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Die Legende von Blut und Asche

Castiel x Lysander [Sweet Amoris]
von

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Cage

Wir gingen genau denselben Weg zurück den ich gekommen war. Mir kam es vor, als würde es diesmal um einiges schneller gehen, als hierher. Ob es damit zu tun hatte, dass ich mich überall umsehen musste um Hinweise darauf zu finden, wo Lysander langgegangen war? Lysander. Endlich kannte ich seinen wahren Namen und irgendetwas sagte mir, dass mir dieses noch eine Menge Probleme machen wollte, doch wollte ich diese meistern. Nie würde ich diesen verraten. Komme, was da wolle.

„Lysander ist ein außergewöhnlicher Name.“

„Er ist Altgriechisch und bedeutet so viel wie „Der Freigelassene“. Es setzt sich aus Lysis, die Freigabe und aner, Mann zusammen.“

„Der Freigelassene“, wiederholte ich flüsternd. Er drehte sich um und sah mich an. Ich rannte fast in ihn hinein, da ich so in Gedanken versunken war.

„Weißt du, meine Eltern haben mich damals einfach ausgesetzt, als sie festgestellt hatten, dass ich eine Abnormalität habe. Lulu, unsere Dorfälteste, hat mir den Namen gegeben, da ich durch dieses aussetzen meiner Eltern ja von der Gesellschaft und Politik befreit wurde. Auch wenn es mir nun schlechter ging und ich in der Gesellschaftspyramide am äußersten Rand war, hatte ich doch einen freien Willen. Ohne große Regeln, die ich befolgen musste.“ Neugierig lauschte ich seinen Worten.

„Du kennst deine Eltern also gar nicht?“

„Nein, sie scheinen hier in der Stadt zu leben, da man mich an der Westschleuse gefunden hatte. Aber wer sie waren und wo genau sie wohnten, wusste ich beim besten Willen nicht. Es ist mir auch egal.“

„Es muss schrecklich sein, zu wissen, dass die Eltern einen verleugnen.“

„Wohl wahr, aber ich habe Leigh und Rosalia.“ Leigh und Rosalia? Mir brannte diese Frage auf der Zunge, doch ich wollte nicht neugierig erscheinen und nachfragen. Aber es war schon komisch gewesen. Je mehr er mir erzählte, desto geheimnisvoller wurde er.

„Warum kennst du dich so gut mit den Bedeutungen von Namen aus?“, fragte ich stattdessen. Ich habe es mir nach all den Jahren angeeignet. Es kam oft vor, dass ich bei Taufen dabei war und die Leute wissen wollten, was der Name ihres Kindes überhaupt bedeutete. Deswegen habe ich viel nachgeforscht. Natürlich kenne ich nicht die Bedeutung aller Namen, aber ein Großteil.“

„Du musst sehr klug sein.“

„Ich würde mich nicht als sehr klug bezeichnen. Ich bin durchschnittlich intelligent. Aber bekanntlich ist Intelligenz etwas Relatives und je nach Sicht unterschiedlich. Leute aus eurer Gesellschaft würden mich, allein dadurch, dass ich außerhalb der Stadt lebe, als unterbelichtet betrachten. Andere, wie du zum Beispiel, halten mich für klug. Genauso ist es anders herum. Manche Menschen finden andere ziemlich dumm. Doch wie sagte eins Albert Einstein? Jeder ist ein Genie! Aber einen Fisch danach zu beurteilen, ob er auf einen Baum klettern kann, wird er sein ganzes Leben denken, er sei dumm.“ Seine Worte machten mich wieder nachdenklich. Wir hatten unseren Weg weiter fortgesetzt.

„Man sollte Menschen nicht danach beurteilen, wie sie denken. Kein Mensch kann alles wissen. Jeder hat ein bestimmtes Gebiet, dass ihn liegt und ebenso gibt es Gebiete, die ihn total missfallen oder gar nicht liegen. Ich kenne mich besonders gut mit Literatur aus. Dafür liegt mir Technisches Zeug gar nicht. Darin bin ich so ein Versager. Außerdem haben viele sehr kluge Menschen in vielen anderen dingen Defizite. Manche tun sich schwer mit sozialen Kontakten, Beziehungen. Andere sind vielleicht dafür total unsportlich.“ Ein sanftes Lächeln hatte sich wieder auf sein Gesicht breitgemacht. Dieser Junge war wirklich verblüffend. Vor allem redete er plötzlich so verdammt viel. Irgendwie freute mich dass, da ich ihn vorher für ziemlich unterkühlt hielt. Ob er also mit sozialen Kontakten sich selber meinte?

„Wir sind da.“ Er blieb erneut stehen und atmete tief durch. Auch ich blieb stehen.

„Wir sollten unsere Ritualmarkierungen abwischen. Es könnte sonst auffallen.“ Er kramte in seiner Tasche nach einer Feldflasche und zog ein weißes Spitzentaschentuch hervor. Wo auch immer er es herhatte, es passte zu seinem, immer noch seltsamen Kleidungsstil. Aber dafür sollte man niemanden verachten. Er drehte den Deckel auf und bat mich, diesen festzuhalten. Er tränkte das Tuch mit dem Wasser und wischte sich den roten Streifen von der Stirn. Dann reichte er mir das Tuch. Das Wasser war angenehm auf der Haut und ich merkte jetzt erst, dass meine Kehle total trocken war. Sobald ich das Vögelchen abgeliefert hatte, werde ich mir im nächsten Supermarkt erst mal eine Cola besorgen und sie auf Ex austrinken.

„Du bist so schweigsam.“ Er holte mich aus den Gedanken. Die Augen sahen mich besorgt an.

„Ich .. habe zuviel geredet, oder?“

„Ach was. Du hast mich sehr nachdenklich gemacht. Du hast eine sehr objektive Betrachtungsweise der Dinge. Deswegen finde ich dich auch so faszinierend. Genau deswegen halte ich dich für sehr klug.“

„Findest du? Dankeschön.“ Seine Wangen hatten erneut einen zarten Rosaton angenommen. Verlegen sah er weg.

„Ich bin normalerweise nicht so aufs Reden aus. Aber bei dir macht es mir irgendwie nichts aus. Ich muss mich auf keiner Art und Weise verstellen.“

„Musst du dich denn bei anderen verstellen?“, fragte ich.

„Bei manchen, ja. Aber es ist nicht wichtig. Wir sollten hier raus und zur Schleuse.“ Er ging an mir vorbei und die Leiter hinauf zur Oberfläche.
 

An der Oberfläche hatten wir uns erst mal in den Schatten gestellt, um nicht all zu viel aufsehen zu erregen. Ein Piepsen teilte mir mit, dass mein PDA wieder auf Empfang war und ein weiteres Piepsen gab mir zu verstehen, dass ich einiges an Mails oder anrufen bekommen hatte. Verdammt, dass würde doch bestimmt ein Nachspiel haben. Kurz nahm ich den PDA hervor und tippte flink auf den Bildschirm. Ganze 10 Anrufe, welche alle von Nathaniel stammten. Flink schickte ich ihn eine Mail, dass ich in der U-Bahn Station eingeschlafen bin. Nur in den Bereichen der U-Bahn-Linien hatte man keinen Empfang und es erklärte immerhin einiges. Hoffentlich war Nathaniel damit auch zufrieden.

„Verdammt, es ist schon 17:45 Uhr.“ Panisch sah Lysander mich an. Oh nein, in 15 Minuten schlossen die schleusen und es gab dann keine Möglichkeit mehr für diesen, die Stadt zu verlassen. Das wäre einfach fatal. Ich hatte doch versprochen, Lysander zu den Schleusen zu bringen und dafür zu sorgen, dass er nach Hause konnte. Ohne Weiteres nahm ich seine Hand und zog ihn mit mir mit.

„Dann hör auf zu reden und bekomme jetzt bloß keine Panik, ja? Ich habe Nana versprochen, dass ich dich heil dahin bringen werde und du wirst es noch rechtzeitig schaffen. Das verspreche ich dir.“ Erstaunt blickte er mich an und nickte dabei stumm. Sein Druck an meiner Hand gab mir zu verstehen, dass er mir vertraute. Mit schnellen Schritten gingen wir voran. Dabei achteten wir darauf, nicht so schnell zu sein, um irgendwelche Sicherheitsroboter auf uns aufmerksam zu machen. Wenn man sich zu schnell bewegte, reagierten diese nämlich. Schnelle Schritte waren ein Zeichen, dass du irgendwas ausgefressen hast. Entweder, weil du zu spät zur Schule kommst oder weil du irgendwas angestellt hattest. Ich konnte regelrecht spüren, wie nervös Lysander war. Sein Blick ging wieder hin und her.

„Ganz ruhig. Es ist alles Okay.“
 

Wir kamen an eine große und hohe Mauer. Konnte man es wirklich Mauer nennen? Es war die Stadtgrenze gewesen. Alles, was dahinter lag, war absolute Einöde und Steppe. Nur hier und da gab es einige kleine Dörfer. Dörfer mit Menschen, die abnormal waren oder mit Menschen, die auf anderen Wegen deklassifiziert wurden. Sei es durch Verbrechen oder anderen Dingen. Vor der Mauer befanden sich meistens Parks mit Spielplätzen. Welche aber meistens – vor allem gegen Abend hin – sehr verlassen waren. Wir blieben vor der Schleuse stehen. Die Schleuse war eigentlich nichts weiter als ein etwas 5 x 10 Meter hohes Tor. Vor diesem befand sich ein großes Gebäude aus Glas. Nur über dieses Gebäude führte ein großer gläserner Übergang zu dem Tor, dass die Stadt mit der Außenwelt verband. In diesem Gebäude lagen Hoffnung und Trauer nah beieinander. Dort musste man einen Antrag stellen, wenn man woanders leben wollte, dort musste man hin, wenn man aus dieser Stadt verband wurde. Dort musste man hin, wenn man die Stadt verließ. Man sagt angeblich, dass sich hinter diesem Tor ein Bahnhof befand, der mit der nächsten, größeren Stadt verbunden war. Ob dies aber stimmte, wusste ich nicht.

„Wo müssen wir hin?“ Lysander schaute sich um und ging in einen verlassenen Park. Er war ziemlich verwahrlost gewesen und ich musste feststellen, dass es hier unangenehm nach Gülle roch. Angeekelt hielt ich mir die Nase zu. Lysander ging auf eine Rasenfläche zu und zählte seine Schritte. Bei 34 blieb er stehen. Vorsichtig ließ er noch einmal den Blick schweifen. Dann beugte er sich nach vorne und hob ein Stück des Rasens an, der anscheinend raus geschnitten wurde. Darunter befand sich ein weiterer Eingang. Aber nicht zu einer Kanalisation.

„Es ist ein Geheimgang zur Schleuse. Die werden von Mechaniker benutzt, falls es mal Probleme gibt. Solange die Schleuse geöffnet ist, konnte man durch diesen Gang rein und wieder raus. Recht praktisch, als Außenstehender.“ Oh ja, das war es wohl.

„Danke, dass du mich hergebracht hast.“

„Ich bringe dich noch bis zur Schleuse. Das habe ich versprochen.“

„Das musst du aber nicht, Castiel.“

„Ich will es aber“, protestierte ich bockig und mit einem Seufzen gab sich mein Gegenüber geschlagen.

„Na gut, okay.“ Nach Lysander ging ich hinunter in den Gang. Bereits nach zwei Metern war es zu Ende. Der Gang führte nur in eine Richtung. Kurz ließ ich den Blick schweifen. Man sah sofort, dass dieser Gang künstlich hergestellt wurde. Die Wände waren glatt und gefliest gewesen. Auf einem gelben Metallschild stand:
 

WS – Tiger – 03
 

Der Gang führte nur in einer Richtung und war etwa 500 Meter lang. Wir schienen nun direkt unter dem Tor zu sein. Als wir eine kleine Luke aufmachten, hörte man laute Motorengeräusche und standen wenige Sekunden später wohl im Maschinenraum. Von hier aus konnte man die engen Wege langgehen, die links und rechts von großen Maschinen gesäumt waren. Er lies meine Hand los und ging den linken Gang entlang zu einem Tor. An dessen linke Seite war ein Betriebspad. Tief atmete er durch und öffnete dann dieses Tor mithilfe des Pads. Anscheinend konnte er den Code auswendig. Oder steckte etwas anderes dahinter? Wie ich feststellte, war hinter dem Tor .. Eine Sackgasse. Sofort verdunkelte sich Lysanders Blick.

„Scheiße“, fluchte er. Mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich ihn an.

„Verdammt, das kann doch nicht sein.“ Verzweifelt hämmerte er gegen die Schleuse. Wir waren also zu spät gewesen. Eine Weile stand ich wie angewurzelt da und ließ Lysander weiter gegen die Wand aus Stahl hämmern.
 

Nachdem ich einige Minuten tatenlos zugesehen habe, legte ich die Hände links und rechts neben seinen Kopf an die Wand und drückte mich an ihn. Sofort hielt der Junge inne.

„Wenn du mir vertraust, kannst du die Nacht bei mir schlafen. Meine Eltern sind nicht zu Hause. Morgen früh kann ich dich wieder hierher bringen, wenn du magst.“ Lysander drehte sich um und blickte mir in die Augen.

„Du bringst dich damit nur in Gefahr.“

„Ha, als bin ich schon nicht allein, dadurch in Gefahr geraten, dass ich mich mit dir abgebe. Sie machen in unserem Stadtteil nachts keine Kontrollen, da ich im Villenviertel wohne. Du wärst dort also total sicher.“ Er schwieg und dachte nach. Es war immerhin ein großer Schritt für ihn. Ganz konnten wir uns einander noch nicht vertrauen und diese Sache war nun wirklich sehr gewagt.

„wenn ich bei dir daheim kurz telefonieren kann, dann komme ich mit.“ Seine Stimme war leicht brüchig. Es musste ihn eine Menge Überwindung gekostet haben und ich wusste, dass es für uns beide gefährlich war. Ich sah kurz auf die Uhr meines PDA.

„Es ist 18:10 Uhr. Wir sollten los. Ab 19 Uhr beginnen die Kontrollen in der Öffentlichkeit. Bis dahin müssen wir zumindest in dem Viertel sein. Es ist wichtig. Sonst wird es noch gefährlicher. Lysander nickte und wir machten uns zusammen auf den Weg zurück nach oben.
 

Da Lysander kein Identifikationsarmband hatte, mussten wir durch die ganze Stadt laufen. Während dieser Zeit war mein Freund verdammt schweigsam gewesen. Sein Blick ging zu Boden.

„sag mal, wie bewegst du dich in dieser Stadt eigentlich fort?“, fragte ich nach einiger Zeit. Mir kam nämlich gerade die Sicherheitsschleuse zu unserem Viertel in den Sinn.

„wir haben gefälschte Identifikationsarmbänder“, murmelte er. Deswegen also.

„Zum Glück. Mir ist gerade die Sicherheitsschleuse zu unserem Viertel eingefallen.“

„Schon gut. Es ist okay. Was sagt die Zeit?“ Ich zog wieder mein PDA hervor.

„Kurz vor 7. Aber da vorn ist die Schleuse. Wir gehen kurz an dem Imbiss bei uns vorbei. Du hast doch auch Hunger, oder?“ Er nickte ein wenig und ich musste grinsen.

„Magst du Pizza?“

„Nur mit Putenfleisch“, erwiderte er grinsend. Also Putenfleisch. Was ganz Ausgefallenes. Ich spürte, dass Lys wieder etwas nervös wurde. Ich nahm seine Hand und drückte sie, als wir die Sicherheitsschleuse durchquerten. Nach einem kurzen Abstecher zum Supermarkt (Lysander wartete draußen im Schatten und sah sich dabei immer total nervös um) und dem Imbiss, gingen wir direkt zu mir nach Hause. Demon jaulte im Garten, was ich sofort vernahm.

„Zieh dich ruhig schon mal aus. Ich muss nur kurz Demon reinlassen.“ Ich ging durch den Flur, ins Wohnzimmer und öffnete die Tür zum Garten. Sofort sprang der Hund mich an und ich strich ihn leicht durch das dunkle Fell.

„Hey, Demon. Tut mir leid, dass ich dich heute so lange alleine gelassen habe.“ Er entschuldigte es und schleckte mir einmal mit der Zunge quer übers Gesicht. Dann lauschte er und rannte kläffend in den Flur.

„Demon, ganz ruhig bleiben.“ Ich hoffte nicht, dass er den Jungen anfiel. Zu meinem Erstaunen aber, hatte er sich vor Lysander hingesetzt. Dieser hatte sich ebenfalls hingekniet und kraulte dem Tier sanft das Fell.

„Was für ein schöner Hund.“

„Ein Beauceron“

„Ehrlich? Wie schön. Du musst echt gut mit Tieren auskommen.“

„Na ja, wie man es nimmt. Er ist schon seit Jahren bei mir. Eigentlich bin ich nicht der Freund von Tieren, aber er ist eher ein Familienersatz.“

„Familienersatz? Stimmt, jetzt wo du es sagst.“ Er ließ den Blick kurz schweifen und erhob sich um sich umzusehen.

„Was ist mit deinen Eltern?“

„Sie arbeiten im Ausland. Sie sind ziemlich selten zu Hause. Ich bin schon seit dem 12. Lebensjahr alleine. Damals habe ich Demon bekommen. Er sollte mir Gesellschaft leisten. Natürlich hatte ich ja Nathaniel, aber er kann ja nicht ständig bei mir sein.“

„Nathaniel?“ Er hatte sich seine Packung Pizza genommen und blickte in die Verpackung, von der er nun wieder aufsah.

„Er ist seit dem Sandkasten mein bester Freund. Hab ihn damals verprügelt, als er meinte, seine Schwester ärgern zu müssen. Seitdem sind wir unzertrennlich.“ Lysander hatte die Augenbraue hochgezogen und sah mich verdutzt an.

„Komische Art, Freundschaft zu schließen.“ Da musste ich ihm durchaus recht geben.

„Er kann ein richtiger Penner sein. Er ist bei uns auf dem Gymnasium der Schulsprecher und somit sehr organisiert.“ Wir waren bereits in die Küche gewandert und haben uns am Küchentisch hingesetzt. Nur eine Kerze brannte auf dem Tisch. Es war draußen durch den wolkenbehangenen Himmel ziemlich dunkel gewesen.

„Schulsprecher also.“

„Aber mal eine Frage, wie ist es bei euch mit der Schule?“

„Wir gehen auch zur Schule. Unsere Klassen bestehen aber aus nicht so vielen Schülern. Ich bin jetzt im Abschlussjahr. Kentin, ein Freund von mir, ebenfalls.“

„Und ihr habt auch diese normalen, langweiligen Fächer?“

„Französisch, Mathe, Naturwissenschaften und Kunst. Naturwissenschaft und Kunst sind bei uns zusammengefasst. Es gibt kein Biologie, Chemie und so Zeug.“

„Kunst habt ihr auch?“ Ich war erstaunt gewesen. Bei uns wurde der Kunstunterricht nach der Grundschule durch Mythologie und Gesellschaftslehre ersetzt. Etwas, was kein Mensch in diesem Land brauchte.

„Ja, natürlich. Von zeichnen über basteln, bis hin zur Musik ist alles dabei.“ Musik? Ich wurde hellhörig.

„Ihr habt Musik? Wow“

„Musik gibt es bei euch gar nicht, soviel ich weiß. Warum nicht?“

„Keine Ahnung. Es gibt auch keine Möglichkeiten Instrumente zu lernen.“

„Das beste Instrument ist immer noch die Stimme. Wenn du diese im Griff hast, brauchst du nichts anderes. Dann kannst du Menschen auch damit faszinieren.“ Lysander schob sich ein weiteres Stück Pizza in den Mund. Er schien echt verdammt großen Hunger zu haben und es freute mich wirklich, dass er so reinhaute.

„Bei uns gibt es leider Musik nur im elektronischen Format. Jegliche Art von Musik wird im Keim erstickt. Es ist so, als hätten wir in dieser Stadt verlernt, wie man die Stimme dafür benutzte.“

„Das ist lächerlich. Jeder kann singen. So was vergisst man nicht. Auch wenn man es nie getan hatte.“ Er grinste mich leicht an.

„Würdest du für mich singen?“ Er schüttelte sofort den Kopf und schluckte seinen Bissen herunter.

„Nein, möchte ich nicht. Tut mir leid.“ Schade, ich hätte Lysander wirklich gerne gehört. Ob er sich genierte?

„Vielleicht später mal“, fügte er dann aber hinzu.

„Ich fühle mich noch nicht bereit dafür. Musik ist für uns etwas sehr Intimes, weißt du?“

„Ihr singt also normalerweise auch nicht?“

„Nein, nur zu Ritualen oder Festen oder, wenn wir alleine sind. Wie du sagtest, ist Musik etwas, was auf dieser Welt fast ausgestorben ist. Deswegen ist es für uns persönlich etwas sehr Wertvolles und geben es nicht jedermann preis.“ Natürlich, das war verständlich. Trotzdem hoffte ich, dass ich Lysander eines Tages singen hören würde.

„Ich würde mich sehr freuen.“
 

Nach dem Essen bot ich Lysander an, duschen zu gehen. Was er auch annahm. Ich gab ihn ein Shirt und eine Shorts von mir für die Nacht. Er ließ sich viel Zeit und ich hatte somit auch Zeit, mich an meine Hausaufgaben zu setzen. Immerhin war ich ja nicht krank. Es war eh total merkwürdig, dass mir nicht mehr schlecht war. Irgendwie war es schnell verflogen gewesen. Nach den Hausaufgaben ging ich ins Zimmer, um ein Gästebett für Lysander fertigzumachen. Als ich am Badezimmer vorbei ging, hörte ich, wie er mit jemanden erzählte. Ich konnte aber nichts genau verstehen. Nur, dass man sich keine Sorgen um ihn machen musste. Als Lysander dann aus dem Badezimmer kam, bemerkte ich, dass Demon plötzlich aus dem Wohnzimmer gestürmt war und zur Haustür blickte. Ein leises Knurren entwich dessen Kehle. Kurze Zeit später läutete es an der Tür. Ein kurzer Blick auf meinen PDA. Fast 21 Uhr. Verdammt, das waren doch jetzt keine Sicherheitsbeamten gewesen. Ob sie bemerkt hatten, dass mein PDA keinen Empfang hatte? Das über Stunden hinweg? Lysander hatte sich an mich gekrallt. Ich blickte ihn ebenso ängstlich an. Mir schoss das Adrenalin in den Körper. Verdammt, wir saßen in der Patsche. Sie würden alles durchsuchen und das Haus auf den Kopf stellen. Was sollte ich nur tun? Ist dies das Ende?



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