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Wie Blätter aus einem Tagbuch...

(OS/Drabbel-Sammlung für OC)
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Sofia-> Österreich-Ungarn
Adelheid->Vorarlberg Komplett anzeigen

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Wimpern

Wimpern
 

Frustriert betrachtete Sofia den Blumenkranz in ihren Händen und schielte ein wenig neidisch zu ihrer jüngsten Tante hinüber. Mit geübten Fingern flocht Adelheid ihren Kranz zu einem ebenmäßigen Kreis zusammen und sah lachend zu ihr auf.
 

„Schau nicht so grantig, Sofia.“, kommentierte sie mit leichter Koketterie, welche sie nur an den Tag legte, wenn sie mit ihr zusammen alleine war, die Miene ihrer „Nichte“. Doch der wohlgemeinte Unterton brachte keine Aufhellung im jungen Gesicht des Mädchens und mit nicht gerade besserer Laune legte sie ihre Kette aus Gänseblümchen, welche streng genommen eigentlich ein Kranz sein sollte, zur Seite. Nicht nur ihr mangelndes Geschick, die zarten Blumen in einen halbwegs korrekten Kranz einzuflechten, frustrierte sie, nein, auch die Tatsache, dass sie ihren Sommer hier verbrachte, anstatt in Wien oder wenigstens in Bad Ischl, wo der Kaiser die heißeren Monate verbachte, trübte ihre Laune seit Tagen beträchtlich. Nicht, dass sie etwas gegen Vorarlberg hätte, schließlich war Adelheid, mit ihren Ländereien auch ein Teil von ihr, aber verdrängt zu sein vom Puls der Geschehnisse, nagte mehr an ihr, als sie zugeben wollte. Jetzt, wo sie doch auch körperlich älter wurde, verwehrte man ihr noch immer die Möglichkeit, endlich in das Spiel, welches ihre Mitnationen nun seit Jahrhunderten spielten, einzusteigen. Oder wenigstens bessere Einblicke zu bekommen. Es war einfach nicht gerecht, dass man sie hier am westlichen Rande ihres Reiches festhielt, während ihr Vater und ihre Mutter sich in Wien oder beziehungsweise in Bad Ischl um die wesentlichen Dinge kümmerten.
 

Sie konnte sich nun lebhaft vorstellen, wie der junge Kronprinz sich fühlen musste, ständig von seinem Vater politisch gesehen an der kurzen Leine gehalten. Leicht wütend über ihre eigene Situation und spürend, wie Sehnsüchte nach Wien, Bad Ischl oder einfach nur nach Rudolph in ihr aufstiegen, merkte sie zu spät, wie ihr ein Blumenkranz auf den braunen Haarschopf gelegt wurde.
 

Die leicht rostroten Augen ihrer Gastgeberin glitzerten verschwörerisch und gutgelaunt auf.
 

„So, jetzt hast du selbst mit deinem Schlechtwettergesicht etwas Fröhliches.“
 

Die Stimme klang vergnügt und gutgelaunt ließ sich Vorarlberg in das grüne Meer der verschiedenen Wiesengräser zurücksinken. Sofia betrachtete lange die ausgestreckte Gestalt neben ihr. Adelheid sah, verglichen zu den anderen Nationen, ungewöhnlich jung aus. Das rotblonde, lange Haar verteilte sich wie ein schimmernder Heiligenschein um den Kopf der Nation und blitzte richtig schön im Glanz der Sonne. Die weichen Züge machten einen entspannten Eindruck und auch die Haltung verriet eine selbstsichere Ruhe, die Sofia von ihrer Tante nicht gewohnt war. Meistens übersah man Adelheid, machte sie sonst doch eher den Eindruck eines kleinen Mauerblümchens oder sie ging im Schatten ihrer Schwester Agnes unter. Doch hier, wo sie nur unter sich waren, blühte Adelheid wie eine der zahlriechen Almblumen um sie herum auf. Am Anfang hatte die junge Frau auch versucht, sich Sofia gegenüber wie eine Tante zu verhalten, doch je körperlich älter die junge Monarchie wurde, umso mehr wurde sie eine Freundin, wenn sie auch ein wenig älter war.
 

„Sofia…“
 

Aufgeschreckt aus ihren Gedanken sah das Mädchen zu Adelheid, welche sich wieder aufgerichtet hatte und mit einem Finger auf ihre Wange deutete. „Du hast da eine Wimper.“
 

Behutsam beugte sich die Ältere vor und tupfte vorsichtig die bereits angezeigte Stelle in Sofias Gesicht ab. Mit einem Lächeln hielt Adelheid das kurze Haar auf ihrer Fingerkuppe hoch. Leicht verwirrt, was sie nun mit dieser machen sollte, suchte Sofia den Blick ihrer Tante.
 

„Na, jetzt musst du dir etwas wünschen und sie dann wegpusten…“
 

Wortlos runzelte das junge Mädchen die Stirn und fragte sich, was das für ein Brauch sein sollte, doch sie wollte der anderen den Gefallen machen. Sie überlegte, was sie sich nun wünschen sollte. Vielleicht das nette rote Kleid, welches sie letztens in Bregenz gesehen hatte. Oder etwas weniger Profanes? Wie zum Beispiel, dass ihre Eltern sie auch endlich mit in ihre politischen Pläne einbanden? Schließlich ging es um ihr Land und ihr Schicksal. Doch dann stieg in ihrem Geist das Bild des Kronprinzen auf und sie wünschte sich, er könnte sie vielleicht diesen Sommer hier besuchen kommen. Seine Gesellschaft fehlte ihr, zudem sie ihn auch in Wien immer seltener zu Gesicht bekam. Ja, das war für den Augenblick, wenn die Luft sich des Wimpernhaares bemächtigen würde, ein guter Gedanke. Sie prustete und schneller als sie sehen konnte, war die Wimper vom Winde verweht. Mit einem zufriedenen Lächeln lehnte sich Adelheid wieder zurück.
 

„Du darfst mir aber nicht verraten, was du dir gewünscht hast, sonst ist die Chance dass es in Erfüllung geht, sehr gering.“
 

Plötzlich erklang ein leises Lachen und der Blick der rostroten Augen verlor sich in der Landschaft vor ihnen. Sofia legte leicht den Kopf schief, eine Angewohnheit, die sie nach der Meinung von Katharina, der Ältesten ihrer Tanten, nur von ihrem Vater geerbt haben konnte.
 

„Das Wünschen mit der Wimper hat mir Agnes beigebracht. Manchmal, wenn ich eben keine Wimper von mir hatte, rupfte sie sich im Geheimen selber eine aus, um mir dann zu sagen, ich hätte wieder eine verloren und könnte mir nun etwas wünschen. Ich mochte dieses Spiel sehr.“
 

„Und sind dann Wünsche in Erfüllung gegangen?“
 

Ohne sie anzusehen, richtete sich Adelheid ein wenig auf und ließ ihren Blick zum Bodensee schweifen, der majestätisch unten am Fuße des Berges vor ihnen lag.
 

„Manche ja, manche nein. Je nachdem, ob ich fest genug daran geglaubt habe oder nicht.“
 

Etwas Nachdenkliches, ja beinahe Sehnsuchtsvolles spiegelte sich in den Augen der Vorarlbergerin.
 

„Und dein letzter Wunsch?“
 

„Ob ich fest genug daran geglaubt habe, wird sich erst in der Zukunft weisen.“
 

Den Blick zu der schweizerischen Grenze hinter dem sichtbaren Teil des Sees entging Sofia nicht und wieder wurde ihr bewusst, dass sie vieles über ihre Angehörigen durch ihr junges Alter nicht kannte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
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