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Eine Chance auf Glück?

~ Severus Snapes zweites Leben ~
von

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Gefühlschaos

Eine dicke Wolkendecke hing über Hogwarts. Die Sonne war gerade aufgegangen und tauchte das Schlossgelände in ein schummeriges Licht. Die vergangene Nacht hatte große Verluste, jedoch auch eine Welle der Erleichterung über die Zaubererwelt gebracht. Der Kampf gegen Voldemort, den mächtigen schwarzen Magier und seine Anhänger war endlich vorbei.

Jetzt galt es, die Verwundeten zu versorgen und den Hinterbliebenen Beistand zu leisten.

Alle waren in der Großen Halle versammelt und Harry Potter, der Junge, dessen Mut diesen Sieg überhaupt erst ermöglicht hatte, ging von einer Gruppe zur anderen und sprach allen Trauernden sein Beileid aus. Überall empfing man ihn wie einen Helden, doch konnten ihre freundlichen Worte nicht über den Schmerz in ihren Augen hinwegtäuschen.

Schuldgefühle nagten an Harry. Hätte er die vielen Todesopfer verhindern können, wenn er sich Voldemort ausgeliefert hätte? Wären Nymphadora, Remus, Fred und so viele andere noch am Leben, wenn er nicht so lange gezögert hätte? Er fühlte sich verantwortlich für jeden einzelnen Tod, den er nicht verhindert hatte.

Als er schließlich bei Freds leblosen Körper ankam, über dem Mrs. Weasley hemmungslos weinte, fiel Ginny ihm schluchzend um den Hals. Er drückte sie an sich und streichelte beruhigend ihren Rücken. Nachdem ihre Schultern aufgehört hatten zu beben, löste er sich vorsichtig von ihr.

„Ich gehe an die frische Luft, ich muss meine Gedanken ordnen“, flüsterte er. Wenn er noch länger die unglücklichen Gesichter um ihn herum sehen müsste, würde er noch durchdrehen.

Verständnisvoll nickte sie. Wie schon so oft, schien sie in seinen Kopf hineinschauen zu können.

„Nimm dir so viel Zeit wie du brauchst. Mach dich aber nicht unnötig verrückt, glaube mir keiner macht dich dafür verantwortlich was geschehen ist. Jeder weiß, dass du alles in deiner Macht stehende getan hast.“

Harry gab ihr einen Kuss und machte sich auf den Weg nach draußen.

Gedankenverloren lief er durch das Schulgelände, dabei musste er umständlich um tiefe Krater und umgestürzte Bäume herumgehen. Es tat ihm weh, Hogwarts so zerstört zu sehen. Trotz Magie würde es einige Zeit brauchen, bis das Schloss wieder in seinem alten Glanz erstrahlen könnte.

Es waren jedoch nicht die Verluste des Kampfes gegen den Dunklen Lord, die ihn am meisten beschäftigten. Er dachte immer wieder daran zurück, was er im Denkarium gesehen hatte. Professor Snape's Erinnerungen …

Dieser Mann, den Harry jahrelang so sehr gehasst hatte, hatte ihm kurz vor dem Tod sein größtes Geheimnis anvertraut. Die nicht erwiderte Liebe zu Lily, Harrys Mutter. Eine Liebe, die so stark war, dass sie auch nach all den Jahren nach ihrem Tod nicht erlöschen konnte.

Dieses Erlebnis hatte Harry sehr aufgewühlt, jedoch konnte er mit niemandem, nicht einmal mit Ginny darüber reden, es wäre ihm wie ein Verrat vorgekommen.

Ohne, dass er es zu verhindern vermochte, spürte er wie Tränen über seine Wangen liefen als er an Snapes letzte, mühsam herausgebrachte, Worte dachte: „Sieh mich an... du hast die Augen deiner Mutter...“.

Beim Gedanken an diesen verzweifelten Wunsch, ein letztes Mal in die Augen seiner geliebten Lily blicken zu dürfen, zog Harrys Herz sich schmerzhaft zusammen.

Der Junge lenkte seine Schritte in Richtung der Peitschenden Weide. Er wollte Severus noch einmal ins Gesicht schauen, um darin den Mann zu sehen, der er wirklich war. Den aufrichtig und kompromisslos liebenden Mann, der keine Kosten und Mühen gescheut hatte um ihn, Lilys Sohn, zu beschützen. Und das, obwohl Harrys bloßer Anblick ihn sowohl an seinen schmerzlichen Verlust, als auch an die jahrelange Pein, für die James und seine Freunde verantwortlich waren, jedes Mal aufs neue erinnern musste.
 

Noch bevor er bei dem unheilvollen Baum ankam, richtete er seinen Zauberstab darauf und stellte ihn mit einem „Wingardium Leviosa!“ ruhig. Nachdem er sich sicher war, dass von den Ästen keine Gefahr mehr drohte, kroch er durch den geheimen Durchgang in die Heulende Hütte.

Als er schließlich Severus vor sich sah, konnte Harry den Blick seiner leeren, schwarzen Augen kaum ertragen und war dennoch außer Stande, sich von ihm abzuwenden. Von der eigenen Machtlosigkeit erschüttert, sank er auf die Knie. Was hatte er denn erwartet? Dieser Mann, mit dem sich Harry nun so verbunden fühlte, lebte nicht mehr. Das vermoderte, windschiefe Haus war sein Grab geworden.

So gerne hätte er noch einmal mit ihm gesprochen, hätte ihm für alles was er für ihn getan hatte gedankt. Doch dafür war es nun zu spät.

Erneut fingen Harrys Augen an zu brennen und nur mit Mühe konnte er einen verzweifelten Schluchzer unterdrücken.
 

***
 

Weit von der Heulenden Hütte entfernt, in den Tiefen des Verbotenen Waldes, wuchs ein alter Baum. In seinen oberen Ästen presste sich eine schwarze Katze zitternd gegen den Stamm. Schon viel zu lange saß sie dort oben, sie war inzwischen furchtbar müde und hungrig.

Bereits seit Stunden drangen gedämpfte Schreie zu ihr hinüber, und das obwohl sie so weit von dem Ort, von dem sie kamen, entfernt war. Sie vernahm sie nicht mit ihren Ohren, vielmehr erklangen sie direkt in ihrem Kopf. Sie wusste, dass sie keinem von ihnen helfen konnte. Es lag nicht in ihrer Macht, in das Reich der Toten einzugreifen.

Telepathie war eine Begabung, die so leicht zum Fluch werden konnte. In ihrer Müdigkeit gelang es ihr nicht, die Stimmen ruhig zu stellen. Erst als die Geräusche nach einer langen Zeit stiller wurden, und schließlich ganz verstummten, wagte sie es endlich sich zu entspannen.

Dann drang ein weiteres Geräusch, ein Schluchzen zu ihr hinüber.

Noch ein Mensch, der in diesem furchtbaren Kampf einen Angehörigen verloren hat, dachte sie und wollte sich wieder abwenden, doch dann vernahm sie ganz leise, in unmittelbarer Nähe der Person, die dieses Geräusch ausgestoßen hatte, ein schwaches Flehen.
 

„Lily…"
 

Sie hätte es nicht einmal bemerkt, wenn sie sich nicht in eben diesem Moment auf dessen Nähe konzentriert gewesen wäre. So viel Schmerz lag in diesem einen Wort. Viel mehr, als ein einzelner Mensch jemals zu ertragen vermochte.

Ihre Schnurrhaare zuckten aufgeregt. Diese Stimme kam ihr bekannt vor. Doch wo hatte sie die schon einmal gehört?

Von Neugier gepackt, versuchte sie mehr über diesen Menschen zu erfahren. Doch wie sehr sie es auch versuchte, es gelang ihr nicht zu ihm durchzudringen. Obwohl sie starke telepathische Kräfte hatte, wurde ihr Geist jedes mal brutal zurückgestoßen. Es war, als versuche sie eine Mauer aus Stahlbeton zu durchdringen. Einen so starken Widerstand hatte sie noch nie erlebt. Wer auch immer es war, er hielt sein Innerstes fest unter Verschluss.

In der verzweifelten Hoffnung irgendetwas herauszufinden, konzentrierte sie sich auf die andere Person, einen 17-jährigen Jungen. Diesmal ging es ganz einfach. Es kam ihr sogar so vor, als würde er ihr alles, was sie wissen wollte auf einem Silbertablett servieren. Vor ihrem inneren Auge blitzen Bilder und Erinnerungen auf und mühelos navigierte sie darin.

Mehrmals traf sie dabei auf diesen Mann, den sie bereits als den Besitzer der Stimme identifiziert hatte. Die meisten Erinnerungen waren von einer tiefen Abneigung ihm gegenüber geprägt. Für so viele Gräueltaten hatte der Junge ihn verdächtigt, ja sogar richtig gehasst und jetzt war er plötzlich zutiefst verzweifelt, nur weil dieser im Sterben lag?

Verwundert schüttelte sie den Kopf. Die Menschen würden ihr wohl immer ein Rätsel bleiben.

Bei einer Szene stockte sie. Es war eine der ältesten Erinnerungen die der Junge hatte und eigentlich hatte sie nicht gedacht, da etwas zu finden. Alles war verschwommen und wirkte irgendwie wirr. Vermutlich konnte der Junge dieses Erlebnis nicht einmal selbst abrufen.

Durch seine Augen sah sie hinab auf eine auf dem Boden liegende Frau. Sie rührte sich nicht und schien tot zu sein. An der gegenüberliegenden Wand lehnte der schwarzhaarige Mann, den sie bereits aus anderen Erinnerungen kannte.

Sein ganzer Körper spiegelte sein Entsetzen beim Anblick der Toten wieder.
 

„Lily…"
 

Erneut hörte sie diese Stimme, doch diesmal kam sie aus der Erinnerung des Jungen.
 

Jetzt erinnerte auch sie sich wieder. In dieser Nacht, vor nun schon über 15 Jahren, war sie selbst noch ein Kind, ihre Kräfte waren gerade erst erwacht und zum ersten mal hatte sie den Hilferuf einer gebrochenen Seele gehört …

Damals war sie noch voller kindlicher Naivität und glaubte, die ganze Welt von allem Übel befreien zu können. Voller Übermut wollte sie dem Klang der Stimme folgen, wollte diesem Menschen, der so verzweifelt zu sein schien, irgendwie helfen. Doch der Griff ihres Vaters an ihrer Hand war fest und er zog sie trotz ihrem Weinen unerbittlich weiter … Sie konnte sein Widerwillen zurückzukehren und Hilfe zu leisten, damals nicht verstehen.

Noch Jahre später ging ihr diese Nacht nicht aus dem Kopf und sie hatte mehrmals versucht, diese Seele zu orten, sie wollte wissen, wie es diesem Menschen inzwischen erging, doch dieser blieb unauffindbar.

Inzwischen wusste sie nur zu gut, welche Risiken es mit sich bringen konnte, ihre Kräfte vor anderen zu zeigen. Die vielen Narben und noch nicht ganz verheilte Wunden an ihrem Körper erinnerten sie jeden Tag aufs neue daran. Dennoch wollte sie sich diese Chance, die sich nach so vielen Jahren nun endlich darbot, auf keinen Fall entgehen lassen.

Sie schnupperte kurz, um ihre nähere Umgebung zu erkunden, dann konzentrierte sie sich erneut auf die Richtung, und diesmal tauchte vor ihrem inneren Auge ein schmaler Streifen silbrigen Lichtes auf, der sie direkt zu den beiden Männern führen würde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  jane-pride
2013-07-18T08:37:29+00:00 18.07.2013 10:37
Ein schönes Kapitel. Der Einstieg in die Geschichte ist dir hervorragend gelungen. Es hat mich richtig gefesselt. Dein Schreibstil beschreibt die Situation einfühlsam und gut nachvollziehbar.

jane-pride
Von:  Omama63
2013-07-08T12:18:18+00:00 08.07.2013 14:18
Ein klasse Anfang.
Ich liebe FF's von Severus und Lily und hoffe, dass es ein HappyEnd gibt.


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