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In Ketten gelegt

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hey ihr
'In Ketten gelegt' ist meine erste Fanfic, die ich veröffentliche und ich bin daher noch recht unsicher, da ich auch immer sehr selbstkritisch und eben, unsicher, gegenüber meinen Texten bin.
Aber ich hoffe trotzdem, dass sie euch gefällt ^-^
Ach ja, es sollte eigentlich nicht adult sein, entschuldigt mich, ich habe animexx den Fehler bereits gebeichtet xD
glg Amuya Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich habe mich jetzt doch entschlossen, mal das erste Kapitel rauf zuladen. Zuerst möchte ich mich aber ganz herzlich für das Favorisieren meiner FF bedanken. Ich bin ziemlich erstaunt gewesen, hab ich doch gerade mal den Prolog veröffentlicht mit wenigen 160 Wörtern...
Jedenfalls wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen! ^^ Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
So, hier ist das nächste Kapitel. Das Korrigieren und Bearbeiten kostet mich immer den letzten Nerv. Ich habe es diesmal nämlich von Hand geschrieben, danach auf den Computer abgetippt, dann durchgelesen und korrigiert, es auf animexx geladen und vor dem Abschicken noch ein letztes Mal durchgelesen... Noch einmal könnte ich das wahrscheinlich nicht ^^ Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Ich hatte irgendwie in den letzten Tagen keine große Lust, zu schreiben... Und wenn ich es dann trotzdem tue, kommt nichts Gutes dabei raus...Ich bin auch jetzt nicht zufrieden mit dem Kapitel; es geschieht irgendwie nicht gerade viel... Aber ich hoffe trotzdem, es gefällt euch! Und das nächste Kapitel wird auch wieder spannender! :)
lg Amuya
PS: Tut mir leid, falls es Fehler drin hat oder seltsame Formulierungen... Manchmal, wenn ich lange daran sitze, merke ich sowas gar nicht mehr... Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Nach so langer Zeit wieder ein Kapitel... ^^
Mein Laptop ist vor ein paar Monaten abgestürzt und ich habe die Geschichte da drauf verloren, sprich auch das neueste Kapitel, dass ich damals schon geschrieben habe. Danach hatte ich lange lange keine Nerven mehr dafür, noch einmal daran zu schreiben, aber wie ihr seht habe ich es dann doch gemacht, mit diesem Ergebnis.
Viel Spaß beim Lesen! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Verzeiht mir die Fehler, kann gut sein, dass es welche hat u.u
Ich versuche es aber so gut es geht zu verhindern!
Viel Spaß mit dem Kapitel :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Nach über einem Jahr endlich wieder ein Kapitel! Ich habe eigentlich gar nicht mehr damit gerechnet, weiterzuschreiben und mir überlegt, sie abzubrechen. Aber wie man sieht habe ich mich gestern aus einem Anfall von Kreativität an die Geschichte rangesetzt, die geschriebenen Kapitel noch mal durchgelesen (wobei ich sagen muss, dass mir einige meiner Formulierungen inzwischen recht peinlich sind xD) und danach dieses Kapitel geschrieben. Ich hoffe, dass sich nichts Widersprüchliches eingeschlichen hat, da ich trotz dem erneuten Lesen vielleicht doch etwas übersehen habe. Ansonsten dürft ihr mich gerne darauf hinweisen ^^
Viel Spaß beim Lesen

es gefällt euch! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hier also wäre das neue Kapitel! Vielen Dank für die neuen Favoriten, ich habe gar nicht damit gerechnet, dass sich gleich am Anfang nach der langen Pause wieder so viele Leser finden.
Viel Spaß beim Lesen ^-^
lg Shinoito Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Dieses Kapitel hat jetzt doch etwas länger gedauert, als ich gedacht habe. Aber ich hoffe, dass euch auch dieses wieder
gefällt! Ich selbst weiß nicht recht, was ich davon halten soll. So ganz zufrieden bin ich ehrlich gesagt nicht damit...
Aber lest selbst! ^^
lg Shinoito Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Jaaa, ich habe es auch wieder zurückgeschafft!
Aber zuerst einmal wünsche ich euch allen ein gutes neues Jahr! (Auch wenn man das laut meiner Lehrerin jetzt nicht mehr sagen sollte xD)
Aber zurück zur FF! Um ehrlich zu sein, habe ich mich lange etwas vor dem Schreiben gedrückt als ich mich dann doch darangesetzt und das Kapitel geschrieben habe, hatte ich keine Lust mehr, es zu überarbeiten (schlussendlich habe ich dann doch noch einmal fast alles neu geschrieben...) Das war bei weitestem die schwierigste (!) Stelle zum Schreiben in dieser FF (bis jetzt jedenfalls)! <_<
Trotzdem hoffe ich, dass euch das Kapitel gefällt und Sorry nochmal dafür, dass es so lange gedauert hat! (immerhin ist es länger geworden als die anderen xDD)

Bis zum nächsten Kapitel! ^-^/ (wird wohl wieder etwas dauern .-.) Komplett anzeigen

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Prolog

Ein leichtes Rascheln ließ mich zusammenfahren. Meine Hände begannen zu zittern, mein Atem schneller zu gehen. Ängstlich drückte ich mich noch enger an die Mülltonne und wagte nicht, darüber zu spähen.

Nun konnte ich seine Schritte ganz deutlich hören, die näher zu kommen schienen. Hatte er mich etwa entdeckt?

„Ich weiß dass du da bist!“, rief der Mann und seine Stimme klang bedrohlich.

„Ich kann dich auch jetzt gleich erschießen, wenn du das lieber möchtest. Ansonsten, zeig dich!“

Nur zu gut konnte ich mich an die gefährliche Waffe erinnern, welche ich kurz hervor hatte blitzen sehen, als ich vor ihm weggerannt war. Ich zweifelte keine Sekunde daran, dass er es wirklich getan hätte.

Langsam stand ich also auf und machte dadurch auf mich aufmerksam.

„Na bitte, geht doch“, nickte der Mann zufrieden, ohne dabei die Waffe, die er in der Hand hielt, sinken zu lassen.

„Allerdings hätte ich gerne auf dich geschossen. Schade nur, dass der Boss dich lebend will!“

Der fensterlose Raum

Als ich wieder zu mir kam, waren meine Beine und Hände an einen Stuhl gefesselt.

Ich konnte mich weder bewegen, geschweige dann irgendwie aus dieser Situation abhauen.

Ich wusste nicht einmal, wo ich hier war und wieso überhaupt.

Soweit mir bekannt war, war ich ein unschuldiger siebzehnjähriger Junge, der brav zur Schule ging, seine Hausaufgaben immer machte und eine eigentlich recht normale Familie hatte. Ich hatte nie etwas mit zwielichtigen Typen zu tun gehabt und außer Rauchen und Schule schwänzen hatte ich sonst eigentlich auch nie etwas Verbotenes gemacht.

Und nun sass ich gefesselt in einem dunklen Raum, welcher kalt und unfreundlich wirkte und nicht einmal ein Fenster hatte.

Fensterlose Räume waren der Horror für mich. Ich bekam dann immer das Gefühl, nicht mehr richtig atmen zu können. Dies hatte zur Folge, dass ich austickte und beinahe kollabierte. So auch jetzt. Unkontrolliert begann ich zu zucken und fing an, mit all meinen Kräften gegen die Ketten, die mich an den Stuhl gefesselt hielten, anzukämpfen. Mein Atem raste, wobei es schließlich so weit ging, dass ich nicht mehr aufhören konnte, nach Luft zu schnappen und zu hyperventilieren begann.

Plötzlich aber, wurde die Tür, die ich erst jetzt entdeckte, aufgerissen und ein blonder Mann mit einem seltsamen Band über seiner Nase, stürmte hinein.

In seiner einen Hand trug er eine volle Plastiktüte, in der anderen eine Pistole, die er nun auf mich richtete.

„Gib Ruhe“, brüllte er mich an.

Doch auch dadurch konnte ich nicht aufhören, panisch nach Luft zu schnappen.

„Reita was zur Hölle machst du hier?“, ein Mann mit schwarzen Haaren und einem Piercing hatte den Raum nun ebenfalls betreten. Sofort blieb sein Blick an mir hängen.

„Was zur-“, einen kurzen Moment starrte er auf die sich ihm bietende Situation, ehe er auf mich zu hastete, blitzschnell einen Schlüssel aus seiner Hosentasche kramte und die Ketten schließlich löste, indem er das Schloss öffnete.

„Steh nicht so rum“, herrschte er „Reita“ an, wie er den Blonden genannt hatte. Danach packte er mich und zerrte mich auf den Boden, sodass ich auf dem Rücken lag und noch immer dem Ersticken nahe war.

„Was soll ich denn machen?“, antwortete Reita, seine Stimme klang etwas panisch.

„Gib mir den Plastiksack!“

Nur am Rande nahm ich wahr, wie der Schwarzhaarige Reita den Plastiksack aus der Hand riss, die Sachen darin neben sich ausschüttete und ihn mir dann über den Kopf stülpte. Gleichzeitig legte er eine Hand auf die Stelle, wo sich mein Herz befand.

„Aoi! Was machst du da?? Das waren unsere Einkäufe! Willst du dass er ganz erstickt?“

„Vergiss die Einkäufe. Ich weiß was ich mache Reita, vertrau mir“, antwortete Aoi ruhig.

Durch seine Aktion spürte ich, wie ich langsam wieder Kontrolle über meinen Atem erlangte und ruhiger wurde. Ganze fünf Minuten später lag ich einfach nur noch still da, die Zuckungen und Atemprobleme hatten sich verflüchtigt.

„Es hat geholfen“, hörte ich Reitas ungläubige Stimme.

„Sage ich doch. Wenn jemand hyperventiliert, muss man ihn beruhigen und dafür sorgen, dass er sein eigene Atemluft wieder ein- und ausatmet. Mit einem Plastiksack geht das ganz gut“

„Woher weisst du das wieder?“

„Ich habe schon mehrmals selbst hyperventiliert und kenne dieses Problem“

„Das wusste ich gar nicht“

„Egal. Die Frage ist nun, warum der Kleine hyperventiliert hat…Oft sind Angst und Panik die Auslöser“, erklärte Aoi.

Anscheinend hatte er wirklich Ahnung davon…

Ich spürte, wie er nun die Hand von meinem Herzen nahm und kurz darauf auch der Plastiksack über meinem Kopf verschwand.

„Reita, sag Uruha, dass alles okay ist, ja? Ich werde mich um ihn kümmern“, sagte Aoi, worauf dieser nickte und verschwand.

Im Halbdunklen starrte ich den fremden Mann an, der sich bei seiner vorigen Aktion neben mich gekniet hatte. Wie alt war er wohl? Zwanzig? Oder noch etwas älter?

„Wie heißt du?“, fragte er mich und unterbrach dabei meine Gedanken.

„Takanori“, erklärte ich schließlich etwas zögerlich „Matsumoto Takanori“

„Shiroyama Yuu. Oder auch Aoi, wie ich hauptsächlich genannt werde“, stellte sich nun auch Aoi vor, ehe er fragte: „Hast du das öfters?“ und dabei das Hyperventilieren meinte.

„Ab und zu“, erklärte ich leise.

„Ich nehme mal an, du bist ziemlich eingeschüchtert, was?“

Ich hatte keine Zeit ihm darauf zu antworten, da die Tür erneut aufgerissen wurde.

„Du sollst ihn wieder anketten, Anweisung vom Boss“, rief Reita Aoi zu.

Zu meiner Überraschung aber schüttelte dieser nur der Kopf. „Das werde ich nicht tun“, meinte er „Er wird nicht hier bleiben, jedenfalls nicht in diesem Raum. Wenn es sein muss, nehme ich ihn zu mir!“

„Das kannst du nicht einfach tun“, sagte Reita entsetzt. Anscheinend spielte er immer etwas den Coolen, wurde aber doch recht schnell hysterisch, wenn etwas nicht so lief, wie er es sich vorgestellt hatte.

„Ich werde das mit Uruha regeln! Aber zuerst möchte ich Takanori auf mein Zimmer bringen“

„Wenn du meinst. Aber wenn du bestraft wirst, musst du dich nachher nicht bei mir beschweren“, gab Reita nach und seine Stimme klang nun wieder gefasst.

„Hab ich das jemals getan? Du bist es doch immer, der sich hinter Uruhas Rücken über ihn aufregt, oder nicht? Jedenfalls, lass mich nur machen“, lächelte Aoi.

Grummelnd verließ Reita den Raum, ehe ich erneut mit Aoi alleine war. Dieser machte sich nun daran, die drei Spaghettipackungen, vier Tomaten-Sugo-Büchsen und zwei Flaschen Säfte, die er anscheinend vorhin aus dem Plastiksack geworfen hatte, wieder in diesen zurückzubefördern. Danach stand er auf und hielt mir die Hand hin.

„Komm, steh auf, wir haben nicht allzu lange Zeit“, meinte er etwas ungeduldig.

Zögerlich griff ich nach seiner Hand, worauf er mich auf meine Beine zog.

Kaum stand ich, verließ er auch schon den Raum. Ohne lang nachzudenken folgte ich ihm, da ich nicht mehr alleine zurückbleiben wollte.

Uruhas Anwesen

Ein langer Korridor aus dunkelgrauem Stein führte zu einer Metalltür, welche Aoi nun aufschloss. Wir befanden uns nun in einem Raum mit sechs Türen. Ohne die anderen zu beachten, öffnete Aoi eine davon – natürlich ebenfalls mit Schlüssel – und führte mich in einen riesigen Raum.

Vor Erstaunen blieb mir der Mund offen. Der Boden war reinster Marmor, die Wände voll von kleinen Verzierungen aus Gold, sowie geschmückt mit Bildern, die ziemlich teuer aussahen. Es hätte mich nicht gewundert, wenn hier noch diese teuren Statuen – die Dinger, die ich immer so hässlich fand – rumgestanden hätten. Doch die Halle war bis auf drei Sofas in einer Ecke und einer riesigen Treppe, ebenfalls aus Marmor, leer.

„Da müssen wir rauf“, erklärte Aoi und deutete auf die Treppe.

Jeder unser einzelnen Schritte waren zu hören, als wir die Halle durchquerten.

Das Ganze war mir etwas unheimlich und ich war froh, dass ich wenigstens nicht ganz alleine war. Aoi wirkte auf mich irgendwie doch recht vertrauenswürdig, auch wenn ich ihn gerade mal eine halbe Stunde kannte. Aber in manchen Menschen konnte man sich auch täuschen, deswegen nahm ich mir vor, doch eher vorsichtig zu sein.

Der erste Stock war voller flauschiger, aber teurer, Teppichen, in denen man leicht versank, wenn man darauf trat. Auch dieser Stock war beinahe leer bis auf eine zweite Marmortreppe.

Im Gegensatz zum Erdgeschoss, welches kaum Türen, die in andere Räume führten, hatte, befanden sich hier dafür umso mehr.

„Der oberste Stock gehört dem Boss alleine.Wenn wir nicht ausdrücklich gerufen werden, ist dieser absolut tabu für uns“, erklärte mir Aoi, der meinen Blick vorher auf die Treppe bemerkt zu haben schien. „Mein Zimmer befindet sich in diesem Stock. Es ist nicht sonderlich groß aber ich denke, wir werden uns schon irgendwie arrangieren können!“

Dabei öffnete Aoi eines der Zimmer und machte eine Geste, die ich als „Eintreten“ interpretierte.

Anders als die edlen Hallen,war sein Zimmer eher einfach eingerichtet.

Die Wände waren weiß gestrichen, der Teppich auf dem alten Holzboden war hart und hatte die Farbe eines alten, verschmutzten Graus. Das Bett bestand aus einem Eisengestell, einer dünnen Matratze und drei Wolldecken. Es befanden sich auch noch ein Büchergestell mit ein paar wenigen Büchern darin im Zimmer, sowie ein beinahe leerer Schreibtisch und ein Kleiderschrank.

Ansonsten schien er nichts Persönliches in diesem Zimmer zu haben. Jedenfalls nichts, was auf den ersten Blick sichtbar war.

„Ich gehe noch was besprechen, ja? Könnte allerdings länger dauern. Leider muss ich dich währenddessen aber einschließen. Wenn du die Toilette suchst; das Bad ist gleich hier“, meinte Aoi und deutete dabei auf eine Tür zwischen Bett und Büchergestell. Ich nickte, trat dann aber ans Fenster, nachdem Aoi sein Zimmer verlassen und abgeschlossen hatte.

Von hier aus konnte man auf eine große Parkanlage mit einem Weiher, Hecken, Bäumen und Blumen blicken. Trotz, dass der Park unzählige Pflanzen beinhaltete, war er symmetrisch und alles perfekt zurück geschnitten. Dieser „Boss“,oder auch Uruha, von dem alle immer redeten, war bestimmt einer dieser Menschen, die alles perfekt haben mussten und bei jedem kleinsten Blatt, das in die falsche Richtung schaute, meckerten.Obwohl sonderlich angetan von solchen Menschen war, musste ich zugeben, dass der Park wunderschön war. Wie gerne hätte ich mich jetzt unter einer dieser Bäume gesetzt und die Sonnenstrahlen auf mein Gesicht fallen lassen. Aber sogar zum Öffnen dieser Fenster brauchte man einen Schlüssel. Und auch wenn man diesen besaß, brachte einem das nicht viel weiter; dicke Eisenstäbe verhinderten das Ausbrechen.

War ich hier in einem Gefängnis oder was?

Wovor hatte dieser Uruha nur Angst? Musste er etwa befürchten, dass ihm seine eigenen Arbeiter, Angestellten oder was auch immer, abhauten? Aber das grenzte ja schon an Sklaverei!

Betrübt ließ ich mich auf Aois Bett sinken und dachte an meine Familie. Bestimmt machten sie sich Sorgen. Vielleicht suchte die Polizei ja auch bereits nach mir. Ob sie dafür auch Hausdurchsuchungen machten?

Es erschienen mir Stunden, bis Aoi wieder auftauchte. Er wirkte müde, lächelte aber, als er mich auf dem Bett sitzen sah.

„Du wirst nicht in das Verlies zurückmüssen!“, erklärte er „Allerdings habe ich die Anweisung bekommen, dich nachts in das Bad zu schließen!“

„Wie bitte?“, fragte ich entsetzt und meinte mich verhört zu haben. „Wer denkt sich sowas denn bitte aus??“

Aoi zog eine gequälte Grimasse. „Uruha“, erklärte er.

„Wer ist dieser Uruha eigentlich?“

„Unser Boss!“

„Darauf bin ich auch schon gekommen“, grummelte ich „Wovon der Boss? Was arbeitet ihr?“

„Keine Angst, ich werde dich schon nicht im Bad schlafen lassen“, meinte Aoi.

Verwirrt blickte ich ihn an. Ich hatte ihn doch gerade etwas ganz anderes gefragt und er hatte meine Frage einfach ignoriert… Vielleicht waren sie ja eine Organisation, die aus Dieben bestand… Aber dann wäre doch so ein luxuriöses Anwesen zu auffällig gewesen, oder etwa nicht??

„Du müsstest dich allerdings mit dem Boden begnügen“, redete Aoi weiter.

Unsere Blicke fielen gleichzeitig auf den grauen Teppichboden. Sonderlich bequem sah er nicht aus, aber immerhin besser als die kalten, harten Fliesen im Bad.

„Das ist okay für mich“, nickte ich.

„Ich habe es sogar geschafft, Reita eine Wolldecke abzuluchsen. Und zwei kannst du von mir haben!“, meinte Aoi und begann in seinem Bett zu wühlen, ehe er zwei Wolldecken hervor zog.

„Reicht dir eine?“, fragte ich ihn schüchtern. Es war mir gar nicht recht, dass er wegen mir solchen Umstände machen musste und nun auch nur noch eine Wolldecke für sich alleine hatte.

„Du wirst sicher zwei als Matratze benützen müssen, um etwas weicher zu liegen und die andere als Decke. Ich denke das ist fair“, antwortete Aoi, während er sein Bett wieder einigermaßen herrichtete.

„Danke“, meinte ich leise und sah ihm dabei etwas unschlüssig zu. Schließlich hielt er kurz inne und drehte den Kopf zu mir. „Komm, mach schon. Wir haben noch was anderes zu tun!“

„W-Was?“, fragte ich nach, da ich einen kurzen Moment nicht wusste, was er von mir verlangte.

„Richte dir dein Bett ein!“, befahl er mit genervter Stimme. Hastig nickte ich und begann die einen zwei Wolldecken zu falten und auf den Boden zu legen, ehe ich die dritte schließlich auf den anderen zweien ausbreitete. Zufrieden betrachtete ich mein Werk, doch Aoi hatte es anscheinend wirklich eilig. „Bist du fertig? Dann komm!“

Er zerrte mich aus dem Zimmer in die große Halle des ersten Stockes. Sofort roch ich den Geruch von Reis und Entenbraten, wobei mir das Wasser im Munde zusammenlief. „Gibt es Essen?“, fragte ich hoffnungsvoll, da sich nun auch mein Magen meldete. „Das was du riechst ist nicht für uns bestimmt“, erklärte Aoi, während er mich zwei Räume weiter zerrte „Das ist Uruhas Essen. Wir müssen selber für uns schauen. Kannst du kochen?“

Der Raum, in den er mich nun führte war eine Küche mit einem Esstisch, welcher am Fenster stand.

Ich schüttelte auf seine Frage hin den Kopf. Wie auch, wenn man eine Mutter hatte, die einen immer mit Liebe bekocht hatte? Die Vorstellung, dies vielleicht nie mehr erleben zu können, war schmerzhaft für mich.

„Ich kann auch nicht kochen“, gab Aoi zu „Aber ich denke, Pasta werden wir schon irgendwie schaffen!“ Dabei deutete er auf den Plastiksack, mit dem ich heute schon hatte Bekanntschaft machen müssen.

„Pack schon mal das Zeug aus, ja?“, bat er mich, worauf ich nickte und es auch gleich tat.

„Wo ist Reita? Isst er auch mit?“, fragte ich währenddessen.

„Natürlich. Allerdings ist er momentan noch bei der Arbeit. Wir wechseln uns täglich ab mit kochen“, erklärte Aoi.

„Was arbeitet er?“, wollte ich sofort wissen.

„Stell nicht so viele Fragen“, schnauzte Aoi mich an, worauf ich zusammenzuckte.

„Ich würde sagen, du kochst die Spaghetti und ich die Sauce. Fang schon mal an, die Spaghetti für vier Personen abzuwägen“, ordnete er mich an, seine Stimme klang nun bereits wieder etwas milder.

„Für vier? Isst noch jemand mit?“

„Mann, bist du neugierig! Aber wenn du es unbedingt wissen willst, ja, Kai. Und bevor du noch weiter fragst, er arbeitet ebenfalls für Uruha, lebt aber nicht hier und nein ich sage dir nicht, was wir arbeiten“

Etwas überrumpelt starrte ich ihn an. Für diese kurze Zeit, in der wir uns schon kannten, hatte er mich aber schon recht gut durchschaut.

„Du musst für jede Person etwa neunzig Gramm rechnen, das heißt, vier mal neunzig gibt…gibt…“, angestrengt dachte er nach.

„360 Gramm“, half ich ihm nach.

„Ah ja? Wieso kannst du das so schnell?“, wollte er wissen, worauf ich mir ein Lachen verkneifen musste. „Ich gehe nicht umsonst täglich zur Schule, ich meine, ich BIN nicht umsonst täglich gegangen“, meinte ich, das „bin“ besonders betonend.

„Ich habe knapp Plus Minus rechnen gelernt und einfache Multiplikationen und Divisionen aber mehr nicht“, erklärte Aoi, meine Betonung ignorierend.

Mit großen Augen sah ich ihn an. „Nur das? Was ist das denn für eine seltsame Schule?!“

Nun sah Aoi so aus, als hätte er besser nichts gesagt. „Eine spezielle eben“, wich er aus „Wäg jetzt endlich diese verdammten Spaghetti ab. Ich will heute noch essen!“

Ich nickte gehorsam und befolgte seine Anweisungen, ohne ein weiteres Wort mehr zu sagen. Aoi währenddessen war vollständig auf seine Arbeit konzentriert, sprich die Tomatensauce, oder jedenfalls, tat er so. Als die Spaghetti schließlich am kochen waren, wies er mich in einem knappen Satz an, den Tisch zu decken.

Gerade als ich damit fertig geworden war, platze Reita hinein. „Schon wieder Spaghetti? Die wollte ich doch morgen machen“, beschwerte er sich und setzte sich bereits an den Tisch.

„Unser Grundnahrungsmittel“, meinte Aoi grinsend zu mir „Wir essen selten was anderes“

Reita grummelte. „Die Dinger hängen mir zum Hals raus. Und mein Arbeitstag war auch ziemlich ärgerlich. Uruha hat-“, er stoppte, als Aoi ihm einen warnenden Blick zuwarf.

„Wo ist eigentlich Kai?“, fragte er stattdessen und wechselte damit abrupt das Thema. „Ist er schon hier?“ „Woher soll ich das wissen?“, gab Aoi zurück „Aber wir warten nicht auf ihn, die Sauce ist jetzt nämlich fertig!“

„Und ich bin hungrig“, ergänzte Reita.

Ich half Aoi unsere Teller zu füllen, indem ich die Spaghetti mit Geschick in die Teller beförderte und er die Sauce darauf kippte. Danach setzten auch wir uns an den Tisch.

Währenddessen hatte eine weitere Person die Küche, beinahe lautlos, betreten.

Erst als sie sich mit einem Teller Spaghetti ebenfalls zu uns setzte, bemerkte ich sie.

Sprachlos starrte ich sie an.

Yutaka

Vor Erstaunen öffnete ich meinen Mund, als ich die Person erkannte.

„Yutaka!“ rief ich fassungslos.

Was zur Hölle machte mein Bruder hier? Mein geliebter, großer Bruder, der vor zwei Jahren spurlos verschwunden war?!

„Ihr kennt euch?“, fragte Aoi und hob dabei eine Augenbraue.

Yutaka, oder auch Kai, wie die anderen ihn nannten, schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, ich weiß zwar nicht, woher du meinen Namen kennst, aber ich habe dich noch nie gesehen!“, sagte er kühl und setzte sich mit einer Portion Spaghetti zu uns an den Tisch.

„Aber ich bin es doch, Taka, dein kleiner Bruder“, widersprach ich verzweifelt. Ich erkannte doch wohl noch meinen eigenen Bruder!

Verwirrt sah Aoi zwischen Kai und mir hin und her.

„Du hast gar nie erzählt, dass du einen kleinen Bruder hast“, meinte er. „Ich habe auch keinen kleinen Bruder, verdammt noch mal!“, zischte Kai.

„Also ich fang jetzt mit dem Essen an. Ihr könnt gerne woanders diskutieren“, mischte sich nun Reita ein und griff zu seinen Stäbchen. Ohne mich weiterhin zu beachten, tat es Kai ihm nach. Verwirrt musterte Aoi mich noch immer, sein Essen hatte er anscheinend ganz vergessen.

Ich hingegen, senkte den Kopf und fing nun ebenfalls mit dem Essen an.

Was war nur mit Kai geschehen? Wir waren immer unzertrennlich gewesen. Es machte mir Angst, dass er sich so seltsam benahm. Für einen kurzen Moment war er hier mein Lichtblick gewesen. Dann hätte ich endlich jemanden gehabt,dem ich wirklich vertrauen hätte können... Kai war immer eine warmherzige, offene Person gewesen und nicht so… kalt. Hatten sie ihm eine Gehirnwäsche verpasst? Oder hatte er etwa Angst, Ärger mit Uruha zu kriegen?

Es war Kai, der den Tisch als erstes wieder verließ, ohne dabei ein Wort zu verlieren. Die anderen zwei drehten sich nicht einmal nach ihm um, als er ging. Nur ich blickte meinem Bruder lange hinterher.

„Was geht hier eigentlich vor?“, platze es schließlich ein paar Minuten später aus mir heraus, nachdem ich nur noch alleine mit Reita und Aoi war.

„Wo bin ich? Und warum? Was hat dieser Uruha vor? Warum dürft ihr keine Fragen beantworten? Und warum ist Kai hier?“ Alles Fragen, die mir brennend auf der Zunge lagen.

Keiner der beiden antwortete mir, was das Fass zum überlaufen brachte. Außer Kontrolle sprang ich auf und schlug mit der Faust auf den Tisch. „Ich will jetzt endlich eine Antwort!“, schrie ich die beiden an.

Erschrocken, über meinen Wutausbruch, setzte ich mich schnell wieder.

„Pass auf was du sagst und machst Junge!“, knurrte Reita „Oder ich klatsch dir eine!“

„Nun mal langsam, eigentlich sind dies berechtigte Fragen, Reita“, mischte sich Aoi nun ein.

„Es geht diesen Wurm nichts an! Und das weißt du genauso gut! Warum verteidigst du ihn dann? Ich wünschte, ich hätte ihn wirklich erschossen!“, regte Reita sich auf „Aber nein, der liebe Uruha und seine scheiß Pläne!“

„Sei still“, zischte Aoi „Wenn er das hört, hast du wirklich ein Problem an der Backe!“

Eingeschüchtert starrte ich auf den Boden und wagte es nicht mehr, die beiden anzusehen.

Was ging hier nur vor sich? Dieser Uruha musste wirklich furchteinflössend sein, wenn die anderen so von ihm redeten.

„Komm Taka, ich bring dich auf mein Zimmer“, wandte sich Aoi schließlich an mich und stand auf.

„Lässt du den Armen wirklich auf dem Boden schlafen?“, spottete Reita und erntete dabei einen bösen Blick von Aoi.

„Nun komm schon endlich. Oder muss man dir alles zweimal sagen?“, meinte dieser zu mir. Hastig schüttelte ich den Kopf und stand nun ebenfalls auf.

„Ich schlage dir vor, dass du jetzt erst mal eine Runde pennst. Du siehst völlig fertig aus“, meinte Aoi, in seinem Zimmer angekommen. „Allerdings muss ich dich wieder einsperren. Ich habe heute Spätschicht und werde erst mitten in der Nacht wieder zurückkommen!“

Ich zuckte mit den Schultern. Wahrscheinlich wäre ich eh zu müde gewesen, um jetzt noch eine große Fluchtaktion zu starten.

Etwas musste ich allerdings noch dringend von ihm wissen:„Weißt du wie viel Uhr wir haben?“, fragte ich ihn, bevor er das Zimmer wieder verließ.

„Ungefähr zwanzig Uhr. Wieso, ist das wichtig?“, antwortete Aoi.

„Ich hasse das Gefühl, kein Zeitgefühl zu haben“, erklärte ich leise.

__

Es war gerade mal so hell, dass ich die Umrisse des Zimmers erkennen konnte, als ich erwachte.

Jemand hatte über Nacht die Vorhänge zugezogen, Vorhänge, deren Farbe mich unangenehm an die des Teppichs erinnerte.

Langsam setzte ich mich auf und streckte mich ausgiebig. Mein Rücken schmerzte, doch davon nahm ich gerade keine Notiz. Etwas ganz anderes hatte meine Interesse geweckt; Aois Kleider, die er achtlos auf das Ende des Bettes geworfen hatte. Mit einem kurzen Blick auf das Bett, mehr als ein schwarzer Haarschopf Aois war nicht zu sehen, stellte ich sicher, dass er sich noch immer im Land der Träume befand. Danach kroch ich so leise es ging zu seinen Kleidern und durchsuchte die Taschen seiner Hosen. Ein feines Lächeln legte sich auf meine Lippen, als ich etwas Metallenes spürte; die Schlüssel, die mich hier rausbringen konnten. Noch einmal wagte ich einen Blick zu Aoi, welcher noch immer gleichmäßig atmete.

Lautlos stand ich also auf, den Schlüsselbund sicher in meiner linken Faust.

Erst, als ich schließlich vor der Tür stand, besah ich ihn mir genauer. Neun Schlüssel befanden sich daran. Himmel, wozu brauchte ein Mensch nur so viele?? Das erschwerte es mir natürlich um einiges. Je nachdem musste ich jeden einzelnen ausprobieren, was mich Unmengen an Zeit kostete.

Doch zu meinem Glück war bereits der vierte Schlüssel der Richtige und beinahe lautlos drehte ich ihn im Schloss um, dabei schlug mein Herz schneller, sei es aus Freude oder auch Aufregung. Doch gerade, als ich die Türklinke hinunterdrücken wollte, erklang eine Stimme hinter mir:

„Das funktioniert nicht, vergiss es!“

Vor Schreck ließ ich den Schlüsselbund fallen, ehe ich mich zu Aoi, welcher mich, auf seine Ellbogen gestützt, beobachtet hatte, umdrehte und ihn mit großen Augen fixierte.

„Meinetwegen kannst du es gerne probieren“, meinte er und deutete zur Tür.

Ohne lange nachzudenken, drehte ich mich wieder zur Tür um und drückte nun die Türklinke hinunter. Doch wie Aoi vorausgesagt hatte, ließ sie sich nicht öffnen. Verzweifelt begann ich an ihr zu rütteln, in der Hoffnung, sie hätte sich doch noch irgendwie geöffnet.

„Hör auf, das bringt doch nichts“, meinte Aoi, nun direkt hinter mir und zerrte mich sanft aber bestimmt von der Türe weg. Mit einem Gemisch aus Enttäuschung, Verzweiflung und Wut begann ich, mich gegen ihn zu stemmen und blind auf ihn einzuschlagen. Doch blitzschnell hielt er mich mit einem eisernen Griff fest und zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass er auch ganz anders konnte, wenn er wollte. Nur hatte ich zu dieser Zeit noch keine Ahnung, wie richtig ich damit lag.

„Lass mich los!“, schrie ich ihn an, blitzschnell jedoch, presste er mir die Hand auf den Mund. Ich versuchte alles; Beißen, Kratzen, was mir sonst noch so einfiel, doch er ließ mich keine Sekunde los. Erst, als ich mich langsam beruhigt hatte, öffnete er seinen Griff.

„Was sollte das?“, wütend funkelte ich ihn an.

„Das das klar ist, in diesem Zimmer bin ich noch immer der Boss und nicht du, Kleiner. Du kannst froh sein, dass ich mir die Mühe mache, auf dich aufzupassen. Wer weiß ob du sonst immer noch in diesem Verlies wärst! Und ich war es nicht, der auf die Idee gekommen ist, jede Nacht den Riegel von außen zu schieben!“, erklärte Aoi. Seine Stimme war ruhig, doch ein Unterton in seiner Stimme machte klar, dass ich nun vorsichtig sein musste.

„Uruha?“, fragte ich nur und er nickte.

Schon wieder dieser Mann. Alle redeten von ihm und ich hatte ihn noch immer nicht zu Gesicht bekommen. Eigentlich konnte ich ja froh sein, ich wollte gar nicht wissen, wer dieser Mensch war. Mittlerweile hatte ich sogar ein Monster vor Augen, wenn ich ihn mir so vorstellte.

„Darf ich trotzdem noch eine Frage stellen?“, fragte ich nun vorsichtig.

„Stell sie, dann werde ich es mir überlegen“, knurrte Aoi.

„Ich will wissen, warum Uruha die Tür von seinen eigenen Arbeitern abschließt…“

„Willst du das wirklich wissen?“

„Auf jeden Fall!“

„Dann versprich mir, weder Reita, noch Kai und schon gar nicht Uruha was davon zu sagen, ja? “

„Natürlich. Sehe ich etwa so aus??“, entrüstete ich mich. Aoi zuckte daraufhin mit den Schultern.

„Man kann ja nie wissen“, kam die Antwort.

"Ich habe dir nichts gesagt, klar?"

„Okay. Aber kann ich die Frage jetzt beantwortet haben?“, bettelte ich.

„Ich kenne keinen Mensch, der so neugierig ist wie du“, Aoi lächelte leicht, wurde dann aber wieder ernst.

„Uruha hat Angst, dass wir abends abhauen könnten oder so. Deshalb schließt er auch immer die Tür von außen ab. Abhauen ist uns strengstens verboten und es ist auch ziemlich riskant. Zu neunzig Prozent findet er den Flüchtling wieder und erschießt ihn dann...“, er machte einen kleine Pause, ehe seine Stimme beinahe zu einem Flüstern wurde.

„Reitas großer Bruder und auch meiner haben diesen Weg gewählt!“

Erschrocken riss ich die Augen auf. Uruha hatte es wirklich getan? Er hatte die beiden kaltherzig erschossen?

„Das- Das ist ja schrecklich“, stammelte ich „Es tut mir so leid…ich wollte dich nicht-“

„Schon okay, Taka“, Aoi lächelte traurig „Sie waren sich den Konsequenzen durchaus bewusst. Sie haben sogar schon ziemlich sicher gewusst, dass dies kommen würde…“

„Aber warum haben sie dann…“

„Sie waren verzweifelt, verstehst du das nicht?“

„I-Ich weiß nicht recht was denken…“, flüsterte ich.

„Verdammt, ich hätte dir doch besser nichts gesagt“, murmelte Aoi „So wie ich dich kenne, wird es dir keine Ruhe lassen und das wollte ich nicht“

„Es macht mir Angst! Ich weiß überhaupt nicht, was Uruha mit mir vorhat. Will er, dass ich für ihn arbeite? Aber ich bin doch noch nicht mal achtzehn!“

Traurig schüttelte Aoi den Kopf.

„Ich wünschte, ich könnte dir das alles ersparen… Nur weiß ich nicht wie…“

Wir schwiegen beide einen kurzen Moment.

Schließlich seufzte er: „Willst du zuerst in die Dusche oder soll ich?“

„Geh du zuerst, du bist der Chef“, antwortete ich, worauf mir Aoi einen Blick zuwarf, den ich nicht recht zu deuten wusste.

„Na gut“, nickte er „Ich dachte nur, vielleicht möchtest du zuerst, aber als erster duschen ist mir immer recht“ und mit diesen Worten verschwand er ins Bad. Ich währenddessen kroch zurück in mein Bett.

Kaum zwei Sekunden eingeschlafen, jedenfalls hatte ich dieses Gefühl, rüttelte mich auch schon wieder jemand. Aoi, fertig angezogen, stand vor mir und grinste auf mich herab.

„Bist wohl ein Morgenmuffel, was?“

„Wieso? Wie viel Uhr haben wir?“, brummte ich in die Decke hinein.

„5 Uhr 45“

„Du machst Witze!“, rief ich fassungslos. Warum zur Hölle hatte es Aoi nur so eilig?!

Als hätte er meine Gedanken gelesen, meinte er: „Uruha wird um sechs die Tür aufschließen. Ich gehe dann gleich immer kurz frühstücken und dann um halb sieben zur Arbeit“

„Wenn ich doch eh nicht mit darf, warum lässt du mich nicht weiterschlafen?“, beschwerte ich mich.

„Du WILLST erstens nicht mitkommen und zweitens, hat dich Uruha um halb sieben zu sich bestellt“

„ER?? H-Hat er dir gesagt, warum?“, ich spürte, wie alles Blut aus meinem Gesicht wich.

„Er wollte, soweit ich weiß, mit dir reden“, antwortete Aoi seelenruhig.

„Hab ich etwas Falsches getan? Werde ich jetzt bestraft?“, fragte ich ängstlich und Bilder von Streckbanken und Folterkammern, tauchten in meinen Gedanken auf.

„Wenn du nicht im dritten Stock herumgeschlichen bist, dann nicht“, meinte Aoi zu meiner Erleichterung. „Ich denke, er will dir mal zeigen, wer du vor dir hast!“

„Einen Tyrann“, antwortete ich.

„Sag das besser nicht laut, es ist immer irgendwie möglich, dass Uruha Wind davon kriegt. Manchmal wissen wir selber nicht mal, wie er das schafft…“

„Oh“, sagte ich nur. Ohren hatte er also auch noch überall…

„Komm, beeil dich, ich will noch Zeit haben, was anständiges zu essen!“
 

Abgesehen davon, dass Reita mörderisch schlechte Laune hatte, verlief das Frühstück eigentlich recht ruhig, doch mit jedem Bissen wurde ich nervöser.

„Tu einfach das was er sagt. Sag nicht mehr als du musst, aber zeige, dass du großen Respekt vor ihm hast“, riet Aoi mir, der es anscheinend bemerkt hatte. Ich nickte und versuchte mir seine Worte einzuprägen.

„Mach nicht so ein Gesicht. Ich wäre ja wirklich mitgekommen, wenn ich nicht arbeiten müsste!“, versuchte er mich etwas aufzuheitern.

„Uruha hat ausdrücklich nach ihm alleine verlangt und nicht nach dir“, grummelte Reita.

„Dann hätte ich eben vor dem Büro gewartet“, meinte Aoi „Aber da ich ja eben nicht da bi... Moment mal, aber DU! Kannst du das übernehmen?“

„Ich spiele doch nicht den Babysitter, nur weil du das Gefühl hast, Takanori rund um die Uhr bewachen zu müssen!“, brauste Reita auf und funkelte Aoi wütend an..

„Hab ich doch gar nicht“, widersprach dieser „Irgendwer muss doch schauen, dass Taka nachher-“

„Dass er sich nicht verirrt? Stimmt, jemand müsste ihn doch die Treppe hinunterbegleiten, selbst findet er den Weg ja nicht mehr!“

„Ich wollte sagen, dass er nachher nicht herumstreunt“, verdrehte Aoi die Augen.

„Sag ich doch, dass er sich nicht verirrt“

„Nein, verirren und herumstreunen ist nicht dasselbe!“

Fassungslos schüttelte Reita den Kopf, stand auf und verließ,ohne überhaupt auf Aoi einzugehen, die Küche.

Gerade noch konnte ich sein „Glückwunsch, jetzt bist du auch noch Mutter geworden“ verstehen.

Aoi wohl auch, da er knallrot im Gesicht wurde und Reita schließlich hinterher stürmte.

„Das nimmst du zurück“, hörte ich ihn noch rufen.

Ein neues Zuhause?

Einige Minuten später hörte ich Schritte. Wahrscheinlich Aoi, der zurückkam, um mir zu sagen, dass ich leider auf Reita verzichten musste, womit ich absolut kein Problem hatte. Doch zu meiner Überraschung war es dieser persönlich.

"Komm schon, ich habe nicht ewig Zeit", schnauzte er mich an.

"Wie?"

"Guck nicht so blöd! Verdammt, wie schafft es Aoi nur immer, mich rumzukriegen?!"

"Das frag ich mich auch", wäre es mir beinahe herausgerutscht, konnte mich allerdings gerade noch beherrschen.

"Na los, sonst kommst du noch zu spät und dann bin ich wieder schuld"

Ohne noch lange zu zögern, folgte ich Reita in den dritten Stock. Dieser zeigte Uruhas Reichtum erst recht. Weiche Teppiche, teuer aussehende Gemälde und nirgendwo ein Stäubchen.

Uruhas Büro selbst sah nicht anders aus. Unruhig sass ich auf einem der Stühle, während Reita draußen auf mich wartete.

Ich zitterte schon beinahe vor Aufregung, da ich endlich wissen wollte, wer Uruha jetzt nun wirklich war.

Schließlich entdeckte ich in der einen Ecke seines Büros eine Vitrine voller Pokale. Nun hielt mich nichts mehr auf dem Stuhl, ich musste sie einfach näher betrachten.

Anscheinend besaß oder hatte Uruha Pferde besessen, denn die Pokale waren alles erste bis dritte Plätze von Pferderennen. Ritt er womöglich selbst?

"Wie lange bin ich nicht mehr auf einem Pferd gesessen. Ja, das sind schöne Zeiten gewesen. Ich wünschte, ich hätte wieder Zeit zu reiten", sagte eine ruhige Stimme hinter mir und ich fuhr erschrocken herum.

Braune, lebhafte Augen funkelten mich an. Die dichten Wimpern und der schwarze Lidstrich, der sich perfekt an das Augenlid schmiegte, vollendeten das Bild traumhafter Augen.

Ein Lächeln umspielte Uruhas Mund.

"H-Haben Sie diese alle gewonnen?", fragte ich ihn, damit etwas gesagt war.

"Nein nein, Reiten ist nur ein kleines Hobby von mir. Ich habe zwei exzellente Jockeys unter Vertrag, die wirklich gute Arbeit leisten", erklärte er. Einen kurzen Moment betrachtete auch er die Pokale, ehe er sich wieder an mich wandte.

"Setz dich doch. Wie geht es dir hier?"

Was für eine bescheuerte Frage, wieso sollte es mir hier gut gehen, wenn ich doch entführt worden war?

Allerdings antwortete ich mit einem "Gut", wie man es auf so eine Frage auch erwartete.

Wir setzten uns gegenüber und er bot mir freundlich etwas zu trinken an.

Schließlich verzog sich sein Gesicht wieder zu einem breiten Lächeln. Er wäre mir wirklich sehr sympathisch gewesen, hätte ich nicht all das Schlechte über ihn gehört.

"Nun Takanori, so heißt du doch oder?, ich wette du hast tausende Fragen an mich. Oder vielleicht hast du sie auch schon Aoi oder Reita gestellt.

Ich nickte heftig, darauf hoffend, dass mir vielleicht endlich mal jemand anständig Antwort gab. Doch dass ich diese ausgerechnet von Uruha erhielt, überraschte mich dann doch.

"Einer der Grundregeln, die vor allem Aoi lange nicht beherrscht hat, ist: Stell keine Fragen", erklärte Uruha, womit er auf einen Schlag meine ganzen Hoffnungen zunichte machte.

"Die zweite lautet: Du hast mir zu gehorchen. Und je nachdem auch Aoi, Reita oder Kai, sollte ich es ihnen aufgetragen haben! Und um dieses Gespräch nicht unerträglich lang zu machen, gebe ich dir noch einen Tipp", sein Lächeln verschwand, seine Gesichtszüge wurden auf einen Schlag hart und seine Stimme leise und gefährlich: "Lüge nie vor mir, das wird hart bestraft. Und solltest du einmal versuchen, zu flüchten, werde ich dich mit dem Tod bestrafen. Glaub nie, dass ich dich nicht mehr finden werde, sollte es dir doch gelingen. Ich finde IMMER einen Weg, klar?"

"Klar", nickte ich eingeschüchtert.

"Gut, dann hätten wir das geklärt. Ach, du kannst mich übrigens Uruha nennen und mir auch 'Du' sagen, 'Sie' klingt so seltsam", erklärte er und zeigte erneut sein warmes Lächeln.

Wie ironisch. Zuerst erklärte er mir seine Spielregeln, drohte mir auch noch mit dem Tod und dann erst stellte er sich vor.

"Und, alles gut gelaufen?", fragte mich Reita draußen verdächtig freundlich.

"Ich glaube schon. Aber..."

"Aber?"

"Ach nichts", winkte ich schnell ab. Ich hielt es für eine bessere Idee, später mit Aoi darüber zu sprechen.

Den Rest des Tages war ich in Aois Zimmer eingesperrt. Ich hatte nichts, was ich tun konnte, also griff ich nach dem nächst besten Buch das ich fand; ein Liebesbuch. Las Aoi etwa Liebesbücher??

Wie sich nach zwei Stunden feststellen ließ, war das Buch eine kitschige Liebesgeschichte, in der sich das Paar alle fünf Minuten stritt, sich zwei Mal trennte und sich am Schluss wieder weinend vor Freude in den Armen hielt.

"Mann, wer liest sowas", fragte ich mich laut, obwohl ich es selbst gerade getan hatte.

Auch das nächste Buch, das ich aus dem Büchergestell herauspickte war eine Liebesgeschichte.

Neugierig sah ich mir auch die anderen Bücher an und musste feststellen, dass Aoi anscheinend einen Tick für Liebesbücher hatte. Unglaublich! Ich kannte keinen Mann, der sowas freiwillig las!

Gerade hatte ich es mir wieder auf dem Bett gemütlich gemacht, da hörte ich auch schon das Klicken der Türe. Erwartungsvoll sprang ich sofort auf, doch es war nicht wie erwartet Aoi, sondern-

"Reita", kam ein enttäuschter Kommentar von mir, was Reita dazu veranlasste, zu grinsen.

"Ich bin leider nicht Aoi, Schätzchen! Aber ich hoffe doch, du magst auch ohne ihn was essen und zerfällst nicht vor Sehnsucht"

"Deine Sprüche kannst du dir sparen", keifte ich und drückte mich an ihm vorbei.

"Ich hoffe, du hast wenigstens schon was gekocht?", fragte ich ihn etwas hoffnungsvoll.

"Erst so kurz hier und schon solche Sprüche?", schüttelte Reita den Kopf, lächelte jedoch leicht.

"Na hör mal, denkt ihr etwa, ich bin hier das heulende Mädchen?", provozierte ich ihn noch etwas weiter.

"Genau das denken wir. Aoi macht sich übrigens immer darüber lustig"

"Wirklich?", fragte ich entgeistert und fühlte mich leicht verraten.

"Du hättest deinen Gesichtsausdruck sehen sollen", prustete Reita "Natürlich hat er das nicht. Er sagt doch nichts Schlechtes über sein Nesthäkchen"

"Jetzt hör schon auf", widersprach ich und spürte, wie ich rot wurde

"Können wir jetzt endlich was essen gehen?"
 

Aoi war heute nicht zum Abendessen erschienen und ich hatte mich auch nicht getraut, nach ihm zu fragen. Sonst hätte Reita wieder irgendeinen dummen Spruch gebracht.

Stattdessen schlürften wir um die Wette Suppe, wobei ich mir gewaltig die Zunge verbrannte und Reita als Sieger hervorging. In der zweiten Runde verlor ich dafür nur knapp und auch Reita nickte anerkennend. "Du müssest mal Aoi sehen, der braucht dreimal so lang wie ich. Aber Uruha ist und bleibt der Beste darin"

"Hä? Uruha?", fragte ich ungläubig. Der und Suppen schlürfen?

"Ja. Er hat uns dieses Spiel sogar einmal gezeigt, als er gerade besonders gut gelaunt gewesen ist!"

Den Abwasch überließ mir großzügiger weise Reita, da er ja schon die aufwendigen Fertigsüppchen gekocht hatte. Gleich danach kehrte ich zurück zu Aois Zimmer, wobei ich feststellen musste, dass er noch immer fehlte. Irgendetwas machte mich nervös daran. Doch gleichzeitig wurde mir auch klar, wie fest ich mich bereits an Aoi gewöhnt hatte. Hatte Reita etwa doch Recht und ich war zum Nesthäkchen geworden? Schnell verdrängte ich diesen Gedanken und legte mich schlafen. Kaum eine Minute später war ich auch schon in einen tiefen Schlaf gefallen, der auch nicht davon unterbrochen wurde, als Aoi zurückkehrte.
 

Sanfte Sonnenstrahlen kitzelten mein Gesicht und veranlassten mich dazu, die Augen zu öffnen. Die Sonne schien wunderbar und ich fühlte mich so ausgeschlafen, wie noch lang nicht mehr.

Erst als ich mich langsam aufsetzte, wurde mir klar, dass mich niemand geweckt hatte. Weder Aoi, noch Reita oder sonst wer. Wie gestern war auch heute die Türe verschlossen und ich war erneut eingesperrt.

Mein Magen knurrte heftig und machte mir damit klar, dass ich auch keine Möglichkeiten hatte, etwas zu frühstücken. Na vielen Dank auch! Sperrten mich ein und vergaßen mich dann auch noch!

Mein Blick schweifte durch den Raum, wobei ich das Gesicht verzog, als ich beim Büchergestell angekommen war. Ich hatte die Nase eindeutig voll von Büchern. Die Frage, was ich nun machen sollte, wurde mir durch ein Klicken der Türe abgenommen.

"Ach, du bist wach", stellte Aoi lächelnd fest und betrat das Zimmer. Dabei balancierte er gleichzeitig zwei Teller in seinen Händen.

"Musst du nicht arbeiten?", fragte ich ihn, während ich die Teller gierig fixierte.

"Ich habe Mittagspause. Leider habe ich nicht gerade viel Zeit", antwortete er, während er sich zu mir auf den Boden setzte und mir einen Teller reichte.

"Danke", murmelte ich und griff nach den Stäbchen "Ich dachte schon, ich krieg heute nichts mehr zu essen"

"Keine Angst. Wir sorgen schon dafür, dass du nicht verhungerst, aber ich habe mir heute gedacht, ich lass dich erst Mal noch 'ne Runde schlafen und bringe ich dir dann später was...Aber zu was anderem: Ich habe gehört, dass das Gespräch mit Uruha gut verlaufen ist?"

"Ja, eigentlich schon. Nur... Irgendwie ist dieser Typ echt…seltsam", platzte es aus mir heraus, schon so lange hatte ich darauf gewartet, mit jemandem darüber zu sprechen.

"Wieso?", fragte Aoi mit hochgezogenen Augenbrauen.

"Im einen Moment wirkt er so freundlich und gutmütig und dann macht er plötzlich wieder auf Tyrann"

"Klar, da musst du immer aufpassen. Vertrau ihm nie, auch wenn er sein schönstes Lächeln auf hat", warnte Aoi mich.

"Was soll ich denn sonst machen?", wollte ich verzweifelt wissen "Ich muss ihm ja eigentlich vertrauen, sonst widersetze ich mich ihm!"

"Trotzdem! Lass dich nicht von ihm um den Finger wickeln, denn... dasselbe ist mir auch passiert und es nahm kein gutes Ende, das kann ich dir sagen!"

"Wie meinst du das? Was hat er gemacht?"

"Nicht wichtig", wich er mir aus "Komm zu mir, wenn du unsicher bist, ja, versprichst du mir das?"

Ich nickte "Versprochen"

"Gut. Ich muss jetzt leider wieder los"

"Schon okay. Aber Aoi?"

"Was?"

"Hast du noch was anderes da, als diese ewigen Liebesbücher'?"
 

Die Tage vergingen. Es war inzwischen keine Frage mehr, dass ich dies als mein neues Zuhause anerkennen musste. Die Vergleiche an mein altes Zuhause und meine Familie verschwanden immer mehr. Es wurde selbstverständlich, dass ich morgens von Aoi geweckt wurde, wir duschten und frühstückten und danach unserer Arbeit nachgingen. Reita hatte mir inzwischen einen Putzjob verschaffen, wofür ich ihm eigentlich wirklich dankbar war. Es war tausendmal besser als nur rumzusitzen. Meine Aufgabe war es nun täglich die Böden zu wischen, zu lüften, Uruhas Pokale zu polieren und die Fenster zu putzen. Nach der Arbeit aßen wir gemeinsam Abendessen und um uns gegenseitig abzulenken, alberten wir auch oft rum, wobei es meistens Aoi und ich waren und Reita nur selten seine weiche Seite zeigte.

Ja, man konnte schon fast sagen, dass die beiden nun meine neue Familie waren. Uruha und Kai zählte ich bewusst nicht mit, auch wenn letzerer mein Bruder war. Er hatte sein Verhalten mir gegenüber nicht verändert und das konnte ich einfach nicht akzeptieren.

Ich liebte es, wenn Aoi und ich uns abends Schauergeschichten erzählten. Vielleicht waren wir auch schon etwas zu alt dafür, doch das Gefühl, wenn einem eine Gänsehaut über den Rücken fuhr und man das Gefühl hatte, dass einem irgendetwas über den Arm strich, war einfach aufregend und himmlisch. Wir machten oft einen Wettbewerb daraus und versuchten uns gegenseitig damit zu übertrumpfen, wer das Schaurigste zu bieten hatte.

Ab und zu luden wir auch Reita dazu ein, doch er verdrückte sich meist mit einem verächtlichen "Kindsköpfe", was in Wirklichkeit einfach hieß, dass er zu schwache Nerven dafür hatte.

Irgendwie fing ich an, das Leben hier fast schon etwas schön zu finden. Klar, vermisste ich meine Familie, aber irgendwie hatte ich gelernt, aus der aktuellen Situation das Beste zu machen und so genoss ich die Zeit, die ich mit Aoi und Reita verbrachte, sehr

Eines Abends erzählte mir Reita dann, dass er Aoi schon lange nicht mehr so glücklich gesehen hatte, wie jetzt und auch er selbst fand, dass ich doch etwas frischen Wind reingebracht hatte.

Doch trotz all dem wussten wir alle drei, dass das einfach nicht das richtige Leben sein konnte.

Von Spinnen und Zeugnissen

Schon längst konnte ich nicht mehr sagen, welches Datum oder welchen Wochentag wir hatten.

Ich bekam höchstens noch das Wetter mit, aber auch nur, wenn ich durch das Fenster nach draußen sah.

Dort war ich seit der Entführung nicht mehr gewesen. Ich bettelte jedes Mal mitkommen zu dürfen, wenn Reita einkaufen ging, doch laut ihm war ich noch „zu klein dafür“.

Ich war aber kein Kleinkind mehr, welches sich zwischen den Einkaufsregalen verlief oder vor dem Süßigkeitenregal stehen blieb und solange nervte, bis es wenigstens einen Lolli bekam. Zugegeben, das hatte ich früher immer getan; mit vollem Erfolg!

Eines Abends teilte mir Reita mit: „Wir werden heute Abend ausgehen. Uruha hat uns eingeladen, stell keinen Scheiß an, klar?“

„Warum kann ich nicht mitkommen?“, wollte ich sofort wissen.

„Weil das nichts für dich ist. Du bist gerade mal 14“

„16“, korrigierte ich ihn verärgert „Ich darf also auch Alkohol trinken, falls das das Problem sein sollte“

„Dann eben 16“, verdrehte Reita die Augen „Aber die Bar ist erst ab 18“

„Könnt ihr mich nicht reinschmuggeln oder so?“

„Jetzt hör aber auf. Du bleibst hier und basta. Mann, wie ich diese nervigen Teenager hasse. Schon in diesem Alter geil nach Alkohol und Frauen“

„Das stimmt doch überhaupt nicht“, protestierte ich.

„Ach ja, stimmt. Du hast ja deinen Aoi“

„Ich bin schon vergeben. Ich habe eine Freundin“, rief ich, gerade als sich Aoi zu uns gesellte.

„Das hast du uns gar nicht erzählt“, meinte Reita interessiert.

„Ich muss ja auch nicht mein Privatleben vor euch ausbreiten, oder?“

„Die wirst du eh nicht mehr sehen. Die hat schon längst einen anderen“

„Der hat keine Freundin“, trug nun auch noch Kai seinen Senf dazu, der urplötzlich erschienen war. Normalerweise beteiligte er sich nie an unseren Gesprächen, wenn er überhaupt mal da war.

„Woher willst du das wissen?“, fragte ich ihn und merkte, wie mein Kopf heiß wurde. Kai hatte natürlich recht, ich hatte das nur erfunden, dass mich Reita endlich in Ruhe ließ.

„Weil- Weil ich es mir nicht vorstellen kann!“

„Ach ja?“, lachte ich „Für einen Fremden weißt du aber ziemlich viel über mich!“

Kais Augen verengten sich. „Das sieht man dir einfach an, das hat nichts mit Kennen zu tun“, widersprach er, ehe er auch schon wieder aus dem Raum eilte.

„Woher will er sowas schon wissen, wenn er nicht mein Bruder wäre?“, fragte ich die anderen zwei, welche mich etwas nachdenklich ansahen.

„Sei froh, dass du deinen Bruder noch hast“, brummelte Reita schließlich und verschwand ebenfalls aus dem Raum.

„Hast du wirklich eine Freundin oder war das erfunden?“, fragte Aoi, als wir nur noch zu zweit waren.

Ich schüttelte den Kopf, ehe ich kleinlaut antwortete: „Ich habe das nur gesagt, um mir nicht noch mehr von seinen Sprüchen anhören zu müssen!“

„Ach, das hätte auch so kein Ende genommen. Daran musst du dich einfach gewöhnen“, erklärte er mir.

„Kann ich heute Abend wirklich nicht mitkommen?“, wechselte ich das Thema.

„Uruha hat-“

„-es mir verboten? Natürlich. Uruha. Wie hätte es auch anders sein können!“

„Na na, pass auf, was du da sagst. Wir wollen ja nicht, dass du dafür bestraft werden musst. Hast du ihm diese Widerborstigkeit beigebracht, Aoi?“

Warum musste sich dieser Mann immer von hinten anschleichen?? Wie in Zeitlupe drehte ich mich zu einem lächelnden Uruha um.

„D-Das hab ich nicht von ihm“, antwortete ich, um Aoi nicht auch noch da hineinzuziehen.

In der Schule hatten wir uns früher immer gegenseitig die Schuld in die Schuhe geschoben, doch hier, wie mir klar geworden war, setzte man sich für die anderen ein und tat alles andere, als den anderen zu verraten, wobei ich die „Widerborstigkeit“, wie Uruha sie nannte, wirklich nicht von Aoi hatte.

„Wie auch immer. Verstehe ich das richtig; du würdest dich hier langweilen, wenn du nicht mitkommen könntest?“, fragte er mich.

Ich nickte heftig.

„Schön. Dann kannst du gleich mal den Keller aufräumen. Nimm was du noch behalten möchtest, den Rest kannst du wegschmeißen. Allerdings möchte ich dann noch kurz überprüfen, was du zu dir genommen hast, ja? Wenn du fertig bist, geh bitte auf dein Zimmer, aber erst wenn du fertig bist! Und glaub nicht, du könntest was anderes machen, während wir weg sind. Alles andere, abgesehen von dem Bad, ist abgeschlossen. Du kannst also nichts anderes tun als aufzuräumen. Ich werde es kontrollieren, wenn wir wieder zurück sind. Alles klar? Gut, freut mich“

Mit offenem Mund hatte ich Uruha zugehört. Während die anderen also feiern gingen, durfte ich arbeiten? Herzlichen Dank auch!

„Wo ist der Keller überhaupt?“, fragte ich Aoi, nachdem Uruha wieder gegangen war.

„Ich zeige ihn dir nachher, wenn du möchtest“, bot dieser mir an.
 

Der Keller befand sich auf der selben Ebene wie die Verließe und ich ahnte bereits Schlimmes.

Wortlos führte mich Aoi dahin und schloss die Tür auf.

„Warte hier, ich muss erst mal diesen verfluchten Lichtschalter finden“

„Soll ich dir helfen?“, bot ich ihm an.

„Bleib da wo du bist, wenn du nicht in eine Kiste mit Spinnen, oder was weiß ich, fallen willst"

„Du machst Witze?“, rief ich ihm mit schriller Stimme nach. Ich hoffte schwer für mich, dass er es wirklich nicht ernst gemeint hatte. Seiner Stimme an hatte es jedenfalls ziemlich glaubhaft geklungen.

„Tut mir leid für dich Taka, aber ich hoffe, du hast keine Hausstauballergie oder Spinnenphobie! Wo ist dieser verfluchte Lichtschalter??“

„N-nein nein. Ich fürchte mich nicht vor Spinnen“, antwortete ich, ich ekelte mich einfach vor ihnen.

„Ah, da ist der Schalter ja! Jetzt kannst du kommen! Aber pass auf, wo du hin trittst, der Boden ist ziemlich uneben!“

Mein Herz wäre beinahe stehen geblieben, hätte ich nicht gewusst, dass Aoi neben mir gestanden hätte. Am liebsten hätte ich mich gleich an ihm festgeklammert, allerdings war dieses Verhalten für einen Jungen in meinem Alter nun wirklich nicht mehr angebracht.

Das erste, was mir nämlich in das Auge gestochen war, war der Schädel eines Hirsches, welcher an der gegenüberliegenden Wand aufgehängt worden war. Daneben befand sich ein weiterer Schädel, allerdings konnte ich diesen nicht zuordnen.

Überall standen Kisten herum, gefüllt bis zum obersten Rand. Ein vollgestellter Tisch, umgefallene Stühle, Kommoden, dessen Schubladen herausgerissen und der Inhalt auf den Boden gekippt worden war, zerfetzte Bücher, verschmutze Tücher und alte Kleider, eine alte Sammlung aus Hüten und… ein Gestell mit einem Fuchsschwanz, einem zerlöcherten Pelzmantel und eine schwarze Federboa, dessen Federn alt und zerrupft aussahen.

„Das war noch nicht mal das Schlimmste, das kommt erst noch“, sagte Aoi zu mir und deutete auf die Kisten.

„Vielen Dank, dass du mich vorwarnst“, knirschte ich, da ich Uruha am liebsten an die Gurgel gesprungen wäre. Denn hier würde ich garantiert auf nichts stoßen, das es wert war, zu behalten.

Aoi schien es sichtlich schwer zu fallen, mich einfach hier zu lassen, doch er versuchte mich aufzumuntern, indem er zu mir sagte: „Weißt du, sich volllaufen lassen ist auch nicht gerade das Schönste der Welt. Das wirst du dann in zwei Jahren auch merken!“

Es brauchte etwas, bis ich mich dazu überwinden konnte, aufzuräumen.

Ich wagte mich zuerst an die herausgerissene Kommode, durchsuchte die Blätter hastig nach etwas Interessantem, ehe ich sie in den Abfallsack warf, welchen Aoi mir da gelassen hatte.

Gleich danach stellte ich die Stühle wieder auf und bannte mir einen Weg, sodass ich bequem zu den Kisten kam. Mein Herz klopfte stark, als ich eine alte, verstaubte Decke von der obersten Kiste wegnahm. Vorsichtig wagte ich einen Blick hinein, wofür ich mich auf die Zehenspitzen stellen musste. Erleichtert atmete ich auf, als ich in der Kiste irgendwelche uralten Bücher vorfand. Ich blätterte kurz in sie hinein, ehe ich entdeckte, dass eines davon Uruhas Zeugnis war. Interessiert durchblätterte ich es. Anscheinend war Uruha an einer Privatschule gewesen, wenn ich richtig gelesen hatte. Überraschend war das nicht. Bestimmt hatte er reiche Eltern gehabt, die ihm dann auch dieses Anwesen vererbt hatten…

Die Noten in den ersten Schuljahren zeigten, dass Uruha ein Musterschüler gewesen war. Doch in der Mittelschule und in der Oberschule wurden die Noten zunehmend schlechter. Studiert hatte er anscheinend nicht.

Mein Blick fiel auf krakelige Schriftzeichen weiter unten.

„Minimalistisch in Sachen Prüfungen und Hausaufgaben. Hält es für nicht nötig aufzupassen. Schlägt andere ohne Grund“, stand da. Anscheinend hatte ein Lehrer kurz ein paar Notizen über ihn hineingeschrieben.

Kaum zu glauben, dass dieses Zeugnis wirklich Uruha gehörte! Ich hätte Spitzen Noten erwartet, ein überall beliebter Schüler – sowohl bei den anderen Schülern wie auch bei den Lehrern. Aber anscheinend war er das genaue Gegenteil davon gewesen.

Das musste ich unbedingt Aoi und Reita zeigen! Ich musste nur irgendwie schauen, dass Uruha es nicht in die Finger bekam. Schließlich wollte er ja alles kontrollieren…

Als nächstes wagte ich mich an die anderen Liedern und machte dann eine haarsträubende Entdeckung: Eine Kiste voller Glaskästen mit Spinnen!!

Musste ausgerechnet dieser Mann genau hier seine Spinnen aufbewahren??

Ich unterdrückte einen Schrei, als ich einen kurzen Moment glaubte, dass die eine Vogelspinne davon noch lebendig war. Doch wahrscheinlich hatte mir nur meine Fantasie einen Streich gespielt...

Die Arbeit dauerte bis längst nach Mitternacht, jedenfalls vermutete ich dies. Eine schlimmere Entdeckung als die Spinnen machte ich glücklicherweise nicht mehr.

_

Ich war mir sicher, dass in dieser Nacht mein ganzes Bett krabbelte und es alle Spinnen in diesem Zimmer auf mich abgesehen hatten, doch ich war einfach zu müde, um noch auf den Schreibtisch zu klettern und von da aus Bücherweitwurf zu machen und damit die imaginären Spinnen zu killen.

Am nächsten Morgen sass ich innerhalb weniger Sekunde kerzengerade in meinem Bett – jemand hatte mir gerade eiskaltes Wasser ins Gesicht geschüttet. Ich prustete und hustete, strich mir die nassen Haare aus dem Gesicht und war bereits im Begriffe, die Person, wer auch immer es gewesen war, anzukeifen als ich Uruha erkannte.

„Was soll-“, wollte ich mich gerade beschweren, doch blitzschnell hielt mir jemand den Mund zu.

„Sag lieber nichts“, flüsterte Aoi in mein Ohr und strich mir liebevoll eine Strähne aus dem Gesicht.

„Aoi“, rief Uruha sogleich entsetzt „Lass die Finger von Takanori! Du wirst nachher zu mir ins Büro kommen! Und jetzt geh“

Ohne ein weiteres Wort verließ Aoi das Zimmer und ließ mich, etwas verwirrt,zurück.

Warum machte Uruha so ein Drama daraus? Aoi hatte mir ja gerade mal den Mund zugehalten und mir, na ja, eben eine Haarsträhne aus dem Gesicht gestrichen. Was war daran so schlimm?

„Ich wollte mit dir noch reden", wandte sich Uruha an mich. "Ich muss sagen, das hast du wirklich gut gemacht! Der Keller sieht wirklich gut aus. Ich war schon länger nicht mehr da. Kennst du doch sicher, man schiebt das Aufräumen einfach immer wieder hinaus!“

‚Weil du einfach zu faul dafür warst‘, ergänzte ich in Gedanken.

„Hast du etwas behalten?", wollte Uruha wissen.

Ich schüttelte den Kopf und antwortete: „Ich stehe nicht so auf Federboas und Spinnen“

„Ach die“, grinste Uruha „Die waren früher wirklich mein ein und alles. Zu meiner Schulzeit habe ich lieber Spinnen gesammelt und sie umgebracht oder den Vögeln die Federn ausgerissen, als Hausaufgaben gemacht. Ein typisches Jungen Hobby eben, nicht wahr? Apropos Schule, kannst du mir erklären, warum mein Zeugnis im Korridor gelegen hat?“

„Ihr, ich meine, dein Zeugnis?“, stotterte ich.

Das Zeugnis! Ich musste es gestern Abend auf dem Weg zu diesem Zimmer hier verloren haben. Müde wie ich gewesen war, hatte ich gar nicht mehr daran gedacht!

„Ich wollte es eigentlich dir geben“, log ich blitzschnell „Immerhin ist es etwas sehr Persönliches, zu schade um wegzuwerfen. Ich muss es wohl verloren haben“

„Wie aufmerksam“, lächelte Uruha, sein Lächeln wirkte diesmal allerdings etwas aufgesetzt.

„Aber du musst wissen, meine Schulzeit ist nicht unbedingt die positivste Zeit in meinem Leben gewesen und deswegen will ich sowas auch nicht aufbewahren“, dabei zog er das Zeugnis, welches er gefaltet hatte, aus der Hosentasche und zerriss es vor meinen Augen in viele kleine Fetzen.

„So und nun steh auf. Ich möchte, dass du das hier aufräumst“, dabei zeigte er auf die Papierfetzen „und nachher deinem Putzjob nachgehst, klar? Du hast übrigens noch eine Viertelstunde und dann will ich dich putzen sehen!“

_

„Und er war wirklich total schlecht?“, gluckste Reita vergnügt. Wir hatten Mittagspause und ich hatte ihm gerad die Sache mit dem Zeugnis erzählt.

„Ich hätte nicht gedacht, dass ich das je mal erleben werde!“

„Wie meinst du das?“, fragte ich verständnislos.

„Dass Uruha Schwächen hat“

„Klar hat er welche. Wir müssen sie nur herausfinden. Dann wird er verletzlich und wir können ihn-“

„Sei still Taka!“, herrschte Reita mich an „Du kannst hier nicht einfach so über das reden“

„Tut mir leid“, meinte ich zerknirscht „Habe ich ganz vergessen…“

„Wo ist eigentlich Aoi?“, wechselte Reita nun das Thema.

„In Uruhas Büro“, antwortete ihm Kai, der auf seine übliche Art die Küche betreten hatte.

„Hat er was angestellt?“

„Frag doch Takanori. Der wird es ja wohl am besten wissen“, grinste Kai.

„Was hast du damit zu tun?“, fragte Reita mich scharf.

„Aoi hat nur wieder einmal gedacht, er müsste seinen Kleinen vor einer neuen Katastrophe retten“

Woher zur Hölle wusste Kai das nun schon wieder??

„So ein Dummkopf“, knurrte Reita.

„Er wird es nie lernen, vermute ich. Dabei sind die Strafen ja auch nicht ohne“

„Er wird deswegen bestraft?“, rief ich entsetzt dazwischen, worauf sich Kai und Reita kurz Blicke zuwarfen, die ich aber nicht deuten konnte.

„Hier ist nicht alles Friede, Freude und Marmelade, oder wie das auch immer heißt, Takanori“, antwortete Kai schließlich kühl, ehe er aufstand und die Küche verließ.

Nun hatte ich wirklich ein schlechtes Gewissen. War Aoi womöglich auch schon bestraft worden, als er mich nicht im Bad hatte schlafen lassen??

„Es war seine Entscheidung“, versuchte mich Reita nun mit außergewöhnlich sanfter Stimme zu beruhigen.

„Ich bin nur eine Last“, murmelte ich verzweifelt. Was hatte ich da nur angerichtet?!

„Hör auf, dir darüber Gedanken zu machen. Er kennt die Konsequenzen ja genau und trotzdem tut er es. Weißt du was das heißt? Du bist ihm wichtig!“, sagte Reita lächelnd.

Eine unverhoffte Party

Aus Schnur und Blättern, die ich während dem Saubermachen aus Uruhas Büro entwendet hatte, hatte ich mir eine Art Tagebuch gebastelt, welches ich nun täglich benutzte, um einige Gedanken aufzuschreiben. Dabei sortierte ich sorgfältig jene aus, die Uruha in irgendeiner Weise beleidigen oder beunruhigen konnten, sprich, meine Schimpfparaden und Pläne durfte ich für mich behalten.

Ich zweifelte keine Sekunde daran, dass er das Tagebuch eines Tages in die Finger kriegen würde. Und trotzdem hatte ich den Drang, zu schreiben. Es gab mir das Gefühl, nicht komplett zu verblöden, etwas zu tun, das mir alleine gehörte.
 

Nebenbei schmiedete ich fieberhaft Pläne. Inzwischen hatte ich nämlich erkannt, dass ich dieses Thema einfach nicht aus meinen Gedanken verbannen konnte, wollte ich es noch so. Während ich also arbeitete, suchte ich das Haus gleichzeitig mit meinen Augen nach Fluchtmöglichkeiten ab. Ein weiteres "Projekt" war, mehr über Uruha herauszufinden, denn sollten wir seine Schwachstelle finden, hatten wir vielleicht eine Chance. Doch dadurch, dass mir Uruha sowieso nie Fragen beantwortete und auch Reita, Aoi und Kai nie über ihn sprechen wollten, kam ich erst mal keinen Schritt weiter. Ich wollte letztere schlussendlich auch nicht wieder in Schwierigkeiten bringen. Diese Aufgabe hatte ich alleine zu bewältigen, kostete es mein Leben.

Einen Anhaltspunkt hatte ich bereits, auch wenn ich im Moment nicht wusste, wie er mir weiterhelfen konnte; Uruhas schlechte Noten in der Schule. Daraus konnte man entweder schließen, dass er nicht der Intelligenteste gewesen war, beziehungsweise vielleicht noch immer nicht war oder dass er einfach nur zu faul gewesen war und andere Dinge im Kopf gehabt hatte. Vielleicht waren auch schon seine Eltern reich gewesen und er hatte gewusst, dass er das ganze Geld sowieso eines Tages erben würde... Ich konnte nur hoffen, dass meine erste Vermutung bezüglich Uruhas Intelligenz stimmte, wobei er auf mich eigentlich nicht der Eindruck machte, als wäre er dumm. Vielleicht wirkte sein Auftreten auch einfach nur "schlau"?
 

"Worüber denkst du nach?" Ich zuckte zusammen, wobei ich mein Tagebuch versehentlich vom Bett stieß. "Wie lange stehst du schon da?", wollte ich von meinem Zimmergenossen wissen, welcher sich nun die Jacke auszog und sie auf den einzigen Stuhl im Zimmer schmiss.

"Eine Weile.", kam die knappe Antwort. "Hast du an deine Familie gedacht?", wollte er wissen, während er sich zu mir auf das Bett setzte.

Ich nickte und fischte schnell nach meinem Tagebuch, damit er mir mein schlechtes Gewissen nicht ansehen konnte. Ich hasste es zu lügen, aber in diesem Fall konnte ich einfach nicht anders.
 

"Lass uns etwas machen.", schlug er plötzlich mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen vor. Misstrauisch runzelte ich die Stirn. "Etwas? Darunter kann man viel verstehen." Und nein, damit meinte ich nichts Perverses, oder jedenfalls nur ansatzweise.

"Verstehst du Englisch?", wollte er sogleich wissen. "Na ja, kommt drauf an...", antwortete ich gedehnt. Wenn er das Schulenglisch meinte, dann Ja, wenn er fließendes, akzentfreies Englisch meinte, dann Nein. "Etwas.", sagte ich schließlich, ein Mittelmaß war immer gut. Aber worauf wollte Aoi hinaus? "Mein Bruder hat mir vor Jahren einen englischen Liebesroman geschenkt.", begann er schließlich zu erklären, "Er hat mir manchmal daraus vorgelesen und übersetzt. Ich selbst verstehe kaum ein Wort."

So war das also. Er wollte, dass ich seinen großen Bruder in dieser Aufgabe ersetzte. Dabei war ich mir selbst gar nicht so sicher, wie viel ich davon verstehen würde... Und dazu war es auch noch ein Liebesroman, ein Genre, dass ich grundsätzlich mied.

"Wenn du möchtest, kann ich dir etwas übersetzen, allerdings weiß ich nicht, wie gut ich darin sein werde.", hörte ich mich sagen. Was zur...

Aois Augen jedoch begannen buchstäblich zu leuchten. Eilig stand er auf und ging zum Büchergestell. Einen Moment später hatte er auch schon ein Buch herausgefischt, welches er mir aufgeschlagen in die Hand drückte. Danach setzte er sich wieder auf das Bett, während ich meinen Blick senkte und mich auf das Geschriebene konzentrierte.
 

He sat up in bed, sweating, brearthing hard, as if he had just completed one push-up too many. Looked toward the window at a slant of streetlight to establish his reality in the bedroom.
 

Oh mann, ich hatte wirklich zu lange kein mehr Englisch gehabt! Ich warf Aoi einen kurzen Blick zu, welcher mich bereits erwartungsvoll ansah. Schließlich räusperte ich mich und begann: "Er setzte sich im Bett auf, atmete schwer, als hätte er einen Liegestütz zuviel gemacht..."

Anfangs gab ich mir Mühe, alles was ich konnte, zu übersetzen. Doch irgendwann begann ich, das Ganze mit meinen eigenen Worten zu erzählen, dichtete Sätze dazu, ließ andere weg, Hauptsache, ich redete.

Alles, was Aoi wollte, war abgelenkt und unterhalten zu werden, da spielte es keine große Rolle, ob der Hauptcharakter gerade einen Menschen erdrosselt oder nur ein Buch gelesen hatte. Aus der Liebesgeschichte wurde ein Thriller, bis ich irgendwann nur noch aus dem Kopf erzählte.
 

"Der Autor versteht sein Handwerk", bemerkte Aoi anerkennend, als ich das Buch, welches natürlich noch lange nicht fertig war, zuklappte. Ich nickte mit einem leichten Grinsen.

"Spricht Uruha eigentlich auch Englisch?", wollte ich wissen und versuchte dabei, beiläufig zu klingen. Ich musste jeden Fakt sammeln, um ihn in meine Forschung einzuweben.

"Wie kommst du jetzt auf Uruha?", Ich konnte förmlich sehen, wie Aois Laune sank. Vielleicht hätte ich besser doch nicht gefragt. "Tut mir leid ich wollte nicht-", begann ich, doch Aoi unterbrach mich: "Er spricht perfekt Englisch." "Wirklich? Wo hat er das gelernt?", bohrte ich sogleich weiter, wobei ich die Aufregung in meiner Stimme nicht mehr unterdrücken konnte. "Keine Ahnung. Ich glaube er war eine zeit lang im Englischsprachigen Raum, anders kann ich es mir nicht erklären und jetzt lass uns über was anderes sprechen."

Ich war mir abrupte Themenwechsel inzwischen gewöhnt und so ging ich nicht weiter auf das alte ein. Ich konnte auch später darüber nachdenken.
 

Apropos später, welche Uhrzeit hatten wir eigentlich? Mit einer kleinen Verrenkung, um einen Blick auf Aois Uhr werfen zu können, beantworte ich mir die Frage selbst: Ein Uhr morgens. Normalerweise löschten wir das Licht immer etwa um 23 Uhr, weshalb suchte Aoi heute so die Unterhaltung? Gerade wollten ich den Mund öffnen, um ihn danach zu fragen, als auch schon ein Knacken erklang.

Aoi und ich sahen uns beunruhigt an. Jemand hatte gerade den Riegel zurückgeschoben und dieser Jemand konnte um diese Uhrzeit eigentlich nur einer sein...

Schließlich klopfte es, woraufhin die Türe auch schon geöffnet wurde. Ich fühlte mich beinahe schon wie in einem Horrorfilm, da mein ganzer Körper vor Aufregung kribbelte.

Doch anstatt der erwartenden Person erschien Reitas blonder Haarschopf im Türrahmen.
 

"Was zur Hölle machst du hier?", zischte Aoi, während sich Reita nun ganz in das Zimmer hineindrückte, zwei Flaschen in der Hand haltend.

"Uruha hat meinen Riegel nicht vorgeschoben.", erklärte Reita mit einem großen, triumphierenden Grinsen und hielt die beiden Flaschen hoch. "Lass uns Party machen."
 

Ohne zu fragen setzte er sich nun ebenfalls zu uns auf das Bett, wo er Aoi die Flaschen auch schon überreichte. Dieser studierte sogleich die Etiketten. "Wo hast du die her?", mischte ich mich nun ein und begutachtete die Flaschen ebenfalls. Malibu und weißer Wodka. "Na aus dem Supermarkt, woher sonst!" , antwortete Reita selbstsicher, "Uruha hat gerade seinen eigenen Vorrat aufgefüllt, da sind ihm zwei weitere Flaschen doch nicht aufgefallen."

Beeindruckt starrte ich ihn an. Sowas hätte ich ihm nie zugetraut. Da wurde ich wegen jedem kleinen Fehler kritisiert und selbst schmuggelte er Alkohol und schlich sich nachts auch noch aus dem Zimmer. Wenn das nur mal gut kam...
 

"Was ist Malibu?", stellte ich erneut eine Frage, während Reita gerade dabei war, den Wodka zu öffnen.

"Ein Likör, der nach Kokosnuss schmeckt.", erklärte er, worauf Aoi ihm einen bösen Blick zuwarf und sagte: "Er sollte sowas noch gar nicht wissen." "Ich bin sechzehn.", widersprach ich schmollend. Aoi hatte mich eben gerade wie ein kleines Kind behandelt, was ich nicht leiden konnte.

Reita hatte bereits den ersten Schluck genommen und lachte schließlich. "Als hättest du in diesem Alter noch nicht gewusst, was das ist, Aoi." "Îch durfte erst mit achtzehn jeglichen Alkohol trinken!", verteidigte Angesprochener sich sofort. Mit einem Grinsen reichte mir Reita die Malibu Flasche. "Er ist aber nicht du."

Aoi, der dies mitverfolgt hatte, riss sie mir sogleich wieder aus den Händen. "Hey.", beschwerte ich mich und runzelte verärgert die Stirn. Aois Überfürsorge war ja schön und gut, aber hier übertrieb er nun wirklich. "Du kannst mir nichts vorschreiben.", zischte ich und versuchte, an die Flasche ranzukommen, die Aoi möglichst weit von mir weg hielt. "Komm schon Aoi, er hat recht. Er ist sechzehn und kein Baby.", mischte sich nun Reita ein, wofür ich ihn glatt hätte umarmen können Aoi währenddessen seufzte. "Na schön.", mit einem säuerlichen Gesichtsausdruck reichte er mir die Flasche, die ich aufgeregt entgegennahm.
 

Schlussendlich stellte sich aber heraus, dass Malibu einfach nur eklig und Wodka nichts besonderes war. Doch ich ließ mir nichts anmerken, trank, wenn die Flasche an mich weitergereicht wurde, bis Aoi sie mir irgendwann endgültig wegnahm.

Das Bedürfnis noch mehr zu trinken, hatte ich sowieso nicht mehr. Stattdessen drehte sich die ganze Welt nur noch mit einer Verzögerung, wenn ich meinen Kopf drehte und eine seltsame Müdigkeit breitete sich in meinem Körper aus. Ich mochte das Gefühl, obwohl ich nicht genau erklären konnte, warum.

Irgendwann schaffte ich es nicht mehr, meinen Körper aufrecht zu halten und so ließ ich mich neben Aoi auf das Bett sinken, wobei ich meinen Kopf auf seinen Schoss bettete. Er währenddessen ließ dies wortlos zu.
 

Nur noch vage bekam ich mit, wie plötzlich eine weitere Person im Raum stand und diese eine Person verhieß nichts Gutes...

Himmel und Hölle

Ein köstlicher Duft schlich sich in meine Nase, als ich etwas blinzelte. Mit einem lauten Knurren meldete sich mein Magen zu Wort und ich richtete nun meine ganze Aufmerksamkeit auf den Duft. Wonach roch es denn da? Nach frisch gebrühtem Kaffee und irgendetwas Gebackenem?
 

Verwirrt öffnete ich ganz die Augen und keuchte sogleich auf. Dies war ganz klar nicht Aois Zimmer. Stattdessen blickte ich auf weiß gestrichene Holzwände, welche teilweise durch aufgehängte, mit Ornamenten verzierte Tücher verdeckt wurden. Der Raum war groß, hell und gut geheizt. Normalerweise war Aois Zimmer eher etwas kühl, das Schlafen in Unterwäsche – wie ich es mir früher immer gewohnt gewesen war – unmöglich, wenn man sich keine Erkältung holen wollte. Doch jetzt trug ich ein schlichtes weißes T-Shirt, dazu schwarze dreiviertel Trainerhosen. Ich konnte mich beim besten Willen nicht erinnern, jemals so etwas unter den Kleidern, die mir Reita am zweiten Tag in die Hand gedrückt hatte, gesehen zu haben, geschweige dann angezogen zu haben. Doch wo befand ich mich eigentlich? Und wie war ich hierhergekommen? Meine Erinnerungen vom letzten Abend waren kaum noch vorhanden, doch ich war mir sicher, eben noch auf Aois Bett gesessen und mit Reita und ihm irgendein Zeug getrunken zu haben.

Vielleicht hatte ich so viel getrunken, dass ich die ganze Sache nicht überlebt hatte und ich mich nun im Himmel befand? Wer sagte eigentlich, dass Gottes Reich aus Wolken in luftiger Höhe bestehen musste? Vielleicht war es auch einfach ein außergewöhnlicher Raum wie dieser hier? Gott wusste jedenfalls zu kochen und backen...
 

Inzwischen hatte ich mich aufgerichtet und schlüpfte nun aus dem großen Doppelbett, welches mit einer flauschigen, violetten Decke und zahlreichen Kissen in Schwarz beschichtet worden war.

Verglichen mit meinem provisorischen Bett war dieses hier ein Paradies, eigentlich hätte ich noch länger leiden bleiben sollen, um dieses wunderbare Ding voll und ganz auszunutzen. Doch die Neugier hatte mich dazu veranlasst, den Raum genauer unter die Lupe zu nehmen. Außer dem himmlischen Bett beinhaltete er noch einen riesigen, hellblau gestrichener Schrank, welcher sich gleich neben dem Bett in der Ecke stand. Zwei Meter daneben stand Tisch, der direkt vor dem großen Fenster platziert worden war, das dem Raum wohl auch das natürliche Licht spendete. Zahlreiche Töpfe mit prächtigen Blumen und irgendwelchen Kräutern, die ich nicht zuordnen konnte, waren darauf platziert worden und gaben dem Raum etwas Freundliches und Einladendes.

Auch eine Kommode, ein kleines Waschbecken mit Spiegel und ein großer, glänzender Flügel befanden sich im Raum. Ehrfürchtig ging ich über den hölzernen Boden zu dem edlen Instrument und berührte es vorsichtig. Ich hatte schon immer Klavier spielen wollen und sogar bereits ein halbes Jahr Unterricht gehabt, bis meine Eltern es nicht mehr vermögen konnten und das Klavier verkauft hatten. Dementsprechend waren auch meine Spielkünste eher ärmlich.
 

Ich ging weiter zu dem Waschbecken und betrachtete mich im Spiegel. Mein Haar war inzwischen recht gewachsen, die roten Strähnen bereits etwas verblichen. Darunter kam das mit Bleichmittel behandelte Haar zum Vorschein. Ich hasste diese verwaschen aussehende Farbe und färbte im Normalfall auch gleich wieder darüber. Doch jetzt musste ich mit ansehen, wie sich die Farbe langsam verflüchtigte und sich ein schwarzer Ansatz bemerkbar machen würde.

Ich konnte mich nun auch nicht mehr schminken, nicht einmal mehr Abdeckcreme benutzen, was für mich immer ein Muss gewesen war. Doch anstatt mich über all diese Dinge aufzuregen, interessierte es mich gar nicht mehr sonderlich.

Wann hatte ich aufgehört, mich um mein Aussehen zu kümmern? Auch meine eher punkig wirkende Kleidung hatte sich verändert, natürlich unfreiwillig. Stattdessen trug ich jetzt Schlabberpullover und Hosen, die mir unten etwas lang waren, sodass ich manchmal selbst darüber stolperte. Unglaublich, wie widerstandslos ich diese Veränderungen angenommen hatte, ja, ich hatte sie nicht einmal bemerkt und sie stattdessen als eine Selbstverständlichkeit angesehen.
 

Durch den Spiegel bemerkte ich plötzlich eine Person, die hinter mich getreten war. Erschrocken drehte ich mich um, sodass ich nun von Angesicht zu Angesicht mit niemand anderem als Uruha stand. Dieser war auch heute wieder makellos geschminkt und gestylt.

Er lächelte mich freundlich an. „Na, gut geschlafen?“, wollte er wissen. Also war dies hier doch nicht Himmel, sondern Hölle. Wie hatte ich nur so dumm sein können, dies zu glauben?

Ich nickte. Kein Wunder bei diesem Bett… „Freut mich. Hast du Luft auf Frühstück?“, Uruha deutete mit einer Kopfbewegung auf das Tablett in seinen Händen, welches mir erst jetzt auffiel. Ein Teller mit einem wunderbar duftenden Hörnchen, ein kleines Brötchen, ein Glas mit Orangensaft, eine Kanne, die ich nicht identifizieren konnte sowie Butter und Marmelade, eine Tasse und das nötige Besteck befanden sich darauf.

Fassungslos starrte ich darauf, während mir bereits das Wasser im Munde zusammenlief. Ich hatte noch nie ein so reichhaltiges Frühstück erhalten, weder zu Hause, noch hier, wo wir oft wässrigen Kaffee und nur so von Konservierungsmittel triefenden Toast hatten. Schließlich blickte ich ungläubig zu Uruha, der mich angrinste und bester Laune zu sein schien. Meinte er das etwa ernst?

„Möchtest du was anderes? Vielleicht Müsli oder Porridge oder so?“, fragte er nach, als ich nicht reagierte. „N-Nein nein, das ist… perfekt.“, brachte ich endlich den Mund auf.

Womit hatte ich sowas verdient? Uruha kicherte und ging auf das Bett zu, wo er sich auch setzte. Ich folgte ihm zögerlich, tat es ihm schließlich nach.

„Magst du Kaffee?“, er deutete auf die Kanne. „Also…“ „Italienischer Herkunft, ich kann ihn dir nur empfehlen.“

Ich hatte Kaffee nie besonders gemocht. Dabei war die Brühe, die mir hier vorgesetzt worden war, anfangs auch keine Ausnahme gewesen. Da es allerdings nichts anderes als Wasser, Kaffee und selten auch mal Schwarztee gab, hatte ich mich damit abgefunden. Inzwischen war das Zeug sogar einigermaßen erträglich geworden.
 

„I-Ich nehme gerne etwas.“, sagte ich schließlich und sah zu, wie mir Uruha auch schon eine Tasse davon ein goss. Ohne etwas Weiteres zu sagen, griff ich nun nach dem Hörnchen und begann es in kleinen Happen zu essen. Während ich genüsslich kaute, verdrängte ich die Fragen, die mir seit dem Aufwachen im Kopf herumgeisterten. Erst einmal wollte ich einfach nur genießen.
 

Uruha währenddessen stand wieder auf und setzte sich an den Flügel. Ohne groß zu zögern, glitten seine Finger mühelos über die Tasten. Ich erkannte sogleich, dass er die Mondscheinsonate von Beethoven spielte und schloss meine Augen, während ich den zarten Tönen lauschte und meinen Gedanken an mein Zuhause nachging.

Ich war so vertieft, dass ich gar nicht mitkam, wie Uruha aufhörte zu spielen und nun wieder auf mich zukam. Erst, als ich eine sanfte Berührung an meiner Wange spürte, öffnete ich meine Augen wieder. Uruha lächelte mich liebevoll an. „Hast du fertig gegessen oder soll ich dir noch etwas bringen?“ Ich blickte schnell auf mein Tablett, auf das halb gegessene Brötchen und den beinahe leer getrunkenen Orangensaft und schüttelte schließlich den Kopf. „Also kann ich das Tablett mitnehmen?“ Ich nickte.

Doch anstatt es wegzuräumen stellte Uruha es erst mal auf den Boden und blickte dann zu mir, dasselbe Lächeln zierte noch immer sein Gesicht. Ich erinnerte mich daran, als Aoi mich vor Uruha und seiner Scheinfreundlichkeit gewarnt hatte. Doch wenn ich mir ihn jetzt ansah, konnte ich mir nur schwer vorstellen, dass dies alles nur eine Maske war.
 

„Worüber denkst du nach?“, wollte Uruha wissen und sah mich aufmerksam an. „Na ja… ich habe mich gefragt, wo ich mich eigentlich befinde und was ich hier mache.“, erklärte ich, auch wenn dies nicht unbedingt die Wahrheit war. Die Antworten zu diesen Fragen interessierten mich aber trotzdem.

„Das hab ich mir gedacht.“, Uruha nickte verständnisvoll und strich sich dann eine Haarsträhne aus dem Gesicht, welche es gewagt hatte, das perfekte Bild zu stören. Schließlich begann er zu erklären: „Das hier ist mein Schlafzimmer.“

Ungläubig starrte ich ihn an. Dass dies ein Schlafzimmer war, war mir bereits klar, doch gleich Uruhas persönliches Schlafzimmer?

Oh mein Gott, ich hatte doch nicht etwa…

„Du hast ohne Unterbruch geschlafen, falls du das wissen möchtest.“, fügte Uruha hinzu, als hätte er meine Gedanken gelesen. „Hattest wohl zu viel Alkohol. Aoi und Reita haben dich auch ganz schön abgefüllt.“ „Sie haben nicht-“, begann ich zu widersprechen, doch Uruha schüttelte nur den Kopf und gab mir damit zu verstehen, ruhig zu sein. „Du bist noch Minderjährig, also haben sie auf dich aufzupassen. Ich war gestern so dumm und habe vergessen, den Riegel vorzuschieben.“ Er seufzte. „Ich kann mich auch wirklich nie auf die beiden verlassen.“

„W-Wo sind sie jetzt?“, fragte ich vorsichtig, wobei sich ein ungutes Gefühl in meiner Magengegend breit machte.

„Das brauchst du nicht zu wissen.“, sagte Uruha sanft.

„Sie werden doch nicht etwa… bestraft?“

„Natürlich werden sie das und jetzt hör auf, dir darüber Gedanken zu machen.“

„Aber warum bestrafst du mich nicht auch?“, wollte ich verzweifelt wissen. Wieso hatte er mich davonlassen kommen, wo ich doch aus eigenem Willen Alkohol getrunken hatte?

„Weil mir Aoi gesagt hat, dass er dich dazu gezwungen hätte.“ Er hatte was? Ausgerechnet er sollte mich dazu gezwungen haben? „Aber er hat-“ „Hör mal Takanori.“, unterbrach mich Uruha nun ein wenig ungeduldig. „Es war seine Schuld, also akzeptiere diesen Fakt auch.“

Etwas in seiner Stimme verriet mir, dass er die eigentliche Wahrheit kannte.

Aufgewühlt schüttelte ich den Kopf. Weshalb sollte Aoi lügen, wo er doch gestern derjenige gewesen war, der mich versucht hatte, vom Alkohol trinken abzuhalten? Wieso wollte er mich trotz dieser Sache schützen und nahm dafür weitere Bestrafungen auf sich?
 

„Ich werde dich heute vom Putzen entlasten.“, unterbrach mich Uruha, indem er ein komplett neues Thema anschnitt. Etwas gedankenverloren nickte ich.

„Was hast du also mit deinem freien Tag vor?“

Erst mit dieser Frage holte er mich endgültig wieder in die Gegenwart zurück. Verwirrt blinzelte ich, ehe mir seine erste Aussage erst richtig bewusst wurde. Ich hatte also einen ganzen Tag frei? Abgesehen vom Sonntag musste ich täglich arbeiten, einen freien Tag unter der Woche hatte es noch nie gegeben.

Etwas wehmütig warf ich einen Blick auf das Bett. Noch einmal einige Stunden in diesem Bett schlafen zu können, hörte sich nicht schlecht an. Wie begeistert Uruha davon sein würde, war eine andere Frage... Dieser hatte meinen Blick bemerkt. Er kicherte. „Sehe ich das richtig, dass du erst mal hier bleiben möchtest?“

„Wenn das in Ordnung ist?“

„Aber natürlich!“, er lächelte. „Mach es dir gemütlich. Ich muss leider los, werde aber in der Mittagspause mal nach dir sehen, solltest du noch immer hier sein. Wenn du Hunger hast, kannst du zu Kai gehen, er vertritt mich heute im Büro. Sag ihm, er soll dir das besorgen, worauf du auch immer Lust hast!“
 

Etwas perplex blickte ich ihm hinterher, als er sein Zimmer verließ. Wieso war er nur so nett zu mir? Wieso gönnte er mir so einen Luxus, obwohl er wusste, dass ich genauso viel Schuld trug wie Aoi und Reita, die er wiederum bestraft hatte?

Seit ich hier war, bestanden meine Gedanken beinahe nur noch aus Fragen, die mir niemand beantworten wollte. Ich war immer nur der „Kleine“, der zu jung war, um zu erfahren, was vor sich ging.
 

Mein Blick fiel auf das Tablett, dass Uruha dort stehen gelassen hatte und ohne lange zu warten, griff ich nach dem Brötchen. Kaum hatte ich es gegessen, ließ ich mich auf die Matratze sinken und deckte mich zu. Eigentlich hätte ich nun die ideale Möglichkeit gehabt, in Uruhas Sachen zu schnüffeln. Doch das einzige, was ich momentan wollte, war zu schlafen.

Träumen war die einzige Chance, der Realität für einige Stunden zu entfliehen. Doch auch ich wusste, dass es nie ein richtiger Ersatz für dieses Leben hier werden würde...
 

Ohne es zu bemerken, war ich in diese wundersame Welt der Träume entglitten, tief in die Decke gekuschelt, fühlte mich seltsam sicher hier. Das nächste Mal erwachte ich durch ein sanftes Rütteln. Einen kurzen Moment glaubte ich, dass es Aoi war, der mich geweckt hatte. Doch als ich mich umdrehte und die Augen öffnete, blickte ich in Uruhas Gesicht. Seine Mundwinkel verzogen sich nach oben. „Na du Schlafmütze.“, murmelte er und ich konnte nicht anders, als ebenfalls etwas zu lächeln. „Unglaublich, wie lange du schlafen kannst und das mitten am Tag. Aber wenn es das ist, was du möchtest, ist mir das recht!“
 

Ich richtete mich etwas auf und streckte mich erst einmal. Uruha währenddessen hatte sich zu mir auf das Bett gesetzt. „Soll ich dir den Anfang der Mondscheinsonate beibringen?“, fragte er mich, wobei ich spürte, dass es mehr eine Bitte als eine Frage war. Ich nickte und wir begaben uns beide zu dem Flügel, wobei sich Uruha den Stuhl der eigentlich zum Tisch gehörte, zu Hilfe holte. Wir setzen uns beide an das kostbare Instrument und er räusperte sich, während ich immer noch etwas müde meine Augen rieb.
 

„Gut, beginnen wir mit der rechten Hand. Dort startest du mit einem G, das ist hier, danach folgt ein C…“,

Obwohl ich mich mit den Tonleitern bereits etwas auskannte, zeigte er mir Schritt für Schritt den Anfang dieses Stückes.

Ich liebte es, endlich wieder die kühlen Tasten unter meinen Fingern zu fühlen, es löste ein Gefühl von Glück in mir aus.
 

Irgendwann stoppte Uruha, wobei ich es ihm nachtat. Er blickte mich an, schenkte mir ein kleines Lächeln. Ein Gefühl von Nervosität kam in mir auf, als wusste ich, dass gleich etwas geschehen würde. Vielleicht lag es auch an diesem seltsamen Blick, den er mir nun zuwarf.

Schließlich näherte er sich mir langsam. Mit geweiteten Augen starrte ich ihn an, registrierte jeden seiner Bewegungen.

Er hinhegen, erwiderte meinen Blick fest, während er immer näher kam, ehe er seine Lippen sanft auf meine legte.

Mein ganzer Körper erstarrte in diesem Augenblick und verkrampfte sich.

Aois Worte schwebten in meinem Kopf herum, doch ich konnte sie in diesem Moment nicht deuten. Ich konnte überhaupt keinen klaren Gedanken mehr fassen und so erwiderte ich den Kuss und gewährte Uruha Einlass, indem ich zögerlich die Lippen öffnete. Sogleich spürte ich eine Aufregung in mir, von der ich nicht wusste, ob ich sie gut oder schlecht deuten musste.
 

Schließlich war es Uruha, der sich von mir löste. Kaum hatte er etwas Abstand genommen, fühlte ich mich, als hätte man mir eine Ohrfeige gegeben, als hätte mich die Erkenntnis mitten in das Gesicht geschlagen.

Verdammt, ich hatte gerade Uruha geküsst, denjenigen, der mich entführt hatte!
 

„E-Entschuldigung, i-ich sollte langsam gehen.“, stotterte ich erschrocken und stürzte aus dem Zimmer. Dort rannte ich den langen Gang entlang, eine Treppe hinunter, wo ich auch schon mit dem nächst besten kollidierte, sprich Reita.

„T-Tut mir leid ich wollte nicht – ich –tut mir leid.“, keuchte ich, ehe mir etwas weiteres bewusst wurde. Ich hatte nicht nur meinen Entführer geküsst, sondern auch den Mann, welcher Aoi und Reita misshandelt hatte.

„Alles in Ordnung mit dir?“, wollte Reita wissen und sah mich mit einem Gemisch aus Verwirrung und Besorgnis an, was in mir nur noch mehr Schuldgefühle auslöste.

Wie sollte ich Aoi nach diesem Ereignis je wieder unter die Augen treten?...

Kais Aufgabe

„Ruki, wieso…“, Kais geschockter Blick glitt an mir hinunter, wobei er immer wieder hängen blieb.

Schuldbewusst beobachtete ich währenddessen seine Augen, die sich immer mehr verengten, bis sie schließlich kaum mehr als ein Schlitz waren. Ich kannte meinen Bruder nur zu gut, um zu wissen, was Nächstes folgen würde.
 

„Wie erklärst du dir das?“, fragte Kai in einer strengen, keinen Widerspruch zulassenden Stimme und deutete auf meine Ärmel. Ich folgte seinem Finger und zuckte unmerklich zusammen. Die Ärmel meines einst weißen Hemdes waren blutgefärbt und zerrissen, doch nicht nur dies; selbst meine Hosen waren auf der Ebene der Knie zerstört und verschmutzt.
 

„Ich-“, begann ich zögerlich, während ich auf den Boden starrte, „-Eigentlich will ich deine fadenscheinigen Ausreden gar nicht hören. Sag mir lieber gleich, ob du dich wieder mit ihnen geprügelt hast!“, unterbrach mich Kai kühl. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie er die Arme verschränkte.

Endlich gelang es mir, meinen Kopf zu heben, sodass ich ihm nun wieder in die Augen sah. „Es stimmt.“, sagte ich leise.

„Was stimmt?“

„Ich habe mich wieder mit ihnen geprügelt, aber-“

„Wusste ich es doch!“

„Kai bitte hör mir zu, ich-“,

„Nein, du hörst mir zu!“, unterbrach mich mein Bruder erneut, „Die Gründe interessieren mich nicht. Allerdings wird es langsam Zeit, dass du lernst, dich zu beherrschen!“

Ich wollte gerade den Mund aufmachen, um ihm erneut zu widersprechen, ließ es dann aber gleich sein, als ich seinen Blick bemerkte. Stattdessen nickte ich einfach nur.

„Du nickst nur? Was soll das nun heißen?“, herrschte er mich an. Ich wusste, dass er etwas ganz Bestimmtes hören wollte und genau dieses ‚Bestimmte‘ wollte einfach nicht aus meinem Mund kommen. Kai boxte mir kurz aber schmerzhaft in die Schulter, ehe er sich schließlich von mir abwandte und mich mit einem mehr als schlechten Gefühl zurückließ.
 

Wieso konnte er mir nicht einfach einmal zuhören? Wieso wollte er die wahren Gründe nicht hören? In Wirklichkeit hatte ich mich nämlich nur mit den zwei Typen aus meiner Klasse geprügelt, weil sie sich über Kai lustig gemacht hatten und niemand, der schlecht über meinen großen Bruder redete, kam ungestraft davon.
 

Ich seufzte und blickte in den Spiegel, der sich etwas weiter weg von mir befand. Mit meinem momentanen Aussehen konnte ich wirklich keinen Preis mehr gewinnen. Mein einst wasserstoffblondes Haar sah aus, als hätte ich mich im Schmutz gewälzt und die Wunde gleich neben der Lippe, die von einer anderen Schlägerei stammte, war auch noch immer nicht verheilt. Kein Wunder schämte sich Kai für einen Bruder wie mich, der dauernd in irgendwelche Prügeleien verwickelt war, die Finger nicht vom Alk lassen konnte und die Schule öfters wegen Kopfschmerzen und Übelkeit schwänzte. Aber, wenn interessierte es schon, daran konnte man nun wirklich nichts mehr ändern. Ich hatte bereits einmal einen Entzug und irgend so ein seltsames Anti-Aggressions Training gemacht, geholfen hatte aber keines von beiden.
 

„Taka?“ Aus dem Nichts drang plötzlich eine Stimme an mein Ohr. Verwirrt drehte ich meinen Kopf. Ich kannte niemanden, der mich mit dieser Abkürzung rief. Im Allgemeinen war ich unter dem Nicknamen ‚Ruki‘ bekannt, wobei die formalen Erwachsenen es vorzogen, mich ‚Takanori’ zu nennen. Aber keiner hatte mich je Taka genannt.
 

„Taka, bist du da drin?“
 

Langsam nahm meine Umgebung die Gestalt eines mir nur allzu bekannten Raumes an; Aois Badezimmer. Dementsprechend war es auch nicht schwierig, den Besitzer der Stimme zu erahnen.

Ich seufzte, während ich mich mit zusammengekniffenen Augen umsah. So wie es aussah, musste ich erneut eingeschlafen sein, wobei dieses Mal der kleine, runde Teppich vor der Badewanne hatte herhalten müssen.

Doch was zur Hölle hatte ich eben gerade geträumt? Der Traum hatte sich so wirklich angefühlt und doch war ich mir sicher, dass ich diese Szene noch nie erlebt hatte. Außerdem hatte ich auch nie Probleme mit Alkohol oder große Auseinandersetzungen mit meinen Klassenkameraden gehabt. Mein Unterbewusstsein musste wohl wieder einmal etwas völlig verrücktes zusammengesponnen haben…
 

„Taka, nun antworte mir doch endlich, ich weiß, dass du da drin bist!“, die Stimme wurde bittender. Erneut drang ein ungewollter Seufzer aus meinen Lippen, ehe ich die Tür mit meinen Augen fixierte, als war sie es, die zu mir sprach. Ich hatte alles andere als das Bedürfnis, jetzt mit ihm zu sprechen. Einerseits spürte ich ihm gegenüber noch immer Schuldgefühle, obwohl ich auch jetzt noch immer keine Erklärung dazu finden konnte, andererseits war ich noch immer verwirrt und irgendwie auch etwas beduselt von meinem seltsamen Traum.
 

„Bitte lass mich in Ruhe, Aoi.“, sagte ich schließlich in einer mir seltsam fremd erscheinenden Stimme. Erschrocken darüber, schloss ich sogleich wieder den Mund, während ich mich mit zitternden Armen und Beinen am Waschbecken hochzog und in den Spiegel blickte. Mein Blick galt sofort den Haaren und schließlich meinem Gesicht, wo ich nach einem Anzeichen von Wunden suchte. Doch weder das eine noch das andere stimmte mit meinem Traum überein.

Ungläubig schüttelte ich über mich selber den Kopf. Nun wurde ich wirklich paranoid... Fehlte nur noch, dass ich anfing, mich seltsam zu benehmen. Wobei dies, bezogen auf die Sache mit Uruha, eigentlich bereits der Fall war… oder etwa nicht? Erschrocken darüber riss ich die Augen auf, was mein Spiegelbild mir zur exakten Zeit gleichtat.
 

Konnte es sein dass ich… zwei Persönlichkeiten in mir hatte? Eine disso-irgendetwas Identitätsstörung? Der Gedanke löste auf meiner Haut eine leichte Gänsehaut aus. Die Vorstellung, mich nicht mehr unter Kontrolle zu haben, war ziemlich beunruhigend. Ich konnte mich hingegen nicht erinnern, in letzter Zeit Blackouts gehabt zu haben und auch ein schweres Kindheitstrauma hatte ich nie erlebt. Also fiel diese Möglichkeit auch gleich wieder weg. Wahrscheinlich hatte mich dieser Traum einfach nur aufgewühlt, was nun zu solchen Gedanken führte...
 

„Habe ich irgendetwas Falsches gesagt oder gemacht?“, unterbrach Aoi meinen Gedankenfluss und klang dabei beinahe etwas wie ein hilfloses Kind.

„Nein hast du nicht, ich möchte… einfach alleine sein!“, antwortete ich zögerlich und hoffte damit, dass er mich in Ruhe lassen würde. Doch diesen Gefallen wollte er mir nicht tun, denn sogleich wollte er wissen: „Haben dir Kai oder Reita wehgetan?“ Ein leises "Nein" drang aus meinen Lippen, wobei ich mir nicht ganz sicher war, ob es Aoi überhaupt gehört hatte. „Oder… Uruha?“

Das Stichwort ‚Uruha‘ war wie eine Scherbe in meinem Herzen, die es unerbittlich zerschnitt. Es war ja nicht so, dass Uruha mich verletzt hatte, weder körperlich, noch seelisch. Doch das Ganze wühlte in mir die ganze Sache erneut auf und vermischte sich mit dem Heimweh, dem ständigen Druck alles korrekt zu machen und den seltsamen Gefühlen, das noch immer von meinem Traum herrührte.
 

Ich konnte einfach nicht mehr. Langsam ließ mich zurück auf den Teppich sinken und vergrub meinen Kopf in meinen Armen, die ich gekreuzt auf meinen Knien platziert hatte. Heisere Schluchzer drangen aus meinem Mund und schüttelten meinen ganzen Körper. Ich wollte diese Sache nicht mehr tun müssen. Lieber wollte ich sterben, um dadurch von diesem Ort wegzukommen.
 

Aoi hatte inzwischen aufgehört, nach mir zu fragen. Anscheinend hatte er begriffen, dass ich nun einfach alleine sein wollte, worüber ich überaus froh war. Sein tadelnder Blick hätte mir gerade noch gefehlt.

Sofort hasste ich mich für den Gedanken. Was war ich doch nur für eine undankbare Heulsuse, die aus einer Mücke einen Elefanten machte und gleich daran dachte, sich das Leben zu nehmen. Aufgeben bedeutete schwach zu sein und indirekt auch, dass ich Uruha gegenüber fügsam werden würde. Doch ich durfte ihn nicht gewinnen lassen, nicht dieses eine Mal.

Ich wollte allen zeigen, wie sehr sie mich unterschätzen, zu was ich wirklich taugte. Ich musste die anderen und auch mich hier rausbringen, ehe es zu spät war.

Mit diesen Gedanken unterdrückte ich den nächsten Schluchzer, indem ich mir fest auf die Lippe biss. Danach rappelte ich mich zögerlich auf, warf mir im Spiegel ein gespielt aufmunterndes Lächeln zu und entriegelte schließlich die Badezimmertür.

Dort fand ich Aoi auf seinem Bett sitzend vor. Sogleich drehte er den Kopf in meine Richtung und sah mich besorgt an. Doch kein einziges Wort verließ sein Mund, als wollte er dem Motto "Das ist nicht dein Business, also stell auch keine Fragen" folgen.
 

„Es…es tut mir leid.“, sagte ich leise zu ihm, um mein aufkeimendes, schlechtes Gefühl zu beruhigen. "Wofür?", Aois Gesichtszüge und auch seine Stimme verrieten mir nicht die geringste Emotion, was mich nur noch mehr verunsicherte. "Ich weiß es nicht...", gestand ich ehrlich und merkte sogleich, wie er sich daraufhin abwandte. Für ihn war das Thema gestorben.
 

Für den restlichen Abend herrschte eine ungemütliche Stille zwischen uns, die keiner zu brechen wagte. Er hatte sich hinter einem dicken Wälzer vergraben, während ich einfach nur da sass und mit dem Finger Formen und Figuren auf die Bettdecke zeichnete.

Irgendwann stand er ruckartig auf, murmelte: „Ich muss los.“, ehe er verschwand. Stirnrunzelnd blickte ich zur Tür, dorthin, wo er eben gerade verschwunden war.

Auch während dem Abendessen fehlte jede Spur von ihm, sodass ich alleine mit Reita und Kai am Tisch sass. Ersterer war erstaunlich still und auch seine Sprüche, die er ansonsten bei jeder Gelegenheit brachte, blieben heute aus. Stattdessen stocherte er lustlos in den Spaghetti, ohne seinen Blick auch nur einmal zu heben. Kai währenddessen starrte düster vor sich hin und rührte sein Essen nicht einmal an. Ironischerweise passte das Wetter nur zu gut zu dieser seltsamen Stimmung. Dunkle Wolken hatten sich vor die Abendsonne geschoben, Regen prasselte an die dicken Fensterscheiben.
 

Plötzlich stand Kai auf, sodass sein Stuhl nach hinten fiel und verließ die Küche in großen Schritten. Mit offenem Mund sah ich ihm nach, ehe ich meinen Kopf zu Reita drehte, welcher jedoch nicht einmal aufgeschaut hatte.

„Sag mal-“, begann ich, brach allerdings ab, da mir sogleich klar wurde, dass ich auch auf diese Frage niemals eine Antwort bekommen würde.
 

Was zur Hölle war heute eigentlich mit allen los? Erst benahm sich Uruha seltsam freundlich und zuvorkommend, dann verschwand Aoi und kam nicht einmal zum Abendessen, was nebenbei bemerkt überhaupt nicht zu ihm passte, und auch Kai und Reita hatten miesere Laune denn je.

Ich schnaubte frustriert. Warum konnte man mich nicht einfach dieses eine verdammte Mal aufklären? Ich kam mir wie der hinterletzte Idiot vor, der überhaupt keine Ahnung von dieser Welt hier hatte. Wahrscheinlich machten sich die anderen schon lange einen Spaß daraus...
 

Keine fünf Minuten später nach Kais Verschwinden, stand auch Reita auf und ließ mich somit alleine. So wie es aussah, durfte ich den Abwasch also wieder einmal ganz alleine machen. Ich hatte inzwischen recht gut begriffen, dass man den Tisch bestenfalls als erster verließ, um der lästigen Aufgabe zu entkommen. Jedenfalls benutzten Reita und Kai diese Taktik liebend gerne. Aoi und ich hingegen mochten diesen Stress weniger und zogen die Mahlzeit damit oftmals ziemlich in die Länge. Apropos Aoi, ich konnte mir einfach nicht erklären, weshalb er nicht gekommen war. Er arbeitete doch nie um diese Zeit, jedenfalls nicht ohne mir wenigstens Bescheid zu geben.
 

Nachdem ich die Küche einigermaßen sauber aufgeräumt hatte, machte ich mich wieder auf den Weg zurück zu Aois Zimmer.

Irgendwoher konnte ich Kai und Reitas wütende Stimmen hören. Wahrscheinlich stritten sie sich wieder einmal, beeindrucken tat es mich schon lange nicht mehr. Doch als mein Name fiel, blieb ich schlagartig stehen. Sie mussten sich gleich um die Ecke befinden, nur wenige Schritte von mir entfernt.
 

„Verdammt, Kai! Ich verstehe ja, dass du dies nicht machen willst, aber er ist dein Bruder!“, sagte Reita gerade, seine Stimme klang nun leise und etwas bedrohlich.

„Denkst du, das weiß ich nicht? Wieso will Uruha eigentlich, dass wir es ihm sagen?“, antwortete Kai, seine Stimme hatte dabei einen ähnlichen Tonfall. Mein Herz begann schneller zu schlagen. Was wollte Uruha mir sagen lassen? Wollte er, dass ich nun endlich mehr über diese Arbeit hier erfuhr?

"Woher soll ich das wissen? Uruha erzählt dir doch immer alles."

"Alles? Beim besten Willenn nicht. Wieso kann Aoi das eigentlich nicht übernehmen?

„Aoi? Bist du verrückt?“ Reita lachte sarkastisch. „Hast du nicht bemerkt, wie sehr Takanori an ihm hängt? Das wird ihm vollends den Boden unter den Füssen wegziehen!“

„Dann tu du es doch. Ich bin sein Bruder, an mir hängt er auch.“

„Tut er nicht. So, wie du ihn behandelst, wird er dich wohl kaum mögen.“

„Ich werde es aber nicht tun. Denkst du, mich schmerzt es nicht? Denkst du, ich sei ein emotionsloses Wrack?“, Kais Stimme war lauter und hitziger geworden. Ich hingegen wurde immer nervöser und zappeliger. Worüber redeten die beiden eigentlich? Und wieso war es Kais Sache, mit mir darüber zu reden?
 

„Natürlich nicht, auch wenn du selten irgendwelche Emotionen zeigst.“, sagte Reita und erhielt damit wieder meine volle Aufmerksamkeit,

„Das kommt von-“, begann Kai, wurde aber sogleich unterbrochen:

„Weiß ich doch.“

„Gut. Wenn du mich fragst, überlassen wir trotzdem Aoi die Sache. Er hat von Uruha den Auftrag erhalten, also wird er ihn auch zu Ende führen und dazu gehört nun mal auch, Ruki zu informieren.“
 

Das Wort „Ruki“ schlug in mir ein wie ein Blitz. Kai hatte mich eben genauso genannt, wie er es auch in meinem Traum genannt hatte. Also musste er doch mehr bedeuten, als ich gedacht hatte..
 

„Ruki?“, fragte Reita nach und klang dabei sichtlich verwirrt.

„Ich meine Takanori.“

„Ah ja? Hör mal Kai, du weißt, dass Aoi nicht die Schuld dafür trägt. Er muss es auf-“

„-Uruhas Befehl tun, ich weiß. Aber Uruhas Anordnung war es auch, dass er Takanori informieren muss.“

„Das ist mir durchaus bewusst. Nur verschlimmert das die Situation noch viel mehr. Bitte tu du es, Aoi und auch mir zu liebe!“

Ich hörte, wie eine kurze Pause entstand, ehe Kai brummte: „Na schön!“
 

Gerade noch konnte ich mich in die allgemeine Toilette verdrücken, als kurze Zeit später auch schon Kai an mir vorbeirauschte.

Mein Herz pochte noch immer wie wild, obwohl ich nicht mehr als Bahnhof verstanden hatte. Alles was ich wusste war, dass Kai mir bald etwas wohl eher Schlimmes ausrichten würde, woran Aoi und Uruha nicht unschuldig waren...

Zwischen Leben und Tod

Das letzte, was ich nun wollte, war Kai zu begegnen. Obwohl mir durchaus bewusst war, dass ich damit alles nur noch weiter hinaus zögerte, sträubte sich alles in mir dagegen, auch nur vor meinen Bruder zu treten. Stattdessen ließ ich mich in vollkommener Dunkelheit auf den Boden sinken und schloss für einen kurzen Moment meine Augen, wobei meine Finger nervöse Rhythmen klopften.

Verdammt. Gerade war ich dabei gewesen, mich mehr oder weniger an dieses Leben hier zu gewöhnen und schon musste ich mich den nächsten, auftauchenden Problemen stellen. Ich seufzte leise. Kai würde wohl nicht lange brauchen, um mich zu finden; ich war eine Maus in einer ausweglosen Situation. Und als wären meine Gedanken von einem bestimmten Herr gehört worden, surrte auch schon die Deckenlampe, ehe Licht den spärlichen Raum erhellte.

"Was zur Hölle machst du hier in der Dunkelheit?" Die Augen zusammenkneifend blickte ich nach oben, während mein Herz unmittelbar schneller zu klopfen begann. Doch anstatt meinen großen Bruder fand ich eine ganz andere Person vor. Die Miene des Blonden wirkte einerseits genervt aber gleichzeitig auch besorgt.

„Ist irgendetwas nicht in Ordnung?“

Beinahe hätte ich laut aufgelacht. Ob irgendetwas nicht in Ordnung war? Mein Gott, wieso konnte Reita nicht einfach sagen, was Sache war?

"Ich bin ok.", erklärte ich leise und blendete dabei die Gedanken aus, die mir eben gerade gekommen waren. Reita nickte darauf nur und biss sich auf die Lippe, während er auf mich herabsah.

"Hast du Lust, auf mein Zimmer zu kommen?", wollte er plötzlich wissen. Misstrauisch musterte ich ihn. Eine gut gemeinte Einladung? Und das auch noch von Reita?

"Wo liegt der Haken?", Meine Stimme triefte nur so von Misstrauen und dies war nicht einmal Absicht.

„Es gibt keinen Haken.“, Reita zog eine seiner schmalen Augenbrauen hoch.

Einen kurzen Moment zögerte ich, ehe ich schließlich nickte. Um ehrlich zu sein, war ich ihm fast schon ein wenig dankbar. Ich war im Moment mit allem einverstanden, was nichts mit Kai zu tun hatte. Oder Aoi. Dieser schien nämlich genauso in dieser Sache mit drin zu hängen, Unschuld hin oder her. Die Vorstellung, dass die Person, die mir hier am vertrautesten war, mich sozusagen hintergangen hatte –in welcher Weise auch immer – fühlte sich alles andere erfreulich an.
 

Als ich Reitas Zimmer betrat, schlug mir die Wolke eines neuen, süßlichen Geruchs entgegen, den ich sofort dem Blonden zuordnen konnte. Der Raum selbst unterschied sich nicht groß von einem der anderen Zimmer auf diesem Stock; Ein paar verlassen wirkende Möbel – beinahe farblos und keine Anzeichen von einer persönlichen Note – verliehen dem Raum einen deprimierenden Charakter, als fehlte ihm jegliches Leben.

"Ich mag es... schlicht.", sagte Reita nur, der meine Blicke anscheinend bemerkt haben musste und deutete auf mein Bett. Ich nickte und befolgte die unausgesprochene Aufforderung wortlos, indem ich mich auf die säuberlich gefaltete Bettdecke sinken ließ.

Reita hatte sich inzwischen auf seinen Schreibtischstuhl gesetzt und räusperte sich schließlich. "Ich muss zugeben, dass ich dich nicht ganz ohne Hintergedanken in mein Zimmer gebeten habe.“, begann er, worauf ich meine Augen unwillkürlich zu Schlitzen verzog. „Ach ja?“ Reita nickte. „Ich musste doch irgendetwas sagen, ansonsten wärst du mir nicht gefolgt.“ Damit hatte er wohl eindeutig Recht. Sogleich kam in mir eine ungute Vorahnung auf. Hatte Kai nun doch Reita die Aufgabe übertragen, mir die schlechten Neuigkeiten zu überbringen?

Als hätte er meine Gedanken gelesen, fügte Reita an: „Keine Angst, es ist nichts Negatives, oder jedenfalls würde ich es nicht so sehen. Ich weiß natürlich nicht, wie du es empfinden wirst, es liegt also an dir.“

Ich nickte ungeduldig. Anstatt um den heißen Brei zu reden konnte er es mir doch gleich ohne jegliche Umstände mitteilen.

„Ok, also“ Es erschien mir, als genoss es der Blonde fast schon, mich auf die Folter zu spannen, „Ich sollte dir –von Uruha persönlich, wohlbemerkt –ausrichten, dass du bald ein eigenes Zimmer bekommen wirst und zwar... im zweiten Stock."

"W-Was? Aber das ist doch-" "-Uruhas privater Stock?" Reita grinste. "Ich frage mich, was du angestellt hast, um so etwas zu erreichen. Alle Achtung."

"Nein, nein, ich weiß auch nicht, ich-", versuchte ich hastig zu widersprechen und spürte dabei, wie ich feuerrot wurde und wild mit meinen Händen zu gestikulieren begann. Doch Reita lächelte nur etwas müde. „Nun sag schon, womit hast du Uruha bearbeitet?“ „Ich wollte doch gar kein eigenes-“, „Schon gut, ich will es gar nicht hören. Ich möchte dir nur eines sagen: Ich an deiner Stelle würde vorsichtig sein, aber das weißt du bestimmt auch selbst. Uruha ist zu vielem fähig, mehr als du dir vorstellen kannst..." Ich nickte unbeeindruckt. Sätze dieser Art war ich mir bereits gewohnt. Anscheinend liebten es hier jeder, ach so geheimnisvolle Andeutungen über den sagenhaften Uruha zu machen, obwohl es – wie sie selbst auch immer sagten – ein Tabuthema auf diesem Grundstück war. Und zurück blieb ich, voller Fragen und nach Antworten suchend, die ich sowieso nie bekommen würde.

„Da bist du ja!“, drang plötzlich eine ziemlich nüchtern klingende Stimme an mich. Erschrocken drehte ich meinen Kopf und mein Herz sank in die Hose. Der Mann, der locker an den Türrahmen gelehnt da stand, war niemand anders als mein großer Bruder. Und seine Miene sagte mir, dass jener von mir so gefürchteter Moment nun gekommen war…

……………………………………………………………………………………………………
 

Kais Lippen waren eng aufeinander gepresst, tiefe Furchen durchzogen seine Stirn, während er mit brennenden Augen auf mich hinunter starrte. "Jetzt weißt du es also.", Die geflüsterten Worte drangen kaum durch mein Bewusstsein. Stattdessen versuchte ich verzweifelt, irgendwo tief in mir drin einen Halt zu suchen, der mich davor bewahrte, in einem dunklen, tiefen See zu ertrinken. Eine undefinierbare Kälte hatte mein Herz ergriffen und zerriss es nun langsam und schmerzhaft, als hätte es aus hauchdünnem Seidenpapier bestanden.

Da saß ich nun; vor einem Haufen Elend, der einst ein Leben gewesen war. Mein Leben. Ich hatte einst gelernt, es zu lieben und alles zu schätzen, was man besaß, war es noch so simpel. Ich hatte gelernt, für meine Träume einzustehen und zu kämpfen, immer ein Mal mehr aufzustehen, als dass man hingefallen war. Und dies alles dafür, dass ich mein Leben nun in einem Gefängnis fristen und irgendwelche Böden schrubben musste, zusammen mit Menschen, von denen ich geglaubt hatte, ihnen vertrauen zu können.
 

Kai hatte mich längst alleine gelassen, als ich mich auf den kalten Boden kniete und mein Gesicht in meinen Händen vergrub, welche sich in diesem Moment wie raues Schmirgelpapier anfühlten.

Schluchzer durchfuhren fast schon im Sekundentakt meinen Körper, Tränen sammelten sich in meinen Handflächen und zerflossen genauso so schnell wieder, wie sie auch gekommen waren.

Irgendwann spürte ich, wie eine Hand sanft meinen Rücken berührte und schließlich mein Kinn angehoben wurde. Trotz des dichten Tränenschleiers, erkannte ich die fein säuberlich geschminkten Augen, wenn auch nur vage. Als versuchten sich mich zu durchleuchten, musterten sie mich eindringlich.

„Hier bist du also. Ich habe mir bereits Sorgen um dich gemacht.“ Uruhas Stimme klang sanft und weich, auf eine Art und Weise beinahe schon tröstlich. „Es wird leichter, glaub mir Takanori. Wir alle müssen Zeiten durchstehen, die alles von uns fordern und uns unser letztes bisschen Verstand nehmen." Behutsam fuhr seine Hand über meinen Rücken, während ich meinen Kopf erneut senkte. „Hier nimm das“, Er reichte mir ein Glas mit einer trüben, Wasser ähnlichen Flüssigkeit. "W-Was ist das?", hauchte ich, meiner Stimme war jegliche Kraft gewichen.

„Etwas, was dir erst einmal die ganze Last von den Schultern nehmen wird. Du bist momentan emotional erheblich erschöpft und wirst etwas ruhen müssen.“ Und damit hatte er durchaus recht; ich fühlte mich einfach nur ermattet und ausgelaugt. Ohne lange darüber nachzudenken, trank ich die Flüssigkeit in langsamen Zügen und konzentrierte mein Blick dabei auf das Innere des Glases, anstatt den Mann neben mir ansehen zu müssen. Schließlich reichte ich ihm das inzwischen leere Gefäß wieder. „Gut gemacht.“, lobte Uruha mich, als wäre ich eben gerade einen Marathon mit Höchstgeschwindigkeit gelaufen. „Ich werde dich jetzt in dein Bett tragen, ja?" Ich nickte nur und fühlte sogleich, wie mich schlanke Arme umschlagen und ich schließlich den Boden unter meinen Füssen verlor. "Alles in Ordnung, du brauchst dir keine Sorgen zu machen.“ flüsterte er in mein Ohr, während ich erschöpft meine Augen schloss und mich in diesem Moment mehr als nur sicher fühlte.

Was danach folgte, wusste ich selbst nicht mehr so genau. Uruha trug mich in ein mir unbekanntes Zimmer, legte mich auf eine weiche Unterlage nieder und deckte mich schließlich zu.

Das letzte, was ich wirklich mitbekam, war, wie seine Lippen sanft meine Stirn berührten und er danach den Raum verließ.

Innerhalb Sekunden driftete ich weit weit weg von dieser Welt und meinem Leben, über das ich einst hatte selbst bestimmen dürfen.

Die nächsten Tage - oder waren es Wochen? - erschienen mir wie ein einziger Albtraum.

Ich befand mich in einem beinahe unbeschreiblichen Zustand, war weder wach, noch schien ich zu schlafen. Stattdessen fühlte es sich an, als ob ich keine Kontrolle über meine Glieder mehr hatte, als ob sie keinen Teil von mir selbst mehr waren. Mein Körper zitterte unkontrolliert und ich schwitzte die Laken nass, beförderte einige Male den Inhalt meines ganzen Magens zu Tage. Personen meines einst so friedlichen Lebens, erschienen neben mir, ihre Worte drangen jedoch nicht zu mir hindurch.

Ab und zu spürte ich, wie mich jemand berührte, über meine Stirn strich und meine Hände hielt, welche schlaff hinab hingen. Farben und Gerüche trübten meine Sinne, machten es mir zwischendurch schwer, überhaupt anständig zu atmen. Ein Gefühl von einer unendlichen Leere hatte sich in mir breitgemacht und ließen mich weder Glück, noch Wut oder Traurigkeit spüren.
 

Es war nach einem meiner zahlreichen Zitteranfällen, als ich das erste Mal meinen Namen vernahm.

"Taka?“ Die Stimme schien aus der Ferne zu kommen und doch war ich mir sicher, dass sie nur unweit von mir weg war. „Taka… kannst du mich hören?“

Ich wollte die Augen öffnen und der Person bestätigen, dass ich durchaus in der Lage war, sie zu hören, doch es wollte mir nicht gelingen. Ich fand schlicht und einfach den Zugang zu meinen Gliedmaßen nicht, als existierte ich nur noch in einer Illusion. Trotzdem kannte ich den Besitzer der Stimme ohne jegliche Zweifel; Es war Aoi, der zu mir sprach.

"Taka.... Ich weiß eigentlich, dass ich nicht hier sein sollte, Uruha wird wohl bald zurückkommen, aber ich wollte dich unbedingt besuchen kommen. Um ehrlich zu sein, war ich bereits schon einmal hier, ich habe sogar mit dir gesprochen, nur glaube ich nicht, dass du damals wach warst. Ich weiß auch jetzt nicht, ob du mental wirklich hier bist. Vielleicht…. Vielleicht könntest du mir ein Zeichen geben?“

Wie gerne hätte ich ihm diesen Wunsch erfüllt, wenn es auch nur mit einer Zuckung in meinem kleinen Finger. Wie gerne hätte ich ihm meine Dankbarkeit dafür, dass er mich wieder zurück in diese Welt geholt hatte, gezeigt. Doch noch immer lag ich einfach da, unfähig mich zu rühren.

Ich konnte hören, wie ein gedehnter Seufzer seine Lippen verließ und schließlich, so vermutete ich jedenfalls, das Rascheln der Decke.

„Also bist du es nicht, nicht wahr? Ich frage mich wirklich, was Uruha dir angetan hat… Was ICH dir angetan habe… Ich wollte, ich könnte alles rückgängig machen. Vielleicht hätte ich mich wehren und stattdessen abhauen sollen, aber dann hätte ich Reita, Kai und auch dich zurückgelassen...Ich war...wehrlos gegen Uruha, verstehst du? Ich konnte nichts tun… und… ich hoffe, du wirst mir eines Tages verzeihen können, Takanori, denn es tut mir unglaublich leid, was ich deinen Eltern und auch dir angetan habe…“ Seine Stimme klang brüchig und ich wusste augenblicklich, dass er es auch so meinte..

Einen kurzen Moment entstand ein Schweigen, wobei ich darauf wartete, dass er weitersprach, tat es irgendwie doch gut, die Stimme eines Menschen zu hören.

"Ich weiß nicht, ob du dir bewusst ist, dass dir Uruha Drogen verabreicht hat, ein ziemlich starkes Gemisch, um es geradeheraus zu sagen. Dasselbe hat mir Uruha vor einigen Jahren ebenfalls verabreicht und ich weiß noch, als ich hier an deiner Stelle lag – na ja abgesehen davon, dass mein Zimmer längst nicht so groß wie dieses hier war, Kammer wäre wohl eher der richtige Ausdruck gewesen, jedenfalls war ich einige Tage in einem ziemlich üblen Zustand-“ er machte eine kurze Pause, ehe er etwas leiserer weitersprach. „In deinem Falle hat Uruha sie benutzt, um deinen Schmerz zu lindern, gleichzeitig ist es aber auch eine Art Test. Bereits einige Personen sind dabei gestorben, Personen, die kräftig und gesund waren, jedoch aufgegeben haben und nie wieder erwacht sind. Kai, Reita und ich… wir gehören zu den Überlebenden, was in meinem Falle ein echtes Wunder war. Zu diesem Zeitpunkt wollte ich… einfach nur sterben und dieses schreckliche Leben hinter mir lassen. Meine Eltern und auch mein Bruder waren zu diesem Zeitpunkt bereits tot, ich hatte also niemanden mehr, der mir wichtig war. Wahrscheinlich wäre es mir wirklich gelungen, wenn nicht Reita jeden Tag an mein Bett gesessen wäre und zu mir gesprochen hätte. Ich habe nie gewusst, ob ich ihm deswegen hätte dankbar sein oder ihn hassen sollen. Erst als du gekommen bist, begann ich Reitas Ausgangsgründe zu verstehen, wenn auch auf meine eigene Art. Ich möchte dir helfen nur Taka, ich möchte dir helfen, das Ganze zu überstehen.“

Während er sprach, gingen mir tausende von Gedanken durch den Kopf, drängten sich in Vorder- oder Hintergrund und machten es mir unmöglich, klar zu denken. Doch eines wusste ich; Ich wollte nicht, dass Aoi sich für mich einsetzte und dabei in die Gefahr begab, von Uruha höchstpersönlich entdeckt zu werden.
 

//Bitte geh Aoi. Geh und lass mich sterben. Ich bin unnütz, ein Versager, siehst du das denn nicht? Du und Reita, ihr seid stark und habt ein Herz voller Courage. Doch ich habe nichts anderes als Tränen übrig, denke nur anstatt zu handeln. Ich bin eine Last.//
 

Ich versuchte die Worte, die sich nun klar in meinem Kopf gebildet hatten, auszusprechen, doch meine Lippen blieben versiegelt.

"Ich weiß dass du von der Freiheit träumst, genauso wie ich, Taka.“, Aois Stimme klang nun wieder etwas fester. „Ich weiß dass du diesen Gedanken nie hast gehen lassen können. Und wenn ich ehrlich bin, geht es mir genauso. Lass uns zusammen einen Weg finden, lass uns einen Plan schmieden.

Meinem Bruder ist die Flucht nie geglückt, dass weiß wohl so ziemlich jeder hier in diesem Gebäude, aber mit unserem Willen und unserem Zusammenhalt könnten wir es schaffen. Bitte Taka. Du weißt es vielleicht nicht aber du bist mir unglaublich wichtig und… und ich möchte, dass du lebst.“

"Was zur Hölle machst du hier Aoi?" Eine zweite Stimme war dazugekommen, die ich nach kurzem Nachdenken Kai zuordnen konnte, und unterbrach damit Aoi.

Ich hörte Kais Schritte, die sich näherten und schließlich seine Stimme, die gleich neben mir erklang. "Der lebt doch nicht mehr lange, sieh ihn dir doch an. Der Kleine war schon immer ein Schwächling, kann ich dir sagen. Handelte sich ein Problem nach dem anderen ein, dachte, er wäre das Wichtigste für unsere Eltern, aber in Wirklichkeit war er nur eine einzige Last für sie."

Seine Worte fühlten sich wie ein Pfeil an, der sich tief in meine Brust bohrte. Erneut wünschte ich mir, die Augen öffnen und einfach weglaufen zu können. „Er mag vielleicht für dich nichts anderes als ein kleiner, nerviger Bruder sein, doch für mich ist er keineswegs nur eine Last und ich glaube auch nicht, dass eure Eltern das so empfunden haben.", entgegnete Aoi sogleich kühl.

"Wie du meinst, aber ich rate dir zu verschwinden, ich erwarte Uruha in fünf Minuten vor seinem Büro."

"Gleich. Ich möchte noch einen kurzen Moment mit Taka reden."

"Du meinst wohl einen Monolog halten.", Kai lachte gehässig, worauf ich hörte, wie er sich wieder entfernte.

"Hör nicht auf ihn Taka. Du bist alles andere als eine Last, nicht für Reita und am allerwenigstens für mich. Ich weiß, dass du stark sein kannst, wahrscheinlich stärker als wir alle anderen.", flüsterte Aoi und plötzlich spürte ich, wie seine Hand sanft von meiner Stirn über meine Schläfen bis hin zu meiner Wange strich.

Ab diesem Tag tauchte Aoi jeden Tag - so definierte er jedenfalls die Zeit - auf, erzählte humorvolle Episoden aus Reitas Leben, beschrieb mir die Stimmung des Wetters, las mir einige seiner Lieblingsszenen aus seinen Büchern vor , versuchte mir Mut machen oder strich mir einfach nur über die Stirn, während er schweigend auf meinem Bett saß. Damit schaffte er es erneut, ein Gefühl in mir aufbauen, das sich Vertrauen nannte. Obwohl ich mir eigentlich gesagt hatte, diesem Menschen nie wieder zu , so konnte ich mich auch jetzt nicht durchsetzen. Anscheinend lernte ich nie aus meinen Fehlern. Andererseits konnte ich Aoi für mein Leben hier keine Schuld geben, er war schließlich nur ein weiterer Sklave von Uruhas System, der seine Befehle blindlings ausführen musste und so wie es aussah, war auch ich auf den besten Weg, komplett in dieses System eingeführt zu werden, sollte ich mich je wieder bewegen können.

Doch was war, wenn ich dies nicht schaffte und den Rest meines Lebens auf diesem Bett verbringen musste oder vielleicht gar lebendig begra-

"...nicht."

Erschrocken hielt ich mit meinen Gedanken inne. War dieses Wort gerade aus meinem Mund gekommen? Oder hatte ich mir dies nur wieder eingebildet?


Nachwort zu diesem Kapitel:
Es ist nicht das längste Kapitel, muss ich zugeben.
Aber irgendwie habe ich es für richtig befunden, hier einen "Schlussstrich" zu ziehen.
Weitere Kapitel sind aber in Arbeit und ich hoffe doch sehr, dass es euch gefällt! ^-^
glg Amuya Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Viel geschieht nicht in diesem Kapitel, oder mein ich das nur, weil ich das Kapitel so viel mal durchgelesen habe?
Ich hoffe, es war trotzdem spannend genug und animiert zum weiter lesen ^-^
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Kommentare zu dieser Fanfic (23)
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Von:  -_Kai_-
2015-08-28T10:35:55+00:00 28.08.2015 12:35
wann kommt das nächste kapitel raus?
finde diese geschichte sehr sehr spannend XD

lg Takeru
Antwort von:  Shinoito
06.09.2015 17:42
Hallo. ^-^
Dankeschön für deinen lieben Kommentar, freut mich sehr, das zu lesen!
Hätte nicht gedacht, dass nach so langer Zeit noch jemand kommentiert!
Ich werde sie wahrscheinlich in den nächsten Wochen (sorry für diese ungenaue Zeitangabe >-<)
mal updaten, sollte ich die Zeit dafür finden. :/
Lg Shinoito
Von: abgemeldet
2015-01-31T00:44:08+00:00 31.01.2015 01:44
spannend spannend ich freue mich auf das nächste kapitel


Lg kai :-)
Antwort von:  Shinoito
23.02.2015 18:41
Ein etwas verspätetes Dankeschön für deinen Kommi! :)
lg ^^
Von:  Ruki-Vocal122
2014-12-16T13:57:55+00:00 16.12.2014 14:57
Sooooooooooooooo spannend will weiterlesen
Antwort von:  Shinoito
11.01.2015 22:40
Dankeschöön ^-^
Von:  Morumotto
2014-11-22T19:46:51+00:00 22.11.2014 20:46
warum gerade jetzt wo es so spannend wird?
hach jetzt warten und tee trinken, bin ja mal echt gespannt was es zu sagen gibt.
lg moru
Antwort von:  Shinoito
11.01.2015 22:39
Danke für deinen Kommentar! ^^
Und ja ich bin fies ich weiß xD Aber das nächste Kapitel sollte bald veröffentlicht werden!
lg Shinoito
Von: abgemeldet
2014-10-25T14:10:37+00:00 25.10.2014 16:10
Tolles Kapitel, hat mir sehr gut gefallen.^^
War schön zu lesen.^^

Ich finde dein schreib still hat sich verbessert.^^

Bin auf das nächste Kapitel gespannt.^^

Lg^^
Antwort von:  Shinoito
09.11.2014 09:55
Heii
Tut mit leid, dass ich erst so spät antworte, hatte es eigentlich schon länger vor! ~_~
Ganz lieben Dank für deine Kommis, hab mich sehr gefreut darüber ^-^
Und ich bin echt froh, das zu hören, dann scheint sich das viele Üben ja zu lohnen ^^
lg Shinoito
Von: abgemeldet
2014-10-25T13:33:58+00:00 25.10.2014 15:33
Irgendwie hat mich das Kapitel an ein Märchen erinnert. XD
Fand es gut geschrieben.^^

Lg^^
Antwort von:  Shinoito
09.11.2014 09:59
Dankeschön ^^
Ein Märchen? Vielleicht habe ich unbewusst eines als Vorlage genommen xD

lg Shinoito
Von: abgemeldet
2014-10-25T12:04:07+00:00 25.10.2014 14:04
Ich weiß jetzt nicht mehr ob ich beim ersten Kapitel ein Kommentar geschrieben habe, deswegen hole ich es gar mal nach. ^^

Also mir gefällt die story sehr gut. ^^
Hört sich wirklich spannen an. ^^

Werde auch mal weider lesen.^^

Lg^^
Antwort von:  Shinoito
09.11.2014 10:02
Ich bin ganz gerührt von deinen lieben Kommis ;_; Vielen vielen Dank! ^-^
Freut mich, dass es dir gefällt! Sowas motiviert immer sehr ^^
lg Shinoito
Von: AomaSade
2014-10-13T17:28:12+00:00 13.10.2014 19:28
Hallo Shinoito,

ich bin kein "The GazettE"-Fan, aber deine Kurzbeschreibung hat mich neugierig gemacht. Du hast es geschafft, dass die Story auch nach sieben Kapiteln immer noch mysteriös ist und das meine ich im positiven Sinne. Man hat den Drang jedes Kapitel zu lesen, nur um hinter das Geheimnis um Uruha und Takanoris Entführung zu kommen. Und du hältst die Spannung wirklich aufrecht. Das kann nicht jeder Autor. Bitte schreibe schnell weiter.

Liebe Grüße
AomaSade
Antwort von:  Shinoito
17.10.2014 19:25
Hallo AomaSade

Dankeschön für deinen lieben Kommentar! Es freut mich sehr, dass du meine FF gelesen hast, auch wenn du kein GazettE Fan bist. Das ist ein riesengroßes Kompliment für mich!
Ich werde mir Mühe geben, die Spannung weiterhin aufrecht zu erhalten und laufend weiterzuschreiben. ^^

glg Shinoito
Von: abgemeldet
2014-10-10T23:52:08+00:00 11.10.2014 01:52
Hi
Cool das es weiter geht yeah
Antwort von:  Shinoito
11.10.2014 19:57
Hallo ^^
Tut mir echt leid, dass es so lange gedauert hat. Ich neige leider dazu, meine Geschichten fallen zu lassen und sie nicht zu beenden. Allerdings habe ich nun endlich wieder den richtigen Antrieb, um sie weiterzuschreiben. Leider kann ich nicht sagen, wie oft ich in Zukunft zum Schreiben komme, da die Schule wieder kommt und mein Austauschjahr auch schon bald vor der Türe steht. Auf alle Fälle werde ich mir Mühe geben ^-^
lg Shinoito
Von:  Franzi-chan
2013-09-03T19:27:13+00:00 03.09.2013 21:27
Ohhh schon fertig
Mann das Ende ist total cool geschrieben
freu mich schon aufs nächste Kapi
lad es ganz schnell hoch ja???
Lg Franzi-chan

-> Mach weiter so!
Antwort von:  Shinoito
04.09.2013 19:04
Aww, vielen Dank für deinen Kommi :3
Ich bin bereits am nächsten Kapitel und werde versuchen, es so schnell wie möglich hochzuladen, auch wenn ich momentan ziemlichen Schulstress habe ^0^
lg Amuya
Antwort von:  Franzi-chan
09.09.2013 19:14
Kenn ich :(


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