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Iramon - Die Katze des Königs

Eine Pokemon Geschichte von Kanto
von

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Prolog

>>>Nerina<<<
 

"Vater! Da bist du ja endlich!" Mit langen Schritten rannte Nerina über den schwankenden Anlegesteiger auf das Fallreep zu, das ein paar Matrosen gerade an den wuchtigen Ringen der Anlegestelle befestigten. Einer von ihnen vertrat ihr den Weg und setzte zu einer groben Bemerkung an, doch Nerina machte einfach einen Sprung über das ausgestreckte Bein des Mannes hinweg und sprang stürmisch ihrem Vater in die Arme, der, bleich und scheinbar ziemlich übernächtigt, als erster von Bord des Schiffes stieg. Mit leicht zitternden Knien tat er einen Schritt zurück, um die plötzliche Attacke abzufangen und schloss gleichzeitig die Arme um seine Tochter. "Nerina", sagte er ein wenig überrumpelt, "Was tust du denn hier! Du solltest doch schon längst im Bett sein!" Doch das unmissverständliche Lächeln in seinen Augen strafte die Ermahnung Lügen. Nerina grinste nur noch breiter. "Ich konnte ja doch nicht schlafen", plapperte sie munter los, während sie neben ihm her den Landesteg entlang zurück zum Quai schlenderte, "Immerhin geht es morgen los und ich bin so froh, dass du noch rechtzeitig kommen konntest, um uns alles gute zu wünschen!" Vater gab ein abwehrendes Geräusch von sich, packte seinen Koffer etwas energischer und kratzte sich am linken Ohr, wie er es immer tat, wenn man etwas wirklich unvernünftiges gesagt hatte. "Aber ich würde doch nicht den wichtigsten Tag im Leben meiner Kinder vergessen!" Er grinste etwas schief und blieb an einer der zahlreichen, kleinen Buden stehen, die zu Ehren des morgigen Sommeranfangfestes am Hafen aufgestellt worden waren, um sich ein belegtes Fischbrötchen und Nerina eine heiße Waffel zu kaufen. Nerina strahlte. Alles war so viel einfacher, wenn Vater zu Hause war! "Und, bist du schon sehr aufgeregt?", fragte er beiläufig, doch Nerina spürte instinktiv, dass mehr hinter der Frage lauerte, als eine bloße Aufmerksamkeit. Ernst nickte sie. "Natürlich! Oh, ich bin ja so gespannt, was du und Professor Eich da so klamm heimlich ausgemacht habt", sagte sie bedeutungsvoll, "Willst du mir denn wirklich noch gar nichts verraten?" Nerina wusste nur zu gut, dass ihr Vater, der berühmteste Pokemonmediziner der Zinoberinsel und ein weitbereister Experte auf dem Gebiet der Pokemonforschung sich mit seinen alten Kameraden Professor Lind und Professor Eich zusammengetan hatte, um irgend etwas besonderes für die Trainerkarriere seiner Zwillinge auszuhecken. Schon vor gut und gerne einem Jahr hatte die Geheimnistuerei angefangen, nur wenige Monate, nachdem Gringo, der ehemalige Boss des berühmt, berüchtigten Team Rocket die Macht über sämtliche Pokemonaktivitäten des Landes übernommen hatte. Niemals würde Nerina Vaters entsetztes Gesicht vergessen, als sie damals zusammen im Wohnzimmer vor dem Fernseh gesessen und der Machtergreifung praktisch zugesehen hatten. Zuerst hatte es wie ein Showdown begonnen, eine groß angekündigte Herausforderung des obersten Ordensmitgliedes der Pokemonwelt, Siegfried, dem Drachentrainer. Die beiden Männer hatten erst eine Runde mächtig angegeben, soweit sie wusste. Keiner hatte der Sache so recht Aufmerksamkeit geschenkt. Mutter hatte Äpfel für ihren Kuchen geschnitten, Vater eine Fachzeitschrift gelesen, Neru und sie hatten auf dem Teppich gesessen und es wiedermal mit Schachspielen versucht, auch wenn Nerina die lustigen Figuren lieber als Kegel verwendet hätte. Dann hatte der Kampf begonnen. Sie hatte es über Nerus Schulter im Fernsehen gesehen, Siegfried förderte sein erstes Dragoran zum Vorschein, Gringo schickte ein Snobilikat. Nerina hatte über soviel Dummheit den Kopf geschüttelt. Jeder wusste schließlich, dass Snobilikat nur ein Normal-Typus war, nicht ganz übel, wenn man es richtig trainierte, aber völlig chancenlos gegen ein Dragoran! "Dame schlägt Turm", hatte Neru verkündet und sie einer weiteren Figur beraubt. Ärgerlich hatte sie sich wieder dem Spiel zugewandt, bis das Snobilikat sich plötzlich hoch auf die Hinterbeine erhob und gleißend zu leuchten begann. "Es entwickelt sich!", murmelte Nerina verdutzt, "Aber..." "Schach", sagte Neru ärgerlich und schubste eine Figur auf ein anderes Feld, "Oh Nerina! Kannst du denn nie bei der Sache bleiben?" Dann folgte er ihrem Blick - Seine Miene versteinerte und mit einer raschen Bewegung beförderte er das Spielbrett unter den Wohnzimmertisch. "Ein Snobilikat, das sich zu einem... Jugong entwickelt?", stieß er überrascht aus, "Aber, sowas kann es doch gar nicht geben!" Während er aufgeregt aufsprang, um den Fernseher lauter zu stellen, beobachtete Nerina mit klopfendem Herzen das bleiche Gesicht ihres Vaters. Er hatte die Zeitung beiseite geworfen, sodass sie nun, dem Spielbrett ähnlich, unter dem Tisch lag. Seine Augen zeigten eine Art faszinierter Furcht, wie wenn ein Kind einem Feuerwerkskörper beim Explodieren zusieht. "Vater?", fragte sie langsam, "Was passiert da?" Doch Vater hatte nicht geantwortet, seine Kinder nur geistesabwesend zu sich gewunken. So, alle drei auf ein Sofa gedrängt, hatten sie beobachtet, wie das mysteriöse Jugong sich angesichts von Dragorans Feueratem mit hellem Leuchten in ein Glurak verwandelte, dann in ein Elektek, dann in ein Tauros und schließlich wieder in das Jugong, das dann mit einem Eisstrahl die Sache fein und säuberlich beendet hatte, genau wie Siegfrieds nächstes und übernächstes Dragoran. Es wechselte einfach seine Form, als sei es ein überstarkes Ditto, das frei aus seinem Kopf sein Spiegelbild wählen konnte. Die ganze Pause lang hatten die Zwillinge ihren Vater gelöchert. "Ist es ein Ditto?" "Kann ein Ditto sowas überhaupt?" "Ist es ein Abra, das die ganze Zeit die Pokemon austauscht, ohne, dass es jemand sieht?" "Ist es vielleicht ein anderes Gestaltwandlerpokemon aus einem anderen Land?" "Hast du sowas je schon mal gesehen?" Doch er war ihnen die Antworten schuldig geblieben, hatte nur geradeaus an die Wand gestarrt, bis die Pause halb um gewesen war. Dann war er mit einem Male aufgesprungen, wie vom Ariados gebissen. "Ich muss Professor Eich anrufen", hatte er ausgerufen und war davongestürzt. Die Zwillinge brauchten bloß einen Blick zu wechseln, um die Kriegstaktik abzumachen und während Nerina einen großen Zirkus veranstaltend in die Küche lief, um Mutter abzulenken, schlich sich Neru in die kleine Besenkammer, von wo aus man recht passabel lauschen konnte, was in Vaters Büro gesprochen wurde. Erst nach dem unruhmreichen, zweiten Teil des Kampfes waren sie wieder alle im Wohnzimmer gewesen. Gringo hatte Siegfried haushoch besiegt und nicht nur das. Er hatte sich mit seinem komischen Snobilikat vor dem großen Drachentempel aufgebaut und die Fäuste in die Hüften gestemmt. "Und hiermit geht der Vorsitz des Ordens der Pokemonarenen, Tempel, Universitäten, Center und Ausbilder an Gringo und wer es nicht glaubt, der möge kommen und ihn herausfordern!" Von diesem Tag an hatte sich alles geändert. Viele hatten versucht, Gringo zu stürzen, praktisch jeden Abend berichtete das Fernsehen von neuen Vertretern der alten Liga, keine jungen Trainer, sondern erwachsene Männer und Frauen, die einst hohe Würdenträger der alten Liga gewesen und nun von Gringo entlassen und gegen Mitglieder des Team Rocket ersetzt worden waren, doch keinem von ihnen war jemals ein Sieg über Gringos seltsames Miezekätzchen geglückt und so hatte der selbstgekührte König der Pokemonwelt angefangen, sein Reich nach seinem Willen zu formen. Er hatte die Kampregeln der Arenen verschärft, Gelder für Pokemon-Center gestrichen und stattdessen in das Fangen weiterer, seltener Pokemon für seine private Sammlung investiert. Die zukünftigen Trainer durften nur noch mit Pflanzen- oder Wasserpokemon starten und das Fangen und Besitzen von Feuer-, Geist- oder Unlichtpokemon war unter Strafe verboten worden. Außerdem bestimmte Gringo nun höchstselbst darüber, welche Kinder eine Trainerkarriere starten durften und welche nicht, ein Gesetz, das den Zwillingen viele, schlaflose Nächte bereitet hatte, zumal Neru von Vaters Gespräch nicht einmal etwas Sinnvolles hatte aufschnappen können außer Wortfetzen wie 'Die alte Schrift aus Silver City' oder 'Evotation', die zwar prächtig klangen, sich aber allen Bemühungen widersetzt hatten, in Fachbüchern gefunden zu werden und ihr Geheimnis preiszugeben. Einige, lange Wochen hatten sie dumpf vor sich hingebrütet, bis eines Tages Professor Eich und sein Kollege Lind bei ihnen auf der Matte gestanden und sich mit Vater in das Büro zurückgezogen hatten. Natürlich hatten sie tatkräftig zu lauschen versucht und Neru behauptete steif und fest, gehört zu haben, dass die drei sich über die Trainerselektion hinwegzusetzen gedachten und, dass Vater nach Silver City gehen und "alles vorbereiten" sollte, da hatte seine Schwester warnend gepfiffen und kurz darauf waren sie vor Mutters wütend schwingenden Wischmopp davongelaufen. Mutter hatte die beiden schimpfend bis in den Garten und in ihr Baumhaus auf dem alten Nussbaum gejagt. "Was die drei zu besprechen haben, ist nichts für Kinderohren", hatte sie dann mahnend zu ihnen hinaufgerufen, "Habt ihr beiden denn gar kein Benehmen?" Nun, die Zwillinge hatten definitiv Benehmen, aber dennoch spionierten sie, sogut es ging, weiter hinter den Erwachsenen her, doch alle Bemühungen hatten keinen Zweck gezeigt. Vater wollte sein Geheimnis nicht preisgeben. Stattdessen hatte er ihnen nur zu ihrem zwölften Geburtstag je einen großen Wanderrucksack, einen Trainergürtel mit erstem Pokeball und einen Brief überreicht, der sie offiziell als werdende Trainer im Sinne des Königs auswies - und offensichtlich Eichs Handschrift trug. Das war letzten Monat gewesen und danach war Vater sofort wieder zurück zu seinen Forschungsarbeiten in Eden gefahren und die Zwillinge lediglich mit dem Versprechen zurückgelassen, sie persönlich am Tag des Sommeranfangs bei Professor Eich in Alabastia abzuliefern - morgen, um genau zu sein.

"Hm, das wäre deinem Bruder gegenüber aber ganz schön unfair", sagte Vater nun mit wichtiger Miene und biss in sein Brötchen, "Immerhin liegt der jetzt brav im Bett, während du allein um Mitternacht am Hafen herumtigerst. Das sollte man schon nicht grade belohnen!" "Ich wollte Neru ja mitnehmen", protestierte Nerina nun wahrheitsgemäß, "Aber er hat heute so lange mit seinem doofen Computer rumgespielt, bis Mama ihn geschnappt und mit zu ihrem Yoga-Club genommen hat, damit er sich abregt und da er ja nicht da war und Mama auch nicht, musste ich mich genau genommen noch nichtmal heimlich wegschleichen." "Yoga, so so", brummte Vater amüsiert, "Nun, die werden ihre Freude haben, da bin ich mir sicher." Nerina nickte ernst, ohne dem schalkhaften Lächeln in seinen Augen eine weitere Bedeutung beizumessen. "Also ist es gar nicht unfair, wenn du mir was sagst", schloss sie überzeugend, "Denn wir werden sie sowieso noch wach treffen und dann kann ich es ihm erzählen." Doch Vater schüttelte ernst den Kopf. "Eich und ich werden euch alles erzählen, wenn wir morgen dort sind, Nerina." Dann nahm er seine enttäuscht dreinblickende Tochter an der Schulter und gemeinsam machten sie sich auf den Heimweg durch die sommerlich halbdunklen Gassen Zinobias. Überall wimmelte es von Leuten, die zum Hafenfest gingen oder zurückkehrten und Nerina sog die warme Nachtluft genüsslich in ihre Lungen. Sie schmeckte nach Abenteuer, nach Freiheit! Während sie gingen, erzählte Vater von seiner Reise nach Eden und, was er dort alles gesehen hatte und im Gegenzug berichtete Nerina von den glänzenden Abschlussnoten, die sie und Neru gerne gehabt hätten. "Aber aber", bremste Vater mit einem tadelnden Seitenblick, "Du bist doch gar nicht schlecht in Mathe!" "Das lag alles nur an der dummen Strafarbeit!", protestierte Nerina und berichtete von der dummen Geschichte, in der maßgeblich ein Schrank, eine Trompete und zwei schwarzhaarige Zwillinge die Hauptrolle spielten. Doch Vater schien ihr gar nicht richtig zuzuhören. Stattdessen musterte er sie interessiert von der Seite, während sie sprach und auch, als Nerina schon lang geendet hatte, hörte er nicht auf, sie zu betrachten, als studiere er die Angriffstaktik eines wilden Fukanos. Sie hatten ihr kleines, gemütliches Haus am Stadtrand schon beinahe erreicht, als er plötzlich stehen blieb, Nerinas Hand nahm und sie eindringlich ansah. "Nerina", sagte er völlig unerwartet, legte ihr eine Hand unter das Kinn und zwang sie, ihn anzusehen, "Worum Eich und ich euch morgen bitten werden, ist sehr schwierig, anstrengend und auch zu einem gewissen Teil riskant und ich würde es nie von euch beiden verlangen, wenn ich eine Wahl hätte. Ich bin mir sicher, dass Neru und du das schaffen könnt. Ihr habt das Zeug dazu, das weiß ich! Du wirst sehr mutig sein und sein müssen, Nerina, aber bitte versprich mir, dass du auf dich aufpassen wirst." "Aber...", begann Nerina verstört, doch Vaters Blick kannte kein Erbarmen. "Bitte versprich es mir", wiederholte er eindringlich und Nerina nickte. "Ja", sagte sie leise und etwas überrumpelt. Vater nickte, ließ ihre Hand los und durchquerte mit langen Schritten die Hof, um die Tür aufzuschließen. Nachdenklich sah Nerina ihm nach. Was für eine Aufgabe mochte der nächste Tag nur bringen?



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