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Regeln des Krieges

Virion x Libra
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
BITTE NICHT VORM 22.7 FREISCHALTEN! DANKE! Komplett anzeigen

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Regeln des Krieges

Die Morgensonne sickerte schwach durch den groben Stoff der Zeltplanen und tauchte den niedrigen Raum in dämmriges Zwielicht. Die zunehmende Häufigkeit der Schritte und vorüberziehenden Schatten jenseits des festen Linnens sagten Virion, dass es wohl bald Zeit für den Aufbruch sein würde und er schloss für einen kurzen Moment die Augen. Die Luft um sie herum trug immer noch eine gewisse Wärme in sich und diesen unverkennbaren Geruch irgendwo zwischen süß und salzig – beides geboren aus der Nachglut eines Liebesspiels. Ihres Liebesspiels.
 

Seine Lider gaben die stahlblauen Iriden wieder frei und er blickte zu Libra. Der Kleriker neben ihm befand sich immer noch in einem sanften Schlummer, die Lippen umspielt von einem schwachen Lächeln.

Blondes, gelöstes Haar bedeckte einen Teil des ebenmäßigen Gesichtes und hatte sich wie kostbares, goldenes Geschmeide über die blasse Haut von Libras Rücken gelegt. Doch noch etwas anderes fand sich auf dem hellen Teint des Kriegsheiligen: Zahlreiche, rote Male zogen sich wie eine Spur über den trainierten Körper des Geistlichen und Virion wusste, dass er der Verursacher dieser feinen, sündigen Makel in dem reinen Weiß war. Der Edelmann streckte seine Hand aus und berührte vorsichtig eine der Stellen, an der seine Lippen vergangene Nacht mehr als nur einen Augenblick verweilt hatten.
 

Virion kannte diesen Körper nunmehr gut. Die kleinen Narben, die sich jetzt unter den dunklen Flecken verbargen und deren Erhebung er mit seinen Fingerspitzen erspürte.

Die kraftvollen Muskeln darunter und empfindsame Punkte, die trotz der allmählichen Gewöhnung Libras an die Liebkosungen des Edelmannes dem Priester immer noch ein glockenhelles Lachen entlockten.

Virions Finger zeichneten den Pfad, den vormals seine Lippen über Libras Körper gezogen hatte, langsam nach. Jeder rotschimmernde Fleck umschrieb einen Sieg in einer brennenden Schlacht der Leidenschaft und dieser Siege waren es gar viele, doch...
 

Die Hand des Schützen stoppte am Nacken des Geistlichen.
 

Trotz aller Bemühungen und entgegen seines Schwurs aus jener Nacht war es ihm bis heute nicht gelungen, alle Spuren der Vergangenheit von Libras Leib und aus seiner Seele zu löschen.

Diese eine Narbe, die sich blasser noch als Libras Haut von der rechten Halsbeuge des Priesters bis hin zu dessen Wirbelsäule zog, hatten selbst Virions zahlreiche Küsse nicht bedecken können und sie reichte tief.

Selbst nachdem der Kriegsheilige ihm den Ursprung jenes Wundmals offenbart hatte, hatte es kein noch so wunderbares Wort geschafft, die Gram aus Libras Erinnerung zu nehmen und keine noch so sanfte Berührung vermocht, den Schmerz vergessen zu machen. Der Edelmann sah es ein jedes Mal erneut in den smaragdfarbenen Augen des Klerikers, wenn seine Finger des Nachts zu jener Stelle fanden.
 

Die gleichen smaragdfarbenen Augen, welche sich jetzt unter dem Kontakt von Virions Fingern schwerfällig öffneten und verschlafen zu ihm aufblickten. Virion zog seine Hand ein Stück zurück und schenkte dem Prediger ein Lächeln.
 

„Guten Morgen, liebster Libra“, entgegnete der valmische Adlige und es dauerte eine Zeit, bis der Kleriker ihm ein – von Müdigkeit durchtränktes – „Guten Morgen, Virion“ wünschte.
 

Es war ... seltsam.

Hätte man ihm vor einigen Wochen erzählt, dass er Glück darin finden würde, das langsame Erwachen eines anderen Mannes zu beobachten und dass solch ein banales Ereignis den Wunsch in ihm wach werden ließe, sein zuvor so illustres Leben aufgeben zu wollen – Virion hätte gelacht und demjenigen nicht geglaubt.
 

Doch an genau jenem Punkt befand er sich jetzt, und als Libra sich auf den Rücken drehte und das sein blondes Haar die Züge des Geistlichen kaskadengleich umfloss, konnte er die Augen nicht abwenden. Was als pures Verlangen begonnen hatte, als Sucht nach der Schönheit des Priesters, die ihn in jener Nacht zu Libras Zelt getrieben hatte... es hatte sich gewandelt.

Fast mochte Virion meinen, dass es Liebe war, wenngleich dieses Wort im Rückblick auf seine vergangenen Romanzen abgenutzt und verbraucht wirkte. Viel zu oft war es gefallen, um politische Bande zu weben – obwohl er der Überzeugung war, dass auch die Damen bei seinen Künsten ihren Vorteil aus der Tändelei gezogen hatten – und vielleicht war dies mit ein Grund, warum er es in Libras Gegenwart noch nie gebraucht hatte.
 

Vielmehr jedoch, weil Virion wusste, auf welch unsicherem Boden ihr Verhältnis fußte.

Den Regeln des Krieges war es zu verdanken, dass sie niemand behelligte und es womöglich sogar niemanden interessierte, warum der Schütze abends so oft bei Libra Einkehr hielt. Der Krieg stellte sie gleich und was zählte waren weder Geschlecht noch Stand, sondern allein Fähigkeiten und Geschick. Der Krieg erlaubte es ihnen, Tag um Tag nebeneinander zu marschieren und ihr Lager zu teilen. Der Krieg machte es durch all seine Gefahren einfach zu vergessen, dass es noch eine Zukunft jenseits des Kämpfens gab.

Dennoch würde er nicht ewig dauern und danach würde Virion wieder ein valmischer Adliger sein, der in Erwartung stand, sein Haus wieder aufzubauen und sein Geschlecht weiterzuführen, und Libra ein Mitglied des ylissanischen Klerus, das seine Erfüllung darin fand, durch das Land zu ziehen und die Herzen der Gläubigen mit Nagas Lehren zu erfüllen.
 

Oh, es war nicht so, als hätte den Edelmann nicht schon das ein oder andere Hirngespinst heimgesucht. Mitnichten sogar.

Fantasien, in denen er Libra in feine Kleider steckte und als seine Frau ausgab, trieben zahlreich ihr Unwesen in seinem Kopf und doch waren sie alle zum Scheitern verurteilt, weil Virion wusste, dass diese Farce den Kriegsheiligen nicht glücklich machen würden. Und mit einer Bestimmtheit, die nicht allein mehr aus seinem Schwur erwuchs, und einer Uneigennützigkeit, die er von sich selbst noch nie so erfahren hatte, wollte er, dass Libra glücklich war.
 

„Wie spät ist es?“, hörte er die Stimme des Predigers seine Gedanken unterbrechen und beobachtete, wie der blonde Mann sich auf der Schlafmatte aufsetzte.
 

Ein verschlagenes Lächeln trat auf Virions Züge.
 

„Noch nicht so spät, dass nicht noch genügend Zeit wäre, um Euren Lippen einen weiteren Kuss zu stehlen.“
 

Er lehnte sich ein Stück vor, seine Rechte dabei über Libras Handrücken legend und spürte das leise Schaudern des Klerikers, als sein Daumen über die helle Haut strich.
 

„Ihr lügt“, erwiderte Libra, allerdings ohne eine Anklage mit seiner Stimme zu erheben.
 

Virion zuckte mit den Schultern.
 

„Vielleicht. Aber sich bei solchen Angelegenheiten in nichtigen Details zu verlieren wäre eine unnötige Zeitverschwendung, findet Ihr nicht auch?“
 

Er wartete Libras Antwort nicht ab, sondern überwand rasch die letzte Distanz zwischen ihren Gesichtern und versiegelte die Lippen des Geistlichen mit den seinen.
 

Selbst wenn er nicht sagen konnte, was die Zukunft für sie beide bereithielt, so hatte er zumindest für den Moment die Macht, Libra glücklich zu machen. Und es stand in seiner vollen Absicht, dies zu tun.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  God_of_Mischief
2013-09-09T19:48:13+00:00 09.09.2013 21:48
Aw, liebe Sari~
Da bin ich wieder, mit Review Nummer zwei zu deinem zweiten Virion/Libra-OS. (=

Eigentlich habe ich nicht viel zu sagen, außer: Dankeschön. Q // Q
Virion ist so ein wundervoller Liebhaber und ... es macht mich glücklich zu sehen, dass er nicht nur egoistisch sein kann, sondern auch an Libra denkt.
Dass Libra nicht nur "irgendeine/r" ist, sondern ... sondern jemand, den er wirklich liebt, für den er wirklich etwas empfindet; etwas, das tiefer reicht als nur die oberflächliche Schwindelei für seine sonstigen Bettromanzen, die meist nicht einmal länger als eine halbe Nacht dauerten, wie ich mir das vorstelle.
Allein der Gedanke daran, dass er die Zukunft mit Libra verbringen möchte und nicht nur an das hier und jetzt denkt. Dass er plant und einen Ausweg aus der künftigen Sackgasse sucht ...
Du triffst ihn und es passt zu ihm.
Er ist ein Schmeichler, der gute Virion, aber er ist aufrichtig und loyal und er weiß, wie er die Sachen biegen muss, um möglichst niemandem allzu sehr auf den Fuß zu treten.
Aber er weiß auch, dass diese Beziehung nach dem Krieg, den es zu überleben gilt - daran scheint er jedoch keinen Zweifel zu haben - niemandem gefallen wird.

Ein bittersüßer OS mit dem nötigen Fluff am Ende. ♥
*knuff*


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