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09 new ways


 

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09 new ways

 

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Mit einem leisen Stöhnen versuchte Naruto die Augen zu öffnen. Sein Kopf schmerzte höllisch, genauso wie seine Brust. Das Atmen fiel ihm unglaublich schwer. Als er versuchte sich auf die Seite zu drehen, krampfte seine Brust sich zusammen und er hustete. Auch das schmerzte und so rollte er sich so weit es ging zusammen.

 

Hinter sich fühlte er Chidori, der leise winselte. Von unten konnte er Rasengan hören, der laut bellte. Es klingelte in seinen Ohren. Er wusste sehr genau, dass er vermutlich viel zu lange geschlafen hatte, dass die beiden Hunde unbedingt raus mussten, aber ihm ging es derart schlecht, dass er kaum die Kraft aufbrachte sich überhaupt zu bewegen.

 

Obwohl ihm heiß war und er schwitzte, zitterte er auch am ganzen Körper. Nicht einmal die beiden Decken, in die er noch immer gewickelt war, halfen ihm das Zittern in den Griff zu bekommen. Wenn er ausatmete, rasselte sein Atem unangenehm und jedes Mal wenn er hustete, spürte er den Schmerz im Kopf zunehmen. Naruto versuchte die Decke von sich zu schieben, um die Hunde raus lassen zu können, was schon daran scheiterte, dass es nahezu unmöglich war die Augen offen zu halten. Er war viel zu müde.

 

Bevor er es realisieren konnte, zog er die Decke nur noch enger um sich herum und glitt in den nächsten, unruhigen Schlaf. Es war klar, dass er krank war.

 
 

***
 

 

Das nächste Mal, als er wach wurde, war es, weil etwas unglaublich kaltes auf seiner Stirn landete. Nur sehr mühsam öffnete er die Augen und blickte direkt in das sorgenvolle Gesicht seiner Nachbarin. Desorientiert schaute er sich um. Er hatte keine Ahnung wie spät es war oder gar welcher Tag. Er hatte auch keine Ahnung, wann er die Frau rein gelassen hatte. Als hätte sie seine Gedanken gehört, lächelte sie leicht.

 

„Man hat deine Hunde fast die ganze Straße runter gehört!“, erklärte sie leise und nickte nach links. Naruto folgte diesem Nicken schwerfällig und erblickte Rasengan, der neben dem Bett saß, den Kopf auf die Matratze gelegt hatte und ihn anblickte. „Oder eher ihn. Er hat so ein Theater gemacht, dass ich nachgesehen habe!“, gab sie zu und lächelte milde. „Leider hat er in die Küche gemacht, aber keine Sorge, ich hab es beseitigt!“

 

Naruto nickte leicht und schmiegte sich enger an Chidori, der noch immer hinter ihm lag. Oder schon wieder. Immerhin winselte er nicht mehr, was bedeuten musste, dass auch er raus gekommen war. „Rasengan hat es sicher nicht böse gemeint!“, gab er krächzend zu und hustete erneut stark. Er hatte das Gefühl, als wenn ein Schraubstock seine Brust zu schnürte. Es war einfach nur unangenehm.

 

„Nein, sicher nicht.“, antwortete sie und blickte zu Chidori. Man konnte ihr ansehen, dass sie nicht wirklich prickelnd fand, dass der Hund mit im Bett lag, aber sie sagte es nicht. „Er ist ziemlich beschützend dir gegenüber. Er war nur draußen um sich zu erleichtern. Während sein Bruder sich ausgetobt hat, ist er hierher zurück gekommen!“, erklärte sie. Ein schwaches Lächeln huschte über Narutos Gesicht. „Chidori!“, sagte er leise. „Er ist wie Sasuke!“, fügte er hinzu und hatte Mühe, die Augen weiter aufzuhalten.

 

„Sasuke?“, fragte sie nach. Naruto nickte leicht. „Ein Freund!“, gab er ehrlich zu und war schon wieder dabei einzuschlafen. „Leider nur ein Freund!“, fügte er hinzu, ehe er in den Schlaf zurück sank. Er fühlte sich einfach nur schwach und ausgelaugt, obwohl er scheinbar fast den ganzen Tag geschlafen hatte. Nur am Rande nahm er noch wahr, wie die alte Frau den Lappen von seiner Stirn nahm, der ihn überhaupt erst geweckt hatte. Als sie ihn wieder zurück legte, schlief er bereits wieder tief und fest.

 
 

***
 

 

Als er das nächste Mal die Augen öffnete, sah er durch das Fenster, wie die Sonne langsam wieder unterging. Er fühlte Chidori noch immer hinter sich, von Rasengan fehlte jedoch jede Spur. Was er aber auch wahrnahm, war der Geruch von Essen. Warmen Essen, welches seinen Magen sofort protestieren ließ und dieses nicht unbedingt in einem guten Sinn. Ihm war einfach nur unglaublich übel.

 

Noch immer erschöpft drehte er sich auf die Seite und schloss die Augen ein weiteres Mal. Es tat nach wie vor weh zu atmen und mittlerweile war ihm klar, dass er hohes Fieber haben musste, so wie er schwitzte und gleichzeitig zitterte. Auch wenn es etwas besser geworden war, was vermutlich an den zusätzlichen Decken lag, die mittlerweile über ihn gelegt worden waren. Naruto erkannte in ihnen die Decken, die er im Wohnzimmer liegen gehabt hatte.

 

Ein wenig döste er vor sich hin, bis er Schritte auf der Treppe hörte und als er die Augen erschöpft öffnete, sah er seine Nachbarin erneut rein kommen. In der Hand hielt sie eine dampfende Schale, dessen Inhalt – wenn man seinem Geruchssinn vertrauen konnte – scheinbar irgendeine Suppe sein musste. In der anderen Hand hielt sie eine Kanne und eine Tasse. Vermutlich Tee. Das war wohl das Standartgetränk, das man kranken Menschen gab.

 

Mit dem Blick folgte er ihren Bewegungen und entdeckte, dass sie ihm zuvor wohl auch ein Glas und eine Flasche Wasser gebracht haben musste. „Ich habe dir eine Brühe gemacht. Und Fencheltee!“, erklärte sie sanft und stellte beides auf dem Nachtschrank ab. Naruto verzog leidend das Gesicht. „Mir ist schlecht!“, gab er zu. „Ich bekomme nichts runter!“, fügte er nach wenigen Sekunden hinzu.

 

Die Frau schnaubte leise. „Unsinn. Dir ist vermutlich schlecht, weil du den ganzen Tag nichts gegessen hast!“ Nun, es waren eigentlich zwei, wenn man es genau nahm, was Naruto aber für sich behielt. „Eine Brühe ist leicht verträglich. Weil sie nichts weiter in sich hat, was den Magen anstrengen könnte. Einige Löffel reichen schon, wie willst du gesund werden, wenn du fastest?“, fragte sie sanft und ließ sich auf die Bettkante nieder.

 

Naruto wollte protestieren, aber er hatte Manieren genug um dennoch sich aufzurichten, auch wenn es ihm unglaublich schwer fiel. Diese Bewegung reichte aus, dass er sich fühlte, als wenn er gerade einen Marathon hinter sich gebracht hätte. Es wäre allerdings unhöflich es nicht wenigstens zu versuchen. Schließlich hatte sie extra für ihn gekochte.

 

Obwohl ihm schwindelig war, ließ er sich die Schale reichen, tunkte den Löffel in die leicht trübe Brühe, um ihn anschließend zu seinem Mund zu führen. Ekel stieg in ihm auf, auch wenn die Brühe durchaus lecker war. Hin und wieder mochte er so was sogar recht gerne. Der zweite Löffel fiel ihm da schon einfacher. Ihm war schlecht, aber die warme Brühe tat seinem Magen dennoch gut. Es beruhigte diesen ein wenig.

 

Mehr als einige Löffel schaffte er allerdings wirklich nicht. Die Frau nahm ihm die Schale wieder ab und ließ sich zurück in die Kissen sinken. „Wo ist Rasengan?“, fragte er müde. „Draußen. Er tobt herum.“, bekam er zur Antwort, was ihn ungemein beruhigte. Es war kein gutes Gefühl sich nicht um die Bedürfnisse seiner Hunde kümmern zu können. Alleine waren sie schließlich vollkommen hilflos, was das Füttern und raus gehen anbelangte. Naruto war auch kein Mensch, der Verantwortung irgendwie von sich schob, wenn es gerade unpassend war. Auch wenn ihm bewusst war, dass er nie heile aus dem Bett und die Treppe runter kommen würde, nagte das schlechte Gewissen an ihm.

 

„Mach dir keine Sorgen um die beiden. Ich bleibe noch etwas und stelle sicher, dass sie noch einmal beide raus kommen, bevor ich gehe. Und morgen früh komme ich zurück, bis du wieder auf den Beinen bist!“, versprach sie ihm. Naruto konnte nur schwach nicken.

 

Es war ein angenehmes Gefühl, nun nicht alleine zu sein. Es fühlte sich richtig gut an, die irische Art auf diese Art zu erleben, auch wenn er klar darauf hätte verzichten können, krank zu werden. Aber zu wissen, dass man ihm half, war eben sehr angenehm. Es gab ihm irgendwie das Gefühl Familie zu haben. Wie damals, als er noch bei Kakashi gelebt hatte.

 

Der Mann mochte meilenweit davon entfernt sein, ein Vaterersatz zu sein, so wie man sich einen Vaterersatz vorstellte. Aber Kakashi war ein Freund gewesen und wenn Naruto einmal wirklich krank geworden war, hatte er sich die Zeit frei genommen, um ihn zu versorgen. Er vermisste Kakashi. Sehr sogar. Genauso wie er Sasuke vermisste und all seine Freunde. In diesem Moment wurde ihm das bewusster denn je.

 

Im Grunde lebte er vollkommen alleine, auch wenn er eine wahnsinnig tolle Nachbarin hatte und zwei Hunde. Aber es gab eben keine Menschen, die ein Teil seines Lebens hier waren. Vermutlich kam es vom Fieber, aber in dem Moment erfasste Naruto ein derartiges Heimweh, dass er nicht wirklich verhindern konnte, dass Tränen ihm die Wangen hinab liefen. Er vermisste sie wirklich alle unglaublich.

 

Er wusste, dass Sasuke einen dummen Spruch bringen würde, aber dennoch vorbeischauen würde, damit er sich nicht langweilte. Vermutlich würde er irgendeinen Unsinn von sich geben. Weißheiten, damit er im Bett blieb und sich ausruhte. Die Mädels würden sich zu ihm setzten und wild durcheinander plappern. Sakura würde wohl nicht davor zurück schrecken, ihm eine zu verpassen, wenn er auch nur daran dachte aufzustehen.

 

Kiba würde kommen wenn es etwas besser war, damit sie zocken konnten um die Langeweile zu vertreiben. Shikamaru würde sich beschweren, aber dennoch da sein. Und Choji würde Essen mitbringen. Er vermisste sie wirklich. Vermisste sie so sehr, dass es einfach nur weh tat. Vor allem Sasuke. Er wusste, so konnte es nicht weiter gehen, er würde daran irgendwann zu Grunde gehen, aber er konnte es eben auch nicht ändern. Wenn er nur einen Wunsch frei hätte, würde er sich klar wünschen, dass sein bester Freund nun bei ihm wäre.

 

Eine sanfte Hand fuhr durch sein Haar und beruhigte ihn ziemlich schnell wieder. „Soll ich jemanden anrufen?“, fragte sie leise nach und alles was Naruto tun konnte, war leicht den Kopf zu schütteln. Die Anderen waren zu weit weg. Er hatte sie aus seinem Leben verbannt und es war utopisch sie herzuholen, nur weil er sich eine kleine Erkältung zugezogen hatte. Dafür reiste man nicht hunderte Kilometer.

 

Das Streicheln beruhigte ihn so sehr, dass er endlich wieder in den Schlaf fiel, der ihm dabei helfen würde wieder auf die Beine zu kommen.

 
 

***
 

 

Als Naruto am nächsten Tag wach wurde, hörte er bereits das Klappern aus der Küche. Unangenehm fiel ihm auf, wie sein Jogginganzug an seiner Haut klebte und auch die Decke schien regelrecht nass zu sein. Leicht verwirrt blickte er sich in dem spärlich beleuchtenden Raum um. Er war alleine, die Tür nur angelehnt und wie es aussah, hatte er weitaus länger geschlafen, als es vermutlich angebracht war.

 

Müde und vollkommen erschöpft schlug er die Decke zur Seite, um sich langsam aufzurichten. In seinem Kopf drehte sich alles und für einen Moment musste er die Augen schließen, damit der Schwindel ihn nicht wieder zurück auf den Rücken beförderte. Nur am Rande nahm er die Schritte wahr, die die Treppe herauf kamen.

 

„Himmel, Naruto! Sieh zu, dass du dich wieder hinlegst, Junge!“, hörte er die vertraute Stimme der Frau, die ihn immer so gut versorgte. Er schluckte schwer, versuchte den Schmerz zu ignorieren, der seinen Hals und seine Brust erfasst hatte. „Ich will duschen!“, stellte er klar, unwillig sich so verschwitzt erneut unter die Decken zu legen, die ihm mittlerweile viel zu dick vorkamen.

 

„Unsinn!“, wurde er gerügt, während bestimmende Hände ihn gegen seinen Willen zurück auf die Matratze drückten. „Ich hole dir eine kleine Schüssel mit Wasser, einen Waschlappen, Handtuch und frische Kleidung. Du hast ziemlich hohes Fieber, deswegen habe ich bereits den Arzt angerufen. Eine Dusche kommt gar nicht in Frage!“

 

Naruto stöhnte gequält auf. Er fühlte sich ekelig in seiner eigenen Haut und auch wenn Logik ihm sagte, dass nichts Gutes dabei herauskommen würde, wenn er nun aufstand und gegen den Willen der Frau unter die Dusche stieg, war das Verlangen einfach übermächtig, sich anständig zu waschen. Ein wenig Wasser und frische Kleidung reichten kaum dafür aus. Was aber genauso unangenehm war, war die Tatsache, dass der Arzt gerufen worden war. Naruto hasste es zu Ärzten zu müssen. „So schlimm ist es doch gar nicht!“, versuchte er schwach zu protestieren, sah von einem weiteren Versuch allerdings ab, als der strenge Blick seiner Nachbarin ihn traf. Im Augenblick hatte sie eindeutig mehr von einem Teufel, als dass man ihr einen Engel andichten konnte.

 

Missmutig gab er sich geschlagen, nahm den frischen Tee an und wartete ungeduldig bis er Wasser gebracht bekommen hatte. Als er wieder alleine war, zog er sich die verschwitzten Sachen aus und wusch sich so gut es möglich war, auch wenn das Gefühl bestehen blieb, schmutzig zu sein. Er konnte sich selbst riechen und auch wenn Naruto als Kind vermutlich mehr dreckig wie sauber gewesen war, konnte er das Gefühl heute kaum noch ertragen. Allerdings wusste er durchaus, dass es so besser sein würde und es war nun auch nicht so, als wenn er in den nächsten Stunden das Haus verlassen würde.

 

Das Waschen erschöpfte ihn jedoch mehr, als er es für möglich gehalten hatte. Er war froh, als er endlich frische Kleidung trug und zurück unter die warme Decke schlüpfen konnte. Was er nun wollte war klar weiter zu schlafen. Das Klopfen an der Tür jedoch verriet ihm, dass es dazu kaum kommen würde.

 

Nachdem er sein Einverständnis gegeben hatte, öffnete sich die Tür. Ein Mann mit grauen Haaren und einem deutlichen Bauch steckte den Kopf ins Zimmer, lächelte leicht und trat ein, als er sah, dass Naruto mit der Wäsche fertig war. Der junge Autor kannte den Arzt natürlich, wie er nahezu jeden in dieser Gegend persönlich kannte. Manche eben mehr wie andere. Im Grunde mochte er den Arzt durchaus, nur dann eben nicht, wenn er selbst sich diesem ausliefern musste.

 

„So schlimm ist es nicht!“, versuchte er schwach zu protestieren, was jede Kraft schon dadurch nahm, dass er anschließend in einen Hustenkrampf verfiel, der seine Lunge brennen ließ und den Wunsch nach Sauerstoff ins Unermessliche steigen ließ. „Das hört sich aber nicht gut an!“, bekam er prompt die Antwort. Naruto musste sich wohl oder übel geschlagen geben.

 

In den nächsten Minuten musste er auf Kommando husten, tiefe Luftzüge nehmen, die Zunge raus strecken und ein Thermometer im Ohr ertragen.

 

Seine Abneigung gegen Ärzte war nicht einmal etwas, was mit dem Beruf für sich zu tun hatte. Ärzte waren oft angenehme Menschen, aber die Diagnosen die sie stellten waren weniger angenehm. Naruto wusste auch so, dass es ihn richtig erwischt hatte, da musste man ihm nicht mit Fachbegriffen und genauen Bezeichnungen kommen. So genau musste er es nun auch nicht wissen. Dass er krank war, reichte schließlich.

 

„Nicht so schlimm, hmm?“, wurde er schließlich gefragt, während der Mann die Decke wieder hoch zog. „Nun, deine Bronchien hören sich furchtbar an. Deine Lunge ist entzündet und das Fieber brauche ich sicher nicht extra zu erwähnen, oder?“, fragte er leicht amüsiert nach, ehe der Blick wieder strenger wurde. „Mir ist klar, dass du es hasst krank zu sein. Es ändert aber nichts daran, dass du die nächsten Tage das Bett nur verlassen wirst, wenn es nicht anders geht. Ruh dich aus. Ich werde dir ein Rezept dalassen, damit es dir bald besser geht.“

 

Frustriert nickte Naruto, ihm fehlte jedoch die Kraft um den Part, liegen bleiben zu müssen, nun direkt anzufechten. Er hasste es zu liegen, auch dann, wenn es ihm mies ging. Aber in diesem Fall blieb ihm wohl keine wirkliche Wahl. Der Feldwebel in seiner Küche würde schon dafür sorgen, dass er sich keinen Millimeter bewegte, wie sie ja erst gerade bewiesen hatte.

 

Als er endlich wieder alleine war und Chidori zu ihm ins Bett gekrochen war, beschloss Naruto so viel wie möglich zu schlafen, damit er möglichst bald das Gefühl verlieren konnte, wieder ein Kind zu sein, welches keine eigene Meinung hatte.

 
 

***
 

 

Die Tage die folgten vergingen wie im Flug. Naruto schlief wirklich die meiste Zeit. Früh am Morgen kam seine persönliche Krankenschwester, um zu kochen, zu putzen und die Hunde zu versorgen. Es interessierte sie kein Stück, dass Naruto ihr mehr als einmal versuchte deutlich zu machen, dass es nicht notwendig sei. Natürlich war er froh, dass jemand seine beiden Hunde versorgte, aber alles andere brauchte man wirklich nicht zu tun.

 

Das Fieber sank tagsüber ein wenig, kehrte über Nacht aber wieder zurück. Wenigstens der Husten war etwas besser geworden, was sicher an den Medikamenten lag, die man ihm besorgt hatte. Auch wenn er noch immer bei jedem Atemzug rasselte wie die verrosteten Ketten eines alten Gespenstes.

 

Drei Tage nachdem der Arzt da gewesen war, hatte er sogar endlich die Heißersehnte – wenn auch viel zu kurze – Dusche bekommen. Er war auch endlich in der Lage tagsüber nach unten zu gehen und sich vor den Kamin auf die Couch zu legen. Naruto versuchte etwas zu lesen, döste dabei aber immer wieder ein. Manchmal schlief er sogar einige Stunden, was angenehm war, nun wo die Schlafphasen nicht fast noch anstrengender waren wie die Wachphasen. Sein Schlaf war ruhiger geworden und das anfängliche Zittern war endlich komplett verschwunden. Als es dann Abend wurde, brachte die Frau ihn wieder nach oben und verabschiedete sich dann bis zum nächsten Tag.

 

Der nächste Tag brachte vor allem Sonnenschein, welcher ihn bereits recht früh weckte. Einen Moment blieb er noch liegen, bevor er sich aus dem Bett schälte und müde die Treppe nach unten stieg. Er fühlte sich noch immer nicht vollkommen gesund, aber besser als in den letzten Tagen. Dazu kam, dass er wirklich Hunger hatte, was nach Tagen mit Brühe wohl auch kein wirkliches Wunder war.

 

In der Küche angekommen öffnete er die Hintertür, damit die Hunde raus konnten, bevor er sich vor den Kühlschrank hockte und den Inhalt studierte. Wirklich viel gab dieser leider nicht her. Er würde dringend einkaufen müssen, sobald es ihm besser ging. In den letzten Tagen war zumindest die Vernunft zurückgekommen und er wusste, dass er derzeit nicht in der Lage war alleine in die Stadt zu fahren. Die Vordertür – und das Bellen der Hunde – ließ ihn aufschauen.

 

„Wie ich sehe, bist du wieder auf den Beinen!“, wurde er begrüßt, was Naruto ein Lächeln entlockte. „Ich war kein einfacher Patient, oder?“, fragte er nach und erntete ein amüsiertes Lachen. „Nein, aber etwas anderes hätte ich nicht erwartet. Hast du Hunger?“, fragte die Frau und kam auf ihn zu. Erst jetzt bemerkte er den Korb, den sie trug und den köstlichen Duft, der davon ausging. Er konnte nicht wirklich etwas dagegen machen, dass sein Magen lautstark zu grummeln begann.

 

„Habe ich mir gedacht!“, erklärte sie verschmitzt. „Setz dich, ich habe frisches Brot gemacht und dir Schinken mitgebracht!“ Naruto war in seinem Leben nie so dankbar gewesen, eine überführsorgliche Nachbarin zu haben. Nur zu gerne ließ er sich auf einen der Stühle sinken und langte ordentlich zu, als sie ihm das frische Brot und den Schinken hinstellte.

 

„Betty fährt später in den Ort. Wenn du etwas brauchst, schreibe es ruhig auf, dann bringt sie es mit!“, wurde er informiert. Betty lebte mit ihrem Mann und ihren Kindern ein wenig die Küste hinauf. Naruto kannte sie eigentlich nur von den Festen, die hier gemeinsam gefeiert wurden, mochte die Frau aber wie jeden hier auch recht gerne. „Ich mache nachher eine Liste fertig und schaue, ob ich noch Geld im Haus habe!“, versprach Naruto, während er sich nicht stören ließ, auch eine dritte Scheibe fertig zu machen und sie mit Gier zu verschlingen.

 

Die alte Frau lachte herzhaft. „Wenn nicht, legen wir es aus. Du weißt ja wie das ist!“ Ja, Naruto wusste das. Solche Dinge fielen hier unter Nachbarschaftshilfe. Am Anfang hatte er nicht geglaubt, dass es funktionierte, aber die Uhren tickten in den ländlicheren Gegenden von Irland eindeutig anders. Man half wo man nur konnte, mit dem Wissen, dass es irgendwann schon ausgeglichen wurde. Zumindest bei solch kleineren Dingen war das absolut kein Problem. Er selbst hatte sich schnell daran gewöhnt, es war ja auch nicht so, dass es täglich passierte. Und es funktionierte. Wenn er für jemanden etwas erledigte, sprang dieser bei der nächsten Gelegenheit ohne zu murren ein und revangierte sich. Etwas derartiges war in Japan nicht wirklich möglich.

 

Gesättigt und wieder deutlich müder gähnte er herzhaft. „Danke, das hat gut getan!“, gab er zu und reichte das Brot weiter, damit es weggelegt werden konnte. „Ich schreibe die Liste am Besten sofort, ehe ich mich wieder hinlege. Sehr lange halte ich noch nicht durch!“, gab er zu und nahm den Zettel und den Stift an sich, der ihm gereicht wurde. „Kein Wunder. Dein Fieber war nicht ohne. Auch jetzt musst du dich noch schonen!“ Naruto nickte leicht.

 

Konzentriert schrieb er die Liste mit allem nötigen und suchte dann auch Geld heraus, um es weiter zu reichen. Erst dann schlich er sich zurück in sein Bett und bekam nicht einmal noch wirklich mit, dass er sofort wieder einschlief. Dass Chidori und Rasengan ihm schließlich Gesellschaft leisteten, blieb ebenso unbemerkt.

 
 

***
 

 

Naruto verschlief erneut den halben Tag und als er sch endlich wieder zu regen begann, war es schon längst Nachmittag. Müde öffnete er die Augen, ehe er sie vor Schreck weit aufriss. Sein Herz schlug kräftig in seiner Brust. Naruto war nicht mehr alleine und so unerwartet mit Gesellschaft überrascht zu werden, hatte ihm eindeutig einen Schrecken eingejagt. Dazu kam, dass es etwas beängstigendes hatte, scheinbar im Schlaf angestarrt worden zu sein. Mal davon abgesehen, dass er nie damit gerechnet hatte, ausgerechnet diese Person so schnell wieder zu sehen.

 

„Deine Nachbarin ist ein ziemlicher Drachen, weißt du das?“, wurde er ruhig gefragt, während Naruto sich langsam aufrichtete. „Was machst du hier, Itachi?“, fragte er sofort, ohne auf das Gesagte einzugehen. Itachi seufzte schwer. „Stell dir vor, du hast Freunde die sich sorgen, wenn du seit einer Woche keine Mail von meinem kleinen Bruder öffnest und dein Handy aus ist, so dass Sakura dich nicht erreichen kann. Sasuke ist angepisst, aber Sakura sorgt sich wirklich!“, erklärte der ältere Uchiha, ehe er zu der Tür schaute, die sich dann auch öffnete.

 

Die ältere Frau steckte den Kopf herein, musterte Itachi abschätzend, ehe sie den Blick auf Naruto richtete. „Ist es okay, dass er hier ist?“, fragte sie mit deutlicher Sorge in der Stimme, was Naruto ein leichtes Lächeln entlockte. „Er ist der große Bruder meines besten Freundes. Es ist in Ordnung!“, erklärte er ihr. Sie entspannte sich zusehends, während Itachi leise lachte. „Sie wollte mich nicht rein lassen, weil sie mich nicht kennt!“, erklärte er. Naruto nickte leicht. „Woher weißt du, wo ich wohne?“, fragte er neugierig nach. Itachi schmunzelte leicht. „Kakashi!“, war die simple Antwort.

 

Ergeben seufzte Naruto. Wie es aussah, hatte jeder mit Kakashi Kontakt und er hatte von dieser Veränderung nichts mitbekommen. Wovon er auch nichts mitbekommen hatte war, seit wann seine Freunde so einen Aufstand machten, wenn er für eine Woche nicht erreichbar war. Er wusste nicht einmal, ob er das noch als normal einstufen wollte. Früher – vor dem Trip in die Vergangenheit – war er oft für Tage nicht zu erreichen gewesen, schon weil er immer wieder Phasen gehabt hatte, in denen er im Schreiben regelrecht versunken war und daneben kaum etwas wahrgenommen hatte.

 

„Ist es eigentlich Zufall, dass du dir Sasuke ins Haus geholt hast?“, riss ihn Itachis nächste Frage aus den Gedanken. Vollkommen irritiert blickte er den älteren Uchiha an, der mit einem amüsierten Schmunzeln zu dem Hund hinter Naruto deutete. Als er den Kopf leicht drehte und Chidori erblickte, konnte er nicht verhindern, dass er rot anlief. „Also nicht meine Einbildung!“, murmelte er leise und fuhr sich verlegen durch das Haar, was Itachi ein unterdrücktes Lachen entlockte.

 

„Ich habe ehrlich gesagt noch nie einen Hund gesehen, der mich über eine Stunde mit einem Blick anstarrt, der verdammt große Ähnlichkeit mit dem meines kleinen Bruders hat, wenn er mich aus irgendeinem Grund mit einem Blick erdolchen will.“, gab er zu. Naruto nickte leicht. „Es ist Zufall.“, gibt er zu und ließ sich wieder in die weichen Kissen sinken. Sofort wurde Itachis Blick wieder ernst, während dieser ihn musterte.

 

„Sasuke hat dir sicher erzählt, dass ich einige Geschäfte erledigen musste. Die letzte Station war London. Gestern Abend habe ich mit Sakura telefoniert um Termine abzusprechen und dabei erfahren, dass du nicht erreichbar bist. Nun, wo ich schon einmal in der Nähe war, wollte ich nach dem Rechten sehen, um sie zu beruhigen. Sie arbeitet wirklich gut, das war das Mindeste was ich für sie tun konnte!“, erklärte Itachi dann, ohne dass Naruto die Frage gestellt hatte, die ihn aber durchaus interessierte.

 

„Es ist halb so schlimm.“, spielte Naruto die Situation herunter. „Vor gut einer Woche war ich unterwegs um Bilder zu machen. Eine Ruine. Leider habe ich nicht rechtzeitig erkannt, dass kein kleiner Schauer sich zusammenbraut. Das Ende vom Lied ist eine Lungenentzündung, von den mitgenommenen Bronchien will ich gar nicht erst anfangen. Aber es ist besser. Meine Nachbarin kümmert sich gut um mich!“

 

Wieder nickte Itachi. „Das ist gut zu wissen!“, erklärte er und erhob sich dann. „Nun denn, ich plane ein paar Tage zu bleiben. Erst einmal sollte ich allerdings die Anderen anrufen, damit sie ihre Sorge in den Griff bekommen!“ Naruto nickte erneut.

 

Ganz wohl war ihm bei dem Gedanken nicht, dass Itachi einige Tage bleiben würde, auf der anderen Seite allerdings brachte er es auch nicht wirklich über das Herz, ihn einfach raus zu werfen. Ein teil von ihm sah es sogar als Gelegenheit, mit dem älteren Uchiha zu reden um vielleicht mehr raus zu bekommen. Noch immer hatte er schließlich keine Ahnung, was genau Itachi ihm auf der Beerdigung versucht hatte zu sagen.

 

„Such dir eines der beiden Gästezimmer aus.“, bot er deswegen an.

 

Erst als Itachi verschwunden war, richtete Naruto sich auf und suchte sich aus dem Schrank einige Sachen heraus, mit denen er anschließend ins Bad verschwand. Auf dem Flur konnte er den älteren Uchiha reden hören und nach dem was er aufschnappte, sprach er mit Sasuke. So genau wollte er es aber auch gar nicht wissen. Er schloss hinter sich ab, zog sich aus und stand anschließend schnell unter dem heißen Wasserstrahl.

 

Der Gedanke die nächsten Tage nicht alleine zu sein, verwirrte ihn seltsamerweise. Es war viel zu lange her, dass er langfristige Gesellschaft gehabt hatte. Die Bemühungen seiner Nachbarin konnte man kaum damit vergleichen. Sonst schaute sie hin und wieder rein, blieb aber nie sehr lange. In den letzten Tagen war sie zwar sehr lang da geblieben, er hatte dank des Fiebers aber kaum etwas davon mitbekommen. Er konnte sich kaum vorstellen, nun Itachi einige Tage im Nacken zu haben. Vor allem in seinem Haus, seine kleine Festung die er sich errichtet hatte, nachdem er all seine Verbindungen zu Japan gekappt hatte.

 

Nachdem er geduscht hatte, verschwand er postwendend in sein Arbeitszimmer. Ihm war gerade herzlich egal ob er sich noch ausruhen sollte, was er brauchte war vor allem Ablenkung. Wenn er dabei produktiv war, konnte niemand etwas dagegen haben. Im Haus war es eh sehr still. Wenn er Glück hatte, schlief Itachi und die Nachbarin war bereits gegangen. Vielleicht waren derartige Gedanken nicht sehr nett, aber im Moment hatte Naruto einfach nicht die Geduld um sich mit irgendjemanden zu befassen.

 
 

* *** *
 

 

Tilarodon brachte sie mit wenigen Schwüngen seiner Flügel schnell in die Luft. Namaki konnte die Freude des Drachen spüren, was kaum verwunderlich war, nachdem dieser so lange an den Boden gefesselt gewesen war. Nun einen Langstreckenflug machen zu dürfen würde die Muskulatur lockern. Zusätzlich spielte es wohl auch eine Rolle, dass sie den Unterstand, den sie kaum hatten verlassen dürfen, vorerst nicht wieder sehen würden. Ein Tapetenwechsel, der von allen sehr gerne angenommen wurde.

 

Links von sich sah er Saiha, die nicht weniger zufrieden aussah, wie Namaki und Tilarodon sich fühlten. Auch Jinalatira wirkte entspannt. Der Aufbruch war wirklich das Beste gewesen, was ihnen hätte passieren können und Namaki dachte nicht eine Sekunde daran, seinen Drachen irgendwie zu zügeln, auch wenn das Team, welches in einiger Entfernung hinter ihnen war, langsam immer mehr zurück fiel.  Sie kannten den Weg, wussten wo sie sich niederlassen sollten. Es war wirklich nicht notwendig, dass sie zusammen flogen.

 

Saiha lenkte ihre Drachendame näher an Namaki heran. „Wenn wir uns beeilen, können wir vor dem Abend mit allem fertig sein!“, erklärte sie, was Namaki ein amüsiertes Lachen entlockte. „Was, hast du es so eilig wieder auf den Boden zurück zu kommen?“, konterte der junge Reiter.

 

Namaki liebte seinen Beruf. Er genoss es aus vollem Herzen, wenn sein Drache ihn hoch in den Himmel hob, wenn der Wind an seinem langen Haar zerrte und wenn er unter sich alles nur noch winzig klein ausmachen konnte. Es war ein wahnsinnig befreiendes Gefühl und manchmal fühlte er sich, als wenn es besser wäre, nie wieder zu landen und damit wieder den Luftraum zu verlassen.

 

Saiha schüttelte leicht mit dem Kopf, deutete dann nach hinten. „Aber ich kann darauf verzichten, Schoßhunde im Nacken zu haben!“, gab sie trocken zu. Das konnte Namaki durchaus verstehen.  Saiha war nicht unbedingt die Person, die sehr kontaktfreudig war. Eher das Gegenteil war wohl der Fall. Fremde vergraulte sie schneller als man sie irgendwie aufhalten konnte, dazu brauchte sie auch kaum mehr als einen wirklich unzufriedenen Blick, den Namaki ja selbst noch zu genau kannte.

 

Sie wurde schneller und flog schon bald vor ihm. In den letzten Tagen hatte sich bei ihnen eindeutig etwas verändert. Ihr Umgang miteinander war lockerer, fast schon freundschaftlich geworden. Auch jetzt, wie sie einfach auf ihn zu kam, sprach einfach Bände. Als sie eingeteilt worden waren, hatte er wohl eher Angst haben müssen, dass sie ihn eines Nachts einfach im Schlaf erdrosselte, wenn er auch nur wagen sollte einen unanständigen Gedanken zu haben.

 

Jetzt scherzte sie schon beinahe über die Tatsache, dass er ins Bad geplatzt war, obwohl sie rein gar nichts am Körper getragen hatte, was einen die Fantasie nutzen lassen musste, um sich vorstellen zu können, wie sie unter der Kleidung aussah.

 

Nun, auch wenn es kaum etwas anderes war, wenn sie voll bekleidet war, wie in diesem Augenblick. Der Stoff umspannte ihre natürlichen Rundungen wie eine zweite Haut, umschmeichelte die schlanke Statur und ließ einen genauen Ausblick darauf zu, was unter der Kleidung lag. Namaki schluckte schwer. Seit diesem kleinen Unfall schien es immer schwerer zu werden, die Fantasie im Zaum zu halten. Wenn er nun so recht nachdachte, war es wohl doch keine sehr gute Idee, die nächsten Wochen in der Wildnis zu leben, alleine mit Saiha, die ihm bereits jetzt den Schlaf raubte.

 

Auf der anderen Seite, wer wusste schon was passierte? Vielleicht würde diese Zeit wirklich etwas Gutes mit sich bringen. Nur die Zeit konnte es ihnen sagen. Ein leichtes vibrieren unter ihm machte ihm deutlich, dass Tilarodon sich köstlich amüsierte. Es besann ihn darauf, Saiha nicht wie ein räudiger Hund anzuhecheln, sondern sich auf den Flug zu konzentrieren, der vor ihnen lag.

 
 

***
 

 

Die Stelle zu finden, wo sie ihr Lager aufschlagen sollten, war nicht wirklich sehr schwer. Sie hatten hier schon einmal eine Weile verbracht, womit manche Dinge einfach bekannt geblieben waren, auch wenn sie nicht genug Zeit in diesem Wald verbracht hatten, um wirklich jeden Baum und jeden Stein auswendig zu kennen. Falls so etwas überhaupt möglich war. Namaki bezweifelte es ja, auch wenn es gerade keine Rolle spielte.

 

Zur Sicherheit hatten sie einige, tiefe Runden über den Wald gedreht, damit sie nicht doch von anderen überrascht wurden, sobald sie gelandet waren. Doch abgesehen von dem Lager, welches sie beschatten sollten, schien es wirklich in unmittelbarer Nähe keine lebende Seele zu geben, die über sie stolpern konnte. Konzentriert landeten die beiden Drachen und Namaki und Saiha machten sich daran, ihre Fracht abzuladen.

 

Ohne wirklich sich absprechen zu müssen, schlug Namaki das Lager auf, während Saiha Holz sammelte und die restlichen Dinge, die sie in den kommenden Wochen brauchen würden auspackte. Sie holte Wasser, versorgte die beiden Drachen und entließ sie dann vorerst aus ihrer Pflicht, damit sie jagen gehen konnten. Nur zu weit durften sie sich nicht entfernen.

 

Als sie fast fertig waren, tauchte auch einer aus dem zweiten Team bei ihnen auf und brachte die Dinge vorbei, die sie nicht selbst mitgenommen hatten. Kleinere Drachen zur Kommunikation, Nahrung und alles was zu viel für ihre Drachen gewesen war. Ein weitaus schwerer Drache als ihre ließ die Fracht vorsichtig mitten im Lager auf den Boden sinken, ehe er sich mit schweren Flügelschlägen wieder in die Luft erhob, um einen geeigneten Landeplatz für sich selbst zu suchen.

 

Sofort machte Namaki sich daran, die schweren Kisten zu öffnen.

 

Sie waren spärlich eingerichtet, als es dunkel wurde, aber es würde reichen. Saiha hockte am Feuer und rührte in einem gusseisernen Topf herum, während er die beiden Drachen am Rande des Camps erblicken konnte. Sie waren nach einer ausgedehnten Jagd zufrieden zurück gekommen und lagen nun nebeneinander. Wispernde Worte wehten zu ihm herüber, welche er aber gar nicht erst versuchte genauer zu verstehen.

 

Wieder kam ihm in den Sinn, was sich vor nicht all zu langer Zeit ereignet hatte, als Tilarodon versucht hatte Jinalatira zu besteigen. Diese Szene ließ ihn nur schwer wieder los. Auf den Zuchtgründen hatte er einige Paarungen gesehen, was mit dem was er mit ihren Drachen erlebt hatte nicht vergleichbar war. Wenn er ehrlich war, sahen ihre Drachen eher aus wie ein frisch verliebtes Paar, als wie zwei hungrige Drachen, die einfach nur Nachwuchs zeugen wollten. Die beiden waren schon fast menschlich.

 

Müde erhob er sich und schlurfte zu Saiha rüber, die kurz von ihrem Topf weg sah, um ihn zu mustern. „Ist gleich fertig!“, erklärte sie. Namaki nickte leicht, ließ sich müde auf einem Baumstamm nieder, den sie extra herangeschafft hatten, um einen Sitzplatz zu haben. Tische und Stühle würden sie hier kaum finden, sie mussten mit dem leben, was sie hatten. Links vom Feuer lagen die beiden Schlafsäcke, noch sehr nahe beieinander, auch wenn Namaki sich keine Illusionen machte, dass dieses sich spätestens ändern würde, wenn sie sich für die Nacht hinlegten. Im Moment war er aber sowieso viel zu müde, um sich über derlei Dinge noch Gedanken zu machen.

 

Ein dampfender Teller schob sich in sein Blickfeld. Mit einem Lächeln griff er danach. „Danke!“, sagte er auch gleich, tauchte den Löffel in die undefinierbare Masse und begann damit, das Zeug in sich rein zu schaufeln. Das war eindeutig etwas, was er nicht schätzte, wenn sie unterwegs waren. In ihrer Baracke hatten sie viel mehr Möglichkeiten, was natürlich auch bedeutete, dass sie besseres Essen zubereiten konnten. Unterwegs gab es überwiegend das, was sie finden oder fangen konnten. Hier und da mal ein Fisch, frische Beeren oder Früchte und natürlich undefinierbare Eintöpfe, die nur aufgewärmt werden mussten. Sie schmeckten nach nichts, zumindest konnte er den Geschmack, der angegeben war, nicht wirklich finden.

 

Aber es machte satt und nur das zählte doch auch. Es war besser etwas undefinierbares im Magen zu haben, als für Tage zu hungern. „Wir sollten morgen schauen gehen, wie wir uns alleine versorgen können, zumindest zusätzlich!“, riss Saiha ihn aus den Gedanken. Erst jetzt bemerkte er, dass sie neben ihm saß. So nahe, dass er ihre Wärme spüren konnte. Er brummte leise. „Hoffentlich gibt es etwas, wenn ich hiervon Wochen leben muss, faste ich lieber!“, erklärte er missmutig, wissend, dass Saiha es genauso sah.

 

Sie waren sich doch ähnlicher, als er bei ihrem ersten Treffen gedacht hatte. Das verschmitzte Grinsen, welches sie nur bei ihm zeigte, war ihm bereits so vertraut, dass es in seinem Magen kribbelte, als er für seine Worte erneut damit belohnt wurde. Namaki unterdrückte ein Seufzen. Diese Wochen würden wirklich lang werden. Lang und eine unglaubliche Feuerprobe was seine Zurückhaltung anging.

 
 

* *** *
 

 

Erschrocken zuckte Naruto zusammen, als jemand über seine Schulter hinweg griff und auf etwas zeigte. „Ernsthaft?“, hörte er die tiefe, vibrierende Stimme hinter sich. „Itachi!“, polterte Naruto sofort los und drehte sich in seinem Stuhl so weit herum, dass er den Uchiha ansehen konnte. Itachi ließ sich davon kaum beeindrucken. Stattdessen hatte er die Augenbrauen hoch gezogen und blickte ihn weiter an. „Ernsthaft, Naruto? Glaubst du wirklich, etwas derartig offensichtliches würde an meinem Bruder vorbei gehen?“, fragte er erneut und verschränkte die Arme vor der Brust. Naruto machte das nur wütender. Energisch drehte er sich ein weiteres Mal herum, speicherte das Dokument und schloss es anschließend.

 

„Ich hab keine Ahnung von was du redest!“, erklärte er anschließend und schob den Stuhl zurück, um aufstehen zu können. „Außerdem, Sasuke hat den ersten Teil bereits gelesen.“, fügte er hinzu, um seinen Stolz wenigstens ein klein wenig zu retten. Itachi hatte doch gar keine Ahnung.

 

„Was willst du hier?“, versuchte Naruto schließlich abzulenken. Itachi verzog unzufrieden das Gesicht. „Eigentlich etwas kochen. Aber so vorsinnflutartig wie deine Küche eingerichtet ist, muss ich mich wohl darauf vorbereiten, in den nächsten Tagen zu verhungern!“

 

Die Anspannung die zuvor fast greifbar gewesen ist, verflog abrupt. Stattdessen lachte Naruto befreit auf. „Oho, der große Uchiha kann also keinen Herd anfeuern!“, neckte er den älteren Mann, drängte sich an ihm vorbei und grinste dabei schadenfroh. „Na dann lass mal den Meister ran!“ Und mit diesen Worten stolzierte er nach unten in die Küche. Ohne sich wirklich Gedanken zu machen, zog er zuerst die Hintertür auf, damit die Hunde raus konnten. Es war besser, wenn er es jetzt machte, wo er bereits wieder spürte, dass er müde wurde. Ein weiteres Missgeschick in seinem Haus wollte er durchaus vermeiden.

 

Routiniert griff er nach einigen Holzscheiten, zog die Klappe unter dem Herd auf und legte das Holz hinein. Mit Zeitung und dünneren Holzstücken hatte er schon bald das Feuer in Gang gebracht. Ein wenig stocherte er in den Flammen herum, bevor er zufrieden die Klappe wieder schloss. „Warte ein bisschen, dann ist er bereit!“, erklärte er, bevor er sich auf einen der Stühle fallen ließ.

 

„Beeindruckend!“, brummte Itachi, ehe auch er sich nieder ließ und Naruto dabei musterte. „Auf der anderen Seite, du warst schon immer jemand der die Dinge angepackt hat!“, fügte er hinzu. Daran ließ sich kaum rütteln. Naruto war oft die treibende Kraft gewesen, egal worum es auch gegangen war. Er war nicht unbedingt der geschickteste Mensch, aber eindeutig einer derjenigen, die nie aufgaben ganz gleich wie oft er auch auf die Nase gefallen war. Eine Eigenschaft, die er auch heute noch weitestgehend beherzigte.

 

„Ich hätte ehrlich gesagt so ziemlich alles erwartet, aber nicht das hier!“, erklärte Itachi. Als Naruto den Blick zu dem Mann wendete, deutete er mit einer Geste an, dass er alles um ihn herum meinte. Das Haus, die Einrichtung, vermutlich sogar der abgeschiedne Ort. „Menschen verändern sich!“, gab Naruto zu und ließ selbst den Blick schweifen. Für ihn war all das was ihn umgab vollkommen vertraut. „Ich mag es hier. Es ist ruhig und ich kann tun und lassen was ich will. Dieses Haus hat seinen eigenen Charme, der zum Glück nicht verloren gegangen ist, als ich hier alles gerichtet habe.“ Für ihn wäre das alles andere als akzeptabel gewesen.

 

„Dennoch. Du hast dich verändert Naruto. Früher war immer jemand in der Nähe. Du warst laut und kaum zu bändigen. Es ist fast schon erschreckend, wie ruhig du geworden bist.“ Naruto konnte dem nicht zustimmen und er begann zu begreifen, auf was das Ganze hinauslaufen würde. „Lass es gut sein, Itachi!“, forderte er angespannt. „Ich bin erwachsen geworden, daran ist nichts falsches.“ Ihm war gar nicht recht, dass seine Vergangenheit sich nun in sein neues Leben einmischte und es durcheinander brachte. Nicht auf diese Art, wo er kein Mitspracherecht hatte.

 

„Nein. Wenn du lediglich erwachsen geworden wärst, wäre es nicht falsch. Aber für mich sieht es eher wie eine Flucht aus. Dein Unwille eine simple Frage zu beantworten zeigt es nur noch deutlicher.“, erklärte Itachi ernst und deutete auf Chidori, der mittlerweile wieder hereingekommen war und neben dem Tisch auf den Boden lag. Naruto presste die Lippen zusammen.

 

Itachi war schon immer jemand gewesen, dem man wenig vormachen konnte. Für Sasuke hätte es wohl keinen besseren Bruder geben können. Naruto war allerdings auch nicht gewillt, sich noch einmal als Kind zu fühlen. Und Itachi verursachte genau das Gefühl bei ihm. Schnaubend richtete er sich auf. „Halte dich aus meinem Leben raus!“, verlangte er leise. Er verspürte Wut, die er sich nicht recht erklären konnte, aber auch eine irrationale Angst, die er nicht genauer erörtern wollte. Ohne ein weiteres Wort wendete er sich ab und ging eilig die Stufen wieder nach oben, um in seinem Zimmer zu verschwinden.

 
 

***
 

 

Die nächsten beiden Tage waren unangenehm und überschattet von einer Anspannung, die Naruto nicht wirklich mochte. Aber gesundheitlich halfen ihm diese Tage deutlich weiter. Seine Müdigkeit war nahezu verschwunden, so dass er den Tag überstehen konnte, ohne den größten Teil zu verschlafen.

 

Itachi ging ihm weitestgehend aus dem Weg, sorgte aber gleichzeitig dafür, dass Naruto zumindest die warme Mahlzeit nicht ausfallen ließ, auch wenn sie diese nicht gemeinsam einnahmen. Naruto konnte auch nicht leugnen, dass es einen Vorteil hatte, Itachi im Haus zu haben. Der Mann versorgte sich lange genug alleine – und hatte das nötige Talent – um in den Genuss guter Mahlzeiten zu kommen.

 

Am dritten Tag nach Itachis Auftauchen, räumte Naruto auch endlich sein Auto auf, holte die mittlerweile trockenen Sachen raus und steckte das Handy an die Ladestation an. Als er es endlich wieder anbekam, realisierte er zum ersten Mal wirklich, wie viel seine Rückkehr nach Japan verändert hatte. Er hatte Massen an verpassten Anrufen. Von Kakashi und Sakura und in seinem Mailfach tummelten sich mehr Mails von Sasuke, als er es für möglich gehalten hatte.

 

„Sie sorgen sich. Noch immer!“, erklärte Itachi, der ebenfalls ins Wohnzimmer getreten war. „Jeder auf seine Art. Sakura bombardiert dich mit Anrufen. Kakashi bleibt eher still und Sasuke reagiert angepisst!“ Die verpassten Nachrichten bestätigten Itachis Worte, was es in Naruto auslöste, konnte dieser aber kaum in Worte fassen. Itachi trat auf ihn zu, um eine Hand auf seine Schulter zu legen. „Lass uns etwas spazieren gehen, in Ordnung?“, schlug er vor und Naruto nickte mechanisch. Er wusste was passieren würde, aber irgendwie hatte er keine Kraft mehr. Weder um Itachi von sich fern zu halten, noch seine eigenen Gefühle in sich drinnen zu behalten. Er wusste doch ganz genau wie schlecht er mit so etwas war und all die Jahre war es nicht wirklich leichter geworden.

 

So pfiff Naruto nach den Hunden und zu viert verließen sie das Haus.

 
 

***
 

 

Itachi schlug sofort den Weg zu den weitläufigen Feldern ein, wo das Gras hoch wuchs. Naruto folgte ihm einfach. Das Wetter war gut, Die Sonne schien aber eine leichte Brise ließ die Temperaturen angenehm warm sein, ohne dass man das Gefühl hatte vor Hitze einzugehen. Das mochte Naruto an Irland besonders gerne. In Japan waren die Sommer immer irrsinnig heiß gewesen, etwas was man in Irland kaum finden konnte.

 

Rasengan raste sofort los, drehte dann aber wieder um, als er bemerkte, dass Chidori ihm nicht folgte. Naruto lächelte leicht, während er dem Rüden den Kopf kraulte. „Na los, lauf schon. Du warst zu lange drinnen!“, erklärte er sanft. Es dauerte etwas, doch dann ließ Chidori sich von seinem Bruder anstecken und die beiden tobten einige Meter vor ihnen herum. Langsam folgten sie den beiden Hunden.

 

„Sie sind Brüder!“, erklärte Naruto schließlich leise. „Ein Hof hier in der Nachbarschaft hat von ihrer Hündin überraschenderweise Welpen bekommen. Eigentlich wollte ich nie Hunde haben. Aber als ich sie gesehen hab… ich weiß nicht. Ich konnte nicht widerstehen!“, gab er ehrlich zu und schaute zu dem strahlend blauen Himmel hinauf. Seine Hände hatte er in den Taschen seiner leichten Jacke vergraben, die er trotz des guten Wetters angezogen hatte.

 

„Irgendwie ist es ganz nett. Sie sind vollkommen verschieden!“, erklärte er weiter und blickte Itachi von der Seite an. Dieser nickte leicht, sagte aber nichts weiter dazu. „Und du hast Recht. Als ich die beiden ausgesucht habe, ist es mir nicht aufgefallen. Erst später. Chidori ist wie Sasuke!“, gab er zu und lachte leise auf. Es war grotesk. Chidori war ein Hund und zeigte dennoch so viel Ähnlichkeit zu Sasuke, einem Menschen, dass man einfach nur darüber lachen konnte. „Seit sie da sind, fühle ich mich nicht mehr alleine.“, gab er schließlich betrübt zu und senkte den Blick wieder. Es war nicht leicht das einzugestehen. Vor allem sich selbst gegenüber.

 

„Hast du es bisher verdrängt?“, fragte Itachi nach, ohne ihn dabei anzublicken. Naruto schüttelte den Kopf. „Als ich damals gegangen bin, war ich erleichtert. Ich hab es nicht mehr ausgehalten, weißt du?“, fragte er nach, blickte weiter nach vorne, wie die Hunde übereinander herfielen, sich wieder aufrappelten und dann durch das hohe Gras jagten. Sie waren unbeschwert, etwas was Naruto nur zu gerne auch wäre. „Die ersten tage war ich vollkommen orientierungslos. Ich wusste nicht wo ich hin sollte und wie es weitergehen soll. Bis ich hierher gekommen bin. Irland ist anders. Man ist herzlicher und niemand hat gefragt wo ich herkomme oder warum ich hier bin. Sie haben einfach mit angepackt und mich als Mitglied aufgenommen. Es war beruhigend.“, erklärte er, während er sich an seine Ankunft zurück erinnerte.

 

„Ich habe mich nie alleine gefühlt, stattdessen habe ich die Einsamkeit hier genossen. Wenn ich Gesellschaft will, kann ich einen meiner Nachbarn besuchen oder runter in den Ort fahren. Aber dieses Verlangen hatte ich nicht. Ganz im Gegenteil. Zum ersten Mal seit langem war ich mit mir wieder im Reinen und vollkommen entspannt. Ich hab das Haus saniert und repariert. Und mich eingelebt. Ich war bei den Festen die hier mit allen Nachbarn zusammen gefeiert werden, habe neue Menschen kennen gelernt und mich nie ausgeschlossen gefühlt. Ich wollte nicht zurück. Niemals!“ Das war nie einer seiner Wünsche gewesen und zum Teil ärgerte es ihn heute massiv, dass er nachgegeben hatte. Sein Gefühl hatte ihm von Anfang an gesagt, dass es keine gute Idee war und dass am Ende nur Narben wieder aufgerissen werden würden, die besser verschlossen blieben. Und leider hatte er damit ja auch absolut Recht behalten. Seit er aus Japan zurück war, hatte Irland sich nicht verändert. Aber etwas in ihm hatte sich verändert, etwas wo er nicht wusste was genau es war und wie er es wieder richten konnte.

 

Der Pfad gabelte sich und automatisch steuerte Naruto den linken an, der sie zu einem kleinen Waldstück bringen würde. Er lief selten hier lang, schon weil der Weg zurück ziemlich lang war. Aber heute, nachdem er so lange im Haus eingesperrt gewesen war, konnte er sich nichts besseres vorstellen.

 

„Aber du konntest Sasuke nicht hängen lassen. Trotz allem nicht.“, bemerkte Itachi und sprach damit aus, was Naruto nicht bereit war auszusprechen. Der ältere Uchiha seufzte leise. „Du fragst dich, wie ich es erfahren habe. Es war eigentlich leicht. Ich war von Anfang an dabei. Wenn du ihn angeblickt hast und dabei vollkommen verwirrt ausgesehen hast. Ich war dabei, als die Berührungen begonnen haben. Leichte, die man als freundschaftliche Geste abstempeln könnte, wenn da nicht dein Blick gewesen wäre. Du hast Sasuke angehimmelt und das sehr offensichtlich!“ Naruto blieb stehen und schaute den Mann erschrocken an.

 

Auch Itachi blieb stehen, um Naruto anzusehen. „Dein Wunsch mehr Zeit mit Sasuke zu verbringen. Die Häufigkeit deiner Übernachtungen bei uns. Die verhassten Blicke und die Reue die Hikari von dir geerntet hat!“, sprach er weiter, hob aber die Hand, damit Naruto ihn nicht unterbrach. „Sasuke hat sie geleibt, das weißt du. Sie konnte nichts dafür und genau das war dir bewusst. Du hasst die gehasst, weil sie dir jede Chance genommen hat und gleichzeitig konntest du nicht mit dem Gedanken leben, ihr die Schuld zu geben, denn dir war klar, dass sie nichts dafür konnte. Und letzten Endes, deine Verzweiflung, als du zurück gekommen bist. Und ich bin nicht hier, um dir Vorwürfe zu machen, Naruto. Ich finde es eher bewundernswert, wie wenig deine Gefühle sich verändert haben in all den Jahren.“

 

Naruto lachte trocken auf. „Ich wünschte es würde endlich aufhören!“, brach es aus ihm heraus. Seine Hände zitterten vor Wut und Verzweiflung. „Kein normaler Mensch liebt jemanden so lange Zeit und ist unfähig anderen die gleiche Chance zu geben.“ Er wollte das nicht mehr und er konnte das auch nicht mehr. Sein letzter Wunsch war es, den Rest seines Lebens jemanden nachzutrauern, den er nie haben konnte. Er wollte doch nur wie alle anderen jemanden an seiner Seite haben, der einen liebte. Wenn es nicht Sasuke war, warum konnte er dann nicht abschließen und voran gehen?!

 

„Hast du es versucht?“, fragte Itachi ruhig, ließ sich von Narutos Ausbruch nicht wirklich irritieren. Die ruhige Stimme und wohl auch die Frage für sich sorgten dafür, dass alles was in Naruto rumorte sich auflöste, bis nur noch eine bleierne Schwere in ihm übrig blieb. „Viel zu oft!“, gab er leise zu und senkte den Kopf. Daran haperte es nun wirklich nicht. Er hatte andere Männer getroffen, auch Spaß mit ihnen gehabt. Er hatte versucht anderen Chancen zu geben, aber es hatte nur darin geendet, dass er trotz allem nicht loslassen konnte.

 

Chidori war in der Zwischenzeit zurück gekommen, stand vor ihm und winselte leise. Es sah so aus, als wenn Sorge den Hund zerfraß. Vermutlich war das auch so, Hunde waren sensibel genug um solche Dinge zu empfinden. Die Dämme brachen bei Naruto. Tränen kullerten seine Wangen hinab, während er den Hund anstarrte, der ihn so oft an Sasuke erinnerte. „Selbst mein Hund ist Sasuke!“, gab er glucksend von sich, fühlte sich dabei aber nur hundeelend.

 

Starke Arme, die er im ersten Moment nicht wirklich bemerkte, schlangen sich um ihn und ehe er sich versah, wurde er an Itachis Brust gedrückt. Es war keine neue Situation. Itachi war speziell. Er konnte furchtbar streng sein und einem dabei Angst einjagen, aber jene die er mochte waren bei ihm immer gut aufgehoben. Naruto konnte sich nur nicht erinnern, ob der Mann je jemand anderen in den Arm genommen hatte, außer ihn und seinen Bruder.

 

„Er hat es gelesen!“, murmelte Itachi gegen sein Haar. „Er ließt alles von dir. Deine Bücher, das Buch was du ihm geschenkt hast, sogar die Nachricht die du im Suff geschrieben hast und ehrlicher nicht hätte sein können. Und er versucht es. Er versucht zu befolgen was du ihm sagst. Du solltest wirklich nicht aufgeben bevor du nicht versuchst hast was vielleicht dabei raus kommt!“ Naruto lachte leise, beruhigte sich relativ schnell wieder und löste sich dann von dem Uchiha.

 

„Was macht dich so sicher? Ich kenne Sasuke schon mein ganzes Leben lang. Da ist nichts, da wird nie etwas sein!“, erklärte er erschöpft, schüttelte dann aber den Kopf. Es war einfach ausweglos und Naruto war sich dessen schon seit Jahren bewusst. Er musste nur den Weg finden, wie er Sasuke aus seinem Kopf und seinem Herzen verbannen konnte, damit er endlich vorangehen konnte.

 

„Lass uns weiter gehen!“, bat er dann, streichelte Chidori einen Moment, bis dieser sich wieder zu seinem Bruder gesellte. Dann liefen auch sie endlich weiter.

 

Was Itachi wollte, war Naruto bewusst. Er wollte, dass sein  Bruder glücklich wurde, jetzt mehr denn je, wo dieser seine Frau verloren hatte. Naruto wollte das Gleiche, gleichzeitig konnte er nicht sehen, dass er der Schlüssel war. Wo auch immer Itachi Chancen sah, er selbst konnte sie nicht sehen. Wären sie da, hätte er sie auch schon vor Jahren entdecken können und damit vielleicht auch genug Bestätigung finden können, um Sasuke offen zu sagen was er empfand. „Tue mir und dir nur einen Gefallen, Naruto. Wenn Sasuke sich dir je öffnen sollte, verschließe dich nicht!“, bat Itachi ihn dann. Naruto wusste nicht was das jetzt sollte, aber da es dafür seiner Meinung nach eh keinen Grund hatte, zuckte er nur mit den Schultern.

 

„Meinetwegen!“, war seine Antwort.

 
 

***
 

 

Nach dem Gespräch war Sasuke bei ihnen als Thema weggefallen. Auf dem Weg zurück hatte Itachi ihm noch erzählt, dass Sasuke versuchte die Tipps aus dem Erziehungsratgeber versuchte umzusetzen, auch wenn er dabei knurrte wie ein Wachhund. Naruto fand das sogar erheiternd, denn er konnte es sich bildlich vorstellen. Aber ein Teil von ihm war auch froh, dass Sasuke es wenigstens versuchte. Denn in einem hatte er kaum Zweifel, Sasuke liebte seine Kinder, auch wenn er nicht wusste wie er genau mit ihnen umgehen sollte. Einige Momente hatten ihn daran zweifeln lassen, aber im Grunde war ihm bewusst gewesen, dass es wirklich nur die Unsicherheit war. Der Uchiha brauchte eben hin und wieder einen Tritt und seiner schien geholfen zu haben.

 

Die nächsten beiden Tage zeigte Naruto Itachi einiges von Irland, auch wenn der Uchiha sich zuerst beharrlich geweigert hatte, in seine Rostlaube – wie er seinen Wagen wenig charmant bezeichnete – zu steigen. Letzten Endes hatte er aber nachgegeben. Sie waren Stunden umhergefahren. Mit den Hunden, wenn sie ländlich unterwegs gewesen waren und ohne sie, als sie den Ort besucht hatten.

 

Itachi amüsierte sich allem Anschein nach gut, ließ sich zum Essen einladen und musste zugeben, dass Irland seinen ganz eigenen Charme hatte. Es war nicht so distanziert wie Japan. Sie liefen zusammen durch einige Läden, in denen Itachi einige Mitbringsel besorgte und auch Naruto kaufte drei Kleinigkeiten. Als Geste, dass es ihm Leid tat, anderen solche Sorgen bereitet zu haben.

 

Aber so angenehm Itachis Aufenthalt letztendlich wurde, der Tag an dem er zurück reisen musste, kam viel zu schnell. Naruto hatte sich sehr an die Gesellschaft gewöhnt, selbst Chidori und Rasengan schienen den anderen Mann zu mögen. Weniger angenehm war das Bild, auf welches Itachi bestand. Von ihm und den beiden Hunden, direkt vor dem Haus, damit Sakura ihm abnahm, dass er noch am Leben war. Was sie eigentlich nicht bezweifeln sollte, nachdem Naruto eine Stunde mit ihr telefoniert hatte. Oder eher, sich von ihr die Ohren hatte lang ziehen lassen. Auch mit Kakashi hatte er telefoniert und obwohl es wohl sein schwerstes Telefonat gewesen war, hatte er sich auch bei Sasuke gemeldet.

 

Letzten Endes siegte allerdings Itachi und Naruto ließ das Foto über sich ergehen, ehe er den Mann zum Flughafen brachte. Zum zweiten Mal in seinem Leben hatte er das Gefühl, dass etwas aus seinem Leben verschwand, was er nicht aufgeben wollte, als Itachi sich ein letztes Mal zu ihm umdrehte und dann aus seinem Blickfeld verschwand.

 
 

***
 

 

Wirklich verändert hatte sich in Narutos Leben aber nicht. Noch immer schrieb er wenn er Lust hatte, schlief wenn er müde wurde oder hielt sich draußen mit den Hunden auf. Der Oktober kam und Naruto bemühte sich, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Er ging aus, traf andere Menschen, fühlte sich dabei aber nur bedingt wohl. Denn egal was er auch vorhatte, wenn seine Gefühle nicht mitspielten, brachte es absolut nichts.

 

Mitte Oktober begannen seine Rüden sich so seltsam zu verhalten, dass er in seiner Verwirrung Kiba über Skype anrief.

 

„Naruto. Die beiden werden reif. Dass sie nun aufspringen und versuchen…!“, erklärte Kiba, der sofort energisch von Naruto unterbrochen wurde. „Hey, ich habe verstanden, dass es Dominanzgehabe ist. Aber sag mir noch einmal, dass das normal ist!“, forderte er und drehte den Laptop so, dass die Kamera die beiden Hunde einfing. Rasengan sprang auf Chidori drauf, der sich sofort wehrte. Aber als Chidori den Spieß umdrehte, hielt Rasengan vollkommen still. Man konnte sehen, wie bei dem grauen Rüden das Geschlecht ausfuhr.

 

„Nun, scheinbar ist Rasengan nicht so dominant wie Chidori. Ernsthaft, Naruto! Lass die beiden kastrieren. Wenn sie eh die meiste Zeit draußen sind, ist es besser. Oder willst du, dass die beiden Nachwuchs ohne Ende zeugen?“ Naruto schnaubte leise. „Ich lebe hier mitten im Nirgendwo. Da finden die beiden keine geeigneten Damen!“, erklärte er, seufzte dann aber leise, als hinter ihm das Spielchen von neuem begann. „Wird das dann aufhören?“, fragte er Kiba, der leicht grinste. „Vielleicht. Hunde sind nicht wie Beispielsweise Katzen. Katzen verlieren nach der Kastration meistens ihren Sexualtrieb. Hunde hingegen…“, erklärte er und seufzte dann leise. „Lass sie einfach kastrieren und am Besten holst du dir Hilfe bei der Erziehung. Man kann gegen so ein Verhalten angehen, auch ohne abzuwarten, dass die beiden ihre Rangordnung geklärt haben!“

 

Sie redeten danach noch ein wenig weiter, bis Naruto die Verbindung einfach kappte, weil Kiba ihm erklärte, wie die Kastration ablaufen würde. So genau wollte er das gar nicht wissen. Im Grunde wollte er die beiden auch nicht kastrieren lassen. Aber nachdem das Spielchen nahezu den ganzen restlichen Abend so ging, entschied er sich doch um.

 
 

***
 

 

Die Kastration verlief problemlos, auch wenn das Problem dennoch nicht behoben wurde. Schon am nächsten Tag ging es weiter und Naruto entschied sich dafür, die beiden in den Momenten vollkommen Rüden zu ignorieren.

 

Eine weitere Neuigkeit war, dass Sasuke und er von den Mails zu Telefonaten gewechselt hatten. Naruto wusste nicht wirklich, was er davon halten sollte. Ein Teil von ihm sträubte sich massiv dagegen, der dumme, verliebte Teil hingegen war Feuer und Flamme. Leider gewann der verliebte Teil, denn Naruto genoss es sehr, die Stimme des Uchihas zu hören und manchmal sogar wieder mit ihm scherzen zu können, wie er es in alten Zeiten getan hatten.

 

Auch mit Sakura redete er oft, deren Sorge sich immer weiter zu steigern schien. Naruto kam irgendwann auch dahinter, dass Sasuke hin und wieder erwähnte, mit ihm geredet zu haben. Am Besten waren jedoch die Gespräche, die er mit Kakashi führte. Seit er so krank geworden war und deswegen alle in Sorge getrieben hatte, meldete Naruto sich mindestens einmal die Woche bei dem Mann.

 

Es war Anfang November, als seine kleine, heile Welt erneut in Scherben zerfallen sollte.

 

Das Handy hatte geklingelt und Naruto war dran gegangen, ohne wirklich darauf zu achten, wer am anderen Ende war. So überraschte es ihn doch, Sasukes Stimme zu hören. „Was machst du gerade?“, fragte der Uchiha, während Naruto das Dokument vor sich anstarrte, an dem er eigentlich hatte weiterarbeiten wollen.

 

„Eigentlich schreiben. Aber das kann etwas warten!“, gab Naruto zu. Sasuke brummte nur leise. „Wie weit bist du?“, folgte die nächste Frage, die Naruto leicht die Stirn runzeln ließ. Es war nun nicht so, dass es Sasuke generell nicht interessierte wann er an seinem Buch arbeitete, aber es war doch neu, dass dieser so genau wissen wollte, wie viel er bisher geschafft hatte. „Hab noch einiges vor mir!“, gab Naruto zu und drehte leicht an dem Mausrad. Nicht weil er scrollen wollte, sondern nur, um sich irgendwie zu beschäftigen. Erneut brummte es durch die Leitung.

 

„Sasuke?“, fragte Naruto schließlich, als es ihm zu bunt wurde. „Gibt es einen besonderen Grund, warum du mich anrufst?“ Er wurde einfach das Gefühl nicht los, dass etwas nicht stimmte. Sasuke seufzte leise. „Ja, schon!“, gab er schließlich zu, schwieg dann aber eisern. Naruto hasste das an dem Uchiha. Er tat das öfter und auch wenn Naruto wusste, dass Sasuke dann Zeit brauchte um zu sagen was er sagen wollte, konnte er es nicht ausstehen.

 

„Also, weißt du, Weihnachten, hast du da schon Pläne?“, fragte Sasuke schließlich, was das ungute Gefühl nur noch weiter ansteigen ließ. „Nein.“, erwiderte Naruto gedehnt. Er konnte sich nicht vorstellen, was das nun werden sollte. „Und die kommenden Wochen danach?“, fragte Sasuke weiter. Im Hintergrund hörte er es rascheln und Naruto warf einen Blick auf die Uhr. Vermutlich arbeitete Sasuke in seinem Büro.

 

„Auch nichts. Sasuke, hat deine Fragerei einen Grund?“, fragte er schließlich nach. Er hatte keine Lust um den heißen Brei herumzureden und wollte endlich wissen, was nun los war. Ein frustrierter Laut kam von Sasuke, ehe er endlich mit der Wahrheit herausrückte. „Naja, ich dachte mir, ich könnte mit den Kindern am 23. zu dir kommen und dann drei Wochen bleiben. Also, Keiko vermisst dich echt sehr und sie ist ganz verzückt von dem Bild das Itachi mitgebracht hat. Und vielleicht könnten wir die Situation auch nutzen? Um zu reden?“

 

Naruto lief es eiskalt den Rücken runter. Sasuke wollte herkommen? Es gab keine, absolut keine Möglichkeit, das geschehen zu lassen. Solange er seine verdammten Gefühle nicht im Griff hatte, sollte er am Besten allgemein den Kontakt meiden, was Mails und vor allem Telefonate mit einschloss. Außerdem, zu reden war keine Option. Sie beide hatten sich wohl kaum verändert und damit würde Reden in einer Katastrophe enden. Dazu kam, dass man Weihnachten mit der Familie verbrachte und zu Sasukes Familie gehörte eindeutig Itachi dazu. Naruto wusste aus zahlreichen Mails, dass die Brüder jedes Fest zusammen verbracht hatten, zumindest teilweise.

 

Wobei, wenn er genau darüber nachdachte, stimmte das mit der Familie nicht so ganz. In Irland traf es eindeutig zu, Japan war da jedoch etwas anderes, auch wenn es sich zu wandeln begann. Weihnachten verbrachte man dort mit Freunden, womit ein Treffen zwischen ihnen wohl nicht ganz so seltsam war, wie es Naruto im Augenblick vorkam.

 

„Bist du noch dran?“, fragte Sasuke ihn schließlich, nachdem Naruto eine ganze Weile geschwiegen hatte. „Ja!“, bestätigte er mit belegter Stimme. Seine Hände schwitzten plötzlich furchtbar und sein Herz pochte viel zu kräftig in seiner Brust. Es tat weh und es machte es nicht unbedingt besser, dass er über diese Frage nicht wirklich nachdenken musste. Sein Verstand hatte hier eben absolut nichts zu melden, der panisch versuchte ihn davon abzubringen, das falsche zu tun.

 

Ergeben schloss Naruto seine Augen. „Ich denke, das geht in Ordnung. Die beiden werden sich aber ein Zimmer teilen müssen!“, gab er schließlich seinem Herzen nach.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Onlyknow3
2016-06-08T09:12:29+00:00 08.06.2016 11:12
Juhu Naruto ist hier mehr als nur über seinen Schatten gesprungen. Das er Sasuke nach gibt, liegt nicht allein daran das er diesen auch nach all der Zeit liebt, sondern das ihm auch die Kinder von diesem am Herzen liegen.
Tolles Kapitel hat mir sehr gut gefallen, bin leider erst heute dazu gekommen es zu lesen.
Weiter so freue mich auf das nächste.

LG
Onlyknow3
Von:  zwillinglebt
2016-05-09T15:06:34+00:00 09.05.2016 17:06
Ich dachte nur bei lesen oh oh oh oi ohhhhhh ^^ und hoffe jetzt auf das nächste Kapitel und was so dahinter steckt. vielen lieben Dank für schreiben KakashiH :3
Von:  naruhinaxXx
2016-04-25T14:10:43+00:00 25.04.2016 16:10
Wieder tolles kapi
Finde es gut wie flüssig sich deine Geschichte lesen lässt
Ich kann mir gut vorstellen das naruto nen halben Herzinfarkt bekommen hat, als itachi vor seinem Bett stand XD
Bin schon gespannt was auf naruto zu kommt, wenn sasuke mit den Kindern zu Besuch ist

Freue mich schon wenn es weiter geht
LG
Von:  Scorbion1984
2016-04-25T09:22:44+00:00 25.04.2016 11:22
Toll das Sasuke endlich über seinen Schatten springt ! Auch wenn er es vielleicht nur der Kinder wegen macht !


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