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Dein Blick hat sich nie geändert

von

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48 Tage und bösartige rote Blätter

Fuu…

„Wir haben ein Problem.“ Ich ging zum Wasser und spülte mir das Erbrochene vom Mund. Irgendwie könnte man meinen, ich würde kotzen, weil ich an den Abend vor 48 Tagen zurückdachte. Ja, ich zählte die Tage, nachdem ich wusste, dass ich DIESES Problem meinen beiden Begleitern unmöglich vorenthalten konnte.
 

Rückblende:

„Fuu, richtig? Folgen sie mir bitte.“ Eine leicht dickliche Frau stand in der Schiebetür und ihr Blick wie auch das eben gesagte zeigte deutlich, dass sie mich meinte.
 

Nur wollte ich wirklich in diesen Raum? Ich war mir da nicht so sicher. Ich sah weg, aus dem Fenster. Allerdings konnte ich nichts dahinter erkennen. Ich konzentrierte mich auf etwas anderes. Auf ein gewisses etwas, dass möglicherweise in mir lauerte.
 

Ich seufzte und stand auf. Es hatte keinen Sinn. Ich musste in diesen Raum. Ich musste mir Klarheit verschaffen. Das war das Beste für alle Beteiligten.
 

Ich folgte der Frau in ein weiteres Zimmer. Es ähnelte dem Wartezimmer in seiner Form, bloß dass es hier statt Banken einzig eine Liege und einen Schrank voller Kräuter und Verbandszeug gab.
 

„Setzten sie sich auf die Liege. Mein Vater wird bald kommen.“ Mit einem freundlichen Lächeln ließ sie mich in diesem fremdartigen Raum zurück. Ich tat was sie mir bedeutet hatte und nun spürte ich meine Aufregung bis ins Mark.
 

Bitte Götter, lasst das nicht geschehen. Ich flehe euch an…
 

***
 

Der freundliche alte Mann befühlte meinen Bauch. Meinen Kimono hatte ich abgelegt und war froh dass er sich nun wieder aufrichtete.
 

„Die Chancen stehen gut, dass sie tatsächlich ein Kind in sich tragen.“ sagte er quälend langsam und rauchig. Sein Lächeln erinnerte mich an die Frau von vorhin. Allerdings vergaß ich bei diesem Satz alle meine anderen Gedanken.
 

„Wie bitte?“ hauchte ich mit piepsiger Stimme.
 

Der Mann klopfte mir auf die Schulter und ging zu seinem Schrank. Ich zog meinen Kimono wieder an. Ich hatte mich doch recht unbehaglich gefühlt. In meiner Kindheit hörte ich oft Geschichten über… Moment, hatte er mir gerade wirklich gesagt, dass ich ein Kind in mir trug? Das ich schwanger war?! Ich zwang mich, mich zu beruhigen. Nein, er hatte gesagt, dass die Chancen gut ständen.
 

Der Alte drehte sich wieder zu mir um und hielt mir rote getrocknete Pflanzenblätter hin. Ich begutachtete sie.
 

„Was soll ich damit?“ Warum sagte er mir nicht gleich, was ich mit diesen Blättern sollte.
 

Der erfahrene Arzt lachte. „Dies ist wohl ihre erste Schwangerschaft.“
 

Ich nickte etwas eingeschüchtert. Ich wusste, ich hatte keinen Grund dafür, aber irgendwie war es mir peinlich. Die meisten Frauen in meinem Alter hatten bereits drei Kinder. Ich hatte keine Verwandtschaft mehr, außer meine Tante und mein Onkel, die sonst wo waren und wer wollte schon eine Frau ohne Mitgift und ohne Herkunft. Ich atmete tief durch. Im Moment war nicht die Zeit, über solche Dinge nachzudenken. Überhaupt vermied ich es, über solche Dinge nachzudenken. Es würde mir verbieten, positiv zu denken. Hinterher endete ich noch so wie Jin… Nichts gegen ihn.
 

Der Mann überreichte mir die Blätter. „Es ist eine gute Methode, herauszufinden, ob sie tatsächlich schwanger sind.“
 

Haltet mich für verrückt, aber ich fragte mich warum er mir immer wieder, „schwanger“, dieses Wort unter die Nase rieb.
 

„Dieser Pflanze heißt Antegra…“ Wie schön für sie, alter Mann.
 

„…und diese Pflanzen werden oft benutzt wenn es um Schwangerschaften geht.“ Kommen sie zum Punkt!
 

„Nun jedenfalls...“ Er machte eine Pause, als müsste er überlegenen.
 

„Ja?“ Ich wurde langsam ungeduldig. Eine weitere ungute Eigenschaft an mir.
 

„Wenn sie das Essen und kotzen sind sie schwanger, wenn nicht sind sie nicht schwanger.“ Von seinem plötzlichen Redeschwall erschrocken sah ich ihn wohl mehr als Endgeistert an.
 

„Ich soll kotzen?!“ Ich war wirklich keine Frau, die sich für alle und jeden so gut und zu fein war, aber ich hatte chronisch etwas gegen brechen.
 

„Aber meine Dame, sie werden noch oft erbrechen, wenn sie wirklich schwanger sind.“ Ich verzog mein Gesicht. Noch ein Grund mehr, es nicht zu sein.
 

Ich überwand mich letztendlich doch und schluckte die trockenen seltsamen Pflanzenblätter herunter.
 

***
 

Am Abend desselben Tages hing mein Kopf über einem Fass und ich erbrach immer wieder. Nur gut, dass mich keiner sah. Ich war fertig mit der Welt. Ich war schwanger, das war mein Ende.

Rückblende Ende
 

Nun gab es wohl kein Zurück mehr. Ich würde es ihnen sagen. Jetzt. Ich hatte etwas Angst, vor ihrer Reaktion, auch wenn ich es mir bis jetzt nicht hatte eingestehen wollen.
 

Mugen und Jin waren mir gefolgt und sahen mich fragend an. „Du meinst außer das du gerade auf unsere neuen Isomatten gekotzt hast? Das wären dann zwei Probleme, kannst du nicht zählen oder was?“ fragte Mugen und sah dabei sogar ernsthaft belustigt aus. Ich sah diesen nicht mal an, als ich antwortete. „Und du kannst rechnen oder was? Idiot! Als ob die Isomatten ein echtes Problem sind!“ Plötzlich liefen mir Tränen übers Gesicht.
 

Ich war wütend auf mich selbst. Konnte ich nicht einmal sachlich bleiben?
 

„Ich bin schwanger, was ist schlimmer, hm?“ Ich schrie Mugen an. Ich wünschte mein wütender Blick würde ihn meinen Hass auf spüren lassen. Er war der, der für meinen Zustand verantwortlich war. Er war der, der der Grund dafür war, warum ich mich schon seit Wochen fast jeden Morgen übergab. Wann hatte ich das letzte Mal so sehr geweint wie jetzt? Beim Tod meiner Eltern, aber das zählte wohl kaum.
 

Beide starrten mich mit aufgerissenen Augen an.
 

„Nicht wirklich, oder?“ kam es heißer von dem Piraten. Der Vater, denn mein Kind nie kennen lernen würde. Das brachte mich nur noch mehr zum Schluchzen.
 

„Denkst du wirklich, ich würde bei so etwas lügen, Idiot!“
 

Ich stand auf und ging heulend weg. Nach dem Coming out meiner Schwangerschaft brauchte ich erst mal Ruhe.
 

Ich lehnte mich an einen Baum, einige Meter entfernt von den beiden, um mich aus ihrem Blickfeld zu entziehen.
 

Dass Mugen der Vater war, würde ich nie und nimmer verraten. Er war der letzte, der einen fürsorglichen Vater abgab oder das Kind gar wollte. Ich seufzte. Das tat ich in letzter Zeit viel zu oft.
 

Der Besuch im Gasthaus lag schon drei Monate. Vermutlich würde mein noch einigermaßen schmaler Bauch sich schon bald in eine größere Halbkugel verwandeln. Er zeigte bereits jetzt erste Ansätze, welche ich bisher erfolgreich vor den beiden Schwachköpfen verborgen hatte.
 

Ich umschlang mit den Armen meine Knie und sah in den Himmel, der unschuldig und makellos strikt blau war. Musste man als Mutter eigentlich auch alles richtig machen?
 


 

Mugen…

„Meinst du, wir sollten sie aufmuntern?“ fragte ich Jin, der einen halben Meter entfernt von mir saß.
 

Ich legte den Kopf schief und musterte Fuu.
 

Diese saß wie so oft nah am Lagerfeuer, um der Kälte und vielleicht auch der Einsamkeit zu der Nacht zu entkommen.
 

Irgendwie fiel es schwer, sich das einzugestehen, doch sie tat mir wirklich leid.
 

Mit ihren Armen hinter sich stützte Fuu ihren Oberkörper, ihr Gesicht hatte sie zum Himmel gerichtet. Betrachtete sie die Sterne oder hatte sie die Augen geschlossen? Ich wusste es nicht. Ich konnte bloß vermuten.
 

„Wie denn?“ fragte Jin. Er klang zwar hoffnungslos, aber auch unternehmungslustig. Aus Erfahrung wusste ich, dass das selten genug vorkam. Das würde ich schon zu nutzen wissen.



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