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Impetrire

von

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Sanare

Sanft wickelte Severus den Wolf wieder aus, zog vorsichtig den Umgang unter ihm heraus und wollte ihn eigentlich mit einer leichten Decke wieder vor der Kälte schützen. Und dennoch hielt er mitten in der Bewegung inne, nahm den Schmutz wahr, die verdreckten Wunden, die schwarzen Fingernägel, die Grasbüschel zwischen den Zehen. Er kannte Madame Pomfrey, kannte ihre Flüche, wenn wieder ein mit Matsch bedeckte Quidditch-Spieler in ihrem Krankensaal landete. Sie mochte nicht viel von der Muggel-Medizin halten, doch Sauberkeit hatte auch bei ihr oberste Priorität. Severus war vielleicht Professor und bei den Schülern nicht beliebt und gefürchtet, doch Madame Pomfrey kannte keine Gnade. Er konnte sich gut ihre Schimpfereien vorstellen, wenn sie den Wolf so sehen würde. Warum haben Sie ihn nicht dort grob gesäubert? Wie konnten Sie ihn in diesem Zustand lassen? Wissen Sie nicht, wie wichtig Sauberkeit ist? Schon oft war er ihr mit Sarkasmus entgegen getreten, Madame Pomfrey jedoch nahm dies einfach nicht wahr, wenn sie in ihrem Element war. Auch wenn er nie zugeben würde, war sie diejenige in der Schule, die ihn das Fürchten lehren könnte. Selten hatte er eine so resolute Dame erlebt, nicht einmal Albus Dumbledore kam gegen sie an.

Und so konnte er es selbst nicht recht fassen, als er den Wolf plötzlich wieder auf den Armen hatte und ihn in die kleine, sich an Zimmer anschließende Nasszelle transportierte. Zumindest grob mit dem Wasser reinigen… auch wenn eigentlich schon das zu viel war. Immer wieder hielt Severus sich die schimpfende Madame Pomfrey vor Augen, als er seine Last vorsichtig absetzte und an der Wand anlehnte.

„Das wirst du mir büßen, Wolf“, knurrte er leise, klang dabei dem Tier ähnlicher als ihm bewusst war. Er erhob seinen Zauberstab und die Dusche folgte diesem wie eine Schlange, die von einem Fakir beschworen wurde. Vorsichtig führte er den Schlauch über die Brust und ließ das Wasser sich sanft mit dem Schmutz vermischen, der sich in kleinen brauen Bächen seinen Weg in Richtung Boden bahnte.

Kaum zu fassen, dass er hier vor einem seiner Feinde kniete, vor jemandem, der dafür gesorgt hatte, dass sein Leben eine Tortur war, dass hier mit nassen Hosen kniete und diesem… diesem Wolf den Dreck vom Leib spülte. Und doch war da immer noch dieses Mitleid angesichts der Verletzungen, dieses Mitleid angesichts des mageren Körpers, dieses… dieses Mitleid. Mitleid.

Angesichts seiner Gedanken bemerkte Severus erst kurz darauf, dass er einem Automatismus nachgebend, die Wunden vorsichtig mit einem Tuch reinigte und mit der anderen Hand immer noch den Schlauch dirigiert. Er nahm es erst wahr, als der Wolf leise aufstöhnte und die Schmerzen sich in seinem Gesicht abzeichneten. Heftig fuhr er zurück, warf Waschlappen und Dusche zur Seite, steckte den Zauberstab weg und schüttelte den Kopf. Nein, nein, nein. Es war genug, er hatte nun wirklich genug für diesen Wolf getan. Mehr als er für ihn hätte tun sollen.

Nun stand er hier vor Remus Lupin, der ihm seinen Traum genommen hatte, der ihn Teile einer schönen Jugend gekostet hatte, mit nasser Hose, mit nassen Ärmel und hatte ihm die Wunden ausgewaschen, hatte ihn fast schon… nein, hatte ihn umsorgt und gerettet. Severus strich sich das fettige Haar aus dem Gesicht und lehnte sich für einen Moment an die Wand hinter ihm. Er musste sich beruhigen, er musste sich konzentrieren. Er war nicht schwach, er hatte eine Aufgabe. Immer wieder atmete er tief durch und richtete sich auf, voller Stolz. Der kleine Spiegel neben der Tür zeigte ihm, dass er den gewohnt kühlen Gesichtsausdruck angenommen hatte. Ein Hauch von Spott funkelte in seinen Augen, so wie es sein sollte. Und nun würde er seine Aufgabe beenden. Der Wolf musste wieder in das Bett, während er diesen beaufsichtigte und auf Madame Pomfrey wartete. Dann würde er hocherhobenen Hauptes das Zimmer verlassen und hätte endlich seine Ruhe.

So wickelte er Remus Lupin in ein Handtuch und nahm ihn noch einmal auf die Arme, spürte noch einmal das schon fast vertraute Gewicht und legte ihn sanft auf dem Bett ab. Nun lag er vor ihm, eingewickelt in das frische, reine Handtuch, während Severus‘ eigener Umhang voller Matsch und auch Blutspuren vergessen auf dem Boden lag. Wie schon einmal griff er nach der Decke, doch hielt er dieses Mal nicht inne, dieses Mal deckte er seinen Kollegen damit zu, dieses Mal ging er nicht seinen Gedanken nach, sondern war einfach Professor Snape, der kühle, konzentrierte Professor Snape.

Und als dieser stellte er sich an die Wand und wartete ab. Es schienen Stunden zu vergehen, auch wenn es in Wirklichkeit nur Minuten waren, bis Madame Pomfrey erschien und ihn mit einem Blick auf ihren Patienten eilig aus dem Zimmer verscheuchte. Und so ging Professor Snape zur Tür hinaus, ohne seinen Umgang, doch dafür immer noch das leise „Ich danke dir, Severus“ im Ohr. Er hatte seine Aufgabe erfüllt.



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