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Einfach Furuichi

von

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Einfach Furuichi

„Da bist du ja wieder, Takayuki!“

Furuichi pfeffert die Schuhe in die Ecke und schlüpft in seine Pantoffeln. „Jaha, Mama.“

„Wie war es in der Schule?“

Na, wie schon? Ich gehe auf die Ishiyama High, Mama, weißt du noch? Alles nur Schläger, Kleinkriminelle und zukünftige Yakuza-Bosse, und ich mittendrin. Aber das muss dich nicht interessieren, es ist mein Leben, und ich habe es voll im Griff.

„Gut, Mama. Wie immer.“

„Dein Freund wartet schon in deinem Zimmer auf dich.“

Er merkt auf. „Oga ist hier?“

Was will er jetzt schon wieder? Ich musste mich doch schon den ganzen Schultag mit ihm und seinem Baby herumschlagen! Und dass sie mich an keiner anständigen Schule nehmen wollten und ich auf die Ishiyama musste, ist doch auch irgendwie seine Schuld.

„Nein. Der ... große Herr mit dem Schnauzbart.“

Ein muskelbepackter, notgeiler Dimensionaltransferdämon namens Alaindelon. Mit Schnauzbart.

„Er ist nicht mein Freund, Mama!“, blafft Furuichi sie an.

Seine Mutter streckt den Kopf aus der Tür zur Küche. „Nicht? Aber ich dachte ... Du meine Güte, Takayuki, was ist mit deinen Kleidern passiert?“

Er wirft die mit Schlamm beschmierte Jacke über die Garderobe. „Nichts.“

Seine Mutter überlegt kurz. „Bist du wieder hingefallen?“

Ich bin fünfzehn und nicht fünf. Begreif wenigstens das endlich.

„Es ist nichts passiert, sag ich doch.“

„Ich habe das Abendessen gleich fertig. Ziehst du dich vorher noch um?“

„Jaha, Mama.“

Ohne ein weiteres Wort verschwindet sie wieder in der Küche.
 

Oben in Furuichis Zimmer kniet Alaindelon vor dem Bett, ein fast zwei Meter großer Hüne mit dem Benehmen eines Schulmädchens.

„Willkommen zurück, Takayuki.“

Furuichi schließt die Tür hinter sich. „Ich habe dir nie erlaubt, mich beim Vornamen zu nennen! Nie! Wie heiße ich?“

Alaindelon schlägt errötend die Augen nieder. „Furuichi-dono.“

„Auch nicht dono, verdammt! Einfach Furuichi!“

Er wirft seine Schultasche auf den Schreibtisch, zieht die Bücher heraus und lässt sie daneben fallen. Mach Lärm. Lärm Lärm Lärm.

„Ist alles in Ordnung?“, fragt Alaindelon besorgt.

„Nein.“

Furuichi strubbelt sich durch die Haare, streicht sie wieder glatt, sucht den Kugelschreiber aus der Schultasche, knallt ihn neben die Bücher.

„Ich hatte einen Scheißtag.“

„Was ist denn passiert?“

„Musst du nicht wissen.“

Er wirft einen widerwilligen Blick auf Alaindelon, der ihn besorgt beobachtet.

„Es war nichts Besonderes. Passiert ja jeden Tag.“

Er schlägt das Mathebuch auf der Seite mit dem Eselsohr auf und sucht nach seinem Heft.

„Jeden Tag.“

Das Heft klatscht neben das Buch.

„Jeden verdammten Tag.“

„Furuichi-dono?“

„Nicht dono, habe ich gesagt!“

Er knipst die Schreibtischlampe an, und die Worte sprudeln geradezu aus ihm hervor.

„Ich bin an der Sporthalle vorbei gelaufen, an der Seite, wo die Mädchenumkleiden sind. Da streichen sie gerade die Wand neu, die Anstreicher hatten eine Leiter stehen lassen. Mir nichts, dir nichts kommen ein paar Zweitklässler vorbei gerannt, weiß der Himmel, was die wieder ausgefressen hatten. Und einer schubst mich um, hat mir noch eine Entschuldigung zugebrüllt und war wieder weg. Ishiyama High eben. Ich stolpere gegen die Leiter, die fällt um, wir landen beide im Matsch. Jacke, Hose, alles voller Dreck. Ich bin gerade dabei, mich wieder aufzurappeln, da kommen ein paar Mädchen von den Red Tails vorbei. Gucken mich nur an. Ich gucke zurück. Das Fenster zu den Mädchenumkleiden. Die Leiter. Mein erster Gedanke war, jap, sieht nach einer erdrückenden Beweislast aus. Mein zweiter war, warum bist du nicht früher auf diese Idee gekommen?

„Haben sie etwas gesagt?“, fragt Alaindelon.

„Die Mädchen? Sie haben mich missbilligend angesehen und irgendetwas getuschelt wie geschieht ihm recht, und dann sind sie weiter gelaufen. Eine von ihnen, die Blonde, hat mich kurz angesehen und gesagt, Perversling.“

„Und was hast du getan?“

Furuichi öffnet den Mund, weiß aber nicht, was er antworten soll. Gegrinst, wie immer. Es irgendwie überspielt, als wäre es egal. Vielleicht habe ich auch protestiert, ich weiß es nicht einmal mehr. Es macht doch keinen Unterschied. Ob Aussitzen die richtige Strategie ist?

„Ich habe die Schnauze voll“, bringt er hervor. „Ich komme mir langsam vor wie eine Scheiß-Witzfigur in einem Scheiß-Shounen-Manga, die nur da ist, damit alle anderen ihre Scheiß-Witze über sie machen können.“

„Furuichi-dono!“, haucht Alaindelon schockiert.

Nicht Furuichi-dono, ist das denn so schwierig? Einfach Furuichi!“

„Takayuki.“

Es klopf an der Tür, und die Stimme seiner jüngeren Schwester Honoka erklingt. „Komm runter, es gibt Essen.“

„Ich kann gerade nicht!“, faucht Furuichi. „Muss Hausaufgaben machen!“

„Schrei mich nicht an“, nörgelt Honoka. „Dann sag ich Mama eben, du kommst nach.“

Ihre Schritte entfernen sich draußen auf dem Flur. Furuichi starrt die Tür an.

„Aber ...“, sagt Alaindelon hinter ihm.

Was?“

„Die Ishiyama High wurde doch zerstört.“

Furuichi fährt sich durch die Haare. „Dummkopf. Ishiyama ist kein Gebäude oder ein Name – es sind die Menschen. Und die schlimmsten Rowdys haben sie auch an der Übergangsschule wieder in meine Klasse gesteckt. Sie sind Ishiyama. Sie sind diejenigen, die mich als Perversling bezeichnen, als gruslig und eklig und ... weißt du, was das Schlimmste ist? Lolicon Furuichi. Dabei war das mit Lamia ein Versehen! Es war nicht das, wonach es aussah, das hat selbst sie gesagt! Lamia ist die Einzige, die freiwillig Zeit mit mir verbringt, und ich kann mich nicht mehr mit ihr sehen lassen, ohne verabscheut zu werden.“

Sein Lachen klingt selbst in seinen Ohren hysterisch.

„Ich heiße Furuichi. Einfach Furuichi! Aber die Mädchen wollen es nicht kapieren. Sie verachten mich zu sehr. Und die Jungs sind doch auch nicht besser! Was glaubst du, was ich mir von Kanzaki und Himekawa erst für blöde Sprüche anhören kann? An einer Schule wie der Ishiyama High ist Stärke alles. Es zählt nicht, ob du Köpfchen hast. Es zählt, wie viele Drittklässlern du gleichzeitig vermöbeln kannst. Und das kann ich nicht. Das kann ich nicht! Ich bin kein Schläger und kein Gangster! Oga ist der einzige verdammte Grund, aus dem ich auf diese Schule gehe!“

Alaindelon blinzelt ihn an.

„Ich zeige es ihnen!“, heult Furuichi. „Irgendwann zeige ich es ihnen allen!“

Alaindelon greift nach seinen Schultern, und er wird von zwei kräftigen Armen an eine sehr breite Brust gedrückt. Furuichi hatte vergessen, wie warm eine Umarmung ist.

„Lass mich los“, murmelt er, und nachdem er es gesagt hat, schließt er die Augen und genießt die Wärme.

„Eines Tages bin ich der Chef. Alle werden beiseite gehen, wenn ich den Flur hinunter komme, und ehrfürchtig hinter meinem Rücken tuscheln, aber so, dass ich es hören kann. Das ist Furuichi Takayuki, der große Furuichi. Hast du schon gehört, dass er letzte Woche das gesamte Karateteam der Saint Ishiyama platt gemacht hat? Nein, was du nicht sagst! Furuichi ist ein gnadenloser Killer. Tu bloß nichts, was ihn wütend macht.

Alaindelon tätschelt mitfühlend seinen Hinterkopf.

Furuichi-san, bitte nimm uns in deine Gang auf! Mami, wenn ich groß bin, will ich auch so sein wie Furuichi! Furuichi-san, wir machen heute einen Mädelsabend und haben uns gefragt, ob du nicht auch kommen möchtest. Nichts Besonderes, nur ein paar Freundinnen und ich. Wir werden alle enge Tops und knappe Höschen tragen und uns mit Kissen bewerfen und lachen. Und lachen.

Seine Stimme hat immer mehr zu beben begonnen, er weiß nicht, ob Alaindelon ihn überhaupt noch versteht.

Bitte, kommst du auch? Ich möchte, dass du Champagner aus meinem Bauchnabel trinkst. Oh, bitte! Nein, werde ich sagen und ihren Rücken tätscheln, oder vielleicht doch ihren Po, tut mir leid, mein Kätzchen. Ich bin für heute Abend schon mit Hilda verabredet. Sie will mir ihren neuesten Badeanzug aus der Dämonenwelt vorführen.“

Irgendwann muss er vor Erschöpfung gähnen und weiß, dass das Schlimmste vorbei ist. Mühsam schiebt er Alaindelons massige Arme beiseite und atmet tief durch. Er hat geweint, wie ein kleines Kind, aber zum Schämen ist er zu müde. Die Haare kleben ihm in der Stirn, sein Gesicht ist heiß und nass.

„Hast du ... vielleicht ein Taschentuch?“

Er bringt nicht einmal genug Energie auf, um sich über Alaindelons hektische Ehrerbietung aufzuregen.

„Hier, Taka... ich meine, Furuichi-do... ich meine, hier sind welche!“

Er holt ein Paket Taschentücher vom Schreibtisch und bietet es mit einer Verbeugung dar. Furuichi lächelt schwach und greift danach. Als sein Blick auf die Verpackung fällt, erinnert er sich wieder, wo diese Taschentücher herkommen.

„Die sind aus der Dämonenwelt.“

„Tatsächlich?“

„Das sind die, die ich bekommen habe, als ...“

Er bricht ab. Ein weiteres Abenteuer, in das Oga ihn hinein gezogen hat.

„Die hebe ich lieber auf“, murmelt er und schiebt die Packung in die Tasche. „Man weiß ja nie, wozu man Dämonentaschentücher brauchen kann.“

Er streckt sich und bemerkt, dass sein Kopf schwer ist. Vielleicht vom Weinen. Oder ich bekomme eine Erkältung. Auch das noch. Obwohl – wenn ich krank bin, sind sie in der Schule vielleicht ein bisschen netter zu mir. Wenigstens ein bisschen.

Etwas klopft gegen das Fenster. Verblüfft hebt Furuichi den Kopf und zuckt zusammen, als er draußen einen riesigen vogelartigen Dämon erkennt. Hilda hält seine Zügel in der Hand, und Oga sitzt hinten, Baby Beel auf dem Schoß.

„Was macht ihr hier?“, fragt Furuichi, nachdem er das Fenster hastig geöffnet hat. „Sag mir nicht, die Dämonen planen mal wieder eine Invasion oder so!“

„Wie kommst du darauf?“, fragt Hilda trocken. „Der Meister kann nicht einschlafen, deshalb machen wir einen abendlichen Spazierflug. Hast du Lust, mitzukommen?“

Furuichi runzelt die Stirn. Unten warten sie immer noch mit dem Abendessen auf ihn.

„Komm schon, Furuichi“, sagt Oga und lässt Baby Beel auf seinem Schoß hüpfen. „Spazierflüge sind stinklangweilig. Wenn du nicht selbst mitkommst, leih mir wenigstens ein paar Mangas aus. Ich bringe sie dir auch wieder zurück.“

„Ja, die Masche kenne ich! Weißt du, was du schon alles mit meinen Mangas angestellt hast? Seitdem du Baby Beel hast, ist es noch schlimmer geworden! Ständig sind sie vollgekritzelt oder angepinkelt oder ...“

„Schöner Freund bist du“, schmollt Oga.

„Dabuh“, nuschelt Baby Beel an seinem Schnuller vorbei und sieht Furuichi streng an.

„Ich habe nicht gesagt, dass du sie nicht haben kannst. Nur verleihen werde ich sie bestimmt nicht mehr!“

Mit ein paar Schritten durchquert Furuichi das Zimmer, greift nach einem Stapel der bunten Hefte neben dem Bett und nickt Alaindelon zu.

„Ich bin dann weg. Auf einem ... Abendspazierflug. Falls meine Eltern fragen, sag ihnen, ich bin vor zehn Uhr zurück.“

„Viel Vergnügen“, sagt Alaindelon und wischt sich Tränen der Rührung aus den Augen. „Es ist doch wunderschön, Freunde zu haben, die ...“

„Zerstöre diesen Moment nicht mit überflüssigem Schmalz, verdammt!“

Furuichi reicht Oga die Mangas durch das Fenster und landet mit einem gewagten Sprung neben ihm auf dem Rücken des Vogels.

„Sitzt du sicher?“, fragt Hilda, ohne sich umzusehen.

„Ja, Hilda-san!“

„Gut.“

Sie ruckt an den Zügeln, und der Vogel gibt ein Krächzen von sich und schwingt sich mit kräftigen Flügelschlägen in die Luft. Furuichi klammert sich an seinen Federn fest, blinzelt die Haare aus seinen Augen und erhascht einen Blick auf Hildas Oberschenkel, als ihr Rock sich im Wind hebt.

„Wo schaust du gerade hin?“, fragt sie kühl, und er bekommt rote Ohren und greift nach einem Manga.

„Den Band kenne ich noch gar nicht.“ Oga sitzt neben ihm im Schneidersitz und hat eines der neueren Hefte aufgeschlagen.

„Ai!“, quietscht Baby Beel begeistert und patscht mit beiden Händen auf die Seite.

„Ey, Kleiner, ganz vorsichtig! Wenn du es zerknickst, leiht Furuichi uns nie wieder etwas aus.“

Irritiert sieht Furuichi ihn an, als es ihm auffällt. Oga nennt ihn Furuichi. Einfach Furuichi.



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