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Geburtstag

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Geburtstag
 

Was denkst du dir, einfach das Schwerttraining zu schwänzen und zu den Bogenschützen zu gehen?“, flüsterte Bucho bedrohlich in Meitokus Ohr. Er hatte den Jüngeren am Ärmel seines Oberteils gepackt. Meitokus Blick hatte sich ob der harschen Rüge gesenkt. Er hatte nicht vorgehabt Bucho einfach zu versetzen, aber manchmal, wenn er hier vorbei kam, vergaß er einfach die Zeit und heute mehr als sonst. „Verzeih mir, Bucho...“ Seine Stimme war leise, wie die seines Freundes. Es musste nicht jeder mitbekommen, dass sie sich mal wieder stritten. Oder besser: Das Bucho ihm mal wieder förmlich den Hals umdrehen könnte. Meitoku wäre vor Scham am liebsten im Boden versunken. Er spürte die Blicke der Bogenschützen in seinem Rücken. Auch wenn sie nicht laut sprachen, zog Bucho alle Blicke der auf sich. Allein, wenn er einen Raum betrat, war sämtliche Aufmerksamkeit auf ihn gerichtet. Und hier war es nichts anderes. Meitoku konnten die Schützen ignorieren, aber Bucho war eine Art Bedrohung für sie. Konkurrierten sie doch schon seit Jahren mit den Schwertkämpfern um die Gunst des Kaisers. Zurzeit wurden die Schwertmeister bevorzugt, was den Schützen ein Dorn im Auge war. Meitoku fühlte sich sichtlich unwohl. Als Kind hatte er oft das Bogenschießen geübt und war auch einigermaßen begabt darin. Dass er jetzt den Schwertkampf trainierte, schien fast Blasphemie zu sein.

Vorsichtig schielte er zu dem Älteren. Diesem schien es wohl noch unangenehmer zu sein, hier zu sein. Er wirkte unruhig. So unruhig Bucho eben wirken konnte, wenn ihm etwas unangenehm erschien.

„Wer hat euch gesagt, ihr sollt aufhören zu trainieren? Weitermachen! Sofort!“ - „Jawohl!“, hallte es von den Wänden. Soweit es Buchos Hand zuließ, drehte sich Meitoku zu der Stimme hinter sich um. Er erkannte den Meister, wie er zu ihnen herüber kam. Den Blick streng auf sie gerichtet. Er war nicht viel älter als der Adlige und hatte bereits beachtliche Erfolge eingestrichen. Seine Aura war aber Buchos nicht sehr unähnlich. Beide verbreiteten Ruhe, doch dieser Mann verbreitete zudem Traurigkeit. Meitoku hatte bisher nicht erfahren können, was genau vorgefallen war, aber es schien ungemein furchtbar gewesen zu sein. „Was tut ihr hier?“ Ohne jede Begrüßung fuhr er die beiden an. Meitoku schreckte leicht zusammen. Bevor Bucho auf die Worte reagieren konnte, fuhr der ältere bereits fort: „Ihr stört das Training. Verschwindet!“ Jeder andere hätte vermutlich eine gehörige Lektion von dem Adligen erteilt bekommen, doch bei diesem Mann zog es auch dieser vor sich zurück zu ziehen. Auf Streit war er nicht aus. „Das war nicht unsere Absicht. Verzeiht die Störung.“ Während Bucho mit dem Älteren sprach, musterte Meitoku diesen. Von Nahem betrachtet, wirkte er nicht mehr ganz so jung. Er schien müde zu sein. Die dunklen Ringe unter den Augen verrieten, dass er seit einigen Nächten nicht mehr ruhig schlief. Sein Augenweiß schien rötlich gefärbt als hätte er vor kurzem geweint. Nachdenklich sah Meitoku den Größeren an. Er hätte zu gern gewusst, was den anderen bewegte. Nach wenigen Sekunden wanderten die Augen des Gegenübers zu ihm und musterten ihn streng. Meitoku erschrak und senkte den Kopf, wobei er eine leise Entschuldigung murmelte.

Der junge Hofbeamte spürte den Druck von Buchos Hand an seinem Ärmel. Er wusste, dass er sich eine Standpauke von Bucho hinter verschlossener Tür anhören durfte. Bereitwillig ließ er sich von dem anderen wegziehen. Bevor er aber den Raum verließ, wandte er sich noch einmal zu dem Bogenschützen um. Dieser sah ihn noch immer mit diesem seltsamen Blick an. Er senkte kurz den Oberkörper, um eine Verbeugung anzudeuten. Von der Seite zischte Bucho seinen Namen.
 

Meitoku seufzte, als er sich auf den Stufen zum Palastgarten niederließ. Bucho hatte ihn nach aller Kunst fertig gemacht. Zu seinem Erstaunen hatte der Größere aber nichts weiter dazu gesagt. Doch Meitoku spürte, wie sauer er auf ihn war. „Ich bewundere Euren Mut gegen Bucho anzutreten.“, vernahm Meitoku eine tiefe angenehme Stimme hinter sich. Er wandte sich dieser zu und sprang vor Schreck auf. Hinter ihm stand der Meister der Bogenschützen. „Sie? – Verzeiht die Störung von heute Morgen!“ Meitoku verbeugte sich tief. Er wusste weder den Namen dieses Mannes, noch den Rang. Von seinem Gegenüber vernahm er ein tiefes kurzes Lachen. Als Meitoku aufblickte, sah er dessen Vergnügen in den Augen. „Ihr braucht nicht so förmlich zu sein, Meitoku-san.“, antwortete er belustigt. „Eher sollte ich Euch um Vergebung bitten, dass ich Euch und Bucho-sama aus dem Dojo gejagt habe.“ Ein etwas zurückhaltender Blick trat ins eine Augen. Der Jüngere musterte ihn irritiert. Hatte er tatsächlich einen höheren Rang als ein Meister des Bogenschießens? Irgendwie glaubte er das nicht, aber einschätzen konnte er das auch noch nicht, da er noch nicht so lange am Hof weilte.

Der Ältere bedeutete ihm sich zu setzten. „Ich habe Sie scheinbar in ihren Gedanken unterbrochen.“, lächelte er. Meitoku sah ertappt zu Boden. „Es war nichts wichtiges… ähm…“ Er sah den anderen verwundert an. Der Ältere wusste seinen Namen, aber er nicht dessen. Was machte er denn nun? Der Andere lächelte freundlich. „Feng.“, half er dem Jüngeren weiter. Meitoku lächelte ebenfalls. „Feng-san, also…“, wiederholte er etwas leiser, um sich den Namen merken zu können. „Feng reicht völlig aus.“, unterbrach er den Kleineren. „Soviel ich weiß, sind wir beide bürgerlich.“ Er sah Meitoku freundlich an. Der Jüngere nickte. „Dann reicht Meitoku und Du auch völlig aus.“ Feng ließ sich neben den anderen nieder. „Er hat dich heute wohl nicht verschont?“, fragte er nach kurzer Zeit. Einen Moment sah Meitoku irritiert auf. Dann erkannte er den Sinn der Worte und nickte seufzend. „Das stimmt. Bucho war ziemlich sauer, als er mich bei euch stehen sah.“ Er senkte seinen Blick und fragte sich, wie er den Älteren wieder besänftigen konnte.

Feng besah Meitoku von der Seite, wie dieser scheinbar in seine eigene Welt abdriftete. „Wenn ich nicht weiter weiß, dann spanne ich einen Bogen und warte bis ich eine Idee habe, ehe ich den Pfeil abschieße.“, bemerkte er.

Meitoku blickte erneut auf. „Ich habe seit Jahren keinen Bogen mehr gespannt. Ich fürchte, dass ich so lange keinen gespannt halten kann.“ „Dann testen wir es doch einfach.“ Feng richtete sich auf und blickte erwartungsvoll auf Meitoku hinab. Dieser sah verwundert hoch, erhob sich aber kurz danach mit einem Lächeln.

Zusammen gingen sie zum Dojo der Bogenschützen. Der Platz war völlig leer und mittlerweile war es auch dunkler geworden. Feng zündete eine Laterne an. Sie beleuchtete kaum den Schießplatz, aber darum ging es nicht. Vielmehr sollte es um Ruhe, Konzentration und einer Idee zum Beschwichtigen eines ziemlich verstimmten Adligen gehen. Feng erklärte Meitoku noch einmal den Bogen und gab ihm Tipps, wie er am besten die Sehne spannen sollte. Dann trat er zurück.

Der Jüngere spürte allein durch das Halten eine tiefe innere Ruhe. Er hatte das Bedürfnis seiner Seele einen Bogen in der Hand zu halten, befriedigt. Dann zog er einen Pfeil aus dem Köcher neben ihm, hob den Bogen und platzierte den Pfeil an der richtigen Stelle. Dann spannte er langsam die Sehne. Einen Augenblick später ließ er los und der Pfeil traf zwar nicht das Schwarze der Zielscheibe, aber war nahe dran. Feng klatschte anerkennend in die Hände. „Ich habe einen Schwertmeister noch nie so gut zielen sehen.“, lächelte er. Meitoku kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Nun ja…“ Der Größere nahm den Bogen ab und sammelte den Pfeil wieder ein. Als er sich wieder dem Kleineren zuwandte, sah er ihn einen Moment nachdenklich an. „Warum habt ihr den Bogen gegen das Schwert eingetauscht?“ Der Jüngere überlegte einen Moment. „ Um ehrlich zu sein, weiß ich es auch nicht so genau. Als ich Bucho damals auf einem Turnier, kurz nach meiner Ankunft, hatte kämpfen sehen, da wollte ich es auch einmal versuchen. Ich hätte nie gedacht, dass es so anstrengend werden könnte.“ Meitoku zuckte schief lächelnd mit den Schultern. Feng nickte. „Aus demselben Grund habe ich mit dem Bogenschießen angefangen.“ Er blickte Meitoku direkt in die Augen. Bist du denn glücklich mit deiner Entscheidung oder bereust du es?“ Der Kleinere stutzte. Wenn er überlegte, hatte er eigentlich nie darüber nachgedacht. Um genauer darüber nachzudenken, senkte er den Kopf, doch dann hob er ihn und sein Blick wirkte entschlossen. „Nein. Ich denke, ich habe damals die richtige Entscheidung getroffen. Bucho ist ein guter Lehrmeister, sowohl für das Training als auch für Palastangelegenheiten. Das heißt, er setzt sich oft für mich ein. Ich weiß gar nicht, wie ich ihm das je zurückzahlen könnte…“ Meitoku war sich nun nicht mehr so sicher, dass er die richtige Idee beim Bogenschießen hatte. Feng lächelte. „ Ich bin sicher, dass du irgendwann einmal eine Gelegenheit bekommen wirst, ihm für alles zu danken. Und in der Zwischenzeit wirst du ihm sicher ein guter Freund sein.“, ermunterte er den Kleineren. Dieser lächelte schüchtern und nickte.

Nach einiger Zeit machten sich die beiden auf den Weg zu ihren Gemächern. „Feng, warum sind Bogenschützen eigentlich immer so schlecht auf Schwertkämpfer zu sprechen?“, fragte Meitoku neugierig. Der Angesprochene überlegte kurz. „Ich denke, dass liegt einfach daran, dass jeder denkt, er hätte die Waffe gegen jede mögliche Bedrohung.“ Der Kleinere sah den anderen verständnislos an. „Aber warum? Die Kämpfer des Kaisers müssen doch auch in Friedenszeiten zusammenhalten! Wenn sie zusammenarbeiten erreichen sie doch viel schneller ihr Ziel, oder nicht?“ Der Ältere nickte zustimmend. „Du hast Recht, aber jeder will auf Grund seiner Fähigkeiten beachtet werden.“ Meitoku senkte nachdenklich den Kopf. Gab es nichts, was beide Parteien einte? Dann spürte er eine große warme Hand auf seinem Kopf. „Du musst es nicht verstehen. Solange alle bei einem Angriff den Kaiser schützen, ist es im Grunde egal, womit sie ihre Zeit vergeuden.“ Feng lächelte freundlich. Wirklich zufrieden stellte das den Jüngeren nicht, aber er wollte keine große Diskussion mit dem Älteren führen. Kurz bevor sich ihre Wege trennten, wandte Meitoku sich noch einmal zu Feng um. „Wenn ich wieder einmal einen Bogen spannen möchte, kann ich zu euch kommen?“, fragte er lächelnd. Der Größere erwiderte das Lächeln. „Es wäre mit eine Ehre Euch noch einmal in meinem Dojo begrüßen zu dürfen.“ Scherzhaft verbeugte er sich vor Meitoku, der daraufhin lachen musste. Danach verabschiedeten sie sich.

Als er in seinen Zimmern ankam, brannte Licht im Aufenthaltsraum. Verwundert öffnete er die Tür. Bucho saß auf einem der Stühle und blätterte in einem Buch. Er sah auf, als er Meitokus Schritte vernahm. Für einen Moment war der Jüngere irritiert. Diesmal hatte er keine Verabredung versäumt. Oder? „Du kommst spät. Hatte ich dir nicht empfohlen, früh zu Bett zu gehen?“ Der Adlige legte das Buch zur Seite. Meitoku verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich hatte noch etwas zu erledigen. Was machst du eigentlich hier?“, fragte er den anderen. Bucho musterte ihn kurz, als würde er abwägen, ob er es dem Kleineren sagen sollte. „ Ich habe dich vorhin mit diesem Schützenmeister Richtung Dojo gehen sehen.“ Er sah Meitoku dabei nicht an, sondern richtete den Blick auf das weggelegte Buch. Der Kleinere sah seinen Freund verwundert an. „Und deshalb bist du hier?“, fragte er. Bucho richtete sich auf und kam auf ihn zu. „Wie ich sehe, hat er dir scheinbar keine Verletzungen zugefügt.“ Mit diesen Worten versuchte er, sich an Meitoku vorbei, durch die Tür zu gehen. Doch der Jüngere legte ihm eine Hand auf die Brust. „Bucho, das ist kein Grund warum du hier bist.“ Er sah zu dem anderen mit strengem Blick auf. „Wenn du dir tatsächlich Sorgen um mich gemacht hättest, wärst du uns gefolgt.“, gab er zu bedenken. „Was ist wirklich der Grund?“ Bucho wich dem Blick des Kleineren aus. „Bucho!“ Meitoku war zu müde, um noch groß Rätsel raten zu spielen. Dann sah ihn der Größere wieder an. „Ich wollte deinen Geburtstag mit dir feiern.“, gab dieser etwas kleinlaut zurück. Meitoku stutzte. Das hatte er völlig vergessen. Er musste Bucho wohl eine Weile völlig verdutzt angesehen haben, denn auf dessen Gesicht erschien ein amüsiertes Lächeln. „Du hast es vergessen.“, stellte er fest. Meitoku nickte schuldbewusst. Der Adlige legte eine Hand auf dessen Schulter. „Manchmal frage ich mich wirklich, was in deinem kleinen Kopf vor sich geht.“ Bucho grinste und ging bereits an dem Jüngeren vorbei. „Es ist spät. Du solltest dich hinlegen.“, meinte er nur noch im Vorbeigehen. „Bucho?“ Meitoku drehte sich zu dem Größeren um. „Ich danke dir.“, lächelte er müde. Bucho lächelte aufrichtig. „Gute Nacht.“ „Gute Nacht, Bucho.“
 


 

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Ich hoffe natürlich, dass es jedem Leser gefallen hat und würde mich über einen kleinen Kommentar sehr freuen, damit ich weiß, dass es da draußen noch Liling-Po-Fans gibt. ^^
 

SabakunoYoru



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