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Abenteuer Liebe

Eine NejiTen frei nach Disneys "Pocahontas"
von

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Mein Weg bist du

Meine Mutter starb bei meiner Geburt. Mein Vater verunglückte, noch bevor ich geboren wurde. Die Göttin des Waldes hat sie beide zu sich gerufen ... Darum lebe ich bei der Miko, die unser Dorf beschützt. Sie bildet mich aus, damit ich eines Tages ihren Platz einnehmen kann. Das Dorf liegt versteckt in einem kleinen Tal zwischen zwei Hügeln jenseits des Gebirges, welches die Grenze zum Reich der Mitte markiert.

Wenn ich nicht gerade von Tsunade über Heilkräuter, Religion oder das Bogenschießen belehrt werde, verbringe ich meine Zeit mit Streifzügen durch die Wälder. Dabei begleitet mich stets meine treue Gefährtin. Yui ... ist eine Wölfin. Ich habe sie als Neugeborenes im Wald gefunden. Sie hat dasselbe Schicksal erlitten wie ich ... Ihre Mutter ist auch tot. Genauso wie Tsunade mich aufgenommen hat, habe ich mich Yui angenommen und ihr einen Namen gegeben.

Apropos Name – ich heiße Tenten. Tenten Ama. Denn das war der Name meiner Mutter ...
 

„Ich habe vor mein Reich zu vergrößern.“, erklärte mir der Kaiser bestimmt, „Du wirst diese Vergrößerung einleiten. Ich möchte, dass du dich mit einem Trupp in die Gebirgsregion begibst und das Land dahinter in meinem Namen besetzt.“

Ich nickte. Natürlich. Er war mein Kaiser, mein Herrscher. Und mein Onkel. Der Zwillingsbruder meines verstorbenen Vaters. Hiashi Hyuuga ... Ich dagegen war der Oberste Befehlshaber der kaiserlichen Armee. Nicht aus familiären Gründen; wir hatten keine wirkliche Beziehung zueinander. Ich folgte einfach nur seinem Befehl.

Nach einer tiefen Verbeugung kehrte ich in mein Quartier zurück. Ich kannte das Ziel und den Auftrag ... mehr nicht. Keine genauen Angaben über das Gelände, die Wetterbedingungen oder Nahrungsquellen. Ich hatte schon leichtere Aufträge gehabt, als diese Reise ins Unbekannte. Mit Shikamaru konnte ich mich auch nicht beraten; er hatte mit den Rebellen an der westlichen Grenze genug zu tun. Nicht, dass ich keine Lösung finden würde ... aber es hatte sich in der Vergangenheit gezeigt, dass wir sehr gut zusammenarbeiteten und sich unsere Strategien wunderbar ergänzten.

Unwillkürlich fragte ich mich, warum nicht er meine Position inne hatte. Wahrscheinlich nur aus dem einfachen Grund, weil er keinen Wert darauf legte. Im Gegensatz zu mir – ich hatte mich hart an die Spitze vorgekämpft.

Doch zurück zur Mission. In Anbetracht der vielen fehlenden Kenntnisse und der Aufgabe einen ganzen Landabschnitt in Besitz zu nehmen, brauchte ich ungefähr hundert Männer. Fünfzig Fußsoldaten, zwanzig Speerträger, dreißig Soldaten aus der Spezialeinheit – Kräuterkundige, Waldläufer, Sanitäter. Ich schrieb die Aufstellung fein säuberlich auf ein Blatt Papier. Fehlte noch die Position des Stellvertreters ... Es gab nur eine Person – von Shikamaru einmal abgesehen – die ich zu meiner rechten Hand ernennen würde, auch wenn das eine harte Probe für meine Nerven bedeutete. Ich fügte den Namen »Rock Lee« auf der Liste dazu.
 

Yui versteckte sich sehr gut. Sie kannte den Wald sogar noch besser als ich. Dafür konnte ich mich unauffälliger bewegen – ihre Pfotenabdrücke würden mich früher oder später direkt zu ihr führen und weil ich sie so gut kannte, landete ich mit einem einzigen Sprung punktgenau auf ihrem Rücken. Sie gab einen Laut von sich, den ich als ihr Lachen bezeichnete. Wir vertrauten einander blind. Sie wusste sofort, wohin ich wollte. Sie lief zwischen den Bäumen hindurch und über Steine hinweg. Ich schmiegte mich in ihr weiches Fell, während unter mir die Kraft ihrer Muskeln tobte.

„Ich hatte wieder diesen Traum ...“, flüsterte ich direkt neben ihrem Ohr.

Sie bellte, machte mir Vorwürfe. Ich hatte ihr versprochen mich nicht länger damit zu beschäftigen ... Seit Wochen träumte ich von einem gewundenen Weg. Und plötzlich erschien vor mir ein Pfeil, genau auf mein mein Herz gerichtet.

Ein erneutes Bellen riss mich aus meinen trüben Gedanken. Sie hatte ja Recht. Ich wusste selbst, dass es blödsinnig war immer und immer wieder darüber nachzudenken. Ein nahendes Unheil schwebte über mir ... Diesmal schnurrte Yui leicht. Ich streichelte sie dankbar zwischen den Ohren; Yui war bei mir – sie würde mir beistehen, was auch auf mich zukam.

Wir brachen aus dem Wald, standen auf der Klippe über dem Wasserfall. Ich lächelte ... dann sprangen wir gemeinsam hinab in die Tiefe. Der freie Fall war beruhigend und das kühle Nass, das mich umfing, weckte meine Lebensgeister. Ich griff nach Yuis Fell, schwamm mit ihr ans Ufer. Die Sonne schien warm auf uns herab. Ich lachte herzhaft. Es war alles so leicht in ihrer Nähe. Mit ihr im Wald fühlte ich mich unendlich frei ...

Tsunade war zwar sehr nett, aber manchmal lastete der ganze Druck zu stark auf mir. Es gab einfach niemanden im Dorf, der mir wirklich nahe stand. Ich hatte nur Yui. Sie war nicht nur meine Gefährtin, sondern auch Vertraute, Schwester, Tochter ... Wie auf Kommando stupste sie mich an, ihre eisblauen Augen funkelten liebevoll.

Diese Augen und ihr weißes Fell waren der Grund, warum ich sie »Yui« genannt hatte ... Ich erinnerte mich an eine kalte Winternacht. Allein war ich in der Dunkelheit durch den Schnee gestapft. Doch plötzlich war die Wolkendecke aufgebrochen und hatte den Blick auf einen klaren Sternenhimmel freigegeben. Ich war von dem strahlenden Vollmond überwältigt gewesen ...

Und als ich Yui zum ersten Mal begegnet war, hatte ich sofort gewusst, dass sie den Namen dieses Mondes tragen sollte.
 

Es hatten mehr Männer den beschwerlichen Weg durch das Gebirge überlebt, als ich vermutet hätte. Und nun standen wir staunend über dem Land, welches wir für unseren Kaiser einnehmen sollten. Täler, Berge, Wälder. Ich war wie in Trance ... so schön war der Anblick. Zusammen mit dem Nebel und der aufgehenden Sonne hatte dieser Ort et was Geheimnisvolles.

Nachdem wir gegen Mittag den Abstieg endlich hinter uns gebracht hatten, versammelte ich die Männer für eine Ansprache.

„Im Namen des Kaisers der 58. Dynastie Hiashi Hyuuga erhebe ich dieses Land bis zu seinen Grenzen zu einem Teil des Reichs der Mitte!“, rezitierte ich den von mir erwarteten Text, „Ich werde mir nun das Gebiet genauer anschauen. Während meiner Abwesenheit errichtet ihr das Lager.“

Die Männer salutierten. Lee sah im ersten Moment so aus, als wolle er noch etwas sagen, änderte dann jedoch seine Meinung.

Stattdessen brüllte er: „Vorwärts, Leute! Mit der Kraft der Jugend werden wir Neji nicht enttäuschen!“

Ich schüttelte leicht den Kopf. Ich hatte es befürchtet ... Er war wie immer nicht aufzuhalten.
 

Yui und ich hatten die Nacht im Wald verbracht. Das war nichts ungewöhnliches – um Tsunade zu beruhigen heulte sie dreimal kurz hintereinander, so wusste meine Ziehmutter Bescheid. An diesen Tagen schliefen wir bis weit nach Sonnenaufgang, kuschelten uns aneinander und genossen die fließenden Energien des Waldes. In solchen Nächten spürte ich die Gegenwart der Wald-Göttin umso deutlicher ...

Gegen Mittag schälten wir uns aus der Laubdecke und ich zupfte die Moosreste von unseren Körpern. Ich streckte mich genüsslich. Bis ich plötzlich ein Geräusch hörte. Kein gewöhnliches Geräusch ... Es waren Schritte. Fremde Schritte. So bewegte sich kein Dorfbewohner im Wald – besonders nicht, wenn ich bei Yui war. Sie akzeptierte zwar Tsunade in ihrer Nähe, weil ich sie die ersten Monate in unserer Hütte versorgt hatte, aber bei anderen Menschen reagierte sie überaus aggressiv. So zahm sie mir gegenüber auch war, Yui war und blieb ein Wolf. Das Knurren kam daher genauso schnell, wie ich es erwartet hatte. Die Lefzen gaben den Blick auf zwei Reihen spitzer, weißer Zähne frei.

„Yui ...“, flüsterte ich beruhigend, „Es ist alles gut. Ich bin da ... Uns droht keine Gefahr.“

Sie fixierte mich noch einige Sekunden lang, bevor sie ihren Widerstand fallen ließ. Ich seufzte erleichtert ... richtete meine Aufmerksamkeit innerlich aber bereits wieder auf den Fremden.

„Ich werde nachsehen.“, erklärte ich, ohne mich von Yui anzuwenden.

Sie wirkte angespannt, deshalb lächelte ich und streichelte ihr kurz über das Fell. Danach nahm ich die Verfolgung auf.

Schon nach kurzer Zeit stellte sich heraus, dass es sich um einen Mann handelte. Wobei ... Mann war vielleicht etwas übertrieben; zumindest von hinten schien er nicht viel älter zu sein als ich, wenn überhaupt. Er trug eine leichte Lederrüstung, gut geeignet für längere Märsche. Aber wo kam er her, was wollte er hier? Außer uns lebte jenseits des Gebirges niemand. Bedeutete das etwa ... er stammte aus dem Reich der Mitte?!

Ich schlich von den Schatten der Bäume geschützt weiter. Er hatte mich anscheinend noch nicht bemerkt. Er rastete gerade an dem großen Fluss. Ich konnte nicht verstehen, was er sagte ... Ich war noch zu weit weg, also schlich ich mich noch näher heran. Und konnte zum ersten Mal einen wirklichen Blick auf sein Gesicht werfen. Blasse Augen ... Nicht milchig, wie bei einem Blinden, sondern klar wie die Wasseroberfläche im Schein der Sonne. Ich war so gefesselt, dass ich mich nicht rühren konnte.
 

Ich wurde verfolgt. Von wem ... oder was konnte ich nicht sagen, noch nicht. Shikamaru hatte einmal gesagt, auch wenn er selbst es nicht wisse, so könne aus dem Jäger doch sehr schnell der Gejagte werden. Ich wandte mich weiter nach Norden, dort war der Nebel noch nicht abgezogen – das undurchdringliche Weiß verschlang mich, mich und meine Spuren. Ich kauerte mich hinter einen großen Fels und wartete ... Ich hatte nicht das leiseste Geräusch wahrgenommen, aber plötzlich erhaschte ich den Blick auf etwas Rotes. Ich wollte gerade aus meinen Versteck heraus, meinen Verfolger anspringen, als ...

Der Wind frischte mit einem Mal auf, wehte den Nebel davon. Ich starrte wie gebannt ... Vor mir stand ein Mädchen. Eine Miko in traditioneller Tempelkleidung. Sie war ruhig, ihre Augen ruhten ohne Furcht auf mir.

„Wer bist du?“, entfuhr es mir, ehe ich mich beherrschen konnte.

Wieder erfasste uns eine Windböe.

„Tenten.“, das Wort kam wie ein Flüstern, „Mein Name ist Tenten.“
 

„Wer bist du?“, fragte mich der Fremde in akzentfreiem Chinesisch.

Er stammte also wirklich aus dem Reich der Mitte, genau wie ich vermutet hatte. Mein erster Impuls war eine abwehrende Bemerkung zu machen, doch dann kam erneut ein kleiner Windstoß auf, der meine Meinung schlagartig änderte. Die Göttin des Waldes ...

„Tenten.“, hauchte ich überwältigt, „Mein Name ist Tenten.“

Zunächst überrascht, stellte er sich schließlich selbst vor: „Ich bin Neji Hyuuga. Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armee.“

„Und was willst du hier?“, gab ich schnippisch zurück.

Neji Hyuuga räusperte sich: „Der Kaiser wünschst dieses Gebiet zu seinem Land zu machen.“

Ein Schock fuhr durch meinen Körper. Der Mikado wollte WAS? Mein Atem ging schneller. Das durfte nicht geschehen! Er hatte uns so lange in Ruhe gelassen, warum ausgerechnet jetzt?! Ich wirbelte herum und lief los. Ich musste Tsunade informieren!

Gerade als ich am Ufer des Teichs angekommen war, schloss sich eine Hand um meinen Arm.
 

Wir saßen unter dem Kirschblütenbaum. Lange würde sie nicht mehr in Blüte stehen.

„Wie nennt ihr diese Bäume?“, wollte Neji Hyuuga als nächstes wissen.

Ich fing ein einzelnes Blütenblatt mit der Hand, bevor ich antwortete: „Sakura ... Für gewöhnlich spricht mein Volk die Sprache der Insel, nicht die des Kontinents.“

Er schaute mich überrascht an. Doch ein mir sehr bekanntes Geräusch ließ ihn herumfahren – Yuis Knurren. Meine Gefährtin kam mit aufgestellten Ohren und gefletschten Zähnen auf uns zu.

„Halt!“, rief ich an beide gerichtet, denn Neji Hyuuga hatte einen Dolch gezogen.

Yui blieb stehen, unsere Blicke waren wie ineinander verhakt.

„Du musst ihn nicht angreifen. Yui ... Ich verspreche es dir, er wird dir nichts tun.“ redete ich beruhigend auf sie ein, „Und du, Neji Hyuuga, solltest lernen dich deiner Umgebung anzupassen.“

Ich drehte mich mit ausgebreiteten Armen auf der Stelle und die Worte kamen mir einfach über die Lippen: „Denn jeder Stein und Baum und jedes Wesen hat sein Leben, seine Seele, seinen Stolz ... Doch folge nur den Spuren eines Fremden, dann verstehst du und du lernst noch was dazu! Kannst du hören, wie der Wolf heult unterm Silbermond? Und weißt du auch, warum der Luchs so grinst? Kannst du singen, wie die Stimmen in den Bergen? Kannst du malen, wie das Farbenspiel des Winds? Renn´ im Schattenlicht der Wälder, probier´ die süßen Beeren dieser Welt, wälze dich in ihrer reichen Vielfalt und du merkst, dass im Leben dir nichts fehlt. Der Wald und der Fluss sind meine Brüder, all die Tiere mein Geleit und jeder dreht sich mit und ist verbunden ... mit dem Sonnenrad, dem Ring der Ewigkeit! Und vergessen sind die Wölfe und der Silbermond und dass wir alle ebenbürtig sind ... Wir müssen singen, wie die Stimmen in den Bergen! Müssen malen, wie das Farbenspiel des Winds! Fremde Erde ist nur fremd, wenn der Fremde sie nicht kennt ...“
 

Sie sang. Ihre Stimme erzählte von den Wundern des Waldes und wie die Menschen mit der Natur umgehen solltet und ich konnte alles bildhaft vor meinen Augen sehen ... Meine Füße bewegten sich ohne mein Zutun und als Tenten endete, standen wir uns genau gegenüber, nur wenige Zentimeter Luft zwischen uns.

„Ich muss gehen ...“, flüsterte Tenten kaum hörbar gegen meine Lippen.

Ich schluckte: „Wann kann ich dich wiedersehen?“

Sie wich meinem Blick aus und antwortete nach langem Schweigen: „Ich weiß es nicht ...“

Kaum waren ihre Worte verklungen, sprang sie auf den Rücken der Wölfin. Schneller als ich ihnen mit den Augen folgen konnte, waren sie zwischen den Bäumen verschwunden.
 

Im Dorf erwarteten mich zwei grauenvolle Nachrichten. Tsunade wusste bereits von den Eindringlingen – es hatte einen Kampf gegeben, bei dem mehrere Dorfbewohner verletzt wurden; das allein schockte mich bereits. Aber ich wusste nicht, ob mich die andere Sache nicht noch mehr traf ... Man hatte bei Tsunade um meine Hand angehalten! Genauer gesagt, Kiba hatte es getan.

„Du weißt, wie wundervoll er mit Tieren umgehen kann. Und sicher wird er auch mit Yui zurecht kommen.“, hatte sie mir vorgeschwärmt.

Nur dass da etwas völlig falsch lief – ich wollte Kiba nicht heiraten! Und meine Verbundenheit mit Yui ging niemanden etwas an!

Still schweigend ging ich an die Hausarbeit und dachte über Neji Hyuuga nach.

Es dämmerte schon, als angesprochen wurde, sodass ich regelrecht zusammenfuhr: „Hallo, meine Schöne. So in Gedanken? Worüber denkst du nach? Vielleicht über unsere-“

„Über unsere verletzten Freunde und die Fremden!“, unterbrach ich ihn barsch.

Ein selbstsicheres Grinsen zierte sein Gesicht, als er erwiderte: „Wie auch immer ... nach unserer Hochzeit wirst du nur noch an mich denken.“

Großkotz! Aber was hatte ich von Kiba auch anderes erwartet? Ich ließ alles stehen und liegen und rannte regelrecht aus dem Dorf hinaus. Hinein in den Wald – meine Zufluchtsstätte. Ich suchte nicht nach Yui. Sicher würde mir ihr warmes Fell und das beruhigende Schnurren Trost bringen, aber ich hatte einen anderen Ort im Sinn.

Nach dem schnellen Lauf durch das Dickicht war selbst ich außer Atem. Ich lehnte mich gegen den Stamm des Baumes. Die Rinde drückte sich in meinen Rücken; es tat nicht weh, es war ein angenehmes Gefühl. Um die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken, biss ich mir auf die Unterlippe; es half nichts, keine zwei Sekunden später war mein Gesicht tränennass.

„Tenten!“, schallte mein Name durch das Gehölz.

Ich duckte mich, machte mich klein. Ich wollte nicht gefunden werden. Von nichts und niemandem ... Zumindest dachte ich das.

Denn derjenige, der mir schließlich eine Hand auf die Schulter legte und an dessen Brust ich mich ausweinte, war kein anderer als Neji Hyuuga. Er fragte nicht nach dem Grund für meine Tränen und ich verspürte nicht die geringste Lust ihm davon zu erzählen.

„Warum bist du hier?“, wollte ich stattdessen von ihm wissen.

Er schien erst darüber nachdenken zu müssen, bevor er irgendwann antwortete: „Weil wir uns hier getroffen haben.“

Ich holte hörbar Luft.

„Ich auch ...“, sagte ich, wobei meine Stimme so leise war, dass ich mich selbst kaum verstand.

Neji Hyuuga jedenfalls hatte mich genau verstanden. Ich konnte es ihm ansehen. Und schon im nächsten Augenblick lag ich in seinen Armen.

Während er mich so festhielt, flüsterte er direkt neben meinem Ohr: „Ich wollte dich wiedersehen ... Deshalb bin ich hierher gekommen.“

Neue Tränen schossen mir in die Augen. Verdammt! Seit wann weinte ich denn vor anderen? Ich wollte doch keine Schwäche zeigen, niemals ... All die mitleidigen Blicke der Dorfbewohner; sogar Tsunade bildete und duldete mich nur, weil ich sonst niemanden hatte und sie sich als Miko verantwortlich fühlte. Warum also ausgerechnet bei Neji Hyuuga?! Er war ein Fremder ... mehr oder weniger. Da war auch gleichzeitig eine Vertrautheit, welche ich nur bei Yui wahrnahm.

„Ich habe den Befehl, deine Leute anzugreifen, nicht gegeben.“, brach er auf einmal unser Schweigen.

Überrascht starrte ich vor mich hin. Das hatte ich beinahe vergessen. Neji Hyuuga war nicht einfach irgendwer, er handelte auf Befehl des Kaisers.

„Trotzdem waren es meine Männer ... Das tut mir Leid.“, meinte er mit ehrlichem Unterton.

Ich rückte ein Stück von ihm ab und fragte: „Aber wie verhindern wir weitere Auseinandersetzungen? Vielleicht solltest du mit Tsunade sprechen ... Sie ist so etwas wie unser Oberhaupt.“

„Glaubst du das hat einen Sinn?“, erwiderte er skeptisch.

Meine Antwort blieb aus, als der Wind uns auf sehr bekannte Weise erfasste.

Die Stimme kam von überall um uns herum: „Wer Mut zeigt, wird auch etwas bewirken ... Ich dulde kein unschuldiges Blutvergießen mehr in meinem Reich. Begreift ihr das denn nicht? Solange sie kämpfen, könnt ihr nicht zusammen sein ...“

Ich sank zu Boden, alle Kraft war aus meinem Körper gewichen. Zum ersten Mal ... hatte ich ihre Stimme so überdeutlich vernommen. Nicht nur ein einen Hauch oder ein Flüstern.

„Die Göttin des Waldes hat zu uns gesprochen ...“, kam es mir leise über die Lippen.

Neji Hyuuga sah mich nicht an, doch ich konnte ihn dennoch hören: „In Ordnung. Ich rede mit ihr.“

Hoffnung und Glück schossen durch meine Glieder, zogen mich vom Boden hoch. Diesmal war ich diejenige, die Neji um den Hals fiel. Ich merkte sofort, dass etwas anders war »Solange sie kämpfen, könnt ihr nicht zusammen sein ...«, hatte die Wald-Göttin gesagt. Und nun wusste ich erst, genau das war es, was ich wollte ... Ich hatte meine Augen geschlossen, noch bevor ich den Druck auf meinen Lippen spürte. Ganz am Rande nahm ich den Wind wahr, der um uns herum wirbelte. Ich ließ mich fallen, vertraute auf seine starke Arme.

Ein wilder Kampfschrei erklang. Jemand riss Neji mit Gewalt von mir, stieß mich zu Boden. Es dauerte einige Sekunden bevor ich die neue Situation verarbeitet hatte. Neji lag auf dem Rücken und wehrte sich mit aller Kraft gegen seinen Angreifer. Ein stummer Schrei blieb mir in der Kehle stecken – Kiba!
 

Zum ersten Mal in meinem Leben dachte ich nicht an die Folgen meines Tuns. Ich küsste Tenten ... weil ich mich in sie verliebt hatte. Ja, ich gab es zu. Zu oft hatte ich meine Gefühle ignorieren müssen. Diesmal nicht ...

Doch der Kuss wurde jäh unterbrochen. Ein Schrei erklang und jemand packte mich von hinten, riss mich zu Boden. Wer auch immer er war, seine Kraft war unglaublich. Wir wälzten uns über den Boden, bis ich auf den Boden gedrückt wurde und mich vergebens versuchte zu wehren, konnte ich dafür meinen Angreifer genauer in Augenschein nehmen. Ein braunes Haar stand wirr in alle Richtungen ab, seine Augen erinnerten an die einer Katze und auf seinen Wangen prangten rote Male. Wir rangen weiter miteinander.

„Kiba, lass ihn in Ruhe!“, schrie Tenten und erschien kurz in meinem Blickfeld, aber er stieß sie von uns.

Wut stieg in mir auf. Ich bäumte mich auf, befreite eine Hand aus seinem eisernen Griff und schlug ihm ins Gesicht. Er landete gut einen halben Meter von mir entfernt. Ich wollte nicht darauf warten, dass er sich erholte. Nur kam mir jemand zuvor. Ein Schatten löste sich zwischen den Bäumen. Im ersten Moment erkannte ich nur einen Wirbel aus grün und schwarz, dann wusste ich, wer es war – Lee! Bevor ich ihn warnen konnte, versetzte er Kiba einen Tritt. Von der Wucht des Aufpralls taumelte er nach hinten und fiel mit dem Hinterkopf auf einen großen Gesteinsbrocken. Regungslos blieb er liegen. Tenten wollte sich auf Lee stürzen, ich konnte sie gerade noch mit Mühe festhalten, während ich versuchte sie zu beruhigen.

„Du hast ihn umgebracht!“, warf sie ihm vor.

Lee konnte sich nicht rühren. Der Wald war mit einem Mal erfüllt von unterschiedlichen Stimmen; die Dorfbewohner waren diesem Kiba also gefolgt!

Schnell wandte ich mich an meinen Kameraden: „Lee, verschwinde!“

Er starrte mich entsetzt an. In seinem Innern rang er damit, ob er meinen Befehl befolgen sollte oder unserer Freundschaft wegen bei mir blieb. Ich schüttelte den Kopf und er begann zu rennen.

Nur kurze Zeit später wurde ich von einer Handvoll überwältigt, gefesselt und von Tenten weggeschleppt.
 

Wütend wäre noch untertrieben gewesen – Tsunade raste, als die Dorfbewohner Kiba hereintrugen ... Und als sie Neji sah, richtete sie ihren Zorn gegen ihn. Frei nach dem Sprichwort »Auge um Auge, Zahn um Zahn« wollte sie als Ausgleich ein Leben, sein Leben. Neji wurde zum Tode verurteilt. Man brachte ihn bis zum Morgengrauen in ein leerstehendes Haus, welches bislang meist als Quarantäne-Station benutzt wurde, nun war es eine Zelle.

Ich wollte weinen. Aber die Tränen kamen nicht. Ich war wie ... betäubt. War das wirklich alles passiert oder hatte ich nur geträumt? Ich wusste es nicht mehr. Dazu müsste ich ihm in die Augen sehen können ... mich vergewissern, dass da wirklich etwas zwischen uns gewesen war.

Darum schlich ich nach Einbruch der Nacht auf die Rückseite des Hauses und öffnete geräuschlos die Hintertür, damit mich die Männer, welche Tsunade als Wachen aufgestellt hatte, nicht bemerkten.

Neji saß mit dem Rücken zu mir. Seine Hände waren hinter ihm zusammengebunden. Ansonsten schien er unverletzt zu sein. Ich ging leise zu ihm, hob sein Kinn an und schaute in seine hellen Augen. Überraschung zeichnete sich darin ab und er flüsterte meinen Namen.

„Gomenasai ... Es tut mir so leid.“, sagte ich verzweifelt, „Wären wir uns doch nie begegnet ...“

Er berührte meine Wange mit seinem Gesicht und antwortete: „Tenten, lieber sterbe ich morgen, als hundert Jahre zu leben ohne dich zu kennen.“

Kein Wort kam mehr über meine Lippen. Meine Stimme war wie weggeblasen. Ich konnte ihn nur ansehen und unseren Schmerz spüren. Es war nicht länger die Leere, die mich gefangen hielt ... sondern die Hoffnungslosigkeit. Neji würde sterben, durch die Hand der Person, die mich aufgezogen hatte. Sollte ich sie deshalb hassen? Ich wusste es nicht.

Da beugte Neji seinen Kopf ein Stück vor und küsste mich.

„Wenigstens ein letztes Mal ...“, lächelte er beinahe entschuldigend.

Meine Hand streichelte über seine Wange. Meine Beine erhoben sich wie von selbst und trugen mich von ihm weg. Hinaus aus seiner Zelle ... raus aus dem Dorf und geradewegs hinein in den Wald.
 

Es war Yui gewesen, die mich gefunden hatte. Ich war zunächst nicht sicher gewesen, ob ich sie in meiner Nähe haben wollte, ob ich überhaupt jemanden ertragen konnte. Aber natürlich half es sie bei mir zu haben. Es gab niemanden, der mir näherstand, als sie ... Beziehungsweise der mich besser kannte. Denn Neji war mir auf andere Weise genauso wichtig. Ich liebte sie beide.

„Wenn die Sonne aufgeht, werden sie ihn töten ... und es ist meine Schuld.“, erzählte ich Yui zum wiederholten Male.

Sie winselte, legte den Kopf auf meinen Schoß.

„Ich kann nichts dagegen tun. Ich bin verloren ...“, antwortete ich und senkte den Kopf.

Ich bemerkte den Wind erst, als die Stimme der Göttin zu mir sprach: „Erinnerst du dich an den Pfeil aus deinen Träumen? Er zeigte genau auf dein Herz ...“

Mein Herz ... schmerzte, so als hätte mich tatsächlich ein Pfeil durchbohrt. War es vielleicht genau das, was die Göttin mir sagen wollte? Hatte der Pfeil gar nicht von einem bevorstehenden Unheil gekündet, sondern von meiner Liebe zu Neji? Ich stand auf, schaute nach Osten.

„Die Sonne geht auf ...“, hauchte ich erschrocken.

Doch die Göttin des Waldes machte mir neuen Mut: „Es ist noch nicht zu spät, Kind ... Lass dich von den Geistern der Erde leiten! Du kennst deinen Weg, folge ihm!“

Mein Weg würde mich zu Neji führen. Das hatte er die ganze Zeit getan ... Mehr noch. Neji war der Weg, den ich gehen wollte! Ich musste dringend etwas tun, irgendwie musste ich Nejis Hinrichtung verhindern.

„Wasser, lass mich schneller geh´n. Wälder, lasst mich mutig sein. Oh, Himmel, hör´ mein Fleh´n, sonst treff´ ich zu spät dort ein!“, rief ich die Geister an, während ich der Sonne entgegen rannte.

Auf einer Felsenzunge stand das versammelte Dorf. Jeder hielt einen gespannten Bogen und einen angelegten Pfeil in der Hand. Sie zielten auf die Männer, die unter uns mit Schwertern standen. Zu ihnen gehörte auch derjenige, der Kiba getötet hatte; das waren demnach Nejis Männer.

Neji selbst kauerte gefesselt am Boden. Tsunade richtete den todbringenden Pfeil genau auf seine Brust. Sie war eine geniale Schützin, niemals im Leben würde ihr Schuss verfehlen. Tsunade spannte die Sehne noch weiter, machte sie bereit.

„NEIN!“, schrie ich aus voller Kehle und stellte mich schützend vor ihn, „Wenn du ihn töten willst, musst du zuerst mich töten!“

Tsunade starrte mich wütend an, während sie donnerte: „Tenten, tritt beiseite!“

„Niemals! Ich liebe ihn ...“, erklärte ich ihr sehnsüchtig und mein Blick wanderte umher, „Sieh dich doch um, dann erkennst du wohin uns der Weg des Hasses geführt hat. Er ist der Weg, den ich gewählt habe. Welchem Weg wirst du folgen?“

Schweigen lag über uns. Die Göttin des Waldes schickte ihren Wind, der Tsunade umfing. Ihr Blick wurde weich, verblüfft. Sie bete schon ihr ganzes Leben lang zu der Göttin, aber ich wusste, es war das erste Mal für sie, dass sie ihre Gegenwart wahrhaftig spürte.

Meine Ziehmutter steckte den Pfeil zurück in den Köcher und sagte: „Wir sind hergekommen mit Zorn in unseren Herzen, aber meine Tochter ist gekommen mit unglaublichem Mut ... Lasst ihn frei.“

Jemand schnitt die Fessel von Nejis Händen. Erleichtert fiel ich ihm um den Hals und er drückte mich fest an sich.
 

Seit Tsunade mich zur Miko ausbilden wollte, habe ich mich gefragt, was das Leben wohl für mich bereithalten würde. Schon damals habe ich damit gerechnet, dass sie mir irgendwann einen der jungen Männer aus dem Dorf als meinen Mann vorschlagen würde ...

Aber ich wollte stets meinen eigenen Weg gehen ... Auch wenn das nicht immer leicht war. Im Wald konnte ich die Kraft spüren, die dazu nötig war. Ich vertraute darauf ... glaubte, dass ich irgendwann etwas Großes vollbringen würde.

Erst in den vergangenen Tagen habe ich gelernt, dass jeder neue Tag so viel bringt. Jeder Augenblick ist kostbar – meine Zeit mit Yui und Neji ganz besonders. Weil ich mich für sie entschieden habe. Ja, ich hätte den leichten Weg gehen und Kiba zum Mann nehmen können ... Nur wäre damit mein Traum bedeutungslos geworden. Er war nicht derjenige, von dem der Pfeil gesprochen hat. Er ist nicht der Weg, den ich gehen möchte ... Auch in Zukunft will ich an Nejis Seite sein, egal wie schwer es werden wird.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  yugi-san
2019-03-25T20:40:42+00:00 25.03.2019 21:40
Ein etwas später Kommentar, wenn man das upload- Datum der anderen sieht^^"
Dennoch wollte ich ihn verfassen und dir danken, dass du diesen tollen OS mit uns geteilt hast - ich finde das Pocahontas Motiv bei Tenten echt gut und sehr stimmig mit ihrem Charakter *__*
Deine Geschichte ist spannend, besonders gefällt mir der Wechsel zwischen den Sichtweisen der Personen und die Symboliken, welche du verwendest.

LG

Antwort von:  Ami_Mercury
25.03.2019 21:50
Oh, das rührt mich voll, dass meine Storys immer noch begeistern - vielen, vielen Dank!!
Von:  Feuerblut
2014-03-11T12:41:45+00:00 11.03.2014 13:41
Ich fand die Geschichte toll, vor allem weil du mein Lieblingslied vom Film eingebaut hast :-)
Und die Wölfin... Yui... Avatar lässt grüßen :-P
Antwort von:  Ami_Mercury
11.03.2014 15:08
Mir hat Yue von CCS auch schon immer gefallen und Yui ist ja die weibliche Form, von daher^^
Von:  Rozarindo
2013-12-09T17:54:04+00:00 09.12.2013 18:54
Ich fang mal mit der Kritik an :)
Dass der Anfang in der Gegenwart geschrieben wurde, gefällt mir ehrlich gesagt nicht so gut, irgendwie passt die Zeitform nicht zum Rest. Und das sie einen Wolf als Gefährtin hatte...um ehrlich zu sein, lese ich diese Wolfs- (wahlweise auch Drachen-)nummer viel zu häufig, zumal ein Wolf meiner Meinung nach auch nicht sonderlich passend für Tenten ist. Auch, dass der
Wolf einen Namen in Verbindung mit dem Mond bekommen hat, finde ich ehrlich gesagt nicht sonderlich originell. Wölfe werden schon immer mit dem Mond in Verbindung gebracht, daher muss man nicht noch unbedingt einen solchen Namen vergeben. Lange Rede kurzer Sinn: Die Wolfs-/Mondnummer ist einfach zu überzogen.
Ansonsten hat du wieder eine schöne Gesichte gezaubert. Bei dem Satz: "Und plötzlich erschien vor mir ein Pfeil, genau auf mein mein Herz gerichtet.", da muss einmal das "mein" weg ;D
Die Rolle der Pocahontas passt sehr gut zu Tenten. Auch Nejis Rolle des Hauptmanns und Kibas Rolle des potentiellen (zumindest aus Tsunades Sicht)Ehemanns hast du sehr gut vermittelt.
Mir gefiel besonders gut die Stelle, an der sich Kiba auf Neji gestürzt hat.

Antwort von:  Ami_Mercury
09.12.2013 19:20
Den Wolf als tierischen Gefährten hab ich wegen dem Lied "Farbenspiel des Winds" gewählt - genauer gesagt wegen der Zeile >>Kannst du hören, wie der Wolf heult unterm Silbermond?<<. Und da ich die Storys in erster Linie für mich schreibe ...

Ansonsten ja, mir gefällt auch die Szene zwischen Neji und Kiba. Kam ganz zufällig auf ihn, weil ich bei der Cover-Suche auf das Pairing KibaXTenten gestoßen bin, was ich persönlich so ... unrealistisch fand, dass es für meine FF schon wieder genial war^^


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