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Beast

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Diese FF ist leider noch ungebetat, da ich bei der Wahl meines neuen Betalesers noch unschlüssig bin. Tippfehler bitte ich, mir gesondert in einer ENS zukommen zu lassen, alles andere kann natürlich hier kritisiert werden :3 Komplett anzeigen

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Beast


 

‚Zu den Steinen hat mal einer gesagt: ‚Seid menschlich.‘

Die Steine haben geantwortet: ‚Wir sind noch nicht hart genug.‘
 


 

~*~
 


 

„Katsuya, ich weiß wirklich nicht, ob das so eine gute Idee ist“, protestierte Ryou und blieb stehen. Katsuya drehte sich zu ihm um und die Abenteuerlust, die in dessen Gesicht stand, wollte Ryou gar nicht gefallen. Sein bester Freund hatte sich schon immer für die verrücktesten Sachen interessiert, da war es wohl nicht weiter verwunderlich, dass er ihn jetzt in eine Freak-Show schleppen wollte. Ryou war das ganze Unterfangen von Anfang an nicht geheuer gewesen und irgendwie hasste er sich dafür, zugesagt zu haben.

Katsuya hatte irgendwie aufgeschnappt, dass kurz außerhalb der Stadt ein Circus lagerte, der exotische Absonderlichkeiten versprach, mochte man dem lädierten Flyer Glauben schenken, mit dem er am gestrigen Morgen vor Ryous Nase herumgewedelt hatte.

„Ryou, jetzt sei keine Flasche, das wird sicher endgeil!“

Ryou seufzte leidend in sich hinein. Er wollte keine Flasche sein, ganz sicher nicht. Hatte lange genug gedauert, bis er in der Schule zumindest Katsuya davon hatte überzeugen können, dass er es nicht war, denn mit den üblichen Prolls und Schlägertypen hatte Ryou täglich so seine liebe Not. Er war das Opfer, das es eben überall geben musste, an jeder Schule. Katsuya machte es ihm erträglicher und vor allem hatte Ryou ein schlechtes Gewissen, Nein zu sagen, weil er ihn vor wenigen Tagen erst gegen so ein Arschloch verteidigt hatte, das gemeint hatte, das Maul aufreißen zu müssen.

Nunja, was soll‘s, dachte er, am besten brachte er es so schnell wie möglich hinter sich.
 

Die Gegend in der sie hier waren gefiel ihm gar nicht. Ryou war nicht unbedingt ein Hasenfuß, aber dieses Viertel war statistisch gesehen Dominos unsicherstes, da es die höchste Verbrechensrate vorwies. Desweiteren grenzte es an das Industriegebiet, welches am Stadtrand lag und zum Teil schon stillgelegt worden war.

Der Circus lagerte auf einer großen freien Fläche des Industriegebietes, was Ryou für den Rastplatz eines Circusses schon recht eigenartig vorkam.

Die öffentlichen Verkehrsmittel bedienten hier nur begrenzt die alten Haltestellen, weshalb sie gezwungen waren, noch etwa eine halbe Stunde zu laufen. Ryou hoffte nur, dass sie später nicht im Dunkeln den Heimweg antreten mussten. Er mochte die Dunkelheit nicht, sie war bedrohlich und sie fraß Kinder. Natürlich war er jetzt kein Kind mehr, doch dieses Gefühl hatte er nie ganz abschütteln können.

Ryou fröstelte, so ganz warm war es zu dieser Jahreszeit nicht mehr, und der Himmel hatte sich leicht zugezogen.

„Wir bleiben aber nicht lange, ja?“, bat Ryou mit dem Blick gen Himmel gewandt, woraufhin Katsuya abwesend nur ein „Jaja“, murmelte. Dann fügte er enthusiastisch hinzufügte: „Hey, Ryou, da ist es ja!“

Ryou folgte dem Blick des Freundes und tatsächlich – nicht allzu weit weg waren Wohnwagen zu erkennen, umringt von einem hohen Gitterzaun und etwas, das aussah wie … Käfige. Was ja nun erstmal nichts Ungewöhnliches war für einen Circus, aber der Gedanke daran, dass da vielleicht nicht nur Tiere drin saßen, bescherte ihm eine Gänsehaut.
 

Als sie näher kamen, bemerkten sie das Kassenhäuschen, welches wohl aus verschiedenem Material zusammengezimmert war. Es war nicht besetzt. Während Katsuya die Preisliste studierte, ließ Ryou den Blick schweifen. An der Außenwand des Zaunes, der sich um das Gelände eindrucksvoll und mit Stacheldraht an den oberen Spitzen in die Höhe reckte, waren selbstgemalte Plakate angebracht, die ihn vom Malstil her irgendwie an die Propaganda Blätter im ersten und zweiten Weltkrieg erinnerten – ihr Lehrer für Kunstgeschichte hatte mit ihnen darüber gesprochen. Ryou hatte sie irgendwie als unangenehm empfunden, weil sie so markant und kräftig wirkten und bei diesen Plakaten ging es ihm nicht anders.

Auf einem zum Beispiel war ein Junge mit einem Fischkopf mit piranhartigen Zähnen zu sehen und darunter stand etwas in einer Schrift, die Ryou nicht lesen konnte. Direkt daneben eine wunderschöne Frau, die allerdings durch einen hässlichen Bartwuchs im Gesicht entstellt wurde. Die bärtige Lady sagt Ihnen Ihre Zukunft voraus, stand darunter und Ryou war sich ziemlich sicher, dass er sich nicht von einer Frau mit Vollbart die Zukunft voraussagen lassen wollte.

An einem Plakat blieb er besonders hängen. Ein Mann war darauf abgebildet, ein Mann mit lilafarbenen Augen, aufgerissenem scharfbezahnten Maul und Löwenmähe und Schwanz, den er wie eine Peitsche um seinen Körper schwang. Ryou schauerte es, bei der Bosheit, die der Maler dieses Bildes in ihm eingefangen hatte. Es trug den Titel „Das Biest“ und erinnerte Ryou irgendwie an die gruselige Darstellung eines Mantikoren, welche er mal in einem Buch über Fabelwesen gesehen hatte.

„Hey, Ryou, die Preise sind ein Witz – selbst wenn‘s scheiße wird, machen wir keinen Verlust“, riss ihn die Stimme Katsuyas aus seinen Gedanken.

Für Ryou war das nur ein schwacher Trost. „Hast du dir die Bilder mal angesehen, Kats?“, meinte er gedämpft, doch selbiger winkte nur ab, nachdem er kurz den Blick hatte schweifen lassen.

„Ach was, das ist doch alles nur schräge Unterhaltung, mach dir nicht ins Hemd. Mich würde viel eher mal interessieren, wo hier der Kassierer abgeblieben ist – HALLO, IST HIER WER??“, rief er laut, woraufhin Ryou die Augen verdrehte.
 

„Der junge Herr braucht nicht so zu schreien, Wir hören ihn auch so“, ließ sie beide eine leicht amüsierte Stimme zusammen zucken – und sich ungläubig die Augen reiben. Aus dem Kassenhäuschen, welches zuvor noch unbesetzt gewesen war fixierte sie nun ein Mann, welcher herausgeputzt und geschniegelt und gestriegelt, so gar nicht zu den leicht heruntergekommenen Wohnwagen passen wollte, die hier standen. Langes elfenbeinfarbenes Haar verdeckte eine Hälfte des Gesichtes, das freie Auge blickte sie wach an und Ryou meinte, eine gewisse Diabolik darin aufblitzen sehen zu können. Katsuya schien allerdings nichts zu bemerken, sondern wedelte dem Mann mit zwei Geldscheinen vor der Nase herum: „Wir wollen die Freakshow sehen!“, sagte er, als ob es irgendeinen anderen Grund hätte geben können, warum sie hier waren.

Der Mann lächelte maliziös „Natürlich.“ Und nahm die Geldscheine mit spitzen Fingern entgegen, reichte Katsuya daraufhin zwei Eintrittskarten zum Abreißen, wie es sie früher immer in Zirkussen und auf Jahrmärkten gegeben hatte.

Ehe Katsuya jedoch danach greifen konnte, zog der Mann seine Hand flink noch einmal zurück.

„Einige kleine Regeln sollten beachtet werden“, sagte er dann mahnend.

„Die Wege, die den Besuchern zugedacht sind, dürfen unter keinen Umständen verlassen werden, das dient der eigenen Sicherheit. Keine der Kreaturen darf berührt werden.“

Dabei ruhte sein Blick einen Moment lang auf Ryou, der langsam begann, sich unwohl zu fühlen. Denn es war nicht der Blick des offenen Auges, sondern das des unter dem Haarvorhang verborgenen, in welchem ein goldener, undefinierbarer Glanz lag, ein Glanz, der in einem menschlichen Auge nicht sein sollte. Er schluckte.

„Geht klar, Boss!“, meinte Katsuya jedoch nur und schnappte nach den Karten, von denen er Ryou seine in die Hand drückte.

Der Mann im Kassenhäuschen nickte kaum merklich, dann schwangen wie von Geisterhand die rostigen und gusseisernen Flügeltüren auf und gaben den Weg auf das Innere der Anlage frei.

Plötzlich fiel Ryou noch etwas ein und er wandte sich um. „Sagen Sie, ist-“ Er brach ab, denn der Mann aus dem Kassenhäuschen war verschwunden. Das war ja gruselig.

„Was ist denn jetzt, Ryou, kommst du endlich?“
 

Ein Weg, welcher an den Seiten mit Aufstellzäunen markiert war, führte sie zu einem riesigen schwarzen Zelt und so langsam konnte man das Raunen und das Rumoren von anderen Menschen hören. Einen irrwitzigen Moment hatte Ryou geglaubt, dass sie hier alleine wären. Was Blödsinn war, immerhin hatte Katsuya ihm ja einen Flyer von dieser Veranstaltung gezeigt, welche wohl in der ganzen Stadt verteilt worden waren.
 

Die Manege war um Einiges größer, als es von außen den Anschein erweckt hatte und Ryou ließ staunend den Blick schweifen – In der Mitte natürlich die riesige freie Fläche, in welcher wenig später die Künstler, Kreaturen, oder was auch immer sie sein mochten, auftreten würden, außenherum befanden sich Sitzreihen, welche nach außenhin eine Erhöhung hatten, eigentlich alles, wie in einem normalen Zirkus, der einzige Unterschied waren die altmodischen Petroleumlampen, die das schwarz-rote Zelt in ein gruseliges Licht tauchten und dabei die goldenen Stickereien auf der Innenseite geheimnisvoll schimmern ließen.

Die Sitzreihen waren schon beinahe voll und die Menschen tuschelten aufgeregt miteinander, gelegentlich ein erheitertes Lachen, das bald wieder in der Menge unterging. Ryou wurde aus seiner Trance gerissen, als ihn jemand anrempelte und er ein paar Schritte stolperte. Ehe er sich verärgert nach dem Verursacher umsehen konnte, hatte Katsuya ihn am Arm gepackt.

„Was machst du denn da? Komm, ich hab dahinten noch ein paar Plätze gesehen.“ Damit zeigte er auf eine Stelle schräg gegenüber, wo noch Platz für drei Personen war. Ryou nickte und sie begannen einen kleinen Spießrutenlauf über ausgestreckte Beine, Taschen und Spazierstöcke und was auch immer die Menschen noch bei sich trugen.

Als sie sich wenig später hinsetzten, musste sich Ryou ärgerlicherweise eingestehen, dass das Unwohlsein der eigenen Neugier gewichen war und er sich von Katsuyas Euphorie und der der Menschen um ihn herum, langsam anstecken ließ.
 

„Also, ich bin ja echt mal gespannt“, sprudelte es aus seinem blonden Freund heraus, welcher wohl zum fünfzigsten Mal an diesem Abend den zerknitterten Flyer aus seiner Hosentasche zog, um ihn zu studieren. „Die haben angeblich einen Affenjungen und eine echte Meerjungfrau. Stell dir das mal vor“, fügte Katsuya schwärmerisch und mit leuchtenden Augen hinzu.

Ryou lachte spöttisch. „Klar, das wird wahrscheinlich ein Mädchen mit einer Neoprenflosse sein, das außergewöhnlich lange die Luft anhalten kann.“

„Und wenn schon“, schmollte Katsuya, „Ein Bisschen Fantasie gehört eben dazu.“

Der Weißhaarige hob die Hände: „Schon gut, schon gut. Aber verguck dich dann nicht in sie, sonst wird Anzu sicher wieder eifersüchtig.“

Anzu und Katsuya waren seit einem halben Jahr zusammen. „Ach was, sie weiß doch, dass sie mein Mädchen ist“, lautete die gönnerhafte Antwort, welche Ryou mit den Augen rollen ließ.

Selbiger schielte auf den Flyer in Katsuyas Hand. Er war in lateinischen Buchstaben in einer Schnörkelschrift gehalten. „Circus Obscurius – der Ort an dem Träume wahr werden – tauchen Sie ein in die Welt der Absonderlichkeit und lassen Sie sich verzaubern und verstören von Kreaturen jenseits Ihrer Vorstellungskraft.“

Darunter wurden ein paar dieser Absonderheiten beworben, wie die Meerjungfrau, oder der Affenjunge, von denen Katsuya schon erzählt hatte. Natürlich alles keine richtigen Bilder, sondern Zeichnungen, aber Ryou hatte auch irgendwie das Gefühl, dass man der Sache mit perfekten Fotoshopbearbeitungen ihren Zauber genommen hätte.
 

Sie unterhielten sich noch eine Weile, wobei Ryou mittlerweile lockerer geworden war, bis die Lampen plötzlich alle auf einen Schlag ausgingen und mehrere Scheinwerfer mit einem geraden harten Licht angingen, sodass das Innere der Manege beleuchtet war, während die Zuschauerreihen nun im Dunkeln lagen.

Eine plötzliche Rauchwolke erschien in der Mitte und als die Schwaden sich wieder verzogen hatten, stand an ihrer Stelle ein Mann – derselbe Mann, der ihnen am Kassenhäuschen die Tickets verkauft hatte – und die Menge spendete verblüffte „Ohh!“-Rufe

„Mesdamés et Messiéurs“, erscholl die Stimme des Mannes laut im ganzen Zelt widerhallend, ohne, dass er ein Mikrofon benutzen musste, „Ich heiße Sie willkommen! Pegasus mein Name-“ dabei ließ er den roten Zylinder, den er trug mit einer eleganten Kopfbewegung herunter in seine Hand fallen, „Es ist mir eine Ehre, Sie in meinem Kabinett der Fantasie und Paradoxen begrüßen zu dürfen-“

Eine weitere elegante Bewegung folgte, in der er den Zylinder wieder auf seinen Kopf beförderte und Ryou fragte sich, ob die Menschen in all dem Seufzen vor Entzücken über diese winzige Darbietung gar nicht den eigentümlichen, goldenen Glanz bemerkten, der von jener Stelle hinter dem Haarvorhang ausging, in der eigentlich das Auge in seiner Höhle liegen sollte.

„Jedoch, mit Verlaub!“, fuhr der Mann fort, der die Menge schon mit wenigen Worten in seinen Bann zu schlagen vermochte, „Ich muss Sie warnen! Nicht nur Fantastisches werden Sie hier sehen, nein, auch Grauenvolles, so grauenvoll, dass all jene mit einem schwachen Nervenkostüm lieber das Weite suchen sollten – nur zu, los, nun haben Sie noch die Gelegenheit, denn eine Störung unserer Darbietungen werden wir nicht hinnehmen.“

Eine ehrgeizig-trotzige Stimmung kam im Zelt auf – niemand wollte ein Feigling sein, jeder beweisen, dass er, egal, was auch kommen mochte, genug Nerven hatte, es auszuhalten.

Doch auch eine leichte Verunsicherung war bei den letzten Worten Pegasus‘ durch die Menge gegangen, hatten sie doch irritierend warnend geklungen, doch die Verunsicherung hatte keine Zeit, sich zu setzen, da Pegasus just in diesem Moment weitersprach.

„Und nun will ich Sie nicht länger um Ihr Vergnügen bringen – Meine Damen und Herren, lehnen Sie sich zurück – genießen Sie den Abend!“
 

Die Blicke richteten sich auf das Innere der Manege, „Ich darf Ihnen nun als erstes Nagi und Nata ankündigen – die Affenjungen, die sich ohne Netz und doppelten Boden durch schwindelerregende Höhen schwingen, eleganter und geschickter, als jeder professionelle Trapezkünstler der Welt!“

Die Scheinwerfer richteten sich plötzlich in die Höhe und Ryou fragte sich verblüfft, wie er nicht hatte bemerken können, wie groß und weiträumig das Zelt eigentlich war, und dann erspähten sie den Jungen, der dort oben auf einer Plattform stand und das Rundholz eines Trapezes in den Händen hielt. Ryou konnte im ersten Moment nichts Ungewöhnliches erkennen – bis der Junge sich nach vorne fallen ließ, mit dem Trapez einige Male vor und zurückschwang. Dabei richtete er sich scheinbar mühelos auf, sodass er nun auf dem dünnen Holz stand, dann auf einem Bein – Ryou ließ sich wie die anderen sofort in den Bann dieser Kunststückchen ziehen, die dem Jungen so mühelos von der Hand gingen, doch dann, dann geschah es. Der Junge ließ sich ins Nichts fallen – ein kollektiver erschrockener Aufschrei ging durch die Zuschauerreihen, ehe man erkannte, dass der junge Künstler nun an einem Affenschwanz vom Trapez herabbaumelte.

Ja, war das denn die Möglichkeit!? Ryou ging der Mund auf, denn nun meinte er auch, Fell erkennen zu können, das sich hauchfein und seidig über die Haut des Jungen zog. Nun ging ein zweiter Spot an und flink wie der Wind ließ sich von der anderen Seite ein nahezu identischer Knabe in symmetrischer Gleichheit zu seinem Gegenpart, herab fallen und gemeinsam führten sie eine spektakuläre Reihe an ineinander überfließenden Kunststücken auf und sie brauchten keine Werfer und keine Fänger, sie waren gemeinsam eine vollkommene Symbiose an akrobatischer Perfektion.
 

Ryou applaudierte angetan, wie der Rest des Publikums nach dieser grandiosen Darbietung. Die beiden Jungen endeten und verneigten sich, wobei sie beim Herausgehen noch ein paar Faxen machten, und die klangvolle Stimme des Zirkusdirektors drang wieder an ihr Gehör.

„Meine verehrten Damen und Herren, liebe Bazillen und Kriechtiere!“ Ein verhaltenes Lachen, „Meine Reisen führten mich durch die gesamte Welt, in jeden versteckten Winkel, an Orte, von denen man glaubte, sie existierten nur in der Fantasie! Eines Tages vernahm ich die Erzählung eines alten Fischers, eine Erzählung von Schönheit und von atemberaubenden Gesang, von Ewigkeit und vollendeter Perfektion. Meine Damen und Herren, es gibt sie wirklich, die Meerjungfrauen, die tückischen Weiber der See! Ich habe mein Leben aufs Spiel gesetzt, um ein solch bezauberndes Geschöpf nach Japan zu bringen, zu Ihnen, meine lieben Zuschauer!“
 

Ein aufgeregtes Tuscheln ging durch die Menge und neben Ryou flüsterte ein Mann verächtlich: „So ein Schwachsinn, will der uns auf den Arm nehmen?“ und Ryou dachte im Prinzip dasselbe, zog es jedoch vor, nichts dazu zu sagen, da ihm der leuchtende Blick Katsuyas, der von der Idee einer waschechten Meerjungfrau nach wie vor sehr angetan war, keinesfalls entging.

Eines musste man diesem Pegasus jedoch lassen, dachte Ryou lächelnd – er schaffte es wirklich, einen soweit zu bringen, dass man jedes Wort glauben wollte, das ihm von den Lippen tropfte, selbst, wenn man wusste, dass es im Grunde nicht der Wahrheit entsprach. Doch, was war mit den Affenjungen gewesen? Schwänze und Fell konnte man ankleben, Muskeln und Sehnen jedoch nicht. Irgendwie war er plötzlich sehr neugierig und heftete die Augen in die Mitte der Arena, in welcher die Lichter gerade etwas gedämmt wurden und aus dem hinteren Teil des Zeltes, also von dort, wo die Künstler hinter dem Vorhang hervortraten und verschwanden, ein riesiges in ein Tuch verhülltes Ding hervorgeschoben wurde.

Das Licht änderte sich, wurde zu einem geheimnisvollen Blau und ein Seufzen ging durch die Zuschauerreihen, als das Tuch enthüllt wurde und ein durchsichtiges Behältnis zum Vorschein kam, in welchem wie in einem Aquarium ein wenig Meersand war und Pflanzen und man sah einen Fischschwanz und dieser Fischschwanz gehörte zu … einem Mädchen. Sie schwamm dort mit anmutigen Bewegungen nur um dann einmal hinauf in die Luft zu springen, und wieder mit einem Platschen einzutauchen, sodass die Zuschauer, welche ganz in der Nähe saßen, schillernde Wassertropfen abbekamen.
 

„Meine Damen und Herren – sehen Sie sie und erleben Sie sie und vergessen Sie sie niemals wieder – Undine, die schönste aller Meerjungfrauen!“

Die vermeintliche Meerjungfrau tauchte abermals aus dem Wasser auf, nur um sich auf eine Erhöhung zu setzen, welche inmitten des Beckens aus dem Wasser ragte. Dort stand eine silberne Harfe und Ryou schluckte trocken, als er das zarte Schimmern auf den Schuppen sah und er versuchte, sich einzureden, dass da einfach ein Bodypainter eine wundervolle Arbeit geleistet hatte – für einen Neoprenanzug wirkte es ZU realistisch.

Die Augen der Frau waren kalt und ihr Haar von einem kühlen, hellen nordischen Blond, welches glänzte, wie Seide im Feuerschimmer und ihre Miene wirkte distanziert, beinahe, als nähme sie sie, die im Publikum saßen, nicht wahr … Der Oberkörper war nackt und einzelne Haarlocken ringelten sich über blasse Brustwarzen. Dann rutschte sie näher zur Harfe heran und umschloss sie mit eine sanften Bewegung und als sie dieses Instrument umfasste, da sah Ryou, wie ein Hauch von Wärme durch ihre Augen ging. Als sei es ihr teurer, als all die Lebewesen, all die Menschen um sie herum, dieses Ding.

Nun ertönten magische Klänge, man sah kaum, wie die Frau die Finger über die Saiten bewegte, so hauchfein und als ihre Stimme erklang, diese wunderschöne Stimme, die ihn in ihren Bann schlug, hatte Ryou keinen Zweifel mehr, dass sie eine echte Meerjungfrau war.
 

„Meerjungfrauen möchte ich schauen wunderbar … Hör sie singen, hör’ es klingen … wasserklar

Möchte es lesen euer Wesen kalt und unnahbar … Monde vergehen möchte euch sehen, singend am Strand … Schiffe versinken, Männer ertrinken ... nasses Grab…

… Wunder geschehen hab euch gesehen, nehmt mich mit hinab … muss jetzt gehen, hab euch gesehen ….“
 

Als sie dieses Lied beendete, merkte Ryou, dass er fast vergessen hatte, zu atmen und ehrfürchtiges Schweigen weilte im Zelt, andächtiges ehrfürchtiges Schweigen und als sie mit ihrer Stimme, wie Gold das nächste Lied anstimmte, verlor sich Ryou, ebenso, wie die anderen Männer darin, Ryou, der keine Frauen mochte und nie etwas Reizendes an ihnen gefunden hatte, er erlag ihr für diesen Moment und es war nicht nur ihr Gesang, der an seine Ohren drang, die Stimmen der Sirenen, das Rauschen des Meeres, das Tosen der Wellen, es umfing ihn und er verlor sich darin.
 

„Mein Herz durchbohrt von Amor, ich verschmäh das Glitzergold … und rein gar nichts kann mich trösten … bloß mein tapfrer Seemann hold…

… Kommt all ihr hübschen Mädchen, ganz gleich wer ihr auch seid, die ihr liebt ‘nen tapf‘ren Seemann, der auf dem Meere weilt …

… Mein Herz durchbohrt von Amor, ich verschmäh das Glitzergold, und rein gar nichts kann mich trösten, bloß mein tapfrer Seemann hold …

… Mein Herz durchbohrt von Amor, ich verschmäh das Glitzergold, und rein gar nichts kann mich trösten, bloß mein tapfrer Seemann hold …“
 

Ihre Stimme verklang. Kein Applaus, ergriffene Stille, Ryou hörte eine Frau schluchzen und plötzlich spürte er, wie auch ihm Tränen in den Augen standen und als er sich verstohlen umblickte, bemerkte er, dass es auch Katsuya neben ihm nicht anders ging. Mein Gott … wie war es nur möglich, ein solches Wesen einzusperren und einem Publikum vorzuführen? Die Lichter gingen aus und in Ryou blieb ein tiefes Mitgefühl für dieses arme Geschöpf zurück.
 

Das Gefühl, das ihn bei der Vorführung der Meerjungfrau beschlichen hatte, sollte jedoch gar nichts sein, im Vergleich zu der Vorstellung, die drei Nummern später folgen sollte. Nach der Undine kam ein Clownstrio mit merkwürdig entstellten Gliedmaßen, um die Stimmung wieder zu heben, dann ein Mann, der Metall zerbeißen konnte und es in kleinen Stücken aufaß um es umgeformt wieder hochzuwürgen – Ryou ekelte es dabei ein Bisschen, aber war es nicht die Faszination an der Abart, am Ekel, der ihn und all die anderen Menschen hier hielt?

Dann eine Frau, welche sich auf unheimliche Weise einen Bart wachsen lassen konnte und ihnen dabei Zigeunerweisen vorsang und ein- zwei mutigen Freiwilligen aus dem Publikum die Zukunft voraussagte. Ihre dunklen Augen ruhten einen kurzen Augenblick musternd auf Ryou, welcher diesem Blick nicht standhalten konnte und ihn abwandte, weil er sich plötzlich wieder unwohl fühlte.

Danach folgten siamesische Zwillinge, die an der Hüfte zusammengewachsen waren. Sie hatten ein paar Beine und zwei Oberkörper und führten eine lustige Show mit allerlei dressierten Tieren auf, wie Pudeln, Ratten, Katzen und Vögeln. Das Publikum applaudierte begeistert. Die Siamesinnen verneigten sich mit verschmitztem Gesichtsausdruck und noch während sie samt Getier die Manege verließen, kündigte der Zirkusdirektor die nächste Vorführung an, während Helfer fix ein halbhohes Gitter um die Manege zogen, wie man es bei Raubtiervorstellungen nutzte.
 

„Ich hoffe, Sie haben die Show bisher genossen, meine Damen und Herren und wenn Sie sie genossen haben, dann wird die nächste Vorführung, die ich höchstselbst anleiten werde, sie in Ekstase gipfeln lassen. Meine Damen und Herren – ich erzählte Ihnen bereits von meinen Reisen, von der Meerjungfrau und den Tal der Affenkinder, doch nun habe ich etwas ganz Besonders für Sie – Meine Damen und Herren, ich präsentiere -“

Trommelwirbel im Hintergrund und Ryou fragte sich aufgeregt, was denn noch besser, als eine echte Meerjungfrau (so ganz hatte er es immer noch nicht realisiert) sein mochte.

Ein Käfig wurde herein geschoben mit Brettern vor den Gitterstäben, sodass man noch nicht sehen konnte, was sich nun darin verbarg – aus dem Inneren des Käfigs drang allerdings ein Rumpeln und ein Fauchen und Brüllen, dass es Ryou eiskalt den Rücken herunter lief.
 

„Meine Damen und Herren – Yalik, das BIEST!“

Ein so lauter Knall auf die Trommel, dass Ryou erschrocken zusammen zuckte und im selben Moment fielen die Bretter vor dem Gitter zur Seite. Das Erste, was Ryou sah, war ein bronzefarbener Körper, der sich mit solch einer Wucht gegen die Gitterstäbe warf, dass diese bedenklich knarzten.

Wütende lavendelfarbene Augen mit dunklen Rändern um die Iris blitzten aus einem bronzefarbenen Gesicht heraus, welches, umringt von einer Löwenmähne (oder waren es doch Haare?) zu einer grässlich zornigen Fratze verzerrt war. Ein Löwenschwanz peitschte gereizt um die muskulösen Beine und der aufgerissene Mund entblößte ein Raubtiergebiss. Trotz der Entfernung konnte Ryou die Augen des Biestes erkennen, als stünde es direkt vor ihm. Und sie loderten.
 

Pegasus schlug mit einer Gerte gegen die Gitterstäbe. „Willst du wohl Ruhe geben! Du willst unsere Zuschauer doch nicht gleich vertreiben!“

Er lachte triumphierend und Ryou überfiel eine plötzliche Welle des Ekels. Er erhob sich automatisch von seinem Platz, um sich weiter nach vorne zu drängen. Er wollte ihn sehen, den Mann, der als Biest bezeichnet wurde, als Es, als wäre er ein Ding. Er beachtete Katsuyas überraschten Ausruf nicht und die Menge, angestachelt und actionversessen bemerkte ihn nicht und so kam es, dass Ryou nun direkt am Gitter stand. Stand da wie festgewachsen, die Hände umklammerten die Stäbe, als er beobachtete, wie Pegasus eine Peitsche zückte, sie knallen ließ, was den Raubtiermann nur noch mehr zu reizen schien.

„Soll ich ihn aus seinem Käfig lassen?“, fragte Pegasus an das Publikum gewandt und das Publikum johlte und klatschte.

„Yalik ist eines der boshaftesten Biester, das die Dunkelheit je ausgespuckt hat“, erklärte er dabei, „Mit einem Biss seiner Reißzähne vermag er es, einem Menschen den Kopf abzureißen – weiß man jedoch, wie man sich ein solches Wesen Untertan macht, ist er das reinste Schmusekätzchen.“

Ein hämisches Kichern und Ryou, dessen Augen nur noch auf Yalik lagen, blendete alles um sich herum aus. Unentwegt war sein Blick auf dieses arme Geschöpf dort in der Mitte der Manege gerichtet und hilflos musste er mit ansehen, wie Pegasus ihm die lächerlichsten und demütigsten Kunststückchen abverlangte, wie er ihn dazu brachte, mit seiner Peitsche und diesem unheimlichen Ding, das in seiner linken Augenhöhle lag, sich ihm zu unterwerfen, ein Kunststück, eine Absurdität für das gaffende, geifernde Publikum – und der ohnmächtige Hass, der in den Augen dieses Wesens lag. Plötzlich glaubte er, wenn man ihn frei ließ, würde er diesem Pegasus ohne zu Zögern die Kehle zerfetzen und in einem düsteren Anfall von Grimm, sehnte er dieses Szenario sogar herbei.
 

„Yalik…“, flüsterte er leise, wie, als vermochte es dieses Wort, dieser Name allein, dem armen Geschöpf Trost zu geben, er hätte so gerne mit ihm gesprochen, hätte ihm gerne gesagt, dass er nicht alleine auf der Welt war, dass er wusste, wie es sich anfühlte, inmitten von johlenden, lachenden und lästernden Menschen zu stehen und sich zu wünschen, aus dem eigenen Gefängnis ausbrechen zu können. Er hatte Katsuya, der es ihm erträglich machte.

Aber in Yalik sahen die Menschen nur das Biest und Ryou fragte sich, welche Persönlichkeit unter der Fassade dieses Monsters stecken mochte.
 

Pegasus hatte ihn dazu gebracht, durch brennende Reifen zu springen, zwischen Podesten hin- und her und hatte ihm die demütigende Halt und des Männchenmachens aufgezwungen und er hatte ihm abverlangt, sich auf den Rücken vor seinem Meister im Staub zu wälzen und Ryou schloss einen Moment die Augen, weil ihm das, was er da sah, plötzlich wehtat.

Raubtiere gehörten in die Natur, in die Wildnis, doch nicht in einen Zirkus – ihm wurde schlecht, wenn er daran dachte, wie oft er sich selbst als Kind solche Vorstellungen angesehen und dabei Freude und Amüsement empfunden hatte.
 

Und dann geschah es. Ihre Blicke trafen sich. Einfach so. Ryous Lippen waren leicht geöffnet, er sah ihm direkt in die Augen und das verzehrende Feuer in diesen Augen konzentrierte sich nun allein auf Ryou.
 

Es ging wahnsinnig schnell. Yalik schaffte es, sich einen fatalen Moment aus der Kontrolle Pegasus‘ zu entziehen, in einer Wahnsinnsgeschwindigkeit stürzte er in Ryous Richtung und die Menge schrie erschrocken auf, als er sich mit der vollen Wucht seines Körpers gegen die Gitter an jener Stelle warf – die Gitter gaben schwer knarrend nach und Ryou stolperte nach hinten.

Er konnte gerade noch sehen, wie der Körper des Monsters sich am nun schrägliegenden Gitter abfederte, einen gewaltigen Sprung hinlegte, der jeder Raubkatze alle Ehre machte und auf der anderen Seite auf allen Vieren unmittelbar vor Ryou landete – dieser, vor Schreck, wie gelähmt, unfähig sich zu bewegen, starrte Yalik nur an, wie ein Beutetier die Schlange, er wusste irgendwo in den Wirrungen seines Geistes, dass er schleunigst die Glieder bewegen musste, ehe sich diese unglaublich scharfen Zähne in seinem Hals versenkten.

Yalik kam mit katzenhaften Bewegungen über ihn. Im Zelt war es totenstill, die Menschen, die noch nicht geflohen waren, erstarrt und auf Ryou und das Monster blickend. In Erwartung jeden Moment Zeuge eines Dramas zu werden.
 

Ryou hörte ein Knurren, ein Grollen in der Kehle des Raubtiermannes, die wilde Haarmähne glitzerte eigentümlich im Licht der Lampen und die Augen, die Augen … sie waren so intensiv, der starke dunkle Ring um die Iriden, das tiefe geschlitzte Schwarz, das in ihrer Mitte lag. Yalik neigte sich näher zu ihm herab und Ryou hielt unbewusst den Atem an, als er begann, ihn zu beschnüffeln. Seine Kehle war staubtrocken, seine Muskeln schmerzten bereits, weil er sie mit aller Macht an einem Zucken und einem Zittern hindern musste.

Und dann … „Mein Name … ist … Malik …“, ein Flüstern, schwer verständlich aus Knurr- und Grummellauten, doch Ryou hörte es ganz deutlich und das riss ihn aus seiner Starre heraus.

Im selben Moment, da er den Mund öffnete, um etwas zu sagen, gellte Pegasus‘ Stimme durch das Zelt „Yalik!!!“, dann Worte, die Ryou nicht verstehen konnte, er spürte nur, wie sich Yaliks Körper über ihm verkrampfte, wie er von ihm zurückwich, ohne es zu wollen und er registrierte nicht, wie Helfer angelaufen kamen, um Yalik mit grausamer Gewalt zurück in seinen Käfig zu drängen – das erste, was er wieder registrierte war Katsuya, welcher sich leichenblass über ihn beugte.

„A-Alles okay, Mann?“, dabei reichte er ihm eine Hand, die Ryou zittrig ergriff, um ihn auf die Beine zu ziehen.

Im Hintergrund versuchte Pegasus den Leuten indes gut zuzureden, sie zu beruhigen, doch Ryou wollte all das nicht mehr hören.

„Lass uns bitte hier raus“, flehte er mit zittriger Stimme und Katsuya ließ sich das nicht zweimal sagen.
 

Draußen hätte Ryou sich am liebsten irgendwo hingesetzt, um sich zu erholen, einen Moment zu sammeln, doch diese Ruhe wollte er sich nicht gönnen. Er wollte diesen schrecklichen Zirkus hinter sich lassen, nachhause und sich mit einer Tasse Kakao in eine Decke gewickelt auf die Couch setzen, die Tür abschließen und sich mit irgendeinem langweiligen Nachtprogramm berieseln lassen.

„Hör mal …“, meine Katsuya, nachdem sie eine Weile schweigend durch die Dunkelheit gestapft waren, „Das tut mir echt leid.“

„Was?“

„Na, ich war so versessen auf diese Show, dabei wolltest du da die ganze Zeit nicht wirklich hin.“

„Schon okay. Vergessen wir das heute bitte ja, ich will nicht mehr darüber reden.“

„Du … hast da ein paar Kratzer am Schlüsselbein …“, schloss Katsuya dann und Ryou blickte verwirrt an sich herunter. Tatsächlich schimmerten da durch eine zerrissene Stelle seines Hemdes drei blutige Kratzer. Das hatte er in der ganzen Aufregung gar nicht bemerkt. Aber irgendwie war es ihm jetzt auch egal.
 

Ryou schlief nicht besonders gut in dieser Nacht. Immer wieder wälzte er sich hin- und her, stand zwischendrin auf, legte sich wieder hin, dann begann diese Prozedur erneut. Die Gedanken ließen ihn nicht schlafen. Die Bilder. Er konnte es einfach nicht vergessen. Diese Augen. Den kurzen Schmerz, der in ihnen gelegen hatte, das heisere Flüstern – Ryou erschauerte, als er daran dachte – seines Namens. Beinahe, als habe er ihn um Hilfe angefleht. Doch, das war unmöglich, wieso denn ausgerechnet ihn? Malik … Malik … das war ein normaler Name und er klang, anders als Yalik überhaupt nicht besonders spektakulär, obgleich es nur ein Buchstabe Unterschied war.

Gib einem Ding einen Namen und du verleihst ihm Macht. Hatte er ihm deshalb einen anderen Namen aufgezwungen? Ya für Yami, die Finsternis?

Niemand sollte gegen seinen Willen eingesperrt sein. Es gab Menschenrechte, es gab Gesetze, es … aber Yalik … Malik … war er wirklich ein Mensch? Das konnte doch nicht sein. Man konnte doch keinen Menschen in einem Käfig halten, nur weil er anders war.

Ryou stöhnte und drehte sich abermals um. Er konnte das Bedürfnis nicht abschütteln, dieser Kreatur helfen zu wollen. Aber was sollte er tun? Er war doch selbst nur ein Junge von 18 Jahren, somit minderjährig, ging noch zur Schule und außer Katsuya und Yugi hatte er auch nicht wirklich jemanden, den er um Hilfe bitten konnte und die beiden wollte er nicht in irgendein Hirngespinst mit hinein ziehen, das sein Kopf da gerade zusammensponn.

Dieser Moment, als ihre Blicke sich getroffen hatten … da hatte Ryou gespürt, dass es da irgendetwas gab, das sie verband. Er musste zurück. Soviel stand fest. Von diesem Gedanken beseelt schlief er schließlich in den frühen Morgenstunden endlich ein.
 

Als Ryou am nächsten Morgen aufwachte, fühlte er sich wie gerädert. Zu allem Überfluss hatte er auch das Weckerklingeln überhört. Dumpf stöhnte der Junge in sein Kissen – das war ihm noch nie passiert! Inzwischen war es 10:30 Uhr. Einen Moment überlegte er – dann beschloss er, etwas zu tun, was er ebenso noch nie getan hatte. Er würde die Schule schwänzen, eine Krankheit vortäuschen und dann würde er zurück zu diesem Zirkus gehen. Vielleicht war das ja alles bei Tageslicht weniger bedrohlich. Und um ehrlich zu sein – selbst, wenn er gewollt hätte, er könnte gar nicht anders. Seine Träume waren wirr gewesen, immer wieder war Yalik darin vorgekommen. Raubtierblicke und auch der Gesang der Meerjungfrau, der plötzlich eigentümlich falsch geklungen hatte und was noch alles, an das er sich nicht erinnern konnte.

Ryou duschte und packte sich dann ein paar Sachen in einen kleinen Rucksack – unter anderem aus dem Werkzeugfach im Keller einen Bolzenschneider seines Vaters. Sein großer Vorteil war, dass Ryou quasi alleine lebte, zwar war sein Vater der Elternteil, der für ihn verantwortlich war, aber seit er zurückdenken konnte, war sein Vater immer viel auf Reisen gewesen.

Nur in den Sommerferien kam er durchgehend nachhause, um Zeit mit seinem Sohn zu verbringen oder auch mit ihm in Urlaub zu fahren und es war Ryou die liebste Zeit des Jahres.

Nun musste er sich zumindest vor niemandem rechtfertigen, dass der Schule fern blieb, um sich zu einem alten Industriepark zu schleichen.
 

Bei Tag war diese Gegend nicht minder unheimlich, wie Ryou feststellte – gestern waren sie ja auch spätnachmittags gekommen, aber da er ja jetzt wusste, wohin ihn sein Weg führte und was ihn erwartete, konnte er sich auch besser darauf einstellen.

„Ich muss vollkommen verrückt sein“, murmelte er auf seinem Weg immer wieder, „Die haben sicherlich Alarmsysteme und Wachposten.“

Oder was auch immer. Aber es gab kein Zurück mehr. Ryou fühlte sich auf eine seltsame Weise diesem Wesen verpflichtet. Abwesend legte er seine Hand auf jene Stelle an seiner Brust, wo Yalik die Kratzer hinterlassen hatten. Sie waren doch tiefer, als er anfangs gedacht hatte und das Brennen, das er zuvor noch verspürt hatte, was einem Spannungsgefühl und einem dumpfen Pochen gewichen. Doch war es nicht eine seltsame Art von Verbindung? Ein Versprechen, tief in seine Haut eingeritzt? Oder war es einzig und alleine Ryous Sehnen, einem Menschen, Wesen … zu begegnen, der ihm in der Seele gleich war? Das hatte er gespürt, als Yalik über ihn gekommen war, da war etwas gewesen. Yalik verkörperte für ihn all die Schlechtigkeit, zu der die Menschen fähig waren. Und sie distanzierten sich von dieser Schlechtigkeit, in dem sie Wesen wie Yalik schufen, Wesen, die furchteinflößend waren, furchteinflößend genug um von aller menschlichen Schwäche abzulenken.

Er fragte sich, was Pegasus getan haben mochte, in seinem Bestreben, all diese Wesen einzufangen und sie sich untertan zu machen und eine Welle der Wut ging über das ansonsten so freundliche Gesicht, als er es sich vorstellte.

Pegasus verkörperte die Gier und den Kapitalismus und dazu brauchte er nicht einmal in die Gestalt eines Monsters zu schlüpfen, denn ein Monster war man in der Seele und nicht im Äußeren.

Ein wenig musste er Lächeln, als er an eine Liedpassage aus einem längst vergessenen Kinderfilm denken musste „Als nächstes versteckt sich ein Rätsel im Klang einer Glocke Notre Dames … was ist ein Monstrum und was ist ein Mann…?“ Eine interessante Parallele.
 

Dann hörte er auf, seinen Gedanken nachzuhängen, denn er war am Ziel angelangt.

Es war Mittag, das Zirkusgelände lag friedlich da – Ryou atmete auf, sie waren noch nicht weitergezogen. Nur wie kam er jetzt unbemerkt hinein? Und wie fand er heraus, ob Pegasus gerade dort war? Dieser Mann war gefährlich, vielleicht gefährlicher, als die Bestie, die er gefangen hielt.

Er beschloss, zuerst von weitem den Eingang im Auge zu behalten, er wollte kein Risiko eingehen – wenn er schon etwas Leichtsinniges machte, dann wollte er es wenigstens sorgfältig machen.

Und so kauerte er sich schließlich in einiger Entfernung zum Eingang bei einer Böschung mit trockenem Gras und einem Haufen rostigen Altmetalls in die Hocke und wartete.

Ryou wartete zwei Stunden, ehe er tatsächlich etwas sah. Eine Gestalt in Rot – ohne Zweifel Pegasus, der begleitet von einem … Ryou erkannte nicht, was es war, auf den ersten Blick wohl ein Mensch, doch es hatte sowas wie einen Krokodilsschwanz. Aufjedenfall gingen die beiden zu einem Auto, einem altmodischen, jedoch teuer wirkenden Chevy, wobei der Freak seinem Herrn die Hintertür aufhielt, damit er einsteigen konnte. Die hinteren Scheiben waren getönt, was ungewöhnlich war für diese Automarke.

Im nächsten Moment öffneten sich quietschend die Tore und der Wagen brauste davon. Ryous Herz klopfte lauter. Das war seine Gelegenheit. Jedoch wollte er nicht den offensichtlichsten Weg nehmen – immerhin war er überzeugt davon, dass Pegasus jemanden zurückgelassen hatte, der alles im Auge behielt.
 

Er machte also einen weiteren Bogen, um gelegentlich immer mal wieder den Zaun auf Schwachstellen zu untersuchen und nach 20 Minuten etwa wurde er tatsächlich fündig – da war eine Stelle, welche vom Inneren des Geländes so versteckt schien, dass man ihn sicher nicht bemerken würde, wenn er sich mit einem Bolzenschneider daran zu schaffen machte. Hoffend, dass er körperlich nicht zu schwach war, das Ding fachmännisch zu bedienen, holte er es aus seinem Rucksack. Starrte es einen Moment an und es gab ihm ein tröstliches Gefühl der Sicherheit, wie es da schwer und kühl in seiner Hand lag.

Er setzte das Werkzeug an und begann sich an einer der Streben zu schaffen zu machen. Es dauerte ein wenig, aber schließlich hatte er sie durch. Das war allerdings nur eine Spitze vom Eisberg – bis er ein Loch hineingebogen und geschnitten hatte, durch das er sich hindurchzwängen konnte, verging fast eine Dreiviertelstunde und während Ryou der Schweiß in Strömen herunter lief, fragte er sich, wie viel Glück er haben konnte, dass man ihn hier nicht bemerkte.

Schließlich war es soweit. Um sich behänder bewegen zu können, versteckte Ryou den Bolzenschneider etwas abseits des Zaunes in einem Büschel verdorrten Gestrüpps und dann zwängte er sich vorsichtig durch das Loch. Da viele Wohnwägen in unmittelbarer Nähe zum Zaun standen, konnte Ryou kaum, dass er auf das Gelände geschlüpft war, in Deckung gehen. Es war still hier, sehr still. Gelegentlich das Geräusch eines Tieres, mehr nicht. Ryous Herz pochte. Unter einem Wohnwagen liegen spähte er auf das Gelände – er sah das Zirkuszelt, welches jetzt, bei Tageslicht irgendwie viel weniger bedrohlich wirkte und dann den Weg, auf dem man die Zuschauer geheißen hatte, zu bleiben. Die Käfige lagen mit ziemlicher Sicherheit auf der anderen Seite des Zeltes im toten Winkel zum Zuschauerweg.

Ryou fühlte sich wie ein Verbrecher, wie er da von Wohnwagen zu Wohnwagen huschte, sein Puls raste vor Angst, entdeckt zu werden und nicht das erste Mal an diesem Nachmittag fragte er sich, was ihn ritt.

Er schaffte es tatsächlich unbemerkt zu jenem Ort, an welchem die Käfige standen – einige der Kreaturen waren offensichtlich menschlich genug, dass man ihnen Wohnwagen und ein wenig Eigenraum zugestand, doch die wilderen von ihnen sperrte man ein – Ryou brauchte tatsächlich nicht lang, bis er Yaliks Gefängnis gefunden hatte.

In kurzer Entfernung war er stehen geblieben – der Raubtiermann lag auf der Seite in seinem Käfig, welcher gerade so hoch war, dass jemand von Ryous Größe sich hinstellen konnte.

Die Aufregung, die er nun verspürte, war nichts im Vergleich zu vorhin, als er auf das Gelände eingebrochen war.

Sein Atem ging flach und einen Moment dachte er an den Vorabend, als Yalik kurz davor gewesen war, ihm die Kehle zu zerfetzen.
 

Die Löwenohren des Biestes zuckten plötzlich und er wandte den Oberkörper auf – und sich zu Ryou um. Geschlitzte Raubtieraugen fixierten Ryou nun, doch er gab kein Geräusch von sich.

„H-Hallo …“, sagte Ryou leise und kam vorsichtig ein paar Schritte näher – der Schwanz des Biestes fing an, zu zucken – er kannte diese Körpersprache von den Hauskatzen und wusste, dass er nun aufmerksam beobachtet wurde. Er brauchte nicht viele Schritte, ehe er direkt vor dem Käfig stand.

„M-Mein Name ist Ryou …“, sagte er. Nicht wissen, ob er eine Antwort bekam, nicht wissend, ob er ihn überhaupt verstand. Aber mein Gott … er war so schön. Schönheit durfte nicht eingesperrt werden, Schönheit wollte sich entfalten, wollte bewundert werden. Selbst, wenn sie tödlich war.

„Ich … ich will dir helfen …“

Das Wesen reagierte nicht. Fixierte ihn nur nach wie vor mit diesen wahnsinnig intensiven Augen. Dann öffnete er den Mund, um zu sprechen.

„Rrryouu…“, langsam kam der Name über Yaliks Lippen, einem Schnurrlaut gleich, als habe er schon lange nicht mehr gesprochen. Er probierte aus, wie es war, diesen Namen auszusprechen, den Namen der ersten Person, die ihn nicht als Attraktion wahrzunehmen schien, sondern als lebendiges Wesen.

„Ja…“ Die Stimme des Jungen war nur ein schwaches Hauchen.

„Dummes Menschenkind …“ Yalik streckte den Körper, elegant, wie eine Katze, welche gerade aus ihrem wohligen Schlummer erwachte und Ryous Augen folgten dieser Bewegung, die er als wunderschön und anmutig empfand.

Noch einen Schritt weiter heran tretend, streckte Ryou die Hand aus, durch die Gitterstäbe hindurch – im nächsten Moment ließ ihn ein lautes und bedrohliches Fauchen zurückschrecken und gerade noch so konnte er seine Hand vor scharfen Raubtierzähnen zurückziehen.

Yalik war in eine drohende Raubtierhaltung gegangen und funkelte Ryou böse an.

„Wenn du noch einmal verrsuchst, mich zu strreicheln, wie ein kleines Kätzchen, beiß ich dirr deine Fingerr ab!!!“

„Es … es tut mir leid“, wisperte Ryou und umschloss seine Hand mit der anderen, um das Zittern nieder zu kämpfen.

„Ich … ich konnte dich nicht vergessen …“

„Soso … und was gedenkst du nun zu tun?“, schnurrte das Raubtier ihm gegenüber. „Willst du mit deinen schwachen Ärrmchen die Gitter auseinanderrbiegen?“

Ryou holte Luft, etwas zu sagen, musste jedoch einsehen, dass Yalik Recht hatte. Wie hatte er sich das vorgestellt?

„Warum willst du mirr überrhaupt helfen?“, grollte das Wesen misstrauisch und kam näher an die Gitterstäbe heran. „Du bist nurr ein Mensch, wie alle anderren auch. Ihrr tut nie etwas, wenn ihrr euch darraus nichts versprrecht.“

„Du tust uns Unrecht“, erwiderte Ryou, wobei er sich verstohlen umblickte, ob ihn jemand bemerkt hatte. „Wir sind nicht alle so. Ich will dir … helfen, weil ich es nicht ertragen kann, dich hier eingesperrt zu sehen. Das ist falsch.“

Ein samtenes Lachen ertönte, welches dem Jungen eine Gänsehaut über den Körper jagte. „Wie grrässlich naiv du bist, mein Kind … Kaum bin ich aus diesem Käfig hierr herraus, werrde ich dich in blutige, kleine Fetzen rreißen.“

„Das muss ich in Kauf nehmen.“ Das Biest hielt inne. Dieser Junge, der da vor ihm stand, er hatte Furcht ja, das konnte er riechen, aber es war viel mehr die Furcht, entdeckt zu werden, als die Furcht vor ihm. Wieso fürchtete er sich nicht vor ihm?

„Du bist törricht.“

Der Blick des Jungen wurde traurig. „Vielleicht bin ich das. Aber ich weiß auch, wie es ist, einsam zu sein.“

Daraufhin sagte das Wesen nichts. Ryou legte nun doch die Hände an das Gitter, kam ihm dabei mit dem Gesicht ganz nahe.

„Wenn du mich hättest töten wollen, hättest du das gestern tun können.“

Auch Yalik kam mit dem Gesicht näher an das Gitter heran, so nah, dass ihre Nasenspitzen nur noch wenige Millimeter voneinander entfernt waren. Yalik verengte die Augen.

Er fand keine Lüge in diesem Jungen. Ryou … Er roch plötzlich das Salz auf dessen Haut, Angstschweiß, hauchfein, für einen Menschen nicht wahrzunehmen. Er wollte von ihm probieren.
 

Schließlich tat Yalik etwas, das Ryou sehr verblüffte. Er rieb die Nase leicht an dessen Fingern, welche sich um das Gitter gelegt hatten und schnurrte leise.

„Du musst auf der Hut sein. Es ist sein Auge, das uns hierr alle niederrzwingt …“ Ryous Finger glitten hauchfein über die Wange und die Schläfe des Wesens. Vorhin schien er ihn noch in die Flucht schlagen zu wollen und jetzt war er betörend und anhänglich … Es war das Wesen der Katzen, das ihm innewohnte, das ihnen allen zu Eigen war. Jene Magie, die es vermochte, die Menschen in ihren Bann zu ziehen, in Ehrfurcht zu fesseln aufgrund ihrer wilden Schönheit.
 

„Wie viel Zeit habe ich?“, fragte Ryou bang und Yalik sagte es ihm und während das Biest schon nach seinem Blut lechzte, machte sich Ryou auf den Weg zu Pegasus.
 


 

~*~
 


 

Ryous Herz schlug schmerzhaft gegen seinen Brustkorb, als er den dunklen Weg zurück zum Zaun hastete, wo er den Bolzenschneider gelassen hatte. Das Schloss des Käfigs wirkte nicht sonderlich robust, vielleicht würde er es schaffen, es damit aufzustemmen.

Augen folgten ihm, während er ging, doch niemand gab einen Ton von sich, denn sie alle schienen ihren Herrn zu hassen und wenn nur einer von ihnen freikam, dann war ein symbolischer Streich gegen die Knechtschaft.

Wenig später tastete Ryou im Dunkeln durch das Loch hindurch und bekam bald den Bolzenschneider zu fassen. Kurz ärgerte er sich über seine fehlende Weitsicht, die ihn wertvolle Zeit kostete, dann eilte er zurück.
 

Yalik sah ihn mit matten Raubtieraugen an, sie schienen ihn zu verhöhnen, was Ryou wütend machte, wollte er ihn doch retten.

„Eine andere Möglichkeit habe ich nicht“, sagte er dann, den Drang habend, sich zu rechtfertigen. Yalik lehnte sich gemütlich an die Seite des Käfigs und beobachtete Ryou.

„Wenn meine Zähne nicht starrk genug sind, wie willst du schwaches Kind es mit so einem Werrkzeug schaffen?“

Ryou biss die Zähne zusammen und begann das Vorhängeschloss zu bearbeiten. „Vielleicht, weil ich hier draußen bin und du da drin und nicht unter Pegasus‘ komischem Zauber stehe.“

Eine merkwürdige Erklärung, fürwahr, aber irgendwie erschien sie ihm auf sonderbare Art und Weise logisch. Vielleicht war es auch einfach nur die Verzweiflung. Schon bald lief ihm der Schweiß in Strömen und er verfluchte sich, im Sportunterricht immer Ausflüchte zu finden, warum er nicht mitmachen konnte und er wünschte sich Katsuya her, der viel kräftiger war, als er. Als er schon fast den Mut verlor, spürte er, wie das Schloss langsam nachgab, er wandte eine letzte verbliebene Kraft auf, dann hörte er endlich das erlösende Knacken. Das entzwei gebrochene Schloss fiel lautlos zu Boden, Yaliks Augen blitzten auf, einen winzigen Moment lag sogar Anerkennung darin. Dann, wie aus dem Nichts schnellte der Körper des Raubtieres nach vorne, prallte gegen die Gitterstäbe und Ryou warf sich auf den Boden, um die Gittertür nicht abzubekommen, welche mit einem lauten Scheppern aus den Angeln gehoben wurde. Er spürte einen Luftzug über ihn hinwegfegen und als er wieder aufblickte, sah er nur noch das matte Glänzen von sandfarbenem Fell, welches schon bald von der Dunkelheit verschluckt wurde.
 

„Yalik!“, rief er laut, ungeachtet dessen, dass er nicht entdeckt werden wollte, und rappelte sich wieder auf. Scheiße, was hatte er erwartet? Dass Yalik nachdem er ihn befreit hatte, wie ein braves, zahmes Kätzchen mit ihm kam? Verzweiflung stieg in ihm hoch, während er sich an die Verfolgung machte, nicht ahnend, dass er längst entdeckt worden war. Er hörte noch ein dumpfes Scheppern und vermutete, dass Yalik einfach mühelos über den Zaun gesprungen war. Und damit war er wohl über alle Berge.

Ryou kroch wenig später durch den Zaun hindurch, dort wo er das Loch geschnitten hatte und riss sich in der Hektik einen unschönen Kratzer in den Rücken, was er aber kaum bemerkte. Auf der anderen Seite schaute er sich erst einmal ratlos um. Wo war Yalik hin? Es war sicherlich gefährlich, wenn er frei herum lief, nicht nur für die Menschen, zuletzt für ihn selbst, denn die Menschen bekämpften prinzipiell alles, das ihnen Furcht einflößte und gegen Stahlkugeln kam nichtmal ein Biest wie Yalik an. Ryou hatte mit einem Mal schreckliche Angst, dass ihm durch seine Schuld etwas geschah und den Tränen nahe fuhr er sich gehetzt durchs Haar und überlegte, wo er mit seiner Suche beginnen sollte. Yalik könnte in jede Richtung gelaufen sein.

Jetzt bloß nicht in Panik verfallen. Ryou war ansonsten immer der kühle Logiker und der praktische Denker. Wandte er sich nach rechts, ging es tiefer ins Industriegebiet hinein, nach links gewandt ging es Richtung Stadt. Wählte Yalik den Weg in die Abgeschiedenheit, oder in die Menschen, wo er wüten konnte, wie es ihm beliebte? Sein Gefühl sagte ihm ersteres – und irgendeine Wahl musste er nun treffen.
 

Während Ryou seinen Weg im Laufschritt zurücklegte, spürte er langsam das Brennen an seinem Rücken und die Kühle, die von der blutigen Nässe herrührte. Hatte er sich so heftig am Zaun geschnitten? Wie hatte er das nicht bemerken können?
 

„Yalik?“, rief er noch einmal und blieb einen Moment stehen, um zu verschnaufen.

Nichts. Er hörte zwar Geräusche, aber das waren die üblichen Geräusche eines abgeschiedenen Stadtteils. Gott, was hatte er sich da nur zugemutet. Hatte er ernsthaft geglaubt, alleine mit so einer Riesenverantwortung klar zu kommen? Und wie es aussah, hatte er sich auch noch verlaufen. Im Endeffekt war er doch nur ein Junge und kein Erwachsener.
 

„Hast du dich verlaufen?“

Ryou erschreckte sich zu Tode, als er eine Stimme hörte und er wirbelte herum. Im Licht der halb kaputten Straßenlaterne erkannte er die Gestalt eines Mannes, welcher einen abgerissenen Eindruck machte und den unangenehmen Geruch von Urin und Alkohol verströmte. Ryou drehte sich der Magen um.

„J-ja, ein wenig“, sagte er zögerlich, „Aber ich werde einfach den Weg zurückgehen, den ich gekommen bin…“

Er erschauerte als er einen sanften Griff um seinen Oberarm spürte, „Komm, ich helf dir, zurück zu finden. Die Gegend hier ist gefährlich, weißt du?“ Der Mann lachte und Ryou versuchte sich loszumachen, doch der Griff blieb.

„Haste Angst, dass ich dir was tu? Brauchste nicht, ich erwart lediglich ein wenig … Anerkennung, dafür, dass ich dir den Weg zeig. Nur ein bisschen Kleingeld, sonst nix. Sei froh, dass du an mich geraten bist“, blies der Mann ihm mit seiner Alkoholfahne ins Gesicht und Ryou konnte nichts tun, als sich hilflos mitziehen lassen.
 

„Hey, ich glaube, der junge Mann hat gesagt, er möchte deine Hilfe nicht.“

Ryou hätte vor Erleichterung beinahe aufgelacht, als er plötzlich zwei Männer vor ihnen stehen sah. Der Penner ließ widerwillig seinen Arm los.

„Wollt ihm nur helfen, hier raus zu kommen, Keith“, sagte dieser unwillig, in einem missbilligenden Tonfall, weil er um ein bisschen Kleingeld gebracht worden war.

„Zieh Leine, Fletch“, sagte der Mann, der mit Keith angesprochen worden war, woraufhin sich der Penner murrend trollte.

Ryou fiel ein Stein vom Herzen. „Danke, ich wusste echt nicht, wie ich den loswerden sollte…“

Der Mann namens Keith grinste, „Kein Ding. Für Jungs wie dich ist‘s hier aber echt ‘n bisschen gefährlich. Ich bring dich nachhause, komm.“
 

Ryou warf noch einmal zögernd einen Blick in die Dunkelheit hinein, lauschte, doch kein Anzeichen von Yalik. Hoffentlich ging es ihm gut. Dann gab er auf.

„Das … wäre sehr nett“, sagte er und wunderte sich, wieso Keith einen Arm um seine Schultern legte, aber erschöpft wie er war, ließ er es geschehen.
 

Sie liefen eine Zeit lang, unterhielten sich ein wenig und Ryou dachte eine ganze Weile lang an einen anständigen Menschen geraten zu sein, bis er ihn in eine Gasse führte, von der er behauptete, sie sei eine Abkürzung. Doch es war eine Sackgasse.

Ryou blieb abrupt stehen. „Was…?“

Und plötzlich war es aus mit der Nettigkeit. „Glaubst du, hier gibt’s irgendwas umsonst?“, raunte Keith ihm plötzlich ins Ohr, wobei sich der Griff um seine Schultern verstärkte, nahezu eisern wurde.

„Ich bin kein Vergewaltiger und ich würde dich bitten, mich nicht zu einem zu machen, indem du dich wehrst.“

Im nächsten Moment spürte Ryou die harte Backsteinmauer im Rücken und spürte mit Ekel, wie sich Hände und Lippen seinen Körper entlangtasteten.

„Willst du nicht ein bisschen lieb sein?“, raunte Keith lüstern in sein Ohr, griff nach seinem Handgelenk und presste Ryous Hand in seinen Schritt, wo er mit Ekel dessen vollständige Härte spüren konnte. Überfordert mit der Situation und starr vor Angst, tat Ryou, was man von ihm wollte und versuchte dabei nicht allzu viel zu denken, versuchte das angegeilte Keuchen nahe seines Ohres zu ignorieren. Dabei dachte er fieberhaft darüber nach, wie er dieser Situation entkommen konnte, ohne Schaden zu nehmen, doch als er einen Blick über Keiths Schulter riskierte, sah er dass der andere Typ der Keith begleitet hatte, wortlos am Ende der Gasse Stellung bezogen hatte, sodass er keine Fluchtmöglichkeit mehr hatte.

Es war sehr schwierig einzuschätzen, wie gefährlich der Mann wirklich war. Würde er so weit gehen, ihm ernsthaften Schaden zuzufügen, ihn sogar umzubringen? Ein Schauer der Angst lief ihm über den Körper, aber Ryou hatte wirklich nicht vor, sich vergewaltigen zu lassen, also musste ihm langsam mal was einfallen. Und er fasste einen Plan. Auch wenn es ihn jetzt schon ekelte.

Also ging er auf die Küsse ein und tat, als machten ihn die Berührungen an, indem er leise seufzte. Keith war sichtlich überrascht, aber wenn das Opfer auch noch drauf einstieg, umso besser.
 

So ließ Ryou sich küssen, betatschen und versuchte bei aller macht ein Würgen zu unterdrücken. Irgendwann hauchte er dem Mann gegen die Lippen: „Soll ich dir den Schwanz lutschen?“, dabei fasste er Keith in den Schritt und begann langsam, ihm den Reißverschluss der Hose aufzumachen.

„Fuck yeah“, hauchte der Mann lüstern und drückte Ryou grob hinunter in die Knie.

Ryou hatte das schonmal getan. Vor einem Jahr mit seinem ersten Freund. Doch das hier war etwas vollkommen anderes.

Abermals versuchte er sich seinen Ekel nicht anzumerken, als er das Glied des Mannes in den Mund nahm und begann, ihn zu befriedigen. Er schmeckte absolut widerlich, doch einen Moment musste Ryou noch warten. Er blickte auf, Keith hatte eine Hand an Ryous Hinterkopf gelegt und genießend die Augen geschlossen und als er einen Blick aus den Augenwinkeln riskierte, sah er, dass der andere Typ sich lässig an die Mauer gelehnt hatte und eine Zigarette rauchte.
 

Und dann biss er zu. So heftig, dass er einen Schwall Blut im Mund schmeckte und im selben Moment, in dem Keith gellend aufschrie und sich vor Schmerzen krümmte, sprang Ryou auf und rannte. Wurde zu Fall gebracht, weil Keith aus Reflex mit der Hand, die er sich nicht in den Schritt gepresst hatte, sein Fußgelenk zu fassen bekam, und schlug dabei so auf, dass er einen stechenden Schmerz links vorne an der Stirn spürte. Panisch trat er nach Keith, oder in die Richtung, in die er ihn vermutete und rappelte sich stöhnend auf, um wegzulaufen, doch der Mann, der gewartet hatte, war schneller, er ließ ihn nicht an sich vorbei kommen und als er sich auf ihn stürzte, da sah Ryou mit Schrecken das gezückte Messer in dessen Hand.

Seine Beine gaben nach und er erhob die Hände automatisch in einer schützenden Geste über den Kopf, doch der Schmerz blieb aus.
 

Ryou hörte ein Knurren, einen Luftzug über ihm und das entsetzte Aufschreien beider Männer. Als er es endlich wagte, wieder aufzusehen, weiterten sich seine Augen vor Entsetzen, als er sah, dass es Yalik war, der sich auf den Mann gestürzt und das Raubtiergebiss in dessen Hals vergraben hatte, die Krallen in den Körper geschlagen, um ihn nieder zu halten und Ryou wusste, er sollte sich abwenden, aber er konnte nichts als starren. Bemerkte nicht, wie das Blut, das von einer Wunde in der Halsschlagader spritzte, auch ihn traf, im Gesicht, auf der Kleidung und er wusste, er hätte sich abwenden sollen, als Yalik begann, ihn zu zerfleischen dabei Laute von sich geben die klangen, wie eine Mischung aus Knurren und Beschimpfungen in einer schwerverständlichen Sprache, er sah das Bein des Mannes zucken und dann lag er still.
 

Yalik stand auf und Ryou starrte zu ihm hoch, der Schwanz des Biestes peitschte gereizt hin- und her und als er sich zu Keith hinwandte, welcher immer noch wimmernd am Boden kauerte und nun ängstlich halb kriechend zurück wich, sah Ryou das blutverschmierte Gesicht und die Boshaftigkeit, die von ihm ausging und ein eiskalter Schauer jagte ihm über den Rücken. Während Yalik langsam mit katzenhaften Bewegungen Keith hinterher kam, dem das gleiche Schicksal bevor stand, wie dem anderen Mann, dessen Namen Ryou nichtmal gekannt hatte, wusste er, dass er Yalik würde aufhalten müssen, das verlangten Anstand und Moral, das verlangte es, ein Mensch zu sein.
 

Doch er tat es nicht. Er hätte gerne gesagt, er konnte nicht. Doch er wollte nicht. Denn er sah in Keith mit einem Mal all die Menschen, die in der Vergangenheit schlecht zu ihm gewesen waren. Die Leute in der Schule, die ihn gemobbt hatten, der Exfreund, der ihn betrogen hatte, die Stiefmutter, die ihn wie Dreck behandelt hatte. Ryou biss die Zähne zusammen und das Zittern hörte auf. Er wurde ruhig. Dann stand er auf, um besser sehen zu können, was Yalik da tat.

Die Bestie lauerte, ließ den Mann nicht aus den Augen, gaukelte ihm jedoch vor, vielleicht noch eine winzige Chance zur Flucht zu haben. Doch es war nur ein Spiel, das ahnte Ryou, denn er kannte das Wesen der Katzen. Katzen spielten mit ihren Opfern. Im schmutzigen Licht der Straßenlaternen sah er die Klauen des Biestes aufschimmern, sah das mattglänzende Blut, mit dem er sich besudelt hatte. Und er fand ihn immer noch schön. So schön, dass er ihn haben wollte, dass auch er ihm gehören wollte und einen makaberen Moment dachte er, es wäre sein Sinn und Zweck, wenn Yalik ihn fraß mit Haut und Haar.
 

Und dann stürzte sich Yalik auf Keith, mit einem präzisen Sprung und Keith hatte keine Chance und schon bald gellten die Todesschreie durch die Nacht und verklangen ungehört.

Die beiden Männer waren tot und als Yalik begonnen hatte, zu fressen, hatte Ryou sich doch abgewandt, wobei er den Würgereiz unterdrücken musste. Ihm war schwindelig und er fühlte sich schwach.
 

„Rryou…“, hörte er eine schnurrende Stimme an seinem Ohr. Der Geruch von Blut stieg ihm in die Nase und er schauerte, aber diesmal nicht vor Angst. Er drehte sich um, Yalik starrte mit seinen Raubtieraugen auf ihn herab, und dann spürte er eine Klaue in seinem Nacken, kurz darauf dominante, aber erstaunlich samtene Lippen auf seinen, denen noch der Geschmack von Tod und Blut anhaftete. Als er von ihm abließ, rahmte bereits Schwärze seine Sicht ein.
 


 

~*~
 


 

Er war nicht immer ein Monster gewesen. Es gab Tage, an denen er als normaler Mensch auf der Erde wandelte. Er hatte einen Fehler gemacht in seinem Leben, einen entscheidenden Fehler.

Malik war in schwierigen Verhältnissen aufgewachsen. Seine Familie hatte es mit ihrem Migrantenhintergrund ziemlich schwer, seine Eltern sprachen kaum die Sprache des Landes, sein Vater war streng religiös, seine Mutter beugsam und irgendwann starb seine Mutter, ohne ihm letzte Worte des Trostes zu schenken, sie war eines Tages einfach weg. Sie hatten nie viel Geld gehabt, sein Vater machte Schwarzarbeit, wenn er nicht gerade das Geld versoff, das sie vom Sozialamt bekamen.

Malik hasste seine Familie, hasste sie wie er sie gleichzeitig liebte, denn sein Vater und sein großer Bruder Rishid waren alles, was ihm noch geblieben war. Er wusste, dass er nicht so enden wollte. Er wollte studieren, er wollte später einen guten Job, doch mit diesen Grundvoraussetzungen war das kaum möglich. Sein Vater lachte dröhnend, als er ihm seinen Wunsch mitteilte und er nahm das Lachen hin, auch wenn er innerlich schrie. Wenn es sein musste, sagte er sich, würde er schon sein eigenes Geld verdienen, dann würde sein Vater nicht mehr lachen, sondern stolz sein und auch die anderen, die sie wie Aussätzige behandelten würden es bereuen, wenn er es erst zu etwas gebracht hatte.

Malik hatte die Entschlossenheit, den Willen sich durchzubeißen. Doch er geriet an die falschen Leute.
 

Er war frisch 20 Jahre alt und gerade von der Schule abgegangen und eines Tages betrat er auf der Suche nach einem Nebenjob um das Studium finanzieren zu können, das er anstrebte, eine ziemlich zwielichtige Bar und das nicht ohne Hintergedanken, denn die Wahrscheinlichkeit auf schwarze Bezahlung war in so einer Spelunke relativ groß.

Es roch nach Zigarettenmuff, nach menschlichen Ausdünstungen und durch die schmutzigen Fenster drang kaum Tageslicht herein und die Menschen an der Theke waren jeder für sich, nur ein oder zwei sahen träge auf, als er die Tür durchschritt. Malik sah sich um. Bis auf einen Mann, der die Theke wischte, konnte er niemanden ausmachen, der dem Personal zugehörig zu sein schien und so trat er zögerlich näher.

Malik musste sich erst zweimal räuspern ehe der Mann aufsah und ihn mit kleinen Schweinsäuglein anblickte. „Was darf‘s sein?“, knurrte er.

„Ich … wollte nach einem Aushilfsjob fragen“, antwortete Malik lässiger als er sich fühlte. Der Mann musterte ihn von Kopf bis Fuß, dann erwiderte er: „Einen wie dich brauchen wir hier nicht.“

Da flammte Empörung in Malik auf. „Was soll das heißen, einen wie mich braucht ihr hier nicht?“, zischte er. „Hast du was gegen Araber oder was, du Arschloch?“

Der Kerl grinste, „Zumindest nichts was hilft“, wurde jedoch dann wieder ernst, „und jetzt verpiss dich, bevor ich dich rausschmeißen lasse, du störst meine anderen Gäste.“

„Arschloch“, zischte Malik abermals und widerstand dem Drang dem Kerl einfach das Glas aus der Hand zu schlagen, das er seit mindestens drei Minuten wischte, nur um dann auf dem Absatz kehrt zu machen.

Wieder draußen war er unschlüssig, wie es nun weitergehen sollte. Irgendwie hatte er sich das einfacher vorgestellt. Außerdem ärgerte er sich, dass sein Temperament wieder mit ihm durchgegangen war, aber wenn es um seine Herkunft ging, reagierte er einfach immer so verdammt sensibel.

So beschäftigt mit sich selbst, erschreckte er sich gehörig, als er plötzlich angesprochen wurde: „Hey, Junge, du suchst doch Arbeit, oder?“

Er drehte sich um – wo war der alte Mann hergekommen, der plötzlich hinter ihm stand? Er nickte, etwas misstrauisch.

„Ich könnte da was haben, was dich vielleicht interessiert.“

„Und das wäre?“

„Hier-“, der Alte zog eine Visitenkarte aus dem Inneren seines zerschlissenen Mantels, dann einen Kugelschreiber, mit welchem er etwas auf die Rückseite der Visitenkarte kritzelte. Diese reichte er dann Malik.

„Wende dich an Pegasus“, raunte der Alte, „Er kann immer helfen. Und sag ihm, dass Yashimoto dich schickt.“

Malik sah auf die Rückseite der Karte, worauf eine Adresse gekritzelt war. Sah dann wieder auf um den Alten zu fragen, ob er sich über ihn lustig machen wollte, doch der war plötzlich verschwunden. Eigenartig.

„So ein Verrückter. Pegasus – was ist das überhaupt für ein bescheuerter Name“, knurrte er abfällig und wollte die Karte schon wegwerfen, überlegte es sich dann jedoch anders und ließ sie in seiner Hosentasche verschwinden, wo er sie dann eine ganze Weile lang vergaß.
 

Etwa zwei Wochen später fiel sie ihm wieder in die Hände, als er seine Taschen nach Kleingeld durchsuchte und da seine Suche nach einem Job bisher nicht gefruchtet hatte, entschloss er sich schließlich kurzerhand, dass er diesen Pegasus einmal aufsuchen wollte. Er hatte ja nichts zu verlieren – außer ein paar wertvolle Stunden seines Lebens, aber die Verzweiflung trieb ihn, seitdem er für ein Stipendium abgelehnt worden war, mehr denn je.

So stapfte Malik durch die halbe Stadt, öffentliche Verkehrsmittel vermied er, um jeden Cent zu sparen, bei sengender Hitze, denn es war Sommer und seine Laune sank, je nobler die Gegend hier wurde. Als ob irgendeiner von diesen reichen Schnöseln ihn einstellen würde. Es sei denn, es war ein Etablissement für Edelstricher, dann würde er es vielleicht tatsächlich zumindest in Erwägung ziehen, denn damit konnte man sicherlich gutes Geld verdienen.
 

Als er schließlich endlich bei der Adresse ankam, die auf der Visitenkarte stand, war er beinahe enttäuscht, dass er vor einer durchschnittlichen Villa stand, wie es sie viele gab in diesem Viertel. Nachdenklich schloss er die Hände um das gusseiserne Tor und ließ die Stirn gegen die Gitter sinken. Irgendwie hatte er ein schlechtes Gefühl. Noch konnte er einfach umkehren und nachhause gehen. Nachhause zu seinem versoffenen Vater und der nicht vorhandenen Zukunft, nachhause in das Armenviertel der Stadt, zu den Junkies und Prostituierten an jeder zweiten Straßenecke.

Im nächsten Moment drückte er mit klopfendem Herzen den Klingelknopf. Es dauerte eine Weile, dann ertönte ein leises Knacken in der Gegensprechanlage, auf welches eine Stimme folgte, die sein Begehr zu wissen wünschte.

„Ich … Mein Name ist Malik Ishtar, ich möchte zu einem gewissen Pegasus…“

„Viele wollen zu Pegasus, warum sollten wir dich herein bitten?“ Die Stimme klang herablassend. Das machte Malik wütend.

„Hör mal zu du Pe-“ Im letzten Moment besann er sich, dass ja er es war, der etwas wollte und bemühte sich um einen etwas freundlicheren Tonfall. „Yashimoto schickt mich, er sagt, Pegasus könnte … mir helfen…“

„Gehen Sie die Kiesstraße hinauf bis zur Villa und warten vor den Toren. Sie werden dort abgeholt. Verlassen Sie den Kiesweg unter keinen Umständen.“

Die Stimme klang nun viel freundlicher, nur bei den letzten Worten warnend und im nächsten Moment öffnete sich das Tor durch einen unsichtbaren elektronischen Mechanismus, indem es zur Seite glitt – vollkommen geräuschlos, worüber Malik sich später sehr wunderte.

Kaum hatte er den Kiesweg betreten, befiel ihn das Gefühl, dass es nun kein Zurück mehr gab. Das Tor schwang hinter ihm zu und er trat den Weg zur Villa an – welcher länger war, als es zunächst den Anschein erweckt hatte, und fragte sich nebenbei, wieso er den Weg nicht verlassen durfte. Der Garten wirkte zwar ein wenig verwildert, aber nicht auf die Art und Weise, dass es gefährlich wäre, ihn zu betreten. Er zuckte mit den Schultern, dachte sich auch nichts dabei, als er ein Geräusch hörte, das ihn an ein etwas verzerrtes Mädchenlachen erinnerte.
 

Am Eingang der Villa angekommen stellte er sich mit einem geringen Abstand zu den kunstvoll gearbeiteten Doppeltüren, welche merkwürdigerweise in ihrer Bauart überhaupt nichts Japanisches an sich hatten und verschränkte abwartend die Arme vor der Brust.

Tatsächlich musste er nicht lange warten, ehe die beiden Flügel nach innen aufschwangen. Maliks Mund öffnete sich lautlos, als er einen Jungen dort stehen sah, welcher trotz seiner feinen Kleidung einen etwas struppigen Eindruck machte – das jedoch war nicht das Verwunderlichste an dieser Erscheinung, der Knabe hatte nur ein Auge. Und zwar nicht in der Art, wie wenn einem ein Auge ausgestochen wurde, er schien von Natur aus nur ein Auge zu haben – wie ein Zyklop mittig sitzend.

Der Junge ignorierte Maliks befremdeten Gesichtsausdruck.

„Würden Sie mir bitte folgen? Ich bringe Sie zu Herrn Pegasus.“ Die Stimme war warm und freundlich und holte Malik in die Realität. Wahrscheinlich hatte der Junge einfach nur eine seltsame Art von Behinderung.

Er folgte ihm wortlos. Die Villa war sehr dunkel, kaum Tageslicht drang durch die Fenster, das meiste Licht kam von gedimmten Deckenlampen. Die Wände waren geziert von Gemälden und in den Nischen dazwischen fand man wundersame Gegenstände vor – einmal wandte Malik den Blick angewidert ab, weil da ein Schrumpfkopf in einem Glas vor sich hindümpelte. Beinahe wäre er in den Jungen hineingelaufen, als der abrupt stehen blieb. Schließlich klopfte er an eine Tür und steckte den Kopf durch den Spalt. Malik hörte, wie er sagte: „Meister, Euer Gast ist hier…“

Merkwürdig, diese Ansprache, aber reiche Leute, hatte er gehört, hatten wohl so ihre Schrullen. Und doch. Irgendwie fühlte er sich von Minute zu Minute unbehaglicher. Das klang irgendwie ganz so, als wäre er erwartet worden.
 

Nachdem er den Raum betreten hatte, schwang die Tür hinter ihm wie von Geisterhand zu und Malik zuckte kaum merklich zusammen.

Ein Mann saß auf einem gepolsterten Sessel mit Möbelsamt überzogen, die Vorhänge standen offen und dennoch lag etwas Drückendes im Raum. Der Mann war in Rot gewandet und hatte weißes Haar – so eine Haarfarbe hatte Malik noch nie bei einem Menschen gesehen, alte Leute ausgenommen.

Das Haar war sauber gescheitelt und hing ihm ebenmäßig über die Schultern, wobei das linke Auge unter dem Haarvorhang verborgen war. Das andere Auge musterte ihn mit unverhohlener Neugier, aber auch Schärfe.

„Malik Ishtar“, sagte der Mann schließlich und ging auf ihn zu um ihm die Hand zur Begrüßung hinzustrecken. „Ich wusste, du würdest früher oder später zu mir kommen.“

Malik kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. „Und woher haben Sie das gewusst, wenn ich fragen darf?“

Ein helles Lachen, das doch gleichsam falsch klang – Malik war auf der Hut. Ebenso schnell erstarb es wieder.

„Weil früher oder später alle zu mir kommen, die verloren sind und verzweifelt.“

Irgendwie passte es Malik nicht, wie dieser Mann daher redete. Er war viel zu selbstgefällig, viel zu autoritär. Dennoch wirkte er seltsam faszinierend.

„Man sagt, Sie können mir helfen. Von was für einer Art Hilfe sprechen wir hier und an welche Gegenleistung ist sie geknüpft?“

„Du kommst schnell zur Sache und du bist sehr klug, Junge, das gefällt mir. Natürlich hast du richtig erkannt, dass meine Hilfe von einer Gegenleistung abhängt. Ich bin Sammler und Spieler, mein Junge und wenn du verlierst, dann verlierst du alles, was du bisher als dein Leben kanntest, wenn du aber gewinnst, dann … offenbart sich dir alles, was du dir jemals zu träumen gewagt hast.“

Malik musste plötzlich auflachen, sein Lachen erstarb jedoch so schnell es gekommen war, als er bemerkte, dass Pegasus es offenbar ernst meinte.

„Gut“, meinte er dann, „Wenn Sie schon wussten, dass ich hier auftauchen würde, werden Sie sicher auch wissen, dass ich außer meinem Körper vielleicht nichts anzubieten habe.“

Pegasus zuckte mit der Augenbraue die nicht hinter dem Haarschleier verborgen war. „Dann kommen wir vermutlich tatsächlich ins Geschäft. Gaspard – Wein!“
 

Aus dem Dunkel einer Zimmerecke trat ein Diener mit einem Tablett auf dem zwei kristallene Gläser mit Rotwein standen. Malik mochte keinen Rotwein, doch jetzt nahm er ihn an.

„Ich bin ein Sammler, Malik Ishtar. Ich sammele Kreaturen. Vielleicht ist dir der kleine Diener, der dich her geleitet hat, aufgefallen.“ Pegasus Stimme klang widerwärtig amüsiert.

„Ich betreibe so etwas wie … einen Zirkus, eine Freakshow, wenn man auf böse Zungen hört“, sprach er behutsam weiter. „Ich biete dir ein Spiel an. Gewinnst du, dann gebe ich dir den Reichtum, von dem du schon immer geträumt hast-“

Da, schon wieder. Wieso wusste der Kerl so viel über ihn? Er hatte irgendwie die Vermutung, es hinge mit dem unter dem Haar verborgenen Auge zusammen, doch er schwieg dazu und hörte sich weiter an, was Pegasus sagte.

„Und wenn ich verliere?“

Ein Aufglänzen an der verborgenen Stelle des Auges. „Dann wirst du eine meiner Kreaturen und schließt dich meinem Zirkus an. Dann vergisst du das, was du jetzt bist.“

Stille. Malik, welcher das Glas erhoben hatte, um daraus zu trinken, war in dieser Bewegung erstarrt. Dann ließ er die Hand sinken und stellte es auf den Tisch.

„Ich glaube, Sie sind verrückt, Mann“, sagte er und stand auf, Pegasus machte keine Anstalten, ihn aufzuhalten, doch als er die Hand an die Türklinke gelegt hatte, hielt er inne und sein Blick ging ins Leere. Denn plötzlich musste er sich daran erinnern, wie seine Mutter gestorben war. Und er dachte daran, in welchem Loch er wohnte, was er alleine seinem Vater zu verdanken hatte, der sich nicht um ihn kümmerte.

Wenn er aus dieser Tür heraus schritt, dann hatte er doch keine Zukunft. Malik straffte die Gestalt und holte tief Luft. Wie hieß es so schön? Etwas Besseres als den Tod findest du überall. Auch wenn er später noch zu dem Schluss kommen würde, dass der Tod noch besser gewesen wäre, als das, was ihn danach erwartet hatte.
 

„Um … was für ein Spiel geht es?“ Er erwartete etwas Extravagantes, etwas das er nicht kannte, doch als Pegasus schlicht „Schach“, sagte, hätte er beinahe aufgelacht. Mit seinem Bruder Rishid spielte er mehrmals die Woche Schach und er gewann sehr oft.

„Ich will einen Vertrag, der mir zusichert, dass Sie kein Schwindler sind“, sagte Malik mit fester Stimme. Pegasus lächelte. „Natürlich.“
 

Maliks Schicksal war besiegelt, noch ehe er seinen ersten Zug setzte. Aber so war es mit den Elenden dieser Welt. Sie griffen verzweifelt nach jeder Rettung, die sich ihnen bot und wenn sie ihnen mit Teufelsfratze entgegenlachte dann sahen noch darin einen Trost.

Malik hatte nie ein schönes Leben gehabt. Etwas Besseres als den Tod fand man schließlich überall.

Er verlor als Erstes zwei Bauern und danach einen Springer. Noch zuversichtlich führte er zwei en passé aus. Danach jagte er Pegasus einen Turm ab und schließlich auch einen Springer. Nebenbei trank er von dem Wein. Der Wein war wirklich unglaublich süß. Und noch irgendein anderer Geschmack lag darin.

Er wurde selbstsicher.

Pegasus rückte einen Bauern vor. „Ich spüre eine große Wut in dir, einen Hass auf die Welt.“

„Was wissen Sie denn schon, Sie sitzen hier in einer Protzvilla und haben ein feines Leben“, grollte Malik bitter, während er sich das Spielfeld betrachtete und sich schließlich dazu entschied, seinen verbliebenen Springer weiter vor zu rücken.

„Gewiss ist man dir oft mit Ablehnung begegnet“, murmelte Pegasus mit den Augen auf dem Spielfeld und Malik hatte so das dumpfe Gefühl, dass es ihn trotzdem ansah, auch wenn das gar nicht möglich war.
 

Pegasus hatte einen wunden Punkt getroffen. Ob da Hass war? Ohja, eine ganze Menge sogar. Unwillkürlich ballte er die Hand fester um das Rotweinglas.

„Wenn Sie nur wüssten … Einmal hab ich davon geträumt, dem Typen, der mir in der Grundschule Hundescheiße in die Haare geschmiert hat, abzustechen … es hat genau 60 Messerstiche gebraucht, ehe er endlich tot war und als ich aufgewacht bin, hatte ich den Geschmack von Blut im Mund.“

Ein seltsames Funkeln leuchtete in Maliks Augen auf, das Pegasus wohl kaum entging. Pegasus J. Crawford hatte schon immer die dunkle Seite in einem Menschen erkannt. Und schließlich rissen sie sich selbst in den Abgrund, er musste ihnen nur die richtige Richtung dorthin weisen. Ein hauchfeines Lächeln umspielte seine Lippen.

Ja, er sah sie schon vor sich, die Kreatur, die er aus Malik machen würde. Das, was er bereits in sich trug. Ein Hass fressendes Monster.

Dann setzte er seinen Zug, wobei er Maliks Dame schlug, und sagte „Schach.“

Malik riss erschrocken die Augen auf. Sein König stand auf langer Strecke frei und Pegasus‘ Dame hatte ihn Schach gesetzt. Ihm blieb nur ein Ausweg, nämlich der, eine andere Figur zu opfern. Da er weder König noch Turm bisher bewegt hatte, führte er eine Rochade aus.

Pegasus zog ihm seelenruhig hinterher und Malik fühlte sich, als würde sich eine Schlinge um seinen Hals zuziehen. Die meisten seiner großen Figuren hatte er schon verloren, seinen zweiten Turm besaß er nicht mehr und der Läufer, der noch übrig war stand auf dem falschen Feld, der verbliebene Springer zu weit weg. Pegasus‘ Dame schlug seinen Turm.

„Schach“, sagte er erneut und beugte sich vor, die Hände überkreuzend, auf welchen er dann das Kinn abstützte.
 

Mistsack, dachte Malik, während ihm der Schweiß ausbrach, der genießt das auch noch, mich ganz langsam auszuweiden. Er zog den König nach vorne. Pegasus zog von der anderen Seite seinen Turm hernach. Und als Malik auf das letzte verbliebene Feld ausweichen wollte, bemerkte er den Springer, der ihm einen Strich durch die Rechnung machte. Er sah auf und Pegasus linke Augenhöhle begann zu glühen.
 

„Matt“, sagte Pegasus und die Eiseskälte in seiner Stimme war das Letzte, was Malik in seinem Leben als Mensch hören sollte.

Und schon bald verlor er seine Erinnerungen, schon bald war es nur mehr der Hass, der ihn nährte, der ihn zum Tier machte und das einzige, was er noch wusste war, dass er sich rächen wollte, weil Pegasus ihm das Leben gestohlen hatte.
 

Als er das erste Mal das Bewusstsein wiedererlangte, befand er sich bereits als Teil der Freakshow in der Manege. Und es war wie immer. Die Menschen sahen ihn als Ausgestoßenen, als Abschaum der Gesellschaft und doch war eine morbide Lust hinzugekommen. Malik wurde zu Yalik und er begann den Geschmack des Blutes zu lieben und am liebsten hätte er seine Klauen in Pegasus Brust geschlagen und sein pulsierendes Herz gefressen, doch der Kontrakt hielt ihn davon ab, wie eine unsichtbare Barrikade. Und er lebte alsdann jahrelang in Dunkelheit. So lange, bis der weiße Junge kam und ihn daran erinnerte, dass er vor langer Zeit wohl einmal ein Mensch gewesen sein musste.
 


 

~*~
 


 

Als Ryou zu sich kam, schien Mondlicht sanft auf ihn herab. Er blinzelte. Wo war er? In der Stadt sah man den Mond nicht aufgrund des vielen Smogs. Als er sich aufrichtete, erkannte er, dass er wohl in einem Turm sein musste, einem alten Turm, von dem das Dach zur Hälfte weggebröckelt war, deshalb schien das Mondlicht so hell hinein. Aber wie war er hier her gekommen?

Er drehte den Kopf – und erschrak fast zu Tode. Da auf der kaputten Steinmauer saß ER, in kätzischer Manier halb liegend, den Oberkörper leicht aufgerichtet, der Löwenschwanz bewegte sich sacht, doch nicht gereizt, wie vorhin, nicht so wie… plötzlich erinnerte sich Ryou an alles. Er fühlte sich erstaunlich gefasst dafür, dass er vor wenigen Stunden zwei Morde beobachtet hatte.
 

Vorsichtig stand er auf und ging näher zu Yalik hin, wobei ihm die Raubtieraugen bei jeder Bewegung folgten, und setzte sich ihm gegenüber auf die Steinmauer. Dann sah er ihn an. Ihre Blicke trafen sich. Yalik wandte den seinen ab und sah zum Mond hin. „Quit pro quodo, kleiner Ryou“, murrte er leise und wie immer, wenn er seine Stimme hörte, bekam Ryou eine Gänsehaut. Doch jetzt klang sie irgendwie anders, als zuvor. Menschlicher. Oder war Ryou mehr geworden, wie er?

Er rutschte näher an Yalik heran und streckte die Hand aus, doch Yalik fing sie ab, ehe er sein Gesicht berühren konnte. „Ich habe dir schonmal gesagt, ich bin keine verdammte Schmusekatze“, knurrte er bedrohlich. „Ich hab dich vor diesen Typen gerettet, weil du mich aus dem Käfig gelassen hast, aber sonst verbindet uns nichts.“

Diese Worte verletzten Ryou, ohne, dass er wusste, wieso. Die Lippen blieben einen Spalt geöffnet, weil er etwas hatte sagen wollen, traute sich nun doch nicht mehr. Stattdessen biss er sich auf die Unterlippe und zog seine Hand zurück.

„Warum hast du mich geküsst?“, murmelte Ryou, ebenfalls Richtung Mond starrend. Er konnte den Geschmack des Kusses sogar noch auf den Lippen spüren.

„Bild dir da nichts drauf ein“, kam es herablassend. „Mir war eben danach.“

Ryou rutschte näher an ihn heran, die Hände, erstaunlich zierlich für einen jungen Mann, berührten zitternd das Fell zwischen Schultern und Brust. Es fühlte sich weich an. Er sah ihm direkt in die Augen und die lavendelfarbenen Iriden nahmen ihn gefangen.

„Würdest du es noch einmal tun?“, hörte Ryou sich hauchen und er hatte keine Furcht mehr dabei.
 

Yalik reagierte erst nicht. Dann spürte Ryou, wie er ihn packte und ihn grob zu Boden schleuderte, dabei über ihn kam und eisern zu Boden gedrückt hielt, dabei knurrte er seinem Gesicht nahe kommend. „Hast du mir vorher nicht zugehört?“ Es klang wie ein Fauchen Ryou zuckte zusammen, hielt vor Schreck die Luft an.

„Ich bin keine Schmusekatze, Hergottnochmal, hast du nicht gesehen, was ich mit den beiden Männern gemacht habe?! So könnte es dir auch ergehen, wenn du nicht das tust, was ich sage!“

Er war wütend. Warum war er nur so wütend?

„Du bist aufgewühlt“, murmelte Ryou und hob die Hand um ihm über die Wange zu streichen. Daraufhin schlug Yalik ihm mit aller Kraft ins Gesicht, wobei er jedoch gnädigerweise die Krallen nicht benutzte.

„Halts Maul! Ich hätte dich diesen Typen überlassen sollen!!“

Ryou sah ihn wieder an, nun schimmerten Tränen in seinen Augen und das brachte Yalik zur Weißglut und er schlug abermals zu, wieder und wieder und Ryou ließ es willig geschehen, bis er keine Kraft mehr hatte und Yalik schwer atmend über ihm kniete die Reißzähne gefletscht und der unheimliche Kranz des Vollmondes umleuchtete ihn von hinten.
 

Und dann geschah etwas Sonderbares. Yalik wurde ruhiger. Eben noch die Klaue erhoben um Ryou die Brust aufzuschlitzen, sank er im nächsten Moment hinab und beschnüffelte sich dessen zerschundenes Gesicht, leckte vorsichtig und leise schnurrend das Blut von der aufgeplatzten Lippe und Ryou spürte wie rau die Zunge war und lächelte, dann vergrub er eine Hand in dem sandfarbenen Haarschopf. Und dann küssten sie sich. Die Küsse wurden Bisse und der Schmerz wurde zu Lust und dann ließ sich Ryou von ihm nehmen, Yalik war besitzergreifend und dominant und er machte ihn zu seinem Eigentum in dieser Nacht.
 

Ryou wurde durch ein Fauchen geweckt. Zutiefst irritiert fuhr er in die Aufrechte – er brauche einen Augenblick um zu begreifen, wo und warum er sich hier befand und dann sah er, dass sie gefunden worden waren.

Yalik stand in kurzem Abstand und halb gebeugt in einer Abwehrhaltung vor Ryou und knurrte und fauchte Pegasus an, der reglos da vor ihnen stand. Mit einem Auge funkelte er auf sie beide hinab, die Hände beinahe lässig auf seinen Spazierstock gestützt. Scheinbar beeindruckte ihn Yaliks Geknurre und Gefauche herzlich wenig.

Ein spöttisches Lächeln umspielte seine Lippen, als er gewahrte, wie Ryous Gesicht den Ausdruck nackter Angst annahm.

Plötzlich war der Stock in seiner Hand kein Stock mehr, sondern eine Peitsche, die er knallen ließ um Yalik von Ryou wegzutreiben.

„Los, in die Ecke mit dir, wo du hingehörst!“ Er schrie nicht, doch seine Stimme war autoritär und herrisch und Yaliks Blick ging über vor Zorn, weil er gehorchen musste, weil immer noch Pegasus Zauber über ihm lag.
 

Ryou sah Yalik angstvoll hinterher, welcher auf Abstand gegangen war und nun unruhig und schwanzpeitschend auf- und ab ging, die beiden nicht aus den Augen lassend.

Ryou starrte auf die Peitsche in Pegasus‘ Hand, dann zu Pegasus selbst, wessen Mund sich zu einem schmalen Lächeln verzog.

„Du hast mir etwas sehr Wertvolles gestohlen, junger Freund.“ Er ließ die Peitsche so schwingen, dass er sie mit der anderen Hand straff zog. Ein ledernes Quietschen. Es wirkte bedrohlich.

Ryou fühlte sich ausgeliefert in seiner kauernden Haltung, wich unwillkürlich zurück, woraufhin ihm Pegasus gemächlich folgte.

„Nicht viele haben das je gewagt“, sprach er ruhig weiter. „Die meisten sind entweder tot oder haben sich meinem … Zirkus angeschlossen.“

Da, abermals das Blitzen des linken Auges. Was nur war es, das Pegasus dort verbarg?

„Aus irgendeinem unerfindlichen Grund scheint dieses Monster, das dahinten so feige in der Ecke kauert, dich zu respektieren. Jeden anderen zumindest hätte es zerfleischt.“

Die Wand im Rücken und einen ungekannten Mut spürend knurrte Ryou: „Reden Sie nicht so von ihm!“

„Ihm?“, wiederholte der Zirkusdirektor, dann hob sich eine Augenbraue, als sei er sich erst jetzt Ryous Kleiderlosigkeit bewusst geworden. „Du schützt dieses Monster? Willst du mir sagen, du hast dich ihm freiwillig hingegeben? Junge, du bist todesmutiger, als ich dachte. Oder dümmer.“

Dann blitzte etwas in den hellen Augen des Mannes auf. „Tatsächlich spüre ich seine unbändige Wut auf mich, weil ich dich bedrohe. Und er ist noch wütender, weil er nichts, aber auch rein gar nichts dagegen ausrichten kann – ist es nicht so?“

Er lachte zynisch und ließ die Peitsche in Richtung Yalik knallen, welcher ein tiefes Knurren von sich gab, dass Ryou ein Schauer davon über den Rücken lief. Er hatte noch zu gut in Erinnerung, was Yalik mit jenen gemacht hatte, die ihn gestern überfallen hatten.
 

„Aber gegen mich kann er nichts ausrichten. Er hat sich freiwillig in meine Hände begeben vor vielen Jahren schon, junger Ryou. Er ist längst kein Mensch mehr, oder hat er dich das glauben machen, als er dich wie ein Tier bestieg?“

Ryou stieg Scham- und Zornesröte ins Gesicht, doch ehe er antworten konnte, fuhr ihm ein anderer Schrei dazwischen.

„Ich reiß dir die Eingeweide raus, PEGASUS!“ Beide wandten sich in Yaliks Richtung, so klar und menschlich hatten seine Worte seit Jahren nicht mehr geklungen. Pegasus‘ Miene wurde mit einem mal zorneskalt und dann wandte er sich an Ryou, doch anstatt ihm eines mit der Peitsche auszuwischen, wie dieser befürchtet hatte, griff der Zirkusdirektor mit einer Hand an seine Kehle und zog ihn mühelos in die Höhe. Dann kam er Ryou ganz nah, welcher röchelte und kaum Kraft aufbringen konnte, sich aus diesem Griff zu befreien.
 

Und da sah er wieder dieses eigentümliche Glitzern in Pegasus‘ linkem Auge, welches nun nicht mehr vollständig von dem weißen Haarschleier verdeckt wurde. Gleichsam wie er in bleierne Lethargie hinab driftete, fühlte er sich, als saugte sich etwas an seiner Seele fest und die Dunkelheit, die folgte, legte sich wie ein Schleier über sein Herz.
 

Tu etwas, rief ihm das letzte Bisschen seines Unterbewusstseins zu. Tu etwas, sonst bist du verloren! Er durfte nicht loslassen. Sonst wären sie beide verloren, er und Yalik, aber es war so angenehm, so herrlich, so träge, die Gedanken wurden schwerer und das Licht verlosch.
 

„Du wirst mir nun zu hörig sein und deine Strafe entgegennehmen“ schlich sich eine Stimme in seinen Geist, klar und befehlsgewohnt.

Ryou spürte irgendwo, wie sein Mund von selbst antworten wollte, doch um das zu verhindern biss er sich auf die Zunge. So sehr, dass er plötzlich Blut schmeckte und dieser metallische Geschmack brachte ihn mit einem Schlag in die Wirklichkeit zurück.
 

Er prallte auf den Boden auf und das erste was er sah, war Pegasus, welcher zurück getaumelt war und ihn mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Erstaunen ansah. Die Lippen des Mannes bewegten sich lautlos: ‚Wie ist das nur möglich…“ und da wusste Ryou, dass er seinen Zauber durchbrochen hatte, auch wenn er nicht wusste, wie er es gemacht hatte, aber dieses Wissen verlieh ihm neuen Mut – mit einem Mal wusste er, was er zu tun hatte. Pegasus wusste kaum, wie ihm geschah, als sich der unscheinbar wirkende Junge auf ihn stürzte, mit einer Wucht, wie man es dem schmächtigen Körper kaum zugetraut hätte. Verzweifelter Zorn stand in den dunklen Augen und Ryou dachte nicht nach, als er blitzschnell die Hand vorschnellen ließ, die sich hartnäckig und ohne den Willen abzulassen in weiches Fleisch gruben, ein schmerzvolles Stöhnen erntend. Drei seiner Finger schlossen sich schließlich zwischen all dem Blut und dem aufgerissenen Fleisch um das Auge, welches kühl und hart in der Höhle lag, in die es ohne Zweifel nicht gehörte.

Nur so konnte er Yalik retten, nur so verhindern, dass noch mehr Kreaturen solch ein Unrecht zugefügt wurde wie ihm.
 

Doch Pegasus wäre nicht Pegasus, ließe er sich so leicht übertölpeln. Im selben Moment, in dem Ryou den Arm zurückzog bohrte sich dünner langer Stahl in seinen Bauch, so scharf, dass er ihn nur Aufgrund der Erschütterung spürte. Mit einem qualvollen Ächzen zog er den Augapfel aus seiner Höhle, ein Schwall Blut ergoss sich auf ihn, als er den Gegenstand fest umklammernd, der Pegasus seine Macht verliehen hatte, rücklings zu Boden stürzte und dort flach atmend und mit weit aufgerissenen Augen liegen blieb.
 

Yalik roch Ryous Blut. Und das Letzte, das Pegasus J. Crawford von dieser Welt sah, mit seinem letzten verbliebenen Auge, war, wie die Bestie, die er einst erschaffen hatte, mit drei kraftvollen Sprüngen und weit aufgerissenem Maul auf ihn zukam, die Zähne in all ihrer Pracht entblößend und dabei ein Gebrüll ausstieß, dass es in den Ohren schmerzte.

Die Zähne vergruben sich im Hals des Mannes, der ihm all die Jahre Pein beschert hatte und die Klauen weideten ihn gleichsam aus. Und er empfand Genugtuung und er wütete noch, als Pegasus Kopf längst von seinem Körper getrennt, seine Eingeweide längst ein blutiges fleischiges undefinierbares Gewühl geworden waren.
 

Schwer atmend erhob er sich schließlich. „Ich hab dir doch gesagt, ich reiß dir die Eingeweide raus, alter Freund. quid pro quodo.“ Die Stimme war kalt und voller Hohn, das Lächeln mit dem er den Toten bedachte, grausam.
 

Ein leises Stöhnen erst ließ ihn wieder zur Besinnung kommen.

Und da war er wieder, der Geruch von Ryous Blut, der ihn erst so die Beherrschung hatte verlieren lassen. Mit einem Satz war er bei ihm, mit einem Anflug von Angst glitt sein Blick über das aschfahle Antlitz des Jungen, der da am Boden lag, beide Hände krampfhaft seitlich auf den Bauch gepresst. Ihre Augen trafen sich. Yaliks Blick verdüsterte sich.

„Glaub ja nicht, ich lasse dich sterben. Du gehörst jetzt mir und deinen Tod bestimme ich allein“, knurrte er bedrohlich. Ryou lächelte schwach.

„Ich … hatte auch nicht vor, abzukratzen…“
 

Behutsam und mühelos nahm Yalik den Jungen auf die Arme und erhob sich mit ihm. Er war frei. Frei von Pegasus und doch wieder gebunden. An dieses Menschenkind, dem er sein Leben verdankte.

Niemand sah die beiden, als er mit seiner kostbaren Fracht die bröckelnden Treppen des Turmes herabhuschte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich bin echt gespannt auf DEINE Meinung!


Und ich möchte euch noch auf drei YGO-Wettbewerbe aufmerksam machen, die ich habe. Leider ist bisher sehr wenig Resonanz gekommen. Die Möglichkeit zu verlängern besteht noch, man muss mir nur bescheid sagen:

http://animexx.onlinewelten.com/wettbewerbe/wettbewerb.php?id=43306

http://animexx.onlinewelten.com/wettbewerbe/wettbewerb.php?id=43356

http://animexx.onlinewelten.com/wettbewerbe/wettbewerb.php?id=43530 Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: Karma
2014-04-20T19:27:11+00:00 20.04.2014 21:27
Meine Meinung ist kurz und knapp in einem einzigen Wort zusammengefasst: AWESOME!

'nuff said.
^__^
Von:  xLlilaAx
2013-11-03T00:36:41+00:00 03.11.2013 01:36
Ich treibe mich eindeutig zu selten auf Animexx herum, so finde ich deine Fics immer erst so spät ! Sie sind sowieso der einzige dafür um so wichtigere Grund hier aufzukreuzen. Wie auch immer, erstmal meinen dank für dieses lange und wunderbar ausführlich geschriebene Kapitel, allein die Plakate - ich sehe sie noch bildlich vor mir ! Interessantes Thema, waren dir Yu Gi Oh Karten Vorbilder für die "Kreaturen"? Ich mag "Yalik" hier sehr und auch die Darstellung des allseits beliebten Pegasus ist dir wiedermal hervorragend geglückt.

Gute Nacht
Von:  Mimmy-chan
2013-10-27T00:53:51+00:00 27.10.2013 02:53
Kommi schreiben ist nicht schwer, nur das anfangen hängt sehr.

‚Zu den Steinen hat mal einer gesagt: ‚Seid menschlich.‘
Die Steine haben geantwortet: ‚Wir sind noch nicht hart genug.‘

X’D Der Spruch ist verdammt gut. Und leider so wahr T^T

Das du Joey als Ryous Freund gewählt hast, finde ich super. Es ist mal etwas ganz anders. Und dass er mit Anzu zusammen ist, ist ebenso süß. Genauso wie sein kindlicher Charakter.

Als Ryou am Anfang angerempelt wurde/ jemanden angerempelt hat, dachte ich er sein beklaut wurden, doch dem war glücklicherweise nicht der Fall.

Wenn ich deine FFs lese lerne ich mindestens ein neues Wort dabei kennen, oder sogar mehr. In diesem Fall sind es wohl Mantikor und maliziös.

Der Mann an der Kasse ist Pegasus, das war mir von Anfang an klar, als das Glitzern beschrieben wurde. Umso breiter musste ich grinsen, als es beim Auftritt dann rauskam.

Yaliks Beschreibung ist dir wirklich gut gelungen. Gefährlich, wild – und dennoch von der faszinierenden Schönheit einer Katze. Kein Wunder, dass Ryou den Blick nicht abwenden kann. Dass er in seiner Trance sogar bis an das Gitter geht, ist toll. Und dann trefen sich ihre Blick. *schwärm*

Aber die beste Szene ist wohl, als Yalik eine Lücke in der Aufmerksamkeit von Pegasus nutzt und sich gegen das Gitter wirft, um es nieder zu reißen und zu Ryou zu gelangen. Und wie er da über ihm hockt und dem Jungen seinen Namen zu knurrt. Wahnsinn. Beängstigend, sicherlich, aber auch total ergreifend.

Wow, ich hätte nicht gedacht, dass Ryou so viel Mut aufbringen wird allein zu dem Zirkus zu schleichen und eine lebensgefährliche „Bestie“ zu befreien. Umso erstaunter bin ich nun. Und auch stolz.

XD Marikus Charakter ist klasse. Zum einen hat er diese katzenhafte Gelassenheit mit der er Ryou beobachtet, dann faucht er wieder und plötzlich schmust er sich an die Hand. Das ist sp irre niedlich. Man möchte ihn glatt selbst mal streicheln. – Obwohl ihm der Gedanke wohl alles andere als zusagen würde.
Die Sache mit den Namen finde ich sehr gut durchdacht. Es ist wirklich erstaunlich wie ein Name sich auf den Eindruck auswirken kann, den man von jemand hat.

Super, dass Ryou es mit viel Zeitaufwand schafft das „Biest“ zu befreien. Dass „es“ ihm daraufhin wegläuft war irrsinnig witzig. Aber eben auch das logischste, was passieren konnte. Gut, Malik hätte Ryou auch töten können, aber das hätte wertvolle Zeit gekostet und ein wenig dankbar – ob er es nun zugibt oder nicht – ist er ja auch.

Oh Mann, Ryou hat aber auch gar kein Glück. Erst läuft der Typ, den er so umständlich gerettet hat ihm einfach weg und dann gerät er von einen krummen, an einen krummeren Gangster. *den Kopf schüttelt*
Trotzdem war seine Selbstverteidigung klasse. Schade nur, dass es für zwei Typen nicht gereicht hat. Aber glücklicherweise hat Malik ihm ja geholfen. ♥

Und dann küsst Malik Ryou. *//*

Arg. Da will man die ganze Zeit wissen wie es dazu kam, dass Malik zu Yalik wurde, aber als es dann endlich kommt, unterbricht es eine andere interessante Szene. Ein Glück nur, dass du die Geschichte nicht in Kapitel eingeteilt hast. Das wäre ein selbstmörderischer Kliffhänger geworden. So bleibt meinem PC das leidliche „ich-will-weiterlesen“-Kratzen erspart.

Es ist bitter zu lesen, dass Maliks Armut ihn in die Fänge eines solchen Verrückten getrieben hat. Trotzdem ist es cool gewesen zu lesen wie du die Pegasusstrategie aus dem Original YGO! In die FF eingebracht hast. Das süßliche, was Pegasus Malik zu trinken gegeben hat war Blut, oder?

Das Bild wie sie da im Mondschein sitzen müsste man mal zeichnen. Wirkt sicher ungemein romantisch und faszinierend.
Uh >.< Ich an Ryous Stelle hätte bei den Schlägen gejammert. Der Junge ist echt hart im Nehmen, aber es wird ihm ja gelohnt, wenn er dann selbst hart… naja ist klar, ne? XD Nein. Darum ging es Ryou ja gar nicht, sondern darum ein Wesen zu finden, dass ihn versteht und das er versteht. Darum war der schönste an dem Moment auch, dass Ryou Malik durch die Mähne strich und sie sich geküsst haben. ~ ♥

Nein! Ich hab so gezittert, als Pegasus kam. Das Bad End war so greifbar nah. Die „beste“ Lösung schien fast noch, dass sie gemeinsam als Bestien weiterleben. Als tragische Metapher dafür, dass die Welt schlecht sei und man ihr immer hilflos ausgeliefert ist.
Dann sah es so aus, als ob Ryou sterben muss durch die Macht des Auges und Pegasus gewinnt. – Mei Gott hab ich die gebangt, weil die Seiten gleich zu Ende waren. *zitter*
Und dann der unerwartete Heldenakt. Ryou reißt ihm das Auge raus. Ö.Ö GEIL!
Aber Pegasus durchsticht Ryou! NEIN! Ryou wird in Maliks Armen sterben! T^T
Hab mich erst entspannen können, als Malik meint er würde Ryou nicht sterben lassen. Das ist zwar ein offenes Ende (oder nicht?), aber es lässt Spielraum für einen positiven Ausgang, wofür ich dir mehr als dankbar bin. *zufrieden grins*

Alles in Allen eine wirklich geniale Geschichte.
Nun möchte ich noch mehr Death lesen. Mal sehen ob du da noch was hast.
Bis dahin: bitte, bitte, bitte bleib den Fandom erhalten und schreib noch mehr solche FF’s! o(>//<)o

chuchu Mimmy-chan
Von:  Wolfi-sama
2013-10-18T11:44:42+00:00 18.10.2013 13:44
Mit einer enormen Verspätung, für die ich mich in aller Förmlichkeit entschuldigen möchte, werfe ich meinen Hut nun auch endlich in den Ring.

Vorweg bleibt wohl zu sagen, dass ich die Idee hinter dieser Geschichte sehr interessant finde, eben weil sie etwas Außergewöhnliches ist! Ich hatte in meinem Wettbewerb ja speziell nach ungewöhnlichen Storylines gefragt und habe zweifellos eine solche bekommen! Hat mich sehr gefreut!
Allerdings muss ich auch sagen, dass sich der Anfang sehr gezogen hat.. Es hatte alles seine Berechtigung, um in die Thematik hineinzufinden, aber persönlich fand ich die Acts der ersten paar Freaks sehr schwer zu verfolgen.
Als dann schließlich Yalik die Bühne übernahm und die Aufmerksamkeit auf das Verhältnis zwischen ihm und Ryou gelenkt wurde, lief es bedeutend flüssiger!

Eine Notiz am Rande: Das "Er mochte die Dunkelheit nicht, sie war bedrohlich und fraß Kinder" brachte mich herzhaft zum Lachen..xD

Deine Darstellung von Pegasus ist schlichtweg so, wie man sie sich nur wünschen kann - trotz seiner bedrohlichen Fähigkeiten und Berechnung besitzt er in seinem Tun sehr viel Eleganz und dass das rausgekommen ist, finde ich sehr angenehm.
Wenngleich ich beim Schachspiel etwas kapitulieren musste, da mir die paar Bezeichnungen für Züge nicht bekannt waren, aber das beeinflusste den Lesefluss nicht so sehr.
Wo ich dann allerdings doch der Welt liebste Suchmaschine bemühen musste war bei "Quit pro quodo".. aber.. ich denke, etwas Recherche gehört dazu, wenn man etwas liest und die genauen Bedeutungen wissen will..

Um an die Charaktere anzuknüpfen ist es wohl das Sinnigste zu sagen, dass es eine schöne Abwechslung war, den 'Bösewicht' auch als solchen bestehen zu lassen. Natürlich habe ich gehofft, dass Yalik ein Herz für Ryou hat und ihm nichts zu Leide tut [weil.. Ryou.. unser lieber (manchmal extremer Badass) Ryou..] aber eine vollkommene Verweichlichung wäre fehl am Platz gewesen und hätte die nötige Spannung herausgenommen, von daher.. fein gemacht^^

Im Gegensatz dazu hat Ryou sich ja ganz schön ins Getümmel gestürzt, als er zum einen Yaliks Schläge hingenommen hat - er tat mir wirklich leid - und zum anderen Pegasus' Auge herausgerissen hat. ..noch dazu gänzlich nackt.
Ryous Charakter in so eine Extreme zu ziehen ist immer ein Drahtseilakt, der hier beinah schief gegangen wäre. Ist meine subjektive Meinung dazu.

Ein kleiner Moment des Amüsements ereilte mich, als du beschriebst, wie Yalik Pegasus' Leiche zerlegt hat.. "blutiges fleischiges undefinierbares Gewühle" ..Vielleicht habe ich auch einfach etwas für diese morbide Art übrig, jedenfalls fand ich es nett.

Was mir noch bleibt ist - nach dem spannenden Ende mit schönem Happy End - die Frage, ob Yalik nach Pegasus' Tod seine Gestalt behalten hat, oder dadurch eine Art Zauber oder Bann gebrochen wurde, der ihn wieder zu einem Menschen werden lässt. Das wäre nett zu wissen gewesen^^

Ansonsten.. lobe ich dein farbenfrohes Vokabular. Es war sehr schön, nicht zig Mal die gleichen flachen Begrifflichkeiten zu hören, wie das in den meisten FFs leider, leider der Fall ist.
Alles in Allem bin ich trotz einiger Einstiegsschwierigkeiten sehr angetan von deiner Geschichte und danke für die Teilnahme an meinem Wettbewerb. Die Platzierung werde ich im Laufe des Tages bekannt geben.

Lg
~Wolfi
Von:  Loona_Strange
2013-10-14T15:52:50+00:00 14.10.2013 17:52
So jetzt meld ich mich mal
Die Thematik ist speziell und genau deshalb so fesselnd, es ist einfach etwas ganz anderes und hat meinen Geschmack voll und ganz getroffen, ich finde die zwiegespaltene Persönlichkeit von Yalik einfach hammer und auch die Kälte, Aggressivität und Angst die er manchmal vermittelt.
Ich mags wenn brutaler ist, mach weiter so

lg Loona
Von: abgemeldet
2013-09-13T10:42:11+00:00 13.09.2013 12:42
Hallo erst mal,^^
ich finde deine story echt toll.^^
Hat mir richtig gut gefallen.^^
Ich konnte mich richtig gut hineinversetzen.^^

Good Bye^^
Von:  SakuraxChazz
2013-08-19T15:31:10+00:00 19.08.2013 17:31
Immer noch nur ein Kommentar? Das muss ich dann heute ändern. Hätte ich so oder so getan, aber jetzt erst Recht! Sind die anderen noch langsamer im Lesen oder war das Interesse nicht groß genug? Zugegeben ich hab mich auch ein wenig durchbeißen müssen am Anfang. Mir hat zu Beginn nicht unbedingt zugesagt um was es da gehen sollte. Das mit dem Zirkus und den Tiermenschen fiel mir ein wenig schwer, es mir vorzustellen. Aber da mir dein Schreibstil gefällt und bis jetzt eigentlich immer nur eine ENS kam, wenn mir die Geschichte auch gefiel, hab ich mich eben durchgebissen und bin belohnt worden^^
Dieser Moment, in dem Ryou für sich festgestellt hat, wie arm Yalik dran ist und das er irgendwann einmal wohl ein Mensch gewesen sein muss. Wie er sich dazu entschließt ihm zu helfen udn einbricht. Der liebe, nette Junge von Nebenan der keiner Fliege was tut und dann gleich sowas großes. Einfach genial. Und er hat es ganz ohne Hilfe geschafft. Dann wie er Yalik verfolgt hat um ihn zu schützen, vor was auch immer, schließlich ist er doch weit fähiger sich selbst zu verteidigen wie Ryou... Hach ja. Wie Ryou dann in die Falle geht. Ich wusste gleich das Keith falsch spielt. Ryou ist eben ein kleines Naivchen. Wie gut das Malik ihn gerettet hat. Schließlich ist es seiner Menschlichen Seite zu verdanken, das Ryou noch lebt.
Pegasus konnt ich noch nie leiden. Wie gut, das er hier sein Fett abbekommt. Seine Art ist einfach nur.. Bäh! Und dann auch nur aus Langeweile -.- Und vermutlich wegen seines Vermögens. Aber da kann man auch mal wieder sehen, wie einfach es sein kann Verzweifelte auszunutzen. Wie gut, das sich Malik und Ryou jetzt gefunden haben. Die einsamen Seelen haben zueinander gefunden. Ich liebe solche Geschichten.
Schade das es nur ein Oneshot ist. Ich würde mich noch über ein zweites Kapitel sehr freuen.

LG Saku^^

PS.: Ich stürz mich gleich auf den neuen Oneshot. Und ich hab dich abonniert. Es funktioniert sogar! Wuhu! Also musst du mir nicht eine ENS zukommen lassen. Kannst aber, wenn du eine Meinung zu hören willst und ich nach einer Woche noch nichts zu gesagt hab xD
Von:  KleineKonan
2013-08-17T23:04:20+00:00 18.08.2013 01:04
Das ist einer der besten Geschichten die ich je gelesen habe.
Man kann alles flüssig lesen und du kannst die Personen besonders gut darstellen und dann auch so das man sich in ihnen hineinversetzen kann.
Es freut mich das Pegasus am Ende seine gerechte Strafe gekriegt hat und Ryou doch all diese Dinge getan hat obwohl sein Mut eigentlich kleiner ist.
Es war schön deine Geschichte gelesen zu haben.
LG KleineKonan


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