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Krieg der Nacht

von

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Choung?!

Choung?!
 

Jetzt ging es los, war gespannt wie das Gespräch ablaufen würde. Ich trat an meiner Mutter vorbei und erblickte einen recht stämmigen, alten Mann, wahrscheinlich schon um die 60 Jahre - mit Sicherheit! Er trug einen dunkelbraunen Anzug, ein schwarzes Hemd und passend dazu eine dunkelrote Krawatte. Er hatte eine Halbglanze, auf seiner Nase saß eine Brille mit fetten Gläsern. Ich musste mir das Lachen verkneifen, das würde keinen guten „Ersten Eindruck“ hinterlassen. Um dies zu verhindern lasse ich meinen Blick durch den Raum schweifen. Wie ich es mir gedacht hatte: An der Wand, hinter dem großen Schreibtisch, an dem der Direktor saß, hing ein großes Kreuz.

„Willkommen!“, ließ er seine Stimme ertönen, stand auf und kam uns entgegen.

„Danke, dass sie sich mitten in den Ferien Zeit für uns nehmen konnten.“, bedankte sich meine Mum und  schüttelte ihm die Hand.

„Keine Ursache!“, grinste er freundlich. „Schließlich gehört es auch zu meinem Job, Neuankömmlinge ordentlich zu begrüßen.“ Nun drehte er sich zu mir und auch mir hielt er die Hand hin. Zögerlich nahm ich sie entgegen.

„Freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen, Miss Dornhorn.“, sagte er freundlich zu mir. Ich lächelte ihm gezwungen entgegen. //Wenn er mich erst mal kennt, wird er sich wünschen, mich nicht zu kennen.// Innerlich breitete sich ein fieses Grinsen aus. //Er kann mir schon irgendwie leidtun!// Gerade machten sich sehr viele gemeine Gedanken in meinem Kopf breit – zu viele um sie zu erläutern. Ich grinste.

„Miss Dornhorn, können Sie mich verstehen?“, fragte er freundlich.

„Ja, ich versuche zu folgen.“, gab ich ihm zur Antwort.

„Sehr schön! Wenn Sie nicht folgen können, sagen Sie es ruhig. - Nun setzten Sie sich erst mal, bitte.“, er deutete auf die beiden Stühle vor seinem Schreibtisch.

Als wir drei uns gesetzt hatten, sprach er weiter: „Ich möchte mich Ihnen kurz vorstellen: Mein Name ist Arthur Richard. Ich leite diese Schule schon seit 12 Jahren mit großem Erfolg. Das Ziel hier in St. Marcus ist, eine bessere Aufnahme in die englische Gesellschaft zu ermöglichen. Dabei vertrauen wir immer auf Gottes Lehren und die Bibel. Wir bitten darum, immer daran festzuhalten, auch wenn sie vielleicht nicht dem katholischen Glauben angehören. Auf dieser Schule sind viele Schützlinge, die auf Gott vertrauen, daher bitte ich Sie um Toleranz, denn nur so können Sie auch toleriert werden. Haben sie mich soweit verstanden?“ Er blickte wieder zu mir.

„Ja, habe ich.“, meinte ich nur. Ich hatte es wirklich verstanden und selbst wenn meine Aussprache vielleicht noch nicht so gut ist, verstehen kann ich alles, bloß bei Dialekt könnte es etwas schwer werden.

„Ihr Englisch scheint sehr gut zu sein! Auf dieser Schule werden sie allerdings Schülerinnen finden, die Englisch nicht so gut können wie Sie. Deswegen können die meisten Lehrer hier mehrere Sprachen, um im Falle eines Falles, dass es eine Schülerin gibt, die nur ihre Heimatsprache kann, Missverständnissen vorzubeugen.“ Er machte eine kurze Pause, sprach aber sogleich weiter:

„Andererseits gibt es hier wiederum Schülerinnen, die aus England kommen und wegen ihres Glaubens hier sind. In Folge dessen sind wir eine internationale Schule.

So, da Sie schon in den Sommerferien hier her kommen, nehme ich an, dass Sie an dem Sonderlehrprogramm teilnehmen werden, oder?“ Meine Mutter wurde hellhörig. Sie richtete sich ein bisschen auf und antwortete: „Ja, das sollte sie. aufgrund der unterschiedlichen Bildungsverhältnisse von Deutschland und England, hielten wir es für angebracht, um ihr so einen schnellen Einstieg in die einzelnen Bildungsbereiche zu ermöglichen.“ Oh mein Gott! Sie musste doch nicht gleich so rumschleimen!? Das war doch widerlich! Abkaufen würde ihr das bestimmt keiner,  schließlich sah ich nicht gerade wie die Musterschülerin aus.

„Ja, das kann ich nachvollziehen.“, grinste er. „Viele der Neuankömmlinge machen das Sonderlehrprogramm mit. Aber keine Sorge, es sind noch viele andere Schülerinnen in den Ferien hier, wegen ihrer schlechten Noten, wegen ihren AGs oder aus familiären Gründen. Da ich es gerade erwähnt habe: An dieser Schule gibt es verschiedene AGs, die auch die Sommerferien über stattfinden. Ich werde Ihnen gleich eine Auflistung mitgeben, denn mindestens einer AG müssen sie beitreten. Das ist hier Pflicht! Also wählen sie gut.“ Er ging zu einem Schrank, öffnete ihn und holte einen großen Ordner raus. Er blätterte etwas darin rum und heftete mehrere Blätter aus.

„Das ist die Auflistung der AGs und hier haben Sie die Schulordnung. Lesen Sie sie sich gut durch, es ist sehr wichtig sie zu kennen.“ Er hielt mir die Blätter hin und ich nickte nur verstehend.

„So, dann wäre das alles. Warten sie einen Moment hier! Ich hole eine der Vertrauensschwestern her. Sie wird Ihnen das Zimmer zeigen, welches Ihr neues Zuhause sein wird. Zumindest für den Zeitraum, in dem Sie hier sein werden.“ Mit diesen Worten stand er auf und ging zur Tür raus.

„Hast du wirklich alles verstanden, Ruby?“, fragte meine Mutter noch mal nach. Ich drehte mich zu meiner Mum um und nickte. Sie seufzte nur und schüttelte wieder den Kopf. Dann blickte sie auf ihre Armbanduhr, holte kurz darauf ihr Handy raus, tippte eilig etwas ein und steckte es wieder zurück.

„Was ist?“, fragte ich sie.

„Ich müsste in etwa einer halben Stunde auf der Arbeit sein. Ich habe nur schnell eine Nachricht verschickt, dass es später wird.“, als sie ihren Satz zu Ende sprach, ging auch gleich die Tür auf und Mr. Richard kam herein, mit einer der jungen Frauen, die auf dem Bild des Flyers abgebildet waren.

„Miss Dornhorn, ich darf ihnen Miss Weedman vorstellen. Das ist jetzt ihre zugeteilte Vertrauensschwester. Wenn sie irgendwelche Probleme haben, wenden Sie ruhig an sie, sie wird Ihnen helfen.“, gab Mr. Richard kund, ich und meine Mum erhoben uns.

„Guten Tag, Miss Dornhorn, ich werden Ihnen jetzt das Zimmer zeigen, folgen sie mir bitte.“ Sie schüttelte kurz meine Hand, drehte sich zur Tür und verließ das Zimmer des Direktors, gefolgt von mir und meiner Mum.

„Ihr Zimmer ist in Haus D im linken Flügel.“, meinte sie, als wir das Gebäude wieder verließen und auf ein anderes, was gar nicht so weit von diesen war, zugingen. Die Außenfassade war gleich den anderen Gebäuden, allgemein waren von außen alle fünf Häuser gleich. Am Haus D angekommen, ging es erst mal zur Seitentür.

„Die beiden Flügel sind voneinander getrennt, sie kommen nur zu Ihrem Zimmer, wenn sie durch die linke Tür gehen.“, erklärte mir Miss Weedman. Ich nickte wieder nur verstehend. Wir betraten den linken Bereich des Gebäudes. Ein großer Flur mit einen scheinbaren großen Treppenhaus erstreckte sich vor uns. Die Wände waren in einem freundlichen Beigeton gestrichen, mit einem etwas dunkleren Latexsockel und einer braunen Blumenzierleiste. Überall hingen Bilder mit herrlichen Landschaften drauf.

„Hier lang bitte, gleich hier vorne ist ihr Zimmer.“, sie deute auf einer Tür am Ende des Flures. „Sie teilen ihr Zimmer mit einer der anderen Schülerinnen. Wir haben in diesem Haus hauptsächlich Zimmer mit drei bis vier Betten. Dieses ist das Einzige, was nur zwei Betten hat. Ihre Zimmergenossin ist noch nicht da. Sie kommt ebenfalls aus Deutschland und wird auch an dem Sonderlehrprogramm teilnehmen. Also demnach wird sie in nächster Zeit hier ankommen.“, meinte sie als sie die Tür öffnet.

Ein relativ großes Zimmer mit Doppelstockbett, zwei Schreibtischen und auch zwei großen Schränke. Fenster gab es zwei, die Schreibtische standen jeweils vor einem.  Das eine der Fenster war auf der linken Seite, das andere geradezu von der Tür. Schöne rehbraune Vorhänge hingen davor, die Schreibtische waren jeweils mit einer Tischlampe ausgestattet. Was mir gleich ins Auge sprang waren zwei Schlüsselbunde, die auf einem der beiden Tische lagen.

Miss Weedman scheint meinen Blick zu bemerken, lief drauf zu und nahm einen der Bunde in die Hände.

„Das hier ist deiner.“, sie hielt mit den Schlüsselbund vor die Nase. „An dem hängen alle Schlüssel dran, die du brauchst. Siehst du die Nummer hier?“, sie zeigte mir die Nummer, die an dem Bund hing. „Diese Nummer hier ist die Nummer deines Spintes, in dem du deine Schulbücher aufbewahren kannst. Die anderen Schlüssel sind für den Kleiderschrank, für die Schubladen der Schreibtische und für die Zimmertür.“, erklärte sie mir und drückte mir den Bund in die Hände.

„Okay, wir sollten jetzt erst mal in die Mensa gehen.“, meinte sie. Ich schüttelte vehement meinen Kopf, den ich wollte endlich meine Ruhe haben.

„Ich möchte gern allein sein. Wenn ich Fragen habe, werde ich gern auf Sie zu kommen.“, meinte ich knapp, sie nickte verstehend und wendete sich zum gehen, vorher verabschiedet sie sich von meiner Mum, anschließend ging sie. Ich ließ mein Blick noch mal durch dieses Zimmer schweifen. War ja klar gewesen, dass ich kein Einzelzimmer habe. Immerhin muss ich nicht in eins der Vier- oder Dreibettzimmer.

„Also, wir werden mal deine Sachen reinbringen, denn ich muss los.“, ertönte hinter mir die Stimme meiner Mutter, ich drehte mich herum.

„Ja.“, ich und ging auf die Tür zu. „Mum kommst du, ich habe die Schlüssel nicht?“

Meine Mum nickte knapp, irgendwas ist gerade komisch. Was ist auf einmal los?

Sie folgte mir stumm, am Auto angekommen holte ich mein gesamtes Gepäck raus.

„Ich glaub, wir müssen zweimal laufen.“, gab meine Mutter von sich, aber mehr zu sich sagend als zu mir. Ich gab nichts mehr dazu von mir. Ich schnappte einfach zwei der großen Koffer, und das zweimal.
 

„So, das hätten wir.“, sie stellte den letzten Koffer ab.

„Ja, das wäre es wohl.“, ich setzte mich an ‚meinen‘ Schreibtisch, mit den Blick nach draußen.

„Also, wenn was ist, melde dich.“, gab sie noch von sich, als die Tür ins Schloss fiel. Ich war endlich alleine. Mein Blick war immer noch nach draußen gerichtet - ein großer Sportplatz war direkt hinter diesem Gebäude.

Da hinten war das eine asiatische Mädchen von vorhin, sie spielt also Uni hock - interessant. Irgendwie ist sie mir sympathisch, ich erhob mich von meinem Stuhl und ging nach draußen, vorher schloss ich das Zimmer natürlich ab. Am Sportplatz angekommen, setzte ich mich auf eine der Banken und guckte den Mädchen zu.  //Sie ist gut.//, dachte ich mir, als ich ein lautes Krachen neben mir höre. Erschrocken schaute ich neben mich - dass andere Mädchen von vorhin hatte neben mir ein paar Bücher auf die Bank fallen lassen. Sie lächelte mich an, hob die Hand in die Lüfte: „Hi, du bist neu hier, stimmt‘s?“, fragte sie freundlich. Leicht aus meinen Gedanken gerissen, musste ich erst mal überlegen.

„Oh, du verstehst mich nicht.“, meinte sie zu sich selber.  Schnell schüttelte ich meinen Kopf.

„Nein, ich verstehe dich schon, ich war bloß in Gedanken.“, meinte ich schnell. „Ja, ich bin neu hier.“

„Oh gut. Ich bin Nova und komme aus Schweden.“,  freudenstrahlend hielt sie mir die Hand hin und  ich nahm sie entgegen.

„Ich bin Ruby, komme aus Deutschland.“, kam es von mir.

„Ruby? Das klingt englisch. Hast du hier Verwandte?“, fragte sie mich.

„Nein.“, war meine knappe Antwort, ich will nicht gleich alles erzählen.

„Oh, ich dachte. Dein Englisch ist gut, die meisten der Neuen hier können die Sprache nicht besonders gut.“, meinte sie. „Bist bestimmt gut in der Schule, wenn du schon so gut englisch kannst, oder?“

„Nein, nicht wirklich. Ich bin nicht so gut auf Schule zu sprechen.“, warum bin ich so offen?

„Wie? Warum genau bist du hier, du bist doch ziemlich sprachgewand.“, kam es wieder von ihr.

„Na ja, ich habe in Deutschland oft die Schule geschwätzt und der Haushälterin oft das Leben schwer gemacht.“, gab ich schulterzuckend von mir.

„Oh!“ Das klang schockiert.  Ja so bin ich. „Na ja, wir können doch nicht alle perfekt sein. Ihr hattet eine Haushälterin?“, fragte sie schnell, wollte wohl die unangenehme Stille zwischen uns beenden.

„Ja, meine Mum war immer wegen der Arbeit sehr beschäftigt.“,

„Oh, deswegen seid ihr auch hier her kommen?“,

„Nein, sie will wieder heiraten.“,

„Das klingt nicht so begeistert.“,

„Wärst du begeistert, wenn du alles aufgeben müsstest?“, kam es leicht gereizt von mir, was ich gleich wieder bereue, als ich ihr Gesicht sah.

„Nein, aber ich musste schließlich auch einiges aufgeben.“, gab Nova leicht geknickt von sich.

„Tut mir leid, ich wollte nicht so gereizt rüber kommen.“, ich kratze mich am Hinterkopf. Mein Blick geht wieder auf das Feld.

„Sie spielt gut.“, meinte ich leise.

„Wer?“, sie folgte meinen Blick zum Spielfeld.

„Deine Freundin.“, meinte ich wieder.

„Du meinst Akikô, ja sie ist gut und ist deswegen auch Teamkapitän.“, gab sie stolz von sich. Ja, sie scheint sehr stolz zu sein, mit einer wie Akikô befreundet zu sein.

„Wann gibt es in der Mensa Abendessen?“, fragte ich.

„Immer um Sieben Uhr.“, sagt sie.

„Gut, vielleicht sieht man sich da.“, ich erhob mich von der Bank.

„Was? Wir können doch zusammen ihn gehen?“, fragt sie mich wieder.

„Na ja, Ich will mein Zeug auspacken. Aber ja, können wir machen. Ich wüsste nicht, wo genau ich hingehen müsste.“, gab ich wieder zu.

„Okay, treffen wir uns wieder halb Sieben hier?“,

„Ja, danke.“, ich lächelte in mich hinein.

„Gut, bis später.“, sie lächelt mir zu, als ich langsam wieder zurück lief.

Wieder in meinem Zimmer, fange ich an, mein Zeug zu verstauen, fand sogar eine Stelle, ein paar Fotos von meinen Freunden an der Wand zu kleben, anschließend auch noch ein paar Poster. Alles auf der Seite wo ‚mein‘ Schreibtisch steht.

Dann setzte ich mich auf das untere Bett, oben muss ich nicht schlafen, das kann die andere haben. Irgendwie bin ich müde, blickte auf die Uhr. Es ist gerademal vier Uhr. Also zwei Stunden kann ich ruhig noch schlafen. Gesagt, getan. Ich stellte den Wecker auf sechs und legte mich hin. Schnell schlaf ich ein, allerdings nur sehr unruhig.
 

Ich befand mich wieder vor diesem kleinen verwüsteten Dorf.

Immer noch lag überall Schnee und es war kalt, sehr kalt. Aber irgendwas war anders, hier war es so still, stiller als jede Stille die ich kenne. Ich lief ein paar Schritte weiter, nicht einmal meine Schritte durch den Schnee konnte ich hören. Ich schweifte mit meinen Blick umher, warum bin ich hier. Was war das für ein Dorf, und warum war es so verwüstet? Was ist geschehen? Einen Schritt nach dem anderen mache ich, mir war diesmal nicht kalt, obwohl ich wieder nur barfuß bin.

Nach einer Weile des Laufens, kam ich auf dem Marktplatz an.  In der Mitte des Platzes stand ein riesiger schwarzer viereckiger Block, goldene Schriftzüge zieren die oberen Kanten.  Langsam fuhr ich mit meinen Fingerspitzen entlang. Die Ziffern beginnen, zu leuchten, daraufhin zuckte ich mit meiner Hand zurück. Die Ziffern erhoben sich in dir Lüfte und verbinden sich zu einer Kugel. Staunend betrachte ich das Geschehen vor mir.  

Plötzlich  erklingen Schritte aus der Ferne hierher. Woher kommen sie? Und warum konnte ich auf einmal was hören, wenn ich doch noch nicht mal meine hören konnte. Eine Schattengestalt erschien aus der Ferne, kommt direkt auf mich zu. Kindergeschrei ertönt, die Schattengestalt trug zwei kleine Bündel. Sie legte sie auf die andere Seite des Blockes, dann stand sie wieder auf und lief weg. Ich wollte was sagen und obwohl ich meine Lippen bewegte, kam kein Ton über sie. Das Einzige, was zu hören war, waren die Schreie der beiden Bündel auf der anderen Seite. Langsam setzte ich mich wieder in Bewegung, lief herum, hockte mich herunter, begutachte mir sie genau. Es waren zwei kleine Sauglinge, ausgesetzt in Schnee, ich wollte sie berühren, aber ehe ich es konnte, wurde das Licht der Kugel einmal so hell, dass ich nichts mehr konnte…
 

Der schrille Ton meines Handyweckers lies mich aufschrecken.

Es war schon um sechs, so schnell kann die Zeit vergehen. Erst mal ausgiebig strecken, danach erhebe ich mich langsam, ich sollte mich lieber zu recht machen, dabei fiel mir ein, wo war hier ein Badezimmer? //Na super!// Das hätte ich lieber fragen sollen. Ich klatschte mir mit der flachen Hand auf die Stirn. //Okay, dann guck ich mich einfach mal um.// Ich schnappte mir meine Kulturtasche und verließ das Zimmer. Ich lief den langen Gang zurück, hier irgendwo muss doch schließlich eins sein.  

Gekicher hinter mir, verriet, dass ich nicht alleine auf war.

Hinter mir waren zwei andere Mädchen, eine Blondhaarige und eine Braunhaarige, beide unterhielten sich auf einer Sprache, bei der ich mir sicher bin, dass es russisch ist. Beide hatten sehr langes, gelocktes Haar, sie trugen ihre Uniformen nicht, wie ich gerade, wieder seufzte ich. Warum hatte ich die noch mal an,  ja genau, meine Mutter wollte, dass ich gleich am Anfang einen guten Eindruck hinterlasse. Eins steht fest, solange ich nicht in den Unterricht muss, werde ich die nicht mehr so schnell tragen.  Sie trugen knappe Miniröcken, die gerade mal das nötigste verdeckten, unter ihnen hervor ragten zwei lange dünne Beine, auf die selbst Modells neidisch werden würden. Die beiden haben jeweils weiße Stulpen aus Wolle an, darüber schwarze hochhackige Stiefel. Ihre Oberteile waren ebenfalls knapp gehalten, bauchfrei mit großem V-Ausschnitt. Darunter ebenfalls wohl geformte Rundungen. Sind die wirklich echt? Wenn ja, wie alt sind sie wohl? Dabei wundere ich mich doch schon sehr, dass man hier so rumlaufen durfte. Über ihre Tops hatten sie noch eine dünne und auch recht treuere Markenjacke an. Beide hatten auch ein sehr schönes Gesicht, mit dezenten, trotzdem merklichen Make-up. Definitiv Modelmaße und zwar durchgängig.

Und wieder kicherten sie.

Sie wollten gerade an mir vorbei laufen, als mir einfiel, dass ich sie fragen könnte, wo hier ein Badezimmer ist.

„‘Tschuldigung.“, beide drehten sich zu mir um.

„Emm, ich suche das Badezimmer?“, fragte ich eher zögerlich, irgendwie fühl ich mich unbehaglich in der Nähe der Beiden.

„Badezimmer? Badezimmer?“, die Blonde drehte sich zu der Braunhaarige zu.

Diese wiederum meinte was auf Russisch zu ihr, dann nickte sie nur, ich glaube sie hat nicht ganz verstanden, die Braunhaarige drehte sich zu mir.

„Du bist neu hier, nicht wahr? Kein Problem, das Bad ist gleich da vor, kannst es nicht verfehlen. Es ist ausgeschildert.“, gab sie mir als Antwort und zeigte auf einer Tür am Ende des Flurs.

„Ja, und danke sehr.“, bedanke ich mich freundlich und lief auf die Tür zu. Da angekommen, schaute ich mich erst mal um. Es wirkt recht klein, die Toiletten waren in einen anderen Raum abgesondert, so wie die Duschkabinen. Der Boden sowie die Wände waren gefließt, aber nicht in dieser weißen Standardfließe, sondern  in einem freundlichen cremefarbenen Ton.  Die Waschbecken waren jeweils zu viert um eine Säule herum verteilt, mit jeweils einem Spiegel. An einem der Spiegel stellte ich mich, musterte mich erst mal kurz. Also mein Make-up war nur leicht verschmiert, was sich ganz leicht ausbessern lässt. Gesagt,  getan. Ich kramte in meiner Kulturtasche rum, suchte meinen Kajal raus und zog nochmals alles nach. Das Verschmierte wischte ich mit einem feuchten Tuch weg. Nach gut zehn Minuten war ich fertig. Jetzt hatte ich noch etwa fünf Minuten, um zu de, Sportplatz zu gehen. Zurück im meinem Zimmer packte ich meine Tasche wieder weg und schnappte mir meine Jacke.

Es war immer noch angenehm warm, aber trotzdem, man konnte nie wiesen. Immerhin weiß ich nicht, wie lange ich mich jetzt in der Mensa aushalten werde. Auf dem Weg zum Sportplatz versank ich wieder in meinen Gedanken, dieser Traum war schon komisch, aber immer noch nicht so schlimm, wie der von der letzten Nacht. Aber warum, träumte ich zweimal von diesen Dorf, was hatte das zu bedeuten, oder steckte keine Bedeutung dahinter? Ist es einfach nur wegen dem ganzen hier?  Am besten erst mal nicht dran denken, es bringt doch nichts, sich den Kopf zu zerbrechen, über etwas, was nur im Traum passierte, oder etwa nicht? Ist doch schon Blödsinn, sich über sowas Gedanken zu machen, immerhin sind Träume nichts Reales.

An Sportplatz angekommen, schaute ich mich um und sah am anderen Ende auch schon Nova, wie sie sich mit Akikô unterhielt. Als ich ihr zu rief, blickte sie auf und winkte mich freundlich zu sich. Mit zwei Schritten lief schnell ich zu den Beiden.

„Hallo!“, begrüßte ich die Beiden vor mir. Nova grinste, blickte zu Akikô, „Akikô, das ist Ruby, die Neue, von der ich dir gerade erzählt habe.“, sagte sie zu ihr.

„Ah, schön dich kennen zu lernen, Akikô Haruyô.“ Sie hielt mir die Hand hin, die ich entgegennahm.

„Freut mich ebenfalls.“, meinte ich freundlich.

„Wir sollten uns ein bissel beeilen, Essen gibt es zwar erst um sieben, aber die Schlage ist meist sehr lang und wenn wir dran sind, sind die meisten Plätze immer schon vergeben, also los geht es.“, gab Nova gleich von sich. Akikô nickte zustimmend, so machten wir uns auf den Weg zur Mensa.

„Ach ja, das Gebäude hier, ist das Haus C, in dem das Sonderlehrprogramm stattfindet.“, meinte Nova und brach die Stille wieder. Sie deutete auf ein  Gebäude, was man scheinbar nur durch die kleine Brücke erreichen kann, denn ein kleiner Fluss trennt uns von der anderen Seite. Hinter dem Haus C ist ein Wald, in den führt ein Weg hinein. Ich musste schlucken, denn der Wald und der Weg da hinein, erinnerte mich an meinen ersten sonderbaren Traum.  Warum sah der Ort so gleich aus?

„Nova, sag mal, wo führt der Weg da hin?“ Ich deutet auf den Wald.

„Der führt zu alten Ruinen eines Dorfes, wieso?“, meinte sie eher beiläufig.

„Ich habe das Gefühl, den Weg  zu kennen, mehr nicht.“ Irgendwie breitet sich in mir ein ungutes Gefühl aus. Warum? Warum, ich verstehe das alles hier nicht. Wie angewurzelt stehe ich da, erst als Nova mit ihrer Hand vor mein Gesicht rumwedelt, merke ich, wie sehr ich doch schon wieder abgesunken bin.

„Alles in Ordnung?“, fragte Nova, sie wirkte besorgt. Während Akikô mich nur sonderbar beäugt, ja, es muss komisch wirken.

„Du bist auf einmal so blass.“, stellte Nova fest. Ich schüttel kurz den Kopf, versuchte so meine Gedanken los zu werden, was allerdings nicht gelingen will. Dann antwortete ich Nova:

„Nein, mir geht es gut, mir war nur gerad so komisch. Lass uns lieber gehen, okay?“, Nova nickte nur, aber Akikô musterte mich immer noch so komisch, und wieder fühlte ich mich in meiner Lage unbehaglich, was war nur los mit mir?
 

Die Mensa war schon recht voll, wenn ich dran denke, das hier waren noch nicht alle, sondern nur einen geringen Teil.

„Du, sag mal, wie wird das geregelt, wenn alle Schüler da sind, immer hin ist die Mensa fast voll, und es ist nicht mehr als die Hälfte da?“, fragte ich sie wieder, während wir uns einreihten.

„Da gibt es ein Zeitsystem, je nach Klassenstufen eingeordnet, nur in den Ferien gibt eine feste Zeit und deswegen, ist es immer so voll. Sonst nie.“, erklärte sie mir. „In welcher Stufe bist du eigentlich?“,

„Ich bin in der siebten Stufe und ihr?“, fragte ich zurück.

„Wir auch, dann können wie immer zusammen in die Mensa gehen, oder?“, fragte sie mich freudig.

„Ja, das wäre schön.“, irgendetwas an ihr bringt mich immer zum lächeln. Das war ein schönes Gefühl.

„Ach und jetzt sag mal, Akikô, warum warst du vorhin noch mal so genervt?“, fragte Nova nach einer Weile des Schweigens. Sie wand ihre volle Aufmerksamkeit auf Akikô, sie wiederrum rollte genervt mit den Augen.

„Erinnere mich bloß nicht daran.“, stöhnte sie genervt auf. Sie streckte sich kurz und aß weiter, doch Nova schien nicht so als wöllte sie das so hinnehmen.

„Also ich höre?!“, meinte sie in einem leicht strengen Unterton und funkelte Akikô an. Daraufhin stocherte Akikô in ihrem Essen wie wild rum. Sie wirkte sehr genervt.

„Ich warte!“, Akikô sah sie kurz an, legte die Gabel aus der Hand.

„Na schön, Mutti, du hörst sonst eh nicht auf zu nerven, oder?“,

„Stimmt, also fang mal an.“, wieder breitet sich auf Novas Gesicht ein zuckersüßes Lächeln aus.

Erneutes genervtes Gestöhne war zu hören.

„Okay, es war nach dem Training…
 

Flashback  
 

-Akikôs Sichtweise-
 

Eilig lief ich aus der Garderobe der Sporthalle. Ich wollte so schnell wie möglichst zurück ins Wohnheim, schließlich bekomme ich heute eine neue Mitbewohnerin. Da ich Training hatte und vorher noch einige andere Verpflichtungen, konnte es gut möglich sein, dass sie schon seit heute Morgen hier ist oder vielleicht noch kommt. Allerdings ist es schon ziemlich spät, ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass es schon halb sechs ist. Ich glaube wohl eher, dass sie schon da ist.

Draußen auf dem Weg, winkte ich noch schnell Nova zu. Ich musste nicht mit ihr reden um zu wissen, dass wir uns wieder hier treffen. Unser Stammtreffpunkt, immer halb sieben hier, um gemeinsam in die Mensa essen zu gehen.

In meinem Haus angekommen, lief ich schnell die Treppen hoch bis in den dritten Stock, die letzte Tür im linken Teil des Flures war ‚mein‘ Zimmer. Erst überlegte ich, ob ich klopfen sollte oder nicht, aber da dies auch mein Zimmer war, ging ich einfach rein. Selbst wenn sie nackt wäre, wir sind alle Frauen, von daher war dies auch nicht so schlimm. Ich ging rein, eine kleine zierliche Gestalt mit langen schwarzen Haaren saß vor mir auf dem Bett. Ich näherte mich ihr, sie hörte Musik über Kopfhörer und konnte mich daher auch nicht hören. Ich lief um das Bett herum, damit sie mich sehen konnte, winkte kurz mit meiner Hand vor ihrem Gesicht, da sie ein bissel geistesabwesend wirkte.

Sie schaute mich kurz an und lächelte, ehe sie ihre Kopfhörer rausnahm.

„Wan shàng hao! *1“ Ich stockte, das war kein japanisch, definitiv nicht. Na super, wie war das noch mal, wir werden in die Zimmer nach Nationen aufgeteilt. Ich bin Japanerin und sie war das definitiv nicht. Was das allerdings für eine Sprache war, wusste ich auch nicht. Ich tippe jetzt mal auf chinesisch oder taiwanesisch, egal.  Ich versuche es mit englisch, das müsste ich zu mindestens hin bekommen, ein bissel.

„Hallo, ich verstehe nicht, was du gerade gesagt hattest. Kannst du englisch?“, fragte ich sie freundlich und hoffte auf ein ‚ja‘, aber dies blieb aus. Nur ein verwirrter Blick von ihr. Also kann sie auch kein Englisch. Dass kann lustig werden, leicht ließ ich meinen Kopf hängen. Warum muss mir das passieren? Na gut, ich werde erst mal zu unserer Vertrauensschwester gehen. Sie könnte mir zu mindestens erst mal sagen, aus welchem Land sie kommt. Als ich den Raum wieder verlassen wollte, stand sie auf, schnell machte ich eine Andeutung, dass sie sich wieder setzen solle.

„Nein, bleib sitzen… Sitzen bleiben, bin gleich wieder da-!“, meinte ich noch, auch wenn ich mir sicher war, dass sie mich nicht verstand.  Eilig lief ich durch die Flure des Gebäudes, noch zwei Treppenaufgänge höher.  Dann stand ich endlich vor der Tür der Vertrauensschwester Miss Schoolcraft. Zögerlich klopfte ich an. Ein leises ‚Herein‘ war zu hören. Ich drückte die Klinke herunter und betrat den Raum. Miss Schoolcraft saß mit dem Rücken zu mir und schreibt eifrig irgendwas in ein Notizbuch ein. Als sie fertig war, drehte sie sich zu mir um.

„Ah Miss Haruyô, sie sin bestimmt wegen Miss Ziyil hier.“, meinte sie freundlich.

„Miss Ziyil?“, fragte ich irritiert.

„Ihre neue Mitbewohnerin, Miss Choung Ziyil. Sie kommt aus China. Werden sie bestimmt schon gemerkt haben, dass sie kein Englisch kann. Aber ich denke sie sind geduldig genug.“, antwortet sie mir auf meine Frage.

„Bitte was, CHINA ! ! !“, kam es empört. „Aber werden wir nicht nach Nation aufgeteilt?!“,

„Schon, aber die anderen Zimmer waren voll.“, meinte sie locker und drehte sich wieder zu ihrem Notizbuch.

„Aber wenn sie noch nicht mal Englisch kann, wie soll ich mit ihr reden.“,

„Dir wird schon was einfallen, könntest du ihr ein bissel die Schule zeigen, beziehungsweise dann auch gleich mit in die Mensa nehmen. Das wäre lieb, so ich muss noch was fertig machen.“, meinte Miss Schoolcraft.

„Aber wie soll ich…“, „Das wirst du schon schaffen.“, sie schnitt mir einfach das Wort ab, und deutet auf die Tür, ich sollte gehen. Dies tue ich auch sogleich. Na toll, jetzt darf ich Babysitter spielen, für eine die meine Sprache nicht mal spricht. Das kann was werden! Genervt ging ich langsam zurück in mein Zimmer. Sie saß immer noch an derselben Stelle und hörte wieder Musik.

Ich sollte ihr erst mal klar machen, das Bett auf dem sie sitzt, meins ist. Und der Schreibtisch, auf dem ihre Tasche steht, auch meiner ist. Bloß wie sollte ich ihr das beibringen.

„Choung?“, sprach ich sie an. Keine Reaktion. Muss sie so laut Musik hören, genervt rollte ich mit meinen Augen.

„Choung!“, rief ich etwas lauter, plötzlich drehte sie ihren Kopf um und nahm wieder mal ihre Kopfhörer raus. Schön sie hat mich gehört.  

„Shénme? *2“ Was? Ich guckte sie leicht irritiert an. Also gut, wie stelle ich das jetzt am besten an. Ich ging auf sie zu, deute auf das Bett.

„Dieses Bett ist meins.“, deute immer wieder vom Bett auf mich. „Verstehst du mich? Bett.“, mit der Hand deute auf mein Bett und dann wieder auf mich selber. „Meins!“ Ich legte einen scharfen Ton ein. Sie schien verwirrt zu sein. Na gut: dann das Ganze noch einmal.

„Bett.“, deute ich wieder auf mein Bett.

„Bett?“, fragend schaute sie mich an und zeigte ebenfalls auf mein Bett.

„Ja, Bett. Meins.“, immer das Gleiche und zwar immer wieder.

Langsam scheint sie es zu begreifen, aber nur langsam.
 

Flashback end
 


 

*1 Guten Abend/Tag

*2 Was



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