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The World Ends with You

Another Game
von

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Tag 3

Tag 3
 

Sein Hinterkopf tat ihm weh. Warum genau wusste er nicht. Aber die Augen aufmachen und nachsehen… wollte er nicht. Eine Stimme drang an sein Ohr. Nicht übermäßig laut. Aber etwas in seinem Kopf sagte ihm „Ich mag diese Stimme nicht“. Doch konnte er nicht anders, als sie zu hören.

„Komm schon, jetzt steh auf. Das sieht peinlich aus, wie du hier mitten auf dem Gehweg pennst.“

Jetzt konnte er das ganze nicht mehr ignorieren. Er schlief wirklich mitten auf dem Gehweg – eigentlich eher auf der Straße, die Bordsteinkante war sein Kissen. Deshalb der schmerzende Hinterkopf. Ein kurzer Rundumblick verriet ihm, dass sie sich am Scramble Crossing aufhielten.

„Der dritte Tag, schätz ich mal? Echt krass, wie schnell das geht. Ich hab noch den Geschmack der House Blend im Mund… huch, hab ich eigentlich bezahlt?“

Ihm stand der Sinn nicht nach Smalltalk.

„War doch ne Einladung, oder?“ sagte er, als er aufstand und versuchte dabei übertrieben deutlich morgenmuffelig mies gelaunt zu klingen.

„Entschuldige, dass ich versuche, eine halbwegs gute Laune zu bewahren. Jetzt weiß ich auch, warum dich Herr Hanekoma >Grunty< nennt… . “ zickte sie zurück. „Und es is auch noch keine Mission rein gekommen.“ fügte sie hinzu.

„Dann sollten wir die Gelegenheit nutzen und uns umsehen. Es kann für die Mission nützlich sein, zu wissen, welche Gebiete zugänglich sind.“

Er erblickte einen roten Reaper in der Richtung zu 104 und wollte schon in dessen Richtung gehen. Doch Reiko hielt ihn auf.
 

„Die Missionen sind wirklich das Einzige, was für dich zählt, oder?“

Er glaubte, sie wolle mit dieser Frage Streit anfangen. Er blickte sie direkt an und stemmte die Hände in die Hüften.

„Natürlich zählt nur die Mission. Ich habe einen guten Grund, warum ich dieses Spiel spiele und will es um jeden Preis gewinnen. Was sollte also sonst außer der Mission zählen und warum, hä?“

„Wie wäre es mit mir? Kannst du nicht einmal Rücksicht auf mich nehmen? Mir nicht mal einfach sagen, was du denkst? Hanekoma hat doch gesagt, dass ein Spieler seinem Partner vertrauen muss! Warum also vertraust du mir nicht?“

„Soll ich sagen, was ich denke, oder Rücksicht nehmen? Entscheide dich, beides geht nicht.“ er wirkte plötzlich eiskalt.

„Häh?“

„Also gut, ich sage dir, was ich denke.“ Er kam ihr ganz nah, richtete sich vor ihr zu voller Größe auf und sprach ihr direkt ins Gesicht.

„Ich halte dich für eine schwächliche, weinerliche Göre, die nichts allein auf die Reihe bekommt und immer nur von vorn bis hinten verwöhnt wird. Ich denke, jeder wäre ein besserer Partner gewesen, als du; du bist mir nur ein Klotz am Bein und dein Heile-Welt-Getue kotzt mich einfach nur an! Diese >Gemeinschaft< ist lediglich ein Mittel zum Zweck um dieses Spiel zu gewinnen. Dein Wohlergehen interessiert mich nur, weil dein Versagen auch mein Ende bedeutet!“
 

Aus ihren weit aufgerissenen Augen kamen Tränen. Ein paar Sekunden war Stille um sie herum, doch die Luft stand unter starker Spannung. Und dann FATSCH! gab sie ihm eine Ohrfeige, die sich gewaschen hatte. Alle fünf Finger ihrer rechten Hand zeichneten sich in leuchtendem Rot deutlich auf seinem Gesicht ab und die Schelle brannte ihm noch ziemlich lange nach. Sie brachte ihn sogar ein bisschen ins Wanken.

Ihr Gesicht war wutentbrannt.

„Du… du unsensibles Arschloch! Du hast ja gar keine Ahnung, was du da sagst! Du hast ja keine Ahnung, was ich schon alles durchgemacht habe! Ich versuche doch nur, das Beste aus der Situation zu machen, und du… und du… ich ICH HASSE DICH!“ und mit der Linken gab sie ihm eine noch härtere Ohrfeige, bevor sie an ihm vorbei ging.
 

Die Ohrfeigen legten scheinbar ein paar Schaltkreise in seinem Gehirn für ein paar Sekunden lahm. Dann erkannte er, dass er wohl wirklich etwas angerichtet hat. Auch, wenn er sie nicht ausstehen konnte – so sehr wollte er sie nicht verletzen. Doch sich entschuldigen… das hätte einerseits sein Stolz nicht zugelassen, andererseits käme das jetzt eh blöd. Außerdem brauchte er sie, wenn er das Spiel gewinnen wollen würde. Über die Schulter schaute er ihr nach: sie achtete nicht wirklich, wohin sie lief – und lief gegen eine unsichtbare Mauer, sackte zu Boden und blieb schluchzend hocken.

Er fühlte sich jetzt echt beschissen – er konnte nichts machen.
 

Nach einer ganzen Weile – die Mission kam immer noch nicht rein – wollte er wenigstens den Versuch unternehmen, das Ganze wieder geradezubiegen. Auch, wenn er nicht wusste wie oder was er sagen wollte. Sie hockte immer noch auf dem Boden. Sie bemerkte, dass er sich näherte, drehte sich aber nicht zu ihm um.

„…was willst du?“

Er suchte nach Worten. Er fand keine.

„Nein, ich weiß schon: >die Mission zu Ende bringen<. Das ist alles, was zählt. Nicht etwa so eine weinerliche Göre, die nur ein Klotz am Bein ist.“ Es lag keine Ironie in ihrer Stimme. Das wunderte ihn.

„Rede nicht so von dir… das-“ >stimmt nicht< wollte er sagen, doch sie stand auf und unterbrach ihn – wendete ihm aber immer noch den Rücken zu.

„Nein. Ist schon in Ordnung. Du hast doch recht. Ich kann nicht mit deiner Stärke mithalten. Ich bin wirklich keine große Hilfe, weiß ich doch.“

Wieder fand er keine Worte.

„Außerdem… wollte ich es ja auch so. Du hast mir offen gesagt, was du denkst. Das ist in Ordnung, dafür danke ich dir. Jetzt weiß ich auch, dass du bisher Rücksicht auf mich genommen hast. Danke, wirklich.“

Er dachte, sie wollte ihn veralbern. Aber er versuchte, sich zusammenzureißen.

„>Danke<? Wie kannst du so etwas sagen? Ich war doch… ein total unsensibles Arschloch. Du solltest mich hassen!“

„Ach… davon wird’s auch nicht besser. Ich… sollte lieber versuchen, dir ein besserer Partner zu sein und dir nicht auf die Nerven gehen.“

Damit sprach sie etwas an, was seinen Grundprinzipien völlig widersprach.
 

„Wenn du immer nur versuchst, es allen Recht zu machen, wirst du nie erreichen, was du willst. Es wäre besser, wenn du lernst, deinen eigenen Kopf durchzusetzen, anstatt eine Identität anzunehmen, die ich oder andere dir aufdrücken wollen.“

Diese Worte verwunderten sie doch sehr, und sie drehte sich zu ihm um.

„Du bist schließlich keine Marionette, deren Fäden von anderen gesteuert werden. Wenn du wirklich denkst, dass ich ein unsensibles Arschloch bin, dann bleib dabei. Und… wenn du mir noch ein paar Scheuern willst, dann… tu dir keinen Zwang an. Ich habs mehr als verdient.“ sagte er mit gesenktem Blick und steckte die Hände in die Hosentaschen.

Trotz Tränen machte sich auf ihrem Gesicht so etwas wie ein Lächeln breit. Sie patschte ihm mit der Hand leicht auf die Wange (die immer noch glühte), aber das war fast eher ein Streicheln als eine Ohrfeige.
 

In nächsten Moment piepten ihre Handys. Sie war schneller dran.

„Berichte bei Towa Records vom Event des Tages. Versagst du, wirst du ausgelöscht. Zeitvorgabe: 8 Stunden.“ Zack, der Timer erschien auf ihren Handflächen.
 

„Muss ne große Mission sein, wenn wir acht Stunden Zeit haben. Findet heute irgendwas großes Statt?“ fragte Reiko und schien den grade passierten Streit völlig vergessen zu haben. Ihre Sensoren waren voll auf die Mission ausgerichtet. Er bemerkte das, sagte aber nichts. „Hm, ich hab von nichts gehört. Am besten hören wir uns um, auch bei Towa Records.“

„Wie sollen wir uns denn umhören? Uns kann doch keiner sehen… .“ fragte sie missmutig.

„Na mit dem Player-Pin. Schon vergessen? Damit können wir die Gedanken der Lebenden hören. Außerdem könnten wir uns in für Spieler zugänglichen Läden umsehen und da die Mission besagt, dass wir >berichten< sollen, wird bei Towa Records wohl jemand rum stehen, der davon weiß.“

„Ah, dann ist ja gut. Und wo geht’s zu Towa Records?“

„Da lang.“
 

Bei Cadoi City, also kurz vor Towa Records wurden sie von einer unsichtbaren Mauer gestoppt.

„Was soll das denn jetzt? Laut Mission müssen wir doch zu Towa Records?“ beschwerte sich Shuyin und klopfte noch mal zornig gegen die Wand. Ein schwarzer Reaper stand in der Nähe und konnte Shuyins Unmut nicht überhören.

„Der Zugang wird erst um 21.00 Uhr freigegeben.“ sprach der Reaper.

Reiko verglich daraufhin fix die Uhrzeit auf ihrem Handy mit dem Timer auf ihrer Hand.

„Das ist genau eine Stunde vor Ablauf der Missionszeit. …meinst du, das bis dahin das Event, von dem wir berichten sollen, gelaufen ist?“

„Das kann gut möglich sein.“ antwortete Shuyin. „Nein, es ist sogar sehr wahrscheinlich.“ fügte er hinzu.

„Dann sollten wir wohl erstmal raus finden, was dieses ominöse Ereignis ist und dabei mitmachen.“ Sie setzte ein Lächeln auf und wandte sich an den Reaper: „Du kannst uns nicht zu fällig etwas darüber erzählen, Kumpel?“

„Nee du, das wär ja zu einfach, Mädchen. Und ich hab strenge Befehle.“
 

„Da ist wohl nix zu machen, schätz ich mal. Was machen wir also nun? Uns umhören?“ fragte Reiko, nun wieder an Shuyin gewandt.

„Entweder das, oder wir schauen mal nach, welche Gebiete zugänglich sind. Das könnte auch Aufschluss über das genaue Missionsziel geben. Uns ist es überlassen zu entscheiden, mit welcher Methode wir schneller zu einem Ergebnis kommen.“

„Hm… ich würde sagen, wir machen es, wie du gesagt hast.“

„Ich hab dir doch gesagt, du sollst nicht alles, was ich vorhabe, gleich mit Ja und Amen hinnehmen… .“

„Ich weiß, aber ich denke wirklich, dass das die bessere Vorgehensweise ist. Oder nein, wir könnten uns nach den zugänglichen Gebieten umsehen und nebenbei noch ein wenig mit dem Player Pin rumhorchen.“

„Ja, ich denke, so fahren wir am Besten. Da wir hier nicht weiterkommen, schlag ich vor, dass wir uns erstmal Richtung Molco begeben.“
 

Zu Molco war es ja nicht so weit von Cadoi City. Shuyin übernahm die Aufgabe, sich mit dem Player Pin umzuhören, Reiko schaute sich nach gegenständlichen Hinweisen um. Sie wurde auch schnell fündig. Sie sah bei Molco Plakate, dass sie dort Karten für ein Gothic-Konzert verkauften, das heute bei A-East stattfinden sollte. Da Shuyin auch einige Gedanken über ein solches Konzert mithörte, war eigentlich jeder Zweifel ausgeschlossen.
 

„Kommen wir denn zu A-East?“ fragte Reiko.

„Wenn dieses Konzert das Event ist, das die Mission vorsieht, auf jeden Fall. Ich erinner mich am Scramble Crossing nen Reaper gesehen zu haben. Und Richtung 104 bist du ja gegen eine Mauer gelaufen. Wenn der uns irgendwie durchlässt, haben wir es nicht mehr weit bis zu A-East.“

„Gut. Ach, und sollten wir uns nicht vielleicht auch Karten für das Konzert kaufen? Wenn ja, sieht’s schlecht aus… ich hab kein Geld dabei…“

„Schon gut, ich hab genug für uns beide. Ach ja, wir haben gestern doch einige Kämpfe bestritten. Hast du da hin und wieder ein paar Pins gefunden?“

„Ja, hab ich. Wenn ein Gegner besiegt war, blieben hin und wieder welche zurück. Ich hab sie vorsichtshalber mal mitgenommen.“

„Gut so, wir brauchen jeden Pin. Auch die, die wir nicht benutzen.“

„Warum das denn? Sind die so wichtig?“

„Im Spiel der Reaper schon. Hin und wieder muss man mit ihnen handeln. Und wenn man wirklich keine braucht, macht man sie zu Geld. Es gibt auch richtige Geld-Pins, die nur für diesen Zweck existieren. Also gerade die Pins, auf denen ein Geldbetrag draufsteht, solltest du mitnehmen.“

„Fällt mir schwer, das alles zu glauben. Wie bitte machen wir die Pins zu Geld? Verkaufen wir die in irgendeinem Laden?“

„Nein, das geht viel leichter. Wenn du einen Pin nicht mehr brauchst, steckst du ihn einfach in deine Brieftasche. Wenn du dann das nächste Mal reinschaust, ist der Pin wie durch Magie verschwunden – dafür ist Bargeld drin. Das ist so ziemlich der einzige Weg für Spieler, an Geld ranzukommen.“

„Das… ist echt schwer vorstellbar.“

„Ich weiß. Ich habs auch erst erfahren, nachdem Hanekoma es mir während meiner ersten Runde erklärte. Willst du es mal ausprobieren?“
 

„Ich… hab keine Brieftasche…“ sagte sie leicht geknickt.

„Huh? Na du bist mir ja eine. Und ich dachte, du wärst so jemand, der wegen reicher Eltern selbst in Kohle schwimmt… .“

Daraufhin wirkte sie noch etwas mehr geknickt. Ihm fiel daraufhin ihr Streit ein und was er ihr an den Kopf geworfen hatte.

„Ähh nicht so schlimm. Dann gehen wir eben einfach mal rein und kaufen dir eine Brieftasche. Wir müssen ja eh noch die Karten bei Molco kaufen.“
 

Nachdem sie nach ihrem Einkauf wieder vor Molco standen, demonstrierte Shuyin ihr die Pin-zu-Geld-Umwandlung. Er steckte demonstrativ einen einzelnen 10.000 Yen-Pin in die noch leere Brieftasche, schloss sie und gab sie Reiko. Als diese die Brieftasche wieder öffnete, waren statt des Pins einige Geldscheine im Gesamtwert von 10.000 Yen drin. Sie war vor Erstaunen völlig von den Socken. Nichts desto trotz machten sie sich dann auch schon auf den Weg zurück zum Scramble Crossing, wo auch wirklich noch der rote Reaper an der Mauer zu 104 stand. Dieser schien die zwei von irgendwoher wieder zu erkennen, als sie ihn ansprachen.
 

„Oh, die zwei Streithähne von vorhin…“ sagte er, mehr zu sich selbst.

„Wie?“ fragte Shuyin entgeistert. Der Reaper tat daraufhin ganz plötzlich so, als hätte er nix mitbekommen.

„Ähh… *räusper*, erfüllt meine Aufgabe und ihr dürft passieren. Beantwortet mir fünf Fragen und ich lass euch durch.“

„Schieß los.“
 

Reaper: „Frage 1: Es gibt doch dieses Spiel mit Pins, nach dem die Kids in Shibuya völlig verrückt sind. Wie nennen sich die speziellen Fähigkeiten, die in diesem Spiel eine tragende Rolle haben?“

Shuyin: „Whammies.“

Reaper: „Richtig…“

Reiko: „*Kicher* Du kennst dich mit Kinderspielen aus?“

Shuyin: „Ähh… es gab mal ne Mission, da musste ich das spielen. Das ist alles… ähem.“

Reaper: „Frage 2: In welche fünf Bundesstaaten unterteilt sich Australien?“

Shuyin: „Ehh?“

Reiko: „Von Westen nach Osten: Western Australia, Northern Territory, South Australia, Queensland und New South Wales.“

Shuyin: „Ähh… .“

Reaper: „Ähh… richtig. Frage 3: Nenne die Formel zur Berechnung der Oberfläche eines Kreiskegels.“

Shuyin: „Was sind denn das für Fragen? Das weiß doch kein Mensch aus dem Kopf!“

Reiko: „ Die Summe aus Mantellinie und Radius mal Pi mal Radius. Also kurz: πr(r+s)“

Shuyin: „Ähh…“

Reaper: „Richtig. Frage 4: Was versteht man unter einem Doppelhelix?“

Shuyin: „Ähh…“

Reiko: „Ein Doppelhelix? Das sind die zwei spiralförmigen Stränge, aus denen sich DNS zusammensetzt.“

Reaper: „Richtig.“

Shuyin: „Ähh… ähh…“

Reaper: „Frage 5: Was kostet ein Special Dog im Mexican Dog bei Spain Hill?“

Reiko: „Was ist das denn? Woher sollen wir das wissen?“

Shuyin: „… 630 Yen.“

Reaper: „… Wow. Alle fünf Fragen wurden richtig beantwortet. Ihr dürft durch.“
 

„Wow… du weißt echt viel. Die erste und letzte Frage hätte ich nicht gewusst.“ gab Reiko erstaunt zu.

„Machst du Witze? Du bist doch hier die Geniale! Was sollte das mit der Formel? Und mit dem Doppel…felix? Und Australien? Auch noch >Von Westen nach Osten<, hast du n Lexikon gefrühstückt oder was? So was weiß doch kein normaler Mensch!“ Er war völlig perplex.

„Ach nein? Das ist doch Allgemeinwissen. Ich finde, dieses Spiel könnte immer so einfach sein. Hättest du das alles etwa nicht gewusst? Das lernst man doch in der Schule… oder etwa nicht?“

„Ähh… vergiss es einfach. Wir sollten froh sein, dass der Weg jetzt frei ist. Gehen wir.“
 

Bis zu A-East war der Weg frei. Dort angekommen mussten sie feststellen, dass die Halle bereits betreten werden konnte, obwohl es erst kurz nach drei Uhr Nachmittags war. Ein Blick auf die Karte bestätigte dies. Einlass: 15.00 Uhr, Beginn: 17.00 Uhr, Ende: gegen 21.00 Uhr.

„Ziemlich komische Veranstaltung…“ kommentierte Shuyin das Ganze.

„Warum das denn?“

„Das is n Gothic-Konzert. Gothics sind eigentlich … ich nenn es mal >Gestalten der Nacht. Aber um neun Uhr Abends dämmert es gerade mal zu dieser Jahreszeit. Überhaupt gehen Konzerte in der Regel selten so früh los. Warst du noch nie auf einem Konzert?“

„Nein… noch nie.“

„Na dann wird’s Zeit. Gehen wir schon mal rein? Wir wissen ja nicht, was genau wir alles berichten sollen, also sollten wir uns gut umsehen.“

„Ja, gut.“
 

Am Einlass gab es allerdings Probleme. Der Türsteher, der die Karten kontrollierte, wollte Shuyin und Reiko nicht reinlassen.

„Ey, wartet mal, ihr. So könnt ihr hier doch nicht rein. Das geht echt nicht.“ sagte er.

„Warum nicht? Wir haben doch Karten, wo liegt das Problem?“ fragte Reiko.

„Schaut euch doch mal an, Kinder. Das hier ist eine Gothic-Veranstaltung! Alles Szene, also nur was für Gothics, klar? Punks und Prinzesschen sind da eher unerwünscht. Auch, wenn ihr Karten habt, solltet ihr hier nicht SO reinspazieren.“ erklärte sich der Türsteher.

„Soll heißen?“

„Soll heißen, dass wir uns Gothic-mäßig einkleiden sollten, bevor wir hier reinspazieren.“ erklärte Shuyin ihr und geleitete sie wieder nach draußen.

„Mann. Das ist so was von dumm, ey. Der soll sich mal nicht so aufspielen.“ sagte er dort.

„Warum ist das dumm? Jetzt im Nachhinein finde ich, dass er recht hat.“

„Es ist deshalb dumm, weil-“ er hob den Arm und zeigte auf einen Laden auf der anderen Straßenseite „da drüben gleich ein Top Laden für Gothic-Kleidung ist.“ Er zeigte auf den Laden „Lapin Angelique“. „Wollen wir shoppen gehen?“ fügte er hinzu, halb verärgert, halb ironisch amüsiert.
 

Im Laden von Lapin Angelique war es recht düster und die Luft war irgendwie stickig. Aber es war keine Kundschaft da. Shuyin sah sich nach einem Angestellten um, Reiko begutachtete das Sortiment. Sie schien etwas nervös. Als Princess K, die Ladeninhaberin persönlich feststellte, dass Kunden da waren, begrüßte sie Shuyin sehr erfreut.

„Oh, welch seltener Gast. Princess K hat dich ja lang nicht mehr gesehen. Und du bist in Begleitung! Was bringt euch zu mir?“

„Du kennst sie?“ fragte Reiko.

„Ich bin hier früher oft einkaufen gewesen, deswegen kennt sie mich schon.“ antwortete er.

„Der liebe Herr Miesepeter war mal so etwas wie Stammkunde bei Princess K. Daher ist er jederzeit ein gern gesehener Gast.“

„>Der liebe Herr Miesepeter<?“ kicherte Reiko. Shuyin versuchte das zu ignorieren.

„Egal; weswegen wir hier sind: es würde mich wundern, wenn du nicht wüsstest, was drüben bei A-East heute abgeht. Wir wollen da auch hin, aber der Schrank am Einlass meint, wir bräuchten ein passenderes Outfit.“

„Ah, das Konzert, ja. Princess K würde ja auch gerne hin, aber die muss leider den Laden hüten. Aber keine Sorge, ihr seid hier an der richtigen Adresse. Schaut euch ruhig um. Princess K wäre überaus erfreut, euch beraten und assistieren zu dürfen.“
 

Wie das bei Kerlen so üblig ist, fand Shuyin schnell etwas für sich. Reiko dagegen schien immer noch irgendwie nervös.

„Was ist los? Hast du was für dich gefunden?“

„Naja…“ sagte sie und zog ein Kleidungsstück aus dem Ständer um es Shuyin zu zeigen „Das hier… sieht sehr interessant aus, aber ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, wie das an einem Menschen aussieht.“

Princess K mischte sich ein: „Oh, das Ribbon-laced Dress? Kein Problem, Princess K hat hier einen Katalog, da kannst du es dir genauer ansehen.“

„Wow… das sieht echt… toll aus. Ein bisschen düster, aber… wirklich schön.“

„Was erwartest du? Gothic ist nun mal ein schwarzes Thema. Warum probierst du es nicht mal an, wenn es dir so gefällt?“ schlug Shuyin vor.

Mit einem Mal war Reiko total aufgescheucht „Was? Anprobieren? Ich? Ach nein, lass mal! Das muss nicht sein, echt. Ich such mir was anderes…“

„Was ist denn mit dir los? Warum willst du dir was anderes suchen? Probier es doch wenigstens mal an! Es gefällt dir doch so gut.“

„N-nein, ich…“

„Was ist denn? Gibt’s irgendein Problem? Sag schon.“

„Ich… ich trau mich nicht. Es sieht zwar toll aus, aber so etwas Auffälliges und Extravagantes würde ich nie tragen…“

Princess K sah sehr amüsiert aus „Ah… die Angst, etwas neues und Ausgefallenes auszuprobieren… das hat Princess K schon ein paar mal hier erlebt.“

„Achso, da liegt der Hase im Pfeffer begraben. Wenn das so ist… Princess K, leg doch das alles bitte für uns zurück. Wir sind bald wieder da.“

„Wie? Was hast du vor?“ fragte Reiko verdutzt.

„Wir haben ja noch massig Zeit bis zum Beginn der Vorstellung. Wir helfen deinem Mut etwas auf die Sprünge. Komm mit.“
 

Er schleppte sie zum Shibu Department Store, ging kurz zu Herbal Remedies and Food und kam mit etwas ziemlich eigenartigem wieder raus; zwei längliche gelbbraune Etwase.

„Hier, iss das.“ sagte er ohne Umschweife zu Reiko.

„Bitte was?“

„Du sollst die hier essen.“

„Einen Teufel wird ich tun! Das sieht total widerlich aus. Was ist das überhaupt?“

„Wenn ich dir das sage, wirst du es erst recht nicht essen wollen. Aber wenn es deiner Überwindungskraft helfen sollte: die Dinger sollen sehr gesund sein.“

„Muss das sein?“

„Ja, muss es. Andernfalls könnte es sein, dass wir die heutige Mission nicht erfüllen können.“ Er sagte es ungern, fügte aber hinzu: „Wolltest du nicht ein besserer Partner sein?“

Damit hatte er sie. Nach diesem Argument konnte sie schlecht ablehnen. Also verschlang sie die Dinger vollkommen widerwillig, versuchte dabei möglichst wenig zu kauen und sie schnell hinterzuwürgen.

„Die nennen sich Cordyceps. Das sind parasitäre Pilze, die auf Insektenlarven wachsen. Eine alte chinesische Medizin.“

Nach dieser Information war Reiko kreidebleich, sie sah aus, als würde sie jeden Moment umkippen und hatte scheinbar damit zu kämpfen, nicht zu erbrechen. Mit der Hand vorm Mund kauerte sie auf dem Boden.

„Du bist ja so ein… hinterhältiges Arschloch… die schmeckten noch… hundertmal grässlicher, als sie aussahen.“

„Ich weiß… ich hab von denen auch schon einige gegessen.“

„Und wie *würg* hilft das jetzt bei der Mission? Urg…“

„Nunja…“ er hatte ein merkwürdiges Grinsen auf dem Gesicht „Jetzt hast du dich überwunden, diese ausgesprochen widerlichen Pilze zu essen. Das erfordert echt Mut. Da wirst du dich doch auch überwinden können, einen Abend mal dieses Kleid zu tragen, oder? Und wenn irgendjemand sagt, dass du für dieses Kleid nicht tough genug bist, oder so, dann soll derjenige sich erstmal trauen, diese Pilze zu essen.“

„Du bist so… unsagbar fies, Shuyin… *würg*“

„Ich weiß… es tut mir auch leid. Hey, zur Entschädigung lad ich dich heute auch auf nen Definitivo Chili Dog ein, ja?“

„Ein Defi-was, bitte?“

„Einen Definitivo Chili Dog. Noch nie im Mexican Dog gewesen?“

„N-nein…“

„Oh, da hast du echt was verpasst. Da musst du mal gegessen haben. Ich sag mal, wir gehen nach der Vorstellung vorbei? Liegt halb auf dem Weg.“

„Meinetwegen… mir ist jetzt eh nicht nach Essen zumute… *hulp*“

„Hey, tut mir echt Leid, wirklich. Meinst du, du kannst gehen?“

„Wird schon.“

Er reichte ihr die Hand, um ihr beim Aufstehen behilflich zu sein. Er dachte sich absolut nichts dabei. Für sie war es allerdings ein kleines Wunder, das sie sogar kurzzeitig ihre Übelkeit vergessen lies.
 

Zurück bei Lapin Angelique probierte sie sofort das Ribbon-laced Dress an. Princess K musste ihr dabei etwas zur Hand gehen. Shuyin hatte sich ziemlich schnell umgezogen. War ja auch nicht so viel; er hatte sich für einen langen schwarzen Ledermantel mit vielen Schnallen entschieden, der gut zu ihm passte, dazu noch ein paar schwarze Halbhandschuhe, ebenfalls aus Leder. Reiko hatte erstmal nur das Kleid an, aber das alleine wirkte noch nicht so – da waren Shuyin und Princess K einer Meinung. Also fügte Princess K dem Ganzen noch ein paar feinmaschige Netzstrümpfe, schwarze Lederstiefel und Stulpen hinzu. Sie ging richtig darin auf, Reiko zu beraten und ihr zu assistieren. Ohne ihr Einverständnis einzuholen, nahm sie Reiko mit in ein hinteres, gut ausgeleuchtetes Zimmer und kümmerte sich dort um ihre Frisur. Als sie fertig war, verdeckte Reikos Pony ein Auge, der Großteil ihrer Haare war zu einem hohen voluminösen Zopf zusammengebunden und an der Schläfe hatte sie eine leuchtend lila Strähne, die gut zu dem Kleid passte und einen interessanten Akzent setzte. Anschließend kümmerte sie sich noch um Gothic-Make-up. Reikos freies Auge wurde mit viel schwarzen Kajal und Lidschatten stark betont, ein dunkelvioletter und dezent aufgetragener Lippenstift schmückte ihren Mund. Danach schaute sie sich Shuyin und Reiko mal zusammen an.

„Das sieht doch schon wirklich nicht schlecht aus… aber ihr braucht beide noch etwas um den Hals.“

Für Reiko suchte sie ein dünnes schwarzes Halsband mit einem kleinen gebrochenen Herz aus Silber raus. Bei Shuyin kam sie erst ins Grübeln. Dann schien sie allerdings eine nahezu göttliche Eingebung zu haben und suchte vor Freude quiekend etwas aus dem Lager. Sie ließ es sich nicht nehmen, ihre Fund selbst an Shuyin anzubringen: ein schwarzes Nietenhalsband mit etwa 1cm langen Nieten und: eine Leine, dessen anderes Ende sie Reiko in die Hand drückte. Letztere bekam zusätzlich noch ein merkwürdiges lila-schwarzes Hasenplüschtier.

Shuyin war erst nicht ganz so begeistert von der Leine.
 

„Was soll das denn bitte?“ fragte er leicht erbost.

„Oh das ist doch das perfekte Gothic-Thema für ein Pärchen. Die unschuldige Prinzessin der Nacht und ihr bösartiger Höllenhund des Todes, der jeden zerfleischt außer seine Herrin selbst. Außerdem verhindert die Leine, dass ihr von anderen ungefragt angebaggert werdet. Und M’sieur Lapin, das Maskottchen von Lapin Angelique, gibt dir noch den zusätzlichen Charme der Unschuld, der in der Gothic-Szene immer so schön kontrovers wirkt.“

„Abgesehen davon, dass wir kein Paar sind.“ bemerkte Shuyin bestimmt. Reiko wollte wohl das Gleiche sagen, sagte dann aber: „Bösartig… ja… . Er ist wirklich ausgesprochen bösartig.“ sagte sie und zog einmal ziemlich kräftig an der Leine.

„Hrgl, was soll das?“

„Das ist die Rache für vorhin.“ sagte Reiko und grinste ihn leicht boshaft an. Sie meinte damit die Sache mit den Cordyceps. E wusste wohl, was sie meinte.

„Ach ja? Naja, Princess K findet ihr passt trotzdem gut zusammen, hihi. Aber… eine Winzigkeit fehlt noch. Kleiner Miesepeter, du brauchtest auch noch ein bisschen Kajal unter den Augen. Dann ist’s wirklich perfekt.“

„Ach, Blödsinn. Nicht nötig.“

„Keine Widerrede. Halt still, Princess K macht das schnell.“

Blitzschnell hatte sie einen Kajalstift zur Hand. Doch Shuyin war ganz schön zimperlich.

„Hey, pass doch auf! Du sollt mir nicht die Augen ausstechen!“

„Macht Princess K doch gar nicht. Halt still…“

„Ah, schon wieder! Das soll doch unter die Augen und nicht hinein!“

„Hab dich nicht so und halt still, sonst wird das gar nix.“

„Arg! Jetzt reichts. Gib mir nen Spiegel, ich mach das selbst.“
 

Er hats dann auch halbwegs gut hinbekommen.

Als Pincess K sich die beiden dann noch mal ansah, strahlte sie vor Freude.

„Wow, ihr seht wirklich zum Anbeißen aus, ihr Hübschen. Princess K hat lange nicht mehr so viel Spaß bei der Arbeit gehabt. Wisst ihr was, ihr bekommt als Dank die Leine und M’sieur Lapin geschenkt. Und… dürfte Princess K vielleicht ein Foto von euch beiden machen und es in ihren Blog posten? Damit würdet ihr Princess K eine riesige Freude machen.“
 

Shuyin und Reiko wussten beide nicht, was dagegen spräche und willigten ein. Princess K hatte in dem Raum, in dem sie Reikos Frisur herrichtete, eine Wand des Raumes mit einer großen Fläche behangen, auf der ein Waldweg mit kahlen Bäumen bei Vollmondschein drauf abgebildet war. In einem gewissen Abstand dazu stand bereits eine scheinbar hochwertige Spiegelreflexkamera auf einem Stativ bereit – offenbar machte Princess K öfter Fotos ihrer „Kreationen“ mit dem Nachtwaldweg als Hintergrund. Als dann auch das Bild im Kasten war, kriegte sie sich kaum noch ein vor Freude.
 

Als sie den Laden verließen, konnte Reiko nicht anders, als Ihre Meinung zu dem Ganzen kundzutun. Ihr war sehr deutlich aufgefallen, dass Princess K immer in der dritten Person von sich selbst sprach. Trotzdem gefiel ihr diese etwas andere Shoppingtour. Ohne Umwege machten sie sich dann auch gleich rüber zu A-East. Diesmal kamen sie auch ohne Probleme rein. Trotzdem hielt der Türsteher die beiden noch mal zurück, als sie schon fast drin waren.

„Hey, ihr da, wartet mal. Seid… ihr die zwei von vorhin? Der Punk und das Prinzesschen? Mensch, ihr habt euch ja rausgeputzt, ich hab euch erst gar nicht erkannt. Ihr seht richtig klasse aus! So lass ich euch gerne durch. Viel Spaß, ihr zwei!“
 

Da es noch etwa eine Dreiviertelstunde bis Vorstellungsbeginn war, war der Saal schon einigermaßen gefüllt, man konnte allerdings noch halbwegs gut gehen und stehen. Sie suchten sich einen Platz am Rand, aber noch recht weit vorne und mit verhältnismäßig gutem Blick auf die Bühne. Sie waren beide nicht so dafür, sich in die dichte Masse zu stürzen. Pünktlich um 17.00 Uhr fing dann auch schon die… Vorband an, zu spielen. Eine Kleine 3-Mann-Indie-Rockband. Der Vokalist hatte eine blonde Stachelfrisur und hörte auf den (Künstler-)Namen 777 („Triple Seven“ gesprochen), die Band hieß „Def Märch“. Bisher waren die noch ein recht kleines Licht, aber keiner ahnte, dass die Jungs recht bald sehr beliebt und bekannt in Shibuya sein würden. Auf jeden Fall schafften sie es, die Stimmung richtig gut für die eigentliche Band aufzuheizen; doch diese unterschied sich in der Art ihrer Musik und vor allem in ihrer Bühnenpräsenz doch schon recht stark von der Vorband.

Obwohl die Musik nicht ganz Shuyins Ding war, fand er doch genügend Gefallen daran, aufmerksam zuzuhören; Reiko war sowieso total begeistert und wippte ihren Kopf immer leicht zum Takt der Musik mit. Gerade die balladenartigen Songs schienen ihr sehr zu gefallen. Nichts desto trotz war es laut und wenn sie redeten, mussten sie natürlich mörderisch schreien.

„Hörst du solche Musik etwa sonst auch?“ fragte Shuyin.

„Nein, eigentlich hör ich was ganz anderes. Aber es ist trotzdem total toll.“

„Warum gefällt es dir denn so, wenn es nicht deine Musik ist?“

„Weiß nicht… es ist einfach so… voller Leben. Es tut zwar in den Ohren weh, weil es so laut ist, aber… man spürt, wie die alle hier mit Herz und Seele dabei sind. Ich finde, man merkt auch, dass die Musiker ihre Sache gern machen. Das find ich wirklich klasse.“

„Voller Leben…“ dachte sich Shuyin „…du bist mir lustig. Wo doch Gothic an sich eher lebensverneinend ist.“
 

Mitten während der Veranstaltung musste Reiko mal aufs Klo. Das war das erste Mal seit dem Einkauf bei Lapin Angelique, dass Reiko die Leine von Shuyin losließ. Shuyin war es zwar peinlich, auch den Plüschhasen halten zu müssen, aber das merkte eh niemand, da alle auf die Bühne fixiert waren. Als Reiko zurückkam, wirkte sie etwas hektisch und durcheinander und nahm auch ganz schnell wieder die Leine in die Hand. Sie klammerte sich sogar etwas an Shuyins Ärmel. Er merkte, dass etwas nicht ganz stimmte.

„Was ist denn mit dir los?“

„Naja, auf dem Weg zum Klo… da hab ich ein paar Leute gesehen, die echt… ungewöhnliche Dinge miteinander gemacht haben.“

„Zum Beispiel?“

„Es sah so aus… als würden sie sich in den Hals beißen… und das Blut trinken…“

„Sicher, dass die sich nicht nur am Hals geküsst haben?“

„Nein, ich hab da eindeutig was Rotes fließen sehen. Und…“

„Und was?“

„Auf dem Klo da… da war ein Mädchen… als ich mir die Hände gewaschen habe, kam sie immer näher… und dann hat sie mich an der Wange gestreichelt und mich so komisch angesehen… meinst du, sie…“
 

Shuyin war ziemlich erstaunt, so etwas berichtet zu bekommen. Seine erste Reaktion: er musste leicht lachen, auch wenn er wusste, dass das etwas taktlos war. Lachen musste er deshalb, weil er das, was ihm erzählt wurde, nachvollziehen konnte. Er würde es nie zugeben, doch auch er war der Meinung, dass Reiko, seitdem sich Princess K um sie gekümmert hat, wirklich verdammt hübsch aussah.

„Hey, was ist daran so witzig? Sie hat mir echt Angst gemacht!“

„Entschuldige. Ich weiß, ich sollte nicht lachen. Nun… herzlichen Glückwunsch: du wurdest angebaggert.“

„WAS? Aber… wir waren doch beide Mädchen…“

„Tja… es gibt eben auch welche, die beides mögen… oder gleich ganz andersrum sind. Ich kann mir vorstellen, dass gerade in der Gothic-Szene viele mit >ungewöhnlichen Vorlieben< zu finden sind.“

„Ahh…“ sie sah aus, als hätte sie nen Geist gesehen. Oder besser: als hätte man ihr gleichzeitig verraten, dass es keine Weihnachtsmann gibt und wie das mit den Blümchen und Bienchen funktioniert.

„Toll, jetzt hab ich echt Angst!“ Sie krallte sich nun mit beiden Händen in seinen Ärmel. „Du passt doch auf mich auf, oder Herr Miesepeter-Höllenhund des Todes?“ fügte sie hinzu und blickte ihn mit einem schelmischen Gesichtsausdruck an.

Es missfiel ihm, dass sie ihn „Miesepeter“ nannte und blickte zur Seite, sagte aber ohne Ironie „Ja, Sicher.“.

Es dauerte aber nicht lange, bis sie die Sache scheinbar wieder vergessen hatte und sich wieder voll und ganz der Musik widmete. Trotzdem wirkte sie etwas ruhiger und vorsichtiger.
 

Ab 21.00 Uhr, dem offiziellen Veranstaltungsschluss, fing die Band an, Zugaben zu spielen. Das bekamen Shuyin und Reiko allerdings nicht mehr mit, da sie gegen halb neun sich bereits wieder auf den Weg machten. Sie hatten schließlich noch eine Mission zu erledigen und Shuyin wollte ja noch zu Mexican Dog. Bei Mexican Dog war allerdings nicht so viel los. Das würde sich wohl ändern, wenn das ganze Konzert zu Ende wäre. Einer der Mitarbeiter hinter der Theke begrüßte Shuyin hocherfreut. Er hatte einen starken spanischen Dialekt. (Anm. d. Autors: Könnte sein, dass mein Dialekt hier eher italienisch rüberkommt)
 

“Bienvenido Shüyin, Compardre! Beehrste uns wieder? Weißt, biste immer wieder eine gern gesehene Gast. Oh, und eine hübsche Chica hast du auch dabei? Biste beliebt bei die Frauen, was?“

„Red keinen Blödsinn, wir sind nur Bekannte, mehr nicht.“

„Ah, verstehe. Dann es iste noch nichte beschlossene Sache, eh?“

Als nächstes sagte er irgendetwas in Spanisch zu Reiko, was Shuyin nicht verstand. Seiner Haltung und seinem Gesichtsausdruck zu urteilen muss es aber eine Anmache gewesen sein.

Reiko antwortete irgendwas auf Spanisch. Shuyin sowie der Thekenmann waren daraufhin höchst erstaunt; letzterer begann sich angeregt mit Reiko auf Spanisch zu unterhalten. Die Unterredung endete scheinbar mit einer Enttäuschung des Angestellten, die er aber mit spanischem Temperament locker und amüsiert wegsteckte.

„Ahh, iste schade, für alle drei von uns. Shüyin, was darf ich dir bringen, mein Freund?“

„Was willst du trinken?“ fragte Shuyin Reiko.

„Äh, einen Orangensaft und-“

„Nen O-Saft, ne Cola und vier Definitivo Chili Dogs, Meister.“ unterbrach er sie.

„Kommte sofort.“

„Vier Stück?“ fragte Reiko ungläubig.

„Ja. Oder wolltest du zwei?“

„Du verdrückst drei???“ fragte sie noch ungläubiger.
 

Zum Essen setzten sie sich an einen Tisch am Fenster. Sie saßen sich gegenüber. Reiko saß ganz brav und aufrecht, Shuyin machte es sich ziemlich bequem. Er lehnte sich ans Fenster anstatt an die Rücklehne an und legte die Beine hoch auf die ganze Sitzfläche. Das Essen kam erstaunlich schnell. Reiko verglich ihre Portion mit der von Shuyin. Schon ein Definitivo Chili Dog war für nen Hot Dog ausgesprochen riesig – und Shuyin wollte echt drei davon verdrücken. Das wollte sie nicht so recht glauben. Doch schon den ersten verschlang er regelrecht und in Windeseile. Nachdem das Essen auf dem Tisch stand, schien er ein bisschen anders, fast wie ein ganz anderer Mensch.

„Junge, wir sind hier zum Essen und nicht zum Schlingen.“ ermahnte ihn Reiko. Seine Essmanieren missfielen ihr anscheinend.

„Ich weiß...“ sagte er mit halbvollem Mund und schluckte schnell den letzten Bissen runter. „Das mach ich aber immer so. Den Ersten esse ich immer ganz schnell, damit erstmal der Hunger halbwegs weg ist. Den Zweiten dagegen esse ich ganz langsam, damit ich ihn genießen kann.“ erklärte er und er schien das vollkommen ernst zu meinen.

„Was ist mit dir, hast du keinen Hunger? Die musst du wirklich probieren, die sind göttlich!“

Sie starrte wieder auf ihren einzelnen Chili Dog.

„Oder hast du etwa bedenken, weil Fast Food angeblich ungesund ist?“

„Huh?“ sie schien, als habe er etwas sehr bedeutsames angesprochen.

„Nimm’s nicht persönlich, aber ich würde dich so einschätzen, dass du so eine bist, die immer ganz genau darauf achtet, sich gesund, ausgewogen und fettarm zu ernähren. In dem Fall wärst du hier an der falschen Adresse.“

„Wieso isst du das dann, wenn es nicht gut ist?“

„Weil man nicht alles glauben muss, was einem in den Medien oder so erzählt wird. Ich ernähre mich fast ständig von solchem Zeug und mir gehts prima.“

„Naja... ich hab wirklich noch nie so was gegessen... . noch nicht mal gesehen, ehrlich gesagt... . Ich kenn nur das Essen, das ich immer zu Hause oder im Krankenhaus bekam.“

Das mit dem Krankenhaus ignorierte Shuyin einfach mal, da er vermutete, dass sich dahinter eine eher unschöne Geschichte verbarg.

„Wenn du ihn doch nicht willst, kannst du dir nen Salat bestellen. Den Chili Dog ess ich meinetwegen auch noch.“

Sie überlegte noch kurz, dann sagte sie aber „Ach, es wird schon nicht schaden, mal was anderes zu probieren. Und schlimmer als die Pilze von heut Nachmittag wird’s schon nicht schmecken.“ und biss beherzt in ihren Definitivo Chili Dog.
 

Sie kaute langsam und bedächtig.

Sie achtete scheinbar ganz genau auf den Geschmack.

Sie hielt kurz inne.

Dann sah sie Shuyin mit ganz großen Augen an.
 

„MMMMHHHH! Dhie fhind ja... *runterschluck* die sind ja... einfach... die sind göttlich! Ich hab noch nie in meinem Leben so etwas Gutes gegessen!“ sagte sie und biss wieder ab. Sie aß jetzt genau so hektisch wie Shuyin seinen ersten Chili Dog. Sie sah aus, als würde sie gleich vor Glück weinen. Als er das sah, grinste Shuyin zufrieden in sich hinein.

„Ich hab dir doch gesagt, die sind göttlich. Und alles andere als göttlich wäre eine untertriebene Beschreibung. Verschluck dich nicht.“

Da sie jetzt genauso schnell aß, wie Shuyin, war sie natürlich schnell fertig mit ihren Chili Dog – und bestellte sich prompt einen zweiten.

(Anm. d. Autors: Habt ihr jetzt auch so’n Hunger wie ich :)?)
 

Während Shuyin seinen letzten Chili Dog in normalem Tempo aß, fragte er sie: „Du sprichst mexikanisch?“

„Das war spanisch. Und, ja, ich spreche Spanisch. *Kurze Sprechpause* Spanisch, Englisch, Französisch, japanisch natürlich und ein bisschen Deutsch.“

Wär dies ein Manga oder Anime, hätte Shuyin daraufhin seine Cola fontänenartig ausgespuckt.

„Waaas? Warum sprichst du so viele Sprachen? Ich bin froh, dass mein Englisch halbwegs brauchbar ist.“

„Warum?... tja, weiß ich gar nicht so genau. Ich hab sie einfach gelernt. Ist aber ganz lustig. Und vielleicht können mir die Sprachen ja irgendwann mal nützlich sein.“

„Du bist echt seltsam... manchmal könnte man meinen, dass du halb hinterm Mond wohnst, manchmal dagegen als hättest du alle Schulbücher der Welt auswendig gelernt.“

„...Ich dachte mir schon, dass ich nicht erwarten sollte, irgendwie normal zu wirken...“ sagte sie, mehr zu sich selbst als zu Shuyin. Sie sah geknickt aus und starrte schweigend auf ihren Pappbecher mit Orangensaft. Shuyin wollte lieber nicht fragen, was sie damit meinte. Doch sie fing von alleine an: „Möchtest du... wissen, warum ich so bin, wie ich bin? Was ich... schon so alles durchgemacht habe?“

Er zögerte erst, dann sagt er aber: „Wenn du es unbedingt loswerden willst: Bitte. Aber erwarte nicht von mir, dass ich mehr als nur zuhöre.“
 

Das war ihr mehr als genug. Also legte sie los. Während sie sprach, starrte sie die ganze Zeit ihren Pappbecher an und hob ihren Blick nicht.
 

„Also… wo fang ich nur an? Ich… also… schon seit meiner Geburt, da… hab ich so eine schwere und seltene Krankheit, die es mir kaum ermöglicht, raus zugehen oder ein normales Leben zu führen… . Ich habe mehr als die Hälfte meines Lebens deswegen im Krankenhaus verbracht… den Rest zu hause im Bett. Mehr als diese zwei Orte hab ich auch nicht in meinem Leben besucht. Ich hab daher auch keine Freunde… wie auch, wenn ich nie rauskomme und anderen Menschen begegne? Meine Familie und meine Ärzte sind die einzigen Menschen, die ich kenne. Statt zur Schule zu gehen, bekomme ich Privatunterricht… meine Eltern opfern ihr ganzes Vermögen dafür und für meine medizinische Behandlung. Alles, was ich so weiß… weiß ich nur vom Privatunterricht und aus den Medien.“

Sie machte eine kurze Pause und holte tief Luft.

„Und ich schätze mal, dass ich jetzt hier bin, bedeutet, dass ich an meiner Krankheit gestorben bin… . Ich erinnere mich zwar nicht daran, gestorben zu sein, aber so muss es wohl sein… .“

Man hörte deutlich, dass sie versuchte, ihren Unmut über diese Tatsache zu überspielen.

Unangenehmes Schweigen.

Etwas nervös trommelte sie mit den Fingerspitzen leicht an den Seiten ihres Pappbechers rum. Sie blickte kurz auf zu Shuyin. Sie sah ihn im Profil, konnte aber seine Augen nicht sehen, da diese von ihrer Seite aus von seinen Haaren verdeckt wurden. Sie wünschte, er würde etwas sagen, aber er zeigte keine Regung. Also blickte sie wieder hinab auf ihren Pappbecher.
 

„Es… tut mir leid.“ sagte er plötzlich.

„Was?“

Er saß immer noch seitlich von ihr abgewandt und rührte sich nicht, während er sprach. Sie sah ihm an, dass er sehr vorsichtig und gewählt nach den richtigen Worten suchte.

„Es tut mir leid. Ich meine, wie ich dich behandelt habe. Ich war voreingenommen… und geblendet davon, dass ich durch meine Vorkenntnisse einen großen Vorteil in diesem Spiel habe. Doch jetzt, wo ich deine Geschichte kenne… ergibt dein ganzes Verhalten Sinn… und ich merke, dass ich völlig zu unrecht so fies zu dir war… und dass du das wirklich nicht verdient hast. Dafür bitte ich um Entschuldigung… es tut mir leid.“
 

Sie war so geschockt, so etwas von ihm zu hören, dass es ihr glatt die Sprache verschlug. Aber sie freute sich und in ihr machte sich eine sehr wohlige Wärme breit. Aber das wollte sie lieber für sich behalten, also sagte sie nur „Ach, ist schon in Ordnung“.

Wieder Schweigen, doch diesmal war es bei weitem nicht so unangenehm. Dann ergriff sie wieder das Wort:

„Was meinst du eigentlich mit »jetzt ergibt mein Verhalten Sinn«?“

„Na ja, einfach alles. Deine Bestürzung, als ich dir gesagt habe, dass du tot bist… kann ich jetzt nachvollziehen. Und überhaupt dein ganzes lebenslustiges Getue… dass du dich gern verausgabst, auch wenn es anstrengt… dass du alles, was du tust, scheinbar in vollen Zügen genießt. Du holst halt nach, was du bisher nicht konntest. Auch dein großes Wissen wundert mich jetzt nicht mehr so sehr.“

„Achso… Hm.“

„Dass du im Spiel von Shibuya gelandet bist, müsste bedeuten, dass du in Shibuya wohnst?“

„Was? Äh, ja. Wenn ich nicht im Krankenhaus bin, bin ich in unserer Wohnung in Shibuya.“

„In dem Fall hast du wirklich einiges verpasst… und einiges nachzuholen.“ sagte Shuyin, halb zu sich selbst und halb zu ihr.

„Was?“

„Nun ja… Shibuya ist einer der aufregendsten Orte dieser Stadt. Hier gibt es echt viel zu sehen und zu erleben. Wir sollten die Zeit, die wir in diesem Spiel haben, also gut nutzen, um möglichst viel, was du verpasst hast nachzuholen. Ich denke, damit haben wir heute schon einen guten Anfang gemacht.“

Mit dem letzten Satz drehte er sich nun erstmals wieder zu ihr um und er hatte einen optimistischen Ausdruck in seinem Gesicht, der sie wohl aufheitern sollte.

„Es ist zwar eine Ironie, das Leben erst nach dem Tod zu genießen, aber besser spät als nie.“ fügte er hinzu.

„Ja.“ sagte sie mit einem zustimmenden Lächeln, und sie hatte jetzt wieder richtig gute Laune.
 

Erstmal mussten sie sich aber beeilen, denn sie hatten nur noch eine knappe halbe Stunde bis Missionsende. Glücklicherweise war es von Mexican Dog nicht allzu weit bis Towa Records. Tatsächlich waren die Mauer vom frühen Nachmittag, sowie der dazugehörige Reaper, verschwunden. Vorm Eingang von Towa Records sahen sie sich um, doch es war nichts und niemand da . Eine leicht kreischige Stimme erregte ihre Aufmerksamkeit.
 

„Ihr zwei seht aus, als kommt ihr gerade von einem Gothic-Konzert von A-East, oder sehe ich das falsch?“

Als sie sich umdrehten, erblickten sie eine junge Frau in einem merkwürdigen, engen dunkelblauen Kleid, mit kurzen pinken Haaren und eine auffallenden Lippenstift. Begleitet wurde sie von einem groß gewachsenen, schlanken jungen Mann mit einem ärmellosen Parka mit Skelletaufdruck und einem ihm wichtig erscheinenden Lolli. Beide hatten schwarze Flügel. Sie waren also Reaper.

„Pinky und Lollypop? Sagt bloß, die heutige Mission kommt von euch?“

Die Frau mit den pinken Haaren antwortete ihm. Sie wirkte alles in allem irgendwie geladen. Der junge Mann an ihrer Seite dagegen war die Ruhe in Person.

„Oh, der Grünschnabel? Was machst du denn wieder im Spiel? Na ja, kann mir egal sein. Erzählt schon. Wie war das Konzert?“

Und sie erzählten beide. So ausführlich wie möglich. Und so enthusiastisch wie möglich. Auch Reikos Erlebnis von der Toilette wurde kurz angerissen. Als sie so weit mit Berichten fertig waren, sah Pinky extrem geladen aus.
 

„AAAAAARRRRRGGGHHH! Ausgerechnet heute muss ich die Mission leiten! Ich hab ja nichts gegen eine anständig bezahlte Arbeit, aber ich hab mich schon seit Monaten auf dieses Konzert gefreut! Das ist ja so was von UNGERECHT!!!“

„Wenn du so sauer deswegen bist, warum schickst du eine Mission raus, bei der man dir davon erzählen soll?“ fragte Shuyin und sah ein kleines bisschen eingeschüchtert aus.

„Oh, das ist alles Teil eines äußerst simplen, aber teuflischen Plans.“ sagte der Lolli-Mann mit gottesgleicher Ruhe.

„Wenn ich schon nicht auf das Konzert gehen darf, dann will ich wenigstens ein paar Spieler kaltmachen, um mir endlich meine schon längst überfällige Beförderung zu sichern!“ fuhr sie fort.

„Eure Erzählungen dienten lediglich dazu, ihre Wut noch weiter anzustacheln. Jetzt ist sie richtig heiß darauf, euch an den Kragen zu gehen.“ beendete der Lolly-Mann, immer noch unendlich gelassen.

„Wenn die Regeln nicht geändert wurden, dürft ihr aber keine Spieler angreifen.“ warf Shuyin noch in den Raum.

„Du Klugscheißer, das Maß ist voll! Ich brauch mich nicht persönlich um euch zu kümmern. HIER! Die tun’s auch!“
 

Mit diesen Worten beschwor sie eine Gruppe Noise und Shuyin und Reiko wurden unweigerlich auf ihre Kampfebenen gebracht.

Sie hatten es mit zwei Mosh Grizzly und vier Jungle Boomer (die Kängurus) zu tun. Das war das erste Mal in dieser Woche, dass sie es mit Noise dieser Größe aufnehmen mussten, dann auch noch in so großer Zahl. Reiko war natürlich eingeschüchtert, vor allem von den Grizzlys. Doch Shuyin konnte sie mit den richtigen Anweisungen halbwegs beruhigen: „Die Bären sind zwar groß und stark, aber Langsam. Greif sie aus der Distanz an! Und wenn die Kängurus in die Luft springen, bleib unbedingt in Bewegung!“
 

Um Reiko möglichst gut zu helfen, entschied er sich, zuerst auf die Grizzlys loszugehen. Sein schneller und weit reichender Kampfstil fügte den Grizzlys gleichzeitig Schaden zu und verhinderte gleichzeitig Angriffe ihrerseits. Was er nicht wusste: auch Reiko griff zuerst die Grizzlys an. Und wie er es gesagt hatte, tat sie es aus der Ferne mit Pyrokinese-, Force Round- und Donnerblitzangriffen. Die konzentrierten und geplanten Angriffe besiegten die Bären zum Erstaunen beider sehr schnell und hielten Schäden auf ihrer Seite gering. Danach widmeten sie sich den Boomers, wobei Reiko leichte Probleme bekam. Den Sprungangriffen wich sie zwar gemäß Shuyins Anweisungen aus, doch die frontalen Sprintangriffe sah sie erst spät kommen, sodass sie einige Treffer einsteckte. Nachdem sie aber einmal den Heilungspin benutzte, erkannte sie eine gute Angriffsgelegenheit, als alle 4 Boomer nahe beieinander standen, und setzte sie mit einer gezielten Flammenlinie in Brand. Shuyins Angriffe taten ihr übriges, sodass die Beiden diesen Kampf am Ende doch erfolgreich überstanden. Pinky war außer sich – noch mehr als ohnehin schon.
 

„Arrrgh! Warum nur? Warum geht heut alles schief? So krieg ich nie meine Beförderung! Das zahl ich euch heim, ihr nervigen Kröten! Wartet nur bis zum letzten Tag! Komm, Kariya. Wir gehen.“

„Hach… ist es so schwer, diese kleine Niederlage einzustecken und sie mit Würde zu tragen? Na ja, egal. Ihr wart gar nicht mal so schlecht, Kinder. Morgen bin ich übrigens Proxy-GM. Ich hoffe doch, wir sehen uns. Bye!“
 

„Das war ein ziemlich ungleiches Paar, wenn du mich fragst.“ bemerkte Reiko.

„Ja… so ganz reine sind die nicht. Aber wenn man sie nicht gerade zum Feind hat, können sie ganz lustig sein. Ich bin ja mal auf die morgige Mission gespannt.“

„Wieso? Meinst du, es wird ein harter Brocken?“

„Die Chancen stehen 50:50. Kommt ganz auf Kariyas Laune an. Kariya – der Typ mit dem Lutscher – ist zwar ein sehr genügsamer Zeitgenosse, kann aber ein harter Brocken sein. Wenn er wollte, könnte er schon ein hochrangiger Reaper sein – aber er hält den Ball lieber flach. Die morgige Mission könnte ein Spaziergang sein… oder ein Trip durch die Hölle. Und sollten wir direkt gegen ihn kämpfen müssen, stecken wir in der Klemme.“

„Oje. Dann hoffen wir mal, dass er morgen gut drauf ist.“

„Ich denke schon. Er ist nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen, wie Uzuki, also seine …»temperamentvolle« Partnerin.“

„Wie mir scheint, kanntet ihr euch auch? Gibt es irgendwas, was dich und die Reaper verbindet?“

„Wie gesagt, für mich heißt es Runde 2… .“

„Gibt es… einen bestimmten Grund, dass du schon zum zweiten Mal mitmachst?“

„Das… erzähl ich dir vielleicht ein anderes Mal.“ sagte Shuyin und steckte die Hände in die Hosentaschen.
 

Ende Tag 3 „Freud’ und Leid“



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