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Eine Chance auf Glück?

~ Severus Snapes zweites Leben ~
von

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Zukunftsvisionen

Wenn an diesem verregneten Frühlingsmorgen jemand auf die Idee gekommen wäre, durch eines der halb vernagelten Fenster in die verlassene Hütte am Rande von Hogsmeade zu blicken, würde sich ihm ein ungewöhnliches Schauspiel darbieten.

Ein schwarzhaariger Mann mittleren Alters mit entblößtem Oberkörper lag auf dem staubbedeckten Holzboden. Sein Blick war zunächst leer, doch dann schien er zu sich zu kommen. Er schnappte nach Luft, blinzelte ein paar Mal hintereinander und schaute aufgebracht zu der jungen Frau, die an seiner Seite hockte und deren Hand auf seiner Brust lag.

Eine weitere Person, ein Jugendlicher, sprang überrascht auf als er eine Regung im Gesicht des Mannes bemerkte. Fassungslos schaute er die beiden an.
 

„Pfoten. Weg. Von. Mir!“, zischte Snape gerade wütend. Seine schwarzen Augen waren zu Schlitzen verengt.

Sie schüttelte jedoch nur den Kopf und lächelte ihn müde an.

„Tut mir sehr leid, aber dieser Bitte werde ich nicht nachgehen.“

Die Haut unter ihrer Hand kribbelte unangenehm. Er wollte sie abschütteln, war jedoch zu schwach um sich zu bewegen.

Dann vernahm er eine ihm nur allzu gut bekannte Stimme.

„P..P..Professor Snape?“

Ausgerechnet der Potter-Junge … er hatte ihm gerade noch gefehlt.

„P..P..Potter?“, äffte Snape ihn nach. „Wollen wir jetzt in Quirrels Fußstapfen treten? Wie ich sehe, leben Sie noch. Demnach waren Sie mal wieder nicht in der Lage einer simplen Aufgabe nachzugehen.“
 

Harry war zutiefst erschüttert bei den Worten des Tränkemeisters. Er dachte eine ganz andere Seite an ihm entdeckt zu haben und hatte dennoch den gleichen, grimmigen Snape vor sich. Wie hatte er auch glauben können, irgendetwas würde sich ändern? Obwohl er seine Hände vor Zorn zu Fäusten geballt hatte, gelang es ihm mit ruhiger und fester Stimme zu reden.

„Sie können getrost sein, Professor. Nachdem ich mein Schicksal erfahren habe, bin ich zu Voldemort in den Verbotenen Wald gegangen in der Absicht, mich von ihm töten zu lassen. Sein Avada Kedavra hat jedoch nur den Horkrux in mir vernichtet ...“

Snape unterbrach ihn mit süffisanter Miene.

„Der berühmte Harry Potter hat also erneut den unabwendbaren Todesfluch überlebt. Sie haben wahrlich mehr Glück als Verstand.“

„Unkraut vergeht eben nicht.“

„Ich möchte euch zwei ja nur ungern bei eurem kleinen Plausch stören, wir haben aber nicht ewig Zeit.“, sagte Spera ungeduldig.

„Das bringt mich auf die Frage zurück, die ich eigentlich stellen wollte: wer zur Hölle sind Sie und wieso verdammt noch mal schaffen Sie es nicht Ihre Finger von mir zu lassen?“, kam es von Snape.

Spera verzog bei seiner unfreundlichen Art keine Miene. Ohne darauf einzugehen stellte sie ihm eine Gegenfrage. „Wenn Sie, nur mal so angenommen, einen Wunsch freihätten welcher wäre es?“

„Was soll das nun für ein Psychospielchen sein?“

Spera reagierte nicht, sie schaute zur Seite und schien sich auf etwas zu konzentrieren. Dann drehte sie sich abrupt zu Snape um, ihre Augen weiteten sich.

„Nein, das werde ich ganz bestimmt nicht tun!“, fauchte sie ihm entgegen. „Ich habe Sie da nicht raus geholt um Sie ins Nirwana zu befördern, nur weil Sie Angst vor Ihrem eigenen Leben haben!“

Der Tränkemeister schaute sie für einen kurzen Moment irritiert an. Woher konnte sie wissen, was er gerade gedacht hatte? Er beschloss jedoch, nicht näher darauf einzugehen.

„Ich habe Sie nicht darum gebeten, mich irgendwo rauszuholen.“ meinte er stattdessen trocken. „Außerdem haben Sie mich um meinen Wunsch gefragt, ich kann nichts dafür wenn meine Antwort nicht Ihren gehobenen Ansprüchen entspricht.“
 

Spera runzelte die Stirn. Sie überlegte fieberhaft. Zu ihrem Unmut musste sie zugeben, dass der Mann vor ihr gegenwärtig nicht die besten Karten bezüglich seiner Zukunft hatte. Er war seines Lebens müde, war für die Zaubererwelt ein Schwerverbrecher und würde vermutlich den Rest seiner Existenz in Haft verbringen müssen.

Dennoch wollte sie ihn nicht einfach aufgeben. Es musste doch einen Weg geben, ihn vor diesem Schicksal zu bewahren!

Ihr kam eine Idee, doch die Durchführung schien ihr sehr riskant. Sie könnte versuchen, eine Art magisches Portal für Severus zu erschaffen. Bisher hatte sie jedoch nur ihren Vater dabei beobachtet, wie er diesen Zauber ausführte. Selbst hatte sie weder eine Gelegenheit noch die Not gehabt, einen Durchgang in eine andere Welt zu öffnen. Um auch nur eine Chance zu haben, dass es funktioniert, müsste sie ihre gesamte Energie bündeln. Dabei war sie körperlich sehr geschwächt und wusste nicht einmal, ob sie die dafür nötige Verwandlung überleben würde.

Viel Zeit blieb ihr nicht. Sie konnte die Seele dieses Mannes nur noch undeutlich wahrnehmen. Diese drohte, dem sterbenden Körper endgültig zu entgleiten. Was auch immer sie tat, es musste schnell geschehen.

Sie musste sich irgendwie Zeit verschaffen. Entschlossen bog sie sich herunter und presste ihre Lippen ohne Vorwarnung auf Snapes.
 

Harry starrte die beiden fassungslos an. Sein Hirn schien einen Moment lang ausgesetzt zu haben und ein verwirrtes „Wahh?“ kam über seine Lippen. Auch Snape riss erschrocken die Augen auf und gab einen undefinierbaren Laut von sich.

Kurz darauf erklang das grässliche, saugende Geräusch, das auch bei einem Dementorenkuss zu hören ist, und Harry wurde übel. Er sah, dass Snapes Augen allmählich ausdruckslos wurden, bis sie nur noch stumpf zur Decke starrten. Erst jetzt ließ Spera von ihm ab und stand auf.

Als ihre Hand seine Brust verließ, schien auch der letzte Rest Leben aus Snapes Körper zu entweichen.

„Was hast du getan?“, rief Harry aufgebracht.
 

„Das würde ich auch nur zu gerne wissen.“, erklang die Stimme von Severus in ihrem Kopf. Man hörte ihm an, das er kurz davor war die Beherrschung zu verlieren.

Spera gab keinem von beiden eine Antwort. Sie war damit beschäftigt, Snapes Erinnerungen nach einem bestimmten Muster zu durchsuchen. Jetzt, wo sein Geist sich in ihr befand, hatte sie keine Mühe mehr darauf zuzugreifen.

Sie spulte, scheinbar willkürlich, in seinem Gedächtnis hin und her. Jedes mal, wenn sie einen Lebensabschnitt bemerkte, in dem Snape eine Entscheidung getroffen hatte, die sein Schicksal beeinflusste, hielt sie inne und ließ diesen Entscheidungsmoment mehrmals mit kleinen Abweichungen ablaufen. Spera konnte zwar nicht in die Zukunft sehen, sie konnte aber ungefähr bestimmen was gewisse Änderungen in seinem Leben bewirken könnten.
 

In ihren Ohren rauschte es. Sie hatte, von mehreren Abschnitten seines Lebens ausgehend, alle möglichen Entwicklungen überprüft. Bei manchen Versionen verendete er seelenlos in Askaban, mal sah sie dabei zu, wie er sich selbst umbrachte, mal erledigten es andere. Eines hatten alle Visionen gemeinsam: Schmerz und Einsamkeit würden in seinem Leben dominieren. Konnte es wirklich sein, dass es diesem Mann einfach nicht vergönnt war, glücklich zu sein?

Sie war schon kurz davor, aufzuhören und seiner Bitte, seine Existenz gänzlich auszulöschen, nachzugeben, als sich ihr endlich ein anderes Bild darbot. Auch wenn die Möglichkeit für diese Entwicklung verschwindend gering war, war es dennoch lohnenswert es zu wagen.

Sie konnte ihn lachen sehen, eine Frau in den Armen haltend, die ihn liebevoll anschaute und einen kleinen, rabenschwarzhaarigen Jungen an sich drückte. Es war seltsam, dass sie jedes mal stechende Kopfschmerzen bekam, sobald sie versuchte, auch nur eine Minute weiter zu blicken, doch sie war so erfreut über ihre Entdeckung, dass sie sich nicht davon verunsichern ließ.

Wenn es ihr gelingen würde, Severus zu diesem Moment in seinem Leben zurück zu schicken, würde sich für ihn vielleicht alles zum Besseren wenden.

Um es zu bewerkstelligen musste sie jedoch … sie schluckte nervös. Nur ihre Spicure-Gestalt war mächtig genug um eine so aufwendige Magie zu vollbringen.
 

In dieser Form empfanden Spicures keinen Schmerz und konnten ihr volles Potential und ihre Energiereserven vollständig ausschöpfen. Sie hatte von ihrem Vater von Spicures gehört, die in dieser Form so lange vor ihren Verfolgern geflüchtet sind, ohne jegliche Müdigkeit zu empfinden, bis sie von einem Moment auf den anderen zusammenbrachen und starben.

Die Verwandlung konnte jedoch nicht bewusst herbeigeführt werden. Es handelte sich dabei um eine Art Schutzmechanismus, der sich selbstständig ausführte, sobald ein Spicure kurz vor dem Tod stand oder zutiefst verzweifelt war.

Dieser Umstand war auch dafür verantwortlich, dass einige Zauberer und Hexen der Einsicht waren, Spicures würden einfach nicht hilfreich sein WOLLEN, denn unter Folter waren sie auf einmal in der Lage, scheinbar unmögliche Dinge zu vollbringen.

Wegen dieser Engstirnigkeit einiger Zauberer, hatten bereits zahlreiche Mitglieder ihrer Spezies das Leben verloren. Sie waren friedliche Geschöpfe und waren nicht in der Lage, sich zu verteidigen. Auch sie selbst schaffte es nur knapp zu fliehen, nachdem sie dabei zusehen musste, wie ihr Vater eines qualvollen Todes verstarb.

Sie hatte gehofft auf Albus Dumbledore zu treffen, den einzigen Magier, dem ihr Vater vertraut hatte. Es war eine mühsame Reise bis zu dem Schloss, in dem sie ihn zu finden glaubte. Als sie schließlich ankam, musste sie feststellen, dass dieser Mann schon lange tot war.

In ihrer Katzengestalt zog sie sich in den naheliegenden Wald zurück und versuchte, sich durch das Jagen von Mäusen zu ernähren. Ihr fehlte jedoch jegliche Übung und sie war nicht sonderlich geschickt darin. Es dauerte nicht lange, bis sie selbst von der Jägerin zur Gejagten wurde. Schließlich war sie gezwungen, sich tagelang in der Krone eines Baumes zu verschanzen ...
 

Jetzt, zum ersten Mal in ihrem Leben, hatte sie sich aus freien Stücken dazu entschlossen, die Spicure-Gestalt anzunehmen. Mangels Alternativen wandte sie sich an den jungen Zauberer neben ihr...

„Sag mal Junge, beherrschst du den Folterfluch?“

„Wieso?“ Harry wurde mulmig zu mute.

„Ich möchte dich bitten, diesen auf mich zu richten. Du musst dir wegen einer Bestrafung keine Sorgen machen. Zauber, die auf meinesgleichen gerichtet werden sind nicht verfolgbar. Für das Zaubereiministerium existiere ich genau genommen nicht einmal.“

Harry zögerte. Er hatte diesen Zauber vor mehreren Jahren schon einmal verwendet, jedoch ohne Erfolg. Woher sollte er wissen, ob es diesmal klappen würde? Außerdem war es eine Sache, einer Person Schmerzen zufügen zu wollen die man hasst, doch dieses Mädchen kannte er nicht einmal wirklich.

Sie sah ihn flehend an und Harry gab schließlich nach. Seine Hand zitterte, als er seinen Zauberstab auf sie richtete.

„Crucio“

Als der Fluch sie traf, kippte sie nach hinten und krümmte sich. Obwohl ihr Gesicht schmerzverzerrt war, kam kein Laut über ihre Lippen. Ihr ganzes Wesen war darauf konzentriert, den quälenden Schmerz nicht bis zu dem Geist durchdringen zu lassen, dem sie Einlass in ihren Körper gewährt hatte.

Schon bald fing ihre Haut an zu leuchten. Das Leuchten wurde immer stärker, bis sie komplett in diesem Lichtschein verschwand. Harry wurde geblendet und kniff die Augen zu.

Als das Leuchten schließlich nachließ, war Spera kaum wiederzuerkennen.

Ihre schwarzen Haare, die zuvor kaum ihre Schultern bedeckten, reichten ihr nun bis an die Hüften. Sie war gut zehn Zentimeter größer geworden und stand, obwohl Harrys Zauberstab immer noch auf sie gerichtet war.

Sie fasste an Harrys Hand, mit der er immer noch verkrampft den Zauberstab umklammerte und drückte sie herunter.

„Danke“, flüsterte sie und lächelte ihm zu.
 

Nun wurde es ernst. Sie führte sich das benötigte Schlüsselereignis erneut vor die Augen und konzentrierte sich darauf. Schweißtropfen traten ihr auf die Stirn, als sie begann eine Kugel aus purer Energie zwischen ihren Handflächen zu erzeugen. Sie betete, dass die Kraft, die sie dabei zur Verfügung hatte, reichen würde um eine neue Welt aus der Erinnerung des Tränkemeisters entstehen zu lassen.

Nachdem sie so viel ihrer Lebensenergie abgegeben hatte, dass sie kaum noch aufrecht stehen konnte, schleuderte sie die leuchtende Kugel gegen die Wand vor sich.

Um sie herum knisterte es aufgeladen und ihre Körperhaare stellten sich auf, als die Kugel an der Wand zersprang und einen dunklen Riss in der Luft hinterließ. Nur sehr langsam öffnete sich dieser, und mit jedem Herzschlag wuchs Speras Angst, dass es nicht klappen würde.

„Na komm schon … komm schon“, flüsterte sie verzweifelt.

Sie schwankte leicht und wusste, dass sie schnell weitermachen musste.
 

„Severus?“, fragte sie in Gedanken.

Es kam keine Antwort.

„Ich weiß genau das Sie hier sind ..“, versuchte sie es noch einmal.

Wieder nichts.

„Wie dem auch sei, ich wollte Ihnen nur sagen, dass mir das mit Ihrem ersten Kuss leid tut ...“

„Pah ...“

„Und noch etwas … machen Sie nicht erneut die gleichen Fehler.“
 

Noch bevor der Tränkemeister etwas erwidern konnte, hob Spera beide Hände zu ihrem Mund und bildete damit eine Art Gefäß. Sie öffnete leicht die Lippen, und eine dickflüssige, trübe Substanz begann aus ihrem Mund zu rinnen.

Schwermütig betrachtete sie die schwankende Masse in ihren Händen. Sie war daran gewöhnt, dass Seelen leuchteten und mehrere Farben in sich trugen. Diese hier war jedoch einfach nur grau, genauso trostlos wie ihr Besitzer.

Wie schon so oft fragte sie sich, in wie weit so tiefe Wunden, die sogar die Seele so stark verletzten, heilen konnten. Sie hoffte, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Es wäre unvorstellbar grausam, diesen Mann erneut ein so schweres Schicksal erleiden zu lassen. Ob es das richtige war, ihn darüber im Unklaren zu lassen, was ihn erwartete? Auch wenn sie befürchtete, dass ein zu starkes Eingreifen ihrerseits unkontrollierbare Folgen mit sich bringen könnte, wäre ein kleiner Schubs in die richtige Richtung vielleicht nicht verkehrt gewesen.

Ruhig, fast zärtlich richtete sie ihre Worte an die Seele.

„Los, nutze deine Chance!“.

Dann pustete sie leicht, worauf hin sich die graue, formlose Masse von ihren Händen abhob und federleicht durch das Portal schwebte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Übrigens: das hat man davon wenn man es zulässt, dass Freunde einem beim Schreiben über die Schulter schauen ... man wird MSTet noch bevor das Kapitel fertig oder auch nur ansatzweise überarbeitet ist xD

Beispiel: [...] deren Hand auf seiner Brust ruhte. Abseits seines Blickfeldes hatte sich ein Jugendlicher niedergelassen und betrachtete gespannt das Geschehen.
Harry: *mampf mampf* *mit Chipstüte in den Händen gechillt in der Ecke hock* *glubsch* *kau kau*

Ohne Worte ... xD Diese Textstelle habe ich dann gründlich überarbeitet ..... Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  jane-pride
2013-07-27T18:35:31+00:00 27.07.2013 20:35
Tolle Handlung. Wieder sehr schön geschrieben. Freue mich schon darauf mehr davon zu lesen, wie es mit Snape jetzt weitergehen wird.

jane-pride
Von:  Omama63
2013-07-08T13:34:17+00:00 08.07.2013 15:34
Ein klasse Kapitel.
Du hast Snape so richtig gut hinbekommen. Genau so kann ich mir vorstellen, dass er reagieren würde, wenn er so zurück geholt würde. Es ist schade, dass er keinen Lebenswillen mehr hat. Vielleicht bekommt er ihn ja bei seiner zweiten Chance wieder.


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