Zum Inhalt der Seite

Snow White and the Huntsman - Blacksmith's Legacy

Die Tochter des Hufschmieds
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 4 ~ Stille

And the fever began to spread

From my heart down to my legs

But the room is so quiet,

Oh oh oh oh
 

Die Welt war grau. Jedes Tageslicht war verschwunden. Jedes Licht und auch jedes Geräusch. Der Wald war tot, und doch schien er zu leben, zog Kraft aus den armen Seelen, die sich darin verirrt hatten. So wie wir...

Kahle Äste hingen wie lange dürre Finger von toten Bäumen, schienen nach mir zu greifen. Flechten wucherten überall und die abgestandene Luft stank nach modrigem Sumpfwasser.

Ich konnte mein Herz schlagen hören. Meine Ohren dröhnten von der Stille und Blut schoss rauschend durch meine Adern. Es war unheimlich. Ich war froh nicht allein zu sein.

Meine Augen hefteten sich gegen Erics Rücken vor mir. Ich setzte jeden Schritt dahin, wohin er zuvor getreten war. Ich war sicher, dass er sein Tempo meinem anpasste. Sein Tempo und seine Schrittgröße. Gerade, als ich sicher war zwischen den schwarz erscheinenden Baumstämmen ein großes geflügeltes Wesen entdeckt zu haben, hielt Eric an und lauschte in die Stille.

»Was ist los?«, fragte ich leise und er legte als Antwort seinen ausgestreckten Finger über seinen Mund. Nach weiteren Sekunden des Schweigens, fragte ich erneut: »Was denn?«

»Nichts«, meinte er abschließend nur und setzte seinen Weg fort. »Ich dachte, ich hätte etwas gehört.«

»Vielleicht war es ja mein knurrender Magen«, witzelte ich.

»Ich habe dir Maden angeboten«, teilte er mit und half mir über einen umgestürzten Baumstamm.

»Und ich habe dankend abgelehnt«, erinnerte ich mich an sein Frühstücksangebot.

»Dann beschwere dich nicht«, sagte er und hielt immer noch meine Hand in seiner.

»Tue ich nicht«, entgegnete ich. »Das war nur eine Feststellung.«

Er schien mir nicht zu glauben, zog seine Augenbrauen in die Höhe und musterte mich.

»Wirklich?«

»Wirklich«, versicherte ich, bemüht, nicht über seinen Gesichtsausdruck zu lachen.

Ein unartikuliertes Grunzen später, wandte er sich wieder dem nicht sichtbaren Waldweg zu und übernahm erneut die Führung.

»Wirklich!«, sagte ich mit Nachdruck, eilte an ihm vorbei und trat in etwas Matschiges, welches unter meinen Füßen zerplatzte.

»Vorsicht!«, rief Eric und packte mich am Arm, während ich nach unten sah und beobachtete wie von grauen Pilzen Unheil verheißendes Pulver aufstieg. Ich hustete, als mir das Zeug in die Nase stieg. »Nicht einatmen!«

Ich sah ihn mit großen, ängstlichen Augen an, während er sich den Kragen seines Mantels vor Mund und Nase hielt und mich weiter von den Pilzen weg zerrte.

»Zu spät...«

Ich fühlte mich mit einem Mal seltsam entrückt. Als würde ich komplett neben mir stehen. Alles drehte sich. Die Welt ergab keinen Sinn mehr. Die Äste vor meinen Augen verschwammen nun wirklich zu dürren Fingern, Schlangen züngelten am Boden, totes Getier verweste zu meinen Füßen und ich selbst schien mich in Luft aufzulösen. Nein, in Wasser. Ich schmolz! Irre...

»Wo bin ich?«, fragte ich verwirrt. Ich war mir wirklich nicht mehr so sicher und krallte mich an irgendjemandem fest. Mir war so schwindelig und ich ging in die Knie.

»Ganz ruhig«, sagte eine Stimme wie aus weiter Ferne. »Es ist gleich vorbei.«

Die Zeit schien still zu stehen, während prüfende Hände nach meinem Gesicht tasteten und mir Haare aus der Stirn strichen. Nein, ich hatte keine Haare mehr. Da waren jetzt Schlangen, die ihr saures Gift in alle Richtungen spritzten und damit alles verätzten was sie trafen.

Dann ließ das Schwindelgefühl nach und ich erkannte einen Mann direkt vor mir. Er hielt mein Gesicht in seinen Händen, redete sanft auf mich ein und betrachtete dabei mit scharfem Blick jede meiner Regungen. Mein Atem ging stoßweise, als er zu mir sprach. Diese Augen...

»Sieh mich an. Alles ist gut. Ich bin bei dir, Sarah...«

Sarah... Das kam mir bekannt vor. Ich war Sarah. Das war mein Name!

»Eric...«, flüsterte ich, blinzelte den Schleier, der meine Augen getrübt hatte, weg und fasste seine Handgelenke, als er zustimmend nickte. Boah, war das ein Trip gewesen. »Was ist passiert?«

»Du bist auf Credos-Morcheln getreten, hast aber zum Glück nicht viel eingeatmet.« Ich verstand nicht, nickte aber trotzdem und ließ mir aufhelfen. »Ich bin froh, dass-«

Unbeschreiblicher Lärm schnitt seine Worte ab und er warf sich über mich, als berstende Baumstämme durch die Gegend flogen, weitere Bäume entwurzelten und eine Schneise der Verwüstung hinterließen.

Ich blickte vollends fassungslos auf. Gerade rechtzeitig, um die plumpe Gestalt eines herannahenden Trolls durch die Bäume brechen zu sehen.

»E-e-ein Brückentroll...«, stammelte ich, noch während ich versuchte das Gesehene zu verarbeiten. »Hier gibt es doch gar keine Brücken!«, echauffierte ich mich über den aufgekommenen Lärm hinweg, während Eric seine Axt zog und in Kampfstellung ging.

»Das scheint unseren neuen Freund hier nicht zu interessieren«, rief er mir zu. »Bleib hinter mir und versuch-... Runter!«

Ich blickte auf. Der absolut unkooperative Troll entwurzelte soeben einen Baum, schrie aus Leibeskräften und warf das tote Holz mit hoher Geschwindigkeit in unsere Richtung. Zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit fand ich mich am Boden wieder, derweil das Holz über uns hinweg preschte. Eric lag fluchend neben mir, während ich noch versuchte einen klaren Gedanken zu fassen. Wusste dieser Troll denn gar nicht, dass er hier nichts zu suchen hatte?!

»Lauf«, befahl der Jäger mir und ich krabbelte auf allen Vieren vorwärts. »Lauf, lauf, lauf!!«

Ich widerstand dem Drang ein »Ist ja gut« von mir zu geben und kämpfte mich schlurfend und stolpernd auf die Beine, während die riesige Gestalt hinter uns die Verfolgung aufnahm. Menschen gehörten eigentlich nicht zur typischen Beute dieser grässlichen Geschöpfe, aber davon wusste unsere neue Bekanntschaft augenscheinlich noch nichts.

Also hasteten wir durchs Unterholz.

»Da lang«, rief Eric mir hin und wieder zu und schlug selbst eine andere Richtung ein. Ich vermutete, um unseren ungebetenen Verfolger abzulenken.

»Jetzt habe ich doch Angst«, kreischte ich fast und zog das letzte Wort so sehr in die Länge, bis ich keine Puste mehr hatte und Luft holen musste.

Der Troll folgte uns noch immer und veranstaltete dabei einen Heidenlärm. Wir waren kleiner und somit wendiger als er, also hatten wir schon bald einen beachtlichen Vorsprung, als wir plötzlich an eine Art Wegkreuzung kamen. Ich nahm mir die Zeit inne zu halten und einen Wegweiser zu betrachten, der den Weg aus dem Wald zeigte.

»Da gehen wir lieber nicht lang«, meinte Eric, als er glaubte zu verstehen, was ich vorhatte.

»Wieso nicht?«, fragte ich verwundert. Auch verwundert über die Tatsache, wer hier Wegweiser aufstellte.

»Erkläre ich dir später. Los, komm!«

Er griff meine Hand und rannte mit mir weiter querfeldein. Verwachsenes Buschwerk und große Baumwurzeln behinderten immer wieder unseren Weg, was uns langsamer machte.

Der Troll holte auf, da er jetzt einfach alles platt trampelte, was seinen Weg kreuzte. Ich schluckte und hoffte, dass wir nicht auch bald dazu zählten. Er kam unaufhaltsam näher.

»Da vorn ist eine Lichtung«, erkannte ich und wir steuerten darauf zu. Vielleicht konnten wir ja-

Mein Kopf war plötzlich wie leer gefegt, als wir auf die Lichtung stießen. Fünf rastende Männer sahen sich zeitgleich nach uns um. Ihre Aufmachung schrie geradezu »Späher der Königin« und ich krallte mich, an die Ereignisse von vor wenigen Tagen erinnert, an Erics Ärmel fest.

»Wen haben wir denn da?«, ergriff einer das Wort und beäugte uns interessiert. »Das dürfte der Königin gefallen.« Wie nebenbei packte Eric seine Axt fester und trat vor mich, während die Späher sich ebenfalls wappneten und lachten. »Gib uns das Weib und du darfst weiter leben, Huntsman.«

Scheiße.

Hinter uns hörte ich den Troll näher kommen. Er hatte an Tempo zugelegt, jetzt, da er seine Beute ganz nah wusste. Nicht gut. Was konnte uns jetzt noch retten?

»Wenn ich 'jetzt' sage, dann springst du zur Seite«, flüsterte Eric mir zu, ohne die Männer aus dem Auge zu lassen.

Ich blickte wild umher und fragte zur Vorsicht, ebenfalls flüsternd:

»Welche Seite?«

Der Troll war nun gefährlich nah, die Späher grinsten siegessicher und Eric schrie:

»Jetzt!«

Bedauerlicherweise hatte ich keine Zeit mehr zu reagieren.

Eric gab mir einen Schubs und ich landete unglücklich drei Meter weiter in einem Dornenstrauch, der unschöne Kratzer auf meiner Haut hinterließ. Er selbst sprang in die andere Richtung und gab somit dem heranbrausenden Troll die Sicht auf fünf leckere Snacks frei. Das Grinsen auf den Gesichtern der Männer erstarb und sie hoben ihre Waffen, als der Troll sich auf sie stürzte. Ein Späher bekam die Pranke des Trolls zu spüren und flog ins Unterholz, wo er erst einmal verschwand. Waffen krachten auf die dicke Haut des Wesens hinab und ich musste mich zwingen wegzusehen, als Eric über mir war und mich abermals auf die Beine zog.

»Lauf weiter!«

Die Späher brüllten Befehle und als einer davon »Ihnen nach« hieß, schaute ich mich um, um zu sehen, dass zwei uns folgten, während die anderen weiter auf den schreienden Troll einhakten.

Mein Atem ging röchelnd, als wir weiter jagten. Nicht mehr lange und ich würde auf dem Zahnfleisch gehen müssen. Heute war echt ein mieser Tag.

Wir näherten uns einem Abhang und ich kam schlitternd zum Stehen, als ich sah wie steil er tatsächlich war. Dann sah ich zu Eric, der mir Mut machend zunickte, und sprang.

Die ersten Meter die mich abwärts führten lief alles gut. Ich konnte Bäumen und Wurzeln ausweichen, verhedderte mich nicht im dichten Unkraut und konnte meine Geschwindigkeit lenken. Doch dann verlor ich die Kontrolle. Der Hang war zu steil, ich geriet ins Straucheln und fiel. Im Fallen drehte ich mich und hoffte nur, dass ich mir dabei nicht das Genick brechen würde. Ich schlug hart auf dem Rücken auf und schrammte über Äste hinweg, als ich mich mehrmals überschlug und gegen Baumstämme prallte. Ich fiel weiter und die Welt überschlug sich mit mir. Dornen kratzten über meine Haut und rissen Fetzen aus meiner Kleidung. Als der Hang abrupt endete, ich weiter durch die Luft segelte und schließlich hart auf trockener Erde aufprallte, war mein ganzer Körper ein Füllhorn an Schmerz. Ich stöhnte leise, ließ den Blick umher schweifen und nahm Eric wahr, der unweit von mir entfernt lag und ebenfalls keinen glücklichen Eindruck machte. Er fing sich schneller wieder als ich es konnte, blickte den Hang hinauf und verzog das Gesicht. Ich erschrak, als er über den Boden rollte, mich dabei aufsammelte und wir gemeinsam und ineinander verkeilt weiter rollten. Ich fragte mich ernsthaft, was er damit bezweckte, doch als wir unter eine kleine Höhle am Hang rollten, die gerade groß genug für uns war, verstand ich. Eric zerrte an Wurzelwerk, welches über uns vom Hang herab hing und nach wenigen Sekunden der Anstrengung gab der ganze Baum nach und sackte so weit nach vorn, dass der Eingang der Höhle versperrt und wir somit nicht mehr zu sehen waren.

Erst jetzt war ich mir seiner Nähe bewusst. Ich war unter seinem Körper begraben, unfähig mich zu bewegen und wir lagen hier gebettet auf faulem Moos und staubigem Grund. Wie romantisch. Nur er und ich... und die Spinnen.

Ich holte Luft, um etwas zu sagen, doch Eric legte hastig seine Hand über meinen Mund und lauschte. Draußen raschelte etwas. Da waren Schritte.

»Wo sind sie hin?«, rief jemand.

»Los, da entlang«, meinte ein Anderer und die Schritte hasteten vorbei bis sie immer leiser wurden und verschwanden.

Langsam nahm Eric seine Hand wieder weg und änderte seine Position. Ich spürte nun nicht mehr sein ganzes Gewicht auf mir und konnte besser atmen.

»Es ist besser, wenn wir noch eine Weile warten«, flüsterte er und sein Atem streichelte meine Haut. Ich konnte nur Nicken, als seine Finger über kleine Schnittwunden in meinem Gesicht streichelten. »Wie geht’s dir? Alles in Ordnung?« Erneut ein Nicken und Eric atmete erleichtert auf. »Gut.«

»Warum sind wir nicht den Weg gegangen, der aus dem Wald führte?«, fragte ich nach einer Weile leise.

»Da leben die Zwerge und die sind nicht sonderlich gut auf mich zu sprechen«, antwortete Eric prompt und ich fragte mich, weshalb.

»Hast du ihnen etwa ihr Bier weg gesoffen?« Er antwortete nicht und ich sog erkennend die Luft ein. »Du hast ihnen ihr Bier weg gesoffen!« Dann kicherte ich leise. »Unglaublich.«

»Bis zum Dorf deiner Mutter sind es nur noch wenige Tage«, lenkte er vom Thema ab und ich nickte. Schon wieder. Dann hätten wir also unser Ziel erreicht und unsere gemeinsame Reise würde ihr Ende finden.

»Was wirst du danach tun?«, fragte ich und er zog so gut es eben ging die Schultern in die Höhe.

»Weiterziehen.«

»Ich bin sicher, irgendjemand im Dorf könnte einen Jäger gebrauchen«, schlug ich vor und Eric machte ein Gesicht, als bereite ihm diese Vorstellung fast körperliche Schmerzen.

»Sarah...«, sagte er leise und ich mochte wie er meinen Namen aussprach.

»Ja?«, fragte ich atemlos, als er mich mit seinem Blick zu durchbohren schien. Mein Herzschlag ließ den Boden unter mir vibrieren.

Dann sah er zur Seite und schlug so fest gegen das Wurzelwerk des Baumes, dass es nachgab und den Weg nach draußen wieder freilegte.

»Wir können weiter«, informierte er und hatte es eilig wieder auf die Beine zu kommen.

Ich sah ihm nach, als er aus dem Versteck kletterte und mir seine Hand reichte, um mir hervor zu helfen. Ich zog eine Schnute und griff danach, hielt jedoch auf halbem Weg inne, als ich meine Finger sah.

Drei Finger meiner linken Hand standen in unnatürlichem Winkel von meiner Hand ab. Das sah alles andere als gesund aus. Ich konnte nicht wegsehen, begann zu wimmern und bekam kaum mit, dass Eric mich am Oberarm packte und aus der Kuhle zog. Wann war das denn passiert? Und wieso hatte ich es nicht mitbekommen?

Ich kauerte am Boden und Eric hockte sich vor mich, nahm meine Hand vorsichtig in seine und tastete die Gelenke ab. Ich biss mir auf die Unterlippe und versuchte nicht zu weinen, als der Schmerz kam.

»Sie sind nur ausgerenkt«, erklärte er beruhigend und zwang mich ihn anzusehen. »Das wird jetzt gleich ein bisschen...« Ich schrie, als ein kurzes Knacken folgte und meine Finger unter Erics Zutun wieder ihre anatomisch korrekte Haltung einnahmen. »... wehtun.«

Jetzt weinte ich doch. Die Schmerzen und die Strapazen der letzten Tage forderten ihren Tribut. Ich wollte jetzt nicht mehr stark sein, brach in Erics Armen zusammen und fühlte mich sicher. Dann wurde es schwarz und alle meine Sinne gaben den Geist auf.
 

~ Ende des 4. Kapitels ~



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück