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Magical Lies

~~ Originalspeedwichtelff für Plueschninja
von

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Wir können die Welt dennoch retten

24. Tag xxx Caliburns Realm
 

Ein Seufzen über Plüschis Lippen, als sie durch den Spiegelbrunnen auf die Erde hinabsah, wo die Menschen nicht wussten, dass ihnen eigentlich nicht mehr viel Zeit blieb, wenn auch der letzte Pfeiler fiel.

“Du bist so traurig, Plüschi.” Obwohl Caliburns Stimme vollkommen unerwartet erklang, zuckte das Mädchen nicht zusammen, als dieser den großen Saal betrat. Sie hob den Kopf und sah ihr Gegenüber mit großen Augen an. Sie wusste selbst nicht, woher diese Trauer kam, oder wieso sie es so deutlich zeigte, dass selbst der emotionsbare Caliburn es bemerkte.

“Jetzt sind nur noch Lyra und ich da… Glaubst du, sie wird kommen? Kann ich… die Welt alleine retten?” Zweifelnd sah Plüschi den Brillenträger an, der langsam auf sie zuging und ihr sanft durchs Haar strich.

“Es tut mir leid, dass ich dich wie meine Marionette benutze, um diese Welt zu retten. Leider ist genau das euer Schicksal, und es muss sich erfüllen, damit diese Welt wieder in ihr natürliches Gleichgewicht kommt.” In einer fast schon liebevollen Geste bückte sich Caliburn zu Plüschi, sodass sein akkurat sitzender, schwarzer Anzug Falten warf, und sah ihr tief in die Augen. Er spürte ihren Schmerz wegen den gefallenen Gefährtinnen und den Schmerz, dass sie selbst noch fallen würde. Ihre Gefühle waren den wenigen, die er besaß, so ähnlich.

“Kann ich dich irgendwie zum Lächeln bringen?” Es war ein kurzer Gedanke, der aufgekeimt war und eigentlich eher eine unwichtige Bedeutung für Caliburn hatte. Doch diese Frage brachte Plüschi zum Lächeln und wischte ihr die Traurigkeit aus dem Gesicht.

“Bevor ich von dieser Welt gehe, möchte ich ein richtiges Date haben.” Überrascht hob Caliburn eine Augenbraue und sah in Plüschis lächelndes Gesicht. Er hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass sie ihrer jugendlichen Natur folgte.

‘Sie hätte sich wünschen können, dass sie am Leben bleiben darf… Menschenmädchen sind schon eine interessante Rasse’, dachte sich er und schob mit seinem Zeigefinger die Brille wieder etwas hoch.

“Ich werde sehen, was ich machen kann.” Mit einem hauchdünnen Lächeln auf den Lippen erhob sich Caliburn wieder und verließ den Saal. Bevor er Plüschis Wunsch erfüllen konnte, musste er sich erst noch über gewisse Dinge informieren.
 

26. Tag Mittag Finlass’ Wohnung
 

Quietschend öffnete sich die Haustür zu Finlass’ Wohnung, als Lyra sie aufdrückte, um die stickige Behausung zu betreten. Es hatte sie viel Mühe gekostet, sich den Haustürschlüssel ihrer Lehrerin zu ergaunern und momentan war auch die Zeit nicht ihr bester Freund.

Nur noch vier Tage verblieben ihr. Vier kurze Tage, in denen sie einen Weg finden musste, um das sich anbahnende Unheil abwenden zu können. Und hier, irgendwo in der Wohnung ihrer verstorbenen Lehrerin, musste ein Hinweis liegen, der ihr helfen konnte.

Ohne sich darum zu kümmern, dass sie in diese Wohnung so gesehen eingebrochen war, lief Lyra ins Wohnzimmer, in dem sich ein Bücherregal an das andere reihte. Doch statt dicker Wälzer hatten hier schwarze Ordner ihren Platz gefunden. Aufmerksam sah sich Lyra die Ordner an und las auf jedem bis auf einen die Worte “Magical Girls”. Nur einer war unbeschriftet, sodass Lyra entschied, sich diesen später anzusehen.

‘Wo hat sie nur geschlafen?’ Vorsichtig sah sich Lyra weiter um und bemerkte eine Tür, auf die sie langsam zuging. Außer dem unbeschrifteten Ordner war hier nichts von großer Bedeutung zu finden.

Vielleicht fand sie aber hinter der Tür etwas Aufschlussreicheres. Ohne zu zögern legte Lyra ihre Hand auf den Türknauf und stieß den Zugang, der sich schnell als der zum Schlafzimmer entpuppte, auf. Neben dem Bett, das ungemacht war, stand hier auch ein Schreibtisch, auf dem ein einziges Buch mit schwarzem Einband lag. Es war dieses Buch, das Lyras Interesse sofort weckte. Wie von einer fremden Macht geführt ging sie zu dem Schreibtisch und nahm das Buch in die Hand.

“Der Plan…”, flüsterte Lyra, als sie die blutroten Buchstaben las. Sofort setzte sie sich auf den Stuhl und schlug das Buch auf, von dem sie sich Antworten auf ihre Fragen erhoffte.
 

Tagebuch:
 

Sehr geehrter Leser,

Wie ich vermute, lebe ich nicht mehr, und es muss wohl wie ein Selbstmord ausgesehen haben, da du dieses Buch sonst nicht in den Händen halten würdest. Die Wahrheit ist, dass ich mich nicht umgebracht habe, sondern ermordet wurde. Ermordet von Wesen, die vor den Augen dieser Welt unsichtbar sind.

Dir, meinem sehr geehrten Leser, vertraue ich dieses Tagebuch und damit meine Seele an. Auf den nächsten Seiten wirst du alles über meinen Plan und mein bisheriges Leben erfahren. Zumindest, was das Gegenwärtige betrifft. Die Vergangenheit ist für meinen Plan recht irrelevant. Bevor du aber mit dem Lesen beginnst, solltest du die Kiste aus Kastanienholz unter meinem Bett hervorholen. Darin liegt ein Schwert, dessen Bedeutung dir im Laufe der Seiten noch bewusst werden wird.
 

26. Tag Mittag Finlass’ Wohnung
 

Lyra lief ein kalter Schauer über den Rücken, als sie das Vorwort des Buches las. Erneut fand sie Finlass in ihrem Wesen sehr makaber, denn sie hatte scheinbar damit gerechnet, dass sie sterben würde. Kurz schüttelte das Mädchen den Kopf und erhob sich, um so wie es im Vorwort empfohlen wurde, die Holzkiste unter dem Bett ihrer ehemaligen Lehrerin hervorzuholen.

Staunend betrachtete Lyra die staubige Kiste und strich vorsichtig mit ihrer Hand über das alte Holz. “Memento Mori” war in das Holz eingeritzt worden, was Lyra ein bitteres Lächeln abrang. Nur zu gut wusste sie, was diese Worte in ihrer Sprache bedeuteten.

Behutsam hob Lyra die Kiste an und stellte fest, dass sie diese trotz der Tatsache, dass sie etwas schwerer war, nach Hause tragen konnte. Doch vorerst wollte sie wissen, was dieses Schwert bewirken sollte. Immerhin konnte dies der Schlüssel für die Lösung all ihrer Probleme sein. Noch dazu musste sie sich danach den namenlosen Ordner ansehen. Sie hatte also nicht viel Zeit. Sich dessen bewusst, setzte sie sich wieder an den Schreibtisch und blätterte die erste Seite um.
 

Tagebuch:
 

Es ist nun fast 15 Jahre her, dass ein sogenanntes Magical Girl mich vor dem Tode bewahrt hat. Aus Dankbarkeit habe ich sie und ihre Kameradinnen unterstützt, aber nun haben sie mich verraten. Glücklich leben sie mit ihren gegründeten Familien in den Tag hinein und tun so, als wären ihre Kämpfe bereits vorbei. Doch noch immer gibt es Magicals, die die Menschheit bedrohen. Yuri meint, dass es nun die Aufgabe anderer Magical Girls sei, sich darum zu kümmern, und dass ich sie einfach ihren Job machen lassen soll.

Yuri, diese Schlampe, sie bekommt immer alles. Sie treibt es doch mit jedem Regisseur, solange sie dafür eine gute Rolle bekommt. Ihr Mann sollte sich mal nicht so sicher sein, dass Rizumu, dieses kleine Balg, von ihm ist. Aber die Liebe macht wie immer blind.
 

Der Kontakt zu meinen früheren, sogenannten Freundinnen bricht immer mehr ab. Mitsuko hat nun endlich den jungen Chef der Phoenix Corporation an Bord gezogen und geheiratet. Dass sie sich nicht mehr mit der Unterschicht abgibt, war ja klar. Geld verändert die Menschen. Die einzigen, mit denen ich noch Kontakt habe, sind Nanako, die nun Mutter der kleinen Naenia geworden ist, Mira, die aber mit ihrer Tochter nicht mehr hier lebt, und Mia, mit der ich zweimal die Woche einen Kaffee trinken gehe. Die Zweckfreundschaft, die die Mädchen durch das gemeinsame Schicksal verbunden hat, scheint nun also aufgelöst zu sein. Und auch die anderen drei lassen mich sicher irgendwann im Stich.
 

Mia ist so eine verlogene Schlange. Ihr hatte ich all meine Geheimnisse anvertraut. Ich habe ihr sogar von meinen Gefühlen für Keisuke erzählt. Ich war bereit, meinen Groll, gegen die Magical Girls, für ihn aufzugeben, damit ich mit ihm glücklich werden kann, doch nun… Diese Schlange hat ihn mir weggenommen. Sie hat sich heimlich hinter meinem Rücken mit ihm getroffen und ihn verführt. Unter diesen Umständen werde ich meinen Groll nicht vergessen. Aber ich werde mir einen Plan für diese Welt erdenken. Magical Girls sind für Menschen eine genauso große Bedrohung wie die Magicals. Sie stehlen den normalen machtlosen Menschen wie mir alles.
 

Bei meinen Forschungen bin ich auf das Magical Girl Gen gestoßen. Es ist bei Frauen recht dominant, wirkt sich bei Männern aber eher rezessiv aus. Mir wird jetzt schon schlecht, wenn ich daran denke, dass meine ehemaligen Freundinnen alle kleine putzmuntere Mädchen haben. Sie haben sich alle potentielle Magical Girls gezüchtet. Wie schön für sie.
 

Nur aus Spaß an der Freude habe ich mir die genetische Beschaffenheit der Magicals angesehen. Ich konnte es nicht glauben, als ich bemerkte, dass die Magicals auch das Magical Girl Gen besitzen. Wieso war mir das nicht schon früher klar geworden? Immerhin habe ich nun die absolute Gewissheit, dass die Magical Girls zu den Feinden der Menschheit zählen.
 

Diese Welt ist so verdorben. Mein noch immer über alles geliebter Keisuke ist gestorben. Eine Herztransplantation hätte ihn retten können. Er stand ja schon seit ein paar Jahren auf der Spendenempfängerliste. Er wäre nun an der Reihe gewesen, und man hatte auch schon ein Herz, das sein Körper nicht abgestoßen hätte. Doch nur weil irgendein schmieriger, alter Politiker genug Geld hingelegt hatte, bekam dieser den Vorzug. Die Medizin hat ein Menschenleben wegen Geld geopfert.
 

Mira weilt nicht mehr unter uns. Bei dem Versuch, ihre Tochter umzubringen, ist sie selbst gestorben. Die kleine Lyra hat sie in Notwehr erschlagen. Welch Tragik, dass es gerade bei der Frau passierte, die verstand, was Magical Girls wirklich sind.
 

Mitsuko ist verstorben. Enthauptet im Büro ihres Mannes, und die kleine Lilim war die einzige Augenzeugin. Sie erzählte, dass ein Mann mit Brille und Anzug aufgetaucht sei. Ich habe mich daran erinnert, dass Mira in ihrem Brief von einem Mann sprach, der genauso aussah. Ob das nur ein Zufall ist?
 

Nanako wurde ermordet. Um genauer zu sein wurde sie auf der Arbeit erwürgt. Die Überwachungskamera hat einen Mann mit Brille und Anzug aufgenommen, der ihr Modegeschäft betreten hatte. Keine Stunde später war sie tot. Ich bin mir sicher, dass es derselbe Mann ist, den Mitsuko vor ihrem Tod gesehen hat und mit dem sich auch Mira traf. Die Polizei fahndet nach ihm, aber nicht nur sie, auch ich suche ihn. Er scheint ein wichtiger Verbündeter im Kampf gegen die Magical Girls zu sein.
 

Ich habe ihn gefunden. Sein Name ist Caliburn. Er ist ein unglaublicher Mann. Gutaussehend, gebildet und Single. Ich stelle mir schon vor, wie es ist, an seiner Seite die Magical Girls umzubringen. Ich treffe mich nun regelmäßig mit ihm und lausche seinen Erzählungen von den Pfeilern der Welt. Die Pfeiler der Welt, das sind Baku_Chan, das Leben, Newt, der Tod und Erenya, die Verantwortung. Caliburn sagt aber immer, dass es noch einen vierten Pfeiler gibt. Das Schicksal. Jedoch hat er noch keinen Namen genannt.
 

Heute konnte ich Caliburn nicht sehen. Er hat Yuri den Gnadenstoß gegeben. In den Medien hört man überall davon. Die große Yuri starb bei der letzten Szene eines Filmdrehs. Das geschieht ihr Recht. Dennoch ist das recht makaber, denn der Regisseur hat angekündigt, dass er den Film mit der Sterbeszene veröffentlichen will, weil dieser Streifen zu viel Geld gekostet habe. Geldgieriger Bastard.
 

Mia tut es schon wieder. Ich habe gesehen, dass sie sich mit Caliburn trifft. Erneut will sie mir den Mann wegnehmen, den ich liebe. Keisuke hat ihr nicht gereicht. Doch am schlimmsten ist, dass er in ihrer Gegenwart gelächelt hat.
 

Caliburn hat mich in seine Welt mitgenommen. Ich habe nun verstanden, wer er ist. Er ist der vierte Pfeiler der Welt. Wie ich ihn als Schicksal hasse, als Mensch aber liebe. Ich bin hin- und hergerissen. Er hat mir sein Schwert gezeigt und mir erklärt, dass es die einzige Waffe ist, die ihn besiegen kann.
 

Mein geliebtes Schicksal hat mich darum gebeten, Mia zu helfen. Ich soll ihr immer sagen, an welchem Ort ein Magical auftaucht, damit sie mit ihrer Tochter Plüschi verschwinden kann. Das soll verhindern, dass Plüschis Gen aktiv wird. Scheinbar haben Mia und Caliburn einen Deal. Sie sind alle Verräter.
 

Heute habe ich Mia gesehen. Diese Schlange ist schon wieder schwanger. Und ich bin mir sicher, dass dieses Kind von Caliburn ist. Er hat mich benutzt und betrogen. Ich habe genug.
 

Ich habe mir nichts anmerken lassen, als ich Caliburns Welt besuchte. Er war zuvorkommend wie immer. Er hat nicht einmal bemerkt, dass ich mir sein Schwert genommen habe. Leider waren auch die anderen drei Pfeiler zugegen, weswegen ich mich nicht an meiner Liebe rächen konnte.
 

Die Welt soll untergehen...
 

Drei Kinder meiner ehemaligen besten Freundinnen habe ich gefunden. Sie sind perfekt. Zerfressen von Rache. Ich habe ihnen erzählt, dass die drei Pfeiler, Baku_Chan, Newt und Erenya, Magicals sind, die sie auslöschen müssen, wenn sie Rache an Caliburn nehmen wollen. Es ist eben nicht nur die Liebe, die blind macht.
 

Ich weiß nicht wie, aber Naenia hat von meinem Plänen erfahren. Sie hat das Wohnheim sofort verlassen. Das ist ein herber Rückschlag, aber noch lange keine Niederlage. Schließlich gibt es ja noch Miras und Mias Töchter.
 

Miras Tochter ist gefunden. Ich habe alles in die Wege geleitet. Nun muss ich nur noch Mia beseitigen. Ich weiß auch schon wie.
 

Caliburns Tochter Ixtli und Mia sind bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen. Ein Magical versperrte ihnen den Weg, wodurch sie in einen Graben fuhren. Fast hätte es auch Plüschi erwischt, als sie die Straße überqueren wollte. Doch ihr Magical Girl Gen aktivierte sich, bevor sie das Auto sie überfahren konnte. Sie hat kaltblütig die vier Insassen umgebracht.
 

Ich habe heute Lyra getroffen. Sie könnte gefährlich werden, denn sie ist ein misstrauisches kleines Ding. Ich sollte vermeiden, sie mit Naenia in Kontakt kommen zu lassen. Sonst könnte sie die Wahrheit erfahren.
 

Leider musste ich Nanakos Tochter umbringen. Sie hätte Lyra beinahe alles erzählt. Zu meinem Pech sind nun aber auch Lilim und Rizumu misstrauisch geworden. Es läuft nichts wie geplant. Nun gut, sie müssen nur noch Erenya ausschalten. Caliburn kann ich mit seinem Schwert auch selbst erledigen. … … … Er hat mich als Hexe bezeichnet… Dabei hat er mir doch dieses Schicksal zugedacht. Wahrscheinlich ist es aber nur sein Kummer, weil seine Geliebte und seine Tochter tot sind.
 

Ein letztes Mal konnte ich Lilim und Rizumu manipulieren. Allerdings sollte ich Lyra im Auge behalten. Dies ist vielleicht auch mein letzter Eintrag. Wer auch immer das liest, soll das Schwert nehmen und mein Werk beenden. Caliburn muss zum Wohle aller sterben.
 

26. Tag Abend Finlass’ Wohnung
 

Seufzend schlug Lyra Finlass’ Tagebuch zu. Sie wusste nun alles über ihre Beweggründe und ihre Verbrechen. Doch viel wichtiger war, dass sie nun wusste, wie sie Caliburn ausschalten konnte, wenn er ihr an den Kragen wollte. Mit ernster Miene sah sie zu der Holzkiste, in der sein Schwert ruhte. Die einzige Waffe, die ihn besiegen konnte.

‘Ist das richtig? Er ist der letzte Pfeiler dieser Welt. Was passiert danach?’ Lautstark bäumte sich ein Zweifel in Lyra auf. Ein berechtigter Zweifel. Wenn sie Caliburn erledigte, würde auch die Welt untergehen. Ihre Kämpfe wären somit vergebens gewesen. Andererseits wollte sie sich aber nicht von diesem Bastard ermorden lassen.

‘Und wenn er Finlass angelogen hat?’ Sanft strich Lyra über die Kiste und über die Worte “Memento Mori”. Was hatte sie schon für eine Wahl? Ob Lüge oder nicht, sie war dazu verdammt zu sterben, genauso wie ihre Kampfgefährtinnen. Sie konnte natürlich auch weglaufen, ihre Identität und ihr Aussehen verändern, doch auch das würde nichts bringen. Caliburn würde sie finden. Egal wie sie aussah, egal wo sie war. Weglaufen wäre also keine Lösung.

Fast schon erschöpft lehnte sich Lyra in den Stuhl zurück. Plüschi wusste schon, was sie tun würde. Und in vier Tagen würde sie erfahren, wie ehemalige Gefährtin entschieden hatte. Die Frage war nur noch, was sie, Lyra, tun würde. Oder vielmehr, wie sie vorhatte zu sterben.

‘Was soll ich nur tun?’
 

30. Tag xxx Caliburns Realm
 

Vorsichtig lief Plüschi um eine der drei Säulen, die die verstorbenen Pfeiler der Erde symbolisieren sollten. Auf der Spitze der Säulen leuchtete jeweils eine Lichtkugel, in der ein neuer Pfeiler schlief. Caliburn hatte ihr erklärt, dass er diese drei neuen Pfeiler aus seinem Fleisch geschaffen hatte und sie bald erwachen würden. Sie fragte sich, wann dieses Bald war, und ob sie es noch miterleben würde.

“Hier bist du also, Plüschi.” Erschrocken, fast so als hätte man sie bei einer schlimmen Tat erwischt, zuckte Plüschi zusammen, die Caliburn mit einem fast schon wehleidigen Blick ansah. Dieser jedoch sah sie, wie sonst auch, mit seinem ernsten Blick an.

“Ich wollte nur sehen, ob alles okay ist!”, sagte Plüschi schnell, weil sie glaubte, etwas Schlimmes verbrochen zu haben, auch wenn Caliburn gemeint hatte, dass sie sich in seinem Reich frei bewegen dürfte.

“Schon gut, Plüschi. Ich habe dich gesucht, weil ich dir heute deinen Wunsch erfüllen möchte.” Fragend und mit großen Augen sah sie den Mann vor an. Ein leises Seufzen war alles, was seiner geistigen Frage - wie das Mädchen nur so vergesslich sein konnte – Ausdruck verlieh. Dabei hatten sie erst einen Tag zuvor darüber gesprochen.

“Das Date. Du wolltest noch ein Date haben, bevor du von dieser Welt gehst. Und diesen Wunsch will ich dir am letzten Tag deines Schicksals erfüllen.” Begeistert weiteten sich Plüschis Augen, als Caliburn sie daran erinnerte, was sie sich gewünscht hatte. Sie hatte diesen Wunsch wieder vergessen, weil sie nicht damit gerechnet hatte, dass Caliburn ihn ihr erfüllen würde.

“Und mit wem habe ich das Date? Ich kenne doch keine Jungs!” Nur für den Fall, dass der Mann nicht wusste, dass zu einem Date auch ein Junge gehörte, erwähnte sie sie Tatsache, dass männliche Bekanntschaften rar bei ihr waren.

“Ich… bin dir also nicht männlich genug?”, fragte Caliburn und wandte seinen Blick leicht beleidigt von Plüschi ab. Erst jetzt verstand das Mädchen, dass sie ihr erstes und einziges Date mit ihm haben sollte. Als sie das realisierte, errötete Plüschi und hatte das Gefühl, sich bei Caliburn entschuldigen zu müssen.

“Nein! Das meinte ich nicht! Du bist sogar sehr männlich und ich würde mich sehr freuen, wenn du mit mir auf dieses Date gehst.” Lächelnd lief Plüschi zu Caliburn, der sie nun ansah, aber keine weiteren Gefühlsregungen zeigte. Sie glaubte aber zu wissen, dass er etwas verlegen wegen ihres Kompliments geworden war.

“Dann zieh dich um. Ich habe schon alles geplant”, erklärte er und wandte sich von Plüschi ab, die sich glücklich auf den Weg zu dem ihr bereitgestellten Zimmer machte.
 

30. Tag Mittag Shopping Mall Madoka
 

Staunend sah sich Plüschi in der riesigen Shopping Mall um. Obwohl sie hier öfter gewesen war, hatte sie das Gefühl, dass in diesen paar Tagen Jahre vergangen waren. Alles wirkte mit einem Mal so neu und doch irgendwie so vertraut.

“Ich habe gelesen, dass Mädchen bei einem Date gerne shoppen gehen. Ich hoffe, das ist okay für dich.” Verwundert sah Plüschi zu dem Mann neben sich, der anders als gewohnt in einem einfachen weißen T-Shirt und einer lockeren Jeanshose herumlief. Er hatte sich scheinbar gut darauf vorbereitet ihr ein perfektes Date zu bieten. Dabei hatte er aber scheinbar etwas außer Acht gelassen.

“Caliburn… Was bringen mir neue Sachen, wenn ich heute Abend sterbe…” Fragend blickte Plüschi zu dem Mann, der sich wie gewohnt in einer nachdenklichen Geste die Brille nach oben schob..

“In der Tat. Das ergibt wenig Sinn. Was machen wir dann?” Sein Blick wandte sich zu dem Mädchen, das ihn breit anlächelte und vorsichtig nach seiner Hand griff.

“Komm mit, ich zeig es dir!” Lachend zog sie Caliburn zur Spielhalle. Auch davon hatte er gehört. Hier balzten die Jungs um die Gunst ihrer Mädchen und profilierten sich vor diesen als Held.
 

30. Tag Nachmittag Fluttershy Café
 

Etwas erschöpft wedelte sich Caliburn mit einer Zeitschrift Luft zu. Anders als er es gelesen und gedacht hatte, waren diese Dates doch eine sehr anstrengende Sache. Noch dazu war Plüschi ein sehr aufgedrehtes Mädchen. Er wusste nicht wie, aber sie hatte ihn bei einem Rennspiel geschlagen. Ihm war es unverständlich, wie sein Versuch, sich vor ihr zu profilieren, so dermaßen schief gehen konnte.

“Bist du mir böse?” Verwundert sah er zu Plüschi, vor der ein riesiger Eisbecher, gemischt aus zwei Kugeln Schokolade, einer Kugel Vanille und Erdbeere und haufenweise Früchte mit Sahne, stand. Caliburn hatte gelesen, dass man bei einem Date einen sogenannten Pärchenbecher bestellte, den das Mädchen dann mit Freuden aß. Bei dieser Größe zweifelte er allerdings, dass Plüschi ihn wirklich schaffen würde.

“Dir böse? Nein… Es läuft nur nicht so, wie ich es gelesen habe. Glaubst du, dass du diesen Eisbecher schaffst?” Ein hauchzarter roter Schimmer zog sich über seine Wange, als er das Mädchen ansah und bemerkte, wie hübsch ihr Lächeln war. Es warf ihn schon ein wenig aus der Bahn, weswegen er etwas um Fassung ringen musste.

“Idiot! Das ist ein Pärchenbecher. Der ist für zwei Personen. Wenn du den leer sehen willst, musst du ihn schon mitessen.” Lächelnd hielt Plüschi ihm den zweiten Eislöffel entgegen und sah ihn schon auffordernd an. Erneut hatte das Mädchen ihm gegenüber ihn unbewusst in Verlegenheit gebracht. Etwas nicht zu wissen war ihm einfach unangenehm und peinlich. Dennoch, wenn man bei einem Date zusammen einen Pärchenbecher aß, dann würde er jetzt nicht davor zurückschrecken.

Kampfbereit legte er die Zeitschrift auf den Tisch und nahm den Eislöffel. Noch nie in seinem Leben hatte er ein Eis gegessen, aber es gab ja für alles ein erstes Mal, genauso wie dies hier sein erstes Date war.
 

30. Tag Abend King River
 

Zusammen mit Caliburn saß Plüschi auf einer Bank am King River. Ihr Blick war gen Himmel gewandt, wo die Sterne hell und munter leuchteten.

“Geht es deinem Kopf besser?”, fragte sie besorgt, ohne jedoch von den Sternen wegzusehen,

“Tut mir Leid… Ich habe dein erstes und letztes Date ruiniert. Hätte ich gewusst, dass man durch Eis Kopfschmerzen bekommt, hätte ich etwas langsamer gegessen.” Bedrückt sah Caliburn zu Boden. All sein Wissen, was er sich angelesen hatte, war nutzlos gewesen. Noch dazu hatte er Plüschi im Café bloßgestellt, als er das Eis wegen seiner Kopfschmerzen nicht mehr weiter gegessen hatte.

“Red nicht so einen Unsinn. Ich hatte heute viel Spaß. Die Spiele in der Spielhalle, das leckere Eis im Café, und nun sitzen wir hier und können uns den klaren Sternenhimmel ansehen. Besser konnte dieser Tag nicht werden.” Verblüfft sah Caliburn zu Plüschi, von der er dachte, dass sie log, damit er ein besseres Gewissen hatte. Doch ihr Lächeln verriet ihm, dass sie es ernst meinte.

Es war das erste Mal, dass ihm richtig bewusst wurde, dass Plüschi anders als die anderen Magical Girls war. Die meisten hätten ihn nun angefleht, sie leben zu lassen, denn ihre Lebenszeit lief mit jeder Sekunde aus. Doch Plüschi lächelte. Sie schien nicht einmal daran zu denken, wie kurz ihr Leben noch war.

“Sag, hast du keine Angst? In wenigen Stunden führst du deinen letzten Kampf, und egal wie er ausgeht, du wirst sterben. Wie kannst du da so glücklich lächeln?” Caliburn wollte es verstehen. Er wollte verstehen, was in ihr vor sich ging.

“Eigentlich habe ich große Angst. Ich will noch nicht sterben, aber wenn ich nicht sterbe, wird diese Welt untergehen. Wahrscheinlich noch heute. Die Welt befindet sich in einem Ungleichgewicht, und du alleine kannst sie nicht tragen. Demnach, selbst wenn ich überlebe, müsste ich sowieso sterben. Aber…” Kurz hielt Plüschi inne und schloss ihre Augen. Sie überlegte, wie sie Caliburn erklären sollte, was in ihr vorging. “Ich bin ein Magical Girl. Meine Aufgabe ist es, diese Welt mit meinem Leben zu beschützen. Und wenn mein Tod dazu beiträgt, die Welt zu retten, dann weicht diese Angst und ich werde fröhlich. Denn ich weiß, dass ich nicht ganz nutzlos war.”
 

30. Tag Mitternacht Shaman Bridge
 

Fest umklammerte Lyra das Schwert, das sie bei Finlass gefunden hatte, und sah sich auf der Brücke um. Es fuhren keine Autos mehr um diese Uhrzeit, so dass die Brücke der ideale Ort für den finalen Showdown war.

“Schön, dass du gekommen bist, Lyra.” Erschrocken drehte sich Lyra um und sah das blaue Magical Girl, das neben dem letzten Pfeiler der Welt stand. Nun wurde Lyra klar, wofür sich Plüschi entschieden hatte.

“Plüschi… So hast du also entschieden.” Ein bitteres Lachen kam über Lyras Lippen. Auch in der neuen Generation der Magical Girls gab es eine Verräterin. Damit, dass das Schicksal sich wiederholen würde, hatte sie nicht gerechnet. Schon gar nicht damit, dass Plüschi die Verräterin sein würde.

“Gerade von dir hätte ich das nicht erwartet. Ich dachte, dass du die Welt retten willst.” Tief holte Lyra Luft und schloss die Augen. In dieser Form konnte sie nicht kämpfen, sie musste Plüchi auf ebenbürtiger Ebene gegenübertreten. Als Magical Girl.
 

Leise seufzte Plüschi, als sie sah, dass Lyra sich verwandelte und kampfbereit das Schwert erhob. Sie kannte es aus den Erzählungen von Caliburn und wusste, dass Finlass es ihm gestohlen hatte, weil es die einzige Waffe war, die ihn vernichten konnte. Für Plüschi war somit klar, wofür Lyra sich entschieden hatte.

“Du weißt, dass du die Welt damit vernichtest, oder?” Ernst sah Plüschi ihre Gegnerin an, die nur nickte. Sie verstand Lyra nicht, denn selbst ihr sollte dann bewusst sein, dass das Ende der Welt auch ihres sein würde.

“Ich habe gründlich überlegt, wie ich sterben will. Und unter keinen Umständen lasse ich mich ermorden. Weder von dir, noch von Caliburn. Mir ist da auch egal, ob ich aus diesen Gründen die Welt vernichte. Memento Mori, Plüschi.” Lyra hatte genug von diesem Kaffeeklatsch, weswegen sie mit erhobenem Schwert auf Plüschi zulief. Sie war sich sicher, dass sie dieses Spiel auf diese Weise beenden konnte, denn die blaue Krigerin war unbewaffnet.

“Ich verlass mich auf dich, Plüschi”, flüsterte Caliburn, der sich von dem Magical Girl entfernte, um ihr im Kampfgeschehen nicht im Wege zu sein. Ernst nickte Plüschi. Sie wusste, dass das Schicksal der Erde nun auf ihren Schultern lastete. Wenn sie diesen Kampf nicht gewann, würde Caliburn sterben. Doch sie wollte ihn nicht sterben lassen, denn sie wollte ihm für dieses wundervolle Date danken.
 

Lyra konnte nicht glauben, dass sie wirklich ein so einfaches Spiel haben würde. Vollkommen schutzlos und vor allem unbewaffnet ging Plüschi vor ihr in Kampfposition. Doch sie hatte nicht vor, ihren Angriff abzublasen. Wenn es um Leben oder Tod ging, gab es keine Freunde.

“Stirb!” Mit aller Kraft holte Lyra mit Caliburns Schwert aus und ließ es auf ihre ehemalige Kameradin niedersausen. Diese hob nur ihre Hand, die Lyra schon blutend und zuckend am Boden liegen sah.

Doch sie stockte, denn kaum dass das kühle Metall der Klinge auf die Hand traf, ertönte das Geräusch der leicht vibrierenden Klinge. Ihre Waffe bewegte sich keinen Zentimeter und es schien so, dass eine unsichtbare Mauer ihren Angriff abgeblockt hatte.

“Du bist…” Lyra verstand, was geschehen war und knurrte leise wegen dieser späten Erkenntnis. Sie fragte sich, wie sie das nicht bemerkt haben konnte.

“Genau! Ich bin ein passives Magical Girl. Mit einer einfachen Handbewegung ist es mir möglich, eine Schutzbarriere aufzubauen.” Erneut hob Lyra das Schwert und ließ es wieder auf Plüschi niedersausen. Lange konnte sie das nicht aushalten, denn mit jedem Angriff den Plüschi abblockte, verbrauchte sie Energie. Sie hingegen war dann noch kräftig genug, um einen gezielten Angriff auszuführen.

“Lyra! Hör auf. Das bringt doch nichts. Wir wissen beide, dass wir das die ganze Nacht durchhalten können.” Wütend fixierte Lyra die Kriegerin, die jeden ihrer Angriffe abwehrte, indem sie sich feige hinter ihrem Schutzschild versteckte. Ihr war klar, dass selbst wenn sie so weitermachte, es ewig dauern konnte, bis sie das hier geklärt hatten. Doch sie wollte nicht aufhören. Alles musste Hier und Jetzt enden.

“Komm da raus! Stell dich mir in einem richtigen Kampf!”, schrie Lyra und schlug immer stärker und schneller auf den Schutzschild ein. Sie sah, dass Plüschi ihr Gesicht verzog und nun scheinbar doch Probleme bekam, ihren Schutz aufrecht zu erhalten. Das zu sehen gab ihr noch mehr Kraft. Unbeirrt schlug sie auf den Schutzschild ein, bis dieser langsam Risse bekam, die Plüschi nur zu deutlich sehen konnte und sie verstehen ließ, dass die Defensive nicht länger eine Option war.

Ein letztes Mal hob Lyra das Schwert. Sie wusste, dass es nun soweit war und der Schild nachgeben würde. Sicher wusste auch Plüschi das. Die Frage war nun, was sie tun würde.
 

Ungebremst raste die Klinge auf Plüschis Schutzschild nieder. Plüschi dachte nach, denn mehr Kraft konnte sie nicht in den Schild stecken. Sie brauche noch welche, um im Notfall kämpfen zu können. Ausweichen war aber auch keine Option. Sie durfte keinen Schritt zurückweichen und Caliburn damit zur Zielscheibe machen. Doch sie konnte sich auch nicht einfach so von dem Schwert treffen lassen und damit eine Niederlage riskieren.

‘Es gibt nur einen Weg!’ Blitzschnell zog Plüschi einen Dolch hinter ihrem Rücken hervor und vollführte nun ihrerseits einen Angriff auf den noch stehenden Schild. Wie Glas zersprang er vor ihren Augen, als die Klinge des Dolches und des Schwertes darauf trafen. Scherbe für Scherbe löste sich der Schild auf und die Klingen beider Waffen schlugen aufeinander auf.

“Du bist also doch nicht unbewaffnet, Plüschi” Ein erleichtertes Lächeln huschte über das Gesicht Lyras. Doch es verschwand genauso schnell, wie es gekommen war.

“Stimmt. Caliburn hat mir diesen Dolch für Notfälle gegeben. Und ich würde mal meinen, das war einer!” Mit ganzer Kraft umklammerte Plüschi den Griff des Dolches, den sie mit beiden Händen festhielt. Es fiel ihr nicht gerade leicht, sich mit der kleinen Waffe gegen das Schwert in Lyras Händen zu wehren. Aufgeben wollte sie aber nicht.

Angetrieben von dem Willen, Caliburn unbedingt beschützen zu wollen, sammelte Plüschi ihre gesamte Kraft und stieß das gelbe Magical Girl von sich.

“Das war alles, Plüschi? So willst du das Ende der Welt aufhalten? Wie erbärmlich. Ein Dolch gegen ein Schwert… Caliburn hat dich nicht gut ausgerüstet.” Plüschi verstand nicht, was mit ihrer ehemaligen Gefährtin los war. Sie hatte Lyra nicht als eine so gehässige Person in Erinnerung, und es tat fast schon weh, ihren Worten zuhören zu müssen.

“Vergiss nicht, was unser Ziel ist, Plüschi.” Vorsichtig sah Plüschi über ihre Schulter zu Caliburn, der versuchte, ihr Mut zuzusprechen. Dem Mädchen war anzumerken, dass sie versuchte, allen Mut zu sammeln, doch der Prozess wurde unterbrochen, als sich die lange, spitze Klinge von Caliburns Schwert in ihren Bauch rammte und sie ungeahnte Schmerzen spüren ließ. Noch nie hatte sie so etwas empfunden.
 

Caliburns Augen weiteten sich, als er sah, wie sich sein Schwert in Plüschis Leib bohrte und die Klinge rot glänzte, als Lyra sie wieder aus Plüschi zog.

“Es tut mir leid, dass es so kommen musste, Plüschi.” Wie eine Puppe sackte Plüschi zusammen. Ihre Augen waren erfüllt von Schmerzen und füllten sich mit Tränen der Reue. Caliburn verstand, dass sie verloren hatten. Mit Plüschis Niederlage war das Ende der Welt besiegelt worden.

“Du hast scheinbar auf das falsche Pferd gesetzt, Caliburn.” Mit einer leichten Handbewegung schüttelte Lyra das Blut ihrer ehemaligen Mitstreiterin von der beschmierten Klinge.

Langsam lief die Kriegerin auf das Schicksal zu, das ruhig dort verweilte, wo es stand. Er hatte sich damit abgefunden, zu sterben, denn dem Schicksal konnte man nicht entkommen. Nicht einmal er.

“Scheint so… Doch es war uns allen vom Schicksal vorherbestimmt.” Ein kühles Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab, was Lyra nun doch verunsicherte. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass ihr Gegner, der sie so unbedingt tot sehen wollte, nun so ruhig blieb.

“Du hast gut gekämpft, Magical Hope.” Lyra beschlich ein seltsames Gefühl, als sie Caliburns Worte hörte, denn sie hatte die kleine Rangelei mit Plüschi nicht als Kampf gesehen.

“Memento Mori…”, flüsterte Caliburn schließlich, als sein Lächeln verstarb. Die Art, wie er diese Worte ausgesprochen hatte, ließ Lyra erzittern, denn sie wirkten wie eine Drohung, und das, obwohl Caliburn doch schon mit dem Leben abgeschlossen hatte. Wollte er doch etwas versuchen? Sie durfte das nicht zulassen.

Von ihrer Angst getrieben, hob Lyra das Schwert und konzentrierte ihre Kraft in dieses. Mit einem speziellen Angriff, der durch die Klinge geleitet wurde, sollte es ihr möglich sein, Caliburn selbst auf diese Entfernung auslöschen zu können.

“Nein! Du wirst ster-” Lyras Atem stockte. Sie hatte sich gerade bereit gemacht, das Schwert niedersausen zu lassen. Doch sie konnte nicht. Ihre Hände zitterten und der Griff um das Schwert wurde schwächer, sodass es geräuschvoll zu Boden fiel. Langsam entwich die Kraft aus ihrem Körper, der wieder sein normales Aussehen annahm.

‘Verloren… aber wie?’ Ein kurzer Hustenreiz ergriff sie, der sie zu dieser Erkenntnis brachte, denn sie sah das Blut, das sie in schleimigen Brocken auf den Boden spuckte.

Nach Luft ringend ging Lyra auf die Knie und gab ihre letzten, röchelnden Laute von sich, ehe sie vornüber kippte und sich der Dolch in ihrem Rücken offenbarte. Hinter ihr stand Plüschi, die sich die linke Hand auf ihre schmerzende Wunde am Bauch drückte und zu ihrem Opfer hinab sah.

“Richtig eingesetzt… kann selbst ein Dolch… ein Schwert besiegen, wenn es… sein Schicksal war…”, keuchte das Mädchen, das ebenfalls entkräftet auf die Knie sank.
 

Schnell war Caliburn zu Plüschi gelaufen und fing ihren weiteren Fall auf. Sanft hielt er das Mädchen, dessen linke Hand ganz blutig war, fest und drückte sie an sich. Mit einem Lächeln erwiderte er ihren Blick, der ihm gleichzeitig sagte, dass es mit ihr zu Ende ging und ihr Ende nur noch wenige Minuten hinausgezögert wurde.

“Sag, Caliburn… wie ist es, zu sterben?” Verwundert hob er eine Augenbraue. Doch schnell wich diese Verwunderung, schließlich lag hier nicht irgendein Mädchen in seinen Armen, sondern Plüschi.

“Ich habe gelesen, dass es das schmerzhafteste auf der Welt ist”, flüsterte er leise und strich Plüschi eine ihrer blauen Strähnen weg. Eigentlich hatte er ihr die Angst vor dem Sterben nehmen wollen, doch belügen konnte er sie auch nicht.

Immer schwerer ging Plüschis Atem. Caliburn verstand, dass sie bald nicht mehr unter den Lebenden weilen würde. Doch er wollte ihr noch ein Geschenk geben. Vorsichtig beugte er sich zu dem Gesicht der Kriegerin vor und legte seine Lippen auf ihre. Zärtlich küsste er das Mädchen in seinen Armen, die es bemerkte und ganz schwach diesen Kuss erwiderte.

Einige Sekunden hielt er diesen, doch er löste sich, als er den Geschmack von Eisen auf seinen Lippen schmeckte.

“Wofür war das?” Plüschis Stimme war so schwach, dass Caliburn nur erahnen konnte, was das Mädchen gesagt hatte. Sanft lächelte er sie an. Er versuchte, tapfer zu sein, kühl wie immer, damit sie ihr Sterben nicht bereute.

“Ich hab gelesen, dass man ein Date mit einem Kuss beendet. War das… falsch?” Da er schon den ganzen Tag über nur Fehlinformationen unterlegen war, wurde Caliburn unsicher. Hatte er nun doch einen Fehler gemacht?

“Idiot… Du hast nichts falsch gemacht. Danke… für dieses schöne… Date. Ich… ich hoffe… wir sehen uns… wieder… Cali… burn…” Schwach hob Plüschi ihre rechte Hand und legte sie auf Caliburns Wange. Sie lächelte und war glücklich. Dieser Mann, auch wenn der Kuss nicht aus Liebe gegeben worden war, ließ sie die Schmerzen ihres Dahinscheidens vergessen. Sie war froh, dass es seine Arme waren, in denen sie sterben durfte.

“Sicher sehen wir uns wieder. Wir alle müssen immerhin irgendwann einmal sterben.” Er spürte, dass sie kälter wurde, dass ihre Hand langsam nach unten sank und ihre Augenlider sich schlossen.

Leicht beugte sich Caliburn zu Plüschis Ohr vor und hoffte, dass sie seine letzten Worte noch hören würde.

“Warte auf mich…”, wisperte er liebevoll und erhob sich wieder. Ganz deutlich sah er das Lächeln auf Plüschis Lippen. Sie hatte seine Worte mit ihrem letzten Atemzug vernommen und wusste auch, wie sie diese zu deuten hatte.

Sie sollte nicht auf ihn warten, weil er sie liebte, denn das tat er nicht. Sie sollte auf ihn warten, damit er sich für ihr Schicksal entschuldigen konnte. Schließlich war er es gewesen, der es ihr angedacht hatte. Und ihr Lächeln war die Antwort, dass sie bis in alle Ewigkeit auf ihn warten würde.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich habe das 4. Kapitel geliebt. Ich dachte mir beim schreiben, dass eine romantische Note fehlt. Nun gut es ist nicht Romantik im Sinne von Liebe, aber irgendwie erfrischend süß im Gegensatz zu den etwas düsteren Kapis zuvor.
Caliburn sollte sich im übrigen etwas an Kyouya Otori anlehnen, aber ich glaub ich hab da etwas daneben gegriffen, dank seiner unbeholfenen Art unter Menschen. Hätte ich zu dem Zeitpunkt Folge 9 von Cuticle Tantei Inaba geguckt, hätte das Date aber auch anders enden können. Wie gut das ich nicht beeinflussbar bin. *hust*
Naja. Meine Lieblingsstelle ist irgendwie das Tagebuch von Finlass. Eigentlich wollte ich ja den Eindruck erwecken, dass sie nicht einfach Böse ist, weil sie Spaß dran hat. Gut das ist sie eindeutig nicht. Aber ihre Motive sind doch etwas seltsam. Am Anfang sollte sie ja die totale Aussenseiterin sein, die gemobbt und verarscht wurde, Madam Story fand die Idee aber nicht gut. Aber es passt schon. Vor allem weil Finlass ja selbst meinte, dass Liebe blind macht oder Hass. Nur bemerkt sie nicht, wie blind sie selbst ist. Den Ixtli könnte das Kind von jedem sein. Mal ehrlich, wer glaubt wirklich, dass Caliburn sich mit einem Magical Girl fortpflanzen würde, wenn er versucht sie auszuschalten?
Ach ja, mein Lieblingsspruch ist "Memento Mori" zumindest in diesem Kapitel. Er ist so Ausdrucksstark für das was Lyra und Plüschi erwartet, deswegen fällt er in regelmäßigen Abständen.
Ich bin stolz auf das Ende des Kapitels, ich habe es zu Musik von Kagrra geschrieben, die mich immer traurig macht, weil der Sänger verstorben ist und ich seine Stimme abgöttisch liebte. Umso erleichterter war ich, als mein Tränenfester Beta meinte, ihr seien ein paar Tränen gekommen. Damit habe ich eine Abmachung erfüllt. XDD sie wollte unbedingt mal von mir zum weinen gebracht werden. Beim Schreiben habe ich übrigens auch etwas mehr schlucken müssen, was dank Musik und Plot kam. Komplett anzeigen

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