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Die Wahrheit über Wölfe

[Stiles / Derek]
von

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Argumente, Gegenargumente und alles Ungesagte

Vorwort: Oh mein Gott. Es ist so weit. Das ist jetzt wirklich das Ende. Ich schwöre es. Nach ziemlich genau fünf fucking Jahren ist sie endlich fertig. Yesss!
 

Warnungen: So viele Gefühle. Geständnisse. Rudelabende! So viel Kitsch. Aber hey, wenn ihr das nicht mögt, hättet ihr bis hierhin wohl nicht durchgehalten.
 

„Wir brauchen einen Plan“, sagt Lydia.
 

„Hey! Normalerweise sind das meine Worte und ich fühle mich grade ein wenig beraubt - aber noch mehr drängt sich die Frage auf: Wieso?
 

Allison und Lydia tauschen einen Blick.
 

Stiles hebt die Augenbrauen. „Was? Ist das auch zu aufregend für mich? Gibt es noch ein Alpharudel? Hat Peter einen Klon von sich hergestellt?“

Das sind die schlimmsten Dinge, die ihm spontan einfallen. Mehr darf es einfach nicht sein.

Stiles sitzt auf der Bettkante und bemüht sich aufrecht sitzen zu bleiben und gleichzeitig seinen Pullover überzuziehen – alles Dinge, von denen ihm niemand verraten hat wie viele Bauchmuskeln dabei beansprucht werden - Gott, so viele! - während Allison dabei ist seine Sachen in eine Tasche zu packen.

Sein Vater spricht draußen im Flur mit dem Arzt und lässt sich vermutlich eine drei Meter lange Liste mitgeben, mit Dingen, die Stiles nicht tun darf in absehbarer Zeit. Leider wird Hausaufgaben machen nicht dazu gehören, aber dafür vermutlich alles was irgendwie Spaß macht. Sogar Lachen tut ihm weh, weil auch das - wer hätte das gedacht - Bauchmuskeln beansprucht, die aktuell durch Draht und Nähte zusammengetackert sind.
 

„Lass das“, sagt Lydia und wedelt seine Hände beiseite, die sich durch die Ärmel kämpfen. Stiles möchte protestieren, aber er ist zu kurzatmig und schweißgebadet, und deswegen lässt er sie gewähren. Sie hilft ihm den Kapuzenpullover über zu streifen als ob Stiles ein 90jähriger Invalide wäre und einem Teil von ihm ist das einfach nur peinlich. Aber es ist auch irgendwie … nett. Lydia Martin ist nett zu ihm. Stiles wird sich nie daran gewöhnen können.
 

„Niemand ist in akuter Gefahr. Aber wir brauchen einen Plan was wir mit dem Rudel machen“, sagt Allison. „Sie sind alle total durch.“
 

„Aufgelöst“, sagt Lydia. „Aufgelöste Werwolfe! Ich muss dir wohl nicht sagen, dass ein Haufen durchgedrehter Teenager Werwölfe, die durch Beacon Hills rennen keine gute Idee ist.“
 

„Therapie?“
 

„Das nicht das Problem.“
 

Es dauert einen Moment bis Stiles versteht wo das Problem liegt. „Sie haben keinen Alpha“, sagt er langsam.
 

Natürlich sind sie total durch. Jetzt wo er darüber nachdenkt, ist es keine Überraschung, dass das ein Problem ist, und eigentlich wundert es ihn am meisten, dass er selbst noch nicht dran gedacht hat. Wenn er eins gelernt hat in den letzten Monaten, dann das Wölfe ein stabiles Rudel brauchen, damit sie nicht komplett abdrehen. Und es gibt kein stabiles Rudel ohne Alpha.

Isaac und Erica sind beide traumatisiert ohne Ende und waren schon vor ihrer Verwandlung nicht die emotional Stabilsten. Jackson hat tierische Aggressionsbewältigungsprobleme.

Und dann ist da noch Peter, der freundliche Psychopath aus der Nachbarschaft, den dringend irgendjemand unter Kontrolle haben sollte.

Und Scott….
 

„Scott hat keine Ahnung, was er tut“, sagt Allison.
 

Stiles nickt langsam. Scott mag zwar jetzt die roten Alphaäuglein haben, aber eben nur manchmal, sie gehen an und aus wie eine kaputte Lampe. Und so richtig einen Plan oder Ahnung hat er auch nicht.
 

Weder Allison noch Lydia sagen das Offensichtliche. Keiner von beiden spricht seinen Namen aus.

Aber ihre Blicke wandern zeitgleich zu der schwarzen Lederjacke, die immer noch über Stiles Bettende hängt, als ob sie dort hingehört.
 

Derek.
 

Er erinnert sich an die Abende in seinem Zimmer, eine gefühlte Ewigkeit her, die sie gestritten, diskutiert, geredet und geplant haben. Alles um das Rudel zu schützen.

Ihr Rudel.

So fühlt es sich wenigstens an.
 

Stiles greift nach der Jacke. Er ignoriert das Ziehen in seiner Brust als er sich nach vorne beugt und stopft sie schweigend in seine Tasche.
 

„Ich denke darüber nach“, verspricht er. Auch ohne den Blick zu heben, spürt er wie Allison und Lydia sich über seinen Kopf hinweg ansehen.

Natürlich hören sie was er nicht sagt.

Wir denken darüber nach.
 

Aber gibt es überhaupt noch dieses wir?
 

-
 

Es ist keine Überraschung als Stiles nach Hause kommt und Scott, Isaac, Erica und ja, sogar Jackson alle da sind, um ihn in Empfang zu nehmen.

Erica freut sich aufrichtig ihn zu sehen und umarmt ihn lange und fest. Isaac tut so, als sei er nur Scott zuliebe gekommen und Jackson spielt gelangweilt auf seinem Smartphone, aber Fakt ist – sie sind alle da. Es ist beinah ein bisschen rührend.
 

Nur einer fehlt.

Es schmerzt tief in Stiles Brustgegend – und das sind ausnahmsweise mal nicht die Nähte – als ihm klar wird, wer das ist.

Sie halten alle Ausschau nach Derek.

Vielleicht merken sie es nicht einmal selbst. Vielleicht ist er der einzige, der es sieht, die beinah physische Manifestation einer Abwesenheit. Aber bei jedem Geräusch fliegen erwartungsvolle Köpfe herum und nach einigen Sätzen gibt es eine kurze Gesprächspause, in denen alle auf etwas warten.

Anweisungen. Erklärungen. Von ihrem Alpha. Ex-Alpha.

Dem einzigen Werwolf unter ihnen, der Ahnung hat was er tut.

Wenigstens ein bisschen.
 

Stiles verbringt seine eigene Willkommensfeier ein wenig geistesabwesend, weil ihm das alles gleichzeitig durch den Kopf geht. Er sitzt in eine Decke gewickelt auf der Couch und beobachtet sie alle.

Seine Freunde.

Sein Rudel…
 

„Ich weiß nicht, was ich jetzt machen soll“, gesteht Scott ihm in einem ruhigen Augenblick während Erica und Allison ihre gegenseitige Abneigung passiv-aggressiv über Karaoke austragen, Isaac seinem Dad in der Küche hilft und Lydia und Jackson auf einem Sessel sitzen und rumknutschen (es ist überraschend wie wenig Stiles das ausmacht). „Manchmal kommt es und … ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll. Alles ist dann anders, alle meine Sinne sind völlig überdreht und aufgepumpt. Und ich fühl mich so…“
 

„Wie auf Steroiden?“ schlägt Stiles vor. „Stark und unbesiegbar?“
 

Scott nickt schüchtern. „Neulich habe ich Jackson rumkommandiert und er hat gehorcht“, flüstert er. „Ich wollte es gar nicht, es war ein Unfall! Es war sehr … ugh… also, für uns beide!“ Er verzieht angewidert das Gesicht.
 

„Du bräuchtest jemand der Ahnung hat“, sagt Stiles behutsam. „Vom Alpha-sein, meine ich. Jemand, der nicht Peter ist.“
 

Scott nickt. „Derek.“
 

„Du klingst überraschend wenig angewidert von dem Gedanken.“
 

„Stiles…“ Scott schüttelt den Kopf. „Er hat dir das Leben gerettet!“
 

„Und dafür gibt es Kekse?“
 

„Dafür gibt es ALLE Kekse!“ Scott senkt die Stimme, seine Augen ein tragisches Meer aus Teddybraun, als kann er nicht fassen, dass Stiles überhaupt fragen muss.

Darauf gibt es keine sarkastische Erwiderung.

Stiles drückt kameradschaftlichen seinen Arm und verspricht sich Gedanken zu machen. So wie schon heute Morgen.
 

Irgendwann findet sich Stiles vor der Haustür wieder.

Frische Luft schnappen, hat er gesagt.
 

Es ist kalt und dunkel draußen, die Nacht ist still und weit, wie ein schwarzer Mantel, der sich um seine Schultern legt.

Er lehnt an dem rauen Putz neben der Haustür und atmet ein und wieder aus.

Er hat nicht allzu lange Zeit, das weiß er. Sein Vater ist immer noch angespannt, wenn er Stiles länger als zehn Minuten aus den Augen lassen muss.
 

„Derek“, flüstert er.

Er haucht es beinah, leise genug, dass er hofft, dass die Werwölfe innen drin es nicht mitbekommen. Aber sie sind alle abgelenkt – Jackson von Lydia, Scott und Isaac voneinander. Erica von Allison.
 

„Derek.“
 

Eine halbe Ewigkeit ist es still.

Dann schmilzt ein schwarzer Schatten aus den Bäumen vor dem Haus und lehnt sich neben ihn an die Hauswand.
 

„Woher wusstest du, dass ich da bin?“ fragt er leise.
 

Stiles zuckt mit den Schultern. Er hat es nicht gewusst, das ist die Wahrheit. Nur gehofft. So sehr gehofft. Aber das kann er ja schlecht zugeben.
 

„Wir müssen reden“, sagt er stattdessen. „Komm morgen zu mir.“
 

Derek nickt wortlos. „Heute Nacht …“ Es klingt zögernd, halb wie eine Frage.
 

Stiles schüttelt den Kopf. „Ich bin… es ist okay. Scott wird bei mir übernachten. Und mein Dad ist nebenan.“
 

Mit einer geladenen Dienstwaffe.

Und vielleicht muss er das nicht einmal aussprechen, damit Derek es dennoch heraushört.
 

Es ist still zwischen ihnen und plötzlich fühlt er sich befangen. Der Abstand zwischen ihnen fühlt sich an wie eine Kluft, als ob keiner es wagt auch nur einen Schritt näher zu kommen.

Im Krankenhaus hätte Derek jetzt längst auf seiner Bettkante gesessen, eine Hand auf Stiles Brustkorb, die Finger ausgebereitet, direkt über seinem Herzen, warm und groß und beschützend. Aber jetzt ist alles anders.
 

„Hast du Schmerzen?“ fragt Derek leise.
 

Ertappt lässt Stiles seine Hand sinken, die sich wie von selbst auf seinen Brustkorb gelegt hat. Er schüttet den Kopf.
 

„Stiles…“
 

„Wirklich. Es ist okay. Ich …“
 

Ein Geräusch unterbricht sie.

Es sind Schritte im Flur und Stimmen, die durcheinanderreden.
 

„Ich muss wieder rein“, sagt er hastig. „Morgen, ja? Morgen!“
 

Derek lässt die Hand sinken. Er nickt abrupt, schweigsam wie eine undurchdringliche Wand, und dann gleitet er zurück in die Dunkelheit, wie ein zerschmelzender Schatten.
 

Dann geht auch schon die Haustür auf.
 

„Stiles!“ Scott klingt empört. „Du musst sofort reinkommen! Jackson behauptet, er könnte uns bei Call of Duty fertig machen und wir müssen ihm sofort das Gegenteil beweisen!“
 

„Das ist jetzt wohl nicht der richtige Augenblick“, protestiert Lydia.
 

Jackson fletscht arrogant die Zähne. „Hast du etwa Schiss, McCall?“
 

„Das wollen wir doch mal sehen“, erwidert Stiles und lässt sich widerspruchslos zurück ins Haus zerren.
 

-
 

Am nächsten Morgen stellt Stiles sich das erste Mal seit langem vor einen Spiegel und schiebt langsam sein T-Shirt nach oben. Bisher hat er erfolgreich vermieden hinzusehen, vor allem seit die Verbände weg sind. Aber dieses Mal sieht er hin.

Und er schluckt. Und schluckt und schluckt.
 

Stiles ist nie besonders eitel gewesen.

Wie auch? Er ist ein magerer Junge mit kurz geschorenen Haaren (die grade dabei sind herauszuwachsen), Stupsnase und Leberflecken. Er kann sich gar nicht leisten eitel zu sein. Er weiß, dass er andere Qualitäten hat, wie sein Gehirn, und das ist auch gut so, denn sein Aussehen ist definitiv nichts worauf er sich etwas einbilden kann. Das war noch nie anders.

Und doch trifft es ihn härter als erwartet.
 

Er hat Gewicht verloren während dem Koma und seine Rippen zeichnen sich deutlicher unter der Haut ab als er es in Erinnerung hat. Sein Gesicht sieht hohl aus unter dem künstlichen, grellen Licht. Und sein Brustkorb…
 

Er hat geahnt wie es aussehen wird.

Aber es ist etwas anderes es zu ahnen oder es zu sehen.

Von den Schlüsselbeinen bis hin zum Bauchnabel ist seine Haut kreuz und quer überzogen von gezackten, schwarzen Nähten. Darunter die Narben. Große, wulstige Narben, rot und geschwollen. Ihm wird schlecht, als ihm klar wird, dass Joanna für alle Zeiten ihre Spuren auf ihm hinterlassen hat. Vielleicht werden sie kleiner werden irgendwann … aber sie werden nie mehr weggehen.

Er wird für immer entstellt sein.
 

Es ist gut, versichert er sich selbst, während er sich hastig über die Augen wischt, es ist gut, dass Derek schon vorher kein Interesse an ihm hatte.

Wäre es nicht viel schmerzhafter gewesen, es einmal gehabt zu haben nur um es dann wieder zu verlieren?

Es ist gut so.
 

Danach schnappt er sich einen Block und einen Stift und setzt sich an die Arbeit.
 

-
 

„Bist du auf der Flucht?“ ist das erste was ihm herausplatzt, als Derek um die Mittagszeit lautlos wie ein schwarzer Schatten in sein Zimmer gleitet. Durch das Fenster. Natürlich.
 

Derek hält inne und hebt die Augenbrauen. Sein Kopf zuckt vor und zurück, als erwartet er, dass da jemand anderes hinter ihm steht, an diese Frage eigentlich gerichtet ist. Schließlich fragt er: „Was?“
 

„Die beiden Leichen an deinem Haus. Der Haftbefehl“, zählt Stiles auf. Er sitzt im Bett, hat einen Block auf dem Schoss und einen Kugelschreiber in der Hand, mit dem er rhythmisch auf dem Papier herumtrommelt. „Bist du deswegen untergetaucht im Wald? Vermeidest du deswegen die anderen? Weil du dich vor der Polizei versteckst? Warst du deswegen nachts in der Klinik? Das ist tatsächlich der letzte Platz auf der Welt ist wo sie dich vermuten würden. Das ist eine ziemlich gute...“
 

„Ich bin nicht auf der Flucht.“
 

„Ehrlich jetzt, du kannst es mir sagen. Ich rege mich nicht auf.“
 

„Ich bin nicht auf der Flucht!“
 

„Aber…“
 

Derek schüttelt den Kopf. „Ich habe den Polizeifunk abgehört. Dein Dad höchstpersönlich hat den Befehl gegeben die Suche nach mir einzustellen. Schon vor einigen Tagen.“ Er wirft ihm einen fragenden Blick zu. „Hat er dir das nicht gesagt?“
 

„Was?“ Stiles klappt den Mund auf und macht ihn gleich wieder zu. Sein Dad hat… was? „Keiner sagt mir irgendwas, weil sie alle Angst haben mich ‚aufzuregen‘.“ Er verdreht die Augen. „Es ist als ob sie mich gar nicht kennen. Nichts regt mich mehr auf, als wenn man mir Dinge vorenthält.“ Er wedelt mit dem Block. „Ich habe nicht mal einen Laptop, ich muss alles per Hand schreiben! Und mein Handy kriege ich auch nicht! Es ist wie im Mittelalter!“
 

„Stiles…“
 

„Mein Dad hat versprochen, dass er morgen meinen Laptop rausrückt. Dann können wir wieder arbeiten. Wenigstens mein Gehirn darf ich ja bewegen.“

Sein Gehirn. Das einzige an ihm, was funktioniert. Das einzige, was je gebraucht wird.

Wenigstens das.
 

„Stiles.“
 

„Bis dahin habe ich hier eine Liste mit Fragen, die wir durchgehen müssen.“
 

„Du hast eine...? Natürlich hast du eine Liste.“ Derek lässt sich auf der Bettkante nieder, ungewohnt vorsichtig. „Solltest du dich nicht ausruhen?“
 

Stiles wirft ihm einen finsteren Blick. Die ‚solltest du dich nicht ausruhen‘-Masche hat er jetzt schon zu Genüge durchgekaut, mal ehrlich jetzt.

„Fang du nicht auch so an! Wir müssen uns doch überlegen was mit unserem Rudel passiert, jetzt wo endlich alle soweit sind, dass sie sich nicht permanent die Köpfe einschlagen wollen. Die haben alle keinen Plan wie es jetzt weitergeht. Zweitens müssen wir uns einigen, wie wir ab jetzt mit der Polizei zusammenarbeiten“, zählt er auf, „und was wir ihnen kommunizieren, jetzt wo mein Dad Bescheid weiß. Drittens die Argents! Wir brauchen eine Kooperation mit den Argents, wir müssen Regeln und Grenzen vereinbaren, damit eine friedliche Koexistenz zwischen Jägern und Wölfen gewährleistet ist. Viertens Scott! Was machen wir mit Scott? Er hat die roten Alphaäuglein! Was bedeutet das für ihn und wie können wir ihm helfen? ER hat nämlich noch nicht wirklich einen Plan.“
 

„Wir?“, wiederholt Derek leise.
 

Stiles lässt den Block sinken. Unentschlossen kaut er auf der Unterlippe.

„Das ist es doch noch...?“ fragt er leise. „Oder? Unser Rudel?“
 

Derek schweigt. Sein Gesicht ist unlesbar.
 

„Derek...?“
 

Derek schluckt. Sein Blick ist hartnäckig auf die Bettdecke gerichtet.
 

Es ist wie eine eiskalte Hand, die in Stiles' Brustkorb greift und sich um sein Herz schließt. Und das ist nicht mal eine willkürliche Metapher. Er hat eine ziemlich gute Idee wie sich das anfühlt.

Natürlich, denkt er verspätet. Er fühlt sich wie gelähmt.

Natürlich will Derek ihn nicht mehr dabeihaben und schon gar keinen Rat mehr von ihm annehmen. Wie das endet, wenn er auf Stiles hört, haben sie ja jetzt gesehen.

Alle sterben beinah und Derek ist kein Alpha mehr...
 

Es ist wie ein bodenloses, schwarzes Loch, dass sich vor ihm öffnet.

Er kann das nicht auch noch verlieren.

Nicht das auch noch.
 

Und mit einem Mal kann Stiles es nicht mehr ertragen, dass er jetzt ernsthaft so tun soll ob alles in Ordnung ist zwischen ihnen, wenn Derek ihm kaum noch in die Augen sehen kann. Wenn es so offensichtlich ist, dass Stiles so offensichtlich alles zerstört hat was es jemals zwischen ihnen gegeben hat.
 

„Wieso hast du dich versteckt, wenn du gar nicht auf der Flucht bist?“ fragt er leise. Dereks stummes Schulterzucken ist Antwort genug.
 

„Es tut mir leid“, würgt Stiles hervor. „Ich wollte nicht... ich habe nie gedacht, dass... Du musst mich hassen.“ Seine Stimme bricht bei den letzten Worten.
 

Derek, der angesetzt hat, etwas zu erwidern, stoppt mittendrin mit offenem Mund und erhobene Augenbrauen. „Was?“
 

„... dass du kein Alpha mehr bist“, zwingt Stiles hervor. „Wegen mir. Wegen dem was du gemacht hast. Ich wusste nicht einmal, dass das möglich ist. Und ich hätte nie von dir verlangt...“
 

Stiles.“ Vollkommen ungläubig starrt Derek ihn an. „Was redest du da?“
 

Zittrig atmet Stiles aus. „Ich weiß, was ... ich weiß, wie was es dir bedeutet hat und es tut mir so leid... Ich verstehe, dass ich nicht mehr… wenn du nicht mehr willst, dass ich noch Teil des Rudels bin. Wir haben so hart daran gearbeitet und wir haben so viel versucht und… Ich meine... ich weiß, wie wichtig es dir war.“
 

„Was?“
 

„Alpha zu sein. Ich weiß, wie wichtig es dir war und…“
 

„Wichtig“, wiederholt Derek mit gefährlichem Unterton.

Abrupt steht er auf und dreht sich um. Er atmet tief durch, aber es scheint nicht zu helfen.

Seine Hände sind zu Fäusten geballt und er zittert so heftig, dass er beinah vibriert.

Vor Wut...?

Stiles ist sich plötzlich nicht mehr ganz sicher.
 

„WICHTIG?“ brüllt Derek und wirbelt herum. „Wichtig? Es ist mir vollkommen egal, dass ich kein Alpha mehr bin!“
 

Stiles starrt ihn an. „Aber du hast doch...“
 

„Du bist beinah gestorben!“ Derek atmet heftig aus und seine Stimme bricht mitten im Satz. „Du hast in meinem Armen gelegen und... Ich habe gesehen wie du verblutest! Ich habe gehört, wie dein Herz aufhört zu schlagen! Ich habe gefühlt wie du stirbst!“
 

„Sorry...?“ sagt Stiles verstört und kleinlaut zugleich. Er hat das verwirrende Gefühl, als ob er in einem Stück mitspielt bei dem plötzlich jemand alle Dialoge geändert hat, ohne ihm vorher Bescheid zu geben.
 

„Ich konnte nicht...“ Derek bricht ab und schüttelt stumm den Kopf. „Ich hätte... du verstehst nicht...“ Gequält fährt er sich mit beiden Händen durch die Haare. „Ich hätte alles getan, damit du nicht stirbst. Verstehst du? ALLES. Dass es nur das war... Mein dämlicher Alpha-Status. Ich kann dir nicht mal sagen wie egal mir das ist. Ich hätte so viel mehr getan! Und jetzt willst du wieder mitmachen und dich wieder in Gefahr bringen … immer noch! Nach allem, was dir passiert ist! Meinetwegen!
 

„Es war nicht…“
 

„Doch, das war es! Es waren meine Probleme, mein Rudel, meine Gegner, meine Schuld! Du wärst fast gestorben wegen MIR!“ Atemlos hält Derek inne. „Ich dachte nicht, dass du mich überhaupt wiedersehen willst. Nach allem was ich dir angetan habe. Und ich hätte es verstanden, wenn… ich bin in dieser Nacht ins Krankenhaus gekommen um mich zu entschuldigen, dich auf Knien um Verzeihung zu bitten, aber du hast … du warst … du hast dich gefreut mich zu sehen.“ Er klingt gequält, als ob das, mehr als alles andere, ihn fertig macht.
 

Stiles blinzelt. Und blinzelt noch mehr. Nichts von alle dem was Derek sagt, macht irgendeinen Sinn. Nichts von alledem lässt sich irgendwie damit vereinbaren, was Stiles die letzten Tage zermartert hat. Und es gibt nur eine einzige Sache, die ihm plötzlich klar wird. Klarer als ein Sonnenaufgang. Diese Erkenntnis ergießt sich über ihn wie strahlendhelles Licht. „Du hasst mich gar nicht…“, flüstert er.
 

Derek schüttelt den Kopf. „Das habe ich nie.“ Seine Stimme klingt belegt.
 

„Aber... wieso hast du dich dann wochenlang im Wald versteckt?“
 

Derek lässt die Arme sinken. Er sieht plötzlich sehr müde aus, erschöpft, so als ob er viel zu lange gerannt wäre und er einfach nicht mehr rennen kann. „Weil du beinah gestorben wärst mit dem Gedanken, dass ich dich nicht liebe. Und ich kann das nicht mehr.“
 

Stiles' Hals ist plötzlich sehr trocken. „...was?“ flüstert er.
 

„Es tut mir leid“, sagt Derek als ob das eine ansatzweise angemessene Reaktion darauf ist.
 

„Nein“, sagt Stiles. „Nein, nein, nein. Nein! Du kannst nicht auf einmal…“ Er schüttelt den Kopf. „Das geht nicht! Du hast gesagt… du hast ‚nein‘ gesagt!“ Seine Stimme wackelt bedenklich. „Du hast was von ‚falsche Signale gesendet‘ gesagt! Du… du hast…“
 

Derek presst eine Hand über seine Augen. Er klingt erstickt. „Es tut mir leid.“
 

Du hast mir das Herz gebrochen!
 

Derek zuckt zusammen, als hätte Stiles ihn geschlagen. „Es war besser so.“
 

„Für WEN?!“
 

„Für DICH!“ faucht Derek und sekundenlang blitzt es blau in seinen Augen. „Für DICH! Immer für dich! Ich dachte, ich beschütze dich!“
 

„Vor was?“
 

„Vor MIR!“
 

Stiles starrt ihn an. „Wieso sollte ich vor dir...?“
 

„Weil ich auch sechzehn war“, flüstert Derek und sinkt auf die Bettkante, als ob er keine Kraft mehr hat aufrecht stehen zu bleiben.
 

Betäubt klappt Stiles den Mund wieder zu. Blankes Entsetzen quillt in ihm auf. Eine Flut von Erinnerungen strömt auf ihn ein, als ihm mit einem Mal alles, alles klar wird.

Derek. Kate Argent.
 

Weil ich auch sechzehn war.
 

Ihm wird schlecht.
 

„Mein Gott…“, würgt er hervor.

Er presst eine Hand auf den Mund und ringt nach Luft.
 

„Ich war sechzehn und ich dachte auch, dass ich alt genug bin.“ Derek fährt sich mit beiden Händen durch die Haare und lässt den Kopf hängen. Er klingt gedämpft. „Ich war sechzehn und Kate war fünfundzwanzig. Und was sie getan hat... Und was ich getan habe… Sie hat mich dazu gebracht, so viele Dinge zu tun, für die ich nicht bereit war... die ich nicht tun wollte...“ Er bricht ab und vergräbt das Gesicht in den Händen, als ob er es nicht ertragen kann, wenn Stiles ihn ansieht.
 

„Derek...“, flüstert Stiles, und ihm ist kalt und schwindelig vor lauter Entsetzen. „Derek.“

Dereks bleiches Gesicht fällt ihm wieder ein, im Wald, direkt nachdem Stiles ihn geküsst hat. Das sprachlose Entsetzen. Sein abruptes 'Nein!'.

Nein.

Gott.

Oh Gott.
 

Natürlich hat Stiles gewusst, was passiert ist.

Aber er hat es nicht gewusst.

Es ist eine Sache irgendwo einen Nebensatz zu hören, dass Kate sich an Derek rangemacht hat, um an seine Familie zu kommen.

Es ist eine ganz andere zu wissen, dass sie sich an einen Minderjährigen herangemacht und ihn genötigt hat. Missbraucht.

Er ist nicht sicher, was rechtlich gesehen das richtige Wort dafür ist.

Aber was spielt was schon für eine Rolle.
 

Langsam sinkt er neben Derek auf die Bettkante und legt unendlich behutsam seine Hand auf Dereks Schulter.

„Es tut mir leid“, flüstert er. „Ich bin ein Idiot. Ich habe nicht… ich dachte nicht... Es tut mir leid…“
 

Derek zuckt mit den Schultern. „Ich habe selbst nicht daran gedacht“, erwidert er leise. „Bis du…“ Er bricht ab.
 

Sekundenlang ist es ganz still.

Es ist eine zerbrechliche, fragile Stille, wie aus Glas, und Stiles wird abrupt klar wie wenig er dafür geeignet ist, mit Menschen umzugehen, die ein intensives Trauma erlitten haben.

So gar nicht geeignet.
 

Derek gibt ein winziges Geräusch von sich, halb Stöhnen, halb Grollen.

Es ist ein qualvoller, schmerzhafter, halb unterdrückter Laut und er geht Stiles durch Mark und Bein. Wenig geeignet hin oder her… Es ist Derek.

Es ist Derek.
 

„Komm her.“ Behutsam legt Stiles eine Hand auf seinen Rücken. Und dann – ganz vorsichtig – legt er die Arme um ihn.

Im ersten Moment versteift Derek sich. Stiles hält ihn ganz sacht, so lose, dass Derek jede Sekunde zurückweichen könnte, wenn er wollte.

Nach einer gefühlten Ewigkeit atmet Derek endlich aus. Es ist langsam und zittrig, ein langer, dumpfer Seufzer. Er sinkt zur Seite und drückt die Stirn gegen Stiles Schulter.
 

„Jetzt hör mir gut zu.“ Stiles fährt ihm mit den Händen über den Rücken. „Was sie mit dir gemacht hat… das war nicht okay. Aber du bist nicht Kate. Nichts an dir ist wie Kate, okay? Nichts. Ich verspreche es dir.“
 

„Aber...“
 

„Hast du einen heimtückischen Plan um mich und meine Familie umzubringen?“ fragt Stiles direkt. Und vielleicht ist das brutal, aber er hat das Gefühl, dass es in diesem Fall nicht hilft um den heißen Brei herum zu reden.
 

Derek erstarrt und schüttelt den Kopf.
 

„Wenn ich dir signalisiere, dass ich bei irgendwas unsicher bin oder etwas nicht will – würdest du mich dann manipulieren bis ich ‚ja‘ sage?“
 

„Niemals.“
 

„Damit hast du schon bestanden, okay?“ sagt er eindringlich. „Du bist nicht Kate. Sie war... ach man, ich sage das ungerne über Allisons Tante, aber sie war ein Psychopath. Sie war krank. Und gewalttätig. Und manipulativ. Und gemein. Du bist nicht wie Kate, verstehst du?“
 

Derek nickt zögernd.
 

„Es tut mir leid, was sie dir angetan hat ...“, sagt Stiles leise. „Das war nicht richtig. Sie hat dich manipuliert und... und missbraucht.“
 

Derek zuckt zusammen als er das Wort hört, aber er widerspricht nicht und diese schweigende Bestätigung trifft Stiles wie ein Tritt in den Magen.
 

„Aber du bist nicht Kate“, sagt Stiles eindringlich. „Ich bin der letzte Mensch auf der Welt, der behaupten würde, dass du perfekt bist. Du hast einen Haufen Fehler und Macken, und glaube mir, bei Gelegenheit kann ich sie dir gerne alle aufzählen, chronologisch oder alphabetisch, aber...“ Er schluckt. „Die habe ich auch, okay?“
 

Derek hebt den Kopf. Etwas zuckt über sein Gesicht, eine einzelne, komplizierte Emotion, halb Ungläubigkeit und halb verzweifelte Hoffnung.
 

„Ich bin nicht...“ Stiles fährt sich mit der Zunge über seine trockene Unterlippe. Aber er zwingt sich den Blick nicht abzuwenden von Dereks Augen. „Ich bin vielleicht minderjährig. Ich bin ein Teenager, aber ich bin kein ahnungsloser Unschuldsengel. Du hast keine Ahnung, was ich im letzten Jahr alles getan habe. Ich habe die Polizei belogen, ich bin eingebrochen und habe Dinge gestohlen, ich habe Leute gekidnappt und Morde vertuscht. Und ich habe nicht gezögert und ich habe mich nicht schlecht gefühlt, nicht eine Sekunde lang. Du hast keine Ahnung wie weit ich gehen würde... was ich tun würde...“
 

„Hey“, sagt Derek behutsam. Er streckt die Hand aus und lässt sie gleich wieder sinken, als geht es ihm genauso wie Stiles und er weiß plötzlich nicht mehr welche Regeln jetzt gelten, wo sie nicht mehr im Krankenhaus sind. „Es ist okay.“
 

Stiles schluckt und schüttelt den Kopf, und er zwingt sich weiter zu sprechen. „Peter...“, sagt er leise. „Ich habe ihn überfallen und mit Eisenhut gefoltert und ich hätte noch viel mehr getan, um...“
 

„Ich weiß“, unterbricht Derek. „Ich weiß.“
 

„Er ist dein Onkel!“
 

„Und deswegen bin ich auch ziemlich sicher, dass er es verdient hat. Mein Mitleid hält sich in Grenzen.“
 

Stiles gibt ein Geräusch von sich, irgendwo zwischen Lachen und Schluchzen. „Ich bin nicht wie Scott“, flüstert er. „Ich bin auch nicht wie du als Teenager warst. Ich bin nicht… gut. Ich bin nicht unschuldig. Ich bin zynisch und rachsüchtig und skrupellos. Manchmal sehe ich wie Scott mich ansieht ...und ich... ich schäme mich so. Weil er nicht weiß was für ein Mensch ich wirklich bin.“
 

„Er weiß es“, sagt Derek eindringlich. „Und ich weiß es auch. Und es ändert nichts. Nicht für Scott. Und... nicht für mich.“
 

„Ich bin ein schrecklicher Mensch.“
 

„Du bist der faszinierendste Mensch, den ich kenne.“ Er sieht so ernsthaft aus, so entschlossen, dass Stiles ihn damit aufziehen möchte, aber das bringt er nicht über das Herz. So zynisch ist nicht mal er.
 

Ein wackeliges Lächeln zerrt an seinen Lippen. „Wo stehen wir jetzt damit, dass wir beide schreckliche Menschen sind, die … Gefühle haben?“

Denn das hat er nicht vergessen.

Dieser Satz hat sich in seine Gehirnwindungen eingebrannt wie eine Tätowierung.

„Weil du beinah gestorben wärst mit dem Gedanken, dass ich dich nicht liebe.“
 

Er weiß nicht genau, was er damit anfangen soll, mit dieser halben Information ohne Kontext, ohne Erklärung; aber er weiß, dass es das Wichtigste ist, was Derek heute Abend zu ihm gesagt hat. Das Wichtigste, was Derek je zu ihm gesagt hat.
 

„Das was ich im Wald gesagt habe, steht noch“, bemerkt er beiläufig.
 

„Du hast gar nichts gesagt im Wald“, erwidert Derek.
 

„Oh.“

Das stimmt.

Stiles hat sich wortlos auf ihn gestürzt und ihn gepackt und geküsst. Im Nachhinein fühlt es sich an, als hätte Stiles sehr wohl etwas gesagt und zwar jede Menge. Aber nein. Hat er tatsächlich nicht.

Diesem Kuss ging nicht allzu viel Kommunikation voraus, außer einer halben Panikattacke und der zusammenhangslosen Feststellung, dass Derek nackt ist.

Seine Ohren werden rot bei dieser Erinnerung.
 

„Ich will dich“, sagt er und atmet ganz langsam aus. Sein Gesicht glüht. „Ich wollte dich schon die ganze Zeit. Ganz und gar. Richtig. Auf jede Art und Weise wie man diesen Satz interpretieren kann. Ich gebe zu, in den meisten Bereichen meines Lebens habe ich keine Ahnung was ich will – Harvard oder Yale? Curly Fries oder Pizza? Rot oder Schwarz? Keine Ahnung. Aber das… DU … das ist die eine Sache, wo ich genau weiß, was ich will. Dich. Ich will dich.“
 

Da.

Er hat es gesagt.

Er wischt schweißnasse Hände auf seiner Schlafanzughose ab.

Derek neben ihm ist zur Salzsäule erstarrt.
 

„Das… das ist das Romantischste, was ich jemals zu jemandem gesagt habe. Inklusive Lydia und Scott. Also bitte ... sag was?“
 

Er sieht wie Dereks Kehlkopf auf und ab, hüpft als er heftig schluckt. Sekundenlang sieht er vollkommen zerrissen aus. „Ich will dir nicht wehtun.“
 

„Das ist gut.“ Stiles nickt zustimmend. „Ich will dir auch nicht wehtun. Und wenn das keine gute Ausgangsbasis für eine Beziehung ist, weiß ich auch nicht.“
 

Derek rollt die Augen. „Es ist nicht so einfach.“
 

Nichts ist einfach im Leben. Glaub mir - das habe ich sehr schmerzhaft erfahren letztes Jahr.“
 

„Ich bin viel stärker als du.“
 

„Ja und? Wir treten ja nicht im olympischen Ringen gegeneinander an. Außerdem kann ich viel besser planen und Graphiken basteln als du. Wir haben alle Stärken und Schwächen!“
 

„Du bist sechzehn...“
 

„Nicht mehr lange. In weniger als zwei Wochen werde ich siebzehn.“
 

„Dein Vater hat einen Waffenschein und die Lizenz mich zu erschießen.“
 

„Wird er nicht! Nicht wenn ich mich vor dich stelle.“
 

„Es ist dann immer noch illegal!“
 

„Na und? Wir haben so viele illegale Dinge getan in den letzten Monaten, dass das es darauf jetzt wirklich nicht mehr ankommt.“
 

„Du kannst immer so weiter machen, oder?“ fragt Derek sacht und verwundert, als ob Stiles der ungewöhnlichste, seltsamste Mensch ist, den er je kennengelernt hat. „Du wirst für jedes meiner Argumente ein Gegenargument finden.“
 

Stiles nickt. „Kann ich. Werde ich. Du wirst Diskussionen mit mir niemals gewinnen, verlass dich drauf. Und deswegen habe ich auch absolut keine Bedenken, dass du mich übervorteilen oder zu irgendwas nötigen könntest, selbst wenn du wolltest. Mein Dad ist der Sheriff, ich kenne meine Rechte!“
 

Derek schnaubt, aber es klingt vor allem warm und amüsiert, und es stellt seltsame Dinge in Stiles' Brustkorb an.
 

„Der einzige Grund, den ich akzeptieren werde, ist wenn du mir sagst, dass du mich nicht magst. Nicht… auf diese Art. Wenn es das ist, dann …“ Er zuckt hilflos mit den Schultern. „Wenn du mich einfach nicht magst, dann werde ich das akzeptieren und dich nicht mehr damit nerven.“

Historisch gesehen ist Stiles nicht gut darin ein ‚nein‘ als Antwort zu akzeptieren.

Aber er wird es lernen.

Er hat es Lydia zuliebe gelernt.

Er wird es auch Derek zuliebe lernen.
 

Derek ist sehr lange still. „Du weißt, dass es das nicht ist“, sagt er schließlich.
 

Stiles atmet aus und schließt die Augen. „Sag es.“
 

„Was?“
 

„Du hasst mich gar nicht?“ flüstert er, weil er das unbedingt noch einmal hören muss. Oder zehn Mal. Das und … das andere. „Du hasst mich nicht?“
 

„Ich habe dich nie gehasst.“ Derek nimmt sein Gesicht in die Hände, so behutsam als könnte Stiles in tausend Teile zerbrechen, wenn man zu viel Druck ausübt. Seine Hände sind groß und warm und sanft, und Stiles hat sich in seinem ganzen Leben noch nie so sicher gefühlt. Zum ersten Mal seit Tagen verliert sogar der Gedanke an Joanna jeden Schrecken.
 

„Stiles…“
 

Das Zimmer ist verschwommen und weichgezeichnet als er blinzelt. Dereks Gesicht ist ein helles Oval, seine Augen groß und dunkel und sehr, sehr ernst.
 

„Darf ich…?“ fragt er leise.
 

Und Stiles nickt, erst zaghaft und dann energisch, er schmiegt sein Gesicht an Dereks Handfläche und er hofft und betet, dass Derek das fragt, was er denkt, dass er fragt. „Ja. Ja! Ja“, flüstert er.

Und Derek küsst ihn.
 

Es ist anders als im Wald, weniger hektisch, weniger abrupt.

Derek ist sanft mit ihm. Seine Lippen sind weich und bestimmt zugleich. Und das erste Mal, seitdem sie sich kennen, lässt Stiles es zu, dass Derek die Kontrolle hat. Zum ersten Mal versucht er nicht den Ton anzugeben, die Oberhand zu behalten, zum ersten Mal verwandelt sich der endlose, ewige Ringkampf zwischen in ihnen in einen Tanz. Stiles gibt sich hin.

Es ist das erste Mal in seinem ganzen Leben und es ist glorreich.
 

„Sag’s nochmal“, wispert er und schlingt die Arme um Derek Hals.
 

„Ich hasse dich nicht“, murmelt Derek gegen seine Lippen.
 

„Nochmal…“
 

Derek lacht. Es ist ein leises, atemloses Vibrieren. „Du machst mich wahnsinnig“, flüstert er. „Aber ich hasse dich nicht.“
 

„Ich hasse dich auch nicht“, erwidert Stiles.
 

Derek flüstert etwas, zuerst zu leise um ihn zu verstehen und dann lauter: „Bitte stirb nie wieder.“
 

„Nie wieder.“
 

Und dann küsst er ihn nochmal und nochmal, und das erste Mal seit Wochen hört Stiles‘ Gehirn auf wild um sich selbst zu kreiseln und alle seine wild umherspringenden Gedanken stehen still. Er fühlt sich warm und sicher und watteweich geborgen.

Es ist wunderschön.
 

„Das Rudel“, murmelt er viel später, ein wenig beschämt, weil er alle anderen völlig vergessen hat. Er ist dicht an Dereks Brust geschmiegt und Derek hat beide Arme um ihn gelegt.
 

„Darüber reden wir nachher.“
 

Wir.
 

„Weil ich hatte dazu eine Power Präsentation erstellt und…“
 

Natürlich hast du das.“
 

Stiles lächelt.
 

ENDE
 

Nachwort: Okay, möglicherweise habe ich noch nicht ALLE Handlungsfäden erledigt. Was passiert jetzt mit dem Rudel? Was ist mit Scott und Derek und der Alpharolle? Was wird der Sheriff sagen, wenn er erfährt, dass Stiles und Derek ... nun ja.

Ich überlasse vieles davon eurer Phantasie.

Und möglicherweise lasse ich mich irgendwann überzeugen noch eine Art Epilog zu schreiben. Aber vielleicht habt ihr ja auch alle erstmal genug von dieser Geschichte. ;)
 

Danke fürs Lesen. Danke für eure vielen lieben Kommentare und E-Mails, die ihr mir im Lauf der letzten Jahre geschrieben habt. Danke für eure Unterstützung und eure Geduld für meine langen, laaaangen Pausen zwischendurch. Ihr seid awesome.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Memphis
2020-03-02T16:24:01+00:00 02.03.2020 17:24
Ich habe jetzt erst gesehen, dass du noch Kapitel dazu geschrieben hast! Ich habe Tränchen in den Augen! Ich liebe es immer noch so sehr, Geschichten von dir zu lesen! Du bleibst mit weitem Abstand einer meiner Lieblingsautorinnen!

Jetzt die große Frage: EIGENES BUCH?! WO KANN ICH ES KAUFEN UND LESEN?! (Darfst mir auch gerne per ENS oder Mail schreiben, wenn du die noch hast.)
Von:  Hatschepueh
2018-11-17T16:09:19+00:00 17.11.2018 17:09
Ich freue mich das diese fantastische Geschichte doch endlich noch ein Ende gefunden hat. Und ein gutes noch dazu. Es bleiben zwar noch Sachen ungeklärt aber es passt. Ein Epilog wäre interessant und ich würde es definitiv lesen und bestimmt lieben aber das Ende kann auch gut für sich selbst stehen. Es müssen nicht immer alle Fragen beantwortet werden manchmal ist es ganz gut wenn man sich seine eigenen Gedanken machen kann.
Von:  Jitzu
2018-11-15T21:30:44+00:00 15.11.2018 22:30
Vielen, vielen Dank!! Ich freu mich so, dass du die Geschichte abschließen konntest. Ich hab diese Fanfiction tatsächlich nie vergessen und zwischendurch immer mal wieder von vorne gelesen. Tatsächlich hab ich garnicht mehr damit gerechnet, dass du sie beendest, umso mehr freut es mich. Klar, wie du sagst fehlen ein paar abschließende Handlungsfäden, aber ganz ehrlich: so viel wie du da reingepackt hast wären vermutlich noch 10 Kapitel notwendig um das einigermaßen abzudecken und ich kann absolut verstehen, dass du die Energie nicht mehr aufbringen kannst. Ich bin zufrieden mit dem Ende. Es hat diesen typischen Kitsch-aber-angenehmer-Kitsch-Flair den ich von deinen früheren Werken schon kenne und der einfach.... passt. Von daher nochmal vielen Dank und ich wünsche dir wirklich, dass dein RL nun endlich wieder entspannter ist.


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