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Creepypasta Extra 3: Last Judgement

Die Thule-Verschwörung
von

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Ein abschließendes Gespräch

Gleich als alle wach waren, wollten sie Johnny besuchen gehen. Dieser ließ sich von Harvey in einem Rollstuhl durch die Gegend schieben und war wieder ganz der Alte. Er riss bereits wieder schlechte Witze und war genau das gleiche Arschloch wie sonst immer. Im Gegensatz zu Christine würde es bei ihm aber noch eine Zeit lang dauern, bis seine Wunden alle vollständig verheilt waren, dafür war wenigstens die Narbe an seinem Rücken vollständig verschwunden und er würde auch nie wieder dort Schmerzen haben. Diese Verletzung hatte Eli auf Pristine übertragen, zusammen mit all den anderen Schmerzen, die sie ihm seit seiner Geburt zugefügt hatte. Dennoch war sein Körper völlig lädiert. Sein rechter Arm war eingegipst und bandagiert worden, auch sein linkes Auge war unter den Bandagen versteckt und unter seiner Kleidung sah er sicher auch aus wie eine Mumie. Eneos sagte noch, dass er Glück hatte, dass der Arm noch halbwegs zu gebrauchen sei, sonst hätte er ihn amputieren müssen! Trotzdem schien der Schwerverletzte guter Laune zu sein und begrüßte Anthony, Vincent und die anderen breit grinsend, als er sich ins Zimmer schieben ließ. Nathaniel war er Erste, der sofort zu ihm geeilt kam und umarmte ihn stürmisch. Als Chris das sah, versuchte er die beiden wieder auseinanderzubringen und rief „Nicht, Johnny hat sicherlich noch Schmerzen!“ Sofort ließ Nathaniel los und senkte schuldbewusst den Blick. „Tut mir Leid.“

„Ach, kein großes Ding. Ich hab mehr Drogen intus als eine ganze Entzugsklinik. Eigentlich hatte ich LSD bestellt, um wenigstens dabei noch etwas Spaß und Unterhaltung zu haben, aber dieser Arsch Eneos gönnt mir mal wieder nichts.“

„Und wie geht es dir sonst? Kannst du dich wieder bewegen?“

„Einigermaßen. Nur den Arm werde ich wohl eine ganze Zeit lang nicht mehr benutzen können. Wenn es nach Eneos gegangen wäre, hätte er ihn mir am liebsten abgesägt. Aber wenn dieser kleine Frankensteinpsychopath das getan hätte, dann hätte ich ihm gezeigt, wie die Radieschen von unten aussehen. Ist zwar unpraktisch mit dem Arm, weil ich mit der rechten Hand besser kann, aber ich bin zum Glück beidhändig begabt. Da kann ich mir also auch mit der linken einen runterholen.“ Anthony entgleisten die Gesichtszüge und sofort hielt er Nathaniel die Ohren zu, damit dieser sich nicht noch mehr solcher Dinge anhörne musste. Chris und Harvey hatten einen ähnlichen Gesichtsausdruck wie der Konstrukteur, wurden rot im Gesicht und gaben dem Verletzten gemeinsam einen Klaps auf dem Hinterkopf, woraufhin sie einstimmig riefen „Das interessiert hier niemanden, Johnny! Und außerdem sind hier Kinder anwesend!“

„Hey, Verletzte haut man nicht!“

„Dann benimm dich auch anständig und bring Nathaniel nicht solchen Schweinskram bei.“ Johnny zog eine Schmollmiene und entschuldigte sich kleinlaut, nachdem er von Harvey und Chris entsprechen gescholten worden war. Anthony nahm seine Hände wieder von Nathaniels Ohren, der sich an seinen Halbbruder wandte und fragte „Was heißt das, sich einen runterholen?“ Der Konstrukteur kratzte sich verlegen an der Wange und wurde rot. Über diesen Anblick musste selbst Harvey lachen. „Weißt du Nathaniel, das sind Erwachsenendinge, die du erst mal nicht zu wissen brauchst.“ Na super, das fängt ja schon mal gut an, dachte er, während er versuchte, seinen Halbbruder erst einmal mit dieser Antwort zufrieden zu stellen. Jetzt brachte Johnny ihm auch noch solche Sachen bei. Ein Wunder, dass er Nathaniel noch nicht vollständig verdorben hatte. „Wo ist eigentlich Christine?“

„Bei Großvater, sie haben wohl ziemlich viel zu besprechen. Er ist schon seit gestern Nacht hier, aber er wollte euch nicht stören. Ezra und Cedric sind unterwegs und kommen erst später wieder zurück. Und wie es scheint, sind noch mehr von euch abgezischt. Sally hat wohl Heimweh gekriegt und Thomas hatte Sehnsucht nach seiner Süßen. Kann man beiden ja nicht verdenken.“

„Ich dachte, du wärst unter Vollnarkose gewesen, während du operiert wurdest.“

„Hey, ihr glaubt doch wohl nicht im Ernst, dass ich diesem Pfuscher auch nur einen Millimeter über den Weg traue! Hinterher wäre ich noch mit Ziegenbeinen oder einem zweiten Augenpaar aufgewacht, oder sähe danach aus wie so ein verkackter Hindugott. Dem würde ich nicht einmal meine benutzte Unterwäsche anvertrauen.“ Die Botschaft war deutlich genug gewesen. Offenbar hatte Johnny einer Operation nur mit einer Betäubung ins Rückenmark zugestimmt, damit er Eneos die ganze Zeit im Auge behalten konnte. Nun, wenn dieser Doktor wirklich ein Sadist mit kranken Vorlieben war, konnte man es ihm nicht verübeln, dass er so misstrauisch war. Harvey versuchte, das Thema zu wechseln, da er fürchtete, dass Johnny sonst wieder ausfallend werden und das noch auf Nathaniel abfärben würde. „Wie wäre es, wenn wir Christine und Eli einen Besuch abstatten?“ Nathaniel war sofort dabei und hellauf begeistert, weil er sich bei Eli bedanken wollte für die Hilfe und dass er seine Freunde gerettet hatte. Wie sich herausstellte, hielten sich Eli und Christine im Garten des Hauses auf und sie begrüßten die Ankömmlinge herzlich. Besonders Nathaniel wurde von Eli in einer fast väterlichen Art und Weise begrüßt und die beiden Schlangen, die er bei sich hatte, ließen sich von Nathaniel streicheln. „Nekros und Vivus haben dich und Sally wirklich sehr ins Herz geschlossen, wie es scheint. Und wie geht es dem Rest von euch?“

„Sally ist wieder bei ihrer Familie, Thomas ist auch schon gegangen und Johnny ist eben Johnny.“

„Na ob das so gut ist…“, kommentierte Christine und kassierte direkt einen bösen Blick von ihrem Neffen, der das überhaupt nicht lustig fand. Gerade wollte er schon wieder einen frechen Spruch ablassen, doch da kam ihm sein Großvater zuvor. „Johnny ist eben etwas schwierig, das hat er von seiner Tante und von seinem Großvater. Ich war damals auch nicht anders als er und habe genauso viel Unfug und Chaos angerichtet.“

„WIE BITTE?“ riefen Christine, Nathaniel und Johnny und sahen Eli erstaunt an, der seinerseits amüsiert über diese Reaktionen lächelte. „Ja ganz recht, ich war genauso wie Johnny. Und du Christine, du warst auch ein richtiger Wirbelwind gewesen, als du noch klein warst.“

„Und wann hat sich das bei euch geändert?“ fragte Harvey, der sich nun ebenfalls wie die anderen zu Christine und Eli setzte und neben Chris Platz nahm. Eli überlegte kurz und antwortete „Das hat sich alles eingestellt, als ich Vater wurde. Genauso war das auch bei Christine: Als sie Johnnys Erziehung übernahm, wurde sie auch erwachsen.“

„Dann müssen wir Johnny auch unbedingt ein Kind anhängen.“

„Wag dich das bloß, Harv! Ich lass mir von niemandem was vorschreiben, oder anhängen! Ich bleib so wie ich bin!“

„Das hab ich damals auch gesagt“, gab Eli mit einem Schmunzeln zurück. „Aber glaub mir. Wenn es soweit ist und du ein süßes kleines Kind in den Armen hast, dann wirst auch du vernünftig werden.“ In dem Augenblick wandte sich Anthony an seinen besten Freund und sah ihn verschlagen an. „Vielleicht sollten wir uns mal Noah zu dem Zweck ausborgen.“

„Vergesst das mal lieber!“ rief Johnny und wollte schon aus dem Rollstuhl aufstehen, aber Harvey drückte ihn entschieden wieder zurück und hielt ihn dort fest. „Ich bleib lieber ein Dreckskerl mit einem schlechten Charakter.“ „Ja Johnny, wir alle haben es verstanden“, sagte Harvey und klopfte ihm beschwichtigend auf die Schulter, als würde er gerade zu einem Verrückten reden. Christine und ihr Vater mussten dennoch lachen. Nachdem sie eine Weile miteinander geredet hatten, kamen auch die anderen hinzu. Viola und Evan waren putzmunter und hatten gleich Thomas, Amara, Hannah und Noah mitgebracht. Sally kam schließlich auch und hatte sich nach ihrer heftigen Heimwehattacke wieder beruhigt. Cedric und Ezra waren schließlich auch da, weil sie hörten, dass Eli mit ihnen allen über einige wichtige Dinge bezüglich der Thule-Gesellschaft sprechen wollte. Eneos war nicht dabei, er musste sich um die anderen Patienten kümmern. Nachdem alle Platz genommen hatten, begann Eli zu reden. Thomas übersetzte selbstverständlich für Hannah ins Deutsche. „Ich habe alles soweit geregelt und wollte euch Entwarnung geben. Thule existiert nicht mehr, sämtliche Einrichtungen mitsamt der Beweise und Unterlagen wurden zerstört und die Mittäter allesamt aus dem Verkehr gezogen. Offiziell hat diese Organisation niemals existiert und diese Projekte niemals stattgefunden. Niemand, der damals oder heute daran beteiligt war, kann sich daran erinnern. Wir und die anderen Opfer der Organisation sind die Letzten, die davon wissen.“

„Soll das heißen, wir brauchen keine Angst mehr zu haben, dass noch etwas kommen könnte?“ fragte Hannah zögernd und unsicher, aber als Eli erklärte, dass nichts dergleichen mehr kommen würde und er persönlich dafür Sorge tragen würde, waren sie alle sichtlich erleichtert. Nur Anthony konnte das noch nicht so wirklich glauben. 60 Jahre hatte er in der Angst gelebt, dass jemand vom Dream Weaver Projekt erfahren und ihn oder Vincent verschleppen könnte. All die Jahre hatte er versucht, seine Verwandtschaft zu Hinrich Helmstedter zu verschweigen, der zu den führenden Kräften der Thule-Gesellschaft gehört und so viele Menschen in den Tod getrieben, oder ihr Leben zerstört hatte. Und wenn er so darüber nachdachte, was in den letzten Wochen passiert war… Sie hatten Hannah gerettet, die durch die DDR-Experimente zu Umbra wurde. Um ihren Sohn Noah zu retten, waren sie durch unzählige Traumwelten gereist und hatten den Dream Weaver Belphegor und Helmstedter gleich mitgetötet. Gemeinsam hatten sie Mary Lane und Scarecrow Jack für immer ausgeschaltet und Sally aufgehalten, als diese sich wieder in ihr Alter Ego Happy Sally verwandelt hatte. In der Traumdimension hatten sie Evan und Amara kennen gelernt und ihnen geholfen, ihre Träume zu verwirklichen und ihnen ein Zuhause zu geben. Und danach hatten sie die Wahrheit über Christine herausgefunden und wieso das alles passiert ist. Anthony hatte seinen älteren Halbbruder Nathaniel kennen gelernt und Cedric und Ezra getroffen, die Chris ein neues Leben an der Seite seines besten Freundes Harvey ermöglichen konnten. Und sie konnten dank Eli den Tod von mindestens drei Milliarden Menschen und eine schreckliche Terrorherrschaft verhindern. So viel war passiert. Wenn Anthony so darüber nachdachte, hätte er all jene, die jetzt hier waren, nie kennen gelernt, wenn Thule nicht gewesen wäre. Thomas, Vincent, Viola und all die anderen wären niemals in sein Leben getreten. Sie alle hatten auf ihre Weise schreckliche Dinge erlebt und viel durchmachen müssen und das hatte sie zusammengeschweißt. Diese vielen Kämpfe hatten sie zu einer Art großen Familie gemacht und wenn das alles nicht gewesen wäre, dann wären sie wahrscheinlich ganz allein. Anthony hätte bis an sein Lebensende diese Krankheit gehabt und wäre wahrscheinlich auch einsam gestorben. Er hätte seinen besten Freund Vincent oder die kleine Viola nie kennen gelernt. Diese wäre bis heute noch Lucy Eve Nightingale und Harvey und Chris hätten auch niemals Johnny kennen gelernt. Evan wäre völlig einsam und unglücklich im Krankenhaus gestorben, wenn er niemals Violas Medium geworden wäre. Hannah und Thomas hätten sich wahrscheinlich nie kennen gelernt und wären jetzt nicht so glücklich wie jetzt. Und Noah wäre nicht geboren worden. Obwohl so viele schlimme Dinge passiert waren, hatte die Sache auch einen positiven Aspekt: Keiner von ihnen war jetzt mehr allein und nun konnten sie endlich ein ruhiges und halbwegs normales Leben führen und sich ihre wahren Träume erfüllen. Viola, Amara und Evan hatten endlich Freunde und Familie, genauso wie Vincent, Anthony und Nathaniel. Anthony konnte endlich die Welt so sehen wie andere, ohne dabei Angst vor dem Tageslicht haben zu müssen. Thomas und Hannah konnten endlich heiraten, so wie sie es sich vor 58 Jahren versprochen hatten und als Familie zusammenleben, gemeinsam mit ihrem Sohn Noah und Amara, die sie quasi adoptiert hatten. Das war ein seltsamer Gedanke. Auf der einen Seite erfüllte es ihn mit unendlicher Freude und Erleichterung, aber andererseits hatte er auch Angst. Aber wovor hatte er Angst? Vielleicht weil es genau diese drohende Gefahr von Thule war, die sie zusammengehalten hatte. Denn nun konnten sie ihre eigenen Wege gehen. Sally würde zu ihrer Familie zurückkehren und Thomas hatte jetzt auch eine eigene Familie, um die er sich kümmern musste. Anthony erkannte, dass er ähnlich wie Nathaniel Angst hatte, dass er danach alleine sein würde. Aber als er Viola bemerkte, die sich an seinem Arm festhielt, da wich diese Angst wieder. So ein Unsinn, er würde nie wieder so einsam sein wie vor wenigen Monaten, bevor Mary versucht hatte, ihn umzubringen und er im Traumlabyrinth Viola getroffen und seinen alten Freund Vincent wiedergefunden hatte. Er würde nie wieder alleine sein, denn er hatte eine Familie und er war auch nicht mehr durch seine Krankheit eingeschränkt. Sein Haus war durch Pristine und ihren Leuten zerstört worden, aber spielte auch keine Rolle mehr. Er würde in sein Elternhaus zurückkehren und gemeinsam mit seinem Halbbruder, Viola, Evan und Vincent zusammenleben. Nach all der Zeit würde er wieder in Deutschland leben und wer weiß, vielleicht würden Thomas und Hannah in die Nachbarschaft ziehen. Dieser Gedanke hatte etwas so Wunderbares, dass er ihm noch ewig nachgegangen wäre, wenn das Gespräch gerade nicht so ungeheuer wichtig war. „Ich werde persönlich Sorge tragen, dass keiner von euch etwas zu befürchten hat, dass euch seitens Thule, des alten Kultes oder irgendeiner Regierung oder Organisation Gefahr drohen könnte. Das ist mein Versprechen an euch.“

„Und was ist mit den Mischlingen, die Pristine gefangen gehalten hat?“ fragte Cedric schließlich. „Sie haben immerhin kein Zuhause und keine Familie.“

„Auch darum habe ich mich bereits gekümmert“, erklärte Eli und sah kurz zu Christine, die ihm beipflichtend zunickte. „Da ich wieder zurück bin, werde ich wieder die Führung über unseren Kult übernehmen und versuchen, all das wieder zu richten, was Pristine getan hat. Ich werde wieder nach Hause zurückkehren und den Mischlingen, die kein Zuhause haben, eines geben und mich um sie kümmern. Ich habe schon mit Christine gesprochen. Sie wird mit mir mitkommen und mir dabei helfen. Wir wollten das aber nicht tun, ohne vorher mit dir Rücksprache zu halten, Johnny.“ Der Verletzte hob die Augenbrauen und sein Blick wirkte nicht gerade erstaunt oder fragend, sondern eher danach, als wolle er fragen „Wollt ihr mich verarschen?“ oder „Habt ihr sie noch alle?“ Schließlich wanderte sein Blick zu seiner Ziehmutter und mit seinem für ihn absolut typischen frechen Tonfall fragte er „Braucht ihr etwa meine Erlaubnis dafür, oder was?“

„Wir wollen bloß wissen, was du tun willst. Möchtest du mit uns nach Hause kommen, oder hier bleiben?“

„Ich bin schon Zuhause, Leute. Macht euch mal um mich keine Sorgen, ich bin kein kleiner Junge mehr, auf den man unbedingt aufpassen muss.“

„Da bin ich mir nicht so sicher“, kommentierte Harvey und Chris nickte zustimmend. „Man hat ja gesehen was passiert, wenn man dich alleine lässt.“ Es war allzu klar, dass die beiden ihn bloß aufziehen wollten und das gefiel Johnny überhaupt nicht. Er wollte schon einen frechen (und sicher auch vulgären) Kommentar loswerden, aber Anthony reagierte dieses Mal schnell genug, um seinem Halbbruder die Ohren zuzuhalten, um ihm das zu ersparen. Eli betrachtete seinen Enkel mit leichter Sorge. „Wirst du es wirklich ganz alleine schaffen?“ „Er ist nicht allein, keine Sorge“, meldete sich nun Chris. „Harvey und ich werden uns schon um ihn kümmern. Wir beide haben ihn trotz seines miesen Charakters all die Zeit ertragen, dann schaffen wir das auch in Zukunft. Außerdem hat er schon so viel für uns getan, da können wir uns auch endlich mal revanchieren.“ Auch Christine war froh als sie hörte, dass ihr Neffe nicht ganz so alleine war wie in der Vergangenheit. Obwohl er sich wirklich unmöglich aufführte und nur Blödsinn im Kopf hatte, sorgte er sich doch sehr um Harvey und Chris und hatte viel für die beiden getan und riskiert. In harten Zeiten hatte er ihnen zur Seite gestanden und Harvey mehr als ein Mal das Leben gerettet. Er war bereit gewesen, sein Leben zu opfern, damit seine Freunde leben konnten und ohne ihn wäre Chris jetzt nicht in dieser Form hier. Zwar tat er jetzt so als wäre er absolut genervt, weil die beiden ihn jetzt bemutterten, aber tief in seinem Inneren war er doch froh, dass er in dieser Welt ein Zuhause hatte. Schließlich wandte sich Eli an Cedric und Ezra. „Euch möchte ich auch noch mal danken, dass ihr Johnny und den gefangenen Mischlingen geholfen habt. Was werdet ihr beide denn nun machen, da Thule nicht mehr existiert?“ Auf diese Frage hatte Cedric schnell eine Antwort. „Ich werde wieder meinem Beruf als Detektiv für paranormale Phänomene nachgehen, so wie vorher auch. Und Ezra wird mir zur Seite stehen.“

„Ich dachte, du wärst Zirkusartistin.“

„War ich mal. Jetzt arbeite ich als Cedrics Partner und Assistent.“

„Äh… Moment mal… „Artistin“? Ezra ist mein älterer Bruder und kein Mädchen.“ Cedrics Blick wanderte zu Ezra, der völlig ungerührt war und desinteressiert dreinschaute. Eli hob erstaunt die Augenbrauen. „Habe ich etwa versehentlich ein Geheimnis ausgeplaudert?“ Nun sprang Cedric auf und sein Gesicht war bleich vor Entsetzen. „Ezra, sag mir jetzt bloß nicht, dass du in Wahrheit ein Mädchen bist.“

„Nun, im Grunde bin ich deine biologische Schwester. Ich hab damals den Körper eines Jungen angenommen, um dich besser beschützen zu können und weil es mehr Vorteile brachte, kein Mädchen zu sein.“

„Und du hast einfach behauptet, du wärst mein Bruder? Oh verdammte Scheiße. Wenn ich daran denke, dass wir…“ Er wurde hochrot vor Scham und er sah aus, als wollte er am liebsten im Boden versinken. „Ich glaub es nicht… Ezra ist ein Mädchen. Und du hast mich sogar schon nackt gesehen!!!“ Gleichgültig und völlig gelassen zuckte Ezra mit den Achseln und erklärte „Na und? Ist doch nichts dabei.“ Das wurde Cedric nun endgültig zu viel und er musste gehen. Eli war dies mehr als peinlich, denn er hätte mit so etwas nicht gerechnet. Offenbar hatte er nicht gewusst, dass Cedric sich gar nicht an seine Kindheit erinnern konnte und somit nicht mal wusste, dass Ezra in Wahrheit seine Schwester war, die zu seinem Schutz den Körper eines Jungen annahm. Aber zumindest erklärte das für Anthony und die anderen diese seltsame Szene im Thule-Hauptquartier, als Ezra Thomas so verliebt angestarrt und von ihm geschwärmt hatte, weil dieser ihn bzw. sie an einen Anime-Charakter erinnert hatte. Zuerst hatte Anthony gedacht, Ezra sei irgendwie seltsam drauf oder vom anderen Ufer, aber jetzt hatten sie die Antwort: Ezra war ein Mädchen mit dem Körper eines Jungen. Irgendwie eine echt schräge Situation. Johnny hingegen konnte sich gar nicht mehr einkriegen vor Lachen und dabei kamen ihm sogar die Tränen. Für ihn war das natürlich witziger als jede Komödie und auch Christine musste sich ein Lachen verkneifen. Eli räusperte sich und versuchte schnell, diese Peinlichkeit zu beheben, indem er schnell das Thema wechselte. „Nun, es scheint so, als bräuchte ich mir keine Sorgen machen, dass irgendjemand in dieser Runde nach dieser ganzen Sache alleine da stehen könnte. Bestehen von eurer Seite noch irgendwelche Fragen?“

Sofort meldete sich Anthony und sagte „Ich würde gerne die ganze Sache erklärt haben. Was es mit diesem Kult auf sich hat, was er bezweckt und wie das alles mit uns und den Dream Weaver zusammenhängt.“ Nathaniel und Sally berichteten daraufhin von ihrer Begegnung mit Elyssia und Azarias und was sie von ihnen erfahren hatten. Dass die Nekromanten und Vivomanten der Ursprung der Seele waren und wie Ribals Reinkarnation die beiden verfeindeten Gruppen vereinte. Er erzählte auch, wie Azarias und Elyssia daraufhin die Gestalt von Schlangen angenommen hatten, um die Reinkarnation ihres Freundes zu beschützen und ihm zur Seite zu stehen und wie sie somit zu Nekros und Vivus wurden. Und letztlich erzählten sie auch, welche Rolle sie bei dieser ganzen Geschichte unbewusst gespielt hatten. Als sie fertig waren, fragte Anthony „Verstehe ich das richtig? Sally ist die Reinkarnation von Elyssia und Nathaniel die von Azarias?“

„So könnte man das tatsächlich sehen.“

„Das heißt, die beiden stammen von den allerältesten Wesen ab, die den Ursprung der Seele verkörpern?“ Auch das bestätigte Eli und ergänzte „Azarias und Elyssia sind der Ursprung von Positiv und Negativ und dank Ribal auch der Ursprung der Seele. Die Dream Weaver sind der Ursprung der Träume und eines eigenständigen Bewusstseins. Sie haben alle dieselbe Abstammung und die Dream Weaver sind sozusagen Artverwandte von uns, haben sich aber schon vor sehr langer Zeit von uns abgekapselt. Es existieren aber einige Parallelen zwischen uns, wenn man genau hinsieht.“

„Parallelen?“

„Die Dream Weaver und die Traumfresser“, erklärte Viola, die sofort verstanden hatte, was Eli sagen wollte und erklärte es Thomas und den anderen. „Die Dream Weaver spalten ihre negative Seite ab, um sich ihre Reinheit und Unschuld zu bewahren. Das Produkt sind die Traumfresser, vollkommen destruktive Wesen. Im Grunde sind die Dream Weaver und Traumfresser nicht anders als Azarias und Elyssia! Und Amara ist ein Mischling, genauso wie Johnny.“

„Ganz richtig. Die höheren Wesen und die Dream Weaver haben sich in verschiedene Richtungen entwickelt und immer weiter voneinander entfernt. Man könnte die Evolution als gutes Beispiel nehmen: Zwei verschiedene Tierarten, die aber in der Vergangenheit denselben Ursprung haben. Während sich unser Kult darum bemüht hat, Gegensätze zu vereinen und in Einklang zu bringen, haben die Dream Weaver an ihrer Überzeugung festgehalten, dass man streng Positives und Negatives voneinander trennen muss.“

„Aber Dagon Pheres hat eine Menschenfrau geliebt und seine Tochter Lucy war ein Mischling. Sie wollte die Gegensätze vereinen und diese alten Regeln und Traditionen ändern, weil sie auch mir eine Zukunft geben wollte. Ich bin ja auch ein Mischling wie sie. Im Grunde war Lucy ähnlich wie Ribal, aber sie wurde von Belphegor verraten, der ihre Idee für seine egoistischen Machtzwecke benutzen wollte. Wäre er nicht gewesen, hätte Lucy es vielleicht geschafft, die Dream Weaver davon abzuhalten, ihre negative Seite abzustoßen und zu vernichten. Dank Belphegor kam es aber zu den Traumkriegen, bei denen die Dream Weaver fast vollständig ausgelöscht wurden. Lucy verlor ihr Gedächtnis und wurde zu Viola und ich wurde für von ihm und Thule für seine kriminellen Machenschaften benutzt.“

„So kann es enden, wenn Mächte wie Belphegor ins Spiel kommen. Aber schließlich ging es doch dank eurer Zusammenarbeit gut aus und Belphegor konnte das Handwerk gelegt werden.“

„Dann gehört Viola also irgendwie auch zum alten Kult?“ Für Anthony war das alles immer noch ziemlich umfangreich und teilweise schwer nachzuvollziehen, aber so allmählich verstand er doch die ganzen Zusammenhänge. Sally und Nathaniel waren so etwas wie die Reinkarnationen von Azarias und Elyssia und somit der Ursprung der Seele. Viola und Amara gehörten ebenfalls dem alten Kult an und Erstere war sozusagen der Ursprung der Träume und eines eigenständigen Bewusstseins. Eli war die Reinkarnation von Ribal, der einst die Gegensätze zusammengeführt und die erste Seele erschaffen hat und er führte zwei verfeindete Gruppierungen zusammen, woraus schließlich dieser eine Kult entstand. Die Dream Weaver gehörten ebenfalls dazu, hatten aber damit kaum noch etwas zu tun, weil sie sich von den höheren Wesen in ihrer Entwicklung entfernt hatten und andere Wege wählten. Christine und Pristine verkörperten ähnlich wie Azarias und Elyssia zwei Gegensätze, die nicht aus eigener Kraft miteinander harmonieren konnten und deshalb brauchten sie ihren Vater Eli. Johnny war als Mischling zur Welt gekommen, um den Platz seines Großvaters einzunehmen, doch er schaffte es aber nicht. Also ließ Eli die Nekromanten und Vivomanten zurückkehren, damit diese eines Tages bei seine Rückkehr ermöglichen konnten. Nur er wäre in der Lage gewesen, die Zwillinge wieder in Einklang zu bringen und diese ständigen Auseinandersetzungen zu beenden. Eli erklärte schließlich „Das Wissen um den Ursprung unseres Kults geriet mit meinem Tod immer weiter in Vergessenheit und nur wenige wussten um die Wahrheit. Seine Bedeutung wurde ebenso vergessen und Pristine interpretierte die Geschichte falsch und legte sie ganz nach ihren Vorstellungen aus. Ich wollte das schon zu Lebzeiten verhindern, indem ich die Wahrheit und die Legenden niemals aufschreiben ließ. Papier ist geduldig und es passiert in vielen Religionen so, dass es falsch ausgelegt wird und die Gelehrten die Unwissenden nach ihrem Willen damit manipulieren. Ich habe mich bemüht, diesen Fehler nicht zu machen, aber in der Hinsicht habe ich meine Jüngste leider unterschätzt und als ich lange Zeit in der Zwischenwelt war, konnte ich auch nichts tun, um sie daran zu hindern. Glücklicherweise konnte ich mich auf Christine und Johnny verlassen.“

„Und wozu das Buch mit den sieben Siegeln?“

„Ich wurde mit der Kraft geboren, die Ribal einst in sich aufnahm und ähnlich wie Johnny drohte diese, meinen Körper zu zerstören und so musste ich sie versiegeln. Außerdem gelang es mir somit, sie kontrolliert einzusetzen. Als ich alleine in den Krieg zog, um meine Freunde und meine Familie zu beschützen, setzte ich es ein und zahlte als Preis dafür mit meinem Leben.“

„Und wo ist diese Kraft jetzt?“

„Dank Nekros und Vivus kann ich sie unter Kontrolle halten, ohne dass sie meinen Körper zerstören könnte. Das bedeutet also, dass niemand mehr von euch befürchten muss, dass jemand das Buch für seine Zwecke missbrauchen könnte.“ Erleichtert atmeten sie alle aus und überglücklich fielen Viola und Evan Anthony und Vincent in die Arme, während Amara Thomas und Hannah umarmte. Sally und Nathaniel, die inzwischen eine sehr enge Freundschaft zueinander hatten, freuten sich auch gemeinsam und Christine beobachtete zufrieden, wie glücklich sie alle waren. Nur Johnny tat natürlich so, als ginge ihm das am Allerwertesten vorbei, aber sogleich wurde er scherzhaft von Chris und Harvey geneckt. Endlich hatten sie alle endgültig realisiert, dass dieser Alptraum für immer vorbei war. Anthony, Hannah, Thomas und Vincent hatten 60 Jahre lang auf diesen Augenblick warten müssen, die Nichtmenschen unter ihnen sogar viel länger. Einige von ihnen hatten schon fast die Hoffnung aufgegeben, dass es jemals aufhören könnte, aber nun war dieser Moment endlich da. Sie waren endlich frei!



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