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Let's live

Eine OneShot-Sammlung zu Haikyuu-Pairs
von

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Erhobenes Glas

XII. Erhobenes Glas
 

“We’re all afraid of not being enough; but the reality is we’re more than enough.”
 

— Unknown
 


 

Auf einen Triumph stößt man an.
 

Grinsend, mit der Sonne im Bauch und schwirrenden Kopf, hebt Iwaizumi die Dose in seiner Hand. Beinahe erreicht sie ihren Blechzwilling und alles scheint gut sein. Alles fühlt sich richtig an. Kein Puzzelteil, was fehlt.
 

Eine vertraute Hand um sein Handgelenk bricht das Eis. Zerstört die Idylle, lässt das Licht in die tiefe Dunkelheit des Sees rein. Kein Schein dieser Welt könnte mehr die Risse verdecken, die sich in Überschall ausbreiten.
 

„Komm mit mir.“

Der Griff um Iwaizumis Handgelenk hart, die Stimme fest und eine Farbe, die ihn an warme Sommertage im Wald erinnert, an das Klettern auf Bäume, das Brechen von Ästen, an imaginäre Schwertkämpfe und das Essen von Stockbrot über einem Lagerfeuer.
 

Er könnte.

Folgen und folgen, immerzu. Jahrelang hat er es getan. Hat sich beschwert und hat gemosert, hat es verneint und sich darüber lustig gemacht – und trotzdem stets gelächelt und an der Seite des Anderen gestanden. War Prometheus für einen Menschen, der sich selbst zum Icarus ernannte.

Er könnte also.
 

Aber Iwaizumi entscheidet sich dagegen.

„Nein.“

Kein weiteres Wort. Keine weitere Erklärung. So viel, was es zu sagen gibt. Zuviel um es in einer Nacht zu schaffen. Womöglich sogar zu viel für ein ganzes Leben.

Wendet also nur seine Augen ab von dem Feuer, was beginnt die Erinnerungen zu verbrennen und starrt stattdessen die winzigen Tropfen auf seiner Dose an.
 

Es dauert mehrere Herzschläge, bevor die Hand um sein Handgelenk loslässt und einige mehr, als Oikawa aufsteht und den Raum verlässt. Ihn verlässt, wie es langsam in Iwaizumi sickert, wie Honig, der viel zu klebrig und überreif ist.
 

Iwaizumi lehnt sich zurück gegen die kühle Wand. Schließlich zieht er seine kalten Beine an, umgreift verkrampft mit beiden Hände die Dose in seiner Hand und lehnt seine Stirn gegen das eisige Getränk. Nur seine Tränen sind unglaublich heiß auf seinen Wangen.
 

Auf einen Triumph stößt man an.

Sogar, wenn das Getränk voller Reue ist.
 

Die Welt dreht sich weiter, Jahreszeiten wechseln sich ab und das Leben zieht wie ein Schnellzug an ihm vorbei. Fremd und eigenartig, mit vielen Gesichtern und Eindrücken, aber nicht von Dauer und ohne wirkliche Substanz. Pudding in den Gliedern, Explosionen im Kopf und Stahl im Herzen. Kein Unfall, aber auch keine Erfüllung.
 

Nur wenn Iwaizumi Bilder von Oikawa sieht, wie er brillant auf dem Volleyballfeld ist und für ihre Nation spielt, stoppt die Zeit und er ist wieder jünger, glücklicher und an der richtigen Stelle seines Lebens. Und wann immer der Andere gewinnt, hebt er eine Dose mit einem Geschmack, der ihn alles bedeutet und für den er sich selbst aufgeben musste.
 

An einen unbedeutenden Abend, schaute ihn Matsukawa irgendwann mit einem undefinierbaren Blick an, als Iwaizumi die Dose zum Prost in Richtung Fernseher, in Richtung Oikawa gehoben hatte.

„Du bist wie ein Kriegsveteran.“

Hanamaki hatte darauf nur angeschwippst gelacht, Matsukawa nicht und Iwaizumi auch nicht. Zuerst hatte er den Vergleich albern empfunden. Später, allein in seiner leeren Wohnung, in seinem harten Bett, stimmte ein Teil seines Bewusstseins zu.

Krieg war es gewesen, als er mit Oikawa befreundet gewesen war. Sie Beide, Seite an Seite gegen jede Hürde, die es gab, durch Wind und Wetter, durch alle Zeiten, ob gut oder schlecht. Und dann auf halber Strecke, kurz vor dem Ziel, war er verwundet worden.

Eine Kugel direkt ins Herz.
 

Eine Kugel, die sich noch immer dort befand. Seine freundschaftlichen Empfindungen getötet hatte und ihn dazu zwang, Oikawa als mehr als nur einen Kameraden auf dem selben Schlachtfeld zu sehen.

Iwaizumi hätte ihn weiterhin folgen können, aber es hätte seinen sicheres Ende bedeutet. Ein Ende, vor dem er sich nach all den Jahren noch fürchtete und ihn Nachts schweißgebadet aufwachen ließ.
 

Auf einen Triumph stößt man an.

Aber was, wenn man es selbst nicht als Triumph empfand?
 

Armageddon bricht über Iwaizumi herein, als er die Neuigkeiten von Oikawas geheimer Lieber erfährt, der er demnächst ein Heiratsantrag machen möchte. Der trockene See in ihm füllt sich mit Sturmwasser, schwappt über die Ränder und reißt die Landschaft und die Tiere in seiner Umgebung ins Verderben.

Äußerlich hebt er die Dose in seiner Hand und prostet dem künstlichen Abbild zu.

„Viel Glück“, krächzt er mit einer Stimme, die ihm fremd ist.
 

Danach bewegen sich seine Beine von ganz allein. Frischer Wind begrüßt ihn, als er das Balkonfenster öffnet. Raue Fliesen kratzen seine nackten Füße und die Geräuschkulisse einer Großstadt dröhnen in seinen Ohren. Trotzdem ist es Nacht und still in ihm und ein ekliger, hässlicher Fleck, erzählt ihm von der Möglichkeit, auch die Sterne und den Mond auszublenden.
 

Gerade als er ausholte, um die Dose in seiner Hand wegzuschmeißen, hinderte ihn das Klingeln an seiner Haustür daran. Perplex runzelt Iwaizumi die Stirn. Es klingelt länger und ohne Pause. Ein Ärger entfacht in ihm, den er, seitdem er Oikawa aus seinem Leben verscheucht hatte, nicht mehr empfunden hatte.
 

Also eilt er zur Haustür und reißt sie auf.

Reißt sie auf zu seiner Vergangenheit, zu seiner Gegenwart und in wenigen Minuten zu seiner Zukunft.
 

Oikawa Tooru steht vor ihm. Eine Farbe, die ihn an warme Sommertage erinnert. Eine bekannte Hand, die eine Dose zum Triumph hebt und eine Stimme, die fest und bestimmend ist.
 

„Auf uns, Hajime. Mögen wir ein langes glückliches Ehepaar werden.“
 

Auf einen Triumph stößt man an.

Besonders dann, wenn es einer des Herzens ist.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  SchwarzflammeDethora
2019-03-29T14:03:13+00:00 29.03.2019 15:03
Ich werde es nie verstehen.
Menschen haben Stimmbänder, Gehirn, Atem und einen Mund.
Wieso benutzen sie diese nur so selten an den richtigen Stellen?
Traurig und armselig zu gleich.
Aber wie dem auch sei, Drama formt das Leben.
Schöne Geschichte!

Gruß SfD
Von:  Jeon_Jungkook
2017-04-09T06:11:38+00:00 09.04.2017 08:11
DDDDDDD=
Ich hab die ganze ff über gedacht, dass Oikawa nun eine Frau gefunden hat, die er liebt und habe Iwaizumi bemitleidet und ihm eine neue Liebe gewünscht. Und dann das! Iwaizumi tut mir noch immer Leid. Aber ich freue mich, dass er nun einen Triumph hat und sich an Oikawas Liebe erfreuen darf! <3
Von:  karlach
2015-03-30T14:42:19+00:00 30.03.2015 16:42
Man leidet so richtig mit Iwaizumi mit; unerwiderte Liebe ist immer schmerzhaft. Gerade, wenn der Liebste kurz davor ist, mit jemand anderem fürs Leben glücklich zu werden (oder man das glaubt), weil gerade da will man sich ja eigentlich auch für ihn freuen können… ; 3 ;
Aber was für ein Antrag, Oikawa! Musstest du ihn erst so traurig machen??


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