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Der Weg aus dem Kampf

Wenn Träume Berge versetzen
von

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Die Höhle der Dre

Kapitel 29

Die Höhle der Drachen
 

Dhaômas Weg in die Höhle war von angespannter Erwartung geprägt. Das Leuchtmoos verbreitete ein weiches, bläuliches Licht, das kaum hell genug war, um zwei Meter weit zu schauen, da er sich aber Zeit ließ, erkannte er dennoch einige kleinere Details, die ihm durchaus gefielen. Immer wieder kreuzten seltsame Gebilde seinen Weg: die einen wuchsen von unten aus dem Boden und strebten kegelförmig ihren Partnern an der Decke entgegen, die lang gestreckt waren wie Eiszapfen. Sie waren beide aus weißlichgelbem Gestein. Und nass. Manche waren riesengroß, andere kleiner, teilweise gab es monströse Säulen, die wie versteinerte Bäume aussahen. Unter einer dieser Säulen wuchsen Pilze, die einen seltsamen Geruch verströmten.

Längst vergessend, was er hier eigentlich machen sollte, drang der Junge tiefer in diese bizarre Höhle ein. Seine Sinne spielten ihm Streiche, wenn eines der Gebilde aus dem Augenwinkel aussah wie ein zum Sprung gespannter Jaguar oder eines wie ein Mensch. Leise lachend lief er dann einmal darum herum, um sich zu vergewissern, dass sie nicht doch lebendig waren.

Und dann sah er in den Schatten vor sich einen riesigen Felsen. Schon im ersten Augenblick hielt er ihn für einen Drachen, aber selbst als er näher kam, das Herz bis zum Hals hinauf schlagend, blieb es ein Drache. Ruß auf weißem Stein, durchzogen von farbigen Linien, als seien es Adern, und schwefelgelbe Ablagerungen an einigen Stellen, konnten nicht verhehlen, dass diese Statue hier geschaffen worden war. Von wem auch immer, sie war geformt und in faszinierenden Details den Originalen nachgebildet. Zumindest war Dhaôma geneigt, dem zu glauben.

Jedes noch so kleine Detail sog er in sich auf, als er um die gigantische Statue herumging, jeden Fuß vorsichtig vor den anderen setzend. Beinahe hätte er die verwaschenen Zeichnungen an der Wand hinter dem Drachen übersehen, doch das phosphorisierende Licht seines Mooses fing sich in einigen Gebilden und blinkte zurück. Neugierig, was diesen bisher unbekannten Spiegeleffekt ausgelöst hatte, folgte Dhaôma dem Glitzern und fand in den Fels eingelassene Kristalle, die das Licht teilweise auffächerten und zurückwarfen. Sie bildeten die Augen der Drachen, die irgendjemand in mühevoller Kleinarbeit auf den Felsen gemalt hatte.

Es waren Bilder, die in ihrer Einfachheit nicht mit den Drachen mithalten konnten. Einmal war etwas Blaues angedeutet. Vielleicht ein See. Dann wiederum schwebende Inseln, auf denen Häuser, genauer gesagt, ein Haus abgebildet war, das fast wie ein Tempel so schlicht gehalten war. Und dortherum flogen stilisierte Drachen.

Lange betrachtete Dhaôma das Bild. In seinem Innern wusste er, dass ihm dieses Bild etwas sagen wollte, aber er konnte nicht genau erfassen, was das war. Mimoun musste her!

Eilig lief er zurück, ließ nur einen Teil des Leuchtmooses zurück, damit er die Stelle anschließend wieder fand.
 

Als Mimoun zurückkehrte, schien sein Freund noch immer in dem Gang herumzukriechen, denn nirgends war eine Spur von ihm zu entdecken. Kurz huschte sein Blick unsicher über den Eingang. Dem Stand der Sonne nach zu urteilen, war der Geflügelte eine ganze Zeit lang weg gewesen. Vorsichtig legte er seine Beute ab und hockte sich vor den Gang, lauschte mit geschlossenen Augen hinein. Nichts. Kein Geräusch war zu hören.

Nach einigem Zögern zog er sich wieder zurück und machte sich daran, das Feuer in Gang zu bringen und das Fleisch haltbar zu machen. Seine Sinne und Aufmerksamkeit richteten sich fast völlig auf das Loch, wo er jeden Augenblick die Rückkehr Dhaômas erwartete. Dieser sollte nur kurz erkunden, nicht schon komplett durchwandern oder sich in Gefahr begeben.

Als hastige Schritte aus dem Gang erklangen, erhob er sich alarmiert. Ob etwas vorgefallen war? Ob er vor irgendetwas flüchtete?
 

„Mimoun!“ Dhaôma rief seinen Namen, ehe er ihn sehen konnte. Lange dauerte es danach nicht mehr, bis er ihn erreichte. Atemlos hielt er sich an dessen Schultern fest und versuchte zu mehr Sauerstoff zu kommen. „Du musst sofort mitkommen! Da sind Bilder und ich verstehe sie nicht! Irgendwas mit einem See und einer fliegenden Insel! Da ist ein Haus drauf, vielleicht kennst du das, dann wüssten wir, wohin wir gehen müssen, denn ein Drachennest ist da auch abgebildet. Und überall Drachen! Manche sind wunderschön! Oder ganz schrecklich gefährlich!“ Endlich atmete er einmal tief durch, bevor er sich aufrichtete. „Los, komm!“
 

Im ersten Moment war Mimoun nicht fähig sich zu rühren. Völlig atemlos kam Dhaôma auf ihn zugehetzt und krallte sich an ihm fest. Schnell glitt sein Blick wieder zum Höhleneingang, ob seinem Freund etwas folgte, erst danach erreichten die Worte sein Ohr. Erstaunt sah er ihn an und stützte ihn mit den Händen so gut es ging.

„Ganz ruhig. Noch einmal langsam.“, versuchte er aus den schnellen Worten schlau zu werden. „Dort drin sind Bilder von Drachen? Und einer Insel? Und ich soll mir das angucken?“
 

„Ja.“ Ein heftiges Nicken unterstrich diese Antwort.
 

Mimoun löste sich mit einem Nicken. „Gut. Wenn es nur Bilder sind, werden sie nicht weglaufen.“, stellte er sachlich fest und wandte sich wieder dem immer noch brennenden Feuer zu. Dhaôma würde nun, bei einem so deutlichen Hinweis, sicher so schnell keine Ruhe mehr geben und so nahm er das Fleisch vom Feuer und löschte es sorgfältig. So könnten sie später vielleicht noch die Holzreste für ein erneutes Feuer nutzen und ihre Arbeit hier beenden. Schließlich klopfte er seine Hände ab und wandte sich widerstrebend dem Höhleneingang zu. „Na dann wollen wir mal.“, erklärte er und deutete Dhaôma an, ihm den Weg zu zeigen. Innerlich wappnete er sich schon für das Schlimmste.
 

Dieser hatte mehr im Weg gestanden, als geholfen, selbst wenn er sich bei der Arbeit um Hilfe bemüht hatte. Seine Aufregung war zu groß und es musste alles zu schnell gehen, als dass er wirklich hilfreich war. Dann musste er sich gehörig zusammenreißen, um nicht vorneweg zu rennen. Mimoun brauchte auch Zeit, um das hier genießen zu können, immerhin sah er das zum ersten Mal. Zu diesem Zweck hatte ihm Dhaôma auch ein wenig Leuchtmoos in die Hand gedrückt, das zu dem, das er auf seinem Weg schon verteilt hatte, leuchtete. Je mehr, desto heller, desto mehr konnte man sehen und bewundern. Trotz Flügel war es hier nicht so eng, dass er überall anstieß. Nur manchmal war die Decke zu niedrig, so dass er die Schwingen abblatten musste.
 

Es ging besser als erwartet, stellte Mimoun verwundert fest. Er war eigentlich vom Schlimmsten ausgegangen. Umso lieber nahm er sich die Zeit, sich im schwachen Licht des Mooses umzusehen. Wie schon Dhaôma bestaunte er die seltsamen Gesteinsformationen und Gebilde, die ihren Weg säumten, vergessend, wo er sich hier eigentlich befand.

Als er nach gefühlten Ewigkeiten bei der Drachenskulptur ankam, blieb er ehrfürchtig in einiger Entfernung stehen und starrte sie wortlos an. Nur zögerlich trat er näher und hob die Hand. Er wagte es nicht, sie zu berühren, ließ sie in wenigen Zentimeter Abstand darüber schweben.

„Beeindruckend.“, murmelte der Geflügelte, während er sich die Statue sorgfältig von allen Seiten betrachtete.
 

Dhaôma stand wie auf Kohlen. Einerseits wollte er nicht drängen, Mimoun seine Zeit lassen, andererseits wollte er ihm die Bilder zeigen. So übte er sich in Geduld, während er von einem aufs andere Bein trat. Als er fand, dass dieser die Statue lange genug angehimmelt hatte, zog er ihn schließlich zu den Bildern.

„Sag mir, was du denkst!“, forderte er. „Sieht es nicht so aus, als wäre das eine Insel über einem See?“
 

Am Rande hatte Mimoun sehr wohl Dhaômas Unruhe bemerkt und es amüsierte ihn. Dabei konnten die Bilder, wie schon erwähnt, nicht wegrennen.

Aber er folgte dieser unnachgiebigen Bitte und wandte sich nun den Bildern zu. Hier zeigte er weniger Scheu sie zu berühren. Seine Finger folgten seinen Blicken, wanderten über die Drachen, zogen weiter über die Insel mit dem Haus und kamen schließlich auf dem Blau zur Ruhe. Prüfend legte er den Kopf schief.

„Ja.“, erwiderte er langsam. „Aber ich kenne keine Insel mit nur einem Gebäude. Oder es heißt einfach nur, dass es sich um eine bewohnte handelt. Und Seen gibt es einige in unserem Territorium. Nur bleiben die Inseln normalerweise nicht darüber schweben. Aber ich weiß von keiner Insel, auf der solche Massen an Drachen zu Hause gewesen wären. Vor allem muss diese Insel riesig sein, wenn die Drachen dort leben sollten. So eine gibt es nicht. Schon gar nicht mit einem See in der Nähe.“

Mimoun löste seine Finger von der Wand. Nachlässig wischte er die Feuchtigkeit, die daran hängen geblieben war, ab und kramte die Karte hervor, die er immer bei sich trug. Kritisch musterte er diese und suchte darauf nach Hinweisen.
 

Dhaômas Enttäuschung hielt nicht lange. Viel zu interessant war das. „Und was glaubst du, was diese Wolken hier zu bedeuten haben? Sogar Blitze haben sie dazu gemalt.“ Seine Finger strichen über die dunklen Schatten mit den gelben Zacken darin. „Vielleicht kann man die Insel nur bei Gewitter finden.“
 

„Na dann leg mal los.“, grinste Mimoun und faltete die Karte zusammen. Auf die Schnelle ließ sich nichts Vergleichbares finden.
 

Wenn es so einfach wäre, hätten sie sich nicht so bemühen brauchen. Dann wären die Drachen immer gekommen, wenn einer der Magier Regen gerufen hätte. Mit einem scheelen Blick bedachte er Mimoun, der das ganze nicht ernst zu nehmen schien.

„Vielleicht ist das auch kein Hinweis.“, zuckte er die Schultern. „Immerhin kann es sein, dass das hier nur jemand gemalt hat, der gerne malt.“ Aber das war nicht das Gefühl, das er hatte. „Vielleicht zeigt es uns aber den Ort. Oder es bedeutet, dass man den Ort nur an bestimmten Tagen finden kann. Immerhin schweben diese Inseln.“

Wieder hob sich seine Hand sehnsüchtig zu der Insel mit dem Tempel, wo die Drachen nisteten. „Aber wenn es diese Insel wirklich geben würde, hätte Addar dann nicht gesagt, dass er sie kennt?“
 

Ja. Das war eine schwebende Insel. Soweit waren sie schon.

„Wenn er sie nicht kennt, bedeutet das, dass sie an einem Ort sein muss, der für Meinesgleichen nicht zu erreichen ist. Irgendwo über Wasser.“ Der Geflügelte runzelte die Stirn und fuhr mit seinen Fingern wieder prüfend über die Wand. Noch immer war sie feucht, beinahe nass. Alles voller Wasser. Viel Wasser. „Großes Wasser.“, flüsterte er mehr zu sich selbst. „Weit hinaus kommen wir nicht, da dort eigentlich keine Inseln schweben. Wir hätten nichts, auf dem man sich ausruhen kann.“
 

Erkennend weiteten sich die braunen Augen. Ja, das Große Wasser! Das musste es sein! Das Buch hatte doch auch gesagt, dass man die Drachen am Großen Wasser finden konnte. Und wenn es damit eine Insel meinte, die über diesem Großen Wasser schwebte, dann waren die Hanebito kaum in der Lage, dorthin zu gelangen. Aber… „Wenn ihr diese Insel nicht erreichen könnt, wie sollen wir sie dann erreichen?“
 

Mimoun verzog erneut das Gesicht, als sich ihm der Magen umdrehte.

„Du… bist doch schon einmal auf dem Wasser gereist.“ Zumindest war das eine Möglichkeit, falls es sich nur um die Entfernung zum Festland handelte. Sollte es wegen der Höhe… nein. Die Drachen waren auch in der Lage dort zu fliegen. Warum sollte es einem leichteren, wendigeren Geflügelten nicht gelingen? „Ich mache mir eher Sorgen deswegen.“, meinte Mimoun und deutete auf die Wolkenbildungen um der Insel. „Warum sind die hier mit eingezeichnet?“
 

„Um zu zeigen, dass die Insel weit oben schwebt?“, mutmaßte Dhaôma nachdenklich.
 

Nur wenig überzeugt zuckte der Geflügelte mit den Schultern. „Hätten sie dann nicht unten das Wasser, dann eine Wolkenschicht und schließlich weit drüber die Insel mit den Drachen malen müssen?“ Erneut legte er den Kopf schief. „Finden wir erst einmal zum großen Wasser. Wir werden dann ja sehen was uns erwartet.“
 

„Meinst du denn, das schaffen wir noch vor dem Winter?“, zweifelnd und mit den Gedanken und Augen noch immer bei den Bildern äußerte er diese Sorge. „Und soll das heißen, es gibt in dieser Schlucht keine Drachen?“ Wieder ging er alle Bildnisse durch. Eines der Bilder war besonders faszinierend und das war ein Drache auf einem Nest, der liebevoll auf die Eier hinab sah.
 

Mimoun nahm sich ein wenig des Mooses und sah sich aufmerksamer in der gesamten Höhle um, doch nichts wies hier auf die Anwesenheit von Drachen hin. Keine Knochen, wie auf dem Friedhof, keine Schuppen, Krallen oder andere Hinterlassenschaften.

Schließlich kehrte er zu seinem Freund zurück. „Nein. Hier gibt es keine Drachen.“ Erneut glitten seine Finger über das Bild der Insel. „Sie ist unsere letzte Chance.“

Innerlich freute er sich. Es hieß, dass sie nicht mehr durch die Schlucht wandern mussten. Ab jetzt konnten sie an ihrem oberen Rand dem Verlauf folgen. Dennoch bedauerte er es auch, hieß es doch, dass ihre Suche noch lange nicht zu Ende war.
 

Dhaôma hatte sich in der Zwischenzeit der Skulptur des Drachen gewidmet. Jede einzelne Schuppe war mit liebevoller Kleinarbeit geformt worden. Selbst die Nüstern waren fingertief. Aber wenn er sich seinen Drachenzahn vergleichend ansah, war dieses Exemplar doch recht klein.

Aufregung wuchs in ihm. Das würde ganz schön Mut erfordern, den Drachen entgegenzutreten! Vor allem, wenn sie groß waren und so böse schauten wie diese Statue hier.

„Mimoun! Ich werde nach draußen gehen und einen Brief an Addar schreiben. Vielleicht weiß er, wo diese Insel ist! Oder er hat schon mal davon gehört.“ Und schon rannte er hinaus, um möglichst noch das letzte Licht des Tages zu erwischen, nur um festzustellen, dass es inzwischen draußen stockdunkel war. Offenbar waren sie länger in dieser Höhle gewesen, als es ihm vorgekommen war.
 

„Tse.“, gab Mimoun von sich, als Dhaôma urplötzlich verschwand. Ein Teil des Lichtes verschwand mit ihm. „Lass mich ruhig allein hier. Ist ja so gemütlich.“

Langsam machte auch er sich auf den Rückweg. Nun allein empfand er seine Umgebung als drückend und einengend. Vorsichtig tastete er sich an der Wand entlang. Zwar war der Weg ganz gut zu erkennen, doch er fühlte sich nun erst recht unwohl hier unten. Als er schließlich aus dem Gang trat, atmete er tief durch.

Aufgrund des Leuchtmooses war es ihm möglich, seinen Freund auszumachen. Zielstrebig steuerte er auf ihn zu und pfefferte ihn seine eigenen Reste dieser Pflanze an den Kopf. „Vielen Dank auch.“
 

Etwas überrascht, reagierte Dhaôma verspätet, so dass er nur noch einen Teil des Mooses auffangen konnte. Das meiste verteilte sich in seinen Haaren und zu seinen Füßen. Er verstand die Wut nicht so richtig. Was genau hatte er falsch gemacht?
 

Mimoun seufzte ergeben. Dhaôma sah ihn nur völlig verwirrt an, schien nichts zu begreifen. Dieser Junge war einfach unglaublich. Er hatte eine Spur zu seinen Drachen und schon vergaß er alles um sich herum.

„Ich geh nur wegen dir da rein und du hast nichts Besseres zu tun, als mich bei der erstbesten Gelegenheit da unten allein zu lassen.“ Er trat weiter auf seinen Freund zu und legte ihm die Hand auf den Kopf. „Würde ich dich nicht kennen, könnt ich glatt auf die Idee kommen, du würdest das mit Absicht machen.“
 

„Nein!“ Der Ausruf kam im Reflex. Er machte so was doch nicht mit Absicht! „Es tut mir Leid! Ich hab nicht darüber nachgedacht. Und ich hab doch Licht gemacht, damit du alles sehen kannst, und…“ Er verstummte, als ihm klar wurde, dass Mimoun schon impliziert hatte, dass er nicht davon ausging, dass er das absichtlich tat. „Entschuldigung.“
 

Mit einem milden Lächeln zog er Dhaôma näher, lehnte seine Stirn gegen dessen Schulter. Seine Hand wanderte weiter, kraulte den Magier beruhigend im Nacken, nur kurz. „Zur Entschädigung will ich Erdbeeren.“, verlangte er mit einem jungenhaften Grinsen. Er pochte seinem Freund mit dem Fingerknöchel gegen die Stirn und wandte sich dem verkohlten Holzstapel zu. Seine Arbeit, die er vor seinem Abstieg in die Erde begonnen hatte, konnte er ruhig noch heute Abend erledigen. Er war noch ziemlich munter, selbst wenn es nun bereits dunkel war. Mit einer leichten Berührung des Felsbodens neben sich, bot er dem Magier an, sich neben ihn zu setzen.
 

Nickend ließ der Junge sich im Schneidersitz neben ihn fallen. „Erdbeeren, die hier auf dem Felsen wachsen, wird es nicht geben. Dazu brauche ich mehr Erde.“ Was schon der Name implizierte. „Sobald wir welche haben, bekommst du welche.“ Kichernd legte er die Hand gegen die kohleartigen Äste. Linien leuchteten schwach auf und schon regenerierte sich das Holz, so dass man es erneut abbrennen konnte.

„Mir ist was eingefallen.“, meinte er leise, während er die Hand sinken ließ. „Wenn wir bis zum Winter nicht gefunden haben, was wir suchen, gehen wir zurück zu Cerel?“ Nachdenklich starrte er blicklos auf die Holzscheite.
 

Dankbar machte sich Mimoun daran, das Feuer neu zu entfachen und das Fleisch fertig zu braten. Dann dachte er über die Frage nach.

„Es wäre schön, sie mal wieder zu besuchen.“, murmelte er. „Und sie würden sich freuen. Aber niemand kann vorhersagen wie streng der Winter wird. Wenn selbst wir anfangen würden mit frieren, bist du dort oben tot.“ Kurz kicherte der Geflügelte. „Oder wir stecken dich in den Ofen, damit du dauerhaft warm bleibst.“ Er legte den Kopf schief. „Oder wir bauen dir unterhalb eine Hütte oder etwas ähnliches. Dann können wir dich ständig besuchen und du wärst nicht allein. Es ist ja nicht so weit nach unten.“
 

„Aber die Inseln fliegen doch weg, oder?“, fragte Dhaôma. Der Gedanke, dass er im Winter erfrieren könnte, war ihm noch gar nicht gekommen. Dabei hatte er sich doch vorgenommen, dass er dieses Mal Vorbereitungen treffen würde, damit es nicht so endete wie im letzten Winter, den er nur mit Glück überlebt hatte.
 

„Ja.“, erwiderte Mimoun gedehnt und verschränkte die Arme, begann laut zu grübeln. „Aber sie bewegen sich nur langsam und auf einem festen Weg. Das heißt für eine gewisse Zeitspanne stellt das kein Problem dar, da wir auf unseren Schwingen ziemlich schnell sind. Aber wie transportiert man eine ganze Hütte von einem Fleck zum anderen?“ Ihm kam wieder das Graszelt Dhaômas in Erinnerung. „Stimmt. Gras und Holz sind da leichter zu transportieren als Stein. Aber reicht so was als Schutz vor der Kälte?“ Hilflos zuckte er mit den Schultern. Er selbst hatte so was nie ausprobieren müssen, konnte es also nicht sagen.
 

„Wenn man immer heizt… Aber bei Holz besteht immer die Gefahr, dass es abbrennt. Felsen ist da sicherer.“ Aber egal, wie man es drehte und wendete, es würde bedeuten, dass er während der schneereichen Zeit wieder allein sein würde. Irgendwie hatte er Angst davor. Lieber wäre es ihm, wenn sie den Drachenhorst schon vorher erreichen könnten, so dass er wenigstens eine der Echsen als Freund in der Einsamkeit bei sich hatte. Andererseits würde das Reptil wohl auch sterben, wenn es kalt wurde. Das hatte er schon oft gesehen, dass sie bei Kälte erstarrten und dann starben.

„Ich glaube, es wäre besser, ich würde mir hier in der Schlucht oder der Nähe des Flusses eine Höhle suchen, abdichten und dann Holz und Vorräte dort lagern, bevor alles einschneit. Aber noch ist es zu früh dafür. Der Sommer ist schließlich noch nicht am Sterben.“
 

„Uns.“, korrigierte Mimoun und wuschelte seinem Freund durch die Haare. „Wenn du hier bleiben willst, bleibe ich auch hier. Ich lasse dich doch nicht den ganzen Winter über alleine. Schon gar nicht in so einer Umgebung.“ Bezeichnend sah er in die Runde.
 

„Danke.“ Freude mischte sich mit Erleichterung, zeigte sich auf seinen Wangen als leichter Rotschimmer, der in den wachsenden Flammen verschwamm. Er ließ sich von Mimoun ein wenig des Fleisches geben, um beim Grillen mitzuhelfen.
 

Durch Dhaômas Hilfe wurden sie schnell fertig mit ihrer Arbeit. Nach der Mahlzeit legte sich Mimoun schlafen, denn es war schon spät. Und die Aufregung durch die Höhlenwanderung hatte mittlerweile nachgelassen und ließ seinen Körper sein Recht fordern.
 

Der nächste Morgen begann sehr zeitig. Wie immer war Dhaôma dennoch vor ihm wach und werkelte bereits geschäftig herum. Mimoun selbst blieb noch ein wenig liegen und beobachtete seinen Freund bei seiner Arbeit. Schließlich erhob auch er sich. Der Geflügelte wollte so schnell wie möglich aus der Schlucht raus, ohne es allzu deutlich nach Flucht aussehen zu lassen.

Dhaôma eröffnete ihm wenig später, dass er einen Brief an Addar verfasst hatte. Mimoun sah nur kurz zu der Höhle. Bericht erstatten. Da war was.

„Das schaff ich innerhalb weniger Stunden selbst. Da brauchen wir keinen Boten dazwischenschalten. Sind da auch gleich Salbenrezepte mit dabei?“, hakte Mimoun nach und begann bereits, seine Sachen zusammenzupacken.
 

Dhaôma wedelte mit einigen der Papierrollen. „Da sind auch Proben mit dabei, damit sie wissen, welche Pflanzen ich meine.“ Die wenigen Dinge, die er ausgepackt hatte, verschwanden in seinem Beutel und schon war er abmarschbereit. „Bringst du mich noch nach oben, dann versuche ich, den Fluss wieder zu finden. In der Höhle findest du mich nie.“
 

Erleichtert nickte Mimoun. Es war gut, dass der Junge selbst auf diese Idee kam, da brauchte er es ihm nicht anraten.

„Natürlich.“, setzte er noch hinzu und schon packte er seinen Freund und trug ihn zum Rand der Schlucht empor. Nach einem sichernden Blick in die Runde stellte er Dhaôma ab, befestigte den Wasserschlauch am Gürtel, nahm die Papierrollen an sich und reichte dem Magier seine Tasche.

„Kannst du darauf aufpassen?“, bat er. „So lange wollte ich ja nicht weg sein und es ist nur unnötiger Ballast.“ Die Rüstung bürdete er seinem Freund dann aber nicht auf. Das konnte dieser gar nicht alles schleppen.

„Ich bin so schnell es geht zurück.“
 

Nickend wartete der Magier noch genauso lange, bis er Mimoun nicht mehr sah, bevor er sich auf den Weg machte. Aufs Geratewohl einfach in eine Richtung, von der er vermutete, dass es die richtige sein würde.

Es war zu heiß in der prallen Sonne, die unbarmherzig vom Himmel brannte. Dhaôma war regelrecht froh, dass Mimoun in der Luft dieser Hitze entfliehen konnte. Diese karge Felslandschaft ohne Fluss war nicht dafür geschaffen, viel Unterschlupf zur Verfügung zu stellen. Fast wie damals in der Wüste.

Schon am ersten Abend hielt er Ausschau nach seinem Hanebito, der nicht kam. Nicht mal am Horizont. Und damit Mimoun ihn auch ja nicht verfehlen konnte, ließ er nachts das Leuchtmoos wachsen. Seinen Weg pflasterte er mit einer Spur aus lilafarbenen Blumen.

Auch am nächsten Tag kam Mimoun nicht zurück. Einsam lag Dhaôma auf dem Rücken, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, und starrte in den nachtschwarzen Himmel. Kein Stern war zu sehen. Es hatte am Abend zugezogen. Vielleicht würde es regnen. Zumindest wurde es sicherlich schwül am nächsten Tag.

Seine Prognose war richtig. Die feuchte Hitze nahm ihm den Atem und die Ausdauer. Das Gewicht der ganzen Sachen ließ ihn noch langsamer vorankommen. Außerdem blickte er alle paar Meter hinauf, um zu sehen, ob Mimoun nicht doch endlich kam. Nie hätte er gedacht, dass er sich solche Sorgen machen könnte. War ihm etwas passiert? Er war doch schon so lange weg. Und hatte er nicht gesagt, dass er nicht lange brauchen würde?

„Wo bleibst du? Geht es dir gut?“ Sorgenvoll starrte er minutenlang in den Himmel, bis die ersten Tropfen fielen. Längst war es Nachmittag und jetzt entlud sich die unheilschwangere Atmosphäre in einem mächtigen Gewitter. Dhaôma fand keinen Schutz in der Felslandschaft, nur seine Sachen bedeckte er mit den riesigen Blättern des Ölbaumes, um sie vor Verderb zu schützen. Ihm selbst machte das Wasser nichts aus, wie es durch seine Haare spülte, den Staub und Schweiß abwusch. Nur die Angst, die in ihm schwelte, konnte der Regen nicht vertreiben.

Auch am nächsten Morgen regnete es noch und Dhaôma wusste, dass sich Mimouns Ankunft weiterhin verzögern würde. Solange es regnete, konnte der Geflügelte nicht so unbeschwert fliegen wie sonst. Mit Unlust machte er sich auf den Weg. Das hatte zum Teil noch einen anderen Grund als Mimouns Abwesenheit. Ihm war klar geworden, dass die Herbststürme eingesetzt hatten. Der Sommer würde bald sterben. Lange würde es nicht mehr dauern, bis die Blätter bunt wurden, bis es kalt wurde. Lange hatten sie nicht mehr, um voranzukommen. Und für ihn hieß das, dass er sich entscheiden musste: Wollte er das Große Wasser noch vor dem Winter erreichen oder wollte er es aus eigener Kraft schaffen? Und wie war das Leben im Winter in der Nähe von so viel Wasser? War das nicht noch kälter als in den Bergen? Wasser gefror doch. Oder konnte soviel Wasser gar nicht gefrieren?

Am nächsten Tag gegen Mittag erreichte er den Fluss wieder. Er hatte ihn schon von weitem gehört, denn er stürzte sich direkt aus dem Felsen Meterweit in die Tiefe und bedeckte alles mit seinem Sprühnebel. Es zauberte seit Tagen das erste Lächeln auf Dhaômas Gesicht. Was ein Wahnsinnsanblick!
 

Mimoun schwang sich in die Lüfte und folgte dem Fluss und der Schlucht in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Obwohl er kaum Pausen machte, um sein Wort an Dhaôma zu halten, überschritt die Sonne bald ihren Höhepunkt. Nachdenklich ließ er sich auf einer Insel nieder und sah sowohl in die angestrebte Richtung, als auch dorthin, wo sein Freund gerade weilte. Dem Geflügelten war gar nicht bewusst gewesen, dass sie sich bereits so weit von Addars Dorf entfernt hatten. Laufen war eine sehr langsame Fortbewegungsart. Deshalb beeindruckte es ihn so. Oder wurde er etwa schneller? Na ja. Meistens flog er. Dhaômas Ausdauer bestimmte also die bewältigte Strecke.

Das war nicht die Frage, die es zu beantworten galt. Sollte er nicht lieber ein Dorf und einen Boten für die restliche Strecke suchen, damit sich der Magier keine Sorgen um ihn zu machen brauchte? Oder sollte er es durchziehen? Schließlich hatte er ja angekündigt, Addar persönlich den Bericht zu übergeben.

Noch einmal sah er in Dhaômas Richtung zurück, bevor er sich mit einem ergebenen Seufzen erneut auf den Weg machte. Auch wenn er sich Mühe gab, auch wenn er das Tempo ein wenig anzog, erreichte der Geflügelte dennoch erst in den späten Nachmittagsstunden die gesuchte Insel. In Gedanken leistete er Abbitte an Dhaôma. Da musste er sich was Besonderes zur Entschädigung einfallen lassen. Oder er verzichtete auf die Erdbeeren, die noch ausstanden.

Freudig wurde er in Empfang genommen. Man bestürmte ihn mit Fragen. Wie es ihnen ginge? Wo Dhaôma denn stecke? Was sie erlebt hätten? Und ähnliche Fragen mehr. Mimoun hielt die Antworten erst einmal ziemlich knapp. Asam und Addar waren bei einer Ratsversammlung und würden erst in einigen Stunden zurück sein. Stattdessen überreichte er Eloyn die Salbenrezepte. Sie kannte sich in dieser Kunst am besten aus. Sie konnte das in den Schriftrollen enthaltene Wissen am besten umsetzen. Kurz warf die Frau einen flüchtigen Blick darauf und wandte sich wieder Mimoun zu. Auch sie war momentan eher an neuen Geschichten interessiert.

Als auch Leoni auf ihn zutrat und ihn nach einer herzlichen Umarmung neugierig und gespannt ansah, kapitulierte er mit einem milden Lächeln. Sanft strichen seine Finger über Serens Köpfchen und sie quietschte vergnügt, als seine Finger über ihren Bauch tanzten. Er ließ sich neben dem Kirschbaum nieder, den der Magier erweckt hatte, das Dorf setzte sich um ihn herum und lauschte aufmerksam seinen Worten. Viel war es nicht, was Mimoun seit ihrem Weiterziehen zu berichten hatte. Die Durchquerung der Schlucht mit ihren Tücken, die Entdeckung der Höhle und ihr Geheimnis.

Kaum hatte er geendet, tauchten Addar und sein Enkel auf. Erstaunt und auch erfreut begrüßten sie den unerwarteten Besucher. Auch ihnen musste Mimoun alles haarklein erzählen, was er dann in gemütlicher Runde nach dem Abendessen in der Hütte tun durfte. Dass er auch alles niedergeschrieben bei sich trug, war unwichtig geworden. Dennoch händigte er Addar das Schreiben zusätzlich aus. Auch erklärte Mimoun ihm, dass er Eloyn bereits einige Rezepte gegeben hatte, wofür sich der Alte bedankte.

Der Abend verlief in gemütlichem Beisammensein. Asam umschwirrte und umflirtete seine Frau noch schlimmer als früher. Seine Tochter wurde von ihm ebenso himmelhoch bejubelt, sie bekam es nur noch nicht so ganz mit. Mimoun konnte nicht sagen, ob dies zum Vorteil des Säuglings war, aber es amüsierte ihn. Diese bedingungslose Liebe Asams zu seiner Familie war schon ein wenig skurril.

Es wurde spät und so entschloss man sich, ausstehende Fragen auf den nächsten Tag zu verschieben. Diesmal wurde kein extra Raum für Mimoun abgetrennt. Er wurde einfach mit in einem der vorhandenen Räume einquartiert.

Der nächste Morgen begann entspannt, aber nur so lange, wie Mimoun auf seinem Lager döste. Sobald er die Hütte verließ, verdüsterte sich seine Miene. Sehr weit entfernt am Horizont konnte er dunkle Wolken ausmachen. Und sie schienen sich noch auszubreiten. Sowohl in seine Richtung als auch in Dhaômas. Es würde ein beschwerlicher Rückweg werden. Bei Regen flog es sich so schlecht. Und er musste doch schnellstmöglich zurück zu seinem Magier. Dieser machte sich sicher schon Sorgen. Dhaôma war nun einmal so.

Addar tauchte am Rande seines Blickfeldes auf und Mimoun konzentrierte seine Gedanken nun auf den älteren Geflügelten. „Machst du dir Sorgen um deinen Freund?“

Mimoun kicherte und wandte seinen Blick wieder in die Ferne. „Nein. Er kommt sehr gut allein zurecht, auch wenn ihm das Alleinsein auf Dauer nicht gut tut. Ich fürchte nur, er macht sich eher Sorgen um mich. Ich hatte schließlich nicht vor, so lange weg zu bleiben.“

Der Älteste nickte verstehend und schwieg eine Weile, bevor er wieder zu sprechen anfing. „In dem Brief war eine Frage bezüglich der gemalten Insel und ihres Aufenthaltsortes.“

Mit einem Nicken zeigte Mimoun an, dass er verstand, worum es gerade ging. „So auf die Schnelle kann ich euch da nicht weiterhelfen. Aber ich werde mich umhören. Ich werde Boten ausschicken und nach Hinweisen forschen lassen.“

Dankbar nickte Mimoun erneut. Ein wenig war er enttäuscht. Es wäre ihm lieber, wenn er sofort Hinweise gehabt hätte, doch es ließ sich nicht ändern. „Ich wäre Euch sehr dankbar, wenn Ihr das für uns tun könntet.“ Mimoun deutete in die Richtung, in der Dhaôma sich gerade befand. „Wir folgen immer dem Fluss, der von den Wolfsbergen kommt. Er fließt direkt ins Große Wasser, von daher ist dies die einfachste Möglichkeit, es zu erreichen. Und uns zu finden, solltet Ihr eine Nachricht erhalten, die uns nützen könnte.“ Erneut glitt sein Blick in die Ferne und sein Gesicht wurde wieder sorgenvoll.

„Das Gewitter wird dich Zeit kosten auf deinem Rückweg.“, stellte Addar wie nebensächlich fest und Mimoun bestätigte seine Worte mit einem gequälten Lächeln. „Dann solltest du dich wirklich schnellstmöglich auf den Weg machen.“

Der junge Geflügelte nickte dankbar und wandte sich nach einem kurzen Gruß ab. Er streifte durch das Dorf und fragte nach einigen Nahrungsmitteln, die sie entbehren konnten. Es war nicht viel. Man begann bereits für den Winter vorzusorgen. Und an dem Baum waren nicht mehr viele Früchte dran, doch auch davon durfte er sich einige nehmen.

Sich von der Familie Addars zu verabschieden, kostete ihn noch einmal zusätzlich Zeit, da Asam erneut begann von seiner bezaubernden und liebreizenden Tochter zu schwärmen. Sie war ja so süß und knuffig und sein allergrößter Schatz. Selbst Leoni konnte ihrem Mann kaum von seinen Schwärmereien abhalten. Zum Abschluss hielt Asam dem jungen Geflügelten noch einen Brief für Dhaôma hin. Er hatte seine Androhung wahr gemacht und einen fast fünfseitigen Brief über Seren, ihre Verhaltensweisen und Niedlichkeiten verfasst.

Erst gegen Mittag war es Mimoun möglich, zurückzureisen. Die Wolkenwand hatte sich noch ein wenig weiter in seinen Weg geschoben. Und auch wenn er noch nicht darin steckte, so spürte er doch sehr schnell die Winde der Ausläufer. Diese zwangen ihn sehr bald zu einer Rast und der Suche nach einem Unterschlupf. Ein kurzer Blick in den Himmel zeigte ihm, dass es noch dauern würde, bis die Sonne verschwinden würde, und die unberechenbaren Winde ließen ihm trotzdem keine Möglichkeit mehr, noch an diesem Tage weiterzureisen. Zu schnell, zu unkontrolliert wechselten sie ihre Richtung und hinderten ihn eher an seinem Vorwärtskommen, als dass sie ihm halfen.

Am nächsten Morgen wurde er durch Regen geweckt. Der Wind hatte nachgelassen, nun würde ihn nur noch der Regen behindern. Bevor dieser an Stärke zunehmen konnte, ließ sich Mimoun über den Rand der Klippe fallen und segelte dem Erdboden entgegen. Er wollte sich nicht an die Insel fesseln lassen und würde in der Zwischenzeit zu Fuß unterwegs sein. Wann immer sich die Möglichkeit dazu bot, flog er einige Zeit lang. Aber das Wetter war nicht die einzige Schwierigkeit. Seine knappen Nahrungsmittel zwangen ihn dazu, sich auf etwas anderes als seine Rückkehr zu Dhaôma zu konzentrieren. Und die Jagd wurde nicht einfach. Er konnte nicht wie sonst von oben auf seine Beute hinabstürzen. Und der Regen ließ die kleinen Beutetiere unter der Erde Schutz suchen. Die Jagd kostete ihn mehr Zeit, als ihm lieb war.

Welche Freude war es für Mimoun, als er an der Stelle der Schlucht ankam, an der er Dhaôma verlassen hatte. Und noch erleichterter war er, als er die Spur sah. Zwar hatten die Pflanzen ein wenig unter dem vielen Wasser gelitten, für ihn war ihre Bedeutung dennoch deutlich zu sehen: Ich war hier, hier gehe ich lang, folge mir.

Mimoun erhöhte sein Lauftempo. Immer häufiger wehrte er sich gegen die ungünstigen Flugbedingungen und flatterte einige Zeit. Auch wenn es Kraft kostete, auch wenn es ihn immer mehr, immer schneller ermüdete. Er wollte Dhaôma nicht noch länger allein lassen.

Der fünfte Tag begann dann endlich viel versprechend. Der Regen hatte nachgelassen und es kam leichter Wind auf, der an der Ebene entlang strich und Mimouns Flug erleichterte und beschleunigte. Als die Sonne ihren Höchststand ein wenig überschritten hatte, erreichte er das Ende der Schlucht.
 


 

You lift my spirit, take me higher, make me fly,

Touch the moon up in the sky, when you are mine

You lift me higher, take my spirit, make it fly,

Where all new wonders will appear
 

Like the other day

I thought you won't be coming back

I came to realize my lack luster dreams
 


 

[Lift – Poets of the Fall]



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  KuroMikan
2014-10-27T20:12:04+00:00 27.10.2014 21:12
heyho ;)
ich muss an dieser stelle einfach mal loswerden das ich es total süß fand als der kleine magier sich so verzweifelt seelisch und körperlich an mimoun gekrallt hat ;)

und andersherum wie der hanebito im sogar zu fuß nachrennt, weil es ihm dank eines gewitters nicht gegeben ist zu fliegen... das zeigt wie sehr sich die beiden mögen :) das ist sowas von knuffig <3

lg Mikan


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