray getan hatte. Niemals hätte er sich für sein Bitbeast geopfert, so wie es sein Gegner sicher getan hätte.
Niemals.
Niemals?
Er ballte die Hände zu Fäusten und stemmte sich hoch, sammelte mechanisch die einzelnen Teile seines Beyblades auf.
Stück für Stück.
Er hob sie mit einer Hand auf und legte die Bruchstücke in die andere. Wie in Trance starrte er das an, was von seinem Blade noch übrig war. Es war zerstört, vermutlich irreparabel.
Falborgs Beychip war ebenso zersplittert wie der Beyblade.
Bryan warf wütend einen flüchtigen Blick auf seinen Gegner, Ray. Seine Freunde standen an seiner Seite, er wurde mit einer Trage weggetragen. Das pinkhaarige Mädchen weinte und wischte sich über die Augen.
Als er sich aufrichtete und zu seinem Team zurückging, sah er in stoische Gesichter. Niemand sagte ihm, dass es nichts machte - er hatte schließlich alles gegeben. Keiner hatte ein tröstendes Wort für ihn übrig, weil sein Blade zerstört wurde.
Er verlor nie!
"Du hast verloren."
Talas Blick war vernichtend. Normal prallte so etwas einfach an ihm ab.
Emotionen kannte er nicht.
Doch als er erneut zur gegnerischen Seite sah, empfand er zum ersten Mal so etwas wie Neid. Er spürte einen Stich.
Bryan war sich nicht sicher, ob er auf Rays Sieg oder seine Freunde neidisch war. Er schüttelte leicht den Kopf und kniff die Augen zusammen.
"Was ist los?", fragte Ian und musterte ihn skeptisch.
"Nichts", antwortete er abwesend, "ich kann nur nicht glauben, dass ich gegen diesen Wicht verloren hab."
Ian zuckte gleichgültig mit den Schultern. "Tala ist jetzt dran", stellte er fest und wendete sich an seinen Teamcaptain "Versau es nicht auch noch!"
"Ich bin kein Verlierer!", zischte dieser mit einem abwertenden Seitenblick auf Bryan, "Ich verliere nie." Tala betonte diese Tatsache besonders.
Ohne zurück zu seinem Team zu sehen, ging er in Richtung des Tableaus. Tyson wartete schon.
Wieder verspürte Bryan Wut – doch diesmal galt sie seinem Teamcaptain. Er wollte nicht länger hier bleiben. Er wollte seinen Blade zurück - in einem Stück.
Ohne ihn fühlte er sich unsicher, schwach - ja sogar hilflos.
Er verließ den Schauplatz, zurück in die Abtei.
***
Das Forschungslabor war sein Ziel.
"Mein Blade muss repariert werden", teilte er den Angestellten im Befehlston mit und legte die Einzelteile seines Blades auf einer freien Fläche ab.
Einer der Männer mittleren Alters in weißem Laborkittel kam zu ihm und begutachtete den Blade.
"Hm...", brummte er und schob mit zwei Fingern seine Brille ein Stück höher, "Ich denke nicht, dass wir hier noch etwas reparieren können. Der Beychip und der Blade sind beide zu schwer beschädigt. Wir können dir natürlich einen neuen, besseren Beyblade bauen, aber ich denke der Chip ist-..."
"SCHNAUZE! Es ist Ihr gottverdammter Job einen Weg zu finden, Falborg wieder zusammen zu bauen! Kleben Sie ihn von mir aus wieder zusammen! MIR EGAL!", schrie Bryan aufgewühlt, "Tun Sie was! Sie werden dafür bezahlt!"
Er spürte plötzlich etwas, was er sehr, sehr lange nicht mehr gefühlt hatte: ein Gefühl jenseits von Hass und Wut.
Verzweiflung.
Und Verlustangst.
Falborg sollte nicht mehr zu retten sein? Das wollte er nicht hinnehmen - was war er schon ohne sein Bitbeast?
Ein besserer Blader vielleicht - aber noch lange kein guter und schon gar nicht der Beste. Ohne Falborg konnte er das auch nie werden.
"Machen Sie schon!", blaffte er erneut, bevor er fluchtartig aus dem Labor abhaute und dem verärgerten Mann im weißen Kittel das Problem seines irreparablen Blades überließ.
"Nicht mehr zu retten, heh...", flüsterte er abschätzig vor sich hin.
Er lehnte sich einige Gänge weiter erschöpft an die kalten Mauern der Abtei und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Düster war es um ihn herum. Beleuchtet wurde die Abtei von vereinzelt an der Wand hängenden Fackeln.
Das Ganze musste erst richtig zu ihm durchdringen.
Weder das Blade noch der Chip waren also noch zu retten, hatte der Mann gesagt. Auch von der BioVolt nicht. Von keinem High-Tech-Computer der Welt. Und auch nicht von einem Menschen.
Geahnt hatte er es bereits - jedoch nicht gewusst.
Falborg war verloren.
Verloren.
Verloren.
Bryan sank an der grauen Mauer entlang nach unten auf den Steinboden.
Kalt und hart.
Dass dachte er von sich selbst bis jetzt auch - doch nun saß er hier, allein und verzweifelt.
Er hatte nie darüber nachgedacht, was wäre wenn er einmal verliert und sein Blade einen Schaden nahm, der nicht mehr zu beheben war.
Er verlor schließlich nie.
Doch mit nur einem einzigen Match hatte er nun alles verloren.
Natürlich würde er deswegen nicht weinen, nein. Doch er spürte den stechenden Schmerz des Verlustes in seiner Brust. Deutlich wie nie zuvor. Wieso konnte er das nicht begreifen oder wenigstens akzeptieren und einfach weiter machen?
Falborg und er hatten doch keine Verbindung zueinander, wie sie Ray und Driger hatten.
Oder?
Er stellte sich diese Frage zum ersten Mal in seinem Leben: Gab es doch eine Verbindung zwischen ihm und Falborg, die er vermissen konnte?
Würde er jemals zulassen, dass jemand ihm Falborg wegnehmen würde?
Nein.
Würde er jemals einen anderen Blade als Falborg als seinen akzeptieren?
...
Man wusste immer erst, was man hatte, wenn man es nicht mehr hat.
Bryan vergrub sein Gesicht in den Händen.
Ihm war kalt.
Und er wollte seinen Falborg zurück.
Ende
Ich hoffe der Beitrag hat gefallen! ;-)