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Aufgewachsen unter Trümmern

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Rith ~9~: Es hat begonnen...


 

Aufgewachsen unter Trümmern

27. Kapitel - Rith 9: Es hat begonnen...


 

Alles hatte in diesem Moment an Sinn und Zweck verloren.

Dieser eine Moment, der wahrlich nicht für lange andauerte und gar lachhaften 3 Minuten wich, erschien mir nun in meiner eigenen Qual, wie die Ewigkeit höchstpersönlich und immer noch klingelte mir Esrás Stimme in den Ohren. Mein Mantra immer wieder aufs Neuste verkündend. 

Gar so spielerisch neckend meine neue Pein preisgab, sie widerlich in den Raum stellte, sodass ich sie einfach nicht umgehen konnte und mir somit nichts weiter übrig blieb, als hier weiterhin auf dem Boden zu sitzen und ihn anzustarren. Ihn, diesen Einen, der nun endlich sein wahres Gesicht zu zeigen schien.
 

Dieser Tsheheme von damals... das bin ich.

Wieder durchstieß dieser Satz meine Barrieren aus Unglauben und völligem Schock und ohne dass ich es bemerkt hatte, wurde mein Atem schneller. Unregelmäßiger gar das Heben und Senken meiner Brust und fiebrig versuchte ich das Chaos in meinem Geist in Einklang zu bringen. Versuchte zu verstehen, was dieser Wandel der Dinge für mich bedeutete, doch war ich im Moment zu überfordert, zu überlastet mit meinen Gefühlen, welche ein klares Denken in keinster Weise zuließen.
 

„Manjéth?“, erklang es von vorne und gar schon minder besorgt ergriff Esrás abermals die Gitterstäbe und hievte sich in einen kniende Position, mich dabei nicht aus den Augen lassend. 

„Geht´s dir gut?“

Seine Frage war lachhaft, gar selten dämlich noch dazu und ohne dass ich wollte, löste sich ein verkrampftes Lachen aus meiner Kehle. Das fragte er doch nicht gerade wirklich, oder?

Wieder konnte ich nicht anders als nervös zu lachen und fuhr mir dann durch das eigene wirre Haar, nicht aber um mit einer hochgezogen Augenbraue und einem fragendem Blick betrachtet zu werden.

Ob es mir gut ginge?

Perplex sah ich nun auf meine eigenen Hände, die nervös zu zittern begonnen hatten und versuchte ansatzweise das Chaos in meinem Kopf zu bereinigen.

Doch die Gedanken wollten nicht verstummen, wollten einfach nicht aufhören zu schreien und wieder zog ich die Beine enger an den Körper und bettete fahrige Hände an pochende Schläfen.

Ob es mir gut ginge?

Erbost schüttelte ich den Kopf, endlich meine aussichtslose Lage akzeptierend, die sich so lange in meinem Innersten

ausgebreitet hatte.

Nichts war gut.

Nichts war in Ordnung.

Denn das Erzählte, was der Tsheheme mir heute Morgen (War es überhaupt ein Morgen gewesen? Hier in diesem Loch wurde jegliche Zeit mit einem Mal verschluckt...) so locker flockig vom Stapel gelassen hatte, entsprach der Wahrheit. Nichts als der Wahrheit und der schwarze Lange die Hauptperson in seiner eigenen Geschichte.

Nun konnte ich doch endlich aufsehen, konnte meinem Gegenüber in die Augen blicken, welche wieder diesen einen besorgten Glanz angenommen hatten und dennoch auf so spöttische Art und Weise zu tanzen schienen.

Denn das dies nun für mich etwas weit aus Wichtigeres zu bedeuten hatte, war klar gewesen und so deutlich wie noch nie.

Wegen den Taten meines Vaters, saß er hier drinnen. Gefangen auf ewig, ein Leben lang bleibend in einer Folter ohne Aussicht auf Freiheit und dass Esrás vielleicht auf Rache sinnte, würde ich nur zu gut verstehen. Denn ich würde es nicht minder anders machen.
 

„Wieso... hast du das nicht eher gesagt?“, kam es dann doch vorwurfsvoll über meine Lippen und mein ungläubiger Blick wich gar einem tief Verletztem. Dieser Tsheheme hatte mich an der Nase herumgeführt, hatte dies vielleicht schon die ganze Zeit und mein Vertrauen in ihn (falls jemals vorhanden...) war nun völlig dahin.

Doch augenblicklich zuckte ich zusammen, als mein Gegenüber abermals in ein gellendes Lachen ausbrach, belustigt den Kopf schüttelte und sich dabei auf den Oberschenkel schlug. Oh wie sehr ich mir wünschte, dass er doch bitte in diesem Moment an seinem eigenen Gegacker ersticken sollte, konnte sich wahrlich niemand vorstellen.

Trotz meiner jetzigen Situation unterließ ich es nicht und ließ mich von meinen Emotionen leiten. Ein fahriges Knurren entwich meiner Kehle und augenblicklich verengten sich dunkelbraune Opale zu Schlitzen.

Oh dieser Teufel...

„Weißte, Manjéth“, kam es wieder aus einer rauchigen Kehle und ich konnte nicht verhindern, dass sich mir die Nackenhaare aufstellten.

„Ich seh halt zu gern dein verdattertes Gesicht, musste wissen. Das is einfach zu köstlich.“, brachte er wieder lachend hervor und mein eigenes Knurren wurde eine Spur lauter.

Irgendwann, würde ich noch explodieren – mit oder ohne Ki und dann war er dran. 

„Das hätte doch den ganzen Spaß vorweg genommen.“, versuchte er sich zu entschuldigen und mürrisch wandte ich den Blick ab. Seine blöden Scherze mit keinem Mal verstehen könnend, die er immer von sich gab, denn jedes Mal ging es auf meine Kosten. Immer war ich der Angeschmierte, derjenige, der unterlegen war und wütend ballten sich meine Hände zu Fäusten. Endlich war ich von Freezer befreit (...wenn man das als Ersehnenswert betrachten konnte) und dennoch schien ich nicht mit meinem Leben klar zu kommen. Neue Pein suchend, wo eine Alte endlich verschwunden war. Erbärmlich, Vegeta. 

Wirklich erbärmlich. 

Eine Glanzleistung wie sie im Buche steht.

Hast du ja toll hinbekommen.
 

Unsicher sah ich auf und betrachtete mein Gegenüber von Neuem. Wenn er es von Anfang an gewusst, ja so gar eine leise Ahnung gehabt hatte, wieso hatte er dann nie etwas gesagt? Wieso nahm er alles so selbstverständlich hin und bot mir dann auch noch seine Hilfe an? Gerade er, der eigentlich vor Hass hätte toben müssen?!? Das....

Das ergab doch keinen Sinn.
 

„Wieso hilfst du mir dann?“, verließ es auch sogleich meinen Mund und völliger Unglauben begleitete meine Stimme. Wenn er wusste wer ich war und welcher Familie ich abstammte, hätte er eigentlich nicht so selbstlos handeln müssen. Hätte seine eigenen Bedürfnisse nicht nach hinten gestellt und mir der Vortritt überlassen. Wenn man es genau nimmt, hätte er mich wirklich hier drinnen verbluten, oder mich einfach von den Wärtern zusammenschlagen lassen können. Hatte er aber nicht und mürrisch zog ich die Augenbrauen zusammen.

Was... was ging nur in ihm vor?

„Das is ne gute Frage, Manjéth.“, kam es wieder vom Tshehemen, doch eine Spur befreiter, denn endlich schien er sich beruhigt zu haben und ernst sah ich Esrás nun in die Augen. 

Immer noch saß ich am alten Platz, dicht an die Wand gepresst und so weit von ihm entfernt wie ich nur konnte. Momentan war mein Vertrauen auf dem tiefsten Stand und wenn sich daran jemals wieder etwas ändern sollte, musste ich die Dinge von allen Seiten betrachten. Musste warten, musste abschätzen und den richtigen Zeitpunkt einfangen, eine Entscheidung zu treffen. 

Doch... wann war dieser?

Frustriert verließ ein weiteres Schnauben meine Kehle, doch wurde es abermals von der Stimme meines Gegenüber unterbrochen.

„Echt ne Saugute....“, verließ es dunkle Lippen und überlegend legte Esrás einen Zeigefinger an das Kinn.

Ich ließ ihm alle Zeit der Welt, denn momentan konnten wir ja sowieso nirgendwo hin und ich wollte endlich, dass er mir die Wahrheit sagte.

Was ich auch sogleich in meinem Blick deutlich machen ließ, denn wieder strafte ich den Tshehemen mit feurigen Augen, doch dieser schmunzelte nur belustigt. Sich in keinster Weise von mir bedroht fühlend – wo er natürlich recht hatte.

Momentan würde ja nicht ein Mal mein eigener Schatten irgend jemandem Angst einjagen, also warum es auch weiterhin versuchen, wenn ich sowieso nichts damit bezwecken konnte?

Wieder wallte Zorn in mir auf, doch musste ich ihn erstmals schlucken und auf später verschieben.
 

„Weißte, am Anfang habe ich echt dran gedacht, dich hier drinnen versauern zu lassen.“, sprach der Schwarzhaarige nach langer Überlegung und sah mich dann grinsend an.

„Das hätt ich wirklich. Ich hätt dich ins ausgestreckte Messer laufen lassen können. Doch....“

Befremdend war seine Stimme, als Esrás an vergangene Tage zurück dachte und glasiger sein Blick, als er sich noch ein Mal alles vor Augen rief. Ich zitterte, denn mir erging es nicht minder anders, doch auf eine gar grausamere Art und Weise. 

„Als ich dich so gesehen hab, windend im Dreck liegend vor Schmerzen, geplagt inner Nacht vor Kälte und Alpträumen....“, wieder ein Blick in weite Ferne und das zittern meines eigenen Körpers hatte begonnen. Denn seine Wörter schmerzten. Es tat weh so ungehindert meine Situation präsentiert zu bekommen, dass ich ein Aufkeuchen meinerseits nur noch vage unterdrücken konnte.

„...und ich all deine vielen Narben gesehen hab, da dacht´ ich mir, dass de eigentlich... genug gelitten hast.“, beendete Esrás seinen Satz und ich konnte nicht verhindern meine Beine enger an den Körper zu ziehen und die Arme fester um mich zu schlingen. Hoffend, dass ich so das Beben vertrieben konnte, doch war es hoffnungslos.

So sah ich also aus.

So wirkte ich auf andere?!?

Ein gebrochenes Wesen, das man nicht weiter belasten konnte, gar immer und immer wieder Mitleid schenkte, weil es in den Augen des Betrachters, nichts anderes verdient hatte?

Weil es genug gelitten hatte?

Erschien ich so erbärmlich?

Nun konnte ich die Wut nicht mehr unterdrücken, welche sich schon zu lange in mir angestaut hatte und schlug mit der Faust auf den steinernen Boden. Natürlich brachte es nichts, sondern nur neuen Schmerz, doch unterdrückte ich diesen gekonnt.

„Hey, kein Grund, gleich sauer zu werden...“, ertönte es abermals vor mir und schmollend biss sich mein Gegenüber auf die Unterlippe.

„Du wolltests doch wissen, net ich.“

Doch ich hörte den Protest des Anderen kaum; weder noch wie er mich immer und immer wieder beim Namen rief. Weder noch, wie er dann einfach weiterhin in Stillschweigen verweilte und mich überlegend, gefangen in eigenen Gedanken, beobachtete.

Momentan spürte ich Nichts. Rein gar nichts , nur diese eine flammende Wut in meinem Körper. Unaufhaltsam und auf ewig brennend.

Dafür würde er büßen.

Zittrig gruben sich meine Nägel in kaltes Fleisch, als ich weiterhin die Fäuste ballte und zu Boden starrte.

Dafür würde Freezer brennen.

Diese Schmach und diese Schande, die er mir so blindlings aufgetragen hatte, würde ich nicht mehr so leichtfertig hinnehmen. Weder noch seine ganzen Versuche mich brechen zu wollen. Mich zu formen nach seinen Wünschen und nach seinen Zielen. Nie wieder würde ich klein bei geben.

Zornig verengten sich meine Augen zu Schlitzen, als ich weiterhin auf meine Hände starrte, wortlos das Blut erblickte, welches nun langsam zu Boden tropfte und in kaltem Stein versank.

Kein Ki blockierendes Mal würde mich davon abhalten, zu Freezer zurück zu kehren und das einzufordern, was mir zustand. Was uns allen zustand.

Etwas, das schon immer mein Eigen gewesen war. 

Von Anfang an.

Mein Leben.

Nie wieder, würde ich nachgeben. 

Nie wieder Schwäche zeigen. 

Keine Liebe zulassend, da sie sowieso nur hinderte und in diesen dunklen Stunden unnütz geworden war.

Nie wieder würde ich etwas fühlen, um das zu schützen, was nach all den Jahren immer noch nicht gebrochen war.

Meine Seele und ebenso etwas, was mir Freezer niemals nehmen konnte, auch wenn er es noch so sehr versuchte.

Nicht solange ich lebte.
 

Eine Chance.
 

~*~
 

Wieder bewegten wir uns im Mob, doch dieses Mal nicht in die untersten Speisesäle in denen wir heute Morgen, ganz früh schon, gewesen waren. Nein. 

Heute hatten wir etwas ganz anderes im Sinn und der Tshehme neben mir, wirkte mehr und mehr nervös. Nicht so wie sonst und der Blick, den ich ihm nun zuwarf, war milde gesagt ausgedrückt, fast schon besorgt.

Esrás hatte mir heute morgen nach einem kläglichen Mahl, das wie nach stinkender Grütze (...und leider auch so gerochen hatte) erzählt, dass die Arbeitswochen wieder angefangen hätten. Irgend ein Spinner (und dabei ging ich mal fest davon aus, dass er wieder sich selbst meinte) hatte es geschafft die unteren Kellerräume in Brand zu stecken und somit war der gesamte Komplex für mehrere Tage gesperrt gewesen.

Nun schien sich eben jene Sperre wieder aufgelöst zu haben und die tägliche Arbeit konnte verrichtet werden. Für mich war es das erste Mal und um ehrlich zu sein, war ich froh, meine Zelle nicht nur zu den kläglichen Mahlzeiten verlassen zu dürfen.

Außerdem konnte ich mir so ein gutes Bild von Rith machen und von meiner Flucht, die immer noch an oberster Stelle stand.

Der Oberst ließ mich in Ruhe, wahrscheinlich war er zu sehr damit beschäftigt seinem Orakel nach zu eifern und hoffte, dass er endlich mein Passwort würde knacken können. Doch da musste er noch eine ganze Weile warten und ich hatte somit genug Zeit mir einen Plan auszudenken.

Kurz huschte ein befriedigendes Lächeln über meine Lippen, was meinen Nebenmann nur fragend eine Augenbraue in die Höhe schnellen ließ. Endlich...

Endlich hatte ich auch mal ein bisschen Glück auf meiner Seite und selbst, wenn es nicht viel war, so war es wenigstens... Etwas.

„Wie geht’s eigentlich deinem Arm, Manjéth?“, kam es schließlich trocken von meinem Nebenmann und wieder sah ich auf die verbundene Stelle, auf die der Tshemen nun mit einem Finger deutete.

Die Wunde hielt sich gut und mehrere Male hatte ich die Naht mit dem Desinfektionsmittel von Esrás erneut gesäubert und versucht steril zu halten. Noch mehrere Tage stillen Wartens und ich konnte mich vielleicht daran setzten, die Fäden zu ziehen.

Das würde zwar wieder großen Schmerz mit sich bringen, doch beschlich mich ein leises Gefühl, dass dies bei weitem nicht Alles war, was mich noch hier auf diesem kalten Fels erwarten sollte.

Statt ihm eine Antwort zu geben brummte ich nur und hing dann wieder meinen Gedanken nach.

Eher meiner versuchten Flucht, denn die letzte Nacht verbrachte ich eher mit Grübeln, als an einen erholsamen Schlaf zu denken.

Das Gerüst stand, die Idee fast komplett, doch beinhaltete sie momentan eher nur den mickrigen Versuch an meinen Bordcomputer zu kommen, als mich um mein eigentliches Ziel zu kümmern.

Ich musste erstmals Zeit gewinnen und wenn ich es schaffte, meinen Energiekern für nur eine Nacht in die Finger zu bekommen, sodass ich die Daten und die Route ändern konnte, wäre mir schon sehr geholfen.

Die Ausführung dessen würde schwieriger werden, war aber nicht ganz unmöglich.

Wieder huschte mein strenger Blick zu meinem Nebenmann und musterte den Tshehemen fast schon penibel genau, welcher viel zu sehr damit beschäftigt war, erneut seine verfilzten Haare in Einklang zu bringen. Denn Esrás war leider ein wichtiger Baustein in meiner Konstruktion und tiefer vergrub ich nun meine Hände in den Hosentaschen meiner dunkelgrünen Arbeiterhose, die mehr Dreck und Risse als Stoff vorweisen konnte.

Er war leider der Schlüssel zu meinem Erfolg, denn ich würde niemals in die technische Abteilung kommen ohne Verdacht zu schöpfen und um den Energiekern entwenden zu können. Aber er – konnte es.

Doch im Gegensatz zu Esrás Gehirn war jede Bohne gänzlich schlauer und somit musste wohl oder übel ich seine technischen Werke vollbringen, welche ihn sicherlich schon am Ende dieser Woche in besagte Abteilung befördern würden. Zwar kannte ich mich bis jetzt nur mit meinen eigenen Fluggleitern und etwas Elektronenwissenschaften aus, aber dann musste ich eben die treibende Kraft sein. Wenn ich hier raus wollte, musste ich alles mir Erdenkliche in Kauf nehmen und – ja. Das wollte ich.

Wütend ballten sich zittrige Hände zu Fäusten und mein Blick brannte mehr und mehr vor Entschlossenheit.

Das wollte ich wahrhaftig.
 

„Also so wie ich das bis jetzt verstanden hab, wird’s ne Art Ablenkung, oder?“, brachte mein Gegenüber nicht gerade leise über seine Lippen und mein Schlag, der augenblicklich in seine linke Seite traf, war nicht gerade mild.

„Geht´s nicht noch lauter, du Vollpfosten?“, zischte ich meinen Nebenmann erbost an und sah dann nervös auf einen weiteren Gefangenen, der sich langsam zu uns umgedreht hatte und uns mit einem eher skeptischen Blick betrachtete.

Doch wohl schien der Riese nicht viel verstanden zu haben, denn mit einem Schulterzucken wandte er sich wieder nach vorne, folgte der Meute und ich wischte mir erschöpft über die schweißnasse Stirn. Nicht auszudenken, was passiert wäre wenn....

„Wenn du das noch ein Mal machst, dann wird der nächste Schlag nicht mehr so sanft sein!“, raunte ich meinem Nebenmann wieder zu, doch der Tshehemen lachte nur kurz auf.

„Sanft?!? Dat soll was Sanftes gewesen sein?“

Ich hörte den Schmerz in seiner Stimme, doch ließ ich mich davon nicht weich kriegen. 

„Dafür, dass de dir den Ki abgezapft haben, haste ganz schön was aufm Kasten, Manjéth,“, brachte Esrás zittrig über seine Lippen und hielt sich immer noch die geprellte Seite, in die ihn mein Ellenbogen getroffen hatte.

„Bist halt en Saiyajin durch und durch.“, lachte er erneut und ich konnte nicht anders, als mir die Hand vor die Stirn zu schlagen. 

Und so etwas hatte ich an meiner Seite?

Verzweifelt beobachtete ich den Tshehemen aus dem Augenwinkel, während wir weiter die lange Steintreppe hinunter liefen. Tief hing das Donnern des nahenden Gewitters am Himmelszelt und die Sonnenstrahlen waren verschwunden. Später würde es sicherlich zu regnen beginnen und dass dann meine Kammer einem reinen Schwimmbecken glich, war anzunehmen.

Ich seufzte und konnte ein Stöhnen nicht mehr unterdrücken. Das würde wohl dann auch eine kalte Nacht bedeuten und schon jetzt konnte ich mich wieder auf kurze Stunden Schlaf einstellen. Entweder das oder Esrás eintönige Sing-Sang Tiraden, die er immer in solchen Stunden der Einsamkeit und eisigen Kälte zu starten schien.

Wieder schüttelte ich den Kopf, vertrieb die mir nervige Stimme schon jetzt und hing meinen eigenen Gedanken nach. Hatte ich dem Tshehemen das wirklich versprochen?

Mürrisch zog ich meine Augenbrauen zusammen und bog dann um die Ecke, wieder dem Mob folgend, der uns etliche Stufen hinunter führte.

Doch... er hatte mir keine andere Wahl gelassen und wieder erinnerte ich mich an die letzte Nacht zurück. Zurück an jenes Sein, als ein Versprechen so leichtfertig meine Lippen verlassen hatte und ohne, dass ich auch nur Ansatzweise über die Konsequenzen nachdenken konnte. Nicht wissen, dass dieser eine Zug noch ein Nachspiel für mich haben würde.
 

~*~
 

Ich helfe dir unter einer Bedingung, hatte er gesagt.

Pff, wie lachhaft.

Tief in Gedanken setzte ich mich dem Tshehemen gegenüber und sah auf die vielen Eisenteile vor mir.

Wenn ein Satz schon solch einen Anfang trug, war es besser reiß aus zu Nehmen und demjenigen den Rücken zu kehren, dessen Bitte so leichtfertig seinen Mund verlassen hatte. Doch mir blieb keine andere Wahl.

Ich musste bleiben. Musste mir anhören, was Esrás zu sagen hatte und auch, wenn ich es eigentlich gar nicht wollte. 

Nicht wirklich seine Bedingung hörend, welche so verspielt einfach in den Raum geworfen wurde und mich kurz innerlich hatte fluchen lassen. Denn, dass mir der Tshehemen nicht so einfach helfe würde, war klar gewesen.

Von Anfang an und da ich nicht wollte zwecks einer Lüge aufzufliegen, gab ich mein Wort, noch ehe ich seine Bitte gehört hatte.

Doch als ich es tat, wünschte ich mir, nicht doch einen anderen Weg eingeschlagen zu haben.
 

Versprich mir, mich eines Tages hier rauszuholen, hatte er gesagt.

Pff...

Als ob das so einfach wäre. 

Als ob ich so einfach mit ihm im Schlepptau durch die offenen Türen dieser Hallen marschieren konnte, ohne irgend ein Aufsehen zu erregen. Es war lachhaft.

Wirklich lachhaft.

Was dachte sich dieser Trottel dabei?

Frustriert sah ich auf den Tshehemen vor mir und betrachtete seine verzweifelten Versuche, zwei Eisenteile aneinander zu schrauben, eher mit gemischten Gefühlen. Kein Wunder, dass er die unteren Kellerräume in Brand gesteckt hatte, in denen wir uns nun befanden. Zuzutrauen war ihm alles und kurz sah ich mich um.

Hohe kahle Stahlwände waren in den Stein gehauen und verliehen dem ganzen Komplex mehr als nur Standhaftigkeit. Vereinzelte Fenster waren in den Stein eingehauen und ließen nur klägliches Tageslicht herein. 

Der Rest wurde von diesen widerlichen Petroleumleuchten erhellt, dessen Strom schmerzlich in meinen Ohren zu Surren begonnen hatte, doch musste ich aushalten.

Vereinzelte Tische standen Reihe an Reihe und an jeder Ecke schien ein Wärter zu stehen. Schien uns mit Adleraugen zu beobachteten, während die gar guten 100 Leute ihre Arbeit verrichteten. Ein eher eintöniges Sein, welches schlichtes Aneinanderreihen oder Verschrauben von Eisenstangen und Platten beinhaltete und ich mich schon jetzt fragte, wie ich jenes Unmögliche bewerkstelligen sollte. Wie sollte ich es schaffen, irgendetwas Glorreiches aus diesem Schrotthaufen zu gewinnen, sodass mein Gegenüber schon bald in die technische Abteilung gelassen wurde?

Wieder huschte mein Blick kurz zu Esrás, doch dieser schien viel zu sehr beschäftigt damit, seine erste Fuhre zu beenden und konnte ein Seufzten nicht mehr unterdrücken, als er abermals verwirrt einen Eisenklumpen in die Höhe hob und ich nur den Kopf schüttelte.

Na das konnte ja noch etwas werden, dachte ich frustriert und schlang dann erneut die Arme um mich. Versuchend die Kälte zu vertreiben, doch war es unmöglich.

Die stählernen Mauern schienen uns nicht nur von den anderen Hallen zu isolieren, sondern auch jegliche Wärme von uns fernzuhalten und wieder versuchte ich das Zittern meines Körpers zu unterdrücken, doch half es wenig.

Wieso war es nur so verdammt kalt? 

Man konnte fast seinen eigenen Atem sehen und schmerzlich bewegte ich meine Finger, die dank der kühlen Luft schon fast steif geworden waren.

Wie sollte man unter diesen Bedingungen arbeiten können? Das war ja nicht zum Aushalten.

Kurz ließ ich wieder meinen Blick durch die Hallen wandern und erkannte ein mir bekanntes Gesicht. Nun ja... eher ein Unerwünschtes, doch der weißhaarige Tschoken, dem ich meine Wunde am Arm zu verdanken hatte, schien mich ebenfalls bemerkt zu haben und sah auf. Ein paar Tische trennten uns voneinander und dennoch konnte ich jene Abfälligkeit sehen, mit der er mich nun betrachtete. Höhnisch den Kopf in die Höhe gereckt und die Augen spielerisch spöttisch auf mich gerichtet, sodass mich augenblicklich erneute Wut erfüllte. 

Zitternd wandte ich mich ab. Nein, ich durfte mich jetzt nicht meinem Zorn hingeben und starrte wieder auf den Stahlklumpen, der einst mal ein Maschinenteil für einen Fluggleiter werden sollte. Ich durfte mich nicht durch ihn von meinem eigentlichen Ziel ablenken lassen. Dieser Stümper würde seine Lektion noch bekommen, da war ich mir sicher und wieder fing ich an stumm und schweigsam meine Arbeit zu verrichten.

Esrás schien meinen Frust zu spüren, denn immer wieder lagen seine dunkelgrünen Opale auf mir. Schienen mich zu beobachten, doch hielt der Tshehemen ausnahmsweise Mal den Mund. Wohl wissend, dass ich momentan nichts hören wollte. Nichts von ihm und seinen belanglosen Witzen, die mir wahrlich eines Tages wirklich den letzten Nerv rauben würden.
 

Hol mich eines Tages hier raus, hatte er gesagt.

Wieder versuchte ich das Knurren meiner Kehle zu unterdrücken und hing erneut meinen Gedanken nach, die einfach nicht verstummen wollten.

Und es ist mir völlig gleich, wie und auf welche Art du das machst.

Erneut hallte mir Esrás Stimme in den Ohren und wieder warf ich einen kurzen Blick auf meinen Vordermann, welcher eifrig mit seinen Bauteilen beschäftigt war.

Doch mir blieb keine andere Wahl.

Ich hatte mein Versprechen gegeben, aber wenn man es genau nimmt, hatte dieser Tsheheme mich eher erstochen als mich darum gebeten. Er wusste wer ich war, wusste um mein Ehrgefühl, das trotz der kalten Stunden meines Lebens niemals von meiner Seite gewichen war. Er schien uns Saiyajins besser zu kennen, als ich dachte und wieder stahl sich ein leises Seufzten über meinen Lippen. 

Ja, ich hatte zugesagt. 

Hatte ihm versichert, dass ich es zu mindestens versuchen würde. Aber ob ich jemals überhaupt in der Lage sein würde, erneut diesen Platz aufzusuchen, oder ob Freezer mich gehen lassen würde, war fraglich und somit blieb mein Versprechen zwar bestehen, aber unausgesprochen.

Ich würde es versuchen.

Selbst, wenn es Jahre dauern sollte.
 

„Total der eintönige Scheiß, net wahr?“, kam es plötzlich von meinem Vordermann und erschrocken sah ich auf.

Eigentlich hatte ich nicht mehr mit einem Gesprächsanfang gerechnet, doch Esrás schien wie immer kurz gebunden und ein loses Mundwerk zu haben. Ich seufzte, wissend, dass ich ihn sowieso nicht aufhalten konnte und lies den Schraubenzieher sinken, der von nun an mein Überleben sichern würde.

„Immerhin besser, als stumpfsinnig in dieser Zelle zu sitzen“, brummte ich ihm entgegen und verrichtete dann wieder meine Arbeit.

Ich wechselte mich ab.

Eine Fuhre weit aus hochwertiger Komplexe schmuggelte ich dem Tshehemen unter dem Tisch zu, wenn einer der Wärter grade Mal nicht hinsah. Was leider eine ganze Zeit dauerte, aber am Anfang durfte ich meinen Plan auch nicht so konsequent durchführen. 

Esrás hatte eher die Intelligenz eines Strohballen, da war es höchst auffallend, wenn er plötzlich die ausgefallensten Sachen kreierte, die man aus diesem Stück Blech schaffen konnte. Also musste ich es langsam angehen lassen, aber ich hoffte innigst, dass es bis zum Ende der Woche, höchstens zu Beginn der Zweiten, endlich funktionieren würde. 

Das musste es einfach und wieder verschraubte ich Eisenteile aneinander, welche ich dann für meinen eigenen Gebrauch nutzen würde.

Meine Ware musste bei Weitem schlechter sein, sodass ja kein Verdacht geschöpft werden konnte, dass ich hinter all den Werken von Esrás stecken könnte.

Zugegeben, ein eher mittelmäßig gut durchdachter Plan, aber etwas Weltbewegenderes war er nicht.

Aber immerhin das Beste, was mir auf die Schnelle eingefallen war und mir hoffentlich etwas mehr Zeit verschaffen konnte. Das musste es einfach, denn ich wollte so schnell wie möglich hier raus. 

Dafür würde Jeeze büßen.

Zornig ballten sich meine Hände zu Fäusten, als ich abermals an den rothäutigen Krieger dachte. 

Für diesen gemeinen Verrat sollte er eines Tages brennen. Dafür und dass er mich an Freezer als Übeltäter dieser missglückten Mission verkaufte. Denn das er meinen Namen bei der Echse in ein falsches Licht rücken würde, war mir von Anfang an klar gewesen. 

Sollte ich jemals wieder auch nur einen Fuß auf Zyr setzten, so war er fällig. Diese Schmach würde ich nicht länger auf mir sitzen lassen.

„Biste sicher, dass des klappt, Manjéth?“

Esrás Flüstern riss mich wieder aus meinen Gedanken und zornig sah ich auf. 

Was hatte ich diesem Trottel gesagt?

Kein Wort über seine Lippen, sobald wir außerhalb unserer Zellen waren. War dieser Idiot einfach so beschränkt oder tat er nur so?!?

Kurz musterte ich den Mann vor mir, der einst ein Mal meinen Vater getroffen hatte und dank diesem nun hier den Rest seines Lebens verbringen durfte.

War er wirklich so oder war all dies nur eine gut versteckte Show?!? Eine Maske, die er zu tragen schien, um sich hier drinnen vor den Machenschaften der Anderen zu schützen?

Ich wusste es nicht und um ehrlich zu sein wollte ich es auch gar nicht wissen. Kopfschmerzen bahnten sich an und während ich mir eine Hand gequält an die Stirn presste, nickte ich einmal kurz.

Ein Zeichen, welches deutlich sagen sollte, dass ich momentan nichts hören wollte und somit vertiefen wir uns beide wieder stumm in unserer Arbeit.
 

Die Stunden zogen sich dahin und bald wurde alles zu einer eintönigen Einheit. 

Alles was jetzt noch Bestand hatte, war die Kälte um uns herum und das ewige Klirren und Surren der anderen Gefangenen, die haltlos ihre Arbeiten verrichteten.

Wie im Strom, wie im ewigen Sog der Meute, der nicht zu Enden schien und schon bald, zumindest bei mir, Müdigkeit hervorrief.

Ich hatte nicht wirklich die letzte Nacht geschlafen, war viel zu sehr mit meinen eigenen Gedanken beschäftigt und diese Nachsicht schien sich nun zu rächen.

Nur noch vage konnte ich ein Gähnen unterdrücken und nahm mir kurz die Freiheit meine ewig arbeitenden Hände zu senken, um ihnen eine Pause zu gönnen. Doch hätte ich das mal lieber nicht getan, denn augenblicklich traf mich etwas Hartes am Hinterkopf und zu geschockt von dem darauf folgendem Schlag und dem Shcmerz, zuckte ich zusammen.
 

„Nich einschlafen, Saiyajin!“, ertönte es hinter mir und unter Schmerzen presste ich mir eine Hand an den Kopf. Genau an die Stelle, an der mich ein eisernen Knüppel getroffen hatte und zitternd sah ich auf; direkt in die belustigte Fratze eines Wärters, welcher sich nun über mich beugte, um meine Fuhrkiste zu begutachten.

„Alles nur Schrott!“, pöbelte er von neuem und schmiss mir dann die ganze Kiste vor die Füße. Laut war das Scheppern, mit dem die kläglich zusammengeschraubten Eisenteile zu Boden flogen und augenblicklich alle Aufmerksamkeit auf mich lenkte.

„Euer stümperhaftes Volk scheint wohl doch nur fürs Kämpfen gut genug zu sein.“, brachte der bullige Tsheheme erneut über helle Lippen und sah mich dann belustigt an.

„Wobei, wenn ich mir dich so anschaue, glaub ich nich mal, dass du dafür zu gebrauchen bist.“

Ein belustigtes Raunen ging durch die Menge, was sich schon bald in ein schallendes Gelächter verwandelte.

Ein Laut, den ich mein ganzes Leben nur zu oft hatte hören müssen und augenblicklich spannte ich die Muskeln an. Bereit aufzustehen und diesem widerlichen Bastard meine Faust ins Gesicht zu schmettern. Ihm zeigend, dass er so nicht mit mir umgehen konnte, doch augenblicklich traf mich etwas hart am Schienbein und ich unterdrückte gerade noch so ein schmerzliches Keuchen. Was... 

Was war denn jetzt schon wieder?!?

All meine Rage verflog mit einem Mal, als ich kurz zu Esrás blickte und der Tsheheme nur warnend den Kopf schüttelte.

Ein Zeichen, dass ich mich zügeln, mich bremsen sollte und langsam versuchte ich, die angestaute Wut hinaus zu lassen. Atmete einmal tief ein und aus und versuchte das Gelächter auszublenden, das alleine an mich gerichtet war.

Esrás hatte recht.

Wenn ich mich jetzt nicht beherrschen konnte, wäre die Gefahr groß, entdeckt zu werden und neuen Ärger wollte ich mir eigentlich nicht einhamstern.

Wahre Kraft übt sich in Geduld, hatte irgendwer mal zu mir gesagt; ich glaube sogar fast es war Nappa gewesen und diesen Rat würde ich auch befolgen.

„Unterschätz den Bengel mal nich, Béros.“, erklang nun eine zweite Stimme, die sicherlich zu dem zweiten Wärter gehören musste, welcher sich nun zu uns gesellte.

Prüfend lag sein Blick auf mir und ich erwiderte seine stumme Musterung mit einem fahrigen, gar boshaften Knurren. Zog enger meine Augen zu Schlitzen, was lediglich eine erneute Belustigung bei meinem Gegenüber hervorlockte.

„Ich bin sicher, dass er bei den Sósámaíí ne gute Show abliefern würde.“

Verwirrt sah ich zwischen den beiden Tshehemen hin und her, als der Andere, welcher mir einen kräftigen Schlag verpasst hatte,dann plötzlich in schallendes Gelächter ausbrach.

„Ich bitte dich. Guck dir das Hänfling doch mal an.“, röhrte er von Neuem und versetzte mir dann einen so heftigen und überraschten Schlag auf die Brust, dass ich beinahe von meinem Hocker geflogen wäre.

„Auf den würde ich nich wetten, wenn ich du wäre. Der hält ja nicht mal eine Runde aus.“

Wieder lachte der schwarzhaarige Tsheheme auf und ich konnte gerade noch so meine Wut im Zaum halten. 

Ich wusste zwar nicht um was es ging, doch niemand hatte das Recht dazu, mich als Schwächling abzustempeln.

Wenn ich doch nur meinen Ki hätte.....

Verbissen sah ich auf das Mal, welches immer noch erhaben auf meiner Haut thronte und meine wahre Kraft in dunklen Schatten gefangen hielt.

Dann wären diese Stümper fällig.

„Wenn du meinst.“, kam es abfällig von seinem anderen Rassenmitglied und zuckte dann nur lustlos mit den Schultern. 

„Genug mit dem Geplänkel und weiter an die Arbeit, ihr faulen Säcke.“, gab er erneut den Befehlston an und wieder wandte sich die Meute ihrer Arbeit zu.

Unsicher sah ich den beiden Wärtern hinterher, als sie sich wieder an ihren Ausgangsposten gesellten und die Blicke über den Saal wandern ließen.

Sósámaíí?!? 

Was war das denn bitteschön?

Sofort lagen meine Augen auf meinem Gegenüber, doch Esrás sah mich einfach nur misstrauisch an. Ließ jenen einen Zweifel in seinen grünen Opalen erscheinen, dass es mir augenblicklich die Nackenhaare aufstellte.

„Was?...“, fragte ich nach einer Weile, denn sein Blick wich erneuter Belustigung und lachend schüttelte er dann plötzlich den Kopf.

„Was ist so lustig?“ kam es erneut erbost über meine Lippen und zornig ballte ich die Hände zu Fäuste, meinen Vordermann dabei nicht aus den Augen lassend.

„Nichts, nichts.“, lachte der Tsheheme wieder und fing dann wieder mit seiner Arbeit an.

Grummelnd folgte ich seinem Beispiel, wissend dass mir Esrás sowieso nichts sagen würde, wenn er dies nicht von alleine wollte, also musste ich abwarten.

Vielleicht war hier auch einfach nicht der richtige Ort und ich würde den Tshehemen später in unserer Zelle nochmals danach fragen.

Momentan hatte ich ganz andere Prioritäten und setzte mich dann verbissen ebenfalls wieder an meine Arbeit.

Wenn ich hier raus wollte, dann durfte ich keine Zeit mehr verlieren und mich von nichts und niemandem ablenken lassen.

Von niemandem.
 

~*~
 

„Was für ein Tag.“, kam es erschöpft über dunkel Lippen und kraftlos ließ sich der Tsheheme auf seine Pritsche fallen.

Ich tat es meinem Gegenüber gleich, doch langsamer, setzte mich behutsam auf das harte Stück Holz und schien den Tshehemen nicht aus den Augen zu lassen.

Kurz streckte Esrás verspannte Arme gegen die Decke und verschränkte sie dann hinter dem Kopf.

„Ich hab echt bei den Kontrollen gedacht: Jetzt fliegen wir auf. Jetzt geht’s inne Hose.“

Seine Art die Dinge auszusprechen, ließ mich abermals kurz auflachen und amüsiert schüttelte ich den Kopf. 

Dieser Typ war eindeutig eine Klasse für sich, aber momentan war ich froh, dass ich ihn hatte. Auch wenn ich diesen Satz sicherlich nochmals bereuen würde, momentan entsprach er der Wahrheit. Nichts als der Wahrheit, denn ohne Esrás wären meine Chancen gleich Null. 

Ich hatte ihm wirklich viel zu verdanken, auch wenn er mir manches Mal (…halt ich korrigiere: Eher immer...) den Nerv raubte.

„Den verdutzten Blick dieser Wache werd ich nie vergessen. Dat war zum Schießen.“, röhrte er abermals und äffte dann die Stimme des bulligen Wärters so perfekt nach, dass ich selbst nur noch spöttisch auflachen konnte.

„Esrás, sag mal, haste in der Nacht Gehirnzuwachs bekommen oder was? Is ja doch was in deinen grauen Zellen vorhanden.“

Wieder lachte der Tsheheme amüsiert auf und ließ sich dann vollends in die Kissen sinken.

Es war spät.

Zu spät, wie ich mit einem Blick nach draußen feststellen musste und nun nur noch die Dunkelheit der Nacht begrüßen konnte. 

Wir hatten fast den ganzen Tag in den Kellerräumen gearbeitet und das Tageslicht sich immer kläglicher von mir verabschiedet. Danach wurde uns ein Lunchpaket ausgeteilt, denn der Speisesaal war um diese Zeit nicht mehr begehbar gewesen.

Unsicher sah ich nun auf das klägliche Mahl in meinen Händen und unterdrückte gerade noch so ein frustriertes Seufzen. 

Was es war wusste ich nicht. 

Irgendeine Pampe in Teigwaren eingewickelt und achtlos ließ ich das Ding nach einiger Zeit auf den Boden fallen.

Hunger hatte ich nicht wirklich, sollten sich also eher die Ratten damit den Magen verderben. Ich würde eine Nacht sicherlich ohne auskommen und kurz nippte ich an meiner Flasche Wasser, bevor auch ich mich zu Bett legte.

Der Regen hatte nachgelassen, doch leider hatte das kühle Nass unseren Zellenboden nicht verschont. Aufpeitschender Wind hatte fallenden Regen haltlos in unsere Zellen befördert und stumm ließ ich meinen Blick über die Pfützen wandern.

Dies würde sicherlich eine kühle Nacht bedeuten und zitternd schlang ich die dünne Decke enger um meinen Körper.

Doch an Schlaf war nicht zu denken.

Wieder drehte ich mich auf den Rücken und starrte an die Zimmerdecke, versuchend das ewige Grölen der anderen Gefangenen auszublenden, was schon bald fast einem leisen Murren wich.

Das Gespräch der beiden Wärter hatte mich nicht losgelassen. Hatte mich ewig beschäftigt und nun schien sich jenes Unbehagen wieder einen Weg nach draußen zu suchen.

Sósámaíí. 

Was bedeutete das?

Verstohlen drehte ich den Kopf und versuchte den anderen Tshehemen in der Dunkelheit auszumachen, doch lediglich nur sein lautes Schnarchen war zu hören.

Kurz raunte ich seinen Namen, hoffend, dass er nicht völlig in seinem wohlverdienten Schlaf gefangen war, doch erhielt ich keine Antwort.

Wieder strafte mich nichts weiter als ein weiteres Schnarchen und nach meinem zweiten erfolglosen Versuch Esrás wach zu bekommen, griff ich das Erstbeste was ich finden konnte, ein kleines Stück eines Kohleklumpen und warf diesen auf den schlafenden Berg.

Kurz hörte ich ein protestierendes Murren, doch schien dies nicht völlig ausgereicht zu haben und kurzerhand flog der weitere Stein.

Dieser schien getroffen zu haben, denn mit einem entrüsteten Schmerzenslaut fuhr mein Gegenüber in die Höhe und sah sich verwirrt um.

War wohl doch zu arg gewesen, dachte ich kurz und konnte mir dennoch ein Grinsen nicht verkneifen. Kriegst mal deine eigene Medizin zu kosten.

Jetzt wusste er wenigstens ein Mal, wie sich das anfühlte.

„Bellok warst du des?“, schimpfte mein Nachbar in die Dunkelheit hinein und wieder konnte ich nicht anders als genervt mit den Augen zu rollen. Das Geschoss kam doch eindeutig von meiner Seite. So verdreht konnte man einfach nicht sein.

„Ich war das, du Idiot!“, raunte ich in einem Flüstern und empört drehte sich Esrás zu mir um.

„Hat dir keiner beigebracht Manjéth, dass es mehr als unschicklich is, Leute mit Sachen zu bewerfen?“, tadelte er mich von neuem und wenn auch nur für kurz, schien mir das Gesicht zu entgleiten.

Musst du gerade sagen, dachte ich mit einem nervösen Zucken meiner Augenrbraue und einem strengen Blick, der es wahrlich in sich hatte, doch ließ ich seine Belehrung offen im Raum stehen. 

Momentan gab es Wichtigeres um das ich mich kümmern musste und damit platze ich auch dann neugierig heraus.

„Was ist ein Sósámaíí?“

Kurz herrschte eine beunruhigende Stille, bevor mein Gegenüber plötzlich wieder in ein lautes Gegacker ausbrach und sich lachend die Tränen aus den Augen wischte.

„Könntest du das lassen?!?“, fuhr ich ihn augenblicklich an, doch unterstützte dieser Ausbruch Esrás Lachanfall noch mehr. Genervt rollte ich abermals mit den Augen und versuchte nicht hier und jetzt vor lauter Zorn zu explodieren.

Ich wusste ja, dass er einen an der Klatsche hatte, aber dennoch war es nervötend und zugleich sehr anstrengend hierbei nicht in Rage zu verfallen und die Geduld zu verlieren. 

„Tut mir leid, Manjéth.“, brachte der Tsheheme endlich über seine Lippen, nachdem er sich beruhigt hatte und legte sich dann wieder unerwartet hin.

„Schlag dir das ausm Kopf, falls de gedacht hast daran teilzunehmen.“

Verwirrt blinzelte ich auf.

Warum sollte ich an etwas teilnehmen, was ich sowieso nicht kannte?

Dieser Frage sprach ich auch sogleich laut aus, was mein Gegenüber wieder mit einem belustigten Kopfschütteln quittierte und dann wieder die Arme hinter dem Kopf verschränkte.

„Wirste noch früh genug erfahren, Saiyajin.“, war alles was mir Esrás entgegen brachte und sich dann wieder mit einem weiteren Gähnen ins Land der Träume verabschiedete.

Würde ich noch früh genug erfahren?!? 

War ja unerhört, das Ganze.

Mürrisch verschränkte ich die Arme vor der Brust, ließ mich selbst erneut auf den Rücken fallen und blies mir fahrig eine meiner Strähnen aus der Stirn.

Würde ich noch früh genug erfahren.

Pff.

Sagt er auch noch so einfach.
 

Müde blinzelte ich der Decke entgegen.

Aber...vielleicht hatte Esrás recht.

Vielleicht sollte ich die Dinge einfach beruhen und auf sich Warten lassen. 

Momentan gab es weit aus wichtigere Dinge um die ich mich kümmern musste.

Zwar war ich heute einen guten Schritt vorangekommen, doch durfte ich jetzt nicht die Konzentration verlieren.

Mein Weg stand auf Messers Schneide und nur ein unbedachter Fehler konnte mich zu Fall bringen.

Keine Ablenkungen und keine Fehler.

Das hatte ich mir geschworen, doch während mein Geist in einen erholsamen Schlaf glitt, die Strapazen des heutigen Tages hinter sich lassend und ich langsam die Augen schloss, wusste ich schon jetzt, dass ich dieses mir Unbekannte, schon bald am eigenen Leib erfahren würde.

Und sich daraus nur eine einzige Frage stellte, so unbekümmert in meiner Seele wuchs und tiefe Risse zog. Risse, die augenblicklich und im Wandel der Zeit zu neuen Wunden werden würden. Wunden, die nie wieder zu schließen seien und neue Qual und Schmerz mit sich brachten.

Würde ich dieses mir Unbekannte überstehen können, oder würde ich doch...
 

...fallen?!?



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  SaiyajinVeturi
2014-07-14T22:40:46+00:00 15.07.2014 00:40
Das wird ja immer spannender...mannomann!!!!
^^


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