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Fünf Jahre

(K)eine Freundschaft für immer
von

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Eine gar nicht so goldene Golden Week

Müde saß Kari auf ihrem Stammplatz hinter dem Beifahrer und beobachtete die vorüberziehende Landschaft. Weil sie mindestens sechs Stunden Fahrt vor sich hatten, waren sie und ihre Eltern schon früh morgens losgefahren, um nicht erst abends anzukommen.

Kari freute sich auf die vier Tage, die sie bei ihren Großeltern auf dem Land verbrachten. Man kam endlich dazu, etwas mit der Familie zu unternehmen und somit hatte Kari auch einmal etwas von ihrem Vater, der unter der Woche von morgens bis abends arbeitete und am Wochenende häufig mit Kollegen oder seinem Chef unterwegs war. Außerdem wohnten ihre Großeltern in einem großen Haus mit viel Platz und einem schönen Garten. Kari hoffte, dass sie sich während der kommenden vier Tage ein wenig von den ereignisreichen ersten Schulwochen erholen und sich von nervenden Gedanken befreien konnte.

„Nanu? Wem gehört denn das Auto?“, fragte Yuuko, als sie gerade auf die Einfahrt zum Haus ihrer Großeltern eingebogen waren. Auch Kari fiel nun das dort parkende Auto auf, das sie nicht kannte.

„Keine Ahnung. Vielleicht haben sie Besuch?“, meinte Susumu und stellte das Auto der Yagamis hinter diesem ab.

„Wen kennen sie denn aus Tokio?“, fragte Yuuko und sah ihren Mann an.

„Weiß nicht.“ Er zuckte mit den Schultern und stellte das Auto ab. Die drei stiegen aus und Kari streckte sich erst einmal ausgiebig, um ihre Gelenke nach der langen Fahrt wieder in Schwung zu bekommen.

Anschließend holten sie ihre Taschen aus dem Kofferraum und gingen zum Haus. Die Tür wurde schwungvoll geöffnet, nachdem sie auf den Klingelknopf gedrückt hatten und Karis Großmutter Kokoro begrüßte sie mit einem Lächeln. Aus dem Wohnzimmer waren Stimmen zu hören.

„Wen habt ihr denn zu Besuch?“, fragte Susumu seine Mutter, nachdem er sie umarmt hatte.

„Werdet ihr ja gleich sehen“, antwortete sie geheimnisvoll lächelnd und ging den drei Yagamis voran ins Wohnzimmer. Dort angekommen blieb Kari der Mund offen stehen.

„Tai!“, schrie sie, rannte auf ihn zu und flog ihm in die Arme. Doch er war nicht allein gekommen. Er hatte Mimi und sogar deren Eltern dabei, die nun aufstanden. Ihnen gehörte also das fremde Auto in der Einfahrt.

Tai grinste seine Schwester an, nachdem er sie losgelassen hatte. „Überrascht?“

„Ja“, rief Kari strahlend. „Ich freue mich so, dass du hier bist.“ Seit er studierte, hatte er es kein einziges Mal geschafft, während der Golden Week mit zu ihren Großeltern zu kommen, weil er zu oft irgendetwas für sein Studium erledigen musste in der Zeit.

Kari umarmte auch Mimi, die wie immer bildhübsch aussah, und verbeugte sich höflich vor deren Eltern Keisuke und Satoe. Es war nicht zu übersehen, dass die beiden sich etwas unwohl fühlten und nicht so ganz wussten, wie ihnen geschah, doch Kari vermutete, da ging es ihren Eltern nicht anders. Sie selbst konnte sich den Grund für dieses Zusammentreffen aber sehr wohl denken und lächelte.

Als alle sich begrüßt hatten und nun ein wenig verloren herumstanden, servierte Kokoro Tee und bat alle, an dem niedrigen Tisch Platz zu nehmen.

„Ich würde euch ja anbieten, raus in den Garten zu gehen, aber ich habe das Gefühl, es fängt demnächst an zu regnen“, erklärte sie und schenkte Tee in kleine Tassen ein.

„Meinst du? Aber die Sonne scheint doch“, erwiderte Susumu mit einem kritischen Blick aus dem großen Fenster.

„Ich bin mir ziemlich sicher“, bekräftigte Kokoro und nippte an ihrem Tee.

„Du kennst doch deine Mutter. Was das Wetter angeht, ist sie so etwas wie eine Hellseherin“, warf Karis Großvater Haru ein.

„Wirklich? Das ist aber sehr interessant. So eine Fähigkeit hätte ich auch gern“, meinte Satoe und musterte Kokoro interessiert.

„Das konnte sie schon immer, aber ihr Geheimnis teilt sie mit niemandem“, meinte Haru lachend.

„Wie schade“, seufzte Satoe enttäuscht.

„Mama“, murmelte Mimi vorwurfsvoll.

„Ich kann es niemandem erklären, tut mir Leid“, sagte Kokoro und lächelte entschuldigend. „Aber vielleicht wollen die beiden jungen Herrschaften uns nun endlich den Grund für dieses Zusammentreffen erklären. Das ist doch jetzt wirklich spannender als meine Wetterweisheit.“

„Ach, ihr habt das also hier auf die Beine gestellt“, sagte Yuuko.

Nun richteten alle die Blicke gespannt auf Tai und Mimi, die nebeneinander saßen und einen verlegenen Blick tauschten. Mimi gab Tai einen kaum merklichen Stoß mit dem Ellbogen.

„Ähm... also“, fing er an zu stottern. „Wir haben das hier arrangiert, weil wir euch etwas mitteilen wollten.“

„Um Himmels willen“, rutschte es Yuuko heraus. Sie sah Tai mit hochgezogenen Augenbrauen an und Kari würde gern wissen, was sie gerade dachte.

Satoe riss die Augen weit auf und starrte Mimi über den Tisch hinweg an. Keisuke war die Kinnlade heruntergeklappt, während Susumo keine Miene verzog. Anders hatte Kari es von ihrem Vater auch nicht erwartet. Karis Großeltern wirkten dagegen recht entspannt und Kari fragte sich, ob sie schon wussten, wie die Dinge standen. Ihre Eltern und die von Mimi malten sich sicher gerade die schrecklichsten Dinge aus.

„Also... wir sind ja jetzt schon eine ganze Weile zusammen“, sprach Tai weiter und kratzte sich am Kopf. „Und da dachten wir... naja... wir könnten vielleicht...“

„Wir werden heiraten!“, platzte Mimi heraus und sah Tai vorwurfsvoll an. „Mein Gott, wenn man dir was überlässt.“

Für einige Sekunden war es ganz still im Raum. Dann fingen alle gleichzeitig an zu reden.

„Heiraten? Ist das euer Ernst?“

„Was? Wann? Wo? Warum?“

„Seid ihr nicht noch ein bisschen jung?“

„Oh, Mimi!“

Satoe war unvermittelt in Tränen ausgebrochen, um den Tisch herum gerannt und hatte die Arme um ihre Tochter geworfen. „Ich kann es nicht fassen. Unsere Kleine will tatsächlich heiraten. Hast du das gehört, Keisuke?“

Keisuke schniefte und wischte sich kurz mit dem Handrücken über die Augen. „Bin ja nicht taub.“

„Mama“, seufzte Mimi und wirkte peinlich berührt.

„Hast du dir das auch wirklich gut überlegt?“, fragte Susumu und musterte Tai skeptisch.

„Sonst würde er das doch nicht machen, Papa“, nahm Kari ihren Bruder in Schutz und tätschelte ihrem Vater den Arm.

„Sag mal, wusstest du das etwa schon, Kari?“, fragte Yuuko und durchbohrte Kari mit ihrem Blick.

„Erst seit ein paar Tagen“, antwortete Kari beruhigend.

„Ich freue mich für dich, Tai“, sagte Kokoro mit warmem Lächeln und legte eine Hand auf Tais Hand. „Ich habe damals auch schon mit zwanzig geheiratet.“

„Ich bin sogar schon einundzwanzig“, erinnerte Tai sie.

„Aber das waren doch damals noch andere Zeiten“, meinte Yuuko unsicher, ohne auf Tais Einwand einzugehen.

„Ja. Du bist ja noch nicht einmal mit dem Studium fertig“, fügte Susumu nachdenklich hinzu.

„Könntet ihr euch jetzt vielleicht mal für ihn freuen?“, fragte Kari und sah ihre Eltern streng an. „Ich glaube nicht, dass er jetzt eure ganzen Einwände und Befürchtungen hören wollte.“

Tai warf Kari einen dankbaren Blick zu.

Yuuko zögerte ein paar Sekunden, dann stand sie jedoch auf, ging hinüber zu Tai und schloss ihn in die Arme. „Ich freue mich für dich.“

„Danke“, sagte Tai lächelnd. Er sah tatsächlich ein wenig erleichtert aus.

„Jedenfalls“, sagte Mimi laut, während sie noch immer versuchte, sich von ihrer Mutter zu befreien, „haben wir uns gedacht, ihr solltet euch mal ein wenig kennen lernen, bevor wir heiraten.“

„Das ist eine gute Idee“, sagte Yuuko lächelnd, die ihren Sohn inzwischen wieder losgelassen hatte, und blickte hinüber zu Satoe.

„Das finde ich ganz hervorragend. Die jungen Leute werden heutzutage wirklich schnell erwachsen, findest du nicht auch?“, sagte Kokoro und wandte sich an ihren Mann, der zögerlich nickte.

„Das sollten wir heute Abend mit einem Festmahl feiern“, fuhr Kokoro zufrieden lächelnd fort, doch in diesem Moment räusperte Keisuke Tachikawa sich und stand auf. Sein Blick wirkte ein wenig verkniffen und er hatte die Lippen aufeinandergepresst. Alle verstummten und wandten sich ihm zu.

„Ich glaube nicht, dass ich dieser Hochzeit zustimmen kann“, sagte er schließlich laut.

Erneut wurde es ganz still im Raum. Kari runzelte die Stirn und sah fragend zu Tai, dessen Blick auf Mimi gerichtet war. Diese starrte entgeistert ihren Vater an.

„Papa, was...“

„Mimi, ich denke nicht, dass du schon bereit bist“, unterbrach er sie. „Vielleicht sollten wir jetzt besser wieder nach Hause fahren.“

Noch immer sagte keiner etwas und Kari fragte sich, ob sie das wirklich alles gerade richtig verstanden hatte. Keisuke, der seine Tochter über alles liebte, wollte nicht, dass sie heiratete, weil er fand, sie wäre noch nicht dazu bereit?

„Schatz...“, setzte Satoe kleinlaut an.

„Papa, was soll denn das?“, fragte Mimi. Inzwischen sah sie wütend aus.

„Tut mir Leid, Liebes. Aber du solltest wirklich noch nicht heiraten“, antwortete Keisuke ausweichend. „Und jetzt lasst uns zurück nach Tokio fahren.“

„Nein! Das kannst du nicht machen!“, rief Mimi und sprang auf.

„Doch, ich kann. Ich bin dein Vater und ich verbiete dir, zu heiraten“, sagte Keisuke entschlossen und marschierte steif aus dem Raum.

Tais Mund stand offen und er sah aus, als hätte ihn soeben jemand über den Tod eines Familienmitglieds unterrichtet.

Kari drehte sich zu ihrem Vater und musste fast lachen, als sie bemerkte, dass ihre Mutter sich zur gleichen Zeit an Susumu wenden wollte.

„Susumu! Na los!“, zischte Yuuko und Kari wusste, was sie damit meinte, denn sie selbst hatte ihrem Vater das Gleiche sagen wollen.

Susumu nickte, stand auf und lief Keisuke hinterher. Mimi war in der Zwischenzeit in Tränen ausgebrochen und schimpfte vor sich hin.

„Was ist sein Problem? Was soll das? Ist er durchgedreht?“, schniefte sie und nahm von ihrer Mutter, die ebenfalls weinte, ein Taschentuch entgegen. „Wieso sollte ich noch nicht bereit sein zum Heiraten?“

„Ruhig, Liebes“, murmelte Satoe mit erstickter Stimme und streichelte Mimis Kopf.

„Was macht Papa?“, fragte Tai, der endlich aus seiner Starre erwacht war, und sah Yuuko und Kari an.

„Er versucht, Herrn Tachikawa aufzuhalten“, antwortete Yuuko.

Kokoro seufzte tief. „Ich hole mal den Sake.“ Mit diesen Worten verließ sie das Wohnzimmer, gefolgt von Haru.

„So habe ich mir das nicht vorgestellt“, schluchzte Mimi aufgelöst. Tai setzte sich neben sie und streichelte ihren Rücken.

„Vielleicht sollten wir doch einfach später heiraten?“, schlug er vorsichtig vor.

„Nein!“, rief Mimi sofort. „Das kommt nicht in Frage. Ich lasse mir hier doch nicht sagen, ich wäre noch nicht bereit!“

„Aber es ist doch besser so, bevor es noch Streit gibt“, erwiderte Tai ruhig mit einem Seitenblick auf Satoe, die zustimmend nickte.

„Ich will aber nicht warten, okay?“, fuhr Mimi ihn an. „Ich bin fast zwanzig. Ich kann also machen, was ich will.“

„Schätzchen, du solltest nicht gegen den Willen deines Vaters heiraten“, sagte Satoe leise und zog sie ein wenig fester an sich.
 

Susumu und Haru Yagami hatten Keisuke doch noch überreden können, nicht sofort abzureisen, sondern wenigstens noch die Nacht bei Karis Großeltern zu verbringen. Anschließend hatten sich die Frauen inklusive Kari und Mimi um das Abendessen gekümmert, wobei Mimi jedoch sehr schweigsam gewesen war. Kari und die drei anderen Frauen hatten ständig versucht, sie irgendwie aufzuheitern und von dem Problem abzulenken, doch Mimis Miene hatte sich nicht aufgehellt. Nach dem Abendessen hatten sie alle gemeinsam im Wohnzimmer gesessen und viel Alkohol getrunken. Das Thema Hochzeit wurde gemieden und so hatten sich vor allem Karis und Mimis Väter gut unterhalten, auch wenn ihre Zungen irgendwann schwer wurden. Die Gemüter hatten sich zumindest etwas beruhigt, auch wenn Mimi den ganzen Abend stumm mit einem Glas Rotwein in der Hand verbracht hatte.

Es musste tief in der Nacht sein, als Kari mit einem mörderischen Durst aufwachte. Auch sie hatte Wein getrunken, mehr als sie gewohnt war. Mit schwirrendem Kopf kroch sie aus ihrem Bett und ging in die Küche, um sich ein Glas Wasser zu holen. Zu ihrer Überraschung saß Mimi dort auf einem Stuhl am Fenster.

„Mimi?“

Die Angesprochene zuckte zusammen und drehte sich um.

„Kari.“

„Geht's dir gut?“, fragte Kari, füllte ein Glas mit Leitungswasser und setzte sich auf den Stuhl neben Mimi.

„Ehrlich gesagt nein“, antwortete Mimi leise und starrte wieder aus dem Fenster.

„Vielleicht schafft es mein Vater ja noch, deinen zu überreden“, meinte Kari aufmunternd.

Mimi zuckte mit den Schultern, ohne Kari anzusehen.

„Und wenn er ihn nicht überreden kann... so schlimm ist das doch eigentlich gar nicht, oder?“, redete Kari weiter. „Ich meine, ihr seid noch so jung. Und in ein paar Jahren hat dein Vater bestimmt keine Zweifel mehr und freut sich, dass du heiraten willst.“

„Willst du wissen, warum mein Vater eigentlich gegen die Hochzeit ist?“, fragte Mimi.

„Hm?“ Verwirrt beobachtete Kari ihre vielleicht baldige Schwägerin. „Was meinst du damit?“

„Mein Vater mag Tai nicht besonders“, sagte Mimi tonlos.

„Was?“ Verdattert hob Kari eine Augenbraue.

„Er hat es mir zwar nicht persönlich gesagt, aber ich habe gehört, wie meine Eltern über Tai gesprochen haben“, erzählte Mimi. „Aus irgendeinem Grund hält er Tai für sprunghaft. Er glaubt nicht, dass Tai in mir wirklich eine dauerhafte Partnerin sieht, sondern nur einen Zeitvertreib. Und er denkt, dass ich das irgendwann auch erkenne und ihn dann verlasse.“

Kari spürte, wie ihr die Gesichtszüge entgleisten. Sie konnte kaum glauben, was Mimi ihr da erzählte. Jemand hielt ihren Bruder für einen Macho?

„A-aber...“, stotterte sie. Sie fühlte sich fast schon persönlich angegriffen durch diese Meinung über Tai. „Wie kommt dein Vater bloß darauf?“

Mimi winkte mürrisch ab. „Ich glaube, das hätte er über jeden gesagt, mit dem ich zusammen bin. Ich denke, er kann sich einfach niemanden vorstellen, der gut genug für mich ist.“

Kari schwieg. Es erschien ihr durchaus möglich, dass Mimis Vater wirklich so dachte, nach allem, was sie über Mimi und ihre Eltern wusste.

„Aber... wenn er das wirklich denkt, dann ist es doch erst recht besser, wenn ihr mit der Hochzeit noch wartet. Dann kann dein Vater Tai besser kennen lernen und ist nicht mehr gegen ihn“, sagte sie.

„Ich kann nicht warten!“, rief Mimi und funkelte Kari an. Plötzlich standen Tränen in ihren Augen, wie Kari überrascht feststellte. „Es ist doch sowieso schon zu spät.“

Nun völlig perplex tätschelte Kari ihr den Rücken und wartete, bis sie sich ein wenig beruhigt hatte. Mimi schluchzte und wischte sich mit dem Handrücken über Augen und Nase.

„Was ist denn zu spät?“, fragte sie nach einer Weile vorsichtig.

„Ich bin schwanger, Kari“, platzte Mimi heraus.

Kari riss die Augen auf und hätte fast ihr Wasserglas fallen lassen.

„Schwanger?“, hauchte sie entsetzt.

Mimi nickte. „Wir haben nicht aufgepasst und dann ist es passiert.“

„Oh. Das ist... oh.“

Für einige Sekunden hing Kari ihren eigenen Gedanken nach. Ihr Bruder wurde Vater. Wie oft sie diesen Satz auch in ihren Gedanken wiederholte, er schien keinen Sinn zu ergeben. Außerdem hatte sie sowohl Tai als auch Mimi für vernünftig genug gehalten, sich selbst von einer ungewollten Schwangerschaft zu verschonen.

„Was sagt Tai denn dazu?“, fragte Kari, doch Mimis Zögern war ihr Antwort genug. „Er weiß es also nicht.“

„Nein.“

„Und deine Eltern wissen es auch nicht“, schlussfolgerte Kari.

„Nein.“

Seufzend fuhr Kari sich mit der freien Hand durch die Haare. Da steckte Mimi in einer wirklich schwierigen Situation und Kari hatte keine Ahnung, wie sie da wieder herauskommen sollte.

„Vielleicht solltest du deinen Eltern erst mal alles erzählen und...“

„Nein!“ Alarmiert starrte Mimi Kari an. „Bitte versprich mir, dass du das niemandem erzählst.“

„Okay“, willigte Kari ein.

„Danke“, sagte Mimi und schien ein wenig beruhigt.

„Aber warum willst du es niemandem erzählen? Deine Eltern würden dir doch sicher helfen.“

„Was soll mein Vater denn dazu sagen? Er mag Tai nicht und dann bin ich schwanger von ihm. Ein uneheliches Kind. Sex vor der Ehe.“ Mimi raufte sich die Haare. „Wenn ich Tai heirate, dann bringe ich zumindest kein uneheliches Kind zur Welt. Aber sicher wird mein Vater mich dafür hassen, dass ich vor der Hochzeit Sex hatte und auch noch so dumm war, schwanger zu werden.“

„Er wird dich doch nicht hassen. Er liebt dich doch“, widersprach Kari und bemühte sich um einen aufmunternden Tonfall.

„Er ist ein streng gläubiger Christ. Ganz sicher wird er mich hassen für das, was ich der Familie angetan habe“, murmelte Mimi resigniert.

„Das kann ich mir nicht vorstellen“, meinte Kari überzeugt. „Nach dem ersten Schock freut er sich ganz sicher über das Kind. Aber“, kurz zögerte sie, sodass Mimi fragend aufsah, „warum verheimlichst du es Tai?“

„Ich will es ihm ja gar nicht verheimlichen“, nuschelte Mimi. „Ich habe nur noch nicht die richtige Gelegenheit gehabt, es ihm zu sagen.“

Kari nickte verständnisvoll und versuchte sich vorzustellen, wie Mimi sich im Moment fühlen musste. Etwas zu verheimlichen, was doch so bedeutungsvoll für ihr Leben war, war sicher sehr schwer und dann war es auch noch etwas, wobei sie Hilfe und Unterstützung brauchte.

Mit gesenktem Blick schüttelte Mimi den Kopf. „Ich muss Tai unbedingt so schnell wie möglich heiraten.“
 

Am nächsten Morgen war Keisuke Tachikawa so verkatert, dass er sich nicht in der Lage fühlte, nach Hause zu fahren. Er klagte über Kopfschmerzen und Übelkeit und Satoe und Mimi war es äußerst peinlich, dass er am Abend zuvor so viel getrunken hatte. Doch auch Karis Vater fühlte sich nicht sonderlich wohl und so herrschte beim Frühstück allgemeine Katerstimmung.

Nach dem Frühstück beschlossen alle bis auf Karis Großeltern, spazieren zu gehen. Yuuko bestand darauf, Mimis Eltern die Gegend zu zeigen und Susumu sollte ihnen alles erklären, was er wusste.

Mimi hatte Karis Blicke gemieden und sich nichts anmerken lassen, was Kari bewunderte. An ihrer Stelle hätte Kari wohl komplett die Nerven verloren und jeder würde ihr sofort anmerken, dass etwas nicht stimmte. Nun musste Kari jedoch versuchen, vor Tai zu verbergen, was sie wusste. Allerdings war ihr schleierhaft, warum Mimi ihn noch nicht einweihen wollte. Immerhin war es sein Kind, was da gerade in Mimis Bauch ihr Leben auf den Kopf stellte.

Sie waren gerade ein paar Minuten unterwegs, als Tai Kari am Arm fasste und sich mit ihr ein Stück zurückfallen ließ.

„So. Jetzt erzähl mal. Wie läuft es mit T.K.?“, fragte er und sah sie interessiert an.

„Hä?“ Verlegen wandte Kari den Blick ab. „Ach, da läuft nichts.“

„Sag nicht, ihr schweigt euch immer noch an“, erwiderte Tai seufzend.

„Ich habe ihm auf Facebook eine Freundschaftsanfrage geschickt“, murmelte Kari und kannte die Reaktion ihres Bruders schon, bevor sie den Satz beendet hatte.

„Was?“ Er lachte laut, sodass Mimi sich mit fragendem Blick zu ihnen umdrehte. „Ihr Kinder heutzutage und Facebook. Und jetzt ist alles wieder Friede, Freude, Eierkuchen?“

„Idiot“, zischte Kari. „Nein, wir haben kurz geschrieben, aber das war es auch schon.“

„Na, das klingt ja mal nach einem kleinen Fortschritt. Wenn das so weitergeht, grüßt ihr euch in zehn Jahren vielleicht wieder“, spottete Tai.

„Mach dich ruhig lustig“, murrte Kari. „Er hat über mich gesagt, dass ich hübsch aussah an dem Partyabend. Und er fand mich bei unserem Auftritt toll.“

„Du siehst immer hübsch aus, Schwesterherz“, sagte Tai grinsend. „Und dass du toll tanzen kannst, habe ich dir auch schon hundert Mal gesagt.“

Kari schwieg und starrte auf den Boden, während sie langsam weitergingen.

„Kari, ihr solltet noch mal miteinander über alles reden“, meinte Tai nun ernst. „Ich weiß doch, dass du dich nicht gern streitest. Das passt nicht zu dir. Man muss auch vergeben können und das kannst du, das weiß ich.“

„Das ist alles nicht so leicht, wie du es dir vorstellst“, antwortete Kari.

„Wieso nicht?“, fragte Tai verdutzt. „Du gehst hin, redest mit ihm und fertig. Zufällig weiß ich, dass T.K. dich sehr vermisst hat, also wird er sich drüber freuen, auch wenn du ihn letztens rausgeschmissen hast.“

Sie blieben stehen, da auch die anderen stehen geblieben waren und einen Schrein im Wald bewunderten, über den Susumu gerade etwas erklärte. Kari hörte nicht zu. Ihre Gedanken waren nun dank Tai wieder bei T.K. Sein Gesicht tauchte vor ihrem inneren Auge auf und gleich dazu das von Aya, wie sie weinte. Sie wollte jetzt nicht über die beiden nachdenken und war froh, als die anderen endlich weitergingen und sie ihr Gespräch mit Tai fortsetzen konnte.

„Jetzt erzähl du mir mal lieber, wie du Mimi den Heiratsantrag gemacht hast“, forderte sie ihn auf und sah ihn gespannt an.

Er stieß ein hüstelndes Lachen aus. „Das war bei unserem Fallschirmsprung. Während des Flugs nach unten habe ich sie gefragt und dann sind wir unten mitten in einem riesigen Herz aus Rosenblüten gelandet.“

Kari riss die Augen auf und starrte ihn an. „Fallschirmsprung?“

Nun lachte er. „War nur ein Witz. Was erwartest du? Ich habe sie zum Essen in ihr Lieblingsrestaurant eingeladen und habe sie dann gefragt.“

„Das mit dem Fallschirmsprung finde ich aufregender“, sagte Kari grinsend. „Und wann wollt ihr heiraten?“

Tai zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Mimi will unbedingt dieses Jahr noch heiraten, im August oder September. Aber ich finde das zu früh. Wir schaffen es nie, bis dahin alles zu organisieren.“

„Ich höre ständig meinen Namen.“

Tai und Kari blickten nach vorn. Mimi war stehen geblieben und wartete mit verschränkten Armen auf sie.

„Ich erzähle Kari gerade, was für eine nervige Person du bist“, sagte Tai grinsend, legte aber einen Arm um ihre Schultern, als er bei ihr ankam. „Und dass du unbedingt dieses Jahr noch heiraten willst.“

„Ich dachte, wir hätten uns schon darauf geeinigt, dass wir spätestens im September heiraten“, erwiderte Mimi.

„Du hast dich mit dir selbst darauf geeinigt“, murrte Tai.

„Tai, bitte“, sagte Mimi fast schon flehend und sah ihn an.

Tai seufzte ergeben. „Ja, Prinzessin. Wie Sie wünschen. Aber dann beschwer' dich nicht, wenn wir nicht deine Traumlocation bekommen, weil das zu kurzfristig ist.“

Mimi machte große Augen. „Dann steht es jetzt also fest? Wir heiraten im September?“

„Wenn dein Vater irgendwann noch zustimmen sollte“, sagte Tai trocken.

„Es ist mir egal, ob er zustimmt. Soll er mich halt aus der Familie werfen. Ich werde heiraten“, antwortete Mimi kühl.

„Dann hasst er aber nicht nur dich, sondern auch mich“, gab Tai zu bedenken.

„Soll er doch“, sagte Mimi trotzig.

Tai blieb stehen. „Herr Gott, Mimi! Ich will nicht, dass du dich wegen mir mit deiner Familie überwirfst. Entweder dein Vater stimmt der Hochzeit zu oder wir warten noch.“

„Ich will nicht warten!“, widersprach Mimi heftig. „Es ist mir egal, was mein Vater dazu sagt. Es ist mein Leben und ich bin erwachsen und kann machen, was ich will.“

„Und ich kann auch machen, was ich will. Und deswegen heirate ich dich nicht, solange dein Vater nicht zustimmt“, entgegnete Tai und sein Tonfall verdeutlichte, dass das Thema für ihn damit beendet war. Das spürte auch Mimi, denn sie warf ihm einen letzten düsteren Blick zu und ging wieder nach vorn zu ihren Eltern.

„Tai...“, fing Kari an, doch er unterbrach sie.

„Ich werde morgen mit Herrn Tachikawa reden.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Als Entschädigung, dass das letzte Kapitel so kurz war, gibt es jetzt schon das neue. Eigentlich war es länger, aber ich habe mich entschlossen, es zu teilen, weil es sonst zu lang geworden wäre. :P
So, ich hoffe sehr, dass ihr alle überrascht wart. xD
Ach, ich hab übrigens noch was für euch, weil es so gut passt. :) http://9gag.com/gag/aVOYMdM Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  Jea1995
2014-07-04T16:20:40+00:00 04.07.2014 18:20
Ich finde es echt toll das du Tai und Mimi als Paar in deinrr Story eingebaut hast.... ist auch voll intressant mit der Hochzeit und das sie Schwanger ist :)
Gefällt mir echt gut deine Story <3

Antwort von:  Juju
07.07.2014 19:01
Danke für deine ganzen Kommentare. :)
Haha, ich mag Tai und Mimi als Paar eben sehr gern. :)
Von:  UrrSharrador
2014-03-13T15:43:16+00:00 13.03.2014 16:43
Ich hol langsam aber sicher auf, hehe B-)
Ich dachte ja zuerst, dass T.K. plötzlich da wäre, auch wenn ich keine Ahnung gehabt hätte, was der bei den Yagamis zu suchen hätte^^ Aber es sind Tai und Mimi! Ui, und nun macht die Heiratssache, die ja ursprünglich ganz plötzlich von Mimi ausgegangen ist, einen ganz neuen Sinn. Eine traurige Sache, dass sie das erstmal vorerst ganz allein auf den Schultern tragen muss. Und der Vater von Mimi stellt sich quer ... Ich hab ihre Eltern ja eigentlich nie gemocht^^ Bleibt nur zu hoffen, dass sie ihn umstimmen.
Die Golden Week ist sowas wie deren Semesterferien, oder? Nicht dass ich das falsch verstanden hab^^
Das Kapitel weicht ziemlich von der eigentlichen Hauptperson ab, aber ich finds immer gut, wenn andere Personen auch ihre Tiefe kriegen. Dann wirkt es mehr aus dem Leben der Charaktere gegriffen. Und wer weiß, ob sich diese Vorkommnisse im Hause Yagami/Tachikawa nicht auch noch auf Kari und T.K. auswirken?
Dass Mimis Vater Tai nicht besonders mag, ist hart für das junge Paar. Weist ein paar Parallelen zu deiner anderen FF auf ;) Aber ich schätze den so ein, dass er gar keinen leiden kann, der ihm seine kleine verwöhnte Tochter wegschnappen will ^^'
Also mir hat das Kapitel gut gefallen :) (die davor übrigens auch, habs nur iwie nicht dazugeschrieben^^) Und es war auf jeden Fall interessanter als die heutige Vorlesung, die ich mir damit verkürzt habe XD
Die Großeltern von Kari kommen glaub ich in der Serie nie vor, oder?
Den Fallschirmabsprung hätte ich ihm übrigens sogar abgekauft. Nur dass Mimi was anderes getan hätte als zu schreien, ohne ihm zuzuhören da war ich mir nicht sicher :P
Ja, also ich war überrascht, um auf dein Nachwort einzugehen^^
Haha, das Bild muss ich mir speichern XD
Antwort von:  Juju
21.03.2014 22:22
Ich weiß auch nicht so richtig, was ich von Mimis Eltern halten soll. Ich stelle ihren Vater gern als einen da, der keine Typen mag, die mit Mimi befreundet sind. xD
Die Golden Week ist einfach eine freie Woche Anfang Mai. Da sind ein paar Feiertage (Kindertag z.B.) und dann haben die Japaner halt immer eine ganze Woche frei. ;)
Ja, ich hatte Lust, Tai noch mehr einzubringen und ein bisschen auch auf Landleben.
Ich habe selbst schon gemerkt, dass es zwischen der FF und Ein Leben wie dieses ein paar Parallelen gibt. xD Das muss ich mal wieder durcheinanderbringen. xD
Also die Großeltern von Tai und Kari sieht man nicht, aber sie werden glaube ich mal erwähnt? Ach keine Ahnung. Aber bestimmt haben sie welche. xD
Von:  Schaput31
2014-01-09T22:49:20+00:00 09.01.2014 23:49
Halleluja!
Damit hätte ich jetzt überhaupt nicht gerechnet! Also zunächst mal, dass jetzt Story über Mimi und Tai kommt (ehrlich gesagt hatte ich die zwei mit ihrer Hochzeit schon wieder vergessen ^^') und dass sie dann auch noch schwanger ist! Wow. Das war für mich erstmal nen Sprung, aber es hat auch irgendwie gut gepasst und es war auch ein echt gutes Kap, hat sich auch wieder super gelesen. Bin gespannt was bei dem Gespräch von Tai mit Mimis Vater rauskommt und ob Mimi dann auch noch mit der Sprache rausrückt. Vielleicht verplappert sich aber auch Kari.
Nachdem was Tai über T.K. erzählt hat, sagt mir mein Gefühl, dass Kari, wenn sie wieder zu hause ist den dritten Brief öffnet, wer weiß ... ^^

Warte gespannt aufs nächste Kapitel!
LG
P.S.: Irgendwie hab ich es gerochen, dass ein neues Kap online ist...^^
Antwort von:  Juju
17.01.2014 22:36
Danke für deinen Kommentar. :)
Haha, naja siehst du, jetzt wirst du die beiden nicht mehr vergessen. :D
Hm, mit deiner letzten Vermutung liegst du gar nicht mal so falsch... :P Und es freut mich, dass du schon ein Gespür für die FF entwickelt hast, dass dein Unterbewusstsein sagt, dass ein neues Kapitel da ist. xD
Von:  Kaninchensklave
2014-01-09T19:08:43+00:00 09.01.2014 20:08
ein Tolles Kpa OH Mimi ist in anderen umständen na das kann ja heiter werden vorallem da Ihr Vater strickt dagegen ist
doch ändern kann und wird er es nicht  sondern entweder nach geben oder aber auch nicht
egal wie das ausgeht es ändert nichts an Mimi´s entschluß so schnell wie möglich zu Heiraten

Na Tai wird sich darüber schon freuen das ist sicher MIMi´s Vater wird schimpfen Toben und schreien
sobald er es erfährt, oder was weiss ich noch alles doch selbst als Christ sollte er mit der Zeit gehen
da ich mir sicher bin das er auch nicht bis zur Hochzeit gewartet hat mit den unanständigen sachen dafür macht es zu viel Spaß

Tai hat recht Kari sollte dringend mit T.K reden und zwar nich über FB sondern Persönlich aber auch erstmal alle Briefe lesen und sich Ihren Gefühlen klar werden denn diese hat sie nur verdrängt und sonst nichts

GVLG
Antwort von:  Juju
17.01.2014 22:24
Danke für deinen Kommentar. :)
Hmmm, was lässt dich vermuten, dass Mimis Vater seinen eigenen Prinzipien und Überzeugungen nicht treu ist? Ich glaube schon, dass er vor der Ehe keinen Sex hatte und deshalb von Mimi sehr enttäuscht sein wird, wenn er das erfährt. ;)
Von:  Kaguya
2014-01-09T16:40:10+00:00 09.01.2014 17:40
Ich hatte mich richtig gewundert als ich sah, dass es ein neues Kapitel zu dieser FF gab und dann auch noch eines in dem meine beiden Lieblinge Tai und Mimi mit von der Partie sind :D
Das Mimis Vater so streng ist hätte ich nicht gedacht, hoffe dass er der Heirat seinen Segen gibt! Vielleicht bringt es ja doch was, dass Mimi ihren Eltern erzählt, dass sie schwanger wird :)
Zum anderen finde ich es richtig süß, dass Tai Kari erzählt hat, dass T.K. sie vermisst. Ach, wäre das Kapitel doch noch nicht zu ende :D Ich kann nie genug von deiner FF bekommen :)
Hoffe dass es sehr bald weiter geht! :)

Liebe Grüsse

Kaguya
Antwort von:  Kaguya
09.01.2014 17:41
* Edit: Vielleicht bringt es ja doch was, wenn Mimi ihren Eltern erzählt, dass sie schwanger ist. (Hab mich bei diesem Satz total verschrieben, sorry!)


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