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Yajuu 2

-beyond redemption-
von

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Erinnerungen

Angestrengt keuchend, landete ich in der Nähe unseres Hauses. Wir waren in einer abgeschiedenen, breiteren Gasse nur wenige Meter weiter. Die Wunde schmerzte höllisch und ich musste mich zusammenreißen, um nicht vor Schmerz zu schreien. Außerdem stellte ich fest, dass meine Rüstung anfing Risse zu bekommen, was nicht gerade ein gutes Zeichen war.

So umsichtig wie ich konnte, ließ ich Luca zu Boden, den das Fieber noch immer peinigte. Aber zumindest ein bisschen besser schien es ihm mittlerweile zu gehen.

„Wieso hast du mir geholfen?“, fragte er mich. Seine Augen durchbohrten mich wie üblich und seine Miene war mal wieder unergründlich für mich.

Ich seufzte traurig: „Auch wenn das vielleicht nicht mehr auf Gegenseitigkeit beruht, aber mir bedeutest du nach wie vor sehr viel. Zumal du mir auch schon das Leben gerettet hast.“ Als mich ein weiterer Schwall Schmerzen durchzuckte, ging ich kurz in die Knie. Luca, der an eine Wand gelehnt, saß, beobachtete mich argwöhnisch.

„Die Wunde schließt sich wirklich nur sehr langsam.“, stellte er nüchtern fest.

Ich lachte deprimiert: „Scheint wohl so, aber keine Sorge, dass wird schon.“ Ich log, denn in Wahrheit war ich mir selbst kein bisschen sicher, ob ich das überleben würde.
 

Schließlich versuchte ich mich aufzuraffen. „Nun, ich sollte wohl langsam zu Kyria zurück, sonst macht sie sich noch Sorgen.“ Ich setzte eine möglichst heitere Miene auf, doch meine Beine wollten weniger gehorchen, als mir lieb war. Ich vernahm ein leises Knarzen, als sich die Risse der Rüstung weiter vertieften.

„Machs gut, Luca…“, wollte ich gerade sagen, auch um das Geräusch zu übertönen, da ich mir nicht sicher war, ob er es auch hören könnte, als ich plötzlich das Gleichgewicht verlor und ganz auf die Knie fiel.
 

Luca hatte mich zu sich gezogen. Er war noch immer unerträglich heiß durch das Fieber, wie ich feststellen musste.

„Du bist immer noch eine schlechte Lügnerin.“, sagte er plötzlich schwach. Irgendwie kam mir die Situation lächerlich vor. Wir hockten beide in einer Gasse und waren nur halb bei Bewusstsein und redeten deswegen nur Schwachsinn.

Ich hatte nicht länger die Kraft aufzustehen. Die Rüstung begann zu zerbröckeln und abzufallen.

„Du siehst aus, als würdest du tanzen, wenn du kämpfst.“, stellte er nüchtern fest.

Ich musste kichern: „Das hat mir Kyria auch schon oft gesagt.“

„Die Exile mit der du umherreist.“ Es war keine Frage, sondern mehr eine Feststellung. Aber ich konnte nicht mehr antworten, denn da war ich schon ohnmächtig geworden. Ich hatte einfach zu viel Blut verloren.

Alles wurde mir schwarz vor Augen.
 


 

Als ich erwachte, öffnete ich nicht gleich die Augen, sondern genoss viel mehr das Gefühl dieses weichen, warmen Bettes. Irgendwie kam mir der Geruch hier bekannt vor, mir fiel jedoch nicht gleich ein woher.

Schließlich entschloss ich mich, doch mal die Augen zu öffnen, nur um in das Antlitz meines alten Zimmers zu blicken. Ich hätte nicht gedacht, dass sie hier alles unverändert gelassen hatten, so als käme ich jeden Moment nach Hause zurück.

Ich trug sogar einen meiner eigenen Schlafanzüge. Darunter konnte ich eine Bandage fühlen.

Dann hörte ich, wie sich langsam die Tür öffnete.

„Du bist wieder wach!“, rief eine altbekannte, fröhliche Stimme. Tiara kam hereingehüpft, doch ich war überrascht zu sehen, wen sie hinterher zerrte. Mit sehr verlegenem Gesichtsausdruck zog sie Kyria hinter sich her.

„Schön, dass es dir wieder besser geht.“, sagte sie ruhig.

„Was machst du denn hier?“, fragte ich sie verwundert.

Kyria wurde kurz rot und kratzte sich verlegen am Kopf. „Naja… ich schätze ich bin hier wohl einfach reingeplatzt.“ Ich zog eine Augenbraue nach oben.
 

„Wieso hast du Tante Kyria bis jetzt nie mitgebracht, Lua? Sie war ganz besorgt um dich.“, schaltete sich nun Tiara ein, „Aber mal ehrlich wir waren alle krank vor Sorge, als dich Luca hier halbtot reingeschleppt hat!“ Auf einmal standen ihr Tränen in den Augen. „Aber Tante Kyria hat dich gerettet, denn sie kann nämlich zaubern.“ Jetzt strahlte sie Kyria an, die nur wieder rot wurde. So hatte ich sie noch nie erlebt und das amüsierte mich.
 

Ich ahnte schon, was Kyria getan hatte. Vor schon längerer Zeit hatte sie mir erzählt, dass sie mittels der Impulse die sie senden kann, mitunter auch Zellen dazu anregen konnte, ihre Regenerationsfähigkeit zu erhöhen.

„Keine Ursache.“, sagte sie nun peinlich berührt, „Aber wie oft denn noch, ich kann nicht zaubern.“

„Oh doch!“, bestand Tiara und Kyria gab ihren Widerstand auf.

„Wie geht es Luca?“, fragte ich nun, da mir sein Zustand von gestern wieder einfiel.

„Dem geht’s prima, ist schon wieder arbeiten gegangen.“, schaltete sich plötzlich Seth von draußen ein. Er und sein Bruder standen neugierig an der Tür und blickten herein.

„Verstehe.“, war meine geistreiche Antwort. Trotzdem machte ich mir noch Sorgen um ihn. Ich würde natürlich nicht meine Entdeckung bezüglich seines Arms verraten, aber ich musste da dringend ein Auge drauf haben. Zumal ich ja nicht einmal wusste, was genau er sich da spritzte, wenn es ihn so umhauen konnte.
 

Eine Weile redete Tiara noch auf mich ein, dann lockten die Zwillinge sie aber aus dem Zimmer, sodass Kyria und ich ungestört reden konnten.

„Das war echt knapp, Lua.“, sagte sie nach einiger Zeit.

„Ich weiß.“, war meine knappe Antwort.

„Ich hätte nicht gedacht, dass es solch ein Gift mittlerweile gibt.“, bemerkte sie aufgewühlt, „Und ich hätte nicht gedacht, dass Sayo dich direkt angreifen würde. Ich hab erst bemerkt, was geschehen war, als es schon fast zu spät war. Ich bin dann deiner Aura gefolgt und bin letztendlich hier gelandet.“

„Danke dafür.“, sagte ich ihr.

„Kein Ding, zumal ich gehört hab, dass du dich ziemlich gut geschlagen hast. Sayo ist außer sich vor Wut.“ Nun zuckte kurz ein spitzbübisches Lächeln durch ihr Gesicht, was aber gleich wieder verflog.

„Noch nichts Neues, huh?“, fragte ich sie, als ich ihr betrübtes Gesicht sah.

„Leider… es scheint unmöglich in dieses Gebäude rein zu kommen. Und zu zweit können wir einen direkten Angriff auch vergessen.“

Ich seufzte, „Du wirst schon einen Weg finden, da bin ich mir ganz sicher.“, und ich legte eine Hand auf ihre. Traurig lächelte sie mich an.

„Ich lass dich jetzt wieder allein. Du solltest dich noch ein wenig ausruhen. Ich werde unterdessen weiterforschen.“, verkündete sie nun, „Tja und wie es scheint werde ich wohl heute Abend wieder herkommen.“
 

Ich lachte: „Tiara kann sehr überzeugend sein, nicht wahr?“

„Oja.“, stimmte sie mir zu. Dann lächelte sie sanft: „Du hast wirklich eine tolle kleine Familie, Lua. Ich kann verstehen, dass sie dir so viel bedeuten.“

„Du hast sie wohl auch schon ins Herz geschlossen?“, fragte ich neckisch.

„Vielleicht.“, war ihre Antwort, aber sie lächelte dabei und daher war es für mich ein ja. Dann verließ sie wirklich den Raum, damit mich weiter erholen konnte.
 


 

Luca kratzte sich am Arm. Diese verdammte Stelle juckte furchtbar und die Tatsache, dass er immer wieder dran rumkratzte, trug nicht gerade dazu bei, dass sich die Wunde besserte.

Sie hatte es also entdeckt. Ihm war das peinlich und das machte ihn wütend. Er hasste es Schwäche zeigen zu müssen. Der ganze gestrige Tag war doch nur ein Ausdruck von Schwäche gewesen. Nicht nur das ausgerechnet Lua ihn hatte finden müssen, nein, sie war es auch noch gewesen, die sein Leben gerettet hatte. Dabei hatte er es sich doch schon vor Jahren abgewöhnt Hilfe anzunehmen. Wobei er zugeben musste, das Lua so kämpfen zu sehen schon irgendwie beeindruckend gewesen war.

Das klingende Geräusch, welches der Aufzug stets von sich gab, wenn er das gewünschte Stockwerk erreicht hatte, riss ihn aus den Gedanken. Mit seiner gleichgültigen Miene trat er heraus, straffte die Schultern und näherte sich der großen schwarzen Tür.

Er musste nicht klopfen, denn er wurde bereits hereingebeten, als er nur davor stand. Entspannten Schrittes trat er ein und durchquerte den Raum, bis er vor dem großen Schreibtisch seines Chefs stand.

„Welch Freude dich zu sehen, Luca.“, frohlockte dieser, „Wie schön, dass du auch deinen letzten Auftrag wieder mit solch einer Bravur gemeistert hast.“

Luca sparte sich die Mühe ihm zu antworten. Er wusste ohnehin, dass gleich das nächste Übel folgen würde.

„Siehst du, ich hatte doch Recht, als ich sagte, du hättest Talent. Mittlerweile bist du einer meiner besten Leute, wenn nicht sogar der Beste.“, sagte Lucius fröhlich.
 

„So etwas in der Art erwähnten sie bereits mehrfach.“, gab Luca kalt zurück. Er mochte diesen Mann einfach nicht, hatte es nie getan und würde es wohl auch nie.

„Ich hörte Gerüchte, dass die Hunter neuerdings die Jagd auf dich eröffnet haben. Du musst denen ja ganz schön ein Dorn im Auge sein.“ Der alte Mann war gerissen und mindestens so gefühllos, wie Luca es vorgab zu sein.

„Ich muss dir leider sagen, dass ich nicht länger die Mittel habe, dich vor ihnen beschützen zu können.“

„Das war mir klar.“, gab Luca gleichgültig zurück.

„Gut, dass das dann geklärt ist. Der nächste Auftrag wartet nämlich schon.“, sprang sein Chef einfach zum nächsten Thema, während er ihn mit seinem Blick durchlöcherte. Aber Luca gab sich keine Blöße.

Ihm wurde ein schwarzer Briefumschlag zugeschoben, in welchem wie üblich die Daten für sein nächstes Ziel standen. Es handelte sich um irgendeinen gut bewachten Geschäftsmann, nichts Besonderes also, stellte Luca gelangweilt fest.
 

„Wo ist der Haken?“, fragte er kühl.

„Du bist schlau, mein Lieber, wirklich schlau.“, murrte Lucius, „Die Wachen des Opfers sind Halbyajuu, habe ich gehört. Aber für jemanden wie dich, dürfte das ja kein Problem sein.“ Diese schlangenhafte Stimme widerte Luca an, doch er ließ sich das äußerlich nicht anmerken. Allerdings fragte er sich, wieso van Serenberg seit einiger Zeit versuchte ihn umzubringen. Luca war schon länger aufgefallen, dass seine Aufträge immer komplizierter und schwieriger wurden. Meist waren es Sachen, die ein Einzelner kaum lebend schaffen konnte. Doch Luca war dem Tod bis jetzt immer von der Schippe gesprungen.
 

Ohne ein weiteres Wort zu sagen, steckte er den Briefumschlag ein und kehrte um. Irgendwie wartete sein Chef wohl auf eine Reaktion, aber Luca würde ihm keine geben.

Er war schon fast bei der Tür angekommen, als Lucius plötzlich ein weiteres Mal die Stimme erhob: „Sag mal, wie viele Spritzen sind denn eigentlich noch übrig?“

Luca erstarrte, bevor er es bemerkte.

„Du kennst die Regeln.“, fügte sein Chef hinzu. Luca war sich dessen vollkommen bewusst, wieso musste er jetzt noch darauf herumreiten.

„Vielleicht hast du ja Glück und du bist einer der 2%“, lachte Lucius zynisch. Das war es also. Nun wusste Luca was er für ihn war, ein Versuchskaninchen. Er würdigte seinen Chef keines Blickes und verließ wortlos den Raum.

Dann erfüllte er seinen Auftrag. Es gab keine erwähnenswerten Zwischenfälle.
 


 

Nach nun einer Woche des Nichtstuns hatte ich es daheim nicht mehr ausgehalten. Auch wenn Tiara es nicht gutgeheißen hatte, hatte ich trotzdem darauf bestanden einen Spaziergang durch die Stadt zu machen. Die Wunde war sowieso schon komplett verheilt und ich fühlte mich wieder vollkommen fit. Ohne Ziel streifte ich umher und genoss einfach mal die entspannte Zeit für mich.

Irgendwann realisierte ich, wo ich war. Ich stand auf einer Wiese. Da es gerade erst der Beginn des Frühlings war, blühte hier noch nichts, außer ein paar vereinzelte Schneeglöckchen, aber auch so war dieser Ort irgendwie schön… so vertraut.

Dann wusste ich wo ich war. Hinter mir erstreckte sich auf dem kleinen Hügel das Labor. Ruhig lag es da und nichts deutete darauf hin, dass hier irgendjemand wäre. Mein Gedächtnis erkannte diese Wiese wieder, auch wenn ich sie eigentlich im Sommer gekannt hatte. Ich sah mich selbst als kleines Kind, wie ich mit einer männlichen Person Blumen sammelte und eine Frau die an einen Baum gelehnt, zuschaute.

Mein Blick schweifte umher, bis er an eben diesem Baum hängen blieb. Er war größer geworden, aber dennoch war ich mir sicher, dass nur er es sein konnte.
 

Andächtig stand ich vor dieser alten Pflanze und berührte vorsichtig die Rinde. Sie war kalt und hart. Hier fühlte ich mich meinen Eltern, an die ich mich nur noch schemenhaft erinnerte, viel näher als sonst. Eine traurige Stimmung legte sich auf mein Gemüt. Wieso konnte ich mich nur so schlecht erinnern? Hatte ich alles verdrängt?

Da flackerte ein mir völlig neues Bild auf. Es überwältigte mich so sehr, dass ich mich an den Baum lehnen musste und angestrengt zu atmen begann.

Ich hörte laute Stimmen und wir rannten. Meine Mutter zerrte mich hinter sich her, doch meine kurzen Kinderbeine konnte einfach nicht mit ihr Schritt halten. Kurzerhand nahm sie mich Huckepack, während sie in der freien Hand eine schwere Aktentasche trug. Meine Mutter war zwar schlank, aber eigentlich nicht besonders sportlich und so war sie ziemlich schnell außer Puste. Das Adrenalin in ihren Adern half ihr jedoch über sich hinaus zu wachsen.

Leider war ich nicht in der Lage zu verstehen, was meine Mutter so in Angst versetzte, aber allein die Tatsache, dass sie panisch war, versetzte auch mich in Angst.
 

„Wo ist Papa?“, hörte ich mich fragen.

„Keine Sorge, Papa geht’s gut.“, redete sich außer Atem auf mich ein.

Nun betrachtete ich erstmals unsere Umgebung. Wir rannten durch einen Tunnel. Alles war dunkel und nass und roch fürchterlich muffig. Die alten Lieferschächte sagte mir mein Bewusstsein. Hier hatte ich manchmal heimlich gespielt, was meine Eltern nie gutgeheißen hatten. Heutzutage konnte ich verstehen warum.
 

Nun erreichten wir eine massive Stahltür. Meine Mutter stellte die Aktentasche kurz ab und wühlte unruhig in ihrer Manteltasche herum. Plötzlich rutschte ihr die Karte aus der Hand und fiel auf den Boden. „Mist!“, fluchte sie leise, bückte sich und schnappte sich die Karte. Sie zog diese durch einen Schlitz und gab dann schnell eine Nummer ein, woraufhin sich die Tür mit einem lauten Klicken öffnete. Danach packte meine Mutter wieder den Koffer und rannte weiter.

Die Sonne ging gerade unter und das Licht blendete mich, als wir aus dem Tunnel kamen. Ich hob eine Hand vor das Gesicht, um besser sehen zu können und das erste worauf mein Blick fiel, war die große Brücke, die fast schon majestätisch in den Himmel aufragte. Daher kam also meine innere Anziehung zu ihr, stellte ich fest.

Plötzlich stolperte meine Mutter über einen der spitzen Steine und fiel hin. Sie versucht mich noch abzuschirmen, damit ich mir nicht wehtat.

„Mama du blutest!“, rief ich erschrocken aus und Tränen kamen in meine Augen.

„Das ist nichts, meine Kleine. Ich hab mir nur das Bein ein wenig angeschlagen.“, tröstete sie mich und stand wieder auf. Sie klopfte sich etwas Staub von den Sachen, schnappte sich den Koffer und nahm mich wieder an die andere Hand. Dann hechtete sie weiter.
 

Meine Erinnerung verschwand und ich kehrte in die Gegenwart zurück. Da traf mich die Erkenntnis. Ich hatte gerade denn idealen Weg gefunden, um unbemerkt ins Labor zu kommen, denn schon damals war der Schacht abgeschaltet worden, da ein moderner und besser geschützter gebaut worden war. Wenn wir Glück hatten, existierte er noch, auch wenn er in den Karten nicht eingezeichnet war.

Eilig kehrte ich nach Hause zurück, um Kyria meine Idee mitzuteilen und sie war begeistert.



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